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Verkehrg ist allseitig anerkannt worden. Es ist ein Werk, welches viele andere entbehrlich macht und alle thatsächlichen Angaben über den neuesten Stand der deutschen Nationalwirthschaft in sich faßt. Von dem Gedeihen des Unternehmens legt der dem Jahre 1882 ge⸗ widmete Band Zeugniß ab, da er nicht weniger als 50 Druckbogen umfaßt; ein aus ührliches alphabetisches Sachregister ermöglicht, über jeden einzelnen Gegenstand der Produktion und des Handels sofort Auskunft zu finden. Der Preis stellt sich auf 19
— Der Berwaltungsrath der Berliner Handelsgesell⸗ schaft genehmigte gestern den von der Bilanzkommission geprüften Jahresabschluß pro 1883, welcher einschließlich eines aus der Spezialreserve verfügbar gewordenen Betrages von 298 692 M einen Bruttogewinn von 2708 346 1 aufweist; hiervon entfallen 691 447 auf Proxisionen, 1238 581 S auf Zinfen und Wechsel, 480 225 auf. Effekten und Konsortial⸗ Konto. Der Verwaltungs rath beschloß, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von sieben Prozent auf das Kommanditkapital und die Dotirung der allgemeinen Reserve mit insgesammt 609 000 S vorzuschlagen; der nach Abzug der Verwaltungskosten und Tantiemen verbleibende Rest⸗ betrag von 61 289 M soll auf neue Rechnung vorgetragen werden.
Nürnberg, 9. Februar. (Hopfenmarktbericht von Leorpold Held.) Die Tendenz des Marktes ist auch in der zweiten Hälfte der letzten Woche eine ruhige gewesen. Der Umsatz von Donnerstag, Freitag und heute beträgt aber trotzdem gegen 509 Ballen — eine für die vorgeschrittene Saison ansehnliche Ifffer. Zugefahren wurden durchschnittlich 100 Ballen pro Tag. — Gesucht sind vornehmlich billige Mittelhopfen und ganz geringe Sorten; für bessere und feine Waare ist wenig Frage vorhanden. In Folge des langfamen Ver⸗ kehrs vermochten die Käufer zuweilen um einige Mark billiger anzu— kommen; ein allgemeiner merklicher Preisrückgang ist jedoch nicht zu konstatiren, und blieben daher die Notirungen unverändert: Württemberger prima 197 — 195 ½, do. mittel 170 - 180 4A; Hallertauer prima 190 - 195 , do. mittel 175— 18 M; Polen prima 190-195 4A, do. mittel 170— 89 SM; Elsässer prima 185— 195 , do. mittel 10 - 177 ; Gebirgshopfen 180 - 188 ½; Marktwaare 165 — 180 11; Aischgründer 170 - 185 M .
Dresden, 10. Februar. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Sächsischen Bank beschloß in seiner heutigen Sitzung der auf den 17. März einberufenen Generalverfammlung für 1883 eine Di vidende von 5 ½ vorzuschlagen.
Leipzig, 9. Februar. (W. T. B.) Die Leipziger Bank setzt ihre Dividende für 1883 auf 7 (o, gegen 6 Co für 1882, fest.
Wäen, 109. Februar. (W. T. B.) Der „Presse' zufolge wäre eine Dividende der österreichischen Südbahn von 5 Fres. gesichert. Die Möglichkeit einer um 1 oder 2 Fres. höheren Divi⸗ dende hänge von der noch erforderlichen ziffermäßigen Feststellung der Rekonstruktionskosten der Pusterthaler Linie ab. — Der Reingewinn der Mühlen der Ungarischen Kreditbank pro 1883 betragt 170 0900 Fl., di. um 20600 Fl. weniger als im Jahre 1882.
Glasgow, 9g. Februar. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 592 205 Tons, gegen 97 8090 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 97 gegen 110 im vorigen Jahre.
NewYork, 10. Februar. (W. T. G.) Der Werth der in der vergangenen Woche in die Unionsstaaten ein geführten Waa— ren beträgt 7460 000 Dollars.
Verkehrs⸗Anstalten.
vamburg, 19. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer Moravia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Attiengesellschaft ift heute früh 11 Uhr, von Hamburg kommend, in New⸗Jork eingetroffen. — Der Postdampfer Westphalia“ der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktiengesell⸗ schaft ist heute früh 5 Uhr in Plymouth angekommen.
Berlin, 11. Februar 1884.
Fünfter Bericht des Leiters der deutschen wissenschaftlichen Kommission zur Erforschung der Cholera, Ge— heimen Regierungs-Raths Dr. Koch.
Calcutta, den 7. Januar 1884.
Ew. Excellenz beehre ich mich im Verfolg meines Be— richtes vom 16. Dezember v. J. über die Thätigkeit der Cholerakommission in Calcutta ganz gehorsamst ferneren Be⸗ richt zu erstatten.
Die Kommission hatte sich der regen Theilnahme und besten Unterstützung Seitens der hiesigen Behörden und Hospitalvorstände zu erfreuen. Fast sämmtliche in den Hospitälern der Stadt zur Sektion kommenden Cholera⸗ leichen konnten für die Untersuchung verwerthet werden. Bis jetzt ist von insgesammt 9 Sektionen und außerdem von 8 Cholerakranken Material gesammelt. Die einzelnen Fälle folgten in ziemlich gleichmäßigen Zeiträumen, so daß gerade hinreichend Zeit blieb, um die Unterfuchung derselben nach allen Richtungen hin durchführen zu können. Mehrere Fälle, welche nach sehr kurzem Verlauf und ohne jede Komplikation mit anderen Krankheitszuständen tödtlich ge⸗ endet hatten, lieferten, da sie überdies sehr bald nach dem Tode secirt werden konnten, ausgezeichnete Untersuchungs⸗ objekte. Diesen günstigen Verhältnifsen ist es zu verdanken, datz die Kommission bereits wesentliche Fortschritte in der Lösung der ihr gestellten Aufgabe machen konnte.
