1884 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

i Majestät die Kaiserin und Königin besuchte heute die Kaiserin⸗Augusta⸗Stiftung in Charlottenburg.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Vormittag 11, Uhr den Obersten Brix vom Kriegs⸗Ministerium, welcher die Ehre hatte, die neue Rangliste zu überreichen.

Zum Dejeuner bei Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten den Kronprinzlichen Herrschaften waren Ihre Durch⸗ lauchten der Fürst und die Fürstin zu Schwarzburg⸗Sonders⸗ hausen geladen.

Abends 7 Uhr begaben Sich die Höchsten Herrschaften mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria zu dem Diner bei dem großbritannischen Botschaster.

Die erste diesjährige Plenarsitzung des Bundes— raths wurde unter dem Vorsitz des Staats-Ministers von Boetticher am 10. Januar abgehalten. Die Vorlage, be⸗ treffend die Aenderung der Bestimmungen des Eisenbahn⸗ Betriebsreglements in Bezug auf den Transport von Holz— briquettes 2c. und Gasreinigungsmasse, wurde den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung überwiesen. Der Vorsitzende machte der Versammlung Mittheilung über: die Geschäfte des Bundesamts für das Heimathwesen im Jahre 1882/83, das zum 31. März d. Is. bevorstehende Ausscheiden eines Mit⸗ gliedes der Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds, und einge— gangene, auf Grund früherer Beschlüsse den zuständigen Aus— schüssen zugetheilte Eingaben. Schließlich faßte die Versamm⸗ lung Beschluß über die geschäftliche Behandlung zahlreicher Eingaben von Privaten.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Justizwesen traten heute zu einer Sitzung zusammen.

Der Schlußbericht über die gest rige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (23.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschasft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius, mit mehreren Kommissarien beiwohnte, stand auf der Tagesordnung Fortsetzung der ersten Berathung des Entwurfs einer Jagdordnung.

Der Abg. von Oertzen (Jüterbog) hob hervor, daß all— seitig das Bedürfniß, Aenderungen an dem bestehenden Jagd⸗ polizeigesetz vorzunehmen, anerkannt sei. Die Regierung habe deshalb gut gethan, eine Neuregelung dieser Materie in An⸗ griff zu nehmen. Trotzdem müsse er erklären, daß einzelne Bestimmungen der Vorlage für ihn absolut unannehm⸗ bar seien. Dahin gehöre insonderheit der Enklave- und der Anstandsparagraph Höchst bedenklich sinde er die Erhöhung der Jagdscheingebühren auf 20 S6 Er hoffe indessen, daß es in der Kommission, für die auch seine Partei sei, leicht sein werde, die bedenklichen Punkte in der Vorlage zu entfernen.

Der Abg. von Meyer (Arnswalde) erklärte, seine Be— denken gegen die Vorlage hier vorbringen zu wollen auf die Gefahr hin, daß man auch ihm den Vorwurf mache, er wolle Wahlpolitik betreiben. Er könne sogar hinzufügen, daß er auf einen solchen Vorwurf nichts erwidern würde. Wenn sich übrigens alles jetzt gegen die gegenwärtige Vorlage erkläre, so mache er darauf aufuterksam, daß oft genug Resolutionen beschlossen seien, die eine Aenderung des bestehenden Jagd⸗ polizeigesetzes verlangt hätten. Einzelne Punkte in der Vor— lage halte er für zutreffend, dagegen finde er die Erhöhung der sür einen selbständigen Jagdbezirk erforderlichen Grund— fläche von 75 auf 100 ha für ungerechtfertigt. Das Verbot der Sonntagsjagd könne nicht für sich allein erlassen werden. Es werde am Besten in den Rahmen eines allgemeinen Ge— setzes über die Sonntagsheiligung aufzunehmen sein. Auch

die Erhöhung der Jagdscheingebühren könne er in dem Um fang, wie dieselbe in Vorschlag gebracht sei, seine Zustimmung nicht ertheilen. .

Der Abg. von Risselmann sprach der Regierung seinen Dank für die Einbringung der Vorlage aus, die in der Hauptsache das Richtige treffe und sicher auch zu Stande kommen werde, wenn es in der Kommission gelingen sollte, die bedenklichen Punkte zu entfernen. Zu denselben rechne er die Bestimmung, daß nur eine Grundfläche von mindestens 100 ha einen selbständigen Jagdbezirk bilden solle und die enorme Erhöhung der Jagdscheingebühren.

Der Abg. Dr. Reichen sperger (Olpe) betonte, daß die Aufrecht— erhaltung des vom Herrenhause beschlossenen Verbots der Sonntagsjagd für ihn und seine ganze Partei, die conditio sine qua non für die Annahme des Gesetzes sei. Er verstehe nicht, wie die Regierung und die konservative Partei sich so widerstrebend gegen diese Einschaltung hätten zeigen können. Die Wildschadenfrage betreffend, sei es seiner AÄnsicht nach dringend geboten, die Verpflichtung, daß für Schaden, der durch das Wild angerichtet werde, Ersatz geleistet werden müsse, für den ganzen Staat gesetzlich einzuführen. In Han⸗ nover, wo der Wildschadenersatz bereits jetzt Rechtens sei, habe sich derselbe von guter Wirkung erwiesen.

Der Abg. Günther gab Namens der nationalliberalen Partei die Erklärung ab, daß die Vorlage, so wie sie jetzt be⸗ schaffen, für seine Partei unannehmbar sei. Dagegen seĩ die— selbe bereit, in eine kommissarische Berathung des Gesetzes einzutreten. Unbedingt nothwendig sei, daß die Wild⸗ ö geregelt werde. Die Materie möge schwierig sein. Aber zu lösen sei die Frage sicher, wie die Gesetzgebung von Hannover und Bayern zeige. Das, was hier bereits geschaffen, könne der kommissarischen Be⸗ rathung gutes Material bieten. Der Enklaven-Paragraph sei auch für ihn unannehmbar. Auch das Verbot der Sonntags⸗ jagd halte er für ungerechtfertigt.

Bei Schluß des Blattes nahm der Minister für Land— wirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius, das Wort.

