1884 / 11 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Jan 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Schneckenfraß ist nicht bedeutend gewesen; erheblicher war

strichweise Mäusefraß.

Der Stand der jungen Wintersaaten ist daher im All⸗ gemeinen als befriedigend, an manchen Orten auch als sehr

gut zu bezeichnen. Rheinprovinz.

Reg. Bez. ssel dorf: Die Saaten stehen gegenwärtig allenthalben so gut, daß auch von einer etwa noch bevor⸗

stehenden strengeren Kälteperiode nichts mehr für dieselben zu befürchten ist.

Die in letzter Zeit vielfach gehörten Klagen über Mäuse⸗ fraß und Ackerschnecken sind nur noch an ganz vereinzelten Stellen wiederholt worden.

Die Preise der Körnerfrüchte haben sich ungefähr auf der vorjährigen Höhe gehalten.

Reg. Bez. Trier: Die Wintersaaten sind in Folge des günstigen Herbstwetters allenthalben rechtzeitig zur Ausführung gelangt und haben sich in einer Weise entwickelt, daß sie hin⸗ reichend erstarkt sind, den Einflüssen des Winters Widerstand leisten zu können. Ihr gegenwärtiger Stand giebt Hoffnung auf eine ergiebige Ernte.

Ueber Mäusefraß sind vereinzelte Klagen laut geworden.

Die Viehpreise stehen auf normaler Höhe; die Frucht— preise haben wenig varürt.

Eine am Sonnabend, den 12. d. Mts., von Seiten des Königlichen Hof⸗Jagdamts auf den Feldmarken von Golm und Bornim abgehaltenen FZagd, an welcher Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm und Friedrich Leopold von Preußen, Prinz Friedrich Wilhelm von Hessen, Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein, Fürst Anton Radziwill und eine Zahl von hier und aus Potsdam geladener Herren Theil nahmen, ergab in zwei großen Kesseln und drei kleinen Vorlegetreiben die für das heurige schlechte Hasenjahr unerwartet gute Strecke von 416 Hasen.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sitzung vom 9g. Januar 1884. Der Haupttheil der Sitzung war dem Andenken eines jüngst verstorbenen langjährigen Mitgliedes, des Majors von dem Knesebeck auf Carve und Tylsen, gewidmet. Seine Verdienste um den Verein, dessen Vorstand er in den Jahren 1878 1879 gewesen, um die Mark Brandenburg und um den Staat fanden gebührende Würdigung. Professor Holtze überreichte das als Ge— schenk des Magistrats zu Braunschweig eingegangene Prachtwerk Die Burg Dankwarderode zu Braunschweig von 2X. Winter“; er machte auf den reichen Ertrag der historischen wie der bautechnischen Untersuchung aufmerksam, namentlich auch bei der von dem Verfasser gelieferten Vergleichung des Braunschweiger Baues mit ähnlichen xromanischen Burg und Palastbauten zu Goslar, Eger, Gelnhausen, Wartburg u. s. w. Gymnasial ⸗Direktor Dr Schwartz legte E. Fromme's Schrift „Aus der Vergangenheit von Stadt und Kloster Lindow vor. Der Verfasser hat die besten Quellen mit Geschick benutzt und trug seinen Gegenstand mit der Wärme vor, die bei der Mittheilung geschichtlicher Kenntnisse auch vaterländische Gesinnung zu wecken geeignet ist. Oberlehrer Dr. Fischer machte die Anwesenden mit einem bisher nicht beachteten Berliner bekannt, dem Oberst-Lieutenant Willich, der im Jahre 1646 nach 44jährigem 1ühmlichem Kriegsdienst als Kommandant von Marburg in Hessen⸗Darmstädtischem Solde stard. Von Hessen⸗Kassel scharf angegriffen und ohne Aussicht auf Entsatz übergab er die Feftung, obwohl er den Befehl hatte, sie bis auf das Aeußerste zu halten. Zur Strafe dafür wurde er, 74 Jahre alt, mit seinem Feldwebel auf dem Markte zu Gießen enthauptet. Zum Schluß sprach Archivrath Dr. Hegert über den Verbleib und die Spuren älterer märkischer Urkunden, insbesondere der des Klosters Lehnin und des Stiftes Havelberg.

Das Kunstgewerbe⸗Museum veranstaltet vom 16. d. M. ab im Hörsaal des Museumsgebäudes zwei Kurse von je zehn öffentlichen Vorlesungen, zu denen Eintrittskarten und Pro— gramme im Bureau ausgegeben werden. Der Regierungs-⸗Baumeister Elis wird über Heraldik in Beziehung auf das Kunstgewerbe, Direk— torial ⸗Ajssistent Pabst über Kunstmythologie der Griechen und Römer sprechen. Die Vorlesungen des Hrn. Elis werden Mittwochs, die des Hrn. Pabst Sonnabends, Abends von 6—7 Uhr, stattfinden.

Professor Jessen wies in seinem ersten öffentlichen Vor— trage über den Ursprung der Menschheit nach, daß die Alterthums⸗ forschung der neuesten Zeit weit über die biblische Schöpfungsgeschichte hinausgekommen ist. Zweier einschlagender Schriftstücke erwähnte derselbe, welche man fast tausend Jahre alter schätzt: eine in egwtischer Hieroglyphenschrift und eine in assyrischer Keilschrift. In der letzteren, aus eines Königs Bibliothek, welche Thon täfelchen statt unserer Papierbücher enthält, erkennt man daß eigent— liche Original der biblischen Schöpfungsgeschichte, soweit die Frag⸗ mente reichen, in allerdings wesentlich verändertem Sinne, denn es ist von vielen Göttern die Rede, während das sehr kurze egyptische Schrifistück sehr deutlich von einem einzigen Schöpfer redet. Aber selbst über diese 4000 Jahre alten Dokumente führte der Redner die Idee eines ewigen Schöpfers hinaus und wieß nach, daß sie bei unseren Stammesgenossen, den Brahmanen, in dem uralten Sitze unseres, des kaukasischen oder arischen Stammes, in Indien an der Grenze Persiens ihren noch viel älteren Ursprung gehabf hat und seit⸗ dem noch immer dort im Volke lebendig ist. Mehrere Hymnen und Lehrgedichte von großartig phantasiereicher und ansprechender Fassung, die bisher wohl nur gelehrten Kreisen zugänglich gewesen sind, erwiesen die Uebereinstimmung mit den späͤteren Dokumenten. Große farbige Zeichnungen gaben daneben eine Idee von den phantastischen Götteranschauungen des indischen Volkes. Die zweite öffentliche Vorlesung, am nächsten Mittwoch, um 7 Uhr, im Askanischen Gymnasium, wird sich „über die Anfsichten materieller Naturbildung, namentlich der Entstehung des Fischmenfchen 2 dem Wasser und dem Gegensatze derselben zum Wunderglauben“ verbreiten.

