1884 / 38 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 13. Februar. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (47. Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurde die zweite Berathung des Entwurfs des Staatshaushalts⸗Etats für 1884/85 mit der Diskussion des Etats des Hauses der Abgeordneten sfortgesetzt. Nach dem Abg. Berger (Witten) ergriff der Finanz⸗Minister von Scholz das Wort:

Ih glaube, es ist gut, wenn ich gleich jetzt mit ein Paar Worten in die Diekussion eingreife, weil durch die Ausführungen des Herrn sehr nach seiner Auffassung fest

Vorredners sonst das Terrain gar zu gelegt werden möchte.

Der Herr Vorredner hat im Wesentlichen in zwei Theilen seines Vortrages zuerst den von dem hohen Hause früher schon angenom menen und empfohlenen Plan im besten Lichte gezeigt und dann den Plan, den die Königliche Staatsregierung dem hohen Hause vorgelegt bat, sozusagen in dem schlechtesten, und ich glaube, nach beiden Seiten läßt sich von seinen Ausführungen sehr viel subtrahiren. Ich will ihm zunächst folgen in die Kritik des Planes, der aus der Ini⸗ tiative des hohen Hauses hervorgegangen ist.

Meine Herren! Es ist ja nicht zu läugnen, daß dieser Plan sehr viele Vortheile enthält, und daß es nach manchen Richtungen äußerst wünschenswerth, auch für die Staatsregierung recht wünschenswerth gewesen wäre, Ihrem Wunsche in dieser Beziehung entgegenkommen zu können, und damit diese Frage, der die Staatsregierung, was der Herr Vorredner anscheinend nicht anerkannt hat, ihre aufrichtige Sympathle widmet, zum Austrag zu bringen. Aber, meine Herren, es giebt zahlreiche Gründe, weshalb die Inanspruchnahme dieses Platzes in der Leipzigerst aße, auf dem Terrain der ehemaligen Porzellanmanufaktur und dem Terrain des Gartens des Herrenhauses der Staatsregierung nicht annehmbar erscheint. Ich will nur an— deuten, daß auch von der Staatsregierung das allgemeine Prinzip verfolgt wird, solche Gärten in der Stadt mit alten Baumbeständen nur dann zu spfern, wenn es unbedingt nöthig ist; es ist das eine berechtigte Rücksicht auf die sich immer weiter ausdehnende Stadt. Bauen Sie auf jedem Fleck, wo etwas hingebaut werden kann, wie würde dann die Gesundheit der Bewohner geschädigt werden. Die Staatsregierung befolgt jenes Prinzip und ich glaube, unsere Nach— kommen werden es uns noch danken. Wenn erst alles bis auf den letzten Quadratfuß bebaut ist, dann ist es zu spät, dann sind die Uebelstände schon zu groß geworden.

Die zweite Rucksicht, meine Herren, ist aber die auf das Herrenhaus. Ich glaube der Hr. Abg. Berger hat doch etwas sehr gewagt operirt, wenn er das Interesse und den Widerspruch des Herrenhauses ohne Weiteres hier damit beseitigen zu können meint, daß er sagt: Ich balte es für unmöglich, da Herrenhaus dem widerspricht. Denken Sie sich doch die umgekehrte Lage: das Herrenhaus befände sic in einer recht schlechten Situation, Sie hier befänden sich in einem Hause von dem Sie unter allseitiger Zustimmung sagen: So wie wir hier untergebracht sind, gefällt es uns sehr gut, wir wollen an unserem seit 30 Jahren von uns bewohnten Lokale einschließlich des Gartens keine Aenderung eintreten lassen“ und nun käme die Regierung und sagte: Was das Abgeordnetenhaus wünscht, ist natürlich sehr beachtenswerth, aber am Ende liegt es doch im Interesse des Herrenhauses, dem Abgeordnetenhause seinen halben Garten wegzunehmen und darauf das Herrenhaus zu errichten. In einem solchen Falle würde aber die Regierung dieses hohe Haus hier gewiß unterstützen. Dieselbe Rücksicht, die die Staats— regierung bestimmen müßte, einem solchen Wunsche des Herren— hauses sich zu widersetzen, liegt ihr auch in diesem Falle ob. Nur wenn die absolute Nothwendigkeit drängte, wenn gar kein anderes Mittel sich darböte, erst dann würde sie auf den von dem Abgeord⸗ netenhause vorgelegten Plan eingehen können; aber ohne solche Noth⸗ wendigkeit würde sie die Interessen des Faktors, der den Wunsch hätte, in seinem Besitz zu bleiben, in dem er sich seit 30 Jahren be⸗ findet, gerade so respektiren, wenn es sich um den Besitz des Abge— ordnetenhauses handelte, als wie es sich nun um den Besitz des Herrenhauses handelt.

Meine Herren! Zu diesen Rücksichten sind noch manche andere Erwägungen hinzugetreten. Die Staatsregierung würde Bedenken haben, die Königliche Genehmigung einzuholen, die erforderlich wäre zu der Bebauung eines Theils des Herrenhausgartens, sie ist aber auch darüber im Gewissen, daß sie diese Königliche Genehmigung nicht erhalten würde, wenn sie beantragt würde. Damit scheint mir die Frage, ob der Bau dort ausführbar ist oder nicht, doch bis auf Weiteres erledigt.

Was das betrifft, daß der Herr Abgeordnete noch frug, ob man vielleicht das Terrain der Porzellanmanufaktur für einen wichtigeren Zweck aufsparen wolle, die Frage kann ich unbedingt verneinen. Wenn es möglich wäre, das neue Reichstagsgebäude fertig zu zaubern und den Reichstag schon in den nächsten Monaten dahinein ziehen zu zu lassen und wenn ein Neubau des Abgeordnetenhauses auf dem Terrain des jetzigen Reichstages erwünscht und möglich wäre, würde dem die Staatsregierung gern zustimmen.

