unausgesetzt dem Dienste des Vaterlandes habe widmen können. Wenn Ich es darin mit als Meine Aufgabe erkannt habe, die Freund⸗ schaft auch mit fremden Fürsten zu pflegen und dadurch eine größere Annäherung der Nationen unter einander herbeizuführen, so hoffe Ich⸗ es werden diese Beziehungen, wie sie auf die Sicherheit und Wohlfahrt des ganzen Landes nicht obne nachhaltigen Einfluß bleiben können, auch wesentlich dazu beitragen, Meiner Haupt und Residenzstadt auf geistigem und wirthschaftlichem Gebiete neue Bahnen zu ihrem ferneren kräftigen Emporblühen zu eröffnen.
Berlin, den 7. Januar 1884. Wilhelm.“
Ich erwidere die guten Wünsche, welche die Stadtverordneten Berlins Mir zum Jahreswechsel ausgesprochen haben, mit aufrich⸗ tigem Dank, wie der Versicherung, daß es Mir zu besonderer Freude gereichen wird, das theilnehmende Interesse, welches Ich an der Entwickelung des Berliner Gemeinwesens, wie dem Wohle der Bürgerschaft nehme, auch in der Zukunft zu bethätigen.
Berlin, den 2. Januar 1884.
Friedrich Wilhelm, Kronprinz.“
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen (20) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗ Etats für 1884/85 mit dem Etat des Finanz-Ministe— riums Hauernde Ausgaben Kap. 58) fortgesetzt.
In dem Tit. 12 (Diäten, Fuhr⸗ und Versetzungskosten) werden 1275 9090 S oder 275 060 S½ mehr als im Vorjahre gefordert. Die Budgetkommission beantragte die unverkürzte Bewilligung dieses Titels.
Der Abg. Rickert bemerkte, die Mehrforderung sei auf Grund des letzten dreijährigen Durchschnitts erhoben. Es seien aber in den letzten drei Jahren sehr viel außerordent— liche Ereignisse eingetreten, durch welche Reisen von Beamten veranlaßt seien, z. B. die Hochfluthen des Rheins. Er halte es für bedenklich, auf Grund extraordinärer Ausgaben ein⸗ zelner Jahre hier so bedeutende dauernde Erhöhungen ein— treten zu lassen, und beantrage deshalb zum mindesten Rück— verweisung des Titels an die Budgetkommission.
Der Abg. Stengel, als Referent der Budgetkommission, erklärte, daß ein von dem Abg. Rickert bei der ersten Berathung ausgesprochener Wunsch doch noch keine Richtschnur für die Kommission sei; letztere habe die Mehrforderung erörtert, ge⸗ prüft und empfehle die Bewilligung, sie habe keine Veran⸗ lassung gefunden, den Titel resp. die Erhöhung desselben zu beanstanden. Verweise man den Titel nochmals an die Kom⸗ mission, so könne sie nichts anderes thun, als was sie bereits gethan habe.
Der Abg. Hahn führte aus, daß gerade dieser Titel doch sehr ungeeignet sei, Abstriche zu machen, da stets geklagt werde, es werde zu wenig gereist und zu viel vom grünen Tisch regiert. Uebrigens würden auch in Zukunft gerade die Mehrreisen der Thierärzte sich wiederholen, es sei also kein Grund, hier von der Fraktionsberechnung des dreijährigen Durchschnittes abzugehen.
Der Abg. Schreiber hob hervor, daß auch die Reisekosten der Gewerberäthe auf diesem Titel bafirten, und je mehr gerade diese reisten, desto besser würde es doch um das Fabrik⸗ wesen stehen.
Der Abg. Quadt bemerkte, die hauptsächlichsten Mehr— kosten bei diesem Titel seien durch die auf Grund des Vieh⸗ seuchengesetzes nothwendig gewordenen Reisen der Thierärzte bei ausbrechenden Seuchen veranlaßt worden.
Der Abg. Rickert betonte, er glaube gern, daß manche Herren noch fänden, es würde viel zu wenig gereist, nament— lich Seitens der Regierungs-Präsidenten zur Zeit der Wahlen. Andere fänden aber, daß zu viel gereist werde. Es wäre gan interessant, einmal zu erfahren, auf welche Regierungs⸗ ezirke die Hauptsummen aus diesem Titel in den letzten Jahren entfallen seien, und zu welchen Zeiten sie ausgegeben seien. Schon deshalb halte er eine nochmalige Berichterstat— tung der Kommission über diesen Titel für erwünscht.
Der Regierungs⸗Kommissar Geh. Ober⸗-Finanz⸗Rath Schulze entgegnete, ein Ruͤckblick auf die Höhe der in den letzten zehn 1. bewilligten Summen für diesen Posten ergebe, daß fets weniger als die dreijährige Durchschnittszahl im Etat gefordert worden sei; die erhobenen Vorwürfe seien daher durchaus nicht gerechtfertigt. Es werde Seitens der Finanz⸗ verwaltung bei Bewilligungen aus diesem Titel mit größter Sparsamkeit verfahren. ie Mehrforderung rechtfertige sich aber aus den bedeutenden durch das Viehseuchengesetz veran⸗ laßten und jährlich wiederkehrenden Kosten. Die Mehrforde⸗ rung sei gestellt, um künftighin Etatsüberschreitungen bei dieser Position zu vermeiden.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, gegen die Erhöhun stimmen zu wollen, weil die jetzige Summe ihm schon zu 6 erscheine, und er wünsche, es möge geprüft werden, ob' die fraglichen Reisen auch alle wirklich nothwendig seien. Im Lande bezweifle man das; auch die Reisen der Thierãärzte, auf die hier exemplifizirt werde, würden im Lande unbequem empfunden.