Zu einem Denkmal, das dem Komponisten Kücken vor dem einst von ihm bewohnten Hause in Schwerin in der Nähe des Pfaffen— teichs errichtet werden soll, ist von dem Bildhauer Ludwig Brunow soeben der in ansehnlichem Maßstab gehaltene Entwurf vollendet worden. Der Auftrag, der dem Künstler zu Theil wurde, forderte eine Kolossalbüste auf monumentalem Unterbau, dem Brunows Modell eine reiche Ausgestaltung in glücklich abgewogenen Verhältnissen zu geben wußte. Auf einem oblongen, beiderseits halbkreisförmig aus- ladendem Sockel erhebt sich das quadratische, nach oben hin versüngte und durch ein kräftig profilirtes Gesims abgeschlossene Postament der Büste; rechts und links aber lehnt sich an dasselbe je eine sitzende weibliche Idealfigur von edler und ausdrucksvoller Bewegung und vorzüglich gelungener Drapirung der Gewänder. In der einen Ge— stalt, die, ein Notenheft auf dem Schooß, den Griffel in der Rechten und die leicht sich hebende Linke wie vom Rhythmus einer Melodie durchzuckt, in sich versunken dasitzt, verkörpert sich die sinnende Er— findung des Tondichters; die andere, die mit den Fingern der Rechten in die Leyer greift und aus dem jugendlichen locken umwallten Haupt mit freudiger Begeisterung aufwärts schaut, deutet auf die ausführende Kunst des Musikers, und zugleich erkennt man in ihr den Hinweis auf das von Kücken mit besonderem Glück behandelte sangbare Lied. Vortrefflich schließen

zusammen, dem sie einen reichen Schmuck geben, ohne doch die Wir⸗ kung der über sie emporragenden, durch charakteristische und dabei echt monumentale Auffassung ausgezeichneten Porträtbüste zu beein⸗ trächtigen. Als Material lar nun fun! ist für die Büste und die bei⸗ den Sockelfiguren Marmor, für das Postament grünlicher Syenit, für die Stufen, die zu ihm hinaufführen, rothgrauer Granit in Aussicht ge⸗ nommen. In Bronze endlich soll der die Namens⸗Inschrift um⸗ rahmende Lorbeerkranz auf der Vorderseite des Postaments, eine dekorative Gruppe von Musikinstrumenten am Fuß und eine schmückende Cartouche am Gesims desselben gegossen werden. Von den gewohn⸗ teren Denkmalsformen in seinem Aufbau höchst vortheilhaft ab⸗ weichend, verspricht das Monument bei einer Höhe von 35 m in seinen Formen sowohl wie in der farbigen Wirkung eine eben so reiche wie vornehme Gesammterscheinung zu gewinnen.

Für die Leistungen der dekorativen Berliner Kunst wird jetzt in räumlich naher Beziehung ein interessanter Vergleich dadurch ermöglicht werden, daß das neue, Grand Hotel am Alexanderplatz in den Festsälen, Restaurationen und dem GCafs seinen fünstlerischen Schmuck von Professor Schallers Meisterhand erbält. Ebenso wie bei dem nahe gelegenen Sedan⸗Panorama eine ganze Anzahl von Künstlern unter der Leitung Prof. Anton von Werners arbeitete, so werden in diesem neuesten Prachtbau der Residenz namhafte Kräfte, wie Diller, Pistor, Kelpin, Nilson und Halström als Assistenten Prof. Schallers thätig sein. Im Café des Hotels, welches im maurischen Style erbaut ist, malt Prof. Schaller die, Welttheile' als Wandgemälde. Die Restau⸗ rations⸗ und Festsäle erhalten Medaillonbilder und dekorativen Schmuck. Die Skizzen sind fast sämmtlich hergestellt und die Aus—⸗ führung wird bereits in diesen Tagen beginnen. Daß es sich hier um eine außerordentliche Leistung malerischer Dekorationskunst handelt, dafür bürgt wohl am Besten der Name des leitenden Künstlers, welcher sich durch die malerische Ausstattung des Kunst—⸗ gewerbe⸗Museums die Anerkennung der Behörden und der Künstler— kreise erworben hat.

Arras, 12. Januar. (W. T. B.) In dem Kohlenberg— werk von Ferfay fand eine Explosion schlagender Wetter statt. 7 Todte und 12 Verwundete sind bereits zu Tage gebracht; 5 andere in der Grube beschäftigt gewesene Arbeiter hält man ebenfalls für verloren.

Im Krollschen Theater ging am Sonnabend ein älteres dramatisirtes Märchen „Die Galoschen des Glücks“ mit nicht gerin= gerem Erfolge in Scene, als das humorvolle und witzreiche Stück bei seinem ersten Erscheinen auf dieser Bühne gefunden hatte. Aller⸗ dings ift diese von E. Jacobson und O. Girndt verfaßte Zauber— posse mit großem Geschick bearbeitet, und der derbe Humor, der alle Scenen durchzieht, im Verein mit dem siütlichen Kern des Inhalts werden ihre Wirkung auf die Zuschauer nicht leicht verfehlen. Für die Wiederaufnahme des Stückes haben die Verfasser einige Aenderungen im Dialog vorgenommen und durch einige neue Coupletverse der Posse ein moderneres Gepräge ver— liehen. Aber auch ohne dies thaten die alten Witze und Pointen ihre Schuldigkeit und versetzten das Publikum in die heiterste Stim— mung. Die Darstellung war im Einzelnen und Ganzen eine wohl— gelungene. Die Hauptdarsteller, Frl. Sandrock und Hr. Guthery, waren durchaus an ihrem Platze; Fr. Hüftel und Frl. Rohden ab— solvirten ihren mehr deklamatorischen Theil recht anerkennenswerth, und alle übrigen mitwirkenden Künstler thaten ihre Schuldigkeit. Zu loben ist auch die geschickte Inseenirung. Die junge Violinvirtuosin Ernestine Bouchs erregt überdies allabendlich die ge— rechte Bewunderung der kleinen und großen Besucher des Etabliffe⸗ ments, wie denn auch die Weihnachtsausstellung noch nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt zu haben scheint. Das gut besuchte Haus folgte der Vorstellung theilnahmevoll und belohnte die Dar— steller andauernd mit Beifall und Hervorrufen.