Nun hat der Herr Abgeordnete eine scharfe Kritik an dem Plan geübt, den die Staatsregierung gemacht hat, für welchen doch die ein— fache Basis die war, daß die Möglichkeit, auf dem von hier ge— wünschten Wege vorzugehen, nicht besteht, und daß es sich die Regie rung des halb aufrichtig angelegen sein ließ, auf irgend eine thunliche und gut ausführbare Weise Ihren Wünschen entgegenzukommen, ich sage, gegen diesen Plan hat der Hr. Abg. Berger sehr viele Einwendungen erhoben. Aber er ist dabei von einer ganz unrichtigen, von der Staatsregierung niemals zuzugebenden Prämisse ausgegangen. Er hat gesagt: wir haben hier aus der Initiative des Haufes einen Bauplan aufstellen lassen, der ist so vorzüglich, dagegen ist überhaupt keine Einwendung zu erheben, es ist auch keine erhoben, die Staatsregierung hat diesen Bauplan anerkannt und nun geht er von dieser Basis aus an die Kritik des Bauplatzes. Im gewöhnlichen Leben aber ist das Prozedere ein umgekehrtes, erst hat man einen Bauplatz und dann macht man einen Bauplan. Ich kann nur sagen, wenn eine Skizze gemacht ist, ohne sich darüber zu orientiren, was möglich und ausführbar sei, so ist das noch lange kein Bauplan, von dem man sagen kann, er wäre unabänderlich, er müßte gerade so ausgeführt werden. Wir müssen uns überall nach der Decke strecken, wir können ja dem Architekten nicht ein beliebiges Stück Land herstellen, wie er es wünschen und für nöthig balten mag; für seine in der Phantasie sehr schön ausgeführte Skizze, so kann man nicht vor— gehen. Das ist auch der Grund, meine Herren, weshalb dieser Plan bei den kommissarischen Besprechungen keine Einwendungen gefunden hat. Was soll man denn gegen einen Plan sagen, der in der Luft schweht und noch auf keinen bestimmten Bauplatz zugeschnitten ist! Das kommt erst, wenn der Baugrund da ist

Ich bestreite also durchaus, daß dieser Bauplan als ein von der Regierung anerkannter anzusehen wäre, nach dem sich nun die For⸗ derung für das Grundstück einfach zu richten hätte, und es ist mithin auch dieser Vorwurf, daß die Regierung nun doch ein Grundstück offerirte, worauf dieser Bauplan nicht ausgeführt werden kann, kein Vorwurf für die Regierung. Es ist ja nicht erfreulich, wenn die Regierung als Anerkennung für ihr aufrichtiges Bestreben, den Wünschen des Hauses entgegenzukommen, nur das erntet, daß ihr gesagt wird: es ist eine Art ich will mich des zartesten Ausdrucks bedienen Verkennung ihrer Aufzabe, daß sie es wagt, ein Grundstück zu offeriren, worauf wir unseren Bauplan nicht ausführen können.

Der Herr Abgeordnete hat dabei einen Vergleich gezogen mit dem Grundstückerforderniß für das Reichstagsgebäude. Ich weiß nun nicht, ob die Zahlen in dieser Beziehung alle durchaus zutreffend sind, aber ich gebe ja zu, daß das Reichstagsgebäude in sehr viel größerem Maß— stabe geplant ist und ausgeführt werden soll. Es kömmt dabei in Betracht, daß es allerdings auch noch außer dem Reichstage verschiedene andere Dinge in sich aufnehmen soll, die das künftige Abgeordneten⸗ haus nicht aufzunehmen haben würde, und es würde aus dieser Rücksicht ein gewisser Mehrbedarf von selbst sich ergeben. Außerdem wissen wir alle, wie Besonderes mit diesem Reichstagsgebäude zusammenhängt. Es ist zu