Zunächst bestätigte die mikroskopische Untersuchung auch in allen diesen Fällen das Vorhandenfein derselben Bacillen im Choleradarm, wie sie in Egypten gefunden waren. In meinem gehorsamsten Bericht vom 17. Sepiember v. J. mußte ich es indessen noch unentschieden lassen, ob diese Bacillen nicht wie so viele andere Bakterien zu den regelmäßigen Parasiten des menschlichen Darms gehören und nur unter dem Einflusse des Krankheitsprozesses der Cholera in die Schleimhaut des Darmes einzudringen vermögen. Es fehlte damals noch an hinreichenden Merkmalen, um diese Bachlen von sehr ahnlich geformten anderen Darmbacillen unterscheiden zu können. Dieser Mangel ist nun aber glücklicher⸗ weise beseitigt. Denn mit Hülfe der im Gesundheitsamt aus— gebildeten Methoden, welche sich auch bei dieser Gelegenheit vorzüglich bewährt hahen, gelang es, aus dem Darminhalt der reinsten Cholerafälle die Bacillen zu isoliren und in Reinkulturen zu züchten. Die genaue Beobachtung der Ba⸗ cillen in ihren Reinkulturen führte dann zur Auffindung von einigen sehr charakteristischen Eigenschaften bezüglich ihrer Form und ihres Wachsthums in Nährgelatine, wodurch fi mit Sicherheit von anderen Bacillen zu unterscheiden sind. Damit waren nun aber die Mittel an die Hand ge⸗ geben, um die Frage definitiv zu entscheiden, ob diese Ba— cillen zu den gewöhnlichen Bewohnern des Darms gehören, oder ob sie ausschließlich im Darm der Cholerakranken vor⸗ kommen.
Zuerst wurden mit Hülfe der Gelatinekulturen eben— falls die Bacillen in den Dejectionen der Cholerakranken und im Darminhalt der Choleraleichen nachgewiesen und zwar gelang dies in sämmtlichen hier untersuchten Fällen. Bann aber wurde der Darminhalt anderer Leichen in gleicher Weise untersucht und es stellte sich heraus, daß die Bacillen des Choleradarmes stets fehlten. Bis jetzt sind
8 Leichen von an Pneumonie, Dysenterie, Phthisis, Vierenleiden Verstorbenen untersucht. Ferner wurde der Darminhalt von verschiedenen Thieren, sowie andere bakterienreiche Substanzen darauf geprüft, aber bis⸗ lang nirgendswo den Cholerabacillen gleichende Bakterien angetroffen. Wenn sich dieser Befund auch im weiteren Ver⸗ laufe als ein ganz konstanter herausstellen sollte, dann wäre damit ein sehr wichtiges Resultat gewonnen. Denn wenn diese mit spezifischen Eigenschaften begabten Bacillen ganz ausschließlich dem Choleraprozeß ange⸗ hören, dann würde der ursprüngliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Bakterien und dem Cholera—⸗ prozeß kaum noch einem Zweifel unterliegen können, selbst wenn die Reproduktion der Krankheit an Thieren nicht gelingen sollte. Aber auch in dieser letzteren Beziehung schei⸗ nen sich die Verhältnisse günstig zu gestalten, da in letzter Zeit einige der mit Thieren angestellten Experimente Resultate gegeben haben, welche weitere Erfolge hoffen lassen. ö
Neben diesen Arbeiten hat sich die Kommission noch damit beschäftigt, sich über das höchst inter⸗ essante und wichtige Verhalten der Cholera in der Stadt Calcutta möglichst zu informiren. In Städten außerhalb Indiens, welche nur in längeren Zeiträumen der Cholera⸗ Infektion ausgesetzt sind, kann der Einfluß, welchen sanitäre Verbesserungen, z. B. Zufuhr von gutem Trinkwasser, Boden⸗ drainage und dergl., auf die Cholera ausüben, nicht mit Sicherheit bestimmt werden, da das einmalige oder selbst wiederholte Verschontbleiben eines solchen Ortes immer noch durch Zufälligkeiten bedingt sein kann. Dagegen muß in Städten, welche wie Calcutta alljährlich eine beträchtliche Choleramortalität haben, jede Maßregel, welche der Cholera erfolgreich entgegenwirkt, eine mehr oder weniger bemerkbare und andauernde Herabsetzung der Mortalitätsziffer zur Folge haben. Nun hat aber in Calcutta in der That seit dem Jahre 1870 die Cholera plötzlich in ganz auffallender Weise ab⸗ genommen. Vor 1870 war die alljährliche Cholerasterb⸗ lichkeit in Calcutta durchschnittlich 10,! auf 1000 Einwohner. Seit 1870 ist sie auf 3, also um mehr als das Dreifache herabgegangen. Es ist dies eine Thatsache, welche die höchste Beachtung verdient und zu Fingerzeigen für die erfolgreiche Bekämpfung der Krankheit führen muß. Nach dem fast ein— stimmigen Urtheil der hiesigen Aerzte ist die Abnahme der Cholera allein der Einführung einer Trinkwasserleitung zuzuschreiben. Es wird eine wichtige Aufgabe der Kommission sein, hierüber durch eigene Anschauung und., eigenes Studium ein selbständiges Urtheil zu gewinnen. Zu diesem Zwecke hat die Kommission sowohl die Wasserwerke als auch die Kanalisationseinrichtungen von Cal— cutta besichtigt. Auch sind eine Anzahl Proben des Fluß— wassers vor und nach der Filtration in den Wasserwerken von Pultah untersucht und das der Stadt zugeführte Trink— wasser als von vorzüglicher Beschaffenheit gefunden.
Aus medizinischen Zeitschriften habe ich ersehen, daß die zur Ersorschung der Cholera nach Egypten gesandte franzö— sische Kommission in dem von ihr erstatteten Berichte angiebt, zu anderen Resultaten, als den von mir gehorsamst gemel— deten, gelangt zu sein und im Blute Organismen gefunden zu haben, welche der Cholera eigenthümlich sein sollen. Es könnte hiernach scheinen, daß die deutsche Kommission sich in ihren Forschungen auf einem falschen Wege befindet, und ich halte es deswegen für geboten, Ew. Exzellenz ganz gehorsamst meine Ansicht über jene Angaben darzulegen.