Im Belle ⸗Allian ce-Theater ging am Sonnabend Heine— manns Lustspiel „Der Schriftstellertag‘ bei ausverkauftem Hause in Scene und fand die beifälligste Aufnahme.

Im ersten Abonnements⸗Concert der Sing-Aka— dem ie kam am Sonnabend Abend das Händelsche Oratorium „Josua? zur Aufführung. Dieses Werk, im Jahre 1747 komponirt, ist seit längerer Zeit hier in Berlin nicht ge—⸗ hört worden. Gewaltig und erhaben erklingen uns noch heute die Chöre, während die Mehrzahl der Rezitative und der Arien veraltet sind. Es wäre daher ein Fehler nicht gewesen, wenn durch das Aus— lassen und Kürzen dieser oder jener Arie das Publikum des An— hörens der langen Koloraturen, namentlich des Josua, überhoben worden wäre. Dazu kam, daß der Sänger der Titelpartie, der Kö— nigliche Hofopernsänger Müller⸗Kannberg aus Hannover, stimmlich nicht disponirt war und, wenn ihm auch die Koloraturen hinsichtlich der Athemführung gut gelangen, er doch den Charakter des Helden Josua durchaus nicht zum Ausdruck zu bringen verstand. Die Stimme klang matt und farblos und in den höheren Lagen forcirt. Ganz das Gegentheil bot der Königliche Kammersänger Hr. Betz, welcher die Baßpartie übernommen hatte. Hier war Alles vorzüglich: voller saftiger Stimmklang, richtige Deklamation und genaueste. klarste Charakterisirung. Es war eine Freude, unseren Betzm o singen zu hören. Recht befriedigend daneben waren die Leistungen der Damen, Frl. Helene Overbeck (Sopran) und Fr. Helene Krüger, welche Tetztere die Partie des Engels sang und durch ihren sympathischen und voll klin— genden Sopran erfreute. Frl. Hedwig Müller (Alt) entledigte sich ihrer Aufgabe mit Geschick, doch schien die Sängerin mit einer Indisxosition zu kämpfen zu haben. Die Ausführung der Chöre unter Leitung des Professors Hrn. M. Blumner entsprach dem altbewährten Rufe der Sing⸗Akademie. Fehler wurden nicht gemacht und es war sorgfältig studirt worden. Der Stimmklang, namentlich der Bässe, war ganz vorzüglich. Die Soprane klangen einige Male scharf, eine Folge wohl davon, daß die allerdings notenfesten älteren Sopranmit⸗ glieder zu treu und anhänglich auf den vorderen Plätzen des Chors ausharren und dadurch die jungen frischen Stimmen, welche hinter ihnen sitzen müssen, nicht zur Wirkung gelangen lassen. Das Philharmonische Orchester, welches begleitete, schien uns an dem Abend nicht recht auf der Höhe seiner sonst gewohnten Leistungsfähig⸗ keit zu stehen. In der großen Alt Arie z. B. war die Kapelle durch ein Versehen der 2. Violinen) vollständig heraus und ließ die Sängerin im Stiche. Die Orgel spielte der Organist Hr. Kawerau korrekt und sicher. .

»Zarina und Attala“, die neueste „equestrisch⸗ choreographische Ausstattungspantomime' des Circus Renz, welche am Sonnabend mit agußerordentlichem Erfolge zur ersten Aufführung gelangte, hat die Besucher des Circus nicht wenig überrascht, nicht fowohl durch die glänzende Pracht der Ausstattung, an welche man ja bei den Pan⸗ tomimen des Circus Renz gewöhnt ist, sondern durch ihren Inhalt; man denke: eine Circuspantomime, die einen siefernsten, fast tragischen Konflikt zur Grundlage hat. Ein Seeoffizier wird von Attala, der Amazonenkönigin, geliebt und erwidert diese Liebe. Da erscheint Zarina, die Tochter des Wassergotts Kühleborn, und sofort entschließt sich der wan kelmüthige Seeoffizker, ihr zu Liebe sein Verhältniß mit der schönen Amazone zu löfen. Er folgt der blonden Nixe in ihr kühles Reich. Kübleborn bat zwar gegen die Ehe nichts einzuwenden droht aber mit ewiger Verbannung, falls sich das junge Paar jemals verleiten lassen sollte, auf die Erde zurückzukehren. Natürlich aber läßt es sich dazu verleiten, da der Offizier wohl an den Aufenthalt auf dem Wasser, aber nicht im Wasser gewöhnt ist. Wir finden das junge Paar erschöpft von der langen Wanderung in der afrikanischen Wüste wieder, in Begleitung seines dreijährigen Kindes. Hier über⸗ fällt die Amgzonenkönigin die Bedauernswerlhen und raubt ihnen aus Rache das Kind. Großer Schmerz auf der einen, Triumph auf der anderen Seite. Die Lösung des tragischen Konflikts erfolgt endlich

Herausgabe des geraubten Kindes und zum Verzicht auf den treulosen Seeoffizier zu bewegen. Selbstverständlich fehlt es diesem tief er⸗ schütternden Drama auch nicht an komischen Episoden. An Pracht der Ausstattung steht die Pantomime nicht nur hinter keiner ihrer Vorgängerinnen zurück, sondern übertrifft die meisten sogar; der Luxus, den Direktor Renz dabei in Kostümen, Requisiten und Maschinerien entfaltet hat, ist in der That staunenswerth. Die Ballets und Gruppirungen bieten vielfach die entzückendsten Bilder und haben den rauschenden Beifall vollständig verdient. An der Dar⸗ stellung, die, von einigen bei der ersten Aufführung eines so große Massen in Bewegung setzenden Stückes unvermeidlichen Unebenheiten abgesehen, ganz ausgezeichnet war, betheiligten sich in erster Linie die Damen Veith, A. Renz und Kemp und die Herren Delbos, Strakey und Warne. Der Cirkus Renz aber hat damit eine neue Anziehungs⸗ kraft gewonnen, und es ift nur zu bedauern, daß die diesjährige Saison schon so bald zu Ende geht.