Der Abg. Hahn machte darauf aufmerksam, daß die Aus— gaben für die Reisen der Thierärzte auf Gesetz beruhten, alfo gar nicht abzulehnen seien. Wolle man dieselben aus diesem Fonds degeen, ohne denselben zu erhöhen, dann würden für die übrigen Reisen, die noch nothwendig seien, nicht die er⸗ sorderlichen Mittel übrig bleiben.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er wolle gerade die Angelegenheit dieser Thierarztreisen in in behalten, und deshalb die Erhöhung ablehnen. Es sei sehr wünschenswerth, daß die Regierung den moralischen Druck fühle, der darin liege, daß sie wisse, die Mittel ständen ihr nicht unbeschränkt zur Disposition. Brauche die Regierung mehr, so werde das Fer gerechtfertigte Forderungen nachbewilligen; er bitte, die
osition nicht zu , r . ;
Der Abg. Rickert bemerkte, er könne dem Vorredner nur zustimmen, derselbe habe ganz in seinem (öées Redners) Sinne 1 Den Abg. Hahn möchte er doch bitten, derartige
rtheile nicht zu fällen, daß der Antrag eines Mitgliedes des Hauses vollkommen bedeutungslos sei. Er bitte, den mora⸗ lischen Druck, von dem der Abg. Dr. Windthorst gesprochen, für die Regierung bezw. die Behörden durch Ablehnung dieses Titels zu konstruiren.
Nach Schluß der Debatte befürwortete der Referent Abg. Stengel nochmals die Bewilligung der Position. Wenn au Manches von dem Gesagten richtig sei, so dürfe man doch deshalh nicht die Forderung der Regierung verwerfen. Der Etat solle doch ein Voranschlag sein und die Bereitstellung
von den Bedürfnissen entsprechenden Mitteln enthalten; lehne das Haus diese Summe ab, so thue es das Gegentheil, denn das Bedürfniß werde ja von keiner Partei geleugnet.
Hierauf lehnte das Haus sowohl die Mehrforderung von 275 000 S, als auch die Zurückweisung an die Kom⸗ mission ab.
Der Rest der ordentlichen Ausgaben dieses Etats und die außerordentlichen Ausgaben desselben wurden ohne Dis— kussion genehmigt.
Es folgte die allgemeine r, , . deren Etat, soweit derselbe nicht der Budgetkommission Über⸗
wiesen ist, ohne Diskussion genehmigt wurde. Damit war die Tagesordnung erledigt. ö. . vertagte sich das Haus um 7 Uhr auf Mittwoch r.
— In der heutigen (21.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher die Staats⸗-Minister Maybach, Dr. Lucius, und von Scholz nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung: Die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat.
Es wurde zunächst die —Nummer 1 (Oberschlesische Bahn) zur Diskussion gestellt.
Der Referent, Abg. von Neumann verzichtete auf das Wort.
Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa gab seiner Befriedigung über die Vorlage Ausdruck, und hob hervor, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten sich den Dank der Provinz Schlesien und insbesondere der Stadt Breslau in her— vorragendem Maße erwerben würde, wenn er sich bereit finden lassen wollte, den auf den anderen Staatsbahnen üblichen Normaltarif auch auf der Oherschlesischen und Rechte⸗Oder⸗ ufer⸗Bahn einzuführen. Rücksichten auf Aktionäre, auf die bis jetzt immer hingewiesen, ständen nicht mehr im Wege.
Der Abg. Büchtemann bedauerte, daß den in den Staatsz— dienst eingetretenen Civilsupernumerarien bei Berechnung der Anciennetät 5 Jahre in Abzug gebracht werden sollten, und glaubte, daß es empfehlenswerth sei, diesen Beamten auch die Dienstzeit vor dem 20. Lebensjahr, vielleicht vom 17. Lebens— jahre ab, in Anrechnung zu bringen.
Der Regierungskommissar Ministerial-Direktor Brefeld ö. hervor, daß die in den Staatsdienst übernommenen Civil⸗ upernumerarien von der Ablegung des Examens enthunden worden, zu welchem die Staatsbahndiätarien verpflichtet seien. Es sei daher nur eine Forderung der Billig— keit gewesen, den übernommenen Civilsupernumerarien die Zeit von ihrer Anciennetät in Abrechnung zu bringen, die durchschnittlich zur Ablegung des Examens erforderlich sei. Im Uebrigen dürfte von der Regierung vielleicht eine Ver— kürzung jenes Zeitraums in Erwägung gezogen werden.
Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa wies auf die Wohnungszuschußfrage hin. Bei den Privatbahnen sei ein solcher nicht gezahlt. Er wünsche im Interesse einer großen Beamtenklasse eine Auskunft darüber, ob in dem Gehaltssatz, mit dem Privatbahnbeamte übernommen seien, der Wohnungs— zuschuß schon mit enthalten sein solle?
Der Regierungskommissar erklärte, die in den Staats— dienst übernommenen Beamten würden mindestens das an Gehalt weiter erhalten, was sie von den Privatbahnen empfangen hätts. Der Staat sei aber bemüht, ihnen bessere Gehälter zu gewähren. Schon jetzt erhielten dieselben ca. 6 9000 000 S½ mehr als von den Privatbahnen an sie ge— zahlt seien. .
Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) gab der Befriedigung Ausdruck, die in den Kreisen der in den Staatsdienst ein⸗ etretenen Privatbeamten herrsche. Nur die technischen Beamten, die Zeichner und Unter⸗-Ingenieure seien nicht mit dem gleichen Maß von Wohlwollen wie die übrigen Beamten⸗ kategorien bedacht worden. .
Nach einer kurzen Replik des Abg. Büchtemann auf die Ausführungen des Dr. Hammacher ergriff der Staats⸗Minister Maybach das Wort, um zu erklären, daß Beschwerden aus den Kreisen der übernommenen Privatbahnbeamten der Regierung nicht zugegangen seien. Der Zeitraum von fünf Jahren, der den Civil-Supernumerarien in Ahrech⸗ nung gebracht werden sollte, sei vielleicht zu weit gegriffen. Die Angelegenheit würde von der Regierung noch einmal in Erwägung gezogen werden. Bedenken müsse man, daß eine Reihe von Privatbahnen die etatsmäßige Anstellung ihrer Be— amten gar nicht gekannt habe. Den Beamten solle aus ihrem Uebergang in den Staatsdienst kein Nachtheil erwachsen, das sei für ihn eine Herzenssache, und er werde auch in Zu⸗— kunft in dieser Richtung Sorge tragen. Die Tariffrage, auf
welche der Abg. von Heydebrand hingewiesen, solle bald in
dem vom Abgeordneten gewünschten Sinne geregelt werden.
