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wirken.
Vorschrijt entgegen einseitig getroffenen Verfügungen sind rechtsungültig. 8 10
Bis zu einer anderweiten gesetzlichen Regelung der Kom⸗
munalhesteuerung der Eisenbahnen finden die bisherigen gesetz⸗
lichen Bestimmungen über die Verpflichtung der Privateisen⸗ bahnen zur Zahlung von Gemeinde⸗, Kreis- und Proyinzial⸗ steuern auf die im §. 1 sub 1 bis 5. bezeichneten Eisenbahnen auch nach dem Uebergange derselben in die Verwaltung für Rechnung des Staates oder in das Eigenthum des Staates in gleicher Weise, wie bis zu diesem Zeitpunkte, Anwendung.
Sofern nach dem Uebergang in das Eigenthum oder in die Verwaltung für Rechnung des Staanes eine der in diesem Gesetze bezeichneten Eisenbahnen oder Theilstrecken derselben mit einer anderen dieser Bahnen oder Theilstrecken derselben oder mit anderen dem Staate gehörigen oder für Rechnung des Staates betriebenen Bahnstrecken zu einem Eisenbahn⸗ Direktionsbezirk vereinigt sind oder noch vercinigt werden, und in Folge dessen für eine Station des neugebildeten Eisenbahn⸗ Direktionsbezirkes sich eine Verminderung des steuerpflichtigen Reinertrages ergeben sollte, so ist der Besteuerung der Betrag des steuerpflichtigen Reinein kommens der vetreffenden Stationen nach dem Durchschnitte der dem 1. April 1680 vorangegan⸗ genen drei Steuerjahre zu 4 zu legen.
Auf die Mitglieder der Beamtenpensions⸗Kassen be⸗ ziehungsweise Fonds bei den im § 1 sub 1 bis 5 bezeich⸗ neten Eisenbahnen, sowie auf diejenigen Beamten, welche mit Rücksicht auf eine zu Gunsten ihrer Ehefrauen genommene anderweite Versicherung von der ihnen sonst obliegenden Ver⸗ pflichtung zur Theilnahme an diesen Kassen beziehungsweise Fonds entbunden sind, finden die Bestimmungen im ersten Absatz des 8. 23 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wir:twen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten, vom 20. Mai 1882 (GesetzSamml. S. 298) sinngemäße An⸗ wendung.
3. 1.
ö Gesetz tritt am Tage seiner Verkündigung in Rraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigen händigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 24. Januar 1884.
L. 8. Wilhelm. .
von Puttkamer Maybach. Lucius. Friedberg.
von Boetticher. von Goßler. von Scholz. Graf von Hatzfeldt. Bronsart von Schellenborff.
(Folgen die im §. 1 erwähnten Verträge.)
Ministerium des Innern.
Dem Ober⸗Regierungs⸗Rath von Rebe ur⸗Paschwitz ist die Stelle des Dirigenten der Finanz⸗Abtheilung bei der Regierung zu Oppeln übertragen worden.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Der Kreis⸗Bauinspektor Kuttig zu Königsberg O⸗Pr. ist in gleicher Eigenschaft nach Saarbrücken versetzt, und dem seitherigen Kreis⸗Bauinspektor, Baurath Schönbrod in Saar⸗ brücken der Amtscharakter Wasser-Bauinspektor beigelegt worden.
Der bisher bei der Königlichen Oderstrom-Bauverwaltung zu Breslau als technischer Hülfsarbeiter angestellte Wasser⸗ Bauinspektor Rudolf Roeder ist in die Wasser-⸗Baubeamten⸗ stelle zu Ratibor, und —
der Wasser⸗Bauinspektor, Baurath Kröhnke zu Ratibor in gleicher Amtseigenschaft nach Breslau versetzt worden.
Der bisher bei der Königlichen Regierung in Breslau als technischer Hülfsarbeiter angestellte Bauinspektor Hasen⸗ jäger ist als Kreis⸗Bauinspektor nach Königsberg O. Pr. versetzt, und demselben die Lokal-Bauheamtenstelle für die dortigen Königlichen Schloß und Universitätsbauten verliehen worden.
Bekanntmachung.
Alle diejenigen unn Männer, welche in einem der zum Deut⸗ schen Reich gehörigen Staaten heimathsberechtigt und . I) in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich 31. De⸗ zember 1864 geboren sind, . 2) dieses Alter bereits überschritten, aber sich noch nicht bei einer Ersatz⸗Behörde zur Musterung gestellt, ; 3) sich zwar gesiellt, über ihr Militärverhältniß aber noch keine endgültige Entscheidung erhalten haben, und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz sich auf · halten, werden, soweit sie nicht von der perfönlichen Gestellung in diesem Jahre entbunden nd, hierdurch auf Grund des 8. 33 der Ersatzordnung vom 28. September 1875 angewlesen: sich, behufs ihrer Aufnahme in die Rekrutirungs⸗Stamm⸗ rolle, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar d. Fs. bei dem Königlichen Polizei ⸗Lieutenant ihres Reviers per⸗ sönlich zu melden und ihre Geburtsscheine, fowie die etwaigen sonstigen Atteste, welche bereits ergangene Entscheidu ngen y ihr Militärverhältniß enthalten, mit zur Stelle zu ringen.
Für diejenigen hiesigen Militärpflichtigen, welche zur Zeit ab— wesend sind (auf der Reise begriffene Handlungsdiener, auf See be— findliche Seeleute zc), haben die Eltern, Vormünder, Lehr, Brof⸗ und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Ärt zu Fe—
Wer die vorgeschriebene Anmeldugg versäumt, wird nach 5§. 33 des Reichs ⸗Militär⸗Gesetzes vom 2. Mai 1874 mit einer Geldbuße bis zu 30 , oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft.