Der Stadtgemeinde Gütersloh ist durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 19. Dezember v. J. für die von ihr her— gestellte Chaussee⸗Anlage von Gütersloh durch das Gebiet der sogenannten Krax⸗Höfe nach Verl und von den Krax⸗-Höfen nach Neuenkirchen gegen Uebernahme der künftigen chaussee⸗ mäßigen Unterhaltung derselben das Recht zur Er⸗ hebung des Chausseegeldes nach den Bestimmungen des Chausseegeldtarifs vom 29. Februar 1840 einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen, sowie der sonstigen, die. Erhebung betreffenden zusätzlichen Vorschriften vorbehaltlich der Abänderung der sammtlichen voraufgeführten Bestimmungen verliehen worden. Auch

angehängten Bestimmungen wegen der Chausseepolizeivergehen auf die gedachte Straßenanlage zur Anwendung kommen.

Die Wittwe eines beim Bergwerksbetriebe getödteten Bergmannes hatte während der beiden nach dem Tode des Ehemannes folgenden Jahre von der Gewerkschaft wiederholt Unterstützungen erhalten. Da diese Unterstützungen später nicht mehr gewährt wurden, so klagte sie aus dem Reichs⸗ haftpflichtgesetz auf Schadenersatz. Die Gewerkschaft erhob dagegen den Einwand der Verjährung, da zwischen dem Tode des Ehemannes und der Klageerhebung ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren liege und nach §. 8 des Haft— pflichtgesetzes die Forderung auf Schadensersatz in zwei Jahren vom Tage des Unfalls resp. des Todes an verjährt, die von ihr der Klägerin aber gewährten wiederholten Unterstützungen nur aus Mitleid als Almosen ge⸗ geben worden und eine Anerkenntniß der Haftpflicht nicht enthielten. Die Klägerin wurde mit ihrer Klage in beiden Instanzen wegen Verjährung ihrer Ansprüche ab⸗ gewiesen, und die von ihr eingelegte Revision wurde vom Reichsgericht, V. Civilsenat, durch Urtheil vom 9. November v. J. zurückgewiesen, indem dieser Gerichtshof begründend ausführte: „Nach §. 562 Th. JI Tit. 9 des Allg. Landrechts wird die Verjährung auch durch gegenseitiges Anerkenntniß unterbrochen, welches Klägerin daraus herleitet, daß ihr von der Beklagten wiederholt geringe Unterstützungen gewährt sind. Allein der Berufungsrichter beseitigt die Anwendbarkeit jener Vorschrist durch die thatsächliche Feststellung, daß die Beklagte diese Unterstützungen den Umständen nach nicht in Anerkennung einer Verpflichtung, sondern nur aus Mitleid als Almosen gegeben hat.“

Der Bevoll mächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Finanz Rath Golz ist hier wieder eingetroffen.

Bayern. München, 10. Januar. (Allg. Ztg.) Die Abgeordnetenkammer erledigte in ihrer heutigen Sitzung den Rest der Hagelversicherungsvorlage. Zu Art. 18 wurde auf Antrag des Abg. von Hörmann ergänzend be— schlossen, daß in den, der Anstaltsverwaltung beizugebenden Versicherten-⸗Ausschuß auch ein Kommissär der Königlichen Staatsregierung abzuordnen ist. Die übrigen Modi—⸗ fikationsvorschläge desselben Abgeordneten zu Art. 18 wurden abgelehnt. Art. 19 wurde gleichfalls unverändert angenommen. Art. 20 desgleichen. Art. 20a. soll, nach dem Ausschuß— antrag, die Bestimmung treffen: „Gegenwärtiges Gesetz tritt für den Regierungsbezirk der Pfalz mit dem Zeitpunkte in Krast, mit welchem die Wirksamkeit der für die Landesseite rechts des Rheins begründeten Brandversicherungsanstalt auf den genannten Regierungsbezirk ausgedehnt wird. In diesem Falle können Aenderungen der Bestimmungen über Einziehung der Beiträge und Kosten (Art. 15, Abs. 2 und Art. 16, Abs. 2) im Verordnungswege festgesetzt werden.“ Der Abg. von Hörmann hatte den Antrag gestellt, den Termin sür die Pfalz auf den 1. Januar 1885 festzusetzen, „sofern nicht durch Verordnung ein früherer Termin bestimmt wird.“ Die 21 Abgeordneten der Pfalz beantragten, den 1. Januar 1885 als Zeitpunkt des Beitritts der Pfalz zu bestimmen. Bei der Debatte hierüber erklärte sich der Staate⸗Minister, das Wohlwollen der Staatsregierung für die Pfalz betoten, aus durch die thatsächlichen Ver— hältnisse gegebenen Motiven für beg Antrag von Hörmann. Der Abg. Brünings gab der Meinung Ausdruck, daß man mit dem Ausschußantrage Bayern zweiter Klasse schaffen wolle. Der Abg. Dr. Daller widersprach dem; die Rhein⸗ pfalz habe von dem Ausschußantrag keinen Schaden, da ihre theurere Brandassekuranz in die diesrheinische Brandversiche— rungsanstalt übergehen wird. Eine „Pression“ wolle man übrigens auf die Rheinpfalz nicht ausüben; es könnte nur von einer wohlthätigen Pression die Rede sein. Der Abg. Dr. Deinhard gab dem Erstaunen Ausdruck, daß von dem Vor— redner und von anderer Seite von einem Wohlwollen für die Pfalz gesprochen werde, wo ihr ein Recht zur Seite stehe, das sie mit dem übrigen Bayern gemeinsam habe, und dieses Recht dürfe ihr durch den Zwang zum Beitritt zur Brandversicherungsanstalt nicht genommen werden. Der Abg. Hessert wahrte gleichfalls den Standpunkt der Pfalz; der Abg. Richter bezeichnete die Ausdehnung der Vor— lage auf dieselbe als Bedingung des Staatszuschusses. Der Abg. Dr. von Schauß erklärte: die Abstimmung über den Artikel 20a werde für Viele von der Linken entschei⸗ dend für die Abstimmung über die ganze Vorlage sein. Es sei kein ausschlaggebender Grund dafür geltend gemacht worden, die Pfalz von einer Institution auszuschließen, welche mit den Mitteln der gemeinsamen Staatskasse votirt wird. Wenn man ein Bedürfniß für die Schaffung der Anstalt überhaupt gegeben erachte, dann müsse dieses Bedürfniß für das ganze Land vorhanden sein. Es wäre geradezu ein Akt der Feind— seligkeit gegen die Pfalz, dem Ausschußantrage zuzustimmen. Unter dem lebhaften Beifall des Hauses trat Redner schließ⸗ lich noch den Angriffen des Abg. Dr. Daller auf die Person des Abg. von Hörmann entgegen. Nachdem noch der Abg. Kuby gegen den Ausschußantrag gesprochen, auch der Staatsminister Freiherr von Feilitzsch wiederholt unter Hin— weis auf die Schwierigkeiten des Beitritts der Pfalz zur Brandversicherungsanstalt den Antrag von Hörmann ein warmen Worten empfohlen und der Regierungskommissär von Jodlbauer erklärt hatte, daß das Gesetz mit 1. Januar 1886 in der Pfalz zur Einführung kommen könne, wurde der Antrag von Hörmann mit großer Mehrheit zum Beschluß erhoben (Beifall). Etwa die Hälfte der Rechten stimmte für denselben. Der ganze Gesetzentwurf wurde sodann mit 1651 gegen die Stimmen der Abgeordneten von Hörmann und Baron Stauffenberg angenommen.

