durchaus nöthig, daß dies auch in Zukunft mindestens ebenso bleibe. Vielleicht wäre auch eine Aenderung des Konsolidations⸗ gesetzes erforderlich. Doch müsse dazu die Regierung die Initiative ergreifen. Er bitte daher, den Antrag von Strom⸗ beck abzulehnen.
Der Finanz⸗Minister von Scholz erwiderte, er könne in
seiner Entgegnung die Bemerkung nicht unterdrücken, daß bei der von dem Vorredner selbst hervorgehobenen Tragweite der angeregten Frage es nicht zu viel verlangt gewesen wäre, wenn der Vorredner ihn vorher darüber informirt hätte, daß dieselbe heute hier zur Verhandlung gelangen werde. Es sei sehr schwer, in Fragen von solcher Tragweite Namens der Staatsregierung eine Erklärung abzugeben. Er nehme aber keinen Anstand, über seine persönliche Auffassnng zur Sache) eine vorläufige Erklärung schon jetzt abzugeben, weil er sich völlig klar darüber sei, daß es nicht wünschenswerth sei, den Etat dadurch zu verbessern, daß man in der Besei⸗ tigung von Amortisations ausgaben weiter fortgehe, und dadurch eine leichtere Balancirung im Etat herbei⸗ führe. Es handele sich wesentlich darum, ob das Garantiegesetz nach dieser Richtung hin eine Aenderung er—⸗ fahren müsse. Er glaube, es werde nothwendig sein, für den Fall, daß an Stelle der amortisirbaren Anleihen Papiere treten sollten, welche nicht amortisirbar seien, Vorkehrungen zu treffen, daß auch jetzt schon eine weitere Zinstilgung in dem Etat vorzunehmen sei. Er sei auch sehr gern bereit, die Frage in praktische Erwägung zu nehmen und eine Vorlage zu machen. Für heute könne er sich nur darauf beschränken, seine Zustimmung zu den Ausführungen des Referenten zu erklären, daß es nicht zu verstehen sein würde, wenn man bei dieser Vorlage eine andere Bestim⸗ mung bezüglich der Kündigung zulassen würde, als dies bei den früheren Verstaatlichungen beliebt worden sei. Er wolle nur hinzufügen, daß das Erforderniß einer gesetz⸗ lichen Kündigung den Inhaber der Prioritätsobligatlonen thatsächlich in eine andere Lage setzen würde, als sie jetzt be⸗ stehe. Die einzelnen Privatgesellschaften seien in der Lage, nach ihrem Belieben die Kündigung eintreten zu lassen, ohne an Vorbedingungen gebunden zu sein. Es liege kein Grund vor, hierin für die nun staatlichen Bahnen eine Aenderung eintreten zu lassen.
Der Abg. Rintelen erklärte, es sei kein Grund vorhan— den, einen früher gemachten Fehler jetzt fortzusetzen. Nehme das Haus den Antrag von Strombeck nicht an, so schädige man die Obligationsbesitzer, denn wenn der Minister ohne Weite— res nach seinem Gutbefinden Konversionen vornehmen könne, so werde derselbe ganz von selbst dabei mehr im fiskalischen Interesse verfahren müssen, ohne die Privatinteressen ge— nügend zu berücksichtigen. Die Privatbahngesellschaften hätten früher nicht ohne staatliche Genehmigung Konversionen vor— nehmen können; das sei zum Schutze der Obligationsbesitzer geschehen. Jetzt, wo der Staat selbst an die Stelle der Pri⸗ vatgesellschaften getreten sei, müsse das Haus den Obligations⸗ inhabern mindestens die Garantie geben, daß nicht ohne Ge— nehmigung der Landesvertretung konvertirt werden könne.
Der Finanz⸗Minister von Scholz entgegnete, er möchte nur mit einigen Worten die Bedenken des Vorredners zer⸗ streuen. Die Bedeutung, welche der Vorredner dem Inhalte dieses Paragraphen zuschreibe, sei durchaus nicht vorhanden. Er erkläre hiermit formell, daß die Regierung den 8. 5 nicht dahin verstehe, daß der Minister lediglich nach seinem Gut— befinden die Kündigung der Anleihen vornehmen könne. Nach der Auffassung der Regierung handele es sich nicht darum, eine Aenderung in den wohlerworbenen Privat⸗ rechten der Gläubiger der Eisenbahnen herbeizuführen, sondern nur darum, den Finanz⸗Minister zu ermäch— tigen, innerhalb der Grenzen, die in den einzelnen Pri— vilegien enthalten seien, zu kündigen. Auch werde der Finanz— Minister niemals einseitig im fiskalischen Interesse die Frage der Kündigung entscheiden, sondern nur in Würdigung des gesammten Staatsinteresses. Dann möchte er sich aber doch gestatten, aufmerksam zu machen, daß auch bei Be— urtheilung der bisherigen Verhältnisse die Staatsregierung nicht im Interesse der Obligationsinhaber gehandelt habe, sondern lediglich im Interesse der Staatsgesammtheit, daß sie bei etwaigen Prioritätskündigungen stets nur von allgemeinen Gesichtspunkten geleitet worden sei, wie sie auch nur von solchen in Zukunft geleitet werden werde.
Der Abg. von Wedell⸗Malchow erklärte, die Staatsregie— rung sei weit eher in der Lage, Billigkeitsrücksichten walten zu lassen, als die Privatbahnen. Es sehe aus, als ob die An—⸗ tragsteller die Interessen der Obligationsbesitzer über die des Staates stellten. Nach den vorliegenden Bestimmungen glichen sich die Verhältnisse der beiderseitigen Interessen aus. Es liege im gemeinsamen Interesse, der Regierung die vorliegende Voll— macht zu geben. Gebe das Haus sie nicht und erwarte es ein diesbezügliches Gesetz, so vergehe darüber die günstige Zeit, und der Finanz⸗-Minister könnte wohl in die Lage kom— men, in der Zwischenzeit noch eine neue Vollmacht vom Hause zu fordern. Begründete Klagen seien über den durch die Verstaatlichung geschaffenen Zustand bezüglich der AÄmor— tisation nicht vorgebracht worden. Wenn man das Staats bahn system durchführen wolle, so seien solche Vollmachten sür die Regierung durchaus unentbehrlich. Er bitte daher, den Antrag von Strombeck abzulehnen.