Reklamationen sind gemäß §. 31 Nr. J der Ersatz⸗Ordnung vor dem Musterungsgeschäft, oder bei Gelegenheit desselben anzuhrsngen; swäter angebrachte Reklamationen werden nur dann beräcksichtigt, wenn die Veranlassung zu denselben erst nach Beendigung des Mufterungsgeschäfts entstanden ist.
Berlin, den 10. Januar 1884. 2 Bie Königlichen ErsatzKommissionen
der Ausßhebungs-⸗Bezirke Berlin.
Per sonalveränder ungen.
2 ee r BVrensische Armee.
rnennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin,“ is. Januar. v. . becher, Rittm. und Esegdr. Chef vom Drag. Regt. Nre 12, als aggreg. zum Drag. Regt. Nr. 11 versetzt. v. 2 Rittmeister Ala suite des Drag. Regts. Nr. 15, alt Etc adr. Chef in das Drag. Regt. Nr. 12 einrangirt. Prinz zu Schönaich ⸗Farolath, Pr. Et. vom Drag. Regt. Nr. 12, zum Rittm. Und Escadr. Chef,
v. Waldow, Sec. Lt. von dems. Regt, zum Pr. Lt., vorläufig ohne Patent, befördert. ; Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 19. Januar. v. Lützow, Rittm. und Escadr. Chef vom Dragoner⸗ Regiment Nr. 12, mit Pens. zur Disp. gestellt. — 22. Jan u ax. Sta ehle, Oberst Lt. 3. D., zuletzt Ingen. Offiz. vom Platz in Memel, mit seiner Pens. und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Unif. des Ing. Corps, verabschiedet. Anders, Major E D. zuletzt Hauptm. und Batt. Chef im Feld. Art. Regt. Nr. 2. mit der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Unif. des gedachten Regiments, in die Kategorie der mit Pens. verabschiedeten Offiziere zurückversetzt.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 26. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärische Mel⸗ dungen sowie die Vorträge des Staats-Ministers von Putt⸗ kamer und des Chefs des Militärkabinets entgegen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gesiern um 1116 Uhr militärische Mel— dungen entgegen. Um 15 Uhr begab Höchstderselbe Sich mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin und Ihren Königlichen Hoheiten der Erb— prinzessin von Sachsen⸗Meiningen und der Prinzessin Victoria nach dem in Treptow von der Berliner Kaufmannschaft ge⸗ gründeten Asyl.
Abends wohnten die Höchsten Herrschaften mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe der Vorstellung im Opernhause bei.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage und das Protokoll über die zweite Sitzung des Volkswirthschaftsraths in der Zweiten Beilage.
— In der heutigen (35.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten,; welcher der Justiz⸗Minister Dr. Friedberg und der Staats⸗Minister von Boestticher nebst zahlreichen Koni⸗ missarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts— Etats für 1884,85, und zwar Ministerium für Handel und Gewerbe, Einnahme Kap. 29, Titel 2a. dauernde Ausgaben Kap. 68 Tit. 6 und 11.
Namens der Kemmission beantragte der Referent Abg. Stengel:
Das Haus der Abgeordreten wolle beschließen:
1) Kap. 2B Tit. 2a der Einnahme nicht zu genehmigen;
2) bei Kap. 68 Tit. 6 der dauernden Ausgaben anstatt der be—
antragten 227 525 ½υ ' nur 83 525 S zu bewilligen;
3) bei Kap. 68 Tit. 11 der dauernden Ausgaben anstatt der be—
antragten 220 900 M6 nur 120 00 46 zu bewilligen.
Ferner schlug die Kommission dem Hause folgende Re— solution zur Annahme vor:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
4) Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, im nächsten Jahre einen Plan über die in Aussicht genommene Reuorgani— sation des Dampfkessel⸗Revisionswesens vorzulegan und dabei in Er— wägung zu ziehen, ob nicht durch weitere Aubbildung der Kessel⸗ revisionsvereine, eventuell unter entsprechender Aenderung des Ge—⸗ setz's vom 3. Mai 1872, der beabsichtigte Zweck besser erreicht werden kann. . —
Nach einer Begründung der Kommissionsvorschläge und der von ihr gefaßten Resolution Seitens des Referenten Abg. Stengel ergriff der Unter⸗-Staatssekretär Dr. von Möller das Wort:
Meine Herren! Als Sie in der letzten Plenarsitzung vor Weih⸗ nachten beschlessen, die Vorlage wegen der Dampfkesselrevisionen an die Budgetkommission zur nochmaligen Berathung zurückzuverweisen, glaubte die Staatsregierung hieran die Erwartung knüpfen zu dürfen, daß das Resultat diefer zweiten Kommissionsberathung ein anderes sein würde, als dasjenige der ersten gewesen war. Diele Er—⸗ wartung hat sich leider nicht erfüllt. Die Kommission hatte bei ihrer ersten Verhandlung eine ablehnende Haltung eingenommen, und sie ist bei dieser ablehnenden Hal⸗ tung auch in ihrem zweiten Beschluß stehen geblieben. So sehr die Staatsregierung dies Resultat bedauert, so glaube ich doch mit einiger Befriedigung aus der zweiten Kommissionsverhandlung die Thatsache konstatiren zu dürfen, daß das von der Regierung vor⸗ gelegte Projekt einen prinzipiellen Widerstand innerhalb der Kom ⸗ mission nicht gefunden hat, sondern daß nur Ausstellungen in Betreff der Details der Ausführung dieses Projektes und in Betreff der Zei seiner Ausführung gemacht wurden. ⸗
Der Eindruck, welchen die Verhandlungen in der Budgetkommission bei mir hervorgerufen haben, ist der, daß man geneigt fein wird, dem Projekt die Zustimmung zu ertheilen, wenn nach den angedeuteten Richtungen hin noch weitere Erwägungen und Untersuchungen statt⸗ finden, und wenn darnach der Plan in der folgenden Session in etwas modifizirter Gestalt vor das Haus gebracht wird.