Sachsen. Dresden, 10. Januar. (W. T. B.) Von der Deputation der Ersten Kammer ist gleichfalls die Bewilligung von 22650 0009 M , zur Fortsetzung der Eisen— bahnlinie Freiberg-Bienenmühle bis zur Landes— grenze bei Moldau, beantragt worden.

11. Januar. B.) Auch die Zweite Kammer beschloß, die Petitionen gegen den Offiziers⸗ konsumverein auf sich beruhen zu lassen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 10. Januar. (W. T. B.) Gegenüber der Meldung auswärtiger Blätter, daß der fran⸗ zösische Botschafter Foucher de Careil mit dem Grafen Kälnoky unmittelbare Unterhandlungen bezüglich eines österreichisch⸗französischen Handelsvertrages ein⸗

sollen die dem Chausseegeldtarif vom 29. Ferruar 1846

zuverlässigster Informationen, daß von speziellen Ver⸗ handlungen zwischen dem französischen Botschaster Foucher de Careil und dem Minister des Auswärtigen, Grafen Kälnoky, nicht die Rede sein könne, da die diesbezüglichen Unterhandlungen nach wie vor ganz ausschließlich in Paris durch hierzu bestellte österreichisch-ungarische Beamte mit der französischen Regierung geführt würden.

11. Januar. (W. T. B.) Durch Kaiserliches Handschreiben vom 9. d. werden der Kämmerer Graf Idenko Kolowrat und Freiherr Ernst von Walterskirchen als erbliche Mitglieder, ferner der pensionirte Sektionschef Freiherr von Buschmann, der Gesandte Graf Chotek, Museums-⸗-Direktor Hofrath Eitelberger, Geheim⸗Rath Oberst Graf Fugger, Guts⸗ besitzer Freiherr von Gondola⸗Ghetaldi, der Abt des Schotten⸗ stifts Hauswirth, der Gutsbesitzer General Koziebrodzki und der Generaldirektor der Südbahn, Schüler, als lebenläng⸗ liche Mitglieder in das Herrenhaus berufen.

In Bezug auf die gegenwärtig in Paris schwebenden Handels vertragsverhandlungen meldet die Presse“ daß die österreichische Regierung eine Note an das franzö— sische Kabinet gerichtet habe, in welcher der Abschluß eines Vertrages auf der Basis der Meistbegünstigung auf unbestimmte Zeit mit einjähriger oder halbjähriger Kündigung vorgeschlagen wird. Gleichzeitig sollen die Verhandlungen über einen Tarif⸗ vertrag weiter geführt werden. Das gegenwärtige Provisorium läuft mit dem Februar d. J ab.

Reichenberg, 8. Januar. (W. Ztg.) Die hiesige Bezirksvertretung hat dem Abgeordnetenhause des Reichsraths eine Petition überreicht, worin um die Verstaatlichung des Versicherungswesens er— sucht wird.

Pest, 10. Januar. (W. T. B.) Zu der heutigen Sitzung des Oberhauses hatten sich die Mitglieder sehr zahlreich ein⸗ gefunden, auch die Galerien waren dicht besetzt. Nach Erledigung des Verifikationsberichts, wonach die Mitgliederzahl des Hauses sich um 60 vermehrt hat, gelangte die vom Abgeord— netenhause aufrechterhaltene Vorlage über die Eheschließung zwischen Christen und Juden zur Berathung. Es fand eine längere Debatte darüber statt, ob die Vorlage einem aus 3 Mit— gliedern bestehenden Ausschuß zur Vorberathung überwiesen, oder ob dieselbe sofort im Hause berathen werden solle. Schließlich wurde der Antrag des Grafen Ferdinand Zichy, über die Vorlage ohne vorherige Ausschußberathung zu ver⸗ handeln, mit 135 gegen 122 Stimmen angenommen und der 12. d. Mts. zur Berathung festgesetzt. Der Antrag des Grafen Zichy wurde von den Gegnern der Vorlage unterstützt.

Agram, 9. Januar. (Wien. Ztg.. Der Landtag setzte heute die Debatte über die Indemnitäts vorlage fort.

Schweiz. Bern, 9. Januar. (N. Zürch. Ztg.) Von dem österreichischen Gesandten und Bundesrath Deucher wurde gestern hier eine Uebereinkunft zwischen Oesterreich— Ungarn und der Schweiz, betreffend gegenseitige Be— willigung des Armenrechts im Prozeßverfahren, unter Ratifikationsvorbehalt unterzeichnet.