Nr. 1 des 5. 1 wurde hierauf genehmigt. .
Nr. 2 (Breslau⸗Schweidnitz⸗ Freiburger Eisenbahn), 3 (Rechte Oderufer⸗Eisenbahn), 4 (Posen-Creuzburger Eisen⸗ bahn), 5 (Altona⸗Kieler Eisenbahn), und 6 (Erwerb des im Fürstenthum Schaumburg⸗Lippe gelegenen Theils der Han⸗ nover⸗Mindener Eisenbahn) die hierauf zur Diskussion gestellt wurden, gaben zu erheblicher Debatte nicht Veranlassung und wurden bewilligt.
Die folgenden 85 2—4 wurden ohne Dis kussion von besonderem Interesse in der vorgeschlagenen Faffung ge⸗ nehmigt. .
Bei Schluß des Blattes wurde die Debatte mit der Be⸗ rathung des 8. 5 fortgesetzt.
— Der Königliche Gesandte am bayerischen Hofe, Graf von Werthern-Beichlingen, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von München fungirt der Legations⸗Sekretär, hr. Graf zu Eulenburg als interimistischer Geschäftsträger.
Bayeru. München, 8. Januar. (Allg. Ztg.) Die Abgeordneten kammer setzte heute die gestern 3 . Debatte über Art. 6 des Gesetzentwurfs, betr. die Errichtung einer Hagelversicherungsanstalt, fort. Ueber diesen Artikel und die hierher gehörende, gestern erwähnte Modifika⸗ tion der Abgg. von Hörmann und Luthardt, nach welcher e Abweisung des Entschädigungsanspruchs wegen Ver— äumniß der 48 stündigen Anzeigefrist Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, bezw. Berufung an das Staat Ministerium des Innern zulässig sein soll, sprachen noch die Abgg. Lukas, Keßler, Gunzenhäuser, Luthardt, Freiherr von Lerchen⸗ feld, Daller und der Staats⸗Minister Freiherr von Feilitzsch, welche sich gegen die Modifikation, insbesondere gegen Zulässigkeit der Berufung, erklärten, ferner die Abge⸗ ordneten von Hörmann, Kopp und Ruppert. Von den Äb⸗ geordneten Luthardt und Gunzenhäuser wurde beantragt, statt „A46stündige Frist“ zu sagen „Frist von zwei Tagen“, wobei
der Tag des Hagelschlages nicht mit eingerechnet werden soll. Dieser Antrag murde, nachdem noch der Referent, Abg. Freiherr von Soden gesprochen hatte, angenommen, ebenso ein Antrag des Abg. Ruppert: statt des Worles, daß „so⸗ fort von dem Schadensfalle der Anstaltsverwaltung Anzeige zu erstatten ist, gesagt werde innerhalb 24 Stunden“. Mit diesen beiden Aenderungen gelangse Art. 6 zur Annahme; die Modifikation von Hörmann und Lutharbt wurde ab' gelehnt. Zu Art. 7 und 8, welche von dem Schadens⸗ schäͤtzungs verfahren und dem Antrage auf zweite Schaͤtzung handeln, brachten die Abgg. von Hörmann, Jegel, Baron Gise und Baron Dobeneck Modffikations⸗ und Zusatzanträge ein, welche u. A. bezweckten, daß ein Einspruchsverfahren gegen die Schätzung, und zwar Berufung an ein Schiedsgericht 2c, geschaffen' werde. Der Staats⸗Minister Frhr. von Feilitzsch legte eingehend dar, daß ein höherer Rechtsschutz der Versicherten hier, wo es sich nicht um eine Aktiengesellschaft, sondern um eine staatliche Anstalt zum Schutze der Landwirthe handelt, nicht erforderlich sei. Von 70 der bewährtesten Landwirthe, welche von den Staatsregierung hierüber befragt wurden, hätten sich 68 gegen das Schiedsgericht als unnöthige und kostspielige 53 richtung ausgesprochen. Seit dem Bestehen des Brand⸗ versicherungsgesetzes sei auch nicht in einem einzigen Falle das schiedsrichterliche Verfahren zur Anwendung gekommen. Hier würden zudem zu Schätzern nicht die Versicherungs⸗Inspek⸗ toren, sondern tüchtige ausübende Landwirthe genommen, welche das Vertrauen der Landwirthe der ganzen Gegend be— säßen. Das Haus lehnte sodann die sämmtlichen Modifi⸗ kationsanträge ab und stinmte der Fassung des Ausschuß— entwurfs zu. Ein neuer Art. 8a wurde auf An⸗ trag der Abgg. Baron Gise und Gunzenhäuser mit der Be— stimmung beschlossen: 'der Hagelentschädigungsanspruch kann von Seiten des Versicherungsnehmers an einen Britten weder übertragen noch verpfändet werden.“ Art. 9 fand nach dem 2 Annahme. Hierauf wurde die Sitzung vertagt.
Sachsen. Dresden, 8. Januar. (W. T. B. Die Petitionsdeputation der Ersten Kammer beantragt: die gegen den deutschen Offiziers-Konsumverein ge⸗ richteten Petitionen, unter Anerkennung der vollen indi⸗ viduellen Freiheit des Offiziers in der Wahl der Bezugs⸗ quellen für seine persönlichen Lebensbedürfnisse, auf sich beruhen zu lassen.
Braunschweig. Braunschweig, 7 Januar. (Hann. Cour.) Gestern Nachmittag eM ÜUhr traf Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen in Beglei— tung des Rittmeisters von Scheele hier ein und begab Sich in der hereitstehenden Hofequipage nach dem Residenzschlosse, wo Derselbe Sr. Hoheit dem Herzog den Glückwunsch zum neuen Jahre abstattete. Um 5 Uhr fand zu Ehren des Hohen Gastes große Hoftafel statt, zu welcher, außer dem Hosstaat, auch der General von Hilgers, Geheim⸗Rath von Hantelmann und Abt Dr. Thiele Einladungen erhalten hatten. Später wohnte Se. Königliche Hoheit mit Sr. Hoheit dem Herzog im Hoftheater der Vorstellung der Oper „Carmen“ be und trat nach Beendigung der Vorstellung die Rückreise nach Hannover an.