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gleicher Zeit doch die Absicht, durch eine monumentale Ausführung gewissermaßen auch ein bleibendes architektonisches Denkmal für die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches herzuftellen. Daß eine ähn⸗ liche Rücksicht bei dem Neubau des Abgeordnetenhauses vorliege, glaube ich nicht, wenigstens baben die Mitglieder dieses hohen Hauses stets das Gegentheil göäußert, es komme hier nur darauf an, ein ausreichendes, gesundes und ungefährliches Gebäude zu errichten, welches nicht den Anspruch erhebt, ein monumentales Bauwerk und ein Schmuck der Reichshauptstadt zu sein. Ich bin allerdings erstaunt, daß der Hr. Abg. Berger, abgesehen von dem Fundus, die Baukosten auf 6 bis 8 Millionen Mark veranschlagt. Ich glaube, daß dabei sich doch wohl die Absicht einer monumentalen Ausgestaltung herausstellen wird, aber diese Kosten zeigen auch so recht, daß wir bei der Grundstücksfrage doch nicht so sehr um ein oder ein paar Hunderttausend Mark besorgt sein dürfen; wenn es sich wirklich um einen Bau handelt, bei dem die reinen Baukosten 6 bis 8 Millionen Mark in Anspruch nehmen, dann ist die Frage der Kosten des Baugrundes wohl nicht so sehr ins Gewicht fallend. Ich bestreite aber nach den Ausführungen der Staatsregierung, daß es sich bei dieser Grundstückserwerbung nothwendig um 3 bis 4 Millionen handele. Der Plan, den wir uns erlaubt haben, dem hohen Hause vorzulegen, ist nicht so, daß er überall winkelig und eingeengt zu be— bauen wäre, sondern wir haben ausgeführt, wie nicht das ganze Grund⸗ stück der Seehandlung zu bebauen ist, namentlich nicht der Theil, der nach der Dorotheenstraße ausläuft, sondern in gerader Linie von der Grenze des französischen SGymnasiums bis zur Sommerstraße, so daß der Plan vollständig in gerader Linie von den Grundstücken an der Dorotheenstraße und von der Sommerstraße begrenzt sein würde und an der nörd— lichen Seite von der Uferstraße, eine Konstellation, die in der That nicht schlecht ist, und welche also eine Baufläche gestaitten würde, die beispielsweise, wenn mich mein Gedächtniß nicht trügt, 1600 m größer sein würde als der Platz, auf dem gegenwärtig das Abgeordnetenhaus steht. Der Herr Abgeordnete hat bei dieser Gelegenheit auch nach einer anderen Seite tadelnd auf das Bemühen der Staats regierung hingewiesen; gegenüber den schweren Klagen, die ihr aus dem Hause entgegentreten, daß die Sache keinen Schritt vorwärts komme, daß sie nicht mit Sympathie und Eifer befördert würde, sieht die Thatsache, daß die Regierung die Sache so rorbereitet hat, daß sie heute könnte abgeschlossen werden, und dies beantwortet er mit einem schweren Vorwurf bezüglich der Art und Weise der Anwendung des Expropriationtgesetzes. Den Vorwurf hätte die Staatsregierung nicht erwarten dürfen. Es ist aber auch gar nicht so, wie der Herr Abgeordnete vorausgesetzt hat, es sind erst mit dem betroffenen Eigenthümer sehr ein gehende Verhandlungen gepflogen worden, man hat erst ver— sucht in der Weise, wie das Gesetz voraussetzt, sich mit ihm über einen freihändigen Verkauf zu verständigen unter Vorbehalt der Einwilligung der Landesvertretung, und erst nachdem diese Bemühun⸗ gen mit großem Gifer wochenlang gesührt als resultatlos betrachtet werden mußten, ist man dazu geschritten, die Allerhöchste Genehmigung der Expropriation sicher zu stellen, die gesichert sein mußte, wenn das Abgeordnetenhaus sollte vor einem wirklich ausführbaren Projekt sich be⸗ finden. Der Herr Abgeordnete erwähnt, in unserem Schreiben, welches dem Abgeordnetenhause zugegangen ist, werde gesagt, das dem Reiche gehörige vorliegende Terrain, die sogenannte Maske, sei unschwer zu erwerben, und er hat dann gefragt: wer sagt das? ich habe gestern noch ein Mitglied der Reichstagsbaukommission gesprochen, welches entgegen— gesetzter Ansicht war. Da kann ich wobl fragen: was ist das für ein Mitglied der Baukommission des Reichstages und wie kann dieses verehrte Mitglied über diese Frage eine bessere Auskunft geben, als die Staatsregierung sie eingeholt hat, ehe sie ihr Schreiben an das Abgeordnetenhaus gerichtet hat? Es bedarf ja aber auch wirklich für jemand, der nicht bloß Gründe aufsuchen will, um diesem Projekt durchaus feindlich gegenübertreten zu können, wahrhaftig weiter nichts als die Erinnerung daran, in welcher Weise der preußische Staat dem Bedürfniß für den Grund und Boden für den Reichstagsbau entgegengekommen ist, wie wir von unserem Thier⸗ gartenterrain und dem anstoßenden Terrain bereitwillig die großen Flächen hergegeben haben, auf denen das große Reichstagsgebäude jetzt errichtet werden soll, wie wir diese umsonst hergegeben haben, um zu dem Schluß zu kommen: es ist unmöglich anders zu denken, als daß diese dem Reiche unnöthige und entbehrliche Maske unschwer“ für Preußen zu haben sein wird. Wenn Sie sich daran erinnern, ich glaube wir haben ein Terrain von 760 000 4 Werth unentgeldlich zur Verfügung gestellt, dann wird es wohl nicht besondere Schwierigkeiten machen, diese Maske, wenn sie für einen Landtagsbau erforderlich wäre, vom Reiche zu bekommen. Insoweit, glaube ich, können wir mit voller Beruhigung den weiteren Verhand lungen, die natürlich erst dann fortzusetzen sind, wenn das hohe Haus seine Geneigtheit, auf diese Sache einzugehen, bekundet hat, ent— gegensehen.

Ich glaube, auf diese dürfen.

Der Abg. von Rauchhaupt bemerkte, die Erklärung des Finanz⸗Ministers habe die Situation ungemein geklärt (Leb— hafter Widerspruch und Lärm links,), in den Augen der Linken freilich nicht, das habe sie ja während der ganzen Rede des Ministers bewiesen. Für seine Partei aber sei sie geklärt, und er bedauere, daß der Abg. Berger seinen Aus— führungen eine wenig objektive Schärfe gegeben habe. Seine Partei weiche gewiß nur der äußersten Nothwendig— keit, dem Volke neue Lasten aufzuerlegen, aber seine Partei meine, daß nun Raum für ein neues Geschäfts— haus geschafft werden müsse. Der Gesammtvorstand des Hauses sei auch so vorsichtig gewesen, den ihm genehmen Bau— platz nicht zu bezeichnen, und es stehe nun in Frage, ob dessen Wünsche, die sich auch auf das hinter dem jetzigen Reichstage befindliche Terrain erstreckten, zu erfüllen seien oder nicht. Der Finanz-Minister habe nun unter Hinweis auf den entgegen⸗ stehenden Willen der Krone „Nein“ gesagt, und seine Partei wolle auch durch keine Pression auf die Krone wirken. Wenn sonach der vom Vorstande des Hauses gewünschte Platz hinter dem Herrenhause und Reichstage ausgeschlossen sei, so frage es sich, sei das, was die Regierung an Stelle jenes Platzes biete, vortheilhast oder nicht? Und da möchte er denn doch zunächst auf die großen Vortheile hinweisen, die diesem Hause aus der Nähe des neuen Reichstagsgebäudes erwachsen würden, und besonders aus diesem letzteren Grunde begrüße er es mit Freuden, daß die Regierung diesem Gesichts⸗ punkt durch Angebot eines für alle Doppelmandatare so vor— theilhaften Platzes Rechnung trage. Dieser Platz, den die Regierung in ihrem Entgegenkommen ausgewählt habe, sei zugleich einer der schönsten Berlins. Er dächte doch auch, daß das Haus gerade als politische Körperschast, als die Vertre— tung des größten deutschen Staates, den Wunsch habe, neben dem Reichstag plazirt zu werden. Man sage nun, daß die in Aussicht genommenen Grundstücke, die der Seehandlung gehörten, zu klein seien, doch sei diesem Uebelstande, falls derselbe thatsächlich sei, sehr leicht dadurch abzuhelfen, daß die vier benachbarten Privatgrundstücke im Wege der Expropriation erworben werden könnten. Solle das Haus sich nun, nachdem es sich 30 Jahre im Provisorium bewegt, und, nachdem die Regierung die Hand biete, etwa ab— lehnend verhalten und „Nein“ sagen? Er und seine politischen Freunde würden dies gewiß nicht thun. Wenn man nun sogar von einer Seite wieder auf den Dönhofsplatz hinweise, so erachte er das einer Ablehnung des ganzen Bauprojekts gleich. Der gegenwärtige Zustand aber sei so unleidlich, daß die Abgeordneten es wahrlich vor den Wählern würden ver⸗