Es kommen im Blute des gesunden Menschen neben rothen und weißen Blutkörperchen kleine rundliche blasse Form⸗ elemente, die sogenannten Blutplättchen, in wechselnder Zahl vor. In manchen fieberhaften Krankheiten, z. B. Flecktyphus, Pneumonie sind diese Gebilde sehr vermehrt und sie sind wegen ihrer Aehnlichkeit mit Mikroorganismen schon mehrfach für Bakterien gehalten. Auch im Blute der Cholerakranken und Choleraleichen sind sie fast regelmäßig vermehrt, wie wir in den von uns untersuchten Cholerafällen ebenfalls konstatiren konnten. Diese Thatsache ist übrigens nicht neu, sondern bereits von früheren Forschern erwähnt. Beispielsweise ist von D. D. Cunningham in seiner Schrift: Microscopical and physiological researches into the nature of the agent, producing choleras schon im Jahre 1872 eine recht gute Abbildung dieser Formelemente des Cholerablutes gegeben. Da nun selbst die bewährtesten Unter⸗ suchungsmethoden im Cholerablute keine anderen Ge— bilde erkennen lassen, welche bakterienähnlich sind, und da die von der französischen Kommission gegebene Beschreibung auf die erwähnten Blutplättchen in jeder Beziehung paßt, so kann ich nicht anders annehmen, als daß die französische Kommission in denselben Irrthum wie vor ihr andere Forscher gefallen ist und die Blutplättchen für spezifische Or⸗ ganismen gehalten hat. Irgend einen ätiologischen Zu⸗ sammenhang mit der Cholera können diese Blutplättchen schon aus dem Grunde nicht haben, weil sie, wie bereits erwähnt ist, auch im Blute gesunder und solcher Menschen vorkommen, welche an anderen Krankheiten leiden.
Dr. Koch, Geheimer Regierungs⸗Nath. An den Staatssekretär des Innern Herrn Staats— Minister von Boetticher Excellenz.
In sechs Gotteshäusern der Stadt wurden gestern Abend in fest⸗ licher Weise Jahresfeiern kirchlicher Vereine abgehalten. In der Beth⸗ lehemskirche feierte der Bibel-Leseverein sein 565 Jahresfest. Der vom Prediger Budy aus Schwanebeck erfiattete Bericht gab ein anschauliches Bild von der sich weit über Deutschlands Grenzen hin⸗ aus erstreckenden Thätigkeit und von den Erfolgen des Vereins, dessen bescheidener Anfang kaum die gewaltige Ausdehnung erwarten ließ, die er zu erlangen berufen war. Um 14. Februar 1834 kam der Kandidat Carl Straube in Mittenwalde mit seiner in Berlin wohnenden, zur Bethlehemsgemeinde ge⸗ hörenden Braut dahin überein, alle Tage einen gleichen Abschnitt aus der Bibel lesen zu wollen. Schon nach 10 Tagen hatten sich s Personen ihnen angeschlossen, im September des Jahres zählte die Vereinigung 540 Mitglieder, und beim Beginn des Jahres 1835. konnten bereits 1000 Bibel⸗Lefezettel vertheilt werden? Der Verein nahm von nun an einen immer gewaltigeren Aufschwung. 1844 war die Zahl der ausgegebenen Bibel⸗Lesezettel auf 10 0560 an— gestiegen, 1845 wuchs sie auf 13 000 und 1869 erreichte sie ihren . Im genannten Jahre wurden nicht weniger als 180 000
remplare, ausgegeben. Von da ab und namentlich von 1872 an sank die Ziffer wieder, doch nur um deswillen, weil viele kirchliche Zeitschriften den vom Verein aufgestellten Bibellesezettel zum Abdruck brachten und die Leser damit der Nothwendigkeit überhoben, den Zettel vom Verein zu beziehen. Insgesammt sind in den 50 Jahren 4 540 000 Zettel zur Vertheilung gelangt. Seit 1852 besteht noch
eine besonders groß gedruckte Ausgabe für Leute mit schwachen Augen.
Außerdem werden Ausgaben in polnischer, litthauischer, wendischer, böhmischer und englischer, seit 1859 auch in schwedischer und norwegischer Sprache gedruckt. Die Einrichtung des Zettels ist der. artig getroffen, daß in 5 Jahren die ganze Biber gelesen wird. Zu den Früchten, die der Verein unmittelbar gezeitigt, gebörte außer der Zeitschrift Der Lebensbaum“ und den Werderschen Bibelberichten die Werdersche Bibelgesellschaft, die von 1838 bis 1881 bestanden, der Freitags⸗Betverein, der Betverein für die innere Mission und der Bibel Lernverein. — Die Feier selbst nahm einen recht würdigen Verlauf, die Liturgie hielt Missionsdirektor Wangemann, die Predigt —— KLnak. — Der Missions-⸗-Hülfsverein beging fein Jahresfest in der Elisabethkirche. Der Verein befördert die Mission an der Ostküste Afrikas, wo das Bekehrungswerk schon vor 2 Jahren begonnen worden ist. Zur Zeit existiren dort zwei Stationen, die sich, wie Missions Superintendent Merensky aus eigener Anschauung berichten konnte, augenblicklich, allerdings nach harten Kämpfen, in ruhiger Fortentwickelung befinden. Dem Be⸗ richte folgte alsdann die Festpredigt des Pastors Quandt über Jonas 4, 5— 11. — In der Parochial⸗Kirche feierte die Kreig— synode Berlin L ein Missionsfest. Die Mitglieder der Synode wohnten in großer Zahl der Feier bei, bei der Prediger Lie. Keßler die Fest. predigt hielt. = In der Zions ⸗Kirche hatte sich eine zahlreiche Festgemeinde zur Jahresfeier des Vereins für die Miffion in China zu⸗ sammengefunden. Die Feier war eine rein kirchliche, ein Bericht über die Thätigkeit des Vereins wurde nicht erstattet. Pastor Krafft als Liturg, und Divisionspfarrer Hähnelt als Festprediger regten, Letzterer im Anschluß an 1. Cor. 3, 9 die Gemeinde zum Dank und zu neuer Arbeit an. — In der Nazarethkirche hatte der seit einem Jahre zu neuem Leben erwachte Jünglingsverein der Gemeinde sein Jahresfest veranstaltet. —saas Jahres fest des christ lichen Männer— vereins Concordia endlich wurde in der Golgathakirche be— gangen.