Der Abg. Büchtemann bemerkte, man kenne ja die Ten— denz des Vorredners, überall der Börse zu Leibe zu gehen, mit welchem Erfolge, wisse man auch. Wenn der Vorredner für sich in Anspruch nehme, das Interesse des Staates mehr als andere Mitglieder dieses Hauses wahrzunehmen, so müsse er demselben doch widersprechen; auch er handle nach keinen anderen Gesichtspunkten. Aber hier stehe doch eine Machtvoll⸗ kommenheit der Regierung in Frage, wie sie noch nie gewährt worden sei. Eine solche Verzichtleistung der Landesvertretung könne er nimmermehr gut heißen. Er bitte, den Antrag von Strombeck anzunehmen.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, die Regierung bekomme durch die Verstaatlichung der Eisenbahnen einen üngeheuren Machtzuwachs, der noch unendlich viel größer werde, wenn sie mit der kolossalen Schuldenlast des Staates nach Belieben manipuliren könne. Besonders in unruhigen und Kriegs— zeiten könne das unendlich gefährlich werden. Der Staat sollte auch nicht vergessen, daß derselbe seine Kräfte nur aus den Steuerzahlern ziehe; wenn der Staat deren berechtigte Interessen verletze, so bringe ihm das nur schemn— baren Vortheil, aber, auf der anderen Seite desto größere Nachtheile. Der Finanz⸗Minister müsse im fiskalischen Interesse verfahren, darum heiße derselbe eben Finanz⸗Minister und nicht Volkswirthschasts-Minister. Er habe nicht das ge—
ressorts, im Gegentheil, er wollte, es würde in allen Departe⸗ ments so befriedigend gearbeitet, z. B. im Kultus⸗Ministerium, aber er stimme trotzdem für den Antrag von Strombeck, auch des⸗ halb, damit die Rechte der Landesvertretung gewahrt blieben. Sehe man nach Frankreich, welche Rolle im politischen Leben dort die Konversionen spielten, und dort denke Niemand daran, dem Minister allein dieselben in die Hand zu geben. Dies Haus müsse gleichfalls im Stande sein, die politischen Aktionen der Regierung bei den Konversionen zu kontroliren, und er begreife nicht, wie man dem entgegen sein könne. Es sei auch dringend wünschenswerth, wenn mehr und mehr die Kapitalien, ins besondere die kleineren, bei dem Staate belegt würden; das würde namentlich im Interesse der schwächeren Elemente im Volke, die sich nicht selbst helfen könnten, und ihr Kapital sicher unterbringen wollten, liegen. Es würde dann auch unmöglich werden, daß das Elend der Gründerzeit sich wiederhole. Hauptsächlich maßgebend für seine Abstim⸗ mung sei aber die Frage: Solle das Haus bei den Konver⸗ sionen mitsprechen. Er sei, so lange er hier stehe, für das Mitsprechen. . ö
. Hierauf ergriff der Finanz-Minister von Scholz das
ort:
Der Herr Vorredner hat mit zwei Argumenten gesucht, Ihre Meinung für sich zu gewinnen, die, wie mir schien, einander ent⸗ gegengesetzt waren.
Er hat einmal gesprochen von „dieser Allgewalt“, die in die Hände des Ministers gelegt werde. Ich bin zur Zeit der nächst Be⸗ theiligte dabei, ich muß offen bekennen, ich finde von dieser Allgewalt nirgends etwas, ich bin so gebunden wie jeder Beamte in seinem Amte und ich kann nicht sagen, daß ich auch nur einen Moment das Gefühl gehabt hätte, eine große Allgewalt in meinen Händen zu besitzen. Die Sachen vollziehen sich so gegebener Weise, und nur darum kann es sich handeln, ob Sie den Minister in die Lage setzen, wenn die Verhältnisse eine solche Kündigung gerathen erscheinen lassen dann damit vorzugehen oder nicht. Die Allgewalt ist fehr beschränkt. Der Herr Abgeordnete hat dies selber anertannt, indem er gleich hinterher gesagt hat, „wenn es gegangen wären, dann würden Sie viel mehr von Kündigungen erlebt haben; wir würden seiner Meinung nach „wenn es gegangen wäre“ schon viel mehr Prioritätsobligationen gekündigt haben. Gerade darin ist der Herr Abgeordnete im Irrthum; gegangen wäre es sehr leicht, das kann ich Sie versichern; wenn wir gewollt hätten, wäre es geschehen, aber wir haben es nicht gewollt. Die Er⸗ wägungen, die wir angestellt haben im Interesse des Staats, konnten es als durchaus nützlich nicht erscheinen lassen, und so baben wir uns diese Beschränkung auferlegt.
Der Herr Abgeordnete hat dann geglaubt, damit besonders die Bedenken Ihnen nahe legen zu können, daß er sagte: er heißt ja zuerst Finanz⸗Minister, in seinen Erwägungen wird immer das finanzielle, fiskalische Interesse im Vordergrund stehen. Ich kann mich darüber nicht beklagen; wenn er Sie so mißversteht, daß er glaubt, Sie machen den §. 5 aus Angst vor sich selber, und daß er Sie davor warnt, dann muß ich natürlich ganz zufrieden sein, wenn er mich, neben so vielen gütigen Bemerkungen, die ich dankbar er— kenne, dahin geschildert hat, daß ich in erster Linie Finanz⸗Minister heiße und sei. Darin ist er indessen formell und materiell im Irrthum, ich heiße in erster Linie Staats Minister und erst in zweiter Linie Finanz⸗Minister und dem ent- sprechend habe ich meine Pflicht auch stets aufgefaßt.