Oesterreich⸗ Ungarn. Pest, 8. Januar. (W. T. B.) Gegenüber den verschiedenen Combinationen, zu welchen die Wiener Reise des Minister-Präsidenten Tisza Anlaß gab, meldet der Nemzet“ auf Grund von kom⸗ petenter Seite erhaltener Information: der Minister-Präsident habe auch in diesem Jahre, wie jedesmal anläßlich der Jahres⸗ wende, Besuche bei den auswärtigen Botschaftern, natürlich auch hei dem päpstlichen Nuntius gemacht. Bei letzterem sei keinerlei politische Frage, am allerwenigsten jene, betreffend die Civilehe zwischen Christen und Juden, diskutirt worden, womit man den Besuch in Zusammenhang bringen möchte.
Agram, 8. Januar. (W. T. B.) Der Elfer-Aus⸗ schuß des Landtages nahm unter Ablehnung aller übrigen Anträge mit 7 gegen 4 Stimmen den Beschlußantrag des Referenten Gyurgjevie an. Derselbe konstatirt, daß durch die auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des ungarischen Minister⸗Präsidenten erfolgte Einsetzung des Kom⸗ missärs Grafen Ramberg die Verfassung und der mit dem Königreich Un garn getroffene Ausgleich verletzt worden seien, und verlangt die Sanirung dieser Verletzung
auf administrativem Wege oder mittelst Entsendung einer
Regnicolar⸗Deputation.
Schweiz. Bern, 58. Januar. Dem „Bund“ wird gemeldet: Die Zwingli-Feter in Kappel nahm einen er⸗ hebenden Verlauf. Trotz der ungünstigen Witterung strömte eine große Menschenmenge aus allen Kantonstheilen nach des Reformators Todesstätte. In der Kirche, welche die Menge kaum faßte, schilderte der Pfarrer Kappeler Zwingli's Wirken als Reformator, der Regierungs⸗Rath Grob seine Thätigkeit als Politiker und Patriot. eistliche und Vaterlandslieder gaben der Feier die würdige Weihe. Hierauf bewegte sich ein großer Festzug mit Musik und vielen Gesangvereinen mit ihren Fahnen an der Spitze zu dem einfach geschmückten
wingli⸗Stein, wo der Reformafor den Heldentod starb. Der
farrer Egg erinnerte an dessen letzten Augenblicke, in zün— dender n die verschiedenen Konfessionen zur Versöhnlichkeit mahnend.
GSrsßbritannien und Irland. London, 8. Januar. (W. T. B. Die „Times“ meldet in einer zweiten Aus⸗ gabe: Nubar Pascha habe das Präsidium des neuen egyptischen Ninisteriums angenommen und Edgar Vincent zum Finanz⸗Minister designirt.
Frankreich. Paris, 8. Januar. (W. T. B.) Die neue Session der Kammern ist heute eröffnet worden. Im Senat gah der Alterspräsident Carnot der Hoffnung Ausdruck, daß fortan eine größere Sparsamkeit die Finanz⸗ verwaltung auszeichnen werde, und daß der Senat berufen sei, das Budget in einer eingehenderen Weise zu prüfen, als das beim letzten Male der Fall gewesen sei. Der Redner konsta⸗ tirte, daß der politische Horizont sich aufgeklärt habe, und forderte die Versammlung zu einem einträchtigen Zusammen⸗ . auf. Die Wahl des Bureaus findet am Donnerstag tatt.
In der Deputirtenkammer übernahm Guichard als Alterspräsident den Vorsitz. Derselbe appellirte in seiner Eröffnungsrede an den Patriotismus der Kammer, um die politischen Spaltungen zu verwischen; das Land bedürfe vor Allem der Eintracht. Darauf wurde in die Wahl des Prä⸗
sidiums eingetreten, und Brisson mit 224 von 298 Stimmen wieder zum Präsidenten gewählt; 54 Stimmzettel waren un⸗ beschrieben. Die Wahl der Vize⸗Präsidenten wurde auf Donnerstag vertagt. 2 .
Dem „Temps“ zufolge wird die . die Vor⸗ lage über die Revision der Verfa sung erst nach den Osterferien, aber noch vor den Sommerferien des Par⸗ laments einbringen.
talien. Rom, 8. Januar. (W. T. B.) Mukhtar Pascha stattete heute dem Minister des Auswärtigen, Mancini, einen Besuch ab und wird am Donnerstag von dem König zur Ueberreichung des Großkordons des Nischan⸗ Imtiaz⸗Ordens empfangen werden. .
— 9. Januar. (W. T. B.) Sämmtliche Mitglieder der Königlichen Familie begeben sich heute nach dem Pan— theon, um an dem Grabe Vietor Emanuels ihre Gebete zu verrichten. Von außerhalb sind zur Theilnahme an der Ge⸗ dächtnißfeier gestein und heute bereits über 10000 Per— sonen hier eingetroffen; auch mehrere italienische Kolonien in anderen Ländern sind durch Abgesandte vertreten und einige andere haben Kränze und Fahnen gesandt; die meisten Journale erscheinen mit Trauerrand.
Der „Moniteur de Rome“ dementirt die Meldung des Standard“ von der offiziellen Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen England und dem Vatikan und bemerkt: der Papst habe Mr. Errington nicht empfangen, als er anläßlich des Jahres⸗ wechsels die Diplomaten empfing.
— 9. Januar. (W. T. B.) Die Königliche Familie, welche sich um 9 Uhr Vormittags nach dem Pantheon begab, wurde auf dem Wege dorthin und bei der Rückkehr mit be⸗ geisterten Zurufen begrüßt. Die Zahl der von außerhalb ein⸗ getroffenen Theilnehmer an der Gedächtnißfeier ist auf 12 000 angewachsen. Das Wetter hat sich, nachdem es gestern hestig geregnet, aufgeheitert. Aus vielen Fenstern wehen Flaggen; die Geschäftsläden in den von dem Festzuge be⸗ rührten Straßen sind geschlossen. Im Zuge wurde besonders die Gruppe, derjenigen, welche an den Unabhängigkeits— kämpfen theilgenommen, durch sympathische Zurufe aus— gezeichnet.