Astrachan, 10. Februar. (W. T. B.) Die Zahl der am 4. d. M. auf einer Eisscholle ins Caspische Meer hinaut— getriebenen Fischer beträgt 160. Irgend welche Nachrichten über das Schicksal derselben sind bis jetzt nicht eingetroffen.
Die drei kleinen heiteren Novitäten, welche das Wallner Theater am Sonnabend zur ersten Aufführung brachte, fanden eine gleichmäßig beifällige Aufnahme. Den Anfang machte eine niedliche Plauderei von Max Bernstein: „Mein neuer Hut?“. Die darin be— handelte Idee, einen neuen regenscheuen Cylinder, der dem Besitzer als würdige Behauptung bei einem Verlobungsbesuch dienen soll, zum Heirathsstifter zwischen Cousin und Cousine zu machen, indem sich diese bei dem durch das Unwetter glücklich verlängerten täte A tete gegenseitig ihr Herz entdecken, ist originell erfunden und von einem feinen fesselnden Dialog mit manchen treffenden Gedanken und hübschen Einfällen getragen. Frl. Meyer und Hr. Alexander trafen den leichten Ton der Causerie sehr glücklich und hielten das Publikum von An⸗ fang bis zu Ende in behaglicher Spannung. Bas schwatz süchtige Dienstmädchen gab Frl. Odilon zwar recht gewandt, aber nicht naiv genug. — Die zweite Gabe des Abends war ein Lustspiel: Am Hochzeitsmorgen“, von C. L., wohinter sich, dem Vernehmen nach, der Verfasser des bisher gegebenen Schwanks „Papas Flitterwochen“, Carl Laufs, verbirgt. In dem ziemlich derben, stark dem Possen⸗ haften zuneigenden Motiv dieses Stücks, das einen bemerkenswerthen Gegensatz zu der feinen Salonplauderei bildete, konnte sich derselbe auch schwer verleugnen. Hier handelt es sich um die drohende Enthüllung der unvorsichtigen Liebschaft eines glücklichen Bräutigams, die durch die Opferwilligkeit und Ge⸗ schicklichkeit des Freundes noch kurz vor dem Kirchgange abgewendet wird, während dieser selbst durch ein spaßhaftes Mißverständniß in die Fesseln der mit Gewalt zurückgehaltenen, vermeintlichen ehemaligen Geliebten, in Wirklichkeit aber Schwester des Bräutigams geräth. Das Motiv ist, wie man sieht, ein ziemlich gewagtes, aber scenisch geschickt zurecht gemacht, und das übermüthige Stück, zumal bei so vorzüglicher Darstellung wie im Wallner⸗Theater, seines Er⸗ folges gewiß immer sicher. Vor Allen war es Hr. Blencke in der Rolle des guten Freundes, der durch seinen prächtigen Humor über alle Bedenklichkeiten hinweghalf. Aber auch den Herren Alexander, Kurz und Niedt sowie den Bamen Meyer, Carlsen und Odilon gebührte an dem lauten Beifall, den das Lustspiel fand, gleichmäßiger Antheil. — Den Beschluß machte ein an Tollheiten reicher Fasching⸗Schwank mit Gesang von Eduard Jacobson und Musik von Gustav Michaelis: „Die kleine Schlangen. In ihm fand Frl. Schwarz im Duo mit Hrn. Thomas Gelegenheit, ihr parodistisches Talent glaͤnzen zu lassen, und zwar gelang ihr dies trotz der mannigfachen schmerzlichen Erinnerungen und Vergleiche, die sie damit herauf⸗ beschwor, in überraschendem Maße. Daß Hr. Thomas in Zwerchfell er⸗ schütternder Weise ihr assistirte, braucht nicht erst gesagt zu werden. Stür⸗ mische Heiterkeit erregte namentlich ein parodistisches pas de deux aus der getanzten Kulturgeschichte, welche gegenwärtig am Victoria. Theater aufgeführt wird. Da der ganze Schwank eigentlich nur den Rahmen für dieses mimisch ⸗gesanglich⸗choreographische Duett bildet, so trat Fr. Carlsen in der Rolle der von dem alten Junggesellen Bärtchen (Hr. Thomas) hoffnungslos geliebten, schließlich aber durch die kleine Schlange“, ihre Nichte Zerline, doch überlisteten Rentiere Ludmilla Hippel unverdient in den Hintergrund. — Die lustigen kleinen Gaben dürften noch oft ein so heiter gestimmtes Publikum im Wallner— Theater zusammenführen wie am ersten Abend.
Dem Deutschen Theater sind von Zeit zu Zeit aus dem Publikum Klagen darüber zugegangen, daß gewisse Plätze ein An⸗ schauen der Vorstellungen unter fehr erschwerenden Umständen ge⸗ statten. In Folge dessen war bisher die Kasse angewiesen, solche Plätze nur im Nothfall und auch dann unter ausdrücklichem Hinweis auf deren Mangelhaftigkeit zu verkaufen. Um jedoch dlesem Uebel— stande ein für alle Mal gänzlich abzuhelfen, hat die Direktion nun— mehr eine genaue Inspektion des Zuschauerraums veranstaltet und sich entschlossen, eine Anzahl Plätze, namentlich im J. Rang⸗ Proscenium, II. Rang⸗Proscenium und II. Rang⸗Sperrsitz, welche zu berechtigten Beschwerden Anlaß geben könnten, trotz des dadurch ent⸗ stehenden Ausfalls in den Einnahmen gänzlich zu kassiren. Von jetzt an gelangen also diese Plätze nicht mehr um Verkauf.