Der Herr Abgeordnete ist deshalb vollständig im Irrthum, wenn er meint, daß der Schutz, den der Pri ateisenbahn ˖ Obligationsinhaber früher gehabt haͤtte, weil seine Tage vom vollswirthschaftfi hen Gefichtevunkte aus beurtheilt worden sei, ihm jetzt nicht mehr zu Theil würde. Meine Herren, bei der fraglichen Entscheidung ist der Finanz⸗Minister in erster Reihe betheiligt gewesen und der Finanz⸗Minister hat gerade die volkswirthschaftlichen Gesichtspunkte mit zur Geltung gebracht und wird es auch künftig thun. Der Herr Abgeordnete ist, wie ich glaube, auch darin im Irrthum, wenn er annimmt, daß es naturgemäß sei, wenn ein Finanz⸗Minister auf dem Boden stehe, welchen — nach einer Mittheilung, ich habe es selbst nicht sehört — der Hr. Abg. Reichensperger dahin eingenommen habe, daß der Staat berechtigt sei, jederzeit den geringsten Zinsfuß zu er— streben und sich zu verschaffen. Ich gehöre dieser Schule nicht anz ich halte es nicht unter allen Umständen für ein Glück für den Staat, den geringsten Zinsfuß zu haben, und ich halte es nicht für ein Streben, das uns tagtäglich leiten müßte, nach Herab⸗ setzung unseres Zinsfußes zu streben.
Was endlich die Vergleichung mit anderen Staaten und die große po⸗ litische Tragweite betrifft — ich habe in dieser Beziehung dem Herrn Ab⸗ geordneten nicht genau folgen können, die abgewendete Sprache verwehrt es mir oft, den Zusammenhang der Sätze zu hören — so möchte ich Sie nur bitten, dessen eingedenk zu bleiben, daß da, wo der Finanz—⸗ Minister etwa zu sehr von Einfluß sein könnte, wo nach dem Um— fange der in Betracht komm nden Schuldtitel ein größeres staatliches Interesse in Frage sein kann, Ihnen ja diese Mitwirkung vollkommen gesichert ist. Wenn es sich darum handelt, unsere 4prozentigen Konsols oder 4 prozentigen Konsols künftig zu kündigen oder zu konvertiren, oder ihren Zinsfuß zu ändern, da ist überall nach den Gesetzen die Mitwirkung der Landesvertretung vorbehalten, und da ist also die Sicherheit, die Sie für den Staat in großem Umfange haben wollen, auch vollständig gewährt. Hier aber, glaube ich, können Sie in den bisher innegehaltenen Gleisen unbesorgt auch weiter gehen.
Der Abg. Dr. Hammacher erklärte, der Antrag von Strom— beck erscheine ihm als ein durchaus unglücklicher legislatorischer Versuch; werde derselbe angenommen, so schaffe man zwei Sorten von Prioritäts⸗Obligationen⸗Inhabern, wobei die von diesem Gesetze betroffenen günstiger gestellt wären, als die Inter⸗ essenten der längst verstaatlichten Bahnen. Wenn die Kündi— gung durch Gesetz erfolgen solle, warum nicht auch die viel wich⸗ tigere Liquidation? Hier sollten die staatsrechtlichen Bedenken des Abg. Dr. Winbthorst noch viel stärker sein; was halte den⸗ selben von einem dahingehenden Antrag ab? (Abg. Dr. Windt⸗ horst: Der Widerspruch des Abg. Hammacher.) Dieser hätte den Abg. Dr. Windthorst dann doch auch abhalten müssen, den Antrag von Strombeck einzubringen. Die Erfahrungen mit der Rentenkonversion in Frankreich führe ihn zu ganz ent⸗ gegengesetzten Schlüssen. Dort seien lediglich taktische Rück— sichten für das frühere Ministerium maßgebend, die Konver— sion hintanzuhalten; obwohl der Zinsfuß schon auf 4 Proz. heruntergegangen sei, erleichtere es die furchtbare Last von 6 Milliarden anläßlich des Krieges aufgenommener 5 prozenti⸗ ger Rente nicht, da das Ministerlum durch eine Konversion seine Popularität zu verlieren fürchten müsse.
Die Diskusfion wurde geschlossen, und der Antrag von Strombeck abgelehnt. 5. 5 wurde in der Kommissionsfassung ge⸗ nehmigt, desgl. S5. 8 — 9g.
Bei 8. 10, welcher lautet:
Bis zu einer anderweiten gesetzlichen Regelung der Kommunal⸗ besteuerung der Eisenbahnen finden die bisherigen gesetzlichen Be= stimmungen über die Verpflichtung der Privateisenbahnen zur Zah⸗ lung von Gemeinde-, Kreis und Provinzialsteuern auf die im 5. 1 ub 1 bis 5 bezeichneten Eisenbahnen auch nach dem Uebergaͤnge derselben in die Verwaltung für Rechnung des Staates oder in das Eigenthum des Staates in gleicher Weise, wie bis zu diesem Zeitpunkte, Anwendung.
Sofern nach dem Uebergang in das Eigenthum oder in die Verwaltung für Rechnung des Staates eine der in diesem Gesetze bezeichneten Eisenbahnen oder Theilstrecken derselben mit einer
ringste Mißtrauen gegen die jetzige Leitung des Finanz—
anderen dieser Bahnen oder Theilstrecken derselben oder mit anderen
dem Staate gehörigen oder für Rech iung des Staates betriebenen Bahnstrecken zu einem Eisenbahndirektionsbezirk vereinigt sind oder nech vereinigt werden und in Folge dessen für eine Station des neugebildeten Eisenbahndirektionsbezirkes sich eine Verminderung des fteuerpflichtigen Reinertrages ergeben sollte, so ist der Besteue⸗ rung der Betrag des steuerpflichtigen Reineinkommens der betreffen⸗ den Stationen nach dem Durchschnitte der dem 1. April 1880 vorangegangenen drei Steuerjahre zu Grunde zu legen.
fragte der Abg. Dr. Hammacher den Minister, ob der in der
Kommission in Aussicht gestellte Kommunalsteuer⸗Gesetzentwurf
in den nächsten Tagen eingebracht werde.
Der Staats⸗Minister Maybach entgegnete, die Vorbe— reitungen zu dem Entwurf seien soweit gefördert, daß er die Versicherung abgeben könne, daß derselbe, die Allerhöchste Er⸗ mächtigung vorausgesetzt, in allernächster Zeit an den Land⸗ tag gelangen werde.
