Grunde, weil er wegen Unzulänglichkeit der gemeinschaftlichen Zah⸗ lungsmittel zu zahlen nicht im Stande war, so hat er nicht nur für sich, sondern aud als Vertreter seiner Ehefrau aufgehört, die ge⸗ meinschaftlichen Verbindlichkeiten zu erfüllen, und daraus folgt, daß beide Eheleute als Schuldner anzusehen sind, welche ihre Zahlungen eingestellt haben.
Ueberdies rügt auch die Staatsanwaltschaft mit Recht, daß, selbst wenn die Ansicht des Gerichts richtig wäre, wie sie es nicht ist, dies allein die Freisprechung der angeklagten Ehefrau noch nicht recht⸗ fertigen würde. Da das Gericht keineswegs feststellt, daß nur der Ehemann den betreffenden Gläubigern eine unzulässige Befriedigung gewährt hat, nach der Art und Weise, in der das Urtheil begründet ist, vielmehr davon auszugehen scheint, daß einzelne Gläubiger auch von der Ehefrau, sei es von dieser allein, sei es von beiden Ehegatten, eine derartige Befriedigung erhalten haben, so hätte das Gericht, bevor es zur Freisprechung gelangen konnte, auch von seinem Stand⸗ punkte aus mit Rücksicht auf den §. 253 Absatz 2 der Strafprozeß— ordnung und den 8§. 49 des Strafgesetzbuchs immer noch prüfen müssen, ob die Ehefrau an den von dem Ehemanne begangenen Ver⸗ gehen nicht wenigstens als Gehülfin theilgenommen hat.
Ehescheidungsprozeß. Einstweilige Verfügungen über die Erziehung der Kinder.
Civilprozeß ordnung 5§. 584.
In Sachen des Rittergutsbesitzers A. v. T. zu B., Ver— klagten und Revisionsklägers, wider
die Frau K. v. T., geborene L., zu L., Klägerin und Re— visionsbeklagte,
hat das Reichsgericht, Vierter Civilsenat, am 1. No—
vember 1883
für Recht erkannt: .
die Revision in das am 9. Juli 1883 verkündete Urtheil des Ersten Civilsenats des K. pr. Ober-Landesgerichts zu P. wird zurückgewiesen, die Kosten der Revisionsinstanz werden dem Revisionskläger auferlegt.
Gründe.
Verklagter beantragte mit der Revision gegen das bezeichnete Be— rufungsurtheil, auf dessen Sachdarstellung Bezug genommen wird, Berücksichtigung seiner Berufung. Klägerin dagegen Zurückweisung der Revision. .
Es war mit Rücksicht auf Civilprozeßordnung 5§. 92, wie ge⸗ schehen, zu erkennen. .
Die Revision des Verklagten richtet sich gegen die Ausführung des Berufungsrichters, daß der Eherichter den Streit zwischen den Eheleuten in Betreff der Kinder zu schlichten habe und daß in dieser Beziehung die Vorschriften der Allgemeinen Gerichtsordnung noch maßgebend seien, und sucht darzuthun, daß das Allg. Landrecht Theil U Titel 1 55. 727, 729 überhaupt hier außer Anwendung bleiben müsse, daß nur der Vormundschaftsrichter für den Streit zu— ständig sei und daß nach der C. P. O. S. 575 mit der Ehescheidungs⸗ klage ein Anspruch eines Ehegatten auf die Erziehung der Kinder nicht verbunden werden könne, ein solcher überdies nicht den nach der C. P. O. S§. 814, 819 für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung er⸗ forderlichen Zusammenhang mit dem streitigen Gegenstand oder Rechtsverhältniß habe. Die Revision erscheint indeß unbegründet. — Zunächst kann die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung in Be— treff der Verpflegung und Erziehung der Kinder auch im Ehe— scheidungsprozesse einem Bedenken nicht unterliegen. Insbesondere steht ihr nicht das in der C. P. D. 8. 575 enthaltene Verbot einer Ver⸗ bindung anderer Klagen mit der Klage auf Ehescheidung, Ungültig— keit der Ehe oder Herstellung des ehelichen Lebens entgegen, weil der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung, sowie diese selbst, nicht in Verbindung mit der Scheidungsklage die Anerkennung und Feststellung eines dauernden Rechts auf Pflege und Erziehung der Kinder, sondern gesondert von der Scheidungsklage und nur für die Dauer des Scheldungsprozesses Anordnungen in Betreff der Kinder bezweckte, und ist darum auch für den vorliegenden Fall die Bezug nahme des Verklagten auf die von ihm bezelchneten Entscheidungen des Reichsgerichts, welche die Unstatthaftigkeit der Verbindung einer Klage auf Einräumung des Erziehungsrechts auch nach erfolgter Scheidung mit der Scheidungsklage aussprechen, hinfällig. Vielmehr wird schon und unmittelbar aus der C. P. O. 5. 584 wegen der all⸗ gemeinen und unbeschränkten Fassung eine einstweilige Verfügung auch in Betreff der Kinder während des Ehescheidungsprozesses gerecht fertigt. Auch muß dem Berufungsrichter darin beigetreten werden, daß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, wonach in bestimmten Fällen einstweilige Verfügungen erlassen werden können, nach dem
inf. Ges. zur C. P. O. §. 16 Nr. A bestehen geblieben . folg⸗ lich auch jetzt noch die materielle Zulässigkeit einstweiliger Ver— fügungen in Betreff der Erziehung der Kinder während des Ehe—
scheidung? prozesses Theil 1 Titel 40 5§§. 53 ff. anerkannt ist, und zwar ohne Räcksicht auf den Nachweis der Dringlichkeit und auf den etwaigen Wegfall der nur für den Fall der Aussetzung der Urtelspublikation gegebenen
nach Maßgabe der Allg. Gerichtsordnung
Bestimmungen des Allg. Landrechts Theil II Titel 1 55. 727 ff. und der Allg. Gerichtsordnung Theil 1 Titel 40 5. 46 in Folge der Vorschriften der C. P. O. 5. 5380 und des preußischen Ausfüh⸗— rungsgesetzes zur C. P. O. vom 24. März 1879 5. 8. Im Uebrigen entspricht auch die verfügte Belassung der Kinder bis zu deren zurück— gelegtem vierten Jahre bei der Klägerin der Bestimmung des Allg. Landrechts Theil II Titel 2 5. 70 und ist sie vom Berufungsrichter auch thatsächlich gerechtfertigt. — Sodann kann es weder nach der Allg. Gerichtsordnung Theil JL Titel 40 §§. 53 ff., noch nach der C. P. O. 5§5. 584 und S814 einem Bedenken unterliegen, daß der Prozeßrichter, nicht aber, wie Verklagter meint, der Vormundschafts⸗ richter, zum Erlaß der einstweiligen Verfügung befugt war, nur bei bestehender Ehe, deren Trennung nicht in Frage steht, hat nach Allg. Landrecht Theil II Titel 2 S5. 72 ff. der Vormundschaftsrichter einen Streit über die Erziehung der Kinder unter den Eheleuten zu
schlichten. — —
Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses von Amtswegen an die Prozeßbevollmächtigten erster Instanz.