Frankreich. Paris, 11. Januar. (W. T. B.) Das Journal „La Paix“ erklärt die von Neuem verbreiteten Gerüchte, daß der Gesundheitszustand des Präsidenten Grévy ein ungünstiger sei, für unrichtig.

10. Januar. (W. T. B.) Der Senat hat mit 135 von 153 abgegebenen Stimmen Le Royer zum Präsiden⸗ ten gewählt. Auch die Wahl der Vize-Präsidenten wurde vorgenommen, aber wieder für ungültig erklärt, weil die zur Vornahme der Wahl erforderliche Stimmenzahl fehlte.

Die Deputirtenkammer wählte Sadi Carnot, Spuller, Philippoteaux und Floquet zu Vize-Präsidenten. Eine Verständigung mit der äußersten Linken über die Wahl war nicht zu erreichen gewesen, und eine große Anzahl von Deputirten enthielt sich der Theilnahme an der Wahl.

Gegen den Deputirten Talandier, welcher Direktor der „République democratique et sociale“ ist, wird von der n der Antrag auf gerichtliche Verfolgung eingebracht werden.

Die Gesellschaft vom Rothen Kreuz in Athen hat für die französischen Verwundeten in Tongking 2000 Fres. gespendet.

Toulon, 10. Januar. (W. T. B.̃) Die Transport⸗ schiffe „Annamite“, Poitou“ und „Saint Germain“ sind mit den für die Verstärkungstruppen in Tongking bestimmten Ergänzungen heute abgegangen.

Spanien. Madrid, 10. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte der Minister des Innern: das Kabinet wünsche eine Re— form der Verfassung, aver nicht die Ernennung einer konstituirenden Versammlung; der Militärdienst solle in der nächsten Zeit für alle Spanier obligatorisch werden; die Regierung sei für die Anwendung des allgemeinen Stimm— rechts, wodurch die Zahl der Wähler sich auf 3 Millionen stellen würde.

Italien. Rom, 19. Januar. (W. T. B.) Der König empfing heute in feierlicher Audienz die türkischen Abgesandten, Marschall Mukhtar Pascha und Kiamil Bey, welche ihm mit einem eigenhändigen Schreiben des Sultans den Nischan-Imtiaz-Orden überreichten. Beide tür⸗ kischen Abgesandten wurden hierauf auch von der Königin empfangen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 10. Januar. (W. T. B.) In Gemäßheit des am 1. Januar 1881 ergan⸗ genen Kgiserlichen Ukases ist die diesjährige, 50 Mil—⸗ lionen Rubel betragende Schul dentilgungsrate von der Reichsrentei gestern an die Reichsbank abgezahlt worden.

11. Januar. (W. T. B.) Die deutsche „St. Peters⸗ burger Zeitung“ erfährt: Die Plenarversammlung des Sena ts habe in Folge desfallsiger Petitionen beschlossen, zustän⸗ digen Orts noch vor der Entscheidung der Judenfrage durch die Judenkommission um die Aufhebung der provisorischen Maß— regeln des Minister⸗Comités vom Mai 1882 vorstellig zu werden, wonach u. A. die Abschließung von Verträgen mit Juden über den Verkauf oder die Verpachtung von Immobilien außerhalb der den Juden zugewiesenen Wohnsitze untersagt wird.

Schweden und Norwegen. nuar. Verhandlungen in dem Staatsprozeß gegen die Minister wieder aufgenommen. Der Vertheidiger erörterte den zweiten Punkt der Anklage, betreffend das Verhalten des Ministeriums gegenüber dem Beschlusse des Storthing über

Christ iania, 10. Ja⸗ (W. T. B.) Das Reichsgericht hat heute seine

geleitet hätte, konstatirt das „Fremdenblatt“ auf Grund

die Volksbewaffnungsvereine.

Amerika. Washington, 10. Januar. (W. T. B) Das Repräsentantenhaus hat einen Antrag auf Aus⸗ druck des Beileids anläßlich des Ablebens des deutschen Reichstagsabgeordneten Dr. Lasker angenommen. .

New⸗York, 10. Januar. (W. T. B.) Dem heutigen Trauergottesdienst im Emanueltempel für den verstor⸗ benen Dr. Eduard Lasker wohnten auch der deutsche Ge⸗ sandte, der deutsche Generalkonsul, der Bürgermeister von New-⸗York und viele hier anwesende hervorragende Deutsche bei. Die Leiche bleibt bis zur Ueberführung nach Deutsch⸗ land, welche am Sonnabend stattfinden soll, im Tempel.

Asien. (W. T. B.) Der „New⸗Hork Herald“ meldet aus Hongkong, vom 10. d.: Der Vizekönig von Kanton hat den dortigen Konsuln die Absicht angezeigt, die zur Stadt führende nördliche Einfahrt zu sperren und in derselben Torvedos zu legen. Die andere unter dem Namen Macao⸗Passage bekannte Einfahrt wird durch die Anlegung einer Brücke am südlichen Ende der Dameinsel gesperrt. Die Kapitäne der Dampsschiffe sind infolgedessen von den Schiffs—⸗ eigenthümern angewiesen worden, die nördliche Einfahrt zu rermeiden.

(W. T. B.) Der „Times“ wird aus Hongkong, vom 10. d. Mts., gemeldet, daß in Folge eines Gesuches der Be⸗ völkerung von Hainan um Schutz gegen einen französischen Angriff 2000 chinesische Truppen dorthin abgesandt seien.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. Januar. (W. T. B.) An Baker Pascha ist der Befehl abgegangen, Tokkar und Singat zu entsetzen und die dortigen Garnisonen an sich zu ziehen, westlich von Singat aber keinerlei Operationen zu unternehmen. Ferner beschloß der Kah inetsrath, Suakim besetzt zu halten; bezüglich Massovahs ist noch keine Entschließung gefaßt. Was den Sudan anlangt, so wird vom Kabinetsrath erwogen, durch welche Mittel die wegen der Kanonen und Kriegsvorräthe sehr schwierige Räu— mung des Sudan am besten zu beschleunigen sei. Wie es heißt, sollen in den Provinzen Benisuef und Fayum gleichzeitig Unruhen ausgebrochen sein. Die Fellahs wurden von den Beduinen arg bedrängt, und die Gouver— neure sollen dringend um Verstärkungen gebeten haben.