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Deutsche Landwirthschaftliche Presse. Nr. 3. Inhalt: Der neue „Entwurf einer Jagdordnung‘. IV. Ein beachtenswerther Beitrag zur Hühnertuberkulose, von Prof. Dr. Johne. Die Wittersche Dauerkartoffel, von Friedrich Huck, Kunst- und Handelsgärtner in Erfurt. Correspondenzen: Pofen, Dresden, Belgern, Paris, Melbourne. Personalien. Literatur. Land—⸗ wirthschaftliche Lehranstalten. Miscellen: Falzziegelpresse (mit Abbildung). Zur Herftellung von Torfstreu. Ueber Laubverfärbung. Feuerfester Mörtel. Strohgeflechte ꝛc. wasserdicht zu machen. Rundschau. Ausstellungen. Sprechsaal: Antworten: Bedachung mit Wellblech. Fragen. Handel und Berkehr: Getreide. Vieh. Heu und Stroh. Futter und Düngemittel. Spiritus. Zucker. Eier und Fettwagren. Kartoffelfabrikate und Weizenstärke. Gemüfe und Früchte. Wild. Geflügel und Fische. Hülsenfrüchte und Säme⸗ reien. Landesprodukte.

Zeitschrift für Forst⸗ und Jagdwesen. 1. Heft. Inhalt: Abhandlungen. Gerbstoffgehalt einiger inländischer, zum Gerben an⸗ gewendeter Rinden (der Rinden von Roßkastanie. Eberesche, Fichte, Tanne und Lärche). Von Dr. E. Councler in Eberswalde. Ein einfaches Probestamm-⸗System. Vom Fürstlichen Forstmeister Urich in Büdingen. Wipfeldürre der Kiefernüberständer. Vom Professor Dr. Altum. Mittheilungen. Der Entwurf, die örtliche Absteckung und der Ausbau von Waldweggenetzen im Großherzogthum Sachsen⸗ Weimar und Herzogthum Sachsen-⸗Gotha. Vom Königlichen Forst⸗ meister Runnebaum zu Eberswalde. Die Entwässerungen in der TForstinspektien Stettin-Torgelow betreffend. Vom Sber⸗-Forstmeister Zur Frage der Pflanzung von Kiefern mit

Müller zu Merseburg entblößter Wurzel. Vom DOber⸗Forstmeister von Dücker zu Düffel⸗ dorf. Statistik. Ergebniß der Holzsamen⸗Ernte von den wich— tigsten Holzarten in Preußen im Jahre 1883. Nach amtlichen Be—= richten bei der Hauptstation des forstlichen Versuchswesens bearbeitet vom Königlichen Forstmeister Hellwig zu Eberswalde. Literatur. Brandt, Theodor, Die Anlage ron Hausgärten in Haidegegenden, mit besonderer Berücksichtigung Schleswig⸗Holsteins. Berichterstatter von Alten. Uebersicht der forstlich beachtenswerthen Literatur. No— tizen. In unseren Institutionsrevieren im Jahre 1883 bemerkenz— werth aufgetretene Forstinsekten. Von Altum. Fraß der Raupe der ghimatohia boreata an jungem Buchenaufschlag. Von Altum. Ruthenknicken durch den Rehbock. Von Altum. Das Burck— hardt⸗ Denkmal. Diesem Januarhefte liegt bei: Beobachfungs⸗ Ergebnisse der von den forstlichen Versuchsanstalten des Königreichs Preußen, des Herzogthums Braunschweig, der thüͤringischen Staaten, der Reichslande und dem Landesdirektorium der Provinz Hannover eingerichteten forstlich⸗meteorologischen Stationen. Herausgegeben von Dr. A. Müttrich, Professor an der Königlichen Forstakademie zu Eberswalde und Dirigent der meteorologischen Abtheilung des forst— lichen Versuchswesens in Preußen. X. Oktober 1883.

Forstliche Blätter. 1. Heft. Januar. Inhalt: I. Auf— sätze: Die 1883er Herbstexkursion der Königlich preuß. Forstakade⸗ mien. Nach den Berichten der Herren Studirenden. Meber die Abrundung der Durchmesser und die Eintheilung der zum unmittel— baren Ablesen der Durchmesserabrundungen bestimmten Kluppenmaß⸗ stäbe. Vom Herzogl. sachs⸗cob.-goth. Ober⸗-Forstmeister a. D. Detzel. II. Bücheranzeigen. III. Mittheilungen.

Monatsschrift für das Turnwesen, mit besonderer Be⸗ rücksichtigung des Schulturnens und der Gesundheitspflege. Dritter Jahrgang. Heft 1. Inhalt: Abhandlungen: Max von Schenken— dorf. Von Dr. C. Euler. Einige Bemerkungen über die ver— schiedenen Arten des Werfens. Von Hermann Schneider, Gymnasial— lehrer zu Frankfurt a. O. Pflege der Gesundheit und der Leibes—⸗ übung unter Trotzendorf. Von G. Struve Goldberg i. Schl. Besuch des Spielplatzes. Von Dr. E. Kohlrausch-Hannover.