Bemerkungen mich jetzt beschränken zu

antworten können, wenn sie sich aus dieser Misere befreiten. Man habe auch von dem Finanz⸗Minister gehört, daß sich der Reichstag mit dem Abgeordnetenhause in Bezug auf die Benutzung des ihm gehörigen Terrainstreifens, welcher an den diesem Hause von der Staatsregierung offe⸗ rirten Platz grenze, arrangiren wolle, woraus dem Haufe weitere Vortheile erwüchsen. Könnte dies Haus nicht zum Beispiel auf diese Weise mit dem Reichstag ein gemeinsames Kesselhaus haben? Möchten die Reichstagskessel seinetwegen dann schwarz⸗weiß⸗roth, die des Abgeordnetenhauses schwarz⸗ weiß angestrichen sein. Er stelle sonach den Antrag, die Vor— lage dem Gesammtvorstande des Hauses, den seine Partei als die autorisirteste Körperschast in dieser Beziehung erachte, zu übergeben, damit derselbe auf Grund dieser Vorlage mit der Staats- und mit der Reichsregierung Verhandlungen anknüpfe, die dies Haus endlich dahin führen würden, auf dem von der Regierung offerirten Platz ein Gebäude zu erhalten, welches allen Ansprüchen genüge.

Der Abg. Löwe (Berlin) erklärte, er könne sich der An— sicht des Abg. von Rauchhaupt nicht anschließen, daß die wei— tere Thätigkeit des Gesammtvorstandes in dieser Angelegen— heit sich auf den von der Regierung vorgeschlagenen Platz beschränken solle, denn dieser Platz sei weder geeignet, noch ausreichend. Ihm sei in seinem ganzen Leben noch nie eine verkehrtere Art des Vorgehens vorgekommen, als die vom Minister eingeschlagene; es sei vollständig der Bauplan des Technikers mit der Bauskizze des Bauherrn ver— wechselt worden. Im praktischen Leben gehe man so vor, wie es der Gesammtvorstand gethan: erst mache man sich ein Vild von den Bedürfnissen, welche der betreffende Bau be— friedigen solle, und dann suche man einen dem entsprechenden Bau— platz; der Gesammtvorstand habe aber die Bedürfnisse, die nothwendigerweise der neue Bau zu befriedigen haben werde, auf das möglichst geringe Maß beschränkt. Er bestreite nun die Behauptung der Regierung, daß der vorgeschlagene Platz disponibel sei, der Minister habe die Bedürfnisse des Reiches nicht in Betracht gezogen, denn wenn der Platz für das Kesselhaus des Reichstagsgebäudes in Anschlag gebracht werde, so bleibe nur ein bei weitem nicht ausreichender Streifen für das Abgeordnetenhaus übrig. Die Regierung habe geglaubt, das Haus zu der Annahme ihres Vorschlages zwingen zu können, indem der Minister erklärt habe, für das vom Hause ins Auge gefaßte Projekt sei die Einwilligung Sr. Majestät nicht zu erlangen. Dieser Thatsache würde er sich ja selbstverständlich beugen, allein, wenn Sr. Majestät keine anderen Gründe vorgetragen worden seien, als man sie hier vom Minister gehört habe, so müsse man das für eine ungenügende Information halten. Das Herren— haus brauche bei Ausführung des Projektes durchaus nicht die Hälfte seines Gartens abzutreten, sondern nur einen kleinen Theil, und derselbe werde ohnehin wohl von den Mitgliedern des Herrenhauses weit weniger benutzt, als von denen des Reichstages. Er wiederhole bei dieser Gelegenheit seinen neu— lich schon geäußerten Wunsch, daß ein Verzeichniß sämmtlicher fiskalischer Grundstücke angefertigt werde; läge ein solches vor, so würde man sehr bald ersehen können, daß der Platz in der Leipzigerstraße der einzig geeignete sei.

29 Demnächst nahm der Finanz-Minister von Scholz das Wort:

Der Herr Abgeordnete hat unter anderem die Freundlichkeit ge⸗ habt zu erklären, eine so verkehrte Vorstellung, wie ich sie von dem Procedere bei einem Bau hätte, sei ihm noch nicht vorgekommen. Diese höchst verbindliche Bemerkung würde er sich vielleicht erspart haben, wenn er selbst den technischen Ausdruck richtig gewählt hätte. Wir haben und alle Mitglieder der Budgetkommifsion werden ihm darüber ja eventuell die erforderliche Auskunft auch geben können wir haben zweierlei verschiedene Ausdrücke: „Bauprogramm“ und „Bauplan“, und alles das, was der Herr Abgeordnete vom „Bau⸗ plan“ sagte, gilt technisch nicht vom Bauplan, sondern nur vom Bauprogramm. Jeder Mensch macht sich, ehe er an einem Bau geht, ein Bauprogramm, d. h. er felt sich die Bedürfnisse zusammen, und sagt sich, wieviel er braucht, und wie er am idealsten die Sache machen würde. Da— nach kauft er erst den Bauplatz, und erst, wenn er den Bauplatz hat läßt er ein Projekt ausarbeiten; und ich kann sagen, daß beispiels⸗ weise die technische Revision dessen, was er „Bauplan“ nennt, und als Bauplan beachtet wissen will, einfach unmöglich ist, so lange es sich nicht auf ein bestimmtes Grundstück bezieht, und dieses habe ich behauptet, und ich glaube danach, daß das Verkehrte jedenfalls nicht auf meiner Seite gewesen ist.