Hierzu kommt, daß nach den Erklärungen des Herrn Re— ferenten, wenn heute die bezüglichen Gtatspositionen abge—= lehnt werden sollten, der Regierung nich‘ das Recht entzogen sein würde, an solchen Ocken, an welchen ein besonderes dringliches Bedürfniß eine sofortige Aenderung des bisherigen Zu— standes erheischt, interimistische Berufungen von Spezialtechnikern zu Revisionsgeschäften vornehmen zu können, wie dies ja schön vor einer längeren Reihe von Jahren an vier Orten der westlichen Pro— vinzen unbeanstandet geschehen ist.
Mit Rücksicht auf diese Amstände, in der Hoffnung, daß bei einer späteren Verhandlung in einem folgenden Jahre ein prinzipieller Widerstand gegen die Vorlage wiederum nicht hervortreten wird, daß vielmehr das . geneigt sein wird, in einer modifizirten Gestalt alsdann der Vorlage seine Zustimmung zu ertheilen, glaube ich, von weiteren Einwendungen gegen den Beschluß der Kommissiou meiner⸗ seits heute absehen zu dürfen. ;
Der Präsident von Köller erklärte, daß nach dieser Aeuße⸗ rung des Regierungskommissars Kap. 28 Tit, 24 und Kap. 6s Tit, 6 und 11, soweit sich dieselben auf Kesselrevision beziehen, zurückgezogen sei, und sämmtliche Redner, die sich zu diesen Titeln gemeldet hatten, verzichteten auf das Wort.
Das Haus nahm alsdann die von der Kommission vor— geschlagene Resolution ohne Debatte an.
Es folgte die erste und zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend das Höfe recht in der Provinz Hannover.
Der Abg. Lauenstein erklärte, daß er kein Bedenken trage, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Der Provinzial⸗Landtag habe sich einstimmig dafür ausgesprochen, daß die Beschränkung aufgehoben werde, deren Beseitigung die gegenwärtige Vor⸗ lage bezwecke.
Der Abg. von Liebermann gab Namens seiner Partei die Erklärung ab, daß auch ihr das Gesetz genehm fei.
Dasselbe wurde hierauf genehmigt.
Die zweite Lesung des Gesetzes, in welche das Haus hierauf eintrat, führte zu keiner Debatte.
Es folgte an dritter Stelle die erste und zweite Be⸗ rathung des Gesetzentwurss, betreffend die Errichtung eines Landgerichts in Memel. ;
Der Abg. Schröder bat, von einer kommissarischen Be⸗ rathung des Gesetzentwurfs abzusehen, und denselben gleich im Plenum anzunehmen, da derselbe durchaus berechtigt sei.
Der Abg. Rademacher befürwortete die Ueberweisung der Vorlage an die Justizkommission. -
Der Abg. Korsch trat dem Antrage des Abg. Schröder bei.
Der Abg. Berger erkannte die Nothwendigkeit der Errichtung eines Landgerichts in Memel an, aber ebenso wünschenswerth sei es, wenn man endlich dazu schreite, auch in Bochum ein Landgericht zu errichten.
Der Abg. Dr. Löwe (Bochum) sprach sich in gleichem Sinne aus und bedauerte, daß die Petition der Stadt Bochum im Herrenhause eine so unfreundliche Aufnahme gefunden habe.
Der Justiz⸗-Minister Dr. Friedberg erklärte, daß es nicht nöthig sei, für Memel noch zu sprechen, da sich alle Redner für den Vorschlag der Regierung ausgesprochen, daß nun auch aus dem Hause Wünsche ans Bochum und Crefeld, die sich für die Errichtung von Landgerichten in diesen Städten aus— sprächen, laut werden würden, darauf sei er gefaßt ge— wesen. Allein er könne trotz der Bitte des Abg. Berger keine bindende Erklärung darüber abgeben, ob in naher Zeit diesen Wünschen Rechnung getragen werden würde. Die Ängelegen⸗ heit bedürfe noch weiterer Erwägungen. Gegen den Vorwurf des Abg. Löwe, daß die Petition der Stadt Bochum im Hexren⸗ hause unfreundlich aufgenommen sei, lege er Verwahrung ein. Man habe nur die Folgerung nicht zugeben wollen, daß, weil Memel ein Landgericht erhalten, nun auch Bochum ohne Weiteres Anspruch auf ein solches habe. So gleichartig seien die Verhältnisse von Memel und Bochum denn doch nicht gestaltet. Von Bochum aus sei Dortmund und Essen mit der Eisenbahn in einer halben Stunde zu erreichen.
Der Abg. Rickert erkannte an, daß der Gesetzentwurf einen Nothstand beseitige und sprach sich gegen die kommissa— rische Berathung desselben aus.
Der Abg. Dr. Windthorst glaubte, daß die Errichtung eines Landgerichts in Memel nicht zu vermeiden sei. Viel leicht aber wäre es besser gewesen, wenn die Frage, ob nicht auch in anderen Orten Landgerichte zu errichten seien, gleich generell geregelt wäre.
Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Dr. Köhler und Dr. von Cuny wurde der Antrag auf kommissarische Be— rathung der Vorlage abgelehnt, und der Gesetzentwurf in erster und hierauf in zweiter Lesung vom Hause genehmigt.
Das Haus trat hierauf in die Berathung des Gesetz— entwurfs, betreffend Abänderungen des Pensions⸗ gesetzes vom 27. März 1872, ein.
Der Abg. Imwalle beantragte, das Gesetz an die Justiz— kommission zu verweisen.
Der Abg. Hahn erklärte, gegen diesen Vorschlag prin⸗ zipiell keine Einwendung zu haben, allein eine kommissarische . dürfte kaum nöthig sein, da das Gesetz vollkommen
ar sei.
Der Regierung kommissar Geheime Ober⸗Finanz⸗Rath Germar hob hervor, daß die Abänderungen, die in diesem Gesetze an dem Pensionsgesetze vom 27. März 1872 gemacht seien, rein formeller Natur seien, und das Recht der Beamten nicht beeinträchtigten.
Der Abg. Dr. Huyssen wünschte, daß die Regelung der Pensionsverhältnisse den Provinzialbehörden überlassen werde. Bedenken habe er gegen 8§. 9, der festsetze, daß bei jeder Pension überschießende Markbrüche auf volle Mark ab— gerundet würden.
Der Abg. Dr. Enneccerus hielt die Beschwerde⸗ und Klagefrist für zu kurz bemessen.
Die Diskussion wurde hierauf geschlossen, und der Gesetz⸗ entwurf an die Justizkommission verwiesen.
Es folgte die Berathung des von dem Herrenhause in veränderter Fassung zurückgelangten Gesetzentwutfs zur Abänderung des §. W des Gesetzes, betreffend die Verwal⸗ tung des Staatsschuldenwesens und Bildung einer Staatsschuldenkom mission vom 24. Februar 1850.
Der Abg. Dr. Hammacher (Essen) erkannte in der vom Herrenhause vorgenommenen Abänderung des Gesetzes eine wesentliche Verbesserung desselben, die er anzunehmen bitte.
Der Regierungskommissar Geheime Finanz⸗Rath Schmidt erklärte, daß die Regierung gegen die Abänderung keine Be⸗ denken habe, allein er hebe hervor, daß auch der ursprüngliche Entwurf der Regierung in keiner Weise zu Bedenken Ver— anlassung gegeben habe.
Nachdem Abg. von Tiedemann (Bomst) die Annahme des veränderten Gesetzes empfohlen hatte, wurde die Diskussion ge⸗ schlossen, und der Gesetzentwurf angenommen.
Damit war die Tagesordnung erledigt.
Hierauf vertagte sich das Haus um 1 Uhr 30 Minuten auf Dienstag 11 Uhr.
— Der Kommunal-Landtag der Kurmark wählte in seiner dritten Plenarversammlung am 24. d. M. an Stelle des verstorbenen Oberst⸗Kämmerers, Wirklichen Geheimen Raths Grafen von Redern zum ersten Mitgliede der Direktion der Kurmärkschen Hülfskasse aus dem Stande der Ritterschaft für den Rest der Wahlperiode bis zum 1. Juli 1888 den Haupt⸗Ritterschaftsdirektor und Generaldirektor der ständischen Land-⸗Feuersozietät der Kurmark und der Niederlausitz von Tettenborn, und zu dessen Stellvertreter den Major a. D. und Domherrn des Hochstifts Brandenburg von Rochow auf Plessow. Den Rest der Sitzung süllten 18 Ausschußgutachten aus allen Gebieten der ständischen Verwaltung. — Aus dem Dispositionsfonds der Kurmärkischen Hülfskasse wurden ge⸗ meinnützigen Anstalten, wie Rettungshäusern, Vereinen für kirchliche Zwecke, freiwilligen Feuerwehren, beträchtliche Unterstützungen bewilligt. Aus Sozietätsfonds wurden 2 Gemeinden mit Beihülfen zur Anschaffung von Feuer⸗ spritzen bedacht. Der Verwaltungsbericht und die Rech⸗ nungen der Kurmärkischen Hülfskasse und die Rechnungen des Kommunal⸗Landtagsfonds wurden entgegen enommen und dechargirt; ebenso der Bericht der ständischen eputirten bei der Hauptverwaltung der Staatsschulden. Auch über die Verwendung des Ueberschusses der Kriegsschuldensteuer am Schlusse der 6. Tilgungsperiode wurde Beschluß gefaßt. Für das Jahr 1884 wurden wiederum 30 000 S zur Gewährung von Bauprämien für die Umwandlung weicher Bedachungen in feuersichere aus dem laufenden Entschädigungsfonds der Land⸗Feuersozietät der Kurmark und der Niederlausitz be⸗
willigt. Seine nächste Plenarsitzung wird der Landtag am Dienstag, den 29. d. Mts., Mittags 12 Uhr, halten.