Darauf wurde 5. 10 genehmigt, ebenso ohne Debatte der Rest des Entwurfs, dessen zweite Berathung damit er⸗ ledigt war.
. vertagte sich das Haus um A Uhr auf Donnerstag 2 Uhr.
— In der heutigen (22.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Dr. Lucius und der Justiz-Minister Dr. Friedberg nebst mehreren Kommissarien beiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die Berathung des Berichts über die Verwendung des Erlöses für verkaufte Berliner Stadtbahnparzellen.
ö Der Bericht wurde durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.
Es folgte die Berathung des Nachweises über die Ver⸗ wendung des in dem Etat der Eisenbahnverwaltung pro 1. April 1882ñ83 unter Titel 16 der einmaligen und außer— ordentlichen Ausgaben vorgesehenen Dispositionsfonds von 900 000 Me Der Nachweis wurde ohne Debatte an die Budgetkommis— sion verwiesen.
An dritter Stelle stand auf der Tagesordnung die erste Berathung des Entwurfs einer Landgüter-Ordnung für die Provinz Schlesien.
Der Abg. Scholz (Neisse) gab verschiedenen Bedenken gegen die Vorlage Ausdruck. Die Bedürfnißfrage sei nicht klar nachgewiesen. Die ländliche Bevölkerung, die allen Neuerungen abhold sei, werde sich zu der Vorlage nicht günstig stellen. Er bitte, dieselbe einer besonderen Kommission von 14 oder 21 Mitgliedern zur Vorberathung zu überweisen.
Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa glaubte, daß eine kommissarische Berathung des Gesetzes nicht noth— wendig sei. Trotzdem werde seine Partei nicht gegen eine solche stimmen; denn in der Kommission würde sich Gelegenheit finden, die Bedenken zu entkräften, welche der Vorredner, wie er aner— kenne, in ruhiger und sachlicher Weise zur Geltung gebracht habe. Die Bevölkerung Schlesiens werde dem Gesetz sicher Sym— pathieen entgegenbringen; es müßte denn sein, daß sie von einer gewissenlosen Agitation gegen dasselbe voreingenommen würde. Denn dieses Gesetz biete allein die Mittel, dem Lande einen gesunden und kräftigen Bauernstand zu erhalten, an dem Allen gelegen sein müsse.
Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) wies darauf hin, daß die
besten Waffen gegen das Gesetz die Regierung selbst in den
demselben beigegebenen Motiven geliefert habe. Den größeren Theil derselben mache das vom Sber-Landesgericht zu Breslau eingereichte Gutachten aus, das sich nach umfassender und ein— gehender Prüfung der Materie gegen die Vorlage wende, weil ein Bedürfniß zu derselben nicht vorliege. Dem ableh— nenden Gutachten des Ober⸗Landesgerichts stehe allerdings das Votum des Provinzial-Landtags gegenüber, einer Körperschaft, deren Gewichtigkeit er nicht verkenne und die sich zu Gunsten der Höferolle ausgesprochen habe. Aber Gründe habe die— selbe ihrem Votum nicht beigefügt. In der nieder— sächsischen Bevölkerung sei wohl eine Strömung zu Gunsten einer Höferolle vorhanden, nicht aber in Schlesien. Es bedürfe dort keiner Agitation, die Bevölkerung werde sich von selbst auflehnen gegen die Be— stimmungen dieses Gesetzes. Aus diesem Grunde glaube er auch, daß das Gesetz nicht viel Schaden anrichten werde. Aber er könne es auch nicht billigen, daß Gesetze gemacht werden, die weiter nichts seien als ein Schlag in die Luft.
Bei Schluß des Blattes erhielt der Abg. Letocha das Wort.
— Nach Mittheilungen aus Italien sind von der Schiffs— bau⸗Direktion des J. Seedepartements zu Spezia folgende Submissionen ausgeschrieben worden:
I) für den 22. Januar d. J. bis 12 Uhr Mittags eine Submission auf Lieferung verschiedener Holzarten und hölzer— ner Gegenstände im Taxwerth von 51 380,99 Lire (Kaution 5200 Lire);
. 2 für den 23. Januar d. J., bis Mittags 12 Uhr, eine Submission auf Lieferung metallener Röhren im Tax— werth von 40 000 Lire (Kaution 4000 Lire).
„Die näheren Bedingungen liegen bei der genannten Di— rektion sowie beim Marine⸗Ministerium und den Schiffsbau— Direktionen zu Neapel und Venedig aus.
. — Wird ein Beamter in Folge der Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens gegen ihn vom Amte suspen— dirt unter Einbehaltung eines Theils seines Dienstein— kommens, so ist ihm, nach einem Urtheil des Reichs— gerichts, vom 5. November v. J., im Falle der Freisprechung der einbehaltene Theil seines Dienstein⸗ kommens vollständig nachzuzahlen. Wird aber sofort nach dem mit der Freisprechung beendeten Strafverfahren wegen derselben Sache die Disziplinaruntersuchung gegen den Beamten unter Aufrechterhaltung der Suspension eröffnet, und endet diese Untersuchung mit der Dienstentlassung des Beamten, so hat der Beamte keinen Anspruch auf Nachzahlung des wäh— rend des Strafverfahrens einbehaltenen Theils seines Dienst— einkommens,
— Auch im Jahre 1884 wird ein Informations— Kursus bei der Militär-Schießschule abgehalten werden. Zu diesem Kursus, welcher vom 7. bis 17. Oktober d. J. zu dauern hat, sind zu kommandiren: die zu einem solchen Kursus noch nicht herangezogenen Regiments-Comman— deure der Infanterie bezw. Commandeure der Jäger⸗Bataillone, ferner von jedem Armee⸗Corps 2, vom XI. Armee⸗Corps 3 ältere Stabsoffiziere der Infanterie, sowie 6 Offiziere des General⸗ stabes. Die Lehrkurse der Militär⸗Schießschule haben in der üblichen Zahl und Dauer stattzufinden.