Die telegraphische Verbindung mit Dongola ist wiederhergestellt. Das Demissionsgesuch des Unter— Staatssekretärs im Ministerium des Auswärtigen, Tigrane Pascha, ist abgelehnt worden. Der egyptische Dampfer „Tantalus“ hat auf der Fahrt von Suez nach Suakim, wohin er Kriegsvorräthe, Maulesel und Kameele bringen sollte, Schiffbruch gelitten; die Schiffsmannschast ist gerettet.

Zeitungsstlmmen.

Ueber die Grundzüge für den Entwurf eines Unfall— versicherungsgesetzes äußert die „Germania“:

Wenn wir gestern unseren ersten Artikel zu eingehenderer Be— sprechung der Unfallversicherungf⸗, Grundzüge“ einer Seite dieser Frage widmeten, über welche seit Jahren zwischen der Regierung und den Parteien der positiven Sozialreform Entschiedenheit und Ein— müthigkeit besteht, so geschah das mit dem Bewußtsein, daß gerade diese Seite der Frage in erster Linie Anfechtungen erfahren werde Seitens der ganzen oder halben Manchestermänner. Denn von der Privatversicherung des Entwurfs der vereinigten liberalen Parteien‘ vom Januar 1882 gegenüber dem vorigen Entwurf der Regierung sich loszusagen, hatten ja diese Manchestermänner keinen Grund, weil Niemand ernstlich glaubte, daß auf der Basis jenes Entwurfs das Gesetz zu Stande kommen könne. Jetzt, wo nach den „Grundzügen“ ein Entwurf in Aussicht steht, welcher eine geeignete prinzipielle Basis bietet, müssen die Manchestermänner von der „Köln. Ztg.“ auf ihrer Rechten bis zu den äußersten Linksliberalen definitiv Stellung nehmen: sie müssen sich entweder lossagen von dem früher von ihnen vertretenen liberalen Entwurf mit seiner Privatversicherung, oder sie müssen definitiv in Kampfesstellung eintreten gegenüber den „Grund zügen“, welche ja die Privatversicherung in jeder Form ausschließen, und an Stelle derselben die berufsgenossenschaftliche Versicherung auf Gegenseitigkeit setzen. Und zwar ist das ein wesentlicher und unver— rückbarer Grundgedanke des bevorstehenden Entwurfs der Regierungen.

Unsere Erwartung hat uns denn auch nicht getäuscht. Zu der— selben Zeit, als unser gestriger Artikel gedruckt wurde, ging auch in der Nat.⸗Itg.“ ein Artikel: „Die neuen Vorschläge zur Unfallversiche⸗ rung“ in die Presse, welcher ganz vorzugsweise der Bekämpfung des Ausschlusses der Privatversicherung gewidmet ist, wenn auch noch einige andere Punkte der „Grundzüge“ berührt werden. Das Blatt beklagt tief, daß „weder bei privaten Versicherungségesellschaften auf Gegenseitigkeit noch bei solchen auf Aktien gegen die Unfallgefahr soll versichert werden dürfen.“ Es nennt dabei die Privatversicherung „die natürliche Form zur Deckung der aus der er⸗ weiterten Haftpflicht der Unternehmer sich ergebenden Versicherung derselben“. Wir erlauben uns, da anderer Meinung zu sein. Wir finden es viel „nafürlicher“, daß die Unternehmer genossenschaft⸗ lich zusammentreten, wenn sie auf diese Weise die Aufgabe selbst erfüllen können, als daß sie sich an fremde Leute wenden, welche diese Aufgabe selbst nichts angeht, und die sich ihrerseits dann doch auch erst zu einer Art Genossenschaft (Aktiengesellschaft und der⸗ gleichen) zusammenthun, um der Aufgabe gewachsen zu sein. Die Unternehmer haben, wenn sie selbst zusammentreten, gar nicht nöthig, sich von Anderen Bedingungen stellen zu lassen, und zwar in ihrer Vereinzelung oft recht harte, haben es nicht nöthig, an Andere einen Tribut zu zahlen, erreichen aber durch eigene Genossenschaften den Zweck auch in sozialer Hinsicht, gegenüber den Arbeitern, viel besser, indem zahllose Streitigkeiten theils beseitigt, theils gemildert werden. Man vergleiche darüber unsere gestrigen Ausführungen über die sozial verbitternden und die Arbeiter oft in tiefer Noth lassenden , und Prozesse mit den Unfallversicherungsgesell⸗ hn sten⸗

Die „Volk s-Zeitung“ schreibt: .

Im Ganzen und Großen bezeichnet der Entwurf einen Fort⸗ schritt gegen seine Vorgänger. Insbesondere läßt der Umstand, daß gewisse, von der Regierung bis dahin als Bedingungen für das Zustandekommen des Gesetzes bezeichnete Punkte fallen gelassen sind, der Hoffnung Raum, daß eine weitere Annäherung an den liberalen Standpunkt im Laufe der Berathungen in der Kommission und im Plenum nicht autgeschloffen ist, und damit der Möglichkeit näher gerückt ist, daß das Gesetz auch für die Liberalen annehmbar ge— macht wird.“ .