Am letzten Freitag fand im Saale der Sing-Akademie das zweite Abonnements ⸗ Concert (II. Cyclus) der Königlichen Akademie der Kün ste statt. Das Programm brachte an erster Stelle Schuberts (unvollendete) melodieenreiche und liebliche H-moll—= Symphonie, welche das unter Hrn. Professor Joachims Leitung stehende Orchester mit unvergleichlicher Präzision und schöner Ruanci⸗ rung zu Gehör brachte. In dem dann folgenden P-moll⸗Concert von Sebastian Bach, welches von Hrn. Professor Joachim und Hrn. Concertmeister Kruse mit köstlicher Klangwirkung vorgetragen wurde. machte sich das Orchester durch seine diskrete Begleitung vortheilhaft bemerklich. Bruchs „Kol ⸗Nidrei“, das nach hebräischen Melodien bearbeitete und oft gehörte Adagio für Violoncell, wurde durch Hrn. Hausmanns technisch vollendetes Spiel und seine empfindungs volle Vortragsweise zur vollkommensten Wirkung gebracht und fand allge—⸗ meinen und reichen Beifall. Den Schluß des Abends bildete Beethovens „Eroica“, welche in einer Vollendung und Reinheit der einzelnen Instrumente, wie man dieses technisch schwierige Meisterwerk selten hört, ausgeführt wurde. Die Schluß⸗Symphonte wie die übrigen Piecen des Abends wurden vom reichsten Beifall der für den schönen Abend dankbaren Hörer begleitet.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (,essel). Druck! W. El ner. Vier Beilagen (einschließlich Börsen Beilage). (1323)
Berlin:
gnalwesen übergehen.
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preu
Erste Beilage
Berlin, Montag, den 11. Februar
—
ßischen Staats⸗Anzeiger.
1884.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 11. Februar. Im weiteren Verlaufe der vorgest rigen (46.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Stagtshaushalts⸗Etats für 1884/85 mit der Diskussion des Etats des Ministeriums der geist⸗ lichen 2. Angelegenheiten (dauernde Ausgaben Kap. 125 Tit. 1) fortgesetzt.
Der Abg. Dr. Virchow erklärte, er wolle das Medizinal⸗ wesen nicht in dem Licht erscheinen lassen, als würde es ganz und gar durch barmherzige Schwestern getragen. Früher habe er sich sür die Wünsche des Centrums in einzelnen Punkten sehr lebhaft interessirt, weil es ihm geschienen habe, als wenn die Regierung im Feuer des Kulturkampfes weit Über die Grenzen hinausgegriffen habe. Er persönlich habe von jeher die nichtkonfessionelle Krankenpflege als das zu erstrebende Ideal be⸗ trachtet, und sich immer bemüht, sie in eine bürgerliche Form überzuleiten, woraus er in dem Moment eines erneuerten ge⸗ meinsamen Ansturms für die konfessionelle Krankenpflege kein Hehl machen wolle. Eine so große Zahl von Rednern der Rechten wenigstens habe das Wort verlangt, als solle wieder ein großer
rthodoxer Sturm gegen den Kultus⸗Minister, wie neulich unter des Abg. Stöcker Führung eröffnet werden. Gern erkenne er an, daß die bürgerliche Krankenpflege bis jetzt noch zu sehr mäßigen Resultaten gelangt sei. Auch erkenne er an, daß die Organisation der katholischen Krankenpflege vollständiger, besser und bisher von anderen Formen der Krankenpflege nicht er— reicht sei. Möge man doch diese Dinge nicht gleich vom Stand— punlt des Fanatismus und des extremen Katholizismus behandeln, man könne sie doch auch einmal als Menschen betrachten. Bezeichne man ihn seinetwegen als modernen Heiden, aber er sei doch auch ein Mensch und könne verlangen, daß das Centrum ihn menschlich höre und diese Dinge nicht vom Stand— punkt der Kirche, sondern der Humanität aus beurtheile. Er halte es für höchst unerwünscht, daß sich die Organi⸗ sation der Krankenpflege so sehr in dieses konfessionelle Wesen hineinfüge. Und noch ein anderes Zugeständniß mache er dem Centrum, um deswillen er s. 3. einmal mit dem sog. Judenthum in heftigen Konflikt gerathen sei. Er habe immer hervorgehoben, daß die charitas in diesem Sinne in die Welt eingeführt zu haben, einechristliche Errungenschaft sei, daß die alte Welt sie in der That nicht gekannt habe. Er beuge sein Haupt vor der katholischen Kirche nach allen den Richtungen, in denen sie der Menschheit diefen neuen Weg gezeigt habe. Aber dieser Weg könne nicht ewig betreten, sondern müsse weiter über den kirchlichen Ursprung verfolgt werden, denn derselbe sei ein sehr menschlicher, auch die katholische eharitas wende sich über die Grenzen der Konfession hinaus, in denen sie sich absolut nicht vollziehen könne, an die Menschheit über⸗ haupt, ohne nach der Religion des Leidenden zu fragen. Eine Organisation auf der Basis der Humanität zu machen, sei allerdings ziemlich schwer; nur in einem Lande habe sich ein Ansatz zu dieser Richtung gezeigt und zwar weit über die Grenzen der katholischen Krankenpflege hinaus, in England. Mit der Hingebung der vornehmsten Klassen in England könne nichts verglichen werden, was die katholische Kirche irgendwo wirklich geleistet habe. In London gingen noch heute zahlreiche Personen der höchsten Aristo⸗ kratie, der besten und vornehmsten Stände, als Pfleger in die Hütten der Armen und Kranken; könne das Centrum einen Platz nachweisen, auf dem bie katholische Kirche das geübt habe? Er kenne die ganze katholische Lite— ratur über Krankenpflege und dürfe das sagen, ohne von dem Verdienst der Kirche etwas abzustreichen. Stelle man sich doch nicht so an, als könne die Krankenpflege sich nur auf dem Gebiet des konfessionellen Glaubens entwickeln, das wäre so falsch für Katholiken wie für Protestanten. Gerade hier sei alle Konfession zu Hause zu lassen, und Alle könnten als reine Menschen auf diesem Punkte nebeneinander wirken. Er selbst habe diese praktische Wirksamkeit im Frieden und Kriege ge— übt, und könne dasselbe große Maß von Dankbarkeit gegen konfessionelle wie freiwillige bürgerliche Krankenpfleger aus— sprechen. Wer nicht blos zu Haufe gesessen, und über die Sache in Zeitungen gelesen habe, sondern den Krankendienst in großen Epidemien, in Seuchen, inmitten der Verheerungen des