Bayern. München, 9. Januar. (Allg. Ztg.) In der heutigen Plenarsitzung setzte die Lb geordnetenkammer
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die Berathung über die Hagel versicherungsvorlage bei Art. 9a des Gesetzentwurfs fort, welcher lautet: „Der Anstalt wird bei Eröffnung derselben ein als besonderer Staatsfonds zu verwaltendes und in gesonderter Rechnung nach⸗ zuweisendes Reinkapital von 1 000 000 S aus der Staatskasse zugewiesen. Der Zeitpunkt, mit welchem dasselbe der Staatskasse zur freien Verfügung zurückfällt, bleibt der Bestimmung des Finanzgesetzes vorbehalten. Außerdem wird an die Anstalt ein jähr⸗ licher Staatszuschuß von 40 000 S geleistet. Auf die Dauer dieses Zuschusses findet im Geltungsbereiche gegenwärtigen Gesetzes ein Anspruch auf Steuernachlaß wegen erlittenen Hagel⸗ schadens nicht statt, sofern dem Beschädigten nicht der Ein⸗ tritt in die Anstalt verweigert worden war.“ Die Abgg. oh. Geiger und Dr. Deinhard beantragten, den jährlichen Staatszuschuß auf 100 900 M6 festzusetzen. Der Finanz⸗ Minister legte hiergegen dar, daß aus prinzipiellen und finan⸗ ziellen Gründen eine höhere Leistung des Staates, als sie Art. 9a enthält, nicht bewilligt werden könne. Je höher die Leistung, desto näher der Gedanke der Verstaatlichung. Es sei aber nicht die Intention der Staatsregierung und wohl auch nicht die des Hauses, die Privat-⸗Hagelversicherungs⸗ Gesellschaften zu unterdrücken. An der Debatte über den Antrag betheiligten sich außer den Antragstellern zu⸗ nächst der Abg. von Hörmann, welcher erklärte, nunmehr gegen jeden Staatszuschuß stimmen zu müssen, nachdem die Anstalt eine solche Gestalt bekommen habe, daß sie nicht ge⸗ eignet sei, irgend einen Staatszuschuß zu bekommen. Redner beanstandete insbesondere auch, daß die Versicherten der Steuernachlässe verlustig werden. Der Finanz⸗Minister er⸗ widerte, daß der zweite Absatz des Art. ga absolut erforderlich sei und die Beseitigung desselben die Stellung der Staats⸗ regierung zur Vorlage völlig verändern würde. Der Abg. Frhr. von Stauffenberg hielt seine prinzipielle Stellungnahme gegen die Vorlage aufrecht und bekämpfte den Antrag Geiger-Dein⸗ hard, wobei Redner die ungünstigen Geschäftsaussichten der zu gründenden Anstalt erörterte, bezüglich des Steuernachlaß⸗Ver— lustes aber, eine redaktionelle Aenderung vorausgesetzt, mit dem Abs. 2 des Art. 9a sich einverstanden erklärte. Der Finanz⸗ Minister glaubte, einen für die Geschäftsaussichten bedeutenden Vorzug der Anstalt vor den Privatgesellschaften darin erblicken zu können, daß dieselbe Ueberschüsse nicht herausbezahlt, son⸗ dern zur Entschädigungszahlung ansammelt. Die Abgg. Sell⸗ ner und Reindl befürworteten einen Jahreszuschuß von 100 000 , die Abgg. Frank, Fritzsche und Dr. Pfahler einen solchen von 40 000 S Die Abstimmung ergab eine große Majorität für den Antrag des Ausschusses auf 40 000 M6, sowie die Annahme des Abs. 2 des Art. 9a mit der vom Frhrn. von Stauffenberg beantragten redaktionellen Aenderung, daß Anspruch auf Steuernachlaß „nur dann“ stattfindet, „wenn“ dem Beschädigten der Eintritt in die Anstalt verweigert wor⸗ den war. Das Haus erledigte noch die Art. 10—16 nach Ausschußbeschluß mit der zusätzlichen Modifikation in Art. 12, daß die Verwaltung der Anstalt die Bezeichnung zu führen hat: „K. Brandversicherungskammer, Abtheilung für Hagel— versicherung“. Hierauf wurde die Sitzung vertagt.
Oesterreich Ungarn. Wien, 8. Januar. (Pr. Itg.) Der neu ernannte serbische Gesandte Garaschanin überreichte heute dem Kaiser seine Kreditive.
Linz, 7. Januar. (Wien. Ztg.) Der Kaiser hat, wie die „Linzer Ztg.“ meldet, die Beschlüsse des oberösterreichi— schen Landtages, mit welchen für das Jahr 1884 zur Be— deckung der Abgänge bei dem Grundentlastungsfonds, bei dem Landesschulfonds und bei dem Landesfonds im veranschlagten Gesammtbetrage von 1615 192 Fl., die Einhebung einer Landesumlage von 40 Proz., und zwar für den Grund⸗ entlastungsfonds von 8 Proz., für den Landesschulfonds von 201½ Proz. und für den Landesfonds von 111 Proz. von jedem Gulden der direkten Steuern mit Einschluß aller Staatszuschläge festgestellt wurde, zu genehmigen geruht.
Pest, 8. Januar. (Prag. Ztg.) Das Amtsblatt veröffentlicht ein Kaiserliches Handschreiben, welches den Minister Orczy mit der provisorischen Leitung des Landesvertheidigungs-Ministeriums betraut.
Schweiz. Bern, 8. Januar. Der „Bund“ schreibt Mit Rücksicht auf den Umstand, daß das bekannte Projekt: der Rekonstruktion der Diözese Basel und der gleichzeitigen Lösung der Tessiner Bisthumsfrage Einsetzung eines apostolischen Administrators) zur Zeit noch wenig Aussicht auf Verwirklichung hat, wendet sich nun die Regierung von Tessin neuerdings an den Bundesrath um Kreirung eines eigenen Bisthums für den dortigen Kanton. Der Bundesrath dürfte sich indessen jetzt so wenig als früher veranlaßt sehen, diesem Wunsche zu entsprechen, so sehr er auch einen befriedigenden Abschluß dieser seit Jahrzehnten pendenten Frage für wünschens— werth hält.