— Zur Vereinfachung des Schreibwerkes hat der Minister für Landwirthschaft im Einverständniß mit der Ober⸗ Rechnungskammer unterm 17. d. M. bestimmt, daß in den Holzversteigerungs⸗Protokollen in Zukunft die Berechnung der Licitations⸗Durchschnittspreise pro Taxeinheit jedes einzelnen Sortimentes sortzulassen ist. In der die letzte Seite der Holzversteigerungs⸗Protokolle bildenden summarischen Berechnung bleibt demnach von jetzt ab die letzte Spalte un⸗ ausgefüllt, welche die Ueberschrift trägt: „Mithin Licitations—⸗ Durchschnittspreis pro Taxeinheit“, und in der Gesammt— überschrift der summarischen Berechnung ist das Wort „Licitations⸗Durchschnittspreise“ abzuändern in „Licitations—
reise“.
e. Soweit in Zukunft Licitations⸗Durchschnittspreise zur Anwendung kommen, sind solche für jeden einzelnen Fall be— sonders zu ermitteln.
— Der Zusammentritt des Lehr-Infanterie-Ba— taillons findet in diesem Jahre am 19. April statt.
— Der Kaiserlich russische Botschafter am hiesigen Aller— höchsten Hofe, Saburoff, ist vom Urlaube nach Berlin zu⸗ rückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder Über⸗ nommen.
— Die General-Lieutenants von Bychelberg, Inspec— teur der 3. Feld-Artillerie Inspektion, und von Barisch, Commandeur der 6. Division, sind zu persönlichen Meldungen hier eingetroffen.
Bayern. München, 25. Januar. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer hat nach zweitägiger Debatte den Antrag auf Aufhebung des Notariats mit 80 gegen 59 Stimmen der Linken angenommen. Der Justiz-Minister hatte sich gestern und heute gegen den Antrag erklärt.
— 256. Januar. (B. T. B.) Der Kaiser von Oesterreich ist heute früh hier eingetroffen und am Bahn⸗ hof von dem Prinzen Leopold und dem Herzog Ludwig empfangen worden. Der Kaiser begab sich sofort in das Palais des Prinzen Leopold.
Sachsen. Dresden, 25. Januar. (Dr. Journ.) Die Erste Kammer nahm einstimmig mittelst namentlicher Ab— stimmung den Gesetzentwurf, die Ausführung des Reichs— gesetzes über Abwehr und Unterdrückung der Reblauskrankheit vom 3. Juli 1883 betreffend in Uebereinstimmung mit dem Beschlusse der Zweiten Kammer mit der einzigen Ab— änderung an, daß auf der ersten Zeile des 8. 2 das Wort „drei“ mit dem Worte „zehn“ rertauscht werde. Dasselbe geschah, hierauf mit dem Gesetzentwurfe, betreffend veränderte Bestimmungen über die Realschulen J. und II. Ordnung; auch trat die Kammer dem diesbezüglichen Be⸗ schlusse der Zweiten Kammer bei, die Königliche Staats— regierung zu ermächtigen, daß die Realschulen 1. und II. Ord— nung andere entsprechendere Bezeichnungen annehmen und gebrauchen.
In der Sitzung der Zweiten Kammer wurde ein Königliches Dekret, in welchem für Ermiethung und erste Einrichtung eines Hausgrundstücks in Berlin für den Gebrauch der Bevollmächtigten zum Bundesrathe und der Gesanbtschaft dortseltzz die Einstellung eines transitorischen Postulats von gemeinjährig 25 000 ½ι beantragt wird, der allgemeinen Vorberathung unterzogen. Das Dekret wurde der Finanz⸗ deputation überwiesen. Die Kammer ertheilte sodann dem Hesetzentwurfe, betreffend die infolge der Impfung von Lungenseuche zu gewährenden Entschädigungen, mit der von der Ersten Kammer beschlossenen redaktionellen Abänderung ihre Zustimmung.
Sach sen· Weimar⸗Eisenach. Weimar, 26. Januar. Die „Weimarer Ztg.“ tritt heute den Befürchtungen entgegen, als ob das Projekt einer Sekundärbahn durch die Rhön von Hünfeld nach Hilders als aufgegeben zu betrachten sei, weil dasselbe in der neuerlichen Vorlage an den preußischen Landtag keine Stelle gefunden habe. Wie das Blatt erfährt, sind die Vorarbeiten, für die übrigens erst im Herbst v. Is— die Genehmigung ertheilt war, noch nicht soweit abgeschlossen, . schon jetzt die Sache hätte zur Entscheidung gestellt werden önnen.
Oesterreich Ungarn. Wien, 24. Januar. (Prag. Itg.) Der neue englische Botschafter Paget überreichte heute Nachmittag dem Kaiser seine Kreditive. = (Prag. Abendbl.) Durch den Bericht der „N. fr. Presse“ über eine Unterredung des Herrn von Gier mit 'einem ihrer Mitarbeiter erscheint auch aus dem Munde des russischen Ministers des Aeußern die friedliche Auffassung bestätigt, die seine Hierherkunßft hier von Anbeginn an ge— funden hat und finden mußte, indem man in der— selben einen Beweis der freundlichen Beziehungen erblickte. Der Eindruck, den die nun vom Hrn. von Giers selbst gemachten Aeußerungen auf alle Kreise hervorgerufen, ist selbstverstandlich ein sehr günstiger. Positive Mittheilungen sind zwar auch in diesen Aeußerungen nicht enthalten, allein an Andeutungen fehlt es nicht. So ist gewiß von Wichtigkeit, 6. Hr. von Gier die Achtung Rußlands vor der Selbst—⸗ ] . igkeit der Balkanstaaten betonte, denn diefe Selbständig⸗ eit wird auch von Festerreich auf das lebhafteste gewünscht. . 66 Abendbl.) Hr. von Tisza hat, Überein flim— J en , , zufolge, zu seinen rückichtlich der verschie—
enen . itischen Fragen gehegten Absichten die volle Zustim—
mung den Krone eilangi. Es scheint' dies in ersteß Linne . dem Vorgehen, betreffend Kroatien, zu gelten, und dürften züglich dessen wichtige Entschließungen bedorstehen.