Die Betrachtungen des „Reichs boten“ schließen:

„Aus alledem ergiebt sich, daß es der Sache selbst von großem Nutzen gewesen ist, daß der vorjährige Entwurf der Regierung noch einmal zur Ueberarbeitung überwiesen wurde. Der jetzige Entwurf ist viel reifer, sozial viel besser fundirt und technisch und organisch viel klarer, übersichtlicher und naturgemäßer ausgestaltet. Wir haben uns sehr über diese Arbeit gefreut und wünschen ihr für den Reichs— tag den besten Erfolg. Ob derselbe bei der jetzigen liberalen Reichs tagsmajorität, die sich gegen jeden Zwang und ohne Versicherungs⸗ jwang gehts nun einmal, wenn etwas Lebensfähiges geschaffen werden soll, nicht ab sträubt, Gesetz werden wird, erscheint uns zweifel⸗ haft, aber um fo sicherer würde das dann in dem neu gewählten Reichstag geschehen.“

Die „Konservative Correspondenz“ sagt:

Das Unfall versicherungetgesetz, wie es gegenwaͤrtig als Entwurf fertig vorliegt, schließt sich in seinen wesentlichsten Grundzügen an die von den Freunden der Sozialreform von Anfang an betonte Auf⸗ fassung an und hat deshalb, wie wir glauben, gute Autsichten, im Reichstage eire Mehrheit zu finden Die liberale Presse scheint von dem Entwurfe sehr wenig erbaut zu sein, obwohl oder vielmehr, weil sie sachlich nicht viel dagegen einzuwenden weiß. Wenn die „National -⸗Zeitung! z. B. den Ausschluß der Aktien- gesellschaften von der Versicherung neben dem Verzicht auf den Reichszuschuß für das bemerkenswertheste Moment erklärt, so zeigt sie damit deutlich genug, wie groß ihre Verlegenheit ist; daß sie und Ihresgleichen trotzdem zu tadeln finden werden, bezweifeln wir nicht Im Einzelnen mag der Entwurf ja auch zu mancher Ausstellung Anlaß geben. Entscheidend können aber doch nur die großen Grund⸗ züge sein. Sind diese richtig, so wird das Leben selbst für die Aus— gleichung im besonderen Falle schon sorgen. . ..

Die „Nationalliberale Correspondenz“ urtheilt unter Vorbehalt eingehenderer Erörterung:

Daß der neue Entwurf vor den früheren wesentliche prinzipielle und praktische Vortheile voraus hat, daß er namentlich an Klarheit und Einfachheit erheblich gewonnen hat, läßt sich auf den ersten Blick erkennen. . .

Die „Weser-Zeitung“ läßt sich von hier schreiben:

„So weit sich der erste allgemeine Eindruck beurtheilen läßt, ist derselbe überwiegend günstig. Es ist durchaus anzuerkennen, daß die Regierung diesmal den im Reichstage namentlich von liberaler und ultramontaner Seite geäußerten Bedenken gegen die früheren Unfall⸗ Versicherungs entwürfe in loyaler Weise entgegen gekommen ist, daß sie endlich den Reichszuschuß fallen läßt, und daß sie auch den vielberufenen Gedanken der korporativen DOrganisation ungleich klarer und schärfer faßt, als es in ihrer letzten Vorlage geschehen war. Auch lehrt schon der erste Blick, daß die formalen Lobsprüche, welche die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ der neuen Arbeit spendet, wohlbegründet sind; dieselbe ist klar und sicher aufgebaut, leicht zu übersehen und mag mit Recht ein vollständiges Skelett der eigentlichen Vorlage genannt werden. Alle diese Umstände sichern den „Grundzügen“ des wichtigsten Gesetz— entwurfs, den die bevorstehende Reichstagssession zu berathen haben wird, einstweilen eine freundliche Aufnahme. . . . . .

In der Erörterung der, Frankfurter Zeitung“ wird gesagt:

„»Im Großen und Ganzen enthält denn auch der Entwurf den beiden früheren gegenüber wesentliche Vorzüge. Vor Allem ist her— vorzuheben, daß auch jetzt von einer Reichsversicherung nicht die Rede ist. Auch der Reichtzuschuß zu den Versicherungskosten, der noch in dem zweiten Gesetzentwurf figurirte, ebenso die Beitragspflicht der Aibeiter ist eliminirt, und die Aufbringung der Kosten, wofür wir von Anfang an eingetreten sind, einzig und allein den Unternehmern auferlegt worden.“

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 2. Inhalt: Verfügungen: vom 3. Januar 1884. Behandlunz der Frankozettel zur Einziehung von Zollgebühren und Portobeträgen.

Annalen der Hydrographie und Meteorologie Heft XII. Inhalt:

Maritimen

den Logapparaten und dem gewöhnlichen Log. Aus den Reise⸗ berichten S. M. S. . Marie“, Korv. Kapt. Krokisius. I) Ansegelung der Royal⸗Bucht, Süd⸗Georgien. 2) u. 3) Meteorologische und phy⸗ sisch'ozeanische Beobachtungen während der Reisen von Montevideo

Die drei norwegischen Nordmeer Expeditionen 1876— 78. III. Versuche mit registriren⸗

nach Punta Arenas (Juli 1883) Süd⸗Georgien Montevideo (August und September 1883). Von der Ostküste Australiens nach China zur Zeit des NW. resp. SE-Monsuns. (Mittheilung von der deutschen Seewarte,. Aus den Reiseberichten des Kapitän J. Kuhlmann, Führer der deutschen Bark „Niagara“. Berichtigun⸗ gen und Ergänzungen zu den Karten des Golfs von Kalifornien ꝛc. (Mitgetheilt ron der deutschen Seewarte) Eingänge von meteo⸗ rologischen Journalen bei der deutschen Seewarte im Monat August 1883. Vergleichende Ucbersicht der Witterung des Monats Sep⸗ tember 1883 in Nordamerika und Centraleuropa. (Mittheilung von der deutschen Seewarte). Reisechronik der Schiffe der Kaiserlich deutschen Marine, deren Berichte in diesen Annalen veröffentlicht sind. Kleine hydrographische Notizen. Tabellen. Karten⸗ beilage.