Krieges gesehen habe, müsse zugestehen, daß die freiwillige Kranken⸗
pflege niemals Größeres geleistet habe, als gerade während der Zeit, in der sie sich aus kümmerlichen Grenzen zur höchsten
Leistungsfähigkeit entwickelt und im Kriege das größte, sehr
begreifliche Widerstreben der militärischen Medizinalverwaltung überwunden, ja ihren in förmlichster feierlichster Weise aus— gesprochenen Dank geerntet habe. Er habe den Glauben, daß, was in Zeiten patriotischer Erregung unter der Herrschaft eines die Massen bewegenden großen Gedankens sich vollziehe, auch in gewöhnlichen Zeiten möglich sei, und er habe so viel Zutrauen zur Güte des menschlichen Herzens und zur Tiefe der Humanilät, auch wenn sie nicht duͤrch konventionelle Mo— tive bewegt sei, daß er es für ausführbar halte, Orga— nisatiöonen zu finden, welche auch ohne Anlehnung an eine bestimmte Kirche, vielleicht sogar unter Samm' lung der verschiedensten konfessionellen Elemente, die
Aufgabe unter demselben Banner der Humanität lösen würden. Ebensowenig, wie man die Aerzte nach ihrer Konfession frage,
venn man sie nöthig habe, werde man die Krankenpfleger dar⸗
nach fragen. Das Centrum aber wolle einen Vorsprung hierin haben, und peinige das Haus deshalb fortwährend mit seinen Klagen über die barmheizigen Schwestern. Er habe er⸗ lunnt, daß in der praltischen Krankenpflege der Konfessiona—⸗ lismus gar nicht zur Geltung komme, und habe deshalb die Hoffnung geschöpft, daß die bürgerliche Krankenpflege, ohne Anlehnung an die Kirchen, eine Zukunft habe. Nach dieser Ab⸗ schweifung müsse er auf bas eigentliche hier vorliegende Medi⸗ n Der Abg. Graf habe vorhin bei seinen usführungen über die Aerzteordnungen, von der „Organi⸗ sation / des Aerztestandes gesprochen. Es könne zweifelhaft ein, was darunter zu verstehen sei; meine derselbe eine Art zan Innungswesen' oder eine beamtenähnliche Stellung?
Wollte man die Aerzte darüber abstimmen lassen, dann würden
sie in ihrer großen Mehrheit von beiden nichts wissen wollen.
Er möchte konstatiren, daß in einer der jüngsten Sitzungen der hiesigen medizinischen Gesellschaften lebhaft darüber ge—⸗ stritten worden sei, und daß das Resultat der Wunsch ge⸗ wesen sei, die Aerzte in ihrer freien Stellung zu belassen. Ebenso habe sich auch der Verein in Frankfurt 3. M. aus— gesprochen. Wenn die Regierung eine Organisation nach der Richtung eintreten lasfsen wolle, daß den Aerzten eine Mitwirkung an den allgemeinen Aufgaben der öffentlichen Gesundheitspflege gesichert werde, so stehe er dem sym⸗ pathisch gegenüber; für Aerztekammern und Ehren— gerichte könne er sich aber nicht erwärmen. Dadurch werde auf beiden Seiten das Erforderliche geleistet sein, und Niemand werde sich beschweren können, daß die Aerzte besondere Vorzüge in Anspruch nähmen. Sie wollten weder ein Monopol, noch eine Prohibition oder eine Innuna, sondern sie wünschten im Wesentlichen nur in ihrer persönlichen Freiheit existiren zu können. Was die zu erwar—⸗ tende Gesetzgebung betreffe, so halte er es für äußerst dring⸗ lich, daß das, was den beamteten Aerzten finanziell und in Bezug auf ihre Thätigkeit gewährt werde, den heutigen Ver— hältnissen der öffentlichen Gesundheitspflege entspreche. Man müsse ihnen mehr Gewalt, mehr Initiative geben, als man ihnen bisher zugestanden habe, und andererfents auch die Verwal⸗ tungsbehörden in die Lage bringen, nicht etwa freiwillig je nachdem es ihnen etwa gut scheine, sondern nothwendiger Weise auf gewisse Anzeigen der Physiker hin ein Verfahren eintreten zu lassen. Den Thieraͤrzten sei in dieser Hinsicht bis jetzt weit mehr eingeräumt, als den Menschenärzten; ein Thierarzt könne bei einer Epidemie weit mehr ausrichten, als selbst der allerhöchst stehende Medizinalbeamte. Diese Ano⸗ malie möge wirthschaftlich vielleicht zuläfsig erscheinen; vom Standpunkt der Charitas und Humanitas aber sei sie verwerf— lich. Mindestens werde man doch in Beziehung auf die Menschenseuchen so weit gehen müssen, wie man gegenüber den Thierseuchen gegangen sei. Allerdings, so gut wie man benöthigt gewesen sei, ein größeres Stück Geld in die Hand zu nehmen, um das Gesetz über die Viehseuchen auszuführen, so werde auch wohl schließlich nichts übrig bleiben, als mehr Geld auszugeben zur Abhaltung von Menchenseuchen; das lasse sich nicht ablehnen, nachdem man gesehen habe, daß in der That ein solches Seuchengesetz wohlthätig wirken könne, und auch in der Landwirthschaft anerkannt werde. Der Minister werde jedenfalls, wenn derselbe an diese Gesetzgebung gehe, in der That wenig über das hinausgehen dürfen, was die bisherige Gesetzgebung der Medizinalpolizei zugestanden habe.