Journal de médecine et de chirurgie pratiques, àæ lI'usage des médecins praticiens, fond par Lucas- Championnière. Docteur J. Lucas Championnière, chirurgien des böpitaus, membre de la sociéts de chirurgie, redacteur en chef, (5ome année). Troisième série. Janvier 1884. Table des matières: Introduction. Epidsmie de trichinose. Sur un signe de mèéningile (douleurs eérébrales des membres) H⸗pital Cochin. (8ervice annexe. M. le Dr. Moizard.) Pleurésie purulente. Pleurgtomie antiseptique précoce. Höpital St. Antoine. (8ervice de M. le Dr. Gh. Périer.) Chloral comme desinfectant et comme topiqas dans les plaies de la bouche. Snture du pel- letier après quelques o 6érations. Ouverture des abcès sous- musculaires. Hopital des enfants -malades. (Confsrences cliniques de M. le Dr. Jules Simon) Polype du larynx chez un enfant. Lavage de liestomac chez les nonuveaus n6s. Mélanges seienti- Kiques. Surdité conssécutive aux oreillons. Mort subite pendant la rise histérique. Vaccination des tumeurs érectiles. Kystes hydatiques et traumatismes. Albuminnrie physiologique. Inflüence des irritations sexnelles sur les maladies de Poreille. Eternument pendant le coit. Prescription et formules. Appareils et . nouveaux. Société savantes. Bibliographie.

arisr Es.

Milch-Zeitung. Nr. 2. Inhalt: Genossenschaftsmeiereien mit beschränktem Betriebe. Von Dr. Plönnis. Der Pferdehandel. Von Ableitner. Ausstellungen. Deutschland. 10. Mastvieh⸗Aus⸗ stellung in Berlin. Niederlande. Internationale landwirthschaft—⸗ liche Ausstellung in Amsterdam, 25. August bis 6. September 1884. Amerika. Fettviehschau in Chicago. Allgemeine Berichte. Jahresbericht über den Butterhandel 1883. AUug den oldenbur⸗ gischen Wesermarschen. Erfahrungen in der Praxis. Verlust beim Einmachen von Grünfutter. Oberirdisches Eishaus. Fairlamb— System. Patente. Patent⸗Ertheilungen. Verschiedene Mitthei⸗ lungen. Deutschland. Zuchtstierhaltung im Großherzogthum Hessen. China. Handel mit China Litteratur. Milchwirthschaftliches Taschenbuch 1884. Die Kunstbutter. Die landwirthfchaftliche Hausthierzucht. Die historische Entwickelung des Bündner Viehs. Sprechsaal. Anfrage und Antwort. Anfrage. Entgegaung betreffend holsteinisches Marschvieh. Deutsche Viehzucht⸗ und Herdbuch⸗Gesellschaft. An und Verkäufe von Zuchtvieh. Markt⸗ berichte. Anzeigen.

Redacteur: Riedel. Berlin: ö Verlag der Expedition (Kessel). Druck! W. Elsner. Sechs Beilagen (einschließlich ? Börsen⸗Beilagen).

(653)

sich diese Gestalten, die in reichlicher Lebenfgröße gedacht sind, in ihrem maßvoll bewegten Umriß mit der Architektur des Denkmals

durch Kühleborn, der, durch die Leiden der Flüchtlinge gerührt, auf der Erde erscheint, und dessen Zaubermacht es gelingt, die rachfüchtige Amazone zur i

K / e 86 6 * rr... / / ///

.

M 11.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Montag, den 14. Jannar

1884.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 14. Januar. Im weiteren Verlaufe der vorgestrigen (24) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts-Etats für 1884/85 mit der Diskussion über den Etat der Bauverwaltung (Ausgaben Kap. 65 Tit. 20) sortgesetzt.

Zu Tit. 20 („Dis positionsfonds zu literarischen und andern gemeinnützigen Zwecken im Fache der Baukunst und Bauwissen— schaft“ 47 000 S (5000 M mehr als im Vorjahre) führte der Abg. Berger aus, daß die mehrgeforderten 5000 MS für die nothwendigen Reisen der Techniker im Auslande kaum ausreichen würden. Neulich schon habe er einmal betont, daß die Regierung gemäß alter büreaukratischer Tradition viel zu wenig reisen lasse. Er sei daher erfreut, daß jtzt hier ein Anfang zum Besseren gemacht werden solle. Wie er aus eigener mehrfacher Erfahrung wisse, seien dem Staat durch die falsche Sparsamkeit, daß derselbe keine Techniker für sich auf Reisen schicke, und daher die neuesten Errungenschasten der Technik im Auslande sich nicht rechtzeitig zu Nutze mache, oft ganz enorme Kosten erwachsen. Es hätte auf diesem Gebiet 3 der Techniker schon längst viel mehr geschehen müssen.

Der Regierungs⸗Kommissar Ministerial-Direktor Schultz er⸗ widerte, der Vorwurf des Vorredners treffe nicht zu. Bereits seit langer Zeit sei ein Theil dieses Dispositionsfonds für Reisen zu technischen Zwecken verwendet. Jetzt solle der Fonds erhöht werden, weil derselbe dadurch, daß die Regierung sich in der Zeitschrift für Bauwesen ein zweites amtliches Publi— kationsorgan geschaffen habe, das ja auch allgemeine Aner— kennung finde, nicht mehr ausreiche, um auch noch die Reisen der Techniker ins Ausland zu bestreiten.

Dieser Titel, sowie der Rest des Ordinariums wurde be— willigt.

Das Extraordinarium enthält die Summe von 15 794 327 S für diverse Wasser⸗ und Hochbauten. Speziell 9. . der Wasserstraßen sind 7708 500 aus— gesetzt.