Ju stiz · Ministerial⸗Blatt. Nr. 11. Inhalt: Allgemeine Verwaltungssachen: Befugnisse des Landraihs in der Leitung der Ver— handlungen des Kreistags. Zwangs vollstreckung in das unbeweg— liche Vermögen. Maßregeln gegen Auswanderer in Bezug auf Er— füllung privatrechtlicher Verpflichtungen. Behörden und Beamte: Anrechnung von Kriegsjahren bei Feststellung der Dienstzeit für die Pensionirung. Kirchliche Angelegenheiten: Vertheilungsmaßstab für kirchliche Umlagen. Verwaltung der Kommunen, Korporationen und Institute: Ausführung des Gesetzes, betr. die Krankenversicherung der Arbeiter. Verfahren bei Stadtverordnetenwahlen. Kom⸗ munalsteuer von im Gemeindebezirke beschäftigten, auswärts wohnen den Individuen. Polizeiveiwaltung: a. Im Allgemeinen: Unent— geltliche Verabreichung von Theilen des öffentlichen Anzeigers zum Amtsblatt an Gensd'armen. Begründung von Arbeiterkolonien und Verpflegungestationen. b. Gefängnißwesen, Straf⸗ und Besserungsanstalten: Nachweisung von den, den kommunalen Ver— bänden zur Zwangserziehung überwiesenen verwahrlosten Kindern. Verwaltung für Landwirthschaft, Domänen und Forsten: Erstattung von Kostenvorschüssen in Auseinandersetzungssachen. Militär und Marine ⸗Angelegenheiten: Nachtrag zum Verzeichniß der höheren Lehr⸗ anstalten, welche zur Ausstellung von Zeugnissen für den einjährig- freiwilligen Militärdienst befugt sind.

Statistische Nachrichten.

Das soeben erschienene Novemberheft zur Statistik des Deutschen Reichs enthält eine vorläufige Ueber sicht über die Ergeb—⸗— nisse der Rübenzucker⸗Fabrikation des deutschen Zoll⸗ gebiets im Campagnejahre 1883ñ84, also die Betriebsergeb⸗ nisse der laufenden Rubenzuckereampagne. Hiernach sind in 373 Fabriken bis zum J. Dezember 1883 47 899 020 Doppelzentner Rüben verarbeitet, und hieraus 6 563 540 D. Z. Füllmasse gewonnen worden. Als muthmaßliches, in der Campagne noch zu verarbeitendes Rüben quantum sind 38 697 953 D.-Z. angegeben, so daß die Gesammtmenge der für die laufende Campagne in den Zuckerfabriken zur Verarbeitung kommenden Rüben auf 86 556 73 D. 3. sich stellt. In der Vor ampagne 1882,83 waren in 368 Rübenzuckerfabriken 87 T1 537 D. „3. Rüben verarbeitet worden.

. Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 30. Dezember 1883 bis inkl. 5. Januar er. zur Anmeldung gekommen: 217 Eheschließungen, 828 Lebendgeborene, 31 Todtgeborene, 561 Sterbe fälle.

Sum marische Uebersicht der Zahl der Stu⸗ direnden auf der Königlichen Universität zu Kiel im Wintersemester 1883/84 Beim Abschluß der summarischen Uebersicht im Sommersemester 1883 betrug die Zahl der Stu— direnden 447, im Laufe des Sommersemesters dazugekommen 3, zusammen 450. Nach Ablauf des Sommersemesters abgegangen 172, demnach verblieben 278. Dazu gekommen: neu immatrikulirt 64, zurückgekehrt 28, zusammen 92. Die Gesammtzahl der immatri— kulirten Studirenden beträgt 370. Davon mit Genehmigung des Rektors von Kiel abwesend 18. Die Gesammtzahl der immatrikunirten

und gegenwärtig hier anwesenden Studicenden beträgt demnach 352. Die theologische Fakultät zählt: Preußen 46, Nichtpreußen zu⸗ sammen 46. Die juristische Fakultät zählt: Preußen 36, Richt⸗ preußen 8, zusammen 44. Die medizinische Fakultät zählt: . 107, Nichtpreußen 19, zusammen 126 Die philosophische Fakultät zählt: a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 105, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife 8, c. Nichtpreußen 23, zusammen 136. Gesammtzahl der in Kiel anwesenden immatrikulirten Studirenden 352. Außer diesen immatrikulirten Studirenden haben die Erlaubniß zum . von Vorlesungen nachgesucht und von dem Rektor erhalten: ei der theologischen Fakultät 1 Hörer, bei der juristischen Farul⸗ tät 1 Hörer, bei der medizinischen Fakultät kein Hörer, be der phi⸗ losophischen Fakultät 18 Hörer, Summa der Hörer 20. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 372.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Seit dem 1. Januar d. J. erscheint im Verlage von A. Haase's Buchhandlung (Max Babenzien) eine wöchentlich erscheinende Zeit- schrift Die Sonntagsruhe“, Illustrirtes Volksblatt für Stadt und Land. Die Redaktion wünscht nicht, die zahlreichen Zeitschriften zu vermehren oder ihnen Konkurrenz zu machen, wohl aber mit allen gesetzlich erlaubten und zulässigen Mitteln die schlechte Kolportage zu bekämpfen und der Verbreitung guter Schriften das Wort zu reden; was sie dem Volke bieten will, ist eine herzveredelnde und gemüth⸗ bildende Lektüre. Energisch soll der Kampf aufgenommen und geführt werden gegen die Schauerromane und Schriften schlüpfrigen Inhalts, mit welchen das Volk vergiftet wird, wodurch das Gemüth desselben geschädigt und gute Sitte untergraben wird. In jeder Nummer der Sonntagsruhe soll nun ein solcher Schauerroman oder eine ähnliche Schrift vorgenommen, einer eingehenden Kritik unter— zogen und nach der gefährlichen Seite hin blosgestellt und gebrandmarkt werden. Das Blatt will ferner die rechtlichen Inter⸗ essen des Volkes vertreten, Rath ertheilen, Hülfe vermitteln und überall mit Rath und That eintreten. Zur Gründung von Schul⸗ systemen, zur Aufbringung der dazu erforderlichen Mittel, zur Auf⸗— besserung der Lehrerbesoldungen wird es anregen. Ebenso wird es warme Fürsprache erheben für die Waisen⸗ und Wittwenpflege; desgleichen für Arbeitsübertragung an die entlassenen Strafgefangenen sorgen; der so oft nachtheilig wirkenden Stellenvermittelung will es entgegentreten und unentgeltlich Stellengesuche und Anerbieten publi⸗ ziren. Die Volkeschriftsteller werden zu thätiger Beihülfe und Mit—⸗ arbeitung aufgefordert, ihre im Blatt erschienenen Arbeiten sollen eine Volks. und Schulbibliothek begründen helfen, von der das Bändchen nur 20 3 kosten soll. Wenn das Blatt hält, was es verspricht, so kann man seinen edlen Bestrebungen nur Beifall zollen und von ganzem Herzen wünschen, daß es die verdiente An⸗ erkennung und Verbreitung überall reichlich finden möge. Der vierteljährliche Abonnementspreis bei wöchentlichem Erscheinen be— trägt 75 5.