Hierauf ergriff der Minister der geistlichen 2c. Angelegen⸗ heiten Or. von Goßler das Wort:
Meine Herren! Wenn ich versuche, die etwas desparaten Ma⸗ terien, welche zu dem ersten Titel des Medizinaletats angeregt sind, in einer einheitlichen Erwiderung zu behandeln, so werde ich mir gestatten, zunächst mit den Ausführlingen des Hrn. Freiherrn von Heereman zu beginnen und daran anzuschließen auch die Bemerkungen des Hrn. Abg. von Stablewski. Indem ich dies thue, kann ich in der Anerkennung der Krankenpflege und der Frauen, welche sich der—⸗ selben widmen, sowie in der Anerkennung der Bedeutung, welche diese Thätigkeit für den Staat von seinem ekthischen und ökonomischen Standpunkt aus hat, dem Hrn. Abg. von Heereman durchaus zustimmen, — darüber werden wir nicht leicht in unseren Anschauungen prinzipiell differiren. Nur das muß ich in meiner Erwiderung festhalten, daß er auch in diesem Jahre meines Erachtens das Licht sehr auf die Seite gerückt und Schatten erzeugt hat durch seine Betrachtungsweise, die nicht existiren, oder Schatten hervorgehoben hat, die nicht mehr in dieser Tiefe vorhanden sind. Ich will versuchen, möglichst alle hervorgehobenen Einzelnheiten, ohne in sie zu speziell einzutreten, zu berühren, und ich glaube, es wird mir dann gelingen, Ihnen die Ueberzeugung zu verschaffen, daß es nicht fördersam ist, weder für die Sache selbst, noch für die Stellung der Regierung zu den Parteien des Haufes, Schärfen zu sehr zu betonen, die nach Auffassung der Regierung nicht bestehen.
Die Differenz, die hauptsächlich der Hr. Abg. von Heereman in den Vordergrund seiner Erwägungen stellte, betrifft die Aus— legung des Wortes Niederlassüng in dem Gesetze. Ich habe bei anderer Gelegenheit die Auffassung, die nicht allein ich, sondern der konkurrirende Minister des Innern und alle unsere Vorgänger ge⸗ habt haben, ausgesprochen; ich will deshalb das Haus mit einer Wiederholung nicht ermüden, ich will nur dem Hrn Abg. von Heere⸗ man gegenüber betonen, daß gerade, weil wir den 8. 2 des Gesetzes so, wie es geschieht, auslegen, sich daraus die Möglichkeit ergeben hat, sehr weitgehende Erleichterungen eintreten zu lafsen, namentlich nach der Richtung hin, daß wir uns um den Eintritt in den Orden nicht mehr bekümmern, sondern uns an den Wortlaut des Gesetzes halten und fragen, wer tritt in die Niederlassung ein? Der Hr. Abg. von Heereman wird bei seiner Kenntniß des Ordenswesens es als eine Erleichterung anerkennen, daß nicht mehr die Ablegung des Gelübdes zum Gegenstande einer staatlichen Kontrole gemacht wird. Das er— m. auch die betheiligten Genossenschaften außerordentlich dank⸗ zar an.
Es ist weiter hervorgehoben worden als eine harte Benachtheili⸗ gung, daß die Schwestern — oder wie ich wohl, da ja auch männ— liche krankenpflegende Orden existiren, im Zusammenhang sagen kann — daß die Krankenpflegegenossenschaften selbst einen Antrag stellen sollen, wenn eine Niederlassung gegründet wird. Ich will nicht auf den, Wortlaut des Gesetzes Bezug nehmen, der diefe Forderung ohne Weiteres rechtfertigen würde, sondern auf die Natur der Sache selbst verweisen. Aegesichts der Thatsache, daß Genossenschaften, für welche von dritter Seite der Antrag auf Genehmigung einer Niederlassung eingegangen war, eine dahingehende Absicht bestimmt in Abrede ge⸗ stellt haben, werden Sie es nicht für möglich halten, daß auf Antrag einer dritten Person, sei es einer Korporation oder eines Magistrats, allein und ohne Weiteres einer Genossenschaft die Genehmigung zu einer Nieder⸗ lassung ertheilt wird, sondern es wird voraussichtlich auch Ihre Bil⸗ ligung finden, wenn daran festgehalten wird, daß die Ordensgesell⸗ schaften wenigstens einem derartigen Antrage ihrerseits beitreten. Nach meiner mehrjährigen Erfahrung auf diefem Gebiet kann ich versichern, daß, nachdem seit Jahren dieser sehr wohlwollende Modus besteht, ich mich keines Falles entsinnen kann, in welchem der Vor— stand einer Ordensgesellschaft Anstand genommen hätte, einem von dritter Seite gestellten Antrage den Vermerk beizufügen: Vor⸗ stehendem Antrag trete ich bei.
Was die Aufnahmenachwelsung anbetrifft, so hat der Hr. Abg. von Heereman gewissermaßen in Parenthefe anerkannt, daß in dieser Beziehung eine milde Praxis besteht, dieselbe geht dahin, daß jeder Genossenschaft, welche bisher derartige Anträge ge⸗ stellt hat, gerade wie Hr. von Heereman es wünschte, auf bestimmte Zeit zu der Aufnaͤhme einer bestimmten größeren Zahl von Mitgliedern — bis 290 pro anno, die Genehmi⸗ gung ertheilt worden ist und daß dabei nur gesagt wird, die wirklich
erfolgte Aufnahme solle nach Veranderungsnachweis aufge
haben sich, soweit meine Ken
der Gründung ron Niederl Gedächtniß — wo eine Ep
nisiren, und auf diese Wei
solchen Falle ist natürlich, w sind, den Schwestern nahe Niederlassung nachzusuchen. entstanden.