Civil prozeßordnung S5. 98, 162ff., 294.
In Sachen des Kaufmanns und Spediteurs C. M. zu
B., Klägers, 3 ⸗ k . Kaufmann und Steinbruchsbesitzer L. S. zu B., Be— agten,
hat der Erste Civilsenat des Reichsgerichts am 3. No⸗
vember 1883 auf die sofortige Beschwerde des Be⸗
klagten gegen den Beschluß des Zweiten Civilsenats
des K. pr. Ober⸗Landesgerichts zu N. vom 2. Oktober
1883 beschlossen:— . unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die gegen den Beschluß des K. pr. Landgerichts, Kammer für Handelssachen, zu M. vom 23. August 1883 erhobene sofortige Beschwerde des Beklagten für zulässig zu erklären, die Entscheidung über diese Beschwerde im Uebrigen dem Zweiten Civilsenat des K. pr. Ober⸗Landesgerichts zu N. zu überlassen, die gericht⸗ lichen Kosten der weiteren Beschwerde-Instanz niederzuschlagen und die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der— selben dem demnächst auf die Beschwerde ergehenden Be⸗— schlasse vorzubehalten.
Gründe.
Der Beschluß des K. Landgerichts zu M. vom 23. August 1883, welcher auf Antrag des Klägers die demselben nach rechtskräftigem Urtheil vom 11. Mai 1883 vom Beklagten zu ersetzenden Prozeß⸗ kosten festsetzte, wurde von Amtswegen dem Beklagten selbst am 30. August 1883, dem Prozeßbevollmaͤchtigten desielben auf Betreiben des Klägers am 6. September 1883 zugestellt. Die vom Beklagten egen diesen Beschluß am 18.19, September 1883 bei gedachtem k eingereichte sofortige Beschwerde wurde durch Beschluß des Zweiten Civilsenats des K. Ober-Landesgerichts zu N. vom 2. Oktober 1883 als. unzulässig unter Verurtheilung des Be— klagten in die Kosten der Beschwerde⸗Instanz zurückgewicsen, indem das Beschwerdegericht von der Ansicht ausging, daß die Noth— frist der sofortigen Beschwerde nach der am 30. August 1883 bewirkten Zustellung an den Beklagten selbst zu berechnen, mitbin versäumt sei. Gegen diesen seinem Prozeßbevollmächtigten am 5. Ottober 1883 zugestellten Beschluß erhebt Beklagter in einer am 12. Oktober 18853 bei dem Ober⸗-Landesgericht eingereichten Schrift weitere sofortige Be⸗ schwerde, indem er geltend macht, daß die Nothfrist nach der am 6. September 1883 bewirkten Zustellung an seinen Prozeßbevoll— mächtigten zu berechnen, die sofortige Beschwerde gegen den Kosten⸗ festsetzungsbeschluß mithin nicht verspätet sei, und den Antrag stellt:
den angefochtenen Beschluß des K. Ober ⸗Landesgerichtss- zu N. vom 2. Oktober 1883 aufzuheben und materiell über die erhobene Beschwerde zu befinden, eventuell die Sache zu diesem Zwecke an das K. Ober Landesgericht zu N. zurückzuverweisen.
Die weitere Beschwerde erscheint sowohl zulässig als auch be— gründet. Mit Recht geht das Ober⸗Landesgericht davon aus, daß für den Beginn der Ruth ft des §. 540 der C. P. Q. nicht die durch den Kläger, sondern die von Amtswegen bewirkte Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses entscheidend ist (vergl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen Band 3 Seite 375) und, daß der- selbe beiden Parteien von Amtswegen zuzustellen war. Die frühere Ansicht desselben Ober ⸗Landesgerichts, daß bei Anträgen auf Kosten festsetzung nur der Antragsteller als diejenige Partei anzusehen sei, welcher der Beschluß vom Gerichte zuzustellen ist (vergl. Zeitschrift für deutschen Civilprozeß Band 2 Seite 4197, ist in dem vorliegenden Beschlusse (vergl., auch die angeführte Zeitschrift