Zu Tit. 1 (Zur Regulirung der größeren preußischen Ströme fernere Rate 4 400 0600 S!) bemerkte der Abg. Dr. Hammacher, in der Budgetkommission sei auf eine An— frage Seitens der Regierungskommissarien die Auskunft gegeben, daß in der Kanalbausrage die Regierung auf dem Standpunkte der vorjährigen Vorlage (des Projekts Dort⸗ mund⸗Emshäfen) unverändert stehen geblieben sei, baß sie sich mit diesem Spezialprojekt fortgesetzt beschäftige, und daß noch anderweite Projekte in Erwägung genommen seien. Demnach scheine es, daß dem Landtag bei seinem nächsten Zusammen⸗ tritt ein entsprechender Entwurf vorgelegt werden würde. Er würde das mit um so größerer Freude begrüßen, als die durch die Ablehnung der Kanalvorlage Seitens des Herrenhauses in den weitesten Kreisen eingetretene Beunruhigung damit aus der Welt geschafft würde, als ob die Regierung von dem Plane des Ausbaues eines Netzes guter Schiffahrtskanäle zurückgetreten sei.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach ent— gegnete, die Frage, welche der Abg. Hammacher eben berührt habe, sei eine solche, die nicht nur sein Ressort, sondern zugleich das Ressort des Ministers für Handel und Gewerbe und das des Finanz⸗Ministers angehe. Er glaube aber auch im Sinne dieser Ressort-Thefs und im Sinne des gesammten Staats— Ministeriums die Erklärung abgeben zu dürfen, daß die Staatsregierung an der Auffassung, die in der Vorlage des vorigen Jahres ihren Ausdruck gefunden habe, unter der Zustimmung der großen Majorität dieses Hauses, die aber leider nicht die Zustimmung des Herren— hauses gefunden habe, festhalte, daß sie lediglich auf dem Standpunkte stehen bleibe, den sie damals in dieser Vorlage vertreten habe, und daß sie durch die Gründe, welche hier und in dem Herrenhause gegen die Vorlage ins Gefecht geführt worden seien, sich nicht habe überzeugen können, daß der Weg, den sie eingeschlagen, nicht der richtige sei. Er füge hinzu, daß die Angelegenheit jetzt auf eine etwas breitere Basis zu⸗ gleich unter Berücksichtigung der Interessen der Provinz Schlesien gestellt werden solle, und daß die Regierung sehr eifrig mit der Frage beschäftigt sei.

Der Abg. Lohren sprach der Staatsregierung seinen Dank für die Ueberreichung der Denkschrift aus, betreffend die in der Zeit vom 1. Oktober 1881 bis 1. April 1883 erfolgten Bauausführungen an den preußischen Wasserstraßen, und bedauerte nur, daß ein zweiter Wunsch der Budgetkom⸗ mission nicht auch Berücksichtigung gefunden habe. Jedwede genaue Beurtheilung neuer Vorlagen der Bauverwaltung, in denen besondere Mittel zur Förderung der Binnenschiffahrt verlangt würden, sei so lange vollständig undurchführbar, da die Staatsregierung das Haus über die Frage unklar lasse, inwieweit die Einnahmen auf den vorhandenen Kanälen zur Deckung der Ausgaben und zur Verzinsung der Anlagekapitalien ausreichten. Im Etat der Bauverwaltung sei von diesen Einnahmen überhaupt nicht die Rede; dieselben seien vielmehr in den Etat der indirekten Steuern zusammen mit den Brücken-, Fähr- und Hafengeldern eingestellt, und zwar pauschaliter in Höhe von 2300 600 S6. Diese Summe betrage kaum den vierten Theil der laufenden Aufsichts⸗- und Unterhaltungskosten. Aus der überreichten Denkschrist und dem Extraordinarium gehe hervor, daß gegenwärtig ca. 48 Millionen Mark zur Regulirung der fünf großen Ströme Rhein, Weser, Elbe, Oder und Weichsel, 18 20 Millionen zur Regulirung der Flüsse und. 33— 35 Millionen Mark für Kanäle, also zusammen ca. 100 Millionen Mark zur Verbesserung der Binnenschiffahrt besonders bewilligt worden seien. Wenn man die Zinsen dieses Kapitals oder gar der gesammten Anlagekapitalien in Rechnung ziehe, so müsse Jeder zugeben, daß alle diese Bewilligungen größtentheils eine dauernde Steuerlast bedeuteten. Im Allgemeinen müsse man ja als selbstverständlich ansehen, daß die Unterhaltung von Wasser⸗ straßen ebenso vom Volke getragen werde, wie die gewöhn⸗ licher Straßen und Wege; nach dem Satze: Alle für Einen und Einer für Alle“. Allein wenn doppelte Wege gewünscht

würden, künstliche Wasserstraßen neben Eisenbahnen und künstlichen Landstraßen, dann trete mit vollem Recht die Frage auf: Wem dienten diese Wege, und wer trage die Kosten? Deshalb sei die genaue Prüfung jedes Kanal— projektes die Pflicht jedes Abgeordneten. Aus dem Etat von 1881/82 sei ersichtlich, daß die Einnahmen aus den Kanälen 912285 1 betragen hätten, davon seien allein über 500 000 auf die Berlin versorgenden Straßen, 190 000 auf den Bromberger, 56 000 S auf den Plauer Kanal entfallen; alle übrigen, mehr als S0 an der Zahl mit mehr als 12 km Länge, hätten nur 186 543 M gebracht. Von den letzteren 80 seien der größte Theil Meliorationskanäle in Ostfriesland, von denen natürlich keine Einnahme erwartet werden könne, aber bei Kanälen, die reine Handelsstraßen seien, sollte doch auf die Rentabilität Gewicht gelegt werden. Leider kämen ferner die für die Ber⸗ liner Wasserstraßen und für den Bromberger Kanal gebrachten großen Opfer nicht der heimischen, sondern der ausländischen Arbeit zu Gute. Auf dem Bromberger Kanal seien circa 12 Millionen Centner von Osten nach Westen, aber nur 700 000 in umgekehrter Richtung befördert. Wenn nun auch neue Stromabgaben innerhalb Deutschlands niemals wieder erhoben werden dürften, so wäre es doch viel besser, wenn die Russen ihre Exportwege selbst bezahlen wollten, und wenn sie das nicht könnten, dann beim Eintritt in Preußen von den russischen Gütern pro Centner und Meile so viel erhoben würde, daß wenigstens annähernd die Unterhaltungskosten für den Kanal aufgebracht würden. Auch sehe er nicht ein, warum dem russischen Holz auf Kosten der Steuerzahler und zu Ungunsten der Wald— wirthschaft in jenen Gegenden der Weg nach Preußen er— leichtet werde. Das sei geradezu eine Bevorzugung des Auslandes, welche das Haus in Erwägung ziehen müsse, wenn weitere Mittel zu Kanalbauten von ihm verlangt wür— den. Wie beim Bromberger Kanal stehe es mit dem Plauer, dessen Verbreiterung nach dem vorjährigen Etat 3 825 000 MS erfordere; sie kämen der österreichischen Elbe und der Verbin⸗ dung von England her zu Gute, das heiße dem Import eng— lischer Steinkohle, böhmischer Braunkohle und dergleichen. Diese großartige Verwendung von Steuermitteln zum Vor— theil des Imports vom Auslande hätte doch beim Plauer Kanal mit Gewalt darauf führen müssen, daß dieser Kanal direkt bis Dortmund weiter geführt werden müsse. Geschehe dies, so schlage man die beiden bisher unbesiegbaren Konkur— renten Oesterreich und England von Berlin bis Magdeburg völlig aus dem Felde, und von diesem Gesichtspunkte sei das zerlangen nach einem Gesammtplan des Kanalbaues, nach einem umfassenden Kanalnetz, wohl begründet; wie ihm auch daraus hervorgehe, daß das vorjährige Projekt nicht auf einem großen nationalen Gedanken beruhe. Man wisse ja nicht einmal, ob der bald fertige Ems⸗Jahde⸗Kanal sich verzinsen werde; die 19 Millionen für den Parallelweg Dortmund⸗ Emshaäfen zu bewilligen, sei also doch sehr bedenklich. Die ganze jetzige Verwirrung liege im Grunde genommen daran, daß man von dem 1877 kundgegebenen Plan der Kanalbau⸗ förderung seither abgegangen sei.