— 9. Januar. (Bund.) Die gestern Vormittag unter dem Vorsitz des Bundesraths Deucher abgehaltene Konferenz von je zwei Vertretern der Regierungen von Aargau und Zürich über die Nation albahn-Schuld verlief resultatlos. Aargau wollte die Hälfte, Zürich höchstens den vierten Theil der Summe von 24000600 Fr. übernehmen. In Folge dessen entscheidet nunmehr der Bundesrath über die Repartition der Schuldpflicht zwischen beiden Kantonen.
Frankreich. Paris, 8. Januar. (Köln. Ztg.) Der Ministerrath im Elysée beschloß heute, den Senat um die unverzügliche Berathung des außerordentlichen Budgets und des Gemeindegesetzes, und die Deputirten— kammer um die unverzügliche Berathung der Vorlage für Verschmelzung des Budgets der Polizeipräfektur von Paris mit dem Staatsbudget und des Gesetzes über aufrührerische Rufe und Kundgebungen auf offener Straße zu ersuchen. Der Ministerrath beschloß ferner die gerichtliche Verfolgung der „République demo⸗ cratique et sociale“, des Organs des Deputirten Talandier, wegen eines Artikels, der Beleidigung der guten Sitten, Aufforderung zu Mord und Brandstiftung enthalte. — Auch der „Temps“ sagt heute, daß die Regierung beschlossen habe, die Frage wegen der Verfassungsveränderung nicht, wie es hieß, schon im nächsten Monat nach Annahme der dringlichen Gesetze vor die Kammer zu bringen, sondern erst nach den Osterferien, aber noch vor den Sommerferien, sodaß die Frage vor der ehr gen Ergänzung des Senats im Januar 1885 erledigt ein kann.
— 9. Januar. (W. T. B.) Das Gerücht von einer Er⸗ krankung des Präsidenten Greévy entbehrt der Begrün— nf Derselbe empfing heute den Kammer-⸗Präsidenten
risson.
Eine Depesche des Admirals Courbet aus Hayphong, vom 31. Dezember v. J., meldet: Nach genauen Ermittelungen verlor der Feind bei der Einnahme von Sontay 400 Todte und 600 Verwundete; unter den letz⸗ teren befinden sich der Führer der „Schwarzen Flaggen“ und sein Vertreter; unter den Getödteten sind mehrere chinesische Offiziere. Der Feind ließ in Sontay 89 Geschütze von Bronze oder Gußeisen, darunter 7 gezogene, sowie 400 kg Dynamit und 150 000 Geschosse zurück.
— 19. Januar. (W. T. B.) Der Graf von Paris ist heute früh nach Spanien abgereist.
Spanien. Madrid, 9. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erwiderte auf eine Anfrage des republikanischen Deputirten Gonzales Serrano, welcher sich tadelnd über die auswärtige Politik des vorigen Kabinets aussprach, der Minister des Innern: das gegenwärtige Kabinet sei solidarisch hinsichtlich der aus⸗ wärtigen Politik des vorigen Kabinets. Der Minister erklärte ferner formell, daß kein Vertrag oder Bündniß mit Deutsch⸗ land oder einer anderen Macht geschlossen worden sei.
Italien. Rom, 9. Januar. (W. T. B.) An dem Festzuge nach dem Pantheon nahmen etwa 25 000 Per⸗ sonen mit 1500 Fahnen und 80 Musikkapellen Theil. Die Spitze des Zuges bildeten die Munizipalität, das Central⸗ comité der Wallfahrer, Senatoren, Deputirte und Delegirte der italienischen Kolonien. Um 11 Uhr erreichte die Spitze des Zuges das Pantheon. Die Kirche war schwarz drapirt und mit Wachskerzen und Spiritus— flammen erleuchtet. Das Grabmal Victor Emanuel's umstanden Veteranen; unmittelbar vor demselben ist ein Grenadier aus der Zeit Karl Alberts postirt, an welchen der König heute früh einige wohlwollende Worte richtete. Der Zug bewegte sich langsam an dem Grabe vorbei, auf welches die hierzu erwählten Kommissionen Kränze in allen Größen legten. Unter denselben ragen besonders ein prachtvoller Kranz des Königlichen Hauses sowie die Kränze der Stadt Rom und der Territorialarmee durch ihre Schönheit hervor. Das Grabmal verschwindet ganz unter Blumenspenden. In der Kirche waren sämmtliche Mitglieder der römischen Kommunal- und Provinzialräthe, mit Aus— nahme einiger klerikalen sowie eine große Anzahl italienischer Bürgermeister anwesend. Während die Spitze des Zuges das Pantheon durch eine andere Pforte verließ und sich außerhalb desselben allmählich auflöste, sind die Mitte des Zuges und die letzten Theilnehmer noch im Anmarsch nach dem Pantheon.
Rußland und Polen. St. Peters burg, 10. Januar. (W. T. B.) Das „Journal de St. Péetersbourg“ meldet: der Minister des Aeußern, von Giers, werde, der ihm durch den Botschafter Fürsten Lobanoff nach Mon⸗ treux überbrachten Einladung des Kaisers von Oesterreich folgend, sich nach Wien begeben; der Tag seiner Ankunft daselbst sei jedoch Familienverhältnisse halber noch unbe— stimmt.
Das „Journal“ bespricht ferner die Antwortschreiben des Deutschen Kaisers an den Magistrat und die Stadtverordneten von Berlin auf deren Neujahrs—⸗ glückwünsche und bemerkt: beide Schreiben bezeugten den Wunsch und das Vertrauen des Kaisers, daß der Frieden er— halten bleibe und herzliche Beziehungen der Mächte allenthalben angebahnt würden. Alle Friedensfreunde theilten aufs herz— lichste den Wunsch des deutschen Volkes, daß die Vorsehung dem Kaiser noch ein langes und glückliches Leben gewähren möge.