Neapel, 9. Januar. (W. T. B.) Der frühere Khedive Ismail Pascha ist hier eingetroffen.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 9. Januar. (W. T. B.) Von Seiten des Kaiserlichen Hofes wird be— kannt gemacht, daß am Neujahrstageé sowie am Geburts— tagsfeste des Großfürst Alexis im Winterpalais Auffahrt zum Gottesdienst und zur Gratulation bei Ihren Majestäten und Ihren Kaiserlichen Hoheiten stattfindet.
Afrika. Egypten. Kairo, 8. Januar. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet: In dem von den Ministern eingereichten Demissionsgesuch heißt es: „Die englische Regierung verlangt, daß wir den Sudan aufgeben sollen; wir haben aber kein Recht, denselben aufzugeben, weil er ein uns anvertrautes Besitzthum der Pforte ist. Die englische Regierung sagt, Egypten müsse den ihm ertheilten Rath— schlägen ohne weitere Diskussion solgen; das verletzt das or⸗ ganische Reskript vom 28. August 1878, welches besagt, daß der Khedive mit und durch die Minister regiert. Wir geben unsere Demission, weil wir verhindert sind, in Gemäßheit der Konstitution zu regieren.“
Seitungsstimmen.
Die „Germania“ schreibt:
„.. Gewiß nicht der geringste Theil der sozialen Frage liegt in der Frage, ob Überhaupt AÄrbeit und Verdienst im Lande ist. Und in dieser Beziehung konnten wir ja Sonnabend mit Genugthuung hervorheben, daß die seit einigen Jahren, nach furchtbarem Verfall im Gefolge des Manchesterthums und des Grüuͤndungs—⸗ siebers, begonnene Hebung von Gewerbe und af de im Wesentlichen fortgedauert habe. Zwar lagen die Manchestermänner von den Linksliberalen und vielfach von den sogenannten „nationalen Elementen‘ auch im vergangenen Jahre nur so auf der Lauer, um irgend welche Symptome des Stockens im gewerblichen Fortfchritt zu entdecken, dieselben mit Schadenfreude zu konstatiren und dann als ein Fiasco der Schutzzollpolitik des Jahres 1879 auszuschreien. Die Herren konnten aber nicht viel und nichts von Bedeutung fin— den, das ihren Zwecken hätte dienen können, und bewlesen also weiter Nichts, als diese sonderbare Art von „nationaler Gesinnung“, welche , auch in wirthschaftlicher und sozialer Beziehung, veralteten Theorien und egoistischen Interessen zu Liebe, unser Volk nicht zur Ruhe und zum soliden Fortschritt kommen läßt.
Hätten aber auch wirklich auf einem oder dem anderen Gebiete deutschen Erwerbslehens sich Stillstand oder sogar geringer Rückgang gezeigt, so hätte unsere Auffassung der Schutzzollpolitik dadurch nicht den mindesten Stoß erlitten. Uns erscheinen mäßige Schutz-zoͤlle für Deutschlands wirthschaftliche Lage nützlich, ja für manche Erwerbszweige nothwendig; in der Beziehung haben die Erfah⸗ rungen unserer stets fest gehaltenen Ueberzeugung Recht gegeben. Wir unsererseits aber haben niemals behauptet, daß vom Schutzzolle nun allein Auf. und Niedergang des Erwerbs abhingen. Ein richtig bemessener Schutzzoll ist ein, und zwar ein wesentlicher Faktor, kann er auch nicht allein die Verhaäͤltnisse beherrschen, so würden ohne ihn dieselben noch . werden. Das ist unser stets festgehaltener Standpunkt, und es ist Nichts geschehen, ihn zu erschüttern; ja zum Ueherfluß haben selbst die Jahresberichte liberaler Blätter den noch fortwährend andauernden Aufschwung des Wirth⸗ schaftslebens zugeben müffen. Daß speziell die Börfe mit dem ver · gangenen Jahre nicht sehr zufrieden ist, ändert daran Nichts, ist auch nicht sg schlimm für die wirkliche Produktion, als die Börsianer gern es darstellen. Die Interessen dieser Herren gehen vielfach neben und oft sogar gegen die Interessen des ernsten Erwerbslebens Die stets im Wesentlichen fortdauernde Biüthe des soliden Erwerbs bat in der Nichtung auch fortdauernd die soziale Lage günstig beein— flußt, daß Arbeit vorhanden war und dieselbe vielfach auch relativ besser bezahlt wurde, als in den schlechlen Zeiten. Daß so die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren ziemlich geschwunden ist, ist schon die Hauptsache; das Ziel, diefelbe Arbeit. wo es noch nicht geschehen, auch in entspcechender Weise relafiv besser zu lohnen, muß weiter verfolgt werden.
=*. Den Abschluß des Krankensersicherungsgesetzes haben wir mit Genugthuung begrüßt, nicht nur wegen seiner Bedeutung für häufige Nothstände der arbeitenden Klassen an sich, fondern auch wegen des Sieges, den das Prinzip der obligatorischen Versicherung in diesem Gesetze errungen hat, während dagegen bis vor Kurzem noch alle liberalen Elemente, auch die sogenannten nationalen, reagirten.