Der Herr Abgeordnete ist dann ich will meinerseits mich milde ausdrücken im Irrthum, wenn er glaubt, wir hätten diesen Vor— schlag gemacht, ohne zu wissen, daß auf dem Grundstück noch Kesselanlagen für das Reichstagsgebäude beabsichtigt sind. Nein, das ist uns so gut bekannt, wie Ihnen; wir glauben nur das ist der abweichende Punkt daß sich auf dem Grundstück sowohl das Bedürfniß befriedigen läßt, welches hier befriedigt werden soll, als auch das jener Kesselanlagen. Nun habe ich allen Respekt vor der technischen Befähigung des Herrn Abgeordneten, aber Sie werden doch zugeben, diese Frage ist damit nicht abgemacht, daß der Abg. Loewe sagt: das geht nicht. Das ist eine Frage, die von Architekten einer sachverständigen Prüfung Uunter⸗ zogen werden muß. Bestreiten Sie, daß es geht, so wollen wir die Sachverständigen bitten, sich ihre Köpfe zu zerbrechen und uns zu sagen, ob es wirklich nicht geht. Ganz im Irrthum aber ist nun der Hr. Abgeordnete in der Unterstellung ge⸗ wesen, daß es der Regierung darauf ankomme, Sie auf diesen Bau— platz hinzwingen zu wollen. Ich kann versichern, das wollen wir nicht, nichts liegt uns so fern. Wollen Sie nicht, dann erwarten wir ein einfaches Nein“, und dann wird einfach der Plan fallen gelassen; aber ein Interesse, Sie dahin zu zwingen, haben wir im Entferntesten nicht. Wie es dann angefangen werden foll, nach der Anschauung des Herrn Abgeordneten, die Allerhöchste Stelle in einem ihm genügend scheinenden Sinn zu infor— miren, ist mir unklar geblieben. Daß die Krone ihre Rathgeber nicht nach den Informationen und Wünschen des Abg. Loewe gewählt hat, das steht doch nun fest, und daß die Rathgeber der Krone nicht anders als nach ihrer gewissenhaften, pflichtmäßigen Ueberzeugung bei Sr. Majestät Vortrag haljen können, steht doch auch fest sie können sich nicht berufen auf die entgegengesetzte Auffassung des Hrn. Abg. Loewe. Also nach dieser Richtung ist seine ganze Ausführung doch hinfällig. Abgesehen davon, glaube ich, daß es auch doch eine materiell etwas sehr unbegründete Voraussetzung ist, daß es für die Allerhöchste Person so schwer sein sollte, uber die Berliner Verhält= nisse, über diese Verhältnisse hier sich in völlig ausreichender Weise zu informiren. Die Garantie, daß diese Information zu einer über einstimmenden Würdigung der Verhältnisse, wie sie auf dieser Seite 3 Hauses (links) vertreten ist, führt, kann ihm natürlich Niemand bieten.

Der Abg. Hobrecht erklärte, wenn er ganz nach persön— licher Neigung verfahren könnte, würde er den Ausführungen des Abg. von Rauchhaupt zustimmen. Er glaube aber, daß man die Frage, in welchem Umfange das neue Gebäude her— gestellt werden müsse, objektiv behandeln müsse, er müsse des⸗ halb dem zustimmen, was der Abg. Berger gesagt habe. In Folge der Besprechung dieser Angelegenheit, die er mit er⸗ fahrenen Architekten veranlaßt habe, müsse er die Aus⸗

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Platz sei vollkommen unzureichend.

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wird aufgefordert, spätestens in dem auf

führungen des Abg. Löwe dem Finanz-Minister gegen— vertheidigen. Der von dem Gesammtvorstande des Hauses eingereichte Entwurf sei, wie von kompetenter Seite anerkannt werde, mit ungewöhnlicher Vorsicht und Sparsamkeit aufgestellt worden und deshalb glaube er, daß der Abg. Löwe Recht gehabt habe, wenn derseibe diesen Ent— wurf als Prämisse für jeden weiteren Gedankengang betrachtet habe. Es sei das auch für Laien nicht schwer zu verstehen. Das Hauptbedürfniß dieses Hauses liege in der Größe des Saales und einer Neihe unentbehrlicher Räume, die unbedingt um den Saal liegen müßten. Bei der sorgfältigen Berechnung dieser Räume sei der Vorstand dahin gekommen, die Hälfte des Raumes für sich in Anspruch zu nehmen, welchen der Reichstag für sich gefordert habe, der so und so viel weniger Mitglieder habe. Schon diese eine Thatsache spreche dafür, daß hier sehr sorg⸗ faltig gerechnet sei. In letzter Zeit habe er noch einen Techniker gebeten, die Größenverhaltnisse bei den Räumen der maß⸗ gebenden Stockwerke zu prüfen, und auch dieser Techniker sei zu dem Resultate gekommen, daß nur minimale Kürzungen möglich seien. Er selbst habe dann mit mehreren Mitgliedern die in dem neuen Programm angenommenen Maße mit denen verglichen, welche man in diesem Hause habe, und mit ganz geringen Modifikationen müsse er sagen, daß es nicht möglich sei, wesentliche Kürzungen darin eintreten zu lassen. Der Abg. Löwe dürfe also sagen, das hier aufgestellte Programm sei gleichzeitig ein Plan, der sür die Wahl des Bauplatzes maßgebend sein müsse. Es verstehe sich von selbst, wenn Se. Majestät sage, daß der Platz, den dieses Haus stets gewünscht habe, nicht zu haben sei, fo höre jedes weitere Wort auf. Aber er meine, es sei wirklich nicht zu viel verlangt, wenn das Haus sage, der unbeschränkten Ehrfurcht, die das Haus dem Könige gegenüber anerkenne, stehe gegenüber das Recht und die Pflicht, in ehrfurchtsvoller Form und rückhaltlos zum Könige zu gehen, und in diesem Falle habe das Haus wirklich Anlaß dazu. Denn die Gründe, die der Finanz-Minister gegen die Bewilligung des Raumes, angeführt, den das Haus so lange als wünschenswerth bezeichnet habe, seien doch nicht durchschlagend. Wenn er nach seiner perfön— lichen Neigung sprechen wollte, so würde der Grund, daß die Bäume fallen sollten, für ihn obenan stehen. Aber in 15 Jahren sei der Platz doch bebaut, wer wolle das hindern? Er habe ja in ganz anderen Fällen mit Bedauern gesehen, wie Anlagen, die man für vollkommen geschützt gehalten habe, gefallen seien. Das Herrenhaus habe noch gar nicht einmal gesprochen, und dann sei das Stück, welches sofort nach Ausführung dieses Bauplanes dem Herrenhause überwiesen werden solle, größer als die Fläche, die ihm abgenommen werden solle. Der Vor— schlag der Regierung sei das erkenne er gern an in dem Wunsche gemacht worden, daß das Abgeordnetenhaus sich da— durch vollkommen befriedigt fühlen werde. Aber nach den Prüfungen mehrerer Abgeordneten sei der Platz in der That ungeeignet. Abgesehen davon, daß dort jedenfalls Raum geschafft werden müsse für die Heizeinrichtungen, für das Maschinenhaus des Reichstags gebäudes, so könne der Platz

auch nicht vollständig bebaut werden, wenn man Fenster

behalten wolle, es müsse ein gewisses Stück zurückgerückt werden, und die Figur sei eine höchst unglückliche; das Abgeordnetenhaus komme auf ein Trapez. Ein Theil dieser Figur sei für das Haus nicht zu gebrauchen, und man müsse erwägen, ob es nicht möglich sei, durch eine Anlegung des in dem Programm vorgesehenen Eingangs eine andere Form nutzbar zu machen. Aber auch dann gehe so viel von diesem Terrain verloren, daß man apodiktisch schon heute sagen könne, der Dazu kaufen und bis zur Dorotheenstraße gehen sollte das Abgeordnetenhaus doch nicht. Das wäre eine Anregung zu sehr enormen Mehrausgaben, sowohl für die Erwerbung des Terrains, als deswegen, weil man gezwungen würde, drei Façaden aufzuführen, die den Bau enorm ver— theuern würden. Nachdem nun aber die Regierung eine solche Vorlage gemacht, sei das Haus verpflichtet, sie sorgfältiger zu prüfen, als das in den Vorbesprechungen habe geschehen können. Er habe daran gedacht, dem Hause die Wahl einer Kommission vorzuschlagen; aber er glaube, das Haus sei es seinem Gesammtvorstand nicht nur schuldig, sich zunächst an ihn zu wenden, sondern derselbe sei auch die berufenste Instanz, um dem Hause einen Bericht zu erstatten, auf Grund dessen man mit voller Kenntniß der Sachlage beschließen könne. Er stelle den Antrag, das gesammte Material dem Gesammtvorstande des Hauses mit der Anheimgabe einer Verstärkung, einer Kooptation, zur Vorberathung und Bericht— erstattung zu überweisen.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) bemerkte, als der Reichstag seiner Zeit beschlossen habe, den Platz hinter dem Herrenhaus für die Erweiterung des Reichstagsgebäudes zu verlangen, sei Seitens der Regierung damals geantwortet, man könne dem nicht zustimmen, weil die Architekten sich geäußert hätten, der Platz sei nicht ausreichend für Monu— mentalbauten. Sehe man sich jetzt die Gebäude an, die dort ständen, die Räume der Porzellanmanufaktur, sowie den noch übrigen freien Raum, dann werde man zugeben, es sei dort noch viel Platz für einen Monumentalbau.

Man stehe jetzt hier vor einem ähnlichen Standpunkte, wie damals im Reichstage. Der einzige Stein des Anstoßes sei nur das Herrenhaus. Es könne Niemand mehr als er es respektiren, wenn der König einen Ausspruch in dieser Beziehung gethan habe, aber er müsse doch sagen, das Haus habe das Recht, an einen besser zu unterrichtenden König zu appelliren. Es wäre gut, wenn das Haus seine Ansicht hier deutlich ausspräche, damit man sehe, ob es nicht möglich sei, das Herrenhaus gutwillig von seinem bisherigen Ständ— punkt abzubringen, dann denke er, werde auch der König diesem Projekt zustimmen. Er hahe ferner die Ueberzeugung, daß ein Theil des Gartens des Herrenhauses sehr gut ab⸗ getreten werden könne, ohne dem Herrenhaus irgendwie Nach— theile zu bringen. Er bitte dem Antrag Hobrecht zuzustimmen. Der Abg. Stengel erklärte, er könne in seiner Rede sehr kurz sein, da er mit der Behandlung der vorliegenden Frage, wie sie der Abg. Hobrecht vorgeschlagen habe, einverstanden sei. Auf die Rede des Abg. Berger müsse er aber doch noch zurückkommen. Derselbe habe, so zu sagen, eine ganze Ge— schichte des beabsichtigten Baues des neuen Abgeordnetenhaufes gegeben, und erzählt, daß Pläne eben nicht so ausgeführt werden könnten, als sie gedacht seien. Seit 1880 sei vom Gesammtvorstand der Platz an der Zimmerstraße und hinter dem Herrenhause ins Auge gefaßt worden. Er wolle nun zugeben, daß die sachlichen Gründe des Finanz⸗Ministers zur Ablehnung dieses Projektes auch ihm als ge— nügend nicht erschienen; indessen liege die Endentscheidung an einer anderen Stelle. Er sei überzeugt, daß der Weg, den der Abg. Reichensperger in Aussicht nehme, nämlich durch einen Beschluß auf das Herrenhaus zu wirken und dann wieder den König anzugehen, nicht gangbar erscheine. Es sei unzweifelhaft, daß das Herrenhaus nicht daran denke, von seinem bisherigen Votum abzugehen. Er und seine politi⸗ schen Freunde ständen ganz auf dem Boden des Abg. von Rauchhaupt. Was solle man nun machen? Entweder abwarten, bis die Krone eine andere Entscheidung treffe, oder wiederum den König angehen und da—⸗ mit eine Art Konflikt schaffen? Das passe aber doch nicht im Geringsten für die Bedeutung der vorliegenden An— gelegenheit. Wenn man erkläre, der neue Platz an der Doro— theenstraße sei ungeeignet, so bitte er, denselben doch näher anzusehen, dieser Platz liege in einer der schönsten Gegenden der Stadt, nicht weit von der Stadtbahn und habe die an— genehme Nachbarschaft des Reichstags zu gewärtigen. Einer nachtheiligen Einwirkung dieser Nachbarschaft dadurch, daß der Reichstag vielleicht selber noch einen Theil dieses Platzes in Anspruch nehmen werde, sei ja bereits widersprochen worden, indem die Regierung erklärt habe, der Reichstag wolle sich mit dem Abgeordnetenhause arrangiren. Die Frage würde sich jedenfalls in der Kommission erledigen lassen. Der jetzige Zustand sei aber unhaltbar und müsse man jedem Platze zustimmen, der das Haus in eine bessere Lage bringe. Vielleicht lasse sich genau feststellen, wie lange der Reichstagsbau dauern werde, und vielleicht wäre es dann möglich, auf das jetzige Reichstagsgebäude zu rechnen. Vor— läufig aber halte er den Antrag Hobrecht für den besten. Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, der Aufenthalt hier sei lebensgefährlich, er verlange nichts für seine Bequemlich⸗ keit, sondern nur die Erhaltung seiner Gesundheit, und wenn man nun die zu dem nothwendigen Neubau verfügbaren Plätze betrachte, so müsse er sagen, daß er auf den vom Hause zuerst vorgeschlagenen Platz in der Zimmerstraße nach den gehörten Erklärungen nicht mehr rechne; der offerirte Platz in der Dorotheenstraße sei so, wie derselbe offerirt sei, nicht zu brauchen; ob derselbe durch Aenderungen brauchbar werde, wisse er nicht, würde aber dorthin schon deswegen nicht gern gehen, weil dies Haus dort durch den Reichstag erdrückt werde; doch müsse man den Vorschlag der Regierung prüfen; er bezweifle auch, daß es dem Reichstag angenehm sei, dies Haus so dicht neben sich zu haben. Den Mitgliedern dieses Hauses aber könnte es schon deswegen nicht angenehm sein, weil sie, die sie hier der Lust des scheußlichen Grabens aus Gesundheits⸗ rücksichten entgehen wollten, dort in dem ebenso unerträglichen Kohlenstaub der Heizungsanlagen des Reichstagsgebäudes sein würden. Er wisse nur zwei wirklich passende Plätze: die große Kaserne am Kupfergraben und den Dönhoffsplatz selbst. An den Dönhoffsplatz habe man sich schon gewöhnt und derselbe liege so leer da, daß er glaube, wenn man dort das Haus errichten und mit schönen Zierplätzen umgeben würde, so würde das ein Schmuck für die Stadt, und sehr gut für die Mitglieder dieses Hauses sein. In Bezug auf den Platz würde der Magistrat von Berlin dem Hause wohl entgegen⸗ kommen, denn komme man dem Hause nicht entgegen, so könne man ja schließlich nach Potsdam gehen; man habe dort bessere Luft, und sei von dem störenden Geräusch der großen Stadt frei. Man sei in Berlin selbst viel zu wenig thäͤtig für diese Sache beim Magistrat, andere Kommunen kümmerten sich um die Unterbringung der ihnen zugefallenen Staats— anstalten viel mehr: die Herren säßen ruhig auf dem Rath—

haus und dächten: dies Haus müsse ja hier in Berlin bleiben;

——

und ich glaube, daß daher mit gutem Grunde diese an

lasse man es selbst sehen, wo es bleibe. Er wünsche dieses Projekt mit dem Dönhoffsplatz auch von der Kommission er— wogen, für die er nach dem Antrage Hobrecht unter der Voraus— setzung stimmen werde, daß sie nicht blos das Negierungsprojekt mit dem Platz in der Sommerstraße prüfen solle, sondern auch andere Projekte; er hoffe, daß der Abg. Hobrecht mit dieser Voraussetzung einverstanden sein werde. Er büte noch, die Sache so schnell zu erledigen, daß sie nicht wieder in die nächste Session verschleppt werde, sondern daß man schon jttzt zu einem festen Beschluß über den Bauplatz komme, und für das nächste Jahr die Vorbereitungen fuͤr den Bau ge⸗ macht werden könnten. Dem Antrage Hobrecht stimme er ebenfalls bei. Redner wandte sich sodann gegen die Aus— führungen des Abg. Stengel, welcher es für unzulässig er⸗ achtet habe, daß man eine Bewilligung von der anderen ab— hängig machen wolle. Diese Taktik sei durchaus berechtigt und in der Praxis üblich.

Der Antrag Hobrecht, welcher lautet:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: „dem Gesammtvorstande des Hauses mit dem Rechte der Koov— tation sämmtliche auf den Neubau eines Geschäftshauses für das Abgeordnetenhaus bezüglichen Schriftstücke zur Beschlußfassung zu übergeben“, - wurde fast einstimmig angenommen.

Die Etats des Abgeordnetenhhauses, des Herrenbauses und der Staatsschulden-Verwaltung wurden ohne Debatte an— genommen.

Der Etat der Verwaltung der indirekten Steuern weist in der Einnahme 91 730 200 S, im Ordinarium der Aus— gabe 28 835 100 66, im Extraordinarium 285 0090 S auf.

Von diesem Etat war die Position des Extraordinariums, welche 100 000 6 zum Ankauf eines Dienstgebäudes für das Hauptsteueramt zu Brandenburg verlangte, an die Budget⸗ kommission zurückverwiesen worden. ; .Der Abg. Jacobs befürwortete Namens derselben die Bewelligung der Ausgabe, da die Nothwendigkeit, ein solches Gebäude zu errichten, unabweisbar sei.

Das Haus beschloß dem Antrage der Kommission gemäß.

Von dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung waren vier Titel, durch welche die aus den Nothstandsdarlehen her⸗ rührenden Zinsen und Rückzahlungseinnahmen in den Etat eingestellt sind, gleichfalls zur Vorprüfung der Budgetkommission

übergehen worden; deren Genehmigung indessen auch hier von

der letzteren beantragt wird. Der Abg Dr. Hammacher erklärte, die hier in Betracht kommenden Nothstandsdarlehne seien f. 3. als Staatsschulden

hinausgegeben worden, es dürften also eigentlich die aus diesen

Beträgen herfließenden Rückzahlungen und Zinsen nicht hier

in, der allgemeinen Finanzverwaltung für Bedürfnisse des

Staates eingestellt werden, sondern müßten zur Amortisation der Staatsschulden Verwendung finden. Nun sei allerdings nicht in Abrede zu stellen, daß die Staatsregierung nach den bestehenden Gesetzen korrekt verfahre, indessen frage es sich eben, oh diese Bestimmung nicht dahin abzuändern sein dürfte, daß diese Zinsen und Rückzahlungsgelder künftig zur Staats— schulden-Amortisation Verwendung finden sollten.

. 5. ergriff der Finanz⸗Minister von Scholz das Wort:

Der Hr. Abg. Dr. Hammacher hat die Güte gehabt, ausdrücklich hervorzuheben, daß das jetzt und zwar seit langer Zeit heobachtete Verfahren mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang steht. Es bleibt mir deshalb nur übrig. die Frage der Zweckmäßigkeit seiner Anregung zu erörtern. Nun erkenne ich das Prinzipielle in den Aeußerungen des Herrn Abgeordneten vollstaͤndig an. Aber ich glaube, die Praxis, in der wir seither stehen, hat auch ihre guten Gründe. Wenn Sie die Titel 8 bis 12 ansehen 1028 10009 292112 53 323 S überall Rückzahlungen und Zinsen so sind es eben verhältnißmäßig unbedeutende Beträge, welche dazu zu bestimmen sein würden, die Staatsschuld zu tilgen, Beträge, die, wie ich glaube, mit gutem Grunde hier in die allge⸗ meine Finanzverwaltung und nicht in die Staatsschulden verwaltung eingestellt sind, zumal weil angenommen worden ist, daß die Staats⸗ regierung unter Umständen ein großes Maß von Nachsicht nothwendig hat gegenüber den Nothstandsschuldnern. Sie muß weitere Fristen bewilligen, Ausstand geben u. s. w.: alles Dinge, die nicht geeignet sind, die Eingänge für die Tilgung der Staate schulden zu bestimmen. Die Tilgungsmittel für die Staatsschulden müssen prompt und zweifellos eingehen,

sich unbe⸗ deutenden Posten hier stehen gelassen und sie nicht mit der Tilgung der Staatsschulden direkt in Verbindung gesetzt sind. Aehnlich ver⸗ hält es sich mit dem Posten der Hinterlegungsgelder. Auch dieser beruht nicht auf einer willkürlichen Gestaltung der Finanzverwaltung, sondern auf den damals mit dem hohen Haufe eingehend erörterten Grundsätzen. Es hat das auch bisher keinesfalls zu einer Schädigung des Prinzips geführt, welches der Herr Abgeordnete befürwortet hat, sondern im Gegentheil, es sind sehr viel mehr Schulden auf diese Weise getilgt worden. Ich glaube also in der That, daß eine drin gende Veranlassung zu einer Aenderung auch in dieser Beziehung nicht vorliegt. Die Titel wurden sodann nach dem Antrage der Kom— mission genehmigt.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

Lierauf vertagte sich das Haus um 21½ Uhr auf Mitt— woch 11 Uhr.

Preuß. Staats ⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition des Neutschen Neicha Anzeigers und Königlich Nrenßischen taats- Anzeigers: 3 Berlin 8W., Wilhelm⸗Straße Nr. 32. 4.

Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.

Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen ü. dergl.

3. Terkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.

Verloosung, Amortisation,

* u. 8. w. von öffentlichen Papieren.

* 2 S 8 Insera e fur den Deutschen Reichs- und Kör al * Oe entlicher An et 2 * . 1 ) Veu n sche Metihs⸗ 9 nigl. 1 r * Inserate nehmen an: die Annoncen ⸗Expeditionen des

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In der Börsen- beilage. *

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& Vogler, G. L. Danbe & Co., E. Schlotte,

Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen Bureanx.

Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl. Aufgebot.

Der General ⸗Lieutenant z. D. Carl von Strantz hier und der General-Major Friedrich von Stranz zu Karlsruhe haben das Aufgebot der von dem ehe— maligen preußischen Hauptbank Direktorium am 25. Juni 1855 auf den Ramen der Frau Generalin von Beyer, geb. Gräfin von Wylich und Lottum, in Erfurt. ausgestellten Bankobligatlon Titt. H. i. Nr. 15619 sber 1130 Thaler, worauf am 30. De— zember 1866 820 Thaler zurüͤckgejahlt sind und welche noch auf Höhe von 300 Thalern oder 900 nebst den Zinfen vom 35. Dezember 18565 bis zum 30. März 1879 im Betrage von 400 6 50 3 un— bezahlt ist, beantragt. Der Inhaber der Uckunde

5309]

mann L. A.

den 2. Juli 1884, Vormittags 11 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Indenstraße 58/60, eine Treppe, Zimmer 21, anberaumten Aufgebots“ termine seine Rechte anzumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird.

Berlin, den 7. Dezember 1883.

Königliches Amtsgericht J. Abtheilung 43.

Der Kaufmann M. Haase in Bernstein hat das Aufgebot des angeblich verlorenen, von dem Kauf⸗ Goldschmidt 12. Januar 1877 auf den Rittergutsbesitzer Hermann Goldschmidt zu Silberberg i. Schl. gezogenen und von diesem acceptirten, am 12. April 1877 an eigene

Hirschberg zu Stettin 1600 M beantragt.

vor dem unterzeichneten

Aufgebot.

44165 Aufgebot.

zu Schoenow am

Ordre des L. A. Goldschmidt beim Banquier Josl

zahlbaren Der Inhaber der Urkunde wird aufgefordert, spätestens in dem auf

den 9. Juli 1884, Vormitta Gerichte, anberaumten Aufgebotstermine seine Rechte anzu⸗ melden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird.

9. Stettin, den 7. Dezember 1883.

Königliches Amtsgericht.

s85 11 Uhr,

Der Glasermeister Ferdinand Schwendt zu Posen hat das Aufgebot zweier von ihm ausgestellter und von 21. Vollhase in Posen gceeptirter, an die Ordre des Ausstellers zahlbarer Wechsel, von denen

Wechsels über 1868 fällig war, der andere, d. d. Posen, über 46 Thaler lautete und am 1868 fällig war, beantragt. Die Inhaber dieser Wechsel werden aufgefordert, spätestens in dem auf den 3. Mai 1884, Vormittags 119 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, im hiesigen Amts- gerichtsgebäude, Sapiehaplatz Nr. 9, Zimmer Nr. 5. anberaumten Aufgebotstermine ihre Rechte anzu⸗ melden und die Wechsel vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Letzteren erfolgen wird. Posen, den 10. Oktober 1883. Königliches Amtsgericht, Abtheilung ILV.

den 15. Juli 1868. 15. Oktober Zimmer 53,