hest. c Januar (bresse; Wie bie! Buß. Corr,“ meldet, wird der Gesetzentwurf über die Reform des Ob er⸗
hauses jedenfalls noch in dies ssi . gelegt werden. ch ser Session dem Reichstage vor—
Schweiz. Bern, 25. Januar. (W. T. B.) Na dem ,, leb der im Kanton Ga r 6 er⸗ ung srgth vorgenommenen Wahlen i ̃ eine Mehrheit von 33 Stimmen . NJ
Niederlande. Haag, 23. Januar r aft ein Telegramm aus in indischen Regierung gegen der Stärke von 1269 Mann
dringen fol, ba kira, die darauf
Monaten dort
gescheiterten englischen Schiffes „Nisero“ in Freiheit gesetzt werde. Danach sind bereits mehrere feste Plätze des Sultans beschossen und zerstört worden. Land⸗ und Seetruppen haben sich tapfer benommen. Die Schiffbrüchigen des Risero“ sind aber noch nicht ausgeliefert; der Sultan hat sie ins Innere des Landas bringen lassen. Die Expedition ist also, ohne ihren Zweck erreicht zu haben, nach Penang zurückgekehrt.
Großbritannien und Irland. London, 25. Januar. (W. TB. Der Marquis von Hertford ist (an den Folgen eines Sturzes vom Pferde) heute Abend 7 Uhr gestorben.
— (Allg. Corr) Der Weberstrike in Nordost—⸗ Langashire dürfte noch einige Monate dauern, da Arbeiter wie Arbeitgeber nicht nachgeben wollen. In Blackburn allein stehen nicht weniger als 69 Spinnereien mit 35 400 Webe⸗ stühlen still, und die Zahl der strikenden Weber beträgt jetzt 20 009. Auch in Darwen und Padiham wird der Strike aufrecht gehalten.
Frankreich. Paris, 24. Januar. (Köln Ztg.) Der Kriegs-Minister Campen on hat befohlen, bis auf weiteren Befehl Niemand, der nicht zur französischen Armee , Eintritt in die Büreaus des Kriegs⸗-Ministeriums zu gestatten. — Die Regierung hat, wie versichert wird, den Plan, die Preise von Taback und Cigarren so zu er⸗ i . daß jährlich fünfzig Millionen mehr herausgeschlagen werden.
— 25. Januar. (W. T. B.) Depeschen, welche der Marine⸗Minister aus Hanoi vom 19, d. M. empfangen hat, bestätigen, daß eine bedeutende Rekogno's— zirung auf, Bacninh stattgefunden und daß letzteres sehr stark besetzt sei. Das Land um Sontay und die weftlichen Gegenden seien ruhig. Die Blokade der Küsten Tongkings werde fortgesetzt und sei nothwendig, um die Einfuhr von Kriegskontrebande zu verhindern; durch die großen, dem enn gewährten Erleichterungen sei die Blokade freilich be⸗
ränkt.
Der Senat hat heute den Art. 8 des außerordentlichen Budgets angenommen, welcher die Bank von Frankreich er⸗ mächtigt, den Betrag des Banknotenumlaufs provisorisch um 300 Millionen zu erhöhen. — Die Kammer setzte die Be⸗ rathung der Langlois'schen Interpellation über die wirthschaftliche Krisis fort; wie verlautet, wird der Minister⸗ präsident Ferry morgen das Wort zu der Frage ergreifen.
Spanien. Madrid, 25. Januar. (W. T. B.) Die unter dem Befehl des Herzogs von Edinburg stehende eng⸗ lische Flotte hat den Hafen von Palma, wo dieselbe vor Anker gegangen war, wieder verlassen; wohin dieselbe ge⸗ gangen, ist nicht bekannt. — Wie es heißt, hätten Castelar i, n Partei beschlossen, sich an dem Wahlkampfe zu be—
eiligen.
Italien. Rom, 25. Januar. (W. T. B.) Die De— putirten kammer hat vor der Abstimmung über den neuen Handelsbertrag mit der Schweiz eine von der Kommission vorgeschlagene Tagesor dnung genehmigt, in welcher von der Erklärung der Regierung Akt gensmmen wird, daß sie fortfahren werde, gemeinsam mit der Schweiz auf eine den itulienischen Interessen entsprechendere Mäßigung der Transportbedingungen bei der Gotthardbahn hinzuwirken.
Türkei. Konstantinopel, 24. Januar. (Presse.) Die Pforte hat an den Kommissär zur Regulirung der montenegrinischen Grenze Instruktionen zur baldigen Schlichtung der Angelegenheit abgesendet. — An den 5kume—⸗ nischen Patriarchen treffen aus verschiedenen Theilen des Landes Zustimmungsadressen ein. Die Pforte hat das De— missionsgesuch des Patriarchen noch nicht beantwortet.
Serbien. Belgrad, 24. Januar. (Pr.) Die serbische Regierung hat an die Pforte eine Note gerichtet, in welcher die Türkei um die Absendung einer Kommission ersucht wird, welche den Anschluß der serbisch-türkischen Eisen⸗ bahnen bei Wranja zu regeln hätte.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Ja— nuar. (Telegramm der „Nordischen Telegraphen⸗Agentur “.) Wie es heißt, wird der Reichsrath demnächst gleich⸗ zeitig mit der Berathung des Gesetzentwurfs des Finanz⸗ Ministers über die Ersetzung der RKopfsteuer durch eine erhöhte Staatsgrundsteuer auch den Gesetzentwurf über die Einführung der Personalsteuer ventiliren. Nach diesem
würde, wie verlautet, die Personalsteuer jährlich 50 Kop.
betragen und würden derselben sämmtliche männliche russische Unterthanen und die in Rußland beständig ansässigen oder mehr als ein Jahr sich dort aufhaltenden Ausländer im Alter von 18 bis 55 Jahren unterliegen. Von der Personalsteuer befreit würden sein Militärs, die Geist⸗ lichkeit, Vertreter des Auslandes und Arbeitsunfähige.