. Für den nothleidenden Handwerkerstand hat die Gesetzgebung des vergangenen Jahres leider überhaupt keine direkten Forischritte gebracht. Indirekt kemmen demselben einige Bestimmungen der Ge— werbenovelle, in der Auswüchse der schrankenlosen Gewerbe freiheit be⸗ lämpft werden, zu Gute, indem sie den Handwerkerfland vor unsolider, übertriebener und zudringlicher Konkurrenz durch Hausirer u. dergl. befreien. Die bevorstehende Session des Reichstage aber wird auch wieder mit der Lehrlingsfrage sich zu beschäftigen haben und
dabei hoffentlich die ganze Lage des Handwerks wieder einmal in ernste und fruchtbare Erwägung nehmen. Auch die Lage des Bauernstandes hat ja endlich in den letzten Monaten des vergangenen Jahres die richtige Würdigung erfahren. Hr. Minister Lucius, der noch vor Kurzem zu rosig sah, hat vor Allem sehr dankenswerthe Er klärungen abgegeben und auch Thaten der Hülfe in Aussicht gestellt. Und nehmen wir dann noch die Erleichterung der mittleren und unteren Stufen bezüglich der direkten Steuern hinzu, die theils im vergange⸗ nen Jahre schon erreicht ist, theils weiter erstrebt wird, so können wir trotz mancher unbefriedigenden Erscheinung doch auch im ver— gangenen Jahre wieder, Alles in Allem genommen, einen Fortschritt der Sozialpolitik in unserem Sinne konstatiren.
— In der „Kölnischen Zeitung“ lesen wir:
Im Großherzogthum Oldenburg sind mit Ablauf des Jahres zwei fortschrittliche Blätter, in der Stadt Oldenburg und in Jever, wegen Mangels an Lesern eingegangen. Ein bemerkenswerthes Zeichen der Stimmung. z
— Der Abgeordnete, Naturforscher Paul Bert, der in der französischen Deputirtenkammer die Aufhebung des Einfuhrverbots amerikanischen gesalzenen Schweinefleischs erfolgreich bekämpft hat, veröffentlicht im „Voltaire“ vom 27. v. Mts. über diesen Gegenstand einen Artikel, dem wir nach der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ Folgendes ent— nehmen:
... Monselet hätte gewiß seinen poetischen Schwung gezügelt, wenn er das unsagbare Schwein des fernen Westens Amerikas gekannt hätte, jenen „ökonomischen Abtritts⸗-Ausfeger', wie die Amerikaner selbst jenes von der Trichine infizirte und von der Cholera angesteckte Thier nennen.
Das ist das Schwein, welches uns die amerikanischen Staaten des Westens zu Tausenden zusenden (5 Millionen aus Chicago allein im Jahre 1879) ohne jede sanitäre Ueberwachung. Die kranken und halb krepirten Schweine werden mit den übrigen zusammen ein— gesalzen und nach Europa exportirt. Der Dr. Detmers, der von der amerikanischen Regierung beauftragt war, diese Angelegenheit zu er⸗ gründen, sagt: in jeder Nacht passirten in Champaigne (Illinois) mit kranken Schweinen beladene Wagen unter meinen Fenstern vorbei, die für Chicago bestimmt waren. Der Pächter 3., in der Nähe von Toloro wohnhaft, hat vor einigen Tagen 17 Schweine verkauft, von denen der größte Theil, wenn nicht alle, krank und einige scgar krepirt waren, zum Preise von 2 Cents das Pfund, um nach Chicago versandt zu werden.
Dort werden sie schlechr eingesalzen oder in Kreosot getaucht und sodann in Schiffen eng verpackt, die sie nach Bordeaux und Havre bringen, wo ein blühender Handel mit ihnen getrieben wird. Und da trotz der enormen Gewinnste der Zwischenhändler das Pfund solchen Schweinefleisches immer noch um einige Sous billiger ver— kauft werden konnte, als das Fleisch französischer Schweine, so bildet dasselbe einen Theil der Nahrung des Arbeiters in den Städten und des Bauern. Ich spreche von der Vergangenheit, weil seit 1881 Frankreich die Einfuhr dieses gefährlichen Nahrungsmittels ebenso verboten hatte, wie Italien, Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn und Spanien es gethan.t
Vor einigen Wachen ist dieses Einfubrverbot aufgehoben worden und sofort sind große Ladungen trichinenbehafteten Schweinefleisches aus Amerika nach Frankreich verschifft worden. Die Tagesordnung, wilche am vergangenen Sonnabend die Kammer votirt hat, wird dieser gefährlichen Invasion Einhalt thun.
In Folge dessen Reklamationen der Händler; diese mehr inter essirten als interessanten Klagen maskiren sich hinter Argumenten philanthropischer, volkswirthschaftlicher und wissenschaftlicher Allüren. Ihr vermindert, sagen die Einen, die Ernährungsmittel des Armen, Ihr raubt ihm das billige Fleisch, das Einzige, das er sich verschaffen konnte. — Aber wie sonderbar, seit dem Einfuhrverbot des gesaljenen amerikanischen Schweinefleisches ist der Preis dieser Fleischgattung auf unserem Markte gesunken; der Arbeiter kann also ebenso billig wie früher sich solches verschaffen; außerdem aber, ist es nicht weit wichtiger, ihm gesunde Nahrung zu geben, als ihn zu vergiften, unter dem Vorwande, ihn ernähren zu wollen? Sonderbare Philantropie, die die Trichine des Armen erfunden hat!
Ihr seid Schutzzöllner, rufen einige Theoretiker, Ihr opfert den Konsumenten dem Produzenten. — az ist wieder ein vollkommener Irrthum, und zwar für mich, der ich Freihändler bin, aber glaube, daß die ökonomischen Theorien sich vor der Sicherheit des Landes beugen müssen; zur letzteren aber gehört die Gesundheit der Bevölke—⸗ rung. Endlich haben Einige uns gesagt, daß wir naive Leute seien; die amerikanischen Salzfleische sollen trotz des Verbots nach Frank⸗ reich kommen, z. B. über die belgische Grenze. Woher kommt es denn, daß man sich in Amerika so bitter über jenes Einfuhrverbot beklagt und daß bei seiner Ankündigung ganze Märkte geschlossen worden sind?