— 10. Januar. (W. T. B.) Wie verschiedene Zeitungen melden, soll der Reichsrath bei Prüfung des ihm zur Genehmigung vorgelegten Budgets für 1884 von den Postulaten der Hauptintendantur⸗-Verwaltung des Kriegs⸗ Ministeriums 6500 000 Rbl.,, der Hauptartillerie⸗ Verwaltung 1500000 Rbl. und des Marine⸗ Ministeriums 5800 000 Rbl. gekürzt haben. Die deutsche „St. Petersburger Zeitung“ erfährt, daß Professor von Martens als Vertreter des Ministeriums des Aeußern an den Arbeiten der Ju den kommission theilnehmen werde. — Zeitungsmeldungen zufolge haben russische und chinesi sche Kommissare die neue Grenzregulirung zwischen dem Ferghana⸗Gebiet und den chinesischen Be⸗ sitzungen auf Grund des Vertrages vom 2. Februar 1881 in Angriff genommen.
Amerika. Washington, 9. Januar. (W. T. B.) Das Repräsentantenhaus nahm heute eine Resolution an, wonach die Kommission für Handelssachen ange— wiesen wird, die Motive für das Verbot der Einfuhr ame— rikanischen Schweinefleisches nach Deutschland und Frank— reich zu prüfen und etwa nothwendig werdende Gesetz— entwürfe vorzuschlagen. Ferner wurde eine Resolution ge— nehmigt, dahin lautend: der Kommission für die aus— wärtigen Angelegenheiten aufzutragen, darüber Bericht zu erstatten, welche Maßregeln der Kongreß zum Schutze der amerikanischen Interessen denjenigen Regierungen gegenüber zu ergreifen habe, welche den Iöwnport amerikanischer Lebensmittel verbieten.
Asien. Hongkong, 9. Januar. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ läßt sich Folgendes melden: Nach Nach⸗— richten aus Hanoi, vom 2.,, hat dort am 28. v. M. eine furchtbare Explosion stattgefunden; zwei französische Batterien wurden fast ganz zerstört, ein Artillerist ge— tödtet und 3 Artilleristen verwundet; auch in den in der Nähe des Explosionsortes liegenden Häusern und Kasernen wurden große Verwüstungen angerichtet. Man glaubt, daß die Explosion durch einen unglücklichen Zufall her⸗ vorgerufen worden ist. — Zweitausend Annamiten griffen am 28. v. M. einen französischen Posten an, welcher von 50 Mann Marine-Infanterie vertheidigt wurde. Nach mehrstündigem Kampfe zog sich der Feind mit einem Verlust von 100 Todten und Verwundeten zurück. Oberst Briomal hat die aufständischen Banden in der Provinz Nam— binh vollständig geschlagen. — Der Transportdampfer „Mytho“ ist in Hayphong eingetroffen.
— (W. T. B.) Die „Times“ erhielt über Hongkong
Nachrichten aus Hayphong, vom 5. d., wonach General
Bichot Sontay mit 1000 Mann besetzt hält. Courbet befindet sich in Hanoi; die Umgegend von Sontay ist vom Feinde geräumt. Honghoa ist ebenfalls verlassen. Bei der Einnahme Sontays durch die Franzosen soll denselben die Uneinigkeit der aus Annamiten und Schwarzen Flaggen be— stehenden Garnison zu Statten gekommen sein. Die Garnison
Afrika. Egypten. Kairo, 9. Januar. (W. T. B.) Das neue Kabinet hat sich definitiv konstituirt und besteht aus Nubar Pascha als Conseilspräsidenten, Minister des Aeußern und der Justiz; Sabet Pascha als Minister des Innern; Mahmud Pascha Elfalake als Minister des Unter⸗ richts und der Wakfs; Abdel Kader Pascha als Kriengs⸗ Minister; Mustapha Pascha Fehme als Finanz⸗Minister, so⸗ wie ferner Abdurrahman Bey Ruschdi als Bauten⸗Minister. Clifford Lloyd wird Unterstaatssekretär des Innern.
Wie verlautet, soll demnächst unter dem Vorsitz des engli⸗ schen Generals Wood eine Kommission zusammentreten, um über die Frage der Räumung des Sudans von den egyptischen Truppen zu berathen. Bezüglich der Rückberufung des unter Baker Pascha abgegangenen Expeditionscorps ist noch keine Entschließung gefaßt. . Madagaskar. (W. T. T.) Dem „Standard“ wird aus Tamatave, vom 26. v. M., gemeldet: die Friedens⸗ unterhandlungen zwischen den Franzosen und den Ho vas seien gescheitert; letztere lehnten das Protektorat der Franzosen ab und hielten ihr Ultimatum aufrecht.
Zeitungsstimmen.
Die „Kaufmännischen Blätter“ sagen in ihrem Jahresrückblick:
Die landwirthschaftliche Produktion ist noch allenthalben in Europa so bedeutend, sie repräsentirt noch so gewaltige Summen — für das Reich im Jahresertrag über 20 Milliarden, daß kein Volk diese Hauptmacht seiner wirthschaftlichen Entwickelung gefährden lassen darf, wenn es vorwärts kommen will.
Wer es noch nicht weiß, kann am Weihnachtsmarkt am besten erkennen, was es für die gesammte Geschäftswelt bedeutet, wenn die landwirthschaftliche Bevölkerung kaufkräftig ist und nicht; die davon kommenden erfreulichen Berichte vom räckliegenden Jahre, noch frisch Jedermann in Erinnerung, lassen erkennen, daß es nicht mehr an dieser Kaufkraft fehlt; der Weihnachtsmarkt spricht mit dafür, daß ein besserer Aufschwung kommen muß.
Daß ein solcher nicht ausbleiben kann. dafür spricht auch noch der Umstand, daß immer noch alle Geldinstitute, Sparkassen u. s. w. überfüllt sind und Geld auf Hypothek ausgeboten wird. Das, was bislang fehlte, war das Vertrauen in die Haltbarkeit der Zustände, so daß große Kapitalsummen unthätig blieben. Die „ehrliche Probe“ bezüglich des Zolltarifs vom 15. Juli 1879 hat noch nicht gemacht werden können; das, was im Aufschwung schon zu bemerken war und ist, à Conto dieses Tarifs schreiben zu wollen, kann nur der Enthusiast oder der Fraktionspolitiker thun, ihn für verhängnißvoll zu halten, läßt sich wohl behaupten, die nachtheilige Wirkung aber noch nicht nachweisen.