St; Petersburg, 11. Januar. (W. T. B.) Die Akademie der Wissenschaften ernannte zu korrespondirenden Mitglie⸗ dern die Professoren Gustav Wiedemann in Leipzig, Paul Groth in München, Wilhelm Tomaschek in Gratz und Petriceju Hasdeu in Bukarest, ferner Theodor Gomperz, Mitglied der Wlener Akademie der Wissenschaften, Felix Tissérand, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris und Jules Oppert, Mitglied des Pariser Instituts.

Gewerbe und Handel.

Das „Dresdn. Journ.“ theilt folgenden zweiten Bericht von der Leipziger Neujahrsmesse mit: Der milde Winter übte einen großen Einfluß auf die diesjährige Wintersaison. In den Fa⸗ brikstädten war das Geschäft vor der Messe mit wenigen Ausnahmen schleppend gewesen und hatte man im Allgemeinen angefangen, die Parforcefabrikation einzustellen, um den Markt nicht gar zu sehr mit Waaren zu überfüllen. Verkäufer waren, reichlich mit Waaren versehen, auf der Messe erschienen, und ist wohl selten so viel zuge⸗ führt worden; dagegen fehlten viele Detaillisten und die Grossisten hielten sich abwartend, da sie auf eine Reduktion der Preise hinzielten. Es wurde auch sehr viel zu gedrückten Preisen verkauft. Süddeutsche, Schweizer und Holländer waren die Hauptkäufer von Tuchen; erstere für Mustersachen, letztere für schwarze Waare. Crimmitschau und Werdau hatten eine außergewöhnlich große Zufuhr für die Messe gestellt, weil sie sich zu Hause einer Preisermäßigung nicht fügen woll⸗ ten; da aber h er keine bessere Meinung vorherrschend war, mußten sie wohl oder übel dem Käufer entgegenkommen. Forst hatte zu Hause noch ein ziemliches Quantum verkauft, da bei dem Nahen des Früh⸗ jahrs Demi-Waare beliebt ist. Nur die halben englischen Muster fanden nicht gewünschte Liebhaber und wurden zu Preisen verkauft, welche oft kaum die nothwendigsten Auslagen an Wolle und Arbeits⸗ lohn decken. Spremberg hatte schon vorige Michaelismesse laborirt. Die vorausgegangenen Jahre waren so prächtig und glänzend ge⸗ wesen, daß dieser Rückschlag gar nicht mehr in Betracht genommen wurde. Gar mancher Fabrikant dieses Platzes verläßt mit traurigen Erfahrungen die Neujahrsmesse. Luckenwalde und Großenhain bringen ganz allerliebste Neuheiten und Rockstoffe. Diese beiden Plätze heben sich ganz mächtig in Bezug auf feinen Geschmack und guter solider Ausführung. Guben, Cottbus und Peitz, die mit Aufträgen für den Sommer reichlich versehen sind, besuchen die jetzige Messe wenig oder gar nicht mit Waare. In schwarzer Waare aus Sagan, Grünberg, Schwiebus, Kamenz war der gewöhnliche Verkauf, da die Niederländer darin bedeutend zu Neujahr kaufen. Kirchberg, Lengefeld u s. w. waren mit ihrem suüͤddeutschen Geschäft auch befriedigt. Das Meßgeschäft beschränkte sich auf wenige Tage und wenige Stunden des Tages, da trübes regnerisches Wetter vor— herrschend war.

Wien, 10. Januar. (W. T. B.) Die Restdividende der Nationalbank pro 1883 ist auf 25 Fl. festgesetzt, die Gesammt⸗ dividende beträgt somit 43 Fl. oder 716 olg.

Liverpool. 11. Januar. (W. T. B.) John Herd jun. und dessen Assoris Mullens sind verhaftet worden unter der An— klage, durch doppelte Verpfändung von Getreide die Northwestern Bank in Liverpool um bedeutende Summen betrogen zu haben.

Bradford, 10. Januar. (W. T. B.) Wolle stetig, wollene ,. fester, Super Thirties für Leipzig gefragt, wollene Stoffe ruhig.

Verkehrs⸗Anstalten.

Im Saale des Berlin ⸗Anhaltischen Bahnhofes fand, wie wir dem „Berl. Act.“ entnehmen, am 9. d. M. die internationale Fahrplankonferenz zur Berathung und Festsetzung des dies— jährigen Sommerfahrplans statt. Es waren fast sämmt— liche deutsche und österreich⸗ ungarische Eisenbahnverwaltungen vertreten; außerdem waren Vertreter der niederländischen, belgischen, französischen, englischen, schweizerischen und rumäni⸗ schen Bahnen anwesend. Von den gefaßten Beschlüssen ist hervor⸗ zuheben, daß der diesjährige Sommerfahrplan mit Rücksicht darauf, daß auf den 1. Juni das Pfingstfest fällt, ausnahmsweise bereits am 20. Mai zur Einführung gelangen soll. Ferner ist eine wesentlich bessere Verbindung zwischen Berlin und den böhmischen Badeorten (Teplitz, Carlsbad) in Aussicht genommen, womit eine neue Verbindung zwischen Berlin und Wien zusammenhängt. Hier durch werden auf der Berlin⸗Dresdener und Berlin⸗Anhalter Bahn einige Aenderungen nöthig. Auch für die Berlin⸗Görlitzer Eisenbahn sind wesentliche, dem Verkehrsbedürfniß entsprechende Fahrplanände⸗ tungen in Aussicht genommen. Die Konferenz zur Becathung des diesjährigen Winterfahrplans wird am 25. Juni d. J. in Graz statt⸗

finden. Tri est, 10. Janugr. (W. T. B.) Der Lloyddampfer Ettore“ ist heute Vormittag aus Konstantinopel hier einge⸗

troffen.