Endlich — und das ist das einzig ernsthafte Argument — klagt man uns an, die Gefahr zu übertreiben. Das amerikanische Schweine⸗ fleisch, sagt man, sei schon so lange in Frankreich konsumirt worden, ohne daß die Trichinose entstanden sei. Unsere Gegner gehen noch weiter und bebaupten, den sorgfältigsten Untersuchungen zum Trotz, daß das Einsalzen die Trichine tödte, — die guten Einsalzungen, sagen sie, und haben hierfür ein eigenes Wort erfunden: „fully cured“ (gründlich gesalzen)) ein Wort, das sie sich wohl hüten, zu definiren. Aber was bedeutet dieses Wort? Niemand meih eg, und Hr. Tirard hat mit. Recht sagen können, daß dieses eine ebenso illusorische Garantie sei, wie die Be⸗ sichtigung des Schweinefleisches durch die Einsalzer selbst es ist. Dennoch hät Herr Hörisson in seinem Dekret die Stadtverwaltungen beauftragt, dieses unterscheidende Merkmal am Schweinefleisch fest⸗ zustellen, ehe sie den Verkauf desselben gestatten. Von zwei Dingen ist aber nur eins möglich: entweder ist der Zustand des „fully cured- leicht erkennbar, und dann sollten Staatsin spektoren denselben beim Import nach Frankreich feststellen, oder er ist es nicht, und dann ist auch die Besichtigung durch die Stadtverwaltungen eine Unmöglichkeit und eine Täuschung.
In der That enthalten die amerikanischen Salzfleischartikel lebendige Trichinen. Ein bedeutender Prozentsatz, der in manchen Ladungen 189lo beträgt, ist derartig infizirt: die amerikanischen In⸗ spektoren haben das Verhältniß der trichinenbehafteten Schweine in Chicago auf 8 oo geschätzt. Zu sagen, daß hier keine Gefahr vor⸗ handen ist, heißt das Augenscheinliche leugnen. Erst dann Vorsichts⸗ maßregeln treffen, wenn die Gefahr ihre schlimmen Folgen gehabt haben wird, wäre eine grenzenlose Unvorsichtigkeit; das aber schlägt man uns vor, zu thun. ‚Wartet doch eine Epidemie ab,“ sagt man uns, „bis dahin habt ihr nicht das Recht, die Amerikaner zu hindern, uns trichinenhaltiges Schweinefleisch zu verkaufen. Eine Epidemie ist bis jetzt noch nicht da gewesen und es wird auch nicht eine solche geben; bei uns ist das Kochen des Schweinefleisches gebräuchlich und es tödtet die Trichine.“ — , hat, unsere Gewohnheit des Kochens uns bisher geschützt, aber der Gebrauch des rohen Fleisches nimmt immer mehr zu; auch kann man die Reste und noch nicht gekochten Theile des Fleisches nicht vor den Ratten schützen. Diese Thiere werden angesteckt, ohne von der Trichine zu sterben! In , ohne eigene Schweinezucht hat das . auf sich, aber auf dem Lande wird die Ansteckung gerade durch die Ratten unter den Schweinen verbreitet, weil dieselben die Ratten todt oder lebendig fressen. ;
Wenn die Trichine einmal wo eingenistet ist, so ist sie wie die Phylloxera, man kann sie nicht wieder vertreiben. Der Dr. Detmers hat vorgeschlagen, alle Schweine in den infizirten Staaten zu tödten, aber die amerikanische Regierung hat diefen Plan ihres Experten nicht auszuführen gewagt. Man hätte auch alle Ratten tödten müssen, was schon schwerer gefallen wäre. Wenn wir einmal die Trichinose in Frankreich hätten, e wären wir genöthigt, die in Deutschland angewendeten Maßregeln zu befolgen, wo jene Krankheit endemisch ist. Dort untersucht eine Armee von 18005 Inspektoren, das Mikrofkop in der Hand, alle auf den Markt gebrachten Schweine. Die Schweinefleischhändler selbst sind
bei schweren Strafen für den auten Zustand ihrer Waare verantwortlich und können sich nicht durch das Certifikat des Inspektors decken. Die Strafen regnen nur so, 30 —= 40 Millionen werden darauf jährlich verwandt, und dennoch treten die Trichinen⸗ Epidemieen immer wieder auf. In Sachsen, in einem kleinen Dorfe, sind hieran von 1909 Einwohnern am 19. Oktober v. Is. 50 ge⸗ storben, und die Epidemie war noch nicht erstickt.
Bisher sind wir davon frei gewesen, wir wollen auch davon frei bleiben und keine Experimente im —— an dem französischen Volke anstellen; wir wollen nicht solche Gefahren laufen, um einige Händler zu bereichern, die sich mit nationgl-ökonomischem Flitter ausstaffirt und mit einer philanthropischen Maske geziert haben.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Amerika in Wort und Bild. Eine Schilderung der Ver⸗ einigten Staaten von Friedrich von Hellwald. 16. bis 20. Lieferung zu je 1 Mit etwa 700 Illustrationen. Leipjig, Schmidt & Günther. — In der 16. Lieferung dieses großen Werkes führt uns der Verfasser in New. Jork ein, dessen großartiges Leben und Treiben und dessen Kulturzustand mit Sachkenntniß und interesseerregend geschildert werden. Von den Textbildern erwähnen wir fol⸗ gende: Rhede von New⸗NVork, Riesenmonument der Freiheitsgöttin am Eingange des Hafens, New⸗Jork aus der Vogelschau, Batterie und Castle Garden, Inneres von Castle Garden, Quarantaine, Broadway in New⸗YJork, Straßenplakat⸗Anzeigen, Trinity Church, St. Patricks Cathedral, Emigrantenhotel, Chinesen in New-⸗Jork, City⸗ Dall, New-⸗York Tribune Office, Musik Akademie und Tammanv⸗ Hall, Arbeitspalast der New -Jorker Staatszeitung, Union, Madison, Washington Square, die fünfte Avenue, Post-Office, Schiller denkmal im Centralpark 2c. Die Vollbilder zeigen New. Jork, Scene am Ost⸗ ufer in New Jork. Bilder aus dem Centralpark ꝛe.