Die Resultate der Verwaltung der Verkehrsanstalten seit der Zunahme der Verstaatlichung werden allenthalben als sehr glänzende geschildert; hat die Reineinnahme sich wirklich beträchtlich gesteigert, dann ist das nicht nur als Beweis für die Nützlichkeit der Staats- verwaltung aufzufassen, sondern auch als Symptom für die bessere Belebung des Geschäfts. Je mehr Waaren gebraucht werden, um so stärker muß der Verkehr zunehmen und um so mehr die Einnahme der dem Verkehr dienenden Anstalten.
Die Lage der Eisenindustrie wird als nicht wesentlich verbessert geschildert; der Schutzzoll konnte wohl Konkurrenten abhalten, aber nicht auf den Begehr von Eisenfabrikaten wirken; die Maschinen⸗ branche zeigt nur theilweise Fortschritte, was wieder gegen die An⸗ nahme schon rollkommener Zustände spricht; erfreulichen Aufschwung giebt es besonders für landwirthschafrliche Maschinen, was zu der Annahme berechtigt, daß die Zustände der Landwirthschaft nicht gar zu bedrohliche sind.
Die gesammte Textilbranche zeigte im Ganzen entschiedene Besse⸗ rung; an den Haupterzeugungsorten hat man vollauf zu thun, und selbst schon bis zu dem Grade, daß die Ausdehnung der Fabriken wieder Bedenken erregen kann, oder doch die Frage berechtigt ist, ob wohl die Größe der Aufträge eine dauernde sein könne.
Kunstgewerbliche Erzeugnisse finden besseren Absatz als seither, auch das spricht für den rückkehrenden Wohlstand; einzelne Industrien befinden sich aber noch immer im Nothstand, und das beweist, daß der Aufschwung wenigstens noch nicht allgemein genug ist. . . .
— Die „Handels- und Gewerbe⸗-Zeitung“ ent⸗ hält einen Artikel über das Krankenkassengesetz, dem wir Folgendes entnehmen:
Dieses zuerst durchberathene und beschlossene Gesetz bildete be⸗ kanntlich einen Theil der sozialpolitischen Vorlagen der Regierung, welche, wenn gänzlich durchgeführt, vielleicht eine heute noch unübersehbare Bedeutung zu erlangen vermögen. Wir beginnen deshalb das neue Jahr mit einem kurzen Blicke auf dies Gesetz, welches theils durch seinen eigenen innern Werth, theils und noch viel mehr durch den Zusammenhang mit der gesammten intendirten Gesetzgebung für den Arbeiterstand, als neue geistige Schöpfung wohl an die Spitze eines Jahres gestellt zu werden verdient.
Wie man denn auch über die ganze Anlage der reformirenden sozialpolitischen Gesetze vom verschiedenen Parteistandpunkt aus denken und urtheilen mag, uͤber zwel Dinge herrscht Einstimmigkeit:
über die großartige Konzeption der ganzen Vorlage, und ferner über die Vorzüge des Krankenkassengesetzes.
Betreffs der ganzen sozialpolitischen Gesetzgebung wollen und müssen wir uns, unseren Zielen getreu, von Angriff und Vertheidigung gleich fern halten. Ob es rasionell, gesetzlich, eine Arbeiterklasse, einen vierten Stand, gewissermaßen zu konstituiren und anzuerkennen, ob die Grenzen in den gesetzlichen Vorlagen richtig gezogen, ob die Ziele über die Anforderungen an den Staat über seine Macht⸗ sphäre binausschießen und vielleicht, mit den edelsten Absichten, in ein Chaos führen, Hoffnungen erregen, die schließlich nicht zu erfüllen sind? — das Alles sind Fragen, über welche Philosophen, Staatsmänner, Volkswirthschaftler und — Politiker grübeln und debat⸗ tiren mögen. Wir haben lediglich mit dem praktischen Leben und darin mit dem genau begrenzten Gebiete von Handel und Gewerbe zu thun, die bestehende Gesetzgebung in dieser Richtung zu erläutern, vielleicht auch hie und da die Wünsche der Kaufleute und Gewerbe⸗ treibenden zu vertreten und zu formuliren —, nicht mehr! So wollen denn wir gleichfalls wie alle Welt jetzt nicht nur die edle Absicht der Verbesserung des Wohls des Arbeiterstandes anerkennen, sondern auch den ersten wahren Erfolg dieser Bestrebungen, welcher in dem Kranken⸗ kassengesetze vor uns liegt, vollaus würdigen!
. . . Der Grund des staatlichen Eingreifens war, abgesehen von den unleugbaren sozialen Mißständen, namentlich, weil das in gewissem Umfange den Gemeinden und größeren Kemmunalverbänden zustehende Versicherungs⸗Zwangsrecht nur höchst selten wirklich ausgeübt wurde. Die tiefe ethische Bedeutung, welche für Alle, auch die Opponenten des Gesetzes unverkennbar, liegt vornehmlich darin, nicht nur finanziell die Armenlast der Gemeinden zu erleichtern, sondern dem kranken Arbeiter ein Recht auf Leistungen zu schaffen, die er nicht mehr der Milde und Barmherzigkeit als Almosen, sondern seinen Beiträgen als Gegenleistung verdankt: ein Moment, das unbedingt die sittliche Hebung des Standes befördern muß. Nun fragt sich also, welche orm der Staat zur Durchführung seiner Ziele gewählt? und ob er die richtigen Wege beschritten hat?
Die Antwort ist allerseits gegeben — und zwar auf die letztere Frage bejahend. Wir legen hierbei nicht als Maßstab die Beschluß⸗ fassung des Reichstags zu Grunde, welche doch zu sehr von ander⸗ weitigen beeinflussenden Motiven oft abhängt, auch von der Hitze theoretischer Debatten, um ein klares objektives Bild zu geben; aber seit dem Bestehen und Bekanntwerden
von Bacninh soll lediglich aus Chinesen bestehen.
des Gesetzes mehrt sich die Anhängerschaar desselben so sehr, daß