Der Abg. Schmidt (Stettin) konstatirle, daß der Vor⸗ redner Grundsätze proklamirt habe, durch welche Preußen nicht groß geworden sei. Der Zollverein und die späteren Handels⸗ verträge hätten die Verbindung mit dem Auslande möglichst zu fördern gesucht, und ebenso habe man bei Anlage von Kanälen nicht gefragt, ob sie die Anlagekosten direkt decken würden, sondern maßgebend sei stets der indirekte Vortheil gewesen, wenn derselbe auch für die berührten Gegenden ein ungleicher gewesen sei. Bei dem Bau des Bromberger Kanals habe Friedrich der Große die Frage der Rentabilität in den Hintergrund treten lassen, es habe sich darum gehandelt, Polen von der Weichsel her mit seinem reichen Holzvorrathe u. s. w. dem Lande näher zu rücken; auch heute könne das polnisch⸗russische Holz, welches durch den Kanal komme, nicht entbehrt werden. Das vorjährige Kanalprojekt sei auch daran gescheitert, daß die Abtretung von Grund und Boden, die im Gesetzentwurf gefordert worden, nicht sichergestellt gewesen sei. Die Staatsregierung müsse deshalb diese Sicherstellung als Grundsatz für weitere Kanalbauten festhalten. Was die Weichsel betreffe, so habe sie einen internationalen Charakter, und wäre es erwünscht, wenn eine vor einigen Jahren zwischen Rußland, Oesterreich und Preußen abgeschlossene Vereinbarung die Folge hätte, welche für die Gesammtregulirung wünschens— werth sei. Für die Oder fehle die Schleppschiffahrt und könn⸗ ten die drei Provinzen Schlesien, die Mark und Pommern, wie es bereits beantragt sei, die Gewährung einer mäßigen Dividende in Erwägung ziehen. Die Denkschrift über Bau⸗ aussührungen an zu regulirenden Wasserstraßen gebe den er⸗ freulichen Beweis, daß die vom Landtage bewilligten Forde⸗ rungen zum angegebenen Zweck von sehr nützlichen Folgen gewesen seien. . a,

Der Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum hob hervor, daß für die Verbesserung der Oder in den letzten Jahren in dankens⸗ werther Weise recht viel geschehen sei. Die Bedeutung der Oderregulirung für Schlesien liege weniger in dem Verkehr mit Stettin, als in der Möglichkeit, Berlin und Hamburg durch die Oder und deren Anschlüsse zu erreichen. Man habe seit langen Jahren auf diesem Gebiete vielfach geklagt; auch die vorgeleglen Denkschriften der Regierung nähmen von diesen Klagen Notiz, und sprächen von der Nothwendigkeit, die Waßerstraßen, welche Oder und Spree verbänden, erheblich zu verbessern. Die empfindlichsten Störungen erleide der Verkehr auf der Spreestrecke von Fürstenwalde nach dem Seddihner und Dämeritz⸗ See, welche, bei niedrigem Wasserstande unfahrbar sei, und die Schiffer zu dem un⸗ geheuren Umwege über den Finowkanal zwinge. Die Denk⸗ schrist vom Jahre 1880 beziffere die Kosten für einen Lateral⸗ kanal der Spree von Fürstenwalde nach dem Dämeritzsee auf 4 Millionen und stelle bereits für das Jahr 1883/84 eine Million davon in Aussicht. Diese Einstellung in den laufen⸗ den Etat sei nicht geschehen, und das habe das allgemeinste Bedauern erregt. Schlesien, welches zwischen Oesterreich und Rußland, zwei fremden Verkehrsgebieten, eingekeilt und daher mit seinem Export völlig auf die anderen preußischen Pro⸗ vinzen, besonders in der Richtung Berlin und Hamburg an⸗

gewiesen sei, bedürfe des erwähnten Kanals durchaus noth⸗ wendig. England und Oesterreich könnten mit ihren Roh⸗ produkten Berlin fast leichter erreichen, als Schlesien, und machten den schlesischen Produkten erhebliche Konkurrenz. Er bitte den Minister, womöglich im Wege eines Nachtragsetats noch für das laufende Jahr Mittel zu jenem Kanalbau flüssig zu machen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober⸗Baurath Wiebe entgegnete, die Nothwendigkeit einer Verbesserung der Schiff⸗ fahrtsstraßen zwischen Oder und Oberspree sei seit geraumer Zeit anerkannt. Es sollte insbesondere auch die Strecke Fürstenwalde⸗Seddiner See regulirt werden, und es wären auch schon in dem laufenden Etat Mittel dafür eingestellt worden, wenn nicht die schlesischen Interessenten selbst bean⸗ tragt hätten, der ganzen Wasserverbindung ein größeres Profil zu geben. Dadurch würde der Bau eines ganz neuen Kanals statt des Friedrich ⸗Wilhelms-Kanals bedingt werden. Mit der Ausarbeitung eines solchen erweiterten Projektes sei die Re⸗ gierung zur Zeit beschäftigt, und dasselbe werde dem Landtage demnächst zugehen.

Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) bedauerte, daß nach dieser Erklärung die schlesischen Interessenten gegenwärtig von der Erfüllung ihrer für den Export so maßgebenden Wünsche noch weiter entfernt seien, als im Vorjahre. Unter der Händ sei ihm mitgetheilt worden, daß die Vorarbeiten abgeschlossen seien, und der erste Spatenstich demnächst erfolgen werde. Er glaube mit dem Abg. Grafen Limburg, daß in dieser Frage alle schlesischen Abgeordneten ohne Parteiunterschied zusammen⸗ stehen müßten. Durch die Erörterung der Kanalfrage als einer Doktorfrage werde man nicht weiter kommen, sondern diese Frage lasse sich nur einem einzelnen Projekte gegenüber lösen. Kein Kanal sei dringlicher und aussichtsvoller als der märkisch⸗schlesische in der angegebenen Richtung von Fürsten⸗ walde nach dem Dämeritz⸗ oder Seddiner See. Die Frage der Nothwendigkeit sei bereits vor 200 Jahren bejaht worden. Der Kanal sei im Verkehrs⸗ und Landesinteresse ausgeführt, und müsse nun in an⸗ gemessener Weise den neuen Verhältnissen entsprechend wiederhergestellt werden. Auch die dieserhalb abgegebenen Er⸗ klärungen der Regierung seien ihm in der Hare. befrie⸗ digend. Schlesien sei seiner ganzen Natur nach auf einen be⸗ deutenden Export von Massengütern angewiesen. Er gehöre nicht zu den Leuten, denen eine Gänsehaut überlaufe, wenn sie hörten, daß ausländische Waaren in Preußen eingeführt werden, glaube aber doch, daß Berlin anstatt der böhmischen Braunkohle lieber schlesische Kohle verwenden sollte. Aber nichts sei verhängnißvoller, als dieses Kanalprojekt mit an⸗ deren größeren Projekten, und mit Regierungswünschen, die sich auf andere Provinzen erstreckten, zusammenzubringen. Namentlich dürften diese Projekte nicht an das Zustande⸗ kommen eines Rhein⸗Elbekanals geknüpft werden. Er bitte

also den Minister, wo möglich noch im Wege des Nachtrags⸗

etats den Beginn der Arbeiten für den märkisch⸗schlesischen Kanal zu Anfang des kommenden Etatsjahres zu ermöglichen.

Bezüglich der Regulirung des Rheins bemerkte der Abg. Dr. Lotichius, er möchte doch bei dieser Gelegenheit die An⸗ frage und Bitte an die Königliche Staatsregierung xichten, ob Aussicht vorhanden sei, daß noch im Laufe dieser Session eine Vorlage an das Haus kommen werde, welche nach Ab⸗ schluß eines Staatsvertrages zwischen Preußen und Hessen bezüglich der Rheinkorrektion im Rheingau zwischen Mainz und Bingen diese in Angriff zu nehmen gestatte. Er hege die Hoffnung, daß die auf Grund der im Oktober vorigen Jahres in Rüdesheim diesbezüglich gepflogenen Verhandlungen zu einem Vertragsabschlusse geführt hätten.

Der Regierungs⸗Kommissar Ministerialdirektor Schultz erwiderte, die Verhandlungen in Rüdesheim hätten allerdings zu einem befriedigenden Abschluß zwischen Preußen und Hessen geführt, und mit der Rheinkorrektion im Rheingau werde dem⸗ nächst begonnen werden können. In Folge dessen werde denn auch noch in dieser Session eine bezügliche Vorlage, desgleichen ein Nachtragsetat an das Haus gelangen.

Der Abg. Dr. Natorp erklärte, schon der Abg. Schmidt habe darauf hingewiesen, daß die auf die Korrektion der fünf großen Ströme verwandten Summen außerordentlich glücklich angelegt seien. Auf allen Strömen habe der Verkehr seitdem ganz enorm zugenommen; insbesondere aber habe derselbe sich auf dem Rhein in der Zeit von 1874 bis 1881 um 150 Proz. vermehrt, und sich im Jahre 1883 noch viel günstiger gestaltet. Solche überraschenden Resultate müßten für dies Haus ein An⸗ trieb sein, die Regierung zu weiteren Korrektionen aufzufordern, und in erster Linie von ihr Mittel zur größeren Vertiefung des Niederrheins zu verlangen, damit auch größeren Seeschiffen der Zugang zum Rhein und die Auffahrt bis Cöln ermöglicht werde. Die Rheinschiffahrts⸗Kommission habe jetzt bereits zum dritten Mal auf die große Bedeutung dieser Frage hinge⸗ wiesen und einstimmig beschlossen, den Minister um technische und finanzielle Unterstützung des Unternehmens zu ersuchen. Er bitte den Minister, diesen Wunsch jetzt endlich in ernste Erwägung zu ziehen. Was die Schwierigkeit betreffe, die darin liege, daß die Niederlande die Vertiefung nicht fortsetzen würden, so meine er erstens, daß mit der Zeit auch Rath kommen werde, und erinnere zweitens daran, daß sich bereits maß⸗ gebende Amsterdamer und Rotterdamer Industrielle für die Fortsetzung erklärt hätten.

Der Abg. Dr. Thilenius bemerkte, da nach den Er⸗ klärungen der Regierung die Einigung zwischen Preußen und Hessen über die Rheinkorrektion auf der Strecke Mainz-Bingen noch in diesem Jahre definitiv erfolgen werde, konstatire er nur noch, daß die Konferenz über die Korrektion im Rhein⸗ gau selbst nur deshalb zu einer allseitigen Einigung 1

abe, weil die Erfüllung der Wünsche der Rheingauer selbst,

2 weit irgend möglich, zugesagt worden sei. Insbesondere sollten die Wasserflächen im bisherigen Umfange erhalten bleiben, und die Korrektionswerke sollten unter dem mittleren Wasserstand gehalten werden. Der beste Schutz für die Be⸗ strebungen der Rheingauer wäre allerdings, daß auch künftig das Reich von seinen Kompetenzen in der Flußregulirungs⸗ frage ausgiebig Gebrauch machen werde.

Der Abg. Büchtemann fragte an, ob die Regierung be⸗