— Das 1. Heft XII. Jahrgangs der, Mittheilungen aus der historischen Literatur“, herausgegeben von der Histo⸗ rischen Gesellschaft in Berlin und in deren Auftrage redigirt von Dr. Ferdinand Hirsch, (Berlin, R. Gaertners Verlagsbuch⸗ handlung — Hermann Heyfelder) hat folgenden Inhalt: Bernheim, Geschichtsforschung und Geschichtsphilosophie (Kirchner). — Jahres berichte der Geschichtswissenschaft. III. (Evers). — Bauer, Die Kyrossage und Verwandtes (Evers). — Corpus inseriptionum Atti- carum. II. 2. (Droysen). — Marquardt, Das Privatleben der Römer. II. (Dietrich). — Hirschfeld, Gallische Studien (Bohn). — Bertolini, Saggi critici di storia italiana (Hirsch). — Hahn, Bonifaz und Lull. Ihre angelsächsischen Korrespondenten. Erzbischof Lulls Leben (Foß). — Simson, Jabrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen (Hahn). — Anvales Bertinjani rect. Waitz (Hirsch). — Epistolae saeculi XIII. ed. Rodenberg. IJ. (Hirsch). — Mittheilungen aus dem Stadtarchiv von Cöln. 1II. (Fischer.) — Ochsenbein, Aus dem schweizerischen Volkeleben des XV. Jahrhun⸗ derts (Kirchner). — Hofmann, Peter Melander, Reichsgraf zu Holz- appel (J.ische. — v. Gonzenbach. Der General Hans Ludwig von Erlach (Foß). — Wahlsprüche, Devisen und Sinnsprüche deutscher Fürstengeschlechter des XVI. und XVII. Jahrhunderts (Schambach). Talletyl Histoire de la taille royale anx 17e et 186 siècle (von Kalckstein). — Callery, Les réformateurs de l'ancienne France (von Kalckstein). — Gauer, Zur Geschichte und Charakteristik Friedrich des Großen (Heydenreich) — Oncken, Das Zeitalter Friedrichs des Großen. II. irsch — Frankfurter Gelehrte Anzeigen vom Jahre LI2 (Sermelo). Zirngiebl, Johannes Huber (Kirchner). — Fünfzig Jahre russischer Verwaltung in den Baltischen Provinzen Fischerꝝ):= — v. Reumont, Kleine historische Schriften (3schech). —
rei pia desideria für die württembergische Geschichtsforschung (Jestrow). — Müller, Geschichte der Königlichen Hauptstadt Olmütz (Ilwos). — Freibergs Berg. und Hüttenwesen (Heydenreich). — Pro⸗ grammenschau (Foß). — Beigegeben sind dem Heft die ö berichte der Historischen Gesellschaft in Berlin, 1884, Nr. i. Gewerbe und Handel.
Wien, 8. Januar. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Vorarlbergbahn hat das protokollarische Uebereinkommen vom 19. Oktober v. J. genehmigt und beschlossen, das Anlage⸗ kapital in Folge der bewilligten Erhöhung der Staatsgarantie auf 14 2537 600 Silbergulden durch Ausgabe von 4205 5 prozent, inner⸗ halb der Konzessionsdauer zu tilgenden Prioritäts. Obligationen à 209 Silbergulden im Gesammtnomingle von 841 000 Fi. zu ver⸗ mehren. Der Verwaltungsrath wurde ermächtigt, die Begebung des Anlehens nach Bedarf zu bewirken, eventuell bis zur Begebung eine schwebende Schuld aufzunehmen. Die sonstigen, die Verstaatlichung betreffenden Anträge des Verwaltungsraths wurden genehmigt, der Verwaltungsrath wurde ermächtigt, die Konvertirung der Prioritäts—⸗ anleihe vom 1. Juni 1871 mit 7 396 600 Fl. und derjenigen von 341 00 Silbergulden durchzuführen und aus diesem Anlaß ein neues Prioritätsanlehen aufzunehmen.
Kopenhagen, 8. Januar. (W. T. B.) Die Nationalbank ermäßigt von morgen ab den Wechseldiskont und den Lombardzinsfuß auf 4 bis 48 0so.
New⸗Jork, J. Januar. (W. T. B.) Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 69 000, do. nach Frank- reich — do. nach anderen Häfen des Kontinents 20 00, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 24000, do. nach dem
Kontinent — Ortrs. Verkehrs⸗Anstalten. ö
Auf den Linien der Großen Berliner Pferde-Eisen⸗ bahn und der Großen Internationalen Pferde⸗Eifen— bahnzAktien⸗Gesellschaft sind im Monat Dezember 1883 5432 846 Personen befördert und dafür 669 393 ½ oder durchschnitt⸗ lich pro Tag 21 30,25 M von beiden Gesellschaften eingenommen worden. Die Einnahme im Dezember 1882 belief sich auf 590 358,74 M½ oder durchschnittlich vro Tag 19 705,90 4
Hamburg, 8. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer Bavaria“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt-⸗ Aktiengesellschaft hat, von Westindien kommend, gestern Abend 7 Uhr Kap Lizard passirt. !
ien, 7. Januar. (W. T. B.) Im Handels-⸗Ministe⸗
rium finden e mfg Berathungen über den Bau einer Tauern⸗ bahn statt, durch welche die kürzeste Verbindung zwischen Süddeutsch⸗ land und der Südbahn hergestellt werden würde. Die Verhand⸗ lungen, bei denen zunächst nur eine allgemeine Diskussion stattfindet, sind, wie die Presse“ meldet, wahrscheinlich durch den Umstand ber⸗ vorgerufen worden, daß die Südbahn das Projekt einer Tauernbahn einer Prüfung unterziehen läßt.
Berlin, 9. Januar 1884.
Mittheilungen über den Stand der Saaten 2c. in der preußischen Monarchie.
Provinz Ostpreußen. ; Reg. Bez. Gumbinnen: Der Stand der Wintersaaten kann im Allgemeinen ein zufriedenstellender genannt werden. Wenn auch die Winterbestellung sich etwas verzögert hatte, so sind die Saaten doch allenthalben kräftig eingegrünt und haben sich auch weiterhin gut gehalten.
3 . Futterverhältnisse geben zu Befürchtungen keinerlei nlaß. e . Vieh⸗ und Pferdepreise sind auf günstiger Höhe ver⸗ ieben. Die Getreidepreise haben in der letzten Zeit eine gewisse, wenn auch nicht erhebliche Steigerung erfahren. Provinz Westpreußen.
Reg. Bez. Danzig: In Folge der in den verflossenen Herbstmonaten außerordentlich milden Witterung ist die Be⸗