Afrika. Egypten. Kairo, 25. Januar. (W. T. B.) General Gordon wurde heute Morgen vom Khedive in Audienz empfangen und hatte darauf bei dem General⸗-Konsul Baring mit diesem, sowie mit General Wood und dem Minister⸗Präsidenten Nubar Pascha eine längere Konferenz.
— 25. Januar. (W. T. B.) (Telegramm des „Reu⸗ terschen Bureaus“) General Gordon wird sich morgen Abend vin Korosko nach Khartum begeben. Der Zweck seiner Mission soll darin bestehen, die vollständige Evakuirung des Sudans, einschließlich Khartums ins Werk zu setzen. Der Khedive hat Gordon zum Generalgouverneur des Sudan er— nannt und ihn mit den nöthigen Vollmachten ausgestattet. — Der Khedive richtete heute an den Emir Abdel Shakoor, den Sohn des verstorbenen Sultans von Darfour, die Auf— forderung, sich zu unterwerfen und theilte ihm gleichzeitig mit, er wolle ihm die Provinz übergeben unter der Be— dingung, daß die Handelsfreiheit aufrecht gehalten und der e,, , unterdrückt werde. Tribut solle nicht erhoben werden.
Zeitungsstimmen.
In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:
Unter den Mitgliedern des Volkswirthschaftsraths befinden sich fünfzehn Angehörige des Arbeiterstandes. Von diefen sind zur Theil⸗ nahme an der gegenwärtigen Session genannter Körperschaft nicht mehr als fünf erschienen. Es sind dies die Vertreter für Berlin, Itzehoe, Hildesheim, Mettlach und Bielefeld. Von den Nicht⸗ erschienenen hat einer sein Ausbleiben wegen verweigerten Urlaubs von Seiten des Arbeitgebers entschuldigt, ein anderer wegen Krank⸗ heit, bei einem dritten ist ein Grund nicht angegeben, die fünf übrigen, also gerade ein volles Drittel der Arbeitermitglieder, find aus Mangel an
pekuniären Mitteln nicht in der Lage, den so hochwichtigen Berathun⸗ gen der Eingangs erwähnten Körperschaft beizuwohnen. Eg ist wohl der Mühe werth, diese Thatsache zu konstatiren. Die Regierung ihrerseits bat erklärt, nach dem bekannten Votum des Landtages außer Stande zu sein, die bisher gejahlten Diäten fernerhin zu lei⸗ sten, und zugleich ihr Bedauern mit dein Bemerken ausgesprochen, daß sie eben so ungern auf die Theilnahme der arbeitenden Klasse verzichte, wie sie denjenigen Opfer für staatliche Zwecke zumuthe, welche solche nach ihrer wirthschaftlichen Lage schwer fallen. In Folge dessen bleibt nun eine ganze Reihe von Provinzen mit hervor⸗ ragenden Arbeiterinteressen im Volkswirthschaftsrath unvertreten, ein Zustand, welcher den landesväterlichen Intentionen der Regierung allerdings direkt zuwiderläuft. . . .
— Im Abgeordnetenhause haben bekanntlich die Schienen⸗ preise zu einem Angriffe des Fortschritts auf die Regierung, speziell die Schutzpolitik herhalten müssen. Interessant ist, daß der „Berliner Börsen-Courier“ diesem Angriff scharf entgegentritt und u. A. sagt:
Die Etatsberathung bildet, wie man weiß, diejenige Gelegenheit, bei welcher jeder Abgeordnete Das jenige zur Sprache bringt, wovon er glaubt, daß es bei seinen Wählern oder sonst in der Oeffentlich— lichkeit einen guten Eindruck machen werde. So sind denn gelegent⸗ lich der Eisenbahneiats⸗-Berathungen der Regierung bittere Vorwürfe darüber gemacht worden, daß sie bei Bestellungen von Schienen nicht etwas billigere Preise herausschlägt, daß sie, statt zu markten und zu feilschen und die heimischen Produzenten durch die billigen Auslandès⸗ preise zu drücken, den Gisenwerken solche Konditionen einräumt, welche es denselben ermöglichen, mit leidlicher, wenn auch immerhin überaus mäßiger Rentabilität zu arbeiten. Wir können nur mit Bedauern wahrnehmen, daß diese Bestrebungen stets von liberaler Seite ausgehen. In theoretischem Sinne ist es gewiß richtig, wenn man sagen will, der Staat, der die Gemeinschaft aller Steuerzahler darstellt, habe zunächst seine Ausgaben so knapp wie möglich zu be⸗ messen, und besonders klingt ein solches Axiom recht schön und recht katonisch. In der Praxis kann man es aber nur dann durchführen, wenn man guf seine Fahne das „périsse le monde plutöt que le principe schreibt. Können dem Staat die Paar Mark, welche derselbe an der Tonne Stahlschienen ersparen kann, so werthvoill sein, wie die Sicherung des Leben? unterhaltes für viele Tausende von Arbeitern? .... Wir haben häufig in unseren Regierungskreifen ein Verkennen der wirthschaftlichen Verhältnisse zu beobachten gehabt, aber wir müssen mit Schmerz konstatiren, daß auf der linken Seite unserer Parlamente dieses Verkennen der lebendigen Faktoren des wirth— schaftlichen Lebens mindestens ebenso häufig, und in neuerer Zeit noch häufiger zu finden ist., .. . In anderen Ländern kann man auf der Parlamentstrikbüne nur Ausdrücke der Freude über eine Entwickelung der Industrie hören, während man bei uns cine an Ausdehnung und Boden gewinnende Industrie eine schwindelhaften nennt.
— Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt:
Die günstigen Folgen der Zolltarif-Reform haben sich, wie in allen Theilen des Reichs, so inzbesondere auch in den industriellen und gewerblichen Verhältnissen Mecklenburgs fühlbar gemacht.
Mecklenburg hatte bis vor Kurzem nur eine unbedeutende In⸗ dustrie gehabt und die Produktionszwesge der Landwirthschaft waren fast ausschließlich vertreten. Das weit verbreitete Mißtrauen gegen alle industriellen Unternehmungen, selbst gegen solche, die mit der zandwirthschaft eng verbunden sind, fand durch die während der Gründerjahre auch in Mecklenburg begangenen Irrthümer neue Nahrung, und die Folge war, daß, als später das Bedürfniß nach neuen Erwerbsquellen lebhafter zu Tage trat, solche Unternehmungen nur langsam und zögernd in Angriff genommen wurden.
Die vorhandene spärliche Industrie beschränkte sich zudem auf den Absatzmarkt des engeren Inlandes, und nur selten wurden außer⸗ halb Mecklenburgs dortige Produkte abgesetzt.
Gegenwärtig sind es hauptsächlich die Maschinenfabriken, welche sich unter dem Schutzzoll gegen die Konkurrenz Englands entwickelt haben, besonders durch Herstellung derjenigen Fabrikate, welche im einhei⸗ mischen landwirthschaftlichen Betriebe erforderlich sind; diese Branchen haben für spezielle Artikel auch in Rußland ein für die . Verhaͤltnisse nicht unbedeutendes Absatzgebiet ge⸗ unden. ..
Als hauptsächlichste Artikel der Seeeinfuhr sind nur noch Stein⸗ fohlen von England, Holz von Schweden und Rußland und Petro⸗ leum und Hering zu erwähnen.
. Der aus den Einnahmen des Reichs aus Zöllen, Taback⸗ steuern, Stempelabgaben 2c. auf das Großherzogthum Mecklenburg- Schwerin entfallende Antheil hat die Finanzlage dieses Landes zu einer überaus günstigen gestaltet.
Nach den in den Etats der „Allgemeinen Landes⸗Rezepturkasse! aufgeführten Positionen betrugen die' aus der Reichskasse gezahlten
Ueberschüsse:
1879/80 in Wirklichkeit 103 973 4
1880/81 ö 495 664
1851/83. j S567 784.
1853/83. — 1664561
1883/84 nach dem Etat 1167610 ,
1 129703560
Dagegen haben sich die Einnahmen an direkten Steuern nach Maßgabe des revidirten Kontributionsedikts vom 18. Juni 1874 folgenderweise verändert: in Wirklichkeit:
1879,80 100 des ediktmäßigen Betrages 1 884 153
1880/81 V0, ö .. 1332952
1881 / 82 io . ö . 1375866
1882/83 7Isin ö ö 1389468 nach dem Etat:
1883,84 dio des ediktmäßigen Betrages 1543 000 4K 1884585 Gio P ö ö 1543000 Obwohl daher seit dem Etatsjahre 1879/80 die direkten Steuern in Mecklenburg herabgesetzt worden find, so haben sich doch die dis⸗ poniblen Einnahmen, Dank der oben angegebenen Herauszahlungen Seitens des Reiches, erheblich gesteigert. Nachdem aus diesen Ueber⸗ schüßen seit dem Ctatssahre 1886/81 ein Abzug zu Gunsten der Großherzoglichen Renterei von 2560 000 M jährlich gemacht wird, kommt der 6 Rest größtentheils dem Etatkapitel: zur Ver⸗ wendung auf die Chaussee⸗ und Wasserbaukasfe⸗ zu Gute. Durch die Erhöhung dieses Etatpostens ist die Bewilligung bedeutender Mehr⸗ ausgaben für Chaussee⸗ und Eifenbahnbauten ermöglicht worden; zu Bahnbauzwecken wurden außerdem Älnleihen aufgenommen, die für das ECtatsjahr 1384 / 85 allein 2 370 000 betragen und deren 40 Verzinsung und 2b jährliche Amortisation gleichfalls aus dem ge⸗ nannten Etatsposten bestritten wird. Die Verwendungen aus der Chaussee⸗ und Wasserbaukasse betragen: 1879/80 in Wirklichkeit 404 000 1880/81 . 433 500 1881/82 . 470 000 1882/83 . ö 510 990 1883/84 nach dem Etat 673 500 188485 . =. 946 250 Das Resultat würde sich hiernach in runden Summen der Art gestalten, daß die Einnahmen aus der Reichskasse pro 1884/85 gegen 1879189 mehr betragen: L300 4ν und daß dieser Ueberschuß durch Ver⸗ minderung der direkten Steuern um. durch Zahlung des Aversums an die Großherzogliche Renterei von). „und durch Verbesserungen im Lande, , —ĩ
zur Verwendung kommt.
30 00 4A 260 00 540 O0.