Der Hr. Abg
0, zipielle folgungssucht, s
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Daran kann ich unmitt gesagt hat. Ich darf mich
der Fall in Culm so laͤge, bat, so würde es schwer für klusion zu gelangen. Das
worden ist, und weil zwei anstalt befunden haben, die
in anderen Fällen darur
Aufgaben der Krankenpfle Aufgabe dadurch noch
führen. Wir haben diese Widerspruch bei den Pole
der Krankenpflegeorden für richt organisiren, der nicht z. B. die beiden Töchter ein haben und daß sie de Sprache ertheilen. Aus die zur Erörterung kann Ihnen hier auch
nossenschaft liegen. Wenn weiter hingewies daß nach der Mittheilung
mir aber
ausgesprochen habe — nicht nehmigungsrecht gezogen ist. die Herren erwähnen natürl
der Richtung bitte ich, uns als ob wir Licht und Schg Was Kosten anbetriff
längeren Ausführungen so durch bei den Schwestern
gegen die Staatsregierung e
pflegeorden zu besuchen. des Hrn. Ministers von
großem Entgegenkommen,
bulanten Krankenpflege. Es kann das in einander übergehen — solch ein Fall liegt mir im Augenblick im
gabe nicht allein darin finden, ihre großen
gelangten
her in dem sogenannten Versetzungs⸗ oder führt werden. Auch nach dieser Richtung
hin haben die Genossenschaften weder einen Druck empfunden, noch
ntniß reicht, irgend welche Schwierigkeiten
erhoben. Es sind nun Hinweise gefallen, als ob die Behörde so weit ginge, Versetzungsgenehmigungen zu verlangen oder zu ertheilen, wo es sich um die vorübergehende Aussendung von krankenpflegenden Schwestern bei Epidemien, Eisenbahnunglücken u. s. w. handelt. Mir ist ein solcher Fall nicht bekannt. Wir unterscheiden ganz genau zwischen
assungen und der Aussburg der am unter Umständen
idemie lange Monate angehalten hatte,
und die Schwestern dazu gekommen sind, in erheblicher Anzahl ein gemeinsames Leben einzurichten, sich eine gemeinsame Anstalt zu orga⸗
se die ambulante Krankenpflege in die
Gründung einer neuen Riederlaffung übergegangen war — in einem
enn die Voraussetzungen dafür eingetreten gelegt worden, die Genehmigung für die Auch dieserhalb sind Schwierigkeiten nicht
; auch Bezug e schwebt eist seit 14 Tagen in der sich auf die Genehmigung zu der
er sofort gewährt worden. Was
flegegenossenschaft
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N einfach Erwägungen Ordnung.
elbar anknüpfen, was Hr. von Stablewski hierbei kurz fassen, weil die Hauptsachen
bereits im vorigen Jahre von mir erörtert worden sind. — Wenn
wie Hr. von Stablewski ihn vorgetragen
das Haus sein, zu einer anderen Kon— . ] ö. 2 ist aber nicht der Fall. Es wäre eine
Karrikatur, wenn, man einem vernünftigen Beamten zuschreiben wollte, daß er, weil beim Handarbeitsunterricht ein Buch vorgelesen
kranke Mädchen sich in einer Kranken— Ordens schwestern beunruhigt hatte. Davon
ist gar keine Rede. Der ganze Streit handelt sich in Culm und auch
n, daß die Schwestern ihr? Auf— humanitären ge zu erfüllen, sondern die große zu erweitern suchen, daß sie die
katholischen Kinder deutscher Abkunst in das polnische Lager über⸗
Erfahrung an vielen Stellen gemacht.
n.) Hr. Kantak, Sie können über die
Nützlichteit dieser Bestrebungen anders denken wie ich, aber ich halte es für einen Abweg und im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung
bedauerlich, aß diese Damen einen Unter⸗ allein den Handarbeitsunterricht betrifft,
sondern den Schulunterricht umfaßt, daß sie zu diesem Unterricht
zes deutschkatholischen Rektors zugezogen nselben vorzugsweise in der polnischen diesen Wahrnehmungen heraus sind Differenzen entstanden. Ich sagen, daß, wenn ein Beamter
überhaupt Sinn für eine Thätigkeit nach der Richtung der Religiosität und Humanität hat, es der Negierungs⸗Präsident Fihr. von Massenbach ist. Dieser Herr hat ein warmes Herz für alle Be⸗ strebungen der Genossenschaften auf dem Gebiet der Krankenpflege, aber er weiß als Beamter sehr genau zu unterscheiden, wo die Gren⸗ zen dieser verschiedenen Thätigkeiken der in Vetracht kommenden Ge⸗
en wird auf Briesen, so kann ich erwähnen, meines Referenten der betreffende Antrag
vom 31. Januar 1884 datirt, daß bis dahin in der Centralinstanz die Angelegenheit nicht bekannt gewesen ist. Den Hinweis auf die Diakonissenanstalt kann ich in casu nicht beurtheilen; ich erlaube dem Hrn. Abg. von Stablewski darauf hinzu— weisen, daß gach der Richtung hin auch der Herr Minister des Innern und ich, — wie ich das wohl schon im vorigen Jahre
die Grenze finden, die für unser Ge— Ich erinnere ihn dabei an Ostrowo — ich nur immer Fälle, an die sie Vorwürfe
knüpfen können — wo bekanntlich eine Niederlasfung von schlesischen katholischen Schwestern genehmigt ist, obwohl dort Diakonissinnen existiren. Ich erwähne Peterswaldau in Schlesien, wo ein sehr reich dotirtes und sehr gut organisirtes Diakonissenhaus sich befindet, nichtsdestoweniger aber für die Gründung einer katholischen Nieder⸗ lassung dem Grafen Stolberg die Genehmigung in Aussicht gestellt ist, sobald ein hierauf gerichteter Antrag eingehen würde. Also nach
nicht irgendwie den Vorwurf zu machen, tten ungleich vertheilen. ; t, so ist es den Gesuchstellern gesagt
worden, daß, wenn ein Antrag der Vincentinerinnen einginge, derselbe erwogen werden würde. Wenn die Damen keinen Antrag stellen, kann er natürlich auch nicht genehmigt werden.
Hr, von Heereman schloß seine Ausführungen mit einer sehr
———
starken Betonung der bestehenden Polizeiaufsicht und ging dann in
weit, die Behauptung aufzustellen, daß
diese edlen Frauen gemißhandelt und mißachtet würden, und daß hier⸗
ein lähmendes und verbitterndes Gefühl
eintrete Als Hr. von Heereman im vorigen Jahre ähnliche Anklagen
rhob, haben der Herr Minister des Innern
und ich Verabredung genommen, uns, soweit es möglich ist, aus eigener Anschauung über die Verhältnisse zu instruiren, auf unseren Reisen möglichst auch die Niederlassungen katholischer Kranken⸗
Ich bin ermächtigt, auch Namens Puttkamer zu erklären, daß der
einheitliche Eindruck überall der war, daß die Damen mit sehr
mit Freundlichkeit und Dankbarkeit unz