ö
bestimmt: Zu Schul⸗
Berathen wurde zunächst Art. J., welcher nach der Vor⸗ lage der Regierung lautet:
Artikel J. Die Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 (Ge⸗ setzsamml. S. 335) nebst den dazu ergangenen abändernden und ergänzenden Bestimmungen tritt unter Ausschluß der 55. 123 bis 125 und 127 bis 130 in der Provinz Hannover zugleich mit der , mm für die Provinz und unter folgenden Maßgaben in
raft:
1) Zum Provinzial ⸗‚ Landtag (§§. 9 ff. a. . O.) werden für jeden Kreis mit weniger als 40000 Einwohnern ein Abgeordneter, für jeden Kreis mit 10000 bis zu 80000 Einwohnzrn zwei Ab— geordnete und für jeden Kreis, welcher die Einwohnerzahl von S0 900 erreicht, drei Abgeordnete gewählt. Für jede fernere Voll ⸗ zahl von 5000900 Einwohnern tritt ein Abgeordneter hinzu. Dem Provinzial Landtage bleibt es überlassen, durch statuta: rische Anordnung zwei angrenzende Landkreise, welche nur je zwei Abgeordnete zu wahlen haben, oder deren einer nur einen und der andere nur zwei Abgeordnete zu wählen hat, sowie zwei oder drei derjenigen Landkreise, welche nur je einen Abgeordneten zu wählen haben, zu Wahlbezirken zu verbinden und die Wehlorte zu be⸗ stimmen. Die Wahlbezirke wählen diejenige Zahl der Abgeord⸗ neten, welche gemäß Absatz 1 auf die zusammengelegten Kreise trifft.
Die Kommission läßt die Einleitungsworte unverändert, will aber die 8§. 9 —I15 und 22 durch eine Reihe von Vor⸗ schriften ersetzen, nach welchen die Zahl der Provinzial-Land⸗ tagsabgeordneten auf 94 fixirt und den Großgrundbesitzern und Städten je 27, den Landgemeinden 40 Plätze zugewiesen werden. Daran schließt sich das Vertheilungs⸗Tableau.
Außerdem lag folgender Antrag des Abg. Dr. Windt—⸗ horst vor:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
Unter Ablehnung des vorgelegten Entwurfes eines Gesetzes über die Einführung der Provinzialordnung vom 29. Juni 15975 in der Provinz Hannover, die Königliche Staatsregierung aufzu⸗— fordern, dem Landtage demnächst den Entwurf einer Provigzial⸗ ordnung vorzulegen, welcher die provinzialständische Verfassung, wie solche durch die Königliche Verordnung vom 22. August 1867 im Gebiete des ehemaligen Königreichs Hannover geordnet ist, so⸗ viel die Zusammensetzung des Provinzial⸗Landtages betrifft, zur Grundlage nimmt, und daran nur dasjenige ändert, was nöthig ift, um die künftige Provinzialordnung der neuen Organisation der Landesverwaltung anzupassen.
4) Für der Fall der Ablehnung des Antrags sub 3:
In Artikel l sab Nr. 1 der Kommissionsvorlage hinter den
Worten „der Provinzial ⸗Landtag besteht aus“ (5§. 9. . a. O.)
einzufügen: dem Herzoge von Arenberg, dem Herzoge von Looz⸗Corswaaren, dem Fürsten von Bentheim ⸗Steinfurt, . so lange dieselben im Besitze ihrer in der Provinz belegenen Standesherrschaften sich befinden,
dem Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode,
dem Grofen zu Stolberg Stolberg,, beide wegen der Grafschaft Hohnstein,
dem Erb⸗Landmarschall von Hannover, so lange derselbe im Besitze des dieses Amt bedingenden Majorats ist,
außerdem aus.“ . ; : .
Der Abg. Dr. Köhler erklärte sich gegen die Kommissions—⸗ anträge und für die Fassung der Regierungsvorlage. Im In— teresse der Selbstverwaltung liege es, daß der Provinzial⸗ Landtag sich nicht aus Interessengruppen zusammensetze, son⸗ dern aus den Wahlen der Kreise hervorgehe. Man befürchte, daß bei dieser Art der Zusammensetzung vielleicht die Gruppe der Groß⸗ grundbesitzer majorisirt werden könnte. Allein die Erfahrungen, die man bereits in den alten Kreisordnungs⸗-Provinzen gemacht habe, bezeugten, daß diese Befürchtung nicht stichhaltig sei. Ueber⸗ bies gebe 8. 11 der Provinzialordnung der Regierung die Mög⸗ lichkeit an die Hand, durch die Zusammenlegung einzelner Kreise die Majorisirung der einen oder der anderen Interessengruppe zu verhindern. . .
Der Abg. von Rauchhaupt trat für die Beschlüsse der Kommission ein, die identisch seien mit den Wüunschen des jetzigen hannoverschen Provinzial⸗Landtages. Es sei übri⸗ gens keineswegs ausgeschlosson, daß in die erste Gruppe von Abgeordneten auch bäuerliche Besitzer gelangten. In der Provinz Sachsen habe sich eine ähnliche Erscheinung gezeigt, und sehr zum Segen der konservativen Sache. 36
Hierauf ergriff bei Schluß des Blattes der Vize-Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats-Minister von Puttkamer, das Wort.
— In Betreff der Führung des Kommodorestanders haben Se. Majestät der Kaiser Folgendes bestimmt: 1) Wird es erforderlich, Geschwader oder Flottillen in Unter⸗ abtheilungen zu gliedern, so erhalten letztere allgemein die Bezeichnung „Division.“ Untereinander werden solche Divi⸗ sionen entweder durch die Nummer als „erste“, „zweite Divi— sion“ u. s. w. oder durch Bezeichnung nach der Gattung der Schiffe u. s. w. als „Korvetten⸗“, „Fregatten-Division“ u. s. w. unterschieden. 2) Jeder Offizier, welcher auf Allerhöchsten Befehl das Kommando über eine Division von Schiffen oder Fahrzeugen übernimmt, führt, sofern er nicht Flaggoffizier oder Kommodore ist, als Kommandozeichen den in der Anlage dargestellten „Divisionsstander“ im Großtopp. 3) Dasselbe Kommando⸗ zeichen führt jeder von Sr. Majestät ernannte Führer eines selbständigen Flottentheils, sofern er nicht Flaggoffizier oder Kommodore ist. 4) Jeder durch einen anderen Befehlshaber mit der Leitung einer Division von Schiffen oder Fahrzeugen oder eines selbständigen Flottentheils zeitweise beauftragte Kommandant eines Schiffes oder Fahrzeuges führt, sofern er nicht Flaggoffizier oder Kommodore ist, den Divisionsstander für die Dauer des Verhältnisses im Großtopp neben dem
Kriegs wimpel.
— Ueber die diesjährigen Frühjahrs-Indienst— stellungen und Sommer-Rebungen der Marine haben Se. Majestät der Kaiser u. A. Folgendes ö ö. kö von S. M. Schiffen un ahrzeugen in Dienst zu stellen: J) die Panzerkorvette „Hansa“ als Wachtschiff für Kiel und zugleich zur Ausbildung von Matrosen und Ma⸗ schinenpersonal, bei gleichzeitiger Außerdienststellung der gedeckten Korvette „Arcona“. 2) Die gedeckte Korvette „Vineta“ zur Ausbildung von Matrosen und Maschinenpersonal. 3) Das Kanonenboot „Cyclop“ zur Ueberwachung und zum Schuß der Fischerei in der Nordsee. 4) Die gedeckte Korvette Eli sabeth“ als Seekadettenschulschiff. 5) Die Fregatte Niobe als Kadettenschulschiff. 65 Die Glattdeckskorvette „Nymphe“ und die Briggs „Rover“ und „Undine“ als Schiffsjungen⸗ schulschiffe. I Das Kanonenboot „Hay“ als Tender des Artille⸗ rieschiffes. 8) das Torpedofahrzeug „Ulan“ zu Torpedoübungen. 9) Das Kanonenboot ‚Moewe“ zu politischen Zwecken. 10) Das Kanonenboot „Drache“ zu Vermessungezwecken. Als Uebungs⸗ eschwader sind in folgender Ordre de bataille in Dienst zu i, a. Panzerkorvettendivision. Die Panzerkorvetten
Baden“. „Sachsen'. „Württemberg“, „Bayern?“ und der Aviso „Blitz“. b. Panzerkanonenbootsdivision. Die Panzer⸗ kanonenboole „Hummel“, „Crocodill“, „Biene“, „Kamäleon“ und der Aviso „Grille“. c. Torpedobootsdivision. Die Tor⸗ pedoboote „Jäger“, „Sicher“, „Tapfer“, Kühn“, „Vorwärts“, „Scharf“; auch können mit dieser Division zeitweise das Tor⸗ pedoschulschiff und zwei weitere Torpedoboote verbunden werden. III. Sonstige Uebungen. Die Hauptfestungskriegsübungen in Kiel und Wilhelmshaven sind im September abzuhalten und mit den Uebungen des Geschwaders zu verbinden, auch können andere verfügbare Schiffe und Fahrzeuge hierzu mit herangezogen und einige Küstenbeobachtungsstationen in Be⸗ trieb gesetzt werden. Im August sind zur 1. Werftdivision 100, im September zur 1. Matrosen⸗Artillerieabtheilung 150 Mann des Beurlaubtenstandes auf je drei Wochen einzuziehen.
— Dem Kreise Jerichow II ist Allerhöchsten Orts unterm 30. Januar d. J. für die Grundstücke, welche zu dem von demselben beabsichtigten Bau einer Chaussee von Rathenow nach Wulkau erforderlich sind, das Enteignungsrecht ver— liehen worden. Zugleich ist beßimmt worden, daß die dem Chausseegeldtarise vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee-Polizei-Vergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen sollen.
— Ueberschreitet ein Lehrer bei Ausübung des Züchtigungsrechts die ihm landesgesetzlich bestimmten Gren⸗ zen, so ist er nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 18. Dezember v. J., wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Ausübung seines Amtes aus §. 340 Str. G. B. resp. wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Uebertretung seiner Amtspflichten aus §. 230 Abs. 2 zu be— strafen. Die srüheren landesgesetzlichen Bestimmungen, ins⸗ besondere die preußische Kabinetsordre vom 14. Mai 1825, nach welcher die Ueberschreitung des Züchtigungsrechts unter Um⸗ ständen nicht strafrechtlich, sondern nur disziplinarisch an dem Lehrer zu ahnden sei, sind mit dem 1. Oktober 1879, dem 3 des Inkrasttretens der Reichs⸗-Justizgesetze, außer Kraft gesetzt.
— Nach der im Reichs-Eisenbahn-Amt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlichten Nachweisung der cus deutschen Eisenbahnen — ausschließlich Bayerns — im Monat Dezember v. J. beim Gisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Un fälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 5 Entgleisungen und 7 Zusammen—⸗ stöße auf freier Bahn, 22 Entgleisungen und 38 Zusammen— stöße in Stationen und 172 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kessel⸗Explosionen und andere Betriebs⸗Ereignisse, wobei Personen getödtet oder ver— letzt worden sind).
Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größten— theils durch eigenes Verschulden 204 Personen verunglückt, sowie g4 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 135 unerheb⸗ lich beschädigt. Es wurden von den 15937 088 überhaupt beförderten Reisenden 3 getödtet, 8 verletzt (hiervon entfallen 1 Tödtung und 2 Verletzungen auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktion Cöln (linksrheinischeh, je 1 Tödtung auf die Württembergischen Staattzeisenbahnen und die Bahnstrecken im Verwaltungs— bezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktion Hannover, je 2 Verletzungen auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktionen Bromberg und Erfurt, und je 1 Verletzung auf die Berlin-Hamburger Eisenbahn und die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion Berlin), von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 40 getödtet und 76 verletzt und bei Nebenbeschäftigungen 1 getödtet, 26 verletzt; von Steuer⸗ 2c. Beamten 6 verletzt; von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 15 getödtet und 14 verletzt, sowie bei Selbstmordversuchen 15 Personen getödtet.
Von den sämmtlichen Verunglückungen — mit Ausschluß der Selbstmorde — entfallen auf:
A. Staatsbahnen und unter Staatsverwal— tung stehende Bahnen (bei zusammen 24 915,21 km Be⸗ triebslänge und 626 483 956 geförderten Achskilometern) 170 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Bahnstrecken im Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-⸗ Direktion Bromberg (24), Berlin (23) und Cöln (linksrheinische) (18), verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtizung der ge⸗ förderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen sind jedoch auf den Bahnstrecken im Verwaltungs bezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktionen Erfurt, Bromberg und Cöln (linksrheinisch) die meisten Verunglückungen vorge— kommen. .
B. Größere Privatbahnen — mit je über 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 4137,16 km Betriebslange und 70 318 654 geförderten Achskilometern) 19 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Hessische Ludwigsbahn (7), die Braunschweigische Eisenbahn (3) und die Breslau⸗Schweid— nitz⸗Freiburger Eisenbahn (3), verhältnißmäßig sind auf der Hessischen Ludwigsbahn, der Braunschweigischen Eisen— bahn und der Posen-Creuzburger Eisenbahn die meisten Ver— unglückungen vorgekommen. Auf den ö
C. Kleineren Privatbahnen — mit je unter 150 km Betriebslänge — (bei zusammen 1439,)5 km Betriebs— länge und 9 062112 geförderten Achskilometern) sind Ver⸗ unglückungen von Personen nicht vorgekommen.
Sachsen. Dresden, 20. Februar. (Dr. J.) Die Erste Kammer berieth in ihrer heutigen Sitzung den Ge⸗ setzentwurf, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unbeweglicher Sachen. Derselbe beruht im Anschluß an das preußische Gesetz vom 13. Juli 1883 auf dem Prinzip, daß zwar die Zwangs— versteigerung auf Antrag eines jeden hypothekarischen Gläu⸗ bigers, auch des nachstehenden, erfolgt; der Zuschlag aber nur auf ein Gebot ertheilt werden darf, welches den Gesammt⸗ betrag der der Forderung des betreibenden Gläubigers im Range vorgehenden Ansprüche, für welche das Grundstück haftet, und die Kosten der Zwangsversteigerung übersteigt, und die dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Hypotheken nach 5. 432 des bürgerlichen Gesetzbuches von dem Ersteher zu übernehmen ist. Die 1. Deputation hatte sich mit diesen Prin⸗ zipien vollständig einverstanden erklärt und beantragte dem⸗ gemäß die Annahme des Gesetzentwurfs mit einer Reihe mehr nebensächlicher Aenderungen, die bis auf eine auch die Zu⸗ stimmung der Staotsreglerung gefunden hatten. Diese eine Differenz betraf die in der Regierungsvorlage enthalte Be—⸗ stimmung, daß landwirthschaftliche und gewerbliche Grundstücke, sofern nicht der Schuldner Widerspruch erhebt oder Rechte
Dritter entgegenstehen, zugleich mit den im §. 70 bez. §. 69 des bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gegenständen (Vieh, Schiff und Geschirr bezw. Werkzeuge, Geräthschaften und Maschinen) zu versteigern sind. Die Deputation be⸗ antragte auf Grund juristischer Bedenken die Streichung dieser Bestimmung, wogegen die Regierung für dieselbe namentlich Zweckmäßigkeitsgründe anführte. Die Kammer entschied sich gegen 10 Stimmen für die Regierungsvorlage. Im Uebrigen wurde der Gesetzentwurf nach den Deputationsanträgen ein⸗ stimmig angenommen.
Neuß j. L. Gera, 18. Februar. (Lpz. Ztg.) Der Landtag für Reuß j. L. wurde heute für eine kurze Diät hier eröffnet. Es handelt sich in der Hauptsache nur um zwei, das Sparkassenwesen betreffende Vorlagen. Diese Angelegenheit hat sich als dringender erwiesen, als es bei dem Schlusse der vorigen längeren Session anzunehmen war und deshalb zu dieser früheren Wiedereinberufung des Landtags Anlaß gegeben. Bei Berathung des Staatshaushalts⸗ etats für die laufende Finanzperiode und des Vor⸗ anschlags über den Verwaltungsaufwand der Spar⸗ kassen erkannte der Landtag als zweckmäßig, daß die Verwaltung der Sparkasse für den Landestheil Lobenstein mit dem Steueramte in Lobenstein in eine gleiche Verbindung gebracht werde, wie eine solche zwischen dem Steueramte und der Sparkassenverwaltung in Schleiz bereits besteht. Die Ausführung dieser Maßregel kann zur Zeit aber nicht er— folgen und zwar wegen der im Etat nicht genügend vor— gesehenen Besoldungsverhältnisse. Inzwischen hat der General— inspektor des thüringischen Zoll! und Handelsvereins sich gutachtlich dahin ausgesprochen, daß aus Rücksichten der ge⸗ meinschaftlichen Zoll- und Steuerverwaltung gegen die beab⸗ sichtigte Verbindung der Sparkasse mit dem Steueramte kein wesentliches Bedenken obwalte, sobald die dabei kundgegebenen Voraussetzungen erfüllt werden könnten. Ebenso war von dem genannten Staatsbeamten ein Gutachten über die durch die Umänderung bedingten Besoldungsverhältnisse abgegeben worden. Diese beiden Fragen bilden den Berathungsgegen— stand bezüglich dieser Vorlage für den Landtag. — Die zweite Vorlage gilt dem Gesetzentwurf, die Schuldverschreibungen der Landessparkassen betreffend. Durch §. 20 des revidirten Sparkassenstatuts vom 22. Dezember vor. Is. ist das Mini—⸗ sterium ermächtigt worden, den Sparkassen die Ausgabe vier⸗ prozentiger, von Seiten der Gläubiger unkündbarer Schuld⸗ verschreibungen zu gestatten und die desfallsigen näheren Fest— setzungen zu treffen. Das Ministerium hat die Absicht, von
dieser Befugniß alsbald Gebrauch zu machen, den Kapital⸗
betrag der auszugeben den Schuldverschreibungen aber vor⸗ läufig auf zehn Millionen zu beschränken und mit der wirk⸗ lichen Begebung derselben zunächst nur soweit vorzugehen, als einestheils von den zeitherigen Einlegern die Umwandlung ihrer am Schlusse des Jahres 1883 vorhanden gewesenen, inzwischen nicht zurückgezogenen Guthaben, in Schuldverschreibungen be⸗ antragt wird, anderentheils für die Rückzahlung derjenigen Guthaben, welche in Folge der Ermäßigung des Zinsfußes für die Sparkasseneinlagen etwa gekündigt werden, Geldmittel zu beschaffen sind. Das Ministerium legt nun jetzt dem Land⸗ tage einen, die Schuldverschreibungen der Sparkassen betreffen— den Gesetzentwurf vor, welcher für die nächste Sitzung mit zu den Berathungsgegenständen zählt.
Elsaß⸗ Lothringen. Straßburg, 19. Februar. (Elsaß⸗Lothr. Ztg.) Bei dem ersten Gegenstande der Tagesz⸗ ordnung der heutigen (18.) Plenarsitzung des Landesaus— schusses, der dritten Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die anderweitige Einrichtung der Verwaltung der direkten Steuern, gab der Abg. Dr. Raeis eine ziemlich scharf gehaltene Er⸗ klärung Namens der lothringischen Abgeordneten ab. Dieselbe war wesentlich hervorgerufen durch die Ausführungen des Abg. Schneegans in der letzten Sitzung. Dr. Raeis erklärte es namentlich für ungerechtfertigt, wenn man den
lothringischen Abgeordneten daraus einen Vorwurf machen wolle, daß sie ihre Stellung zu den vom Hause zu fassenden
Beschlässen im Voraus festsetzen. In Folge des Gesetzes über die Geschäftssprache im Landesausschuß sei es den Lothringern eben nur auf diese Weise möglich, sich an den Verhandlungen überhaupt zu betheiligen; durch dieses Gesetz wären sie im Landesausschuß taub gemacht, und es wäre nicht billig, ihnen ihre Taubheit vorzuwerfen. Dr. Raeis wies ferner die Be⸗ hauptung zurück, daß die Lothringer systematische Opposition trieben; was sie trieben, wäre verfassungsmäßige Opposi⸗ ti or auf dem Gebiete der Budgetbewilligung, und an dieser würde sie Niemand hindern können. Der Abg. Schneegans erwiderte hierauf in kurzer Ausführung, unterbrochen von lebhasten Protesten der Lothringer, als er an das französische Sprüchwort erinnerte: der schlimmste Taube ist derjenige, welcher nicht hören will. Nachdem Unter⸗ Staatssekretär von Mayr die Annahme des Gesetzes befür—⸗ wortet hatte, wurde das erste Alinea des 8. 1 in namentlicher Abstimmung mit 26 geßen 22 Stimmen und darauf der Rest des Gesetzes und das Gesetz im Ganzen ohne Diskussion angenommen. — Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung vildete die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Gewährung von Pen⸗ sionen an in Ruhestand tretende Religionsdiener. Die 2. Kom— mission hat in dem Entwurf nur eine Aenderung vorgenommen, nach welcher die Pensionen gewährt werden sollen, „auf Grund eines Gutachtens“ der Oherbehörde ihrer Kultusgemeinschaft, während es in dem ursprünglichen Entwurf hieß „nach Anhörung“ der Oberbehörde ihrer Kultusgemeinschaft. Der Abg. Heusch dankte der Kommission für die zweckmäßige Aenderung, und die Ver⸗ sammlung nahm das Gesetz mit dieser Aenderung ohne weitere Debatte an. — Als dritter Gegenstand stand auf der Tages⸗ ordnung die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Reichsgesetzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung der Reblauskrankheit. Zu Alinea 4 des 5§. 2 lag ein Antrag Gunzert vor, durch welchen in dem Passus über die Zeit, hinnen welcher die Entschädigungs⸗ klage angebracht werden muß, für 180 Tage „6 Monate“ gesetzt werden soll. Nachdem der Abg. Gunzert diese Aenderung als für die Berechnnng bequemer empfohlen, Unter⸗ Staatssekretär Ledderhose erklärt hatte, daß er nichts gegen diese Fassung einzuwenden habe, endlich auch der Berschterstatter Abg. Hommell dieselbe Erklärung Namens der Kommission abgegeben hatte, wurde dieser Antrag angenommen. Die einzelnen Theile des Gesetzes fanden mit den bereits mitge⸗ theilten Zusätzen der Kommission ohne Debatte die Zustim⸗ mung des Hauses. Als letzter Gegenstand stand eine Reihe von Petitionen auf der Tagesordnung.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 19. Februar. (Presse.) Der Budgetausschuß hat heute den Nachtragskredit für die Vermehrung der Sicherheitswache in Wien ohne Debatte bewilligt und hierauf die Berathung über das Kapitel Kultus fortgesetzt. Nach Beendigung derselben wird der Abg. Zeithammer über direkte Steuern referiren und beantragen, daß in den Einnahmen um eine Million Gulden mehr eingestellt werde, als die Regierung präliminirt hat.
— 20. Februar. (W. T. B.) Das Herrenhaus hat die Ausnahmsverordnungen der vereinigten politischen und juridischen Kommission überwiesen.
Eine der Politischen Corre spondenz“ von beachtens⸗ werther Seite zugehende Beleuchtung der Verhältnisse Bosniens und der Herzegowina konstatirt die Fort— dauer der günstigen ökonomischen Entwickelung des Landes und die Konsolidation seiner politischen Zustände. Als Belege für Ersteres werden der prompte Eingang der Steuern, die Verminderung der Agrarstreitigkeiten, welche den politischen Charakter verloren hätten, um ein Drittel sowie die Zunahme der Kulturflächen und der Grundablösungen Seitens der christlichen Kmeten angeführt. Die politische Konsolidirung manifestire sich in der völligen Erfolglosigkeit des im letzten Herbste Seitens einiger aus Mon— tenegro übergetretener Bandenchefs unternommenen Ver— suches, das Land anläßlich der Assentirungs-Ausschreibung von Neuem zu beunruhigen und in der abwehrenden Haltung der Bevölkerung diesem Versuche gegen⸗ über. Es wird hervorgehoben, daß sowohl der Auf—⸗ stand in Serbien als auch dessen Niederwerfung ohne jegliche Wirkung auf die bosnischen Serben geblieben seien und daß eine Bewegung gegenwärtig nur durch eine mit be— deutenden Agitationsmitteln und in größerem Maße auf— tretende äußere Einwirkung hervorgerufen werden könnte. Für eine solche sei kein Anzeichen vorhanden, und auch in diesem Falle vermöchte die Landesverwaltung die Ruhe rasch und sicher wiederherzustellen.
Pest, 19. Februar. (Wien. Ztg.) Im Oberhause begann heute die Budgetdebatte. Aus diesem Anlaß hielt das Unterhaus heute keine Sitzung. Morgen gelangen der Gesetzentwurf über die Arrondirung der Komitate, dann die Vorlage, betreffend das Eigenthumsrecht der Schriftsteller und Künstler, zur Verhandlung.
— 26. Februar. (W. T. B.) Das Unterhaus hat heute den Gesetzentwurf über die Vermehrung der Bezirks—⸗ gerichte bei der letzten Lesung abgelehnt.
Agram, 19. Februar. (Pr.) Der Banus enthob den Präsidenten der Handelskammer, Grahor, seiner Würde als Vize⸗Präsidenten des Ausstellungs-Ausschussehz. „Narodne Noyine“ und die „Agramer Zeitung“ sind ermächtigt, diejenigen Stellen der gestern von Grahor in der Handelskammer ge— haltenen Rede, welche sich auf die Versprechungen des Banus beziehen, als der Wahrheit nicht entsprechend und entstellt zu bezeichnen.
Belgien. Brüssel, 20. Februar. (W. T. B.) In der Repräsentantenkammer wurde heute vom Kriegs— Minister ein Gesetzentwurf, betreffend die Organisation einer Armeereserve von 30 000 Mann, vorgelegt.
Frankreich. Paris, 20. Februar. (W. T. B.) In einem Briefe des Superiors der auswärtigen Missionen, Delpech, wird mitgetheilt, daß der Präfekt der Propa⸗ ganda von Rom, Kardinal Simeoni, ihm 10060 Fres. zur Unterstützung der Christen in Tongking übersandt habe. — Die katholischen Blätter veröffentlichen heute die Note des Kardinal-Staatssekretärs Jacobini an die Nuntien bezüglich der Propaganda von Rom; der hiesige Nuntius überreichte dieselbe heute dem Conseil⸗ Präsidenten Ferry.
General Millot hat erklärt, daß er hinreichende Streit⸗ kräfte für eine glückliche und schnelle Lösung seiner Auf— gabe habe.
Italien. Rom, 20. Februar. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agenzia Stefani“ meldet: An die italienische Regierung sind von keiner Regierung irgendwelche Bemerkungen anläßlich der jüngsten Entscheidung des Kassationshofes bezüglich der Güter der Propa— ganda gerichtet worden. Nichtsdestoweniger ließ der Minister des Aeußern, Mancini, angesichts der gegenwärtigen Be— strebungen, die öffentliche Meinung zu täuschen und die aus—⸗ wärtigen Regierungen irre zu führen, den Vertretern Ita⸗ liens zu ihrer Richtschnur präzise Instruktionen zugehen, in welchen dargethan wird, daß kein Grund zur Beschwerde vor⸗ liege. Es handelt sich, wie diese Instruktionen ausführen, nicht um einen Akt der Regierung, sondern um eine von der höchsten Gerichtsbehörde bei vereinigten Sektionen gefaßte Entscheidung zur Durchführung der schon seit vielen Jahren in Kraft stehenden Gesetze. Es handelt sich weder um eine Konfiskation, noch um eine anderweitige feindselige oder nach— theilige Maßregel bezüglich der Propaganda, welche der Minister und die Regierung des Königs stets und überall in der Person ihrer Delegirten wegen ihrer entschieden humanitären und civilisatorischen Mission geschützt haben; es handelt sich im Gegentheil um eine einfache Konvertirung in konsolidirte Rente oder Hypothekarwerthe, welche, ohne irgend einen Vortheil für die Staatsregierung oder eine Vermin⸗ derung unter dem Titel einer Taxe oder irgend einer an⸗ deren Belastung, sich zum ausschließlichen Nutzen der Pro— paganda und selbst mit Vermehrung ihres Einkom— mens vollzieht. Von dieser Konvertirung ist übrigens durch das Gesetz der Palast ausgenommen, in welchem die Propaganda in Rom ihren Sitz hat. Die Entscheidung des Kassationshofes präjudizirt endlich in keiner Weise die rechtliche Stellung der Propaganda und die eventuelle Ver— größerung ihres Vermögens. Die Instruktionen Maneini's erklären schließlich in bestimmter Weise jede Einmischung aus⸗ wärtiger Regierungen in die Justizverwaltung der italieni⸗ schen Gerichtshöfe für unzulässig.
Bulgarien. Sofia, 19. Februar. (Presse Das Ministerium des Aeußern hat eine Note an die Berliner Signatarmächte gerichtet, in welcher für Bulgarien das Recht, Handelsverträge mit an deren Staaten abzuschließen, beansprucht wird, nachdem die Pforte die alten Handelsver⸗ träge mit den Mächten nicht erneuern wolle.
Rust schuk, 19. Februar. (Presse.) Die Radikalen halten Meetings im ganzen Lande ab, um gegen das Ministerium zu demonstriren. In Widin und Tutrakan faßten die Meetings Resolutionen wegen Einberufung des Sobranije. In Sistow haben die Konservativen ein oppo— sitionelles Meeting abgehalten.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. Februar. (W. T. B.) Durch Kaiserliche Ukase vom gestrigen Tage an den Senat werden ernannt: der bisherige Botschafter in Berlin, von Sa burow, zum Senator unter Belassung im Ressort des Ministerium des Auswärtigen, Fürst Orloff zum Botschafter in Berlin, von Mohrenheim zum Bot— schafter in Paris, Schischkin, bisher in Athen, zum Ge— sandten in Stockholm.
Schweden und Norwegen. Christiania, 16. Fe⸗ bruar. (Hamb. Nachr) Der König und die Königin sind seit ihrer Ankunft in Christiania fortwährend Gegen⸗ stand einer mehr als herzlichen Huldigung gewesen. Nicht nur beim Einzuge und bei der Eröffnung des Storthings sind diese loyalen Gefühle der Bevölkerung an den Tag ge⸗ treten, sondern sie haben sich bei jeder passenden Gelegenheit geltend gemacht. Als der König am gestrigen Abend nach beendeter Vorstellung seine Loge im Theater ver⸗ lassen wollte, erhob sich das ganze Publikum und rief ihm ein neunmaliges donnerndes Hurrah zu. Das Orchester spielte darauf das Königslied, in welches das Publikum stehend einstimmte, und beim Fortgange des Königs erschollen wieder enthusiastische Hurrahrufe. — Hinsichtlich des voraus— sichtlichen Ausfalls des Urtheils des Reichsgerichts, welches am 25. d. publizirt werden soll, verlautet jetzt mit Anspruch auf Sicherheit, daß einige Lagthings mitglieder mit dem gesammten Höchstengericht für Freisprechung der ange— klagten Minister stimmen wollen und daß dieses das schließ⸗ liche Resultat sein werde.
Afrika. Egypten. Kairo, 21. Februar. (W. T. B.) Das Reutersche Bureau meldet: Die vom General Gordon in Betreff des Sklaven handels erlassene Proklamation lautet: Ich wünsche Euch Glück und Ruhe wiederzugeben. Ich weiß, daß durch die Unterdrückung des Sklavenhandels, welcher vertragsmäßig unter Androhung schwerer Strafen verboten wurde, Euer Unmuth erregt ist, und habe deshalb bestimmt, daß der Sklavenhandel wieder gestattet werde. Ich habe die öffenllichen Ausrufer anweisen lassen, diese Verfügung zu ver— kündigen. Ein Jeder, der Dienstboten besitzt, kann diese als sein Eigenthum betrachten und verkaufen.
Zwei englische Infanterie⸗Regimenter und zwei von englischen Offizieren befehligte egyptische Bataillone werden nach Assuan abgeschickt werden.
Seitungsstimmen.
Die „Berliner Politischen Nachrichten“ schreiben:
Ein indirektes, aber darum nicht minder schmeichelhaftes Lob ist der deutschen Eisenindustrie unlängst aus dem Munde des belgischen Konsuls in Zürich ertheilt worden, welches bekundet, daß unsere Eisen— industriellen im Begriff stehen, ihre belgischen Konkurrenten ganz und gar vom schweizerischen Marke zu verdrängen. Wir ersehen aus dem Bericht, welchen der belgische Konsul in Zürich äber die Situation des dortigen Eisengeschäfts im Jahre 1883 erstattet hat, daß die bel—⸗ gischen Eisenwerke ihre schweizerische Kundschaft immer mehr verlieren, und daß es ernstlicher Anstrengungen bedarf, um das verlorene Ter— rain wieder zu gewinnen.
Es handelt sich hierbei, sagt der Konsul, „nicht nur um Par— teiverhältnisse, sondern haupt sächlich um das Zutrauen der Klienten, welche namentlich von sogenannten Werken ersten Ranges oft ver— nachlässigt und zu rücksichtslos behandelt werden. Man beklagt sich hier bitter über ungenaue Ausführung der Bestellungen hinsichtlich Dimensionen und Gewicht, fehlerhafte Fabrikation und im Allgemeinen über den Mangel an Bestreben, die schweizerischen Käufer dauernd an sich zu fesseln, obschon man ie in gewissen Zeiten angelegentlichst zu gewinnen sucht. Es ist wahr, die Schweiz schickt keine Bestellungen, welche die Werke während Monaten zu beschäftigen vermöchten. Eine kleine treue Kundschaft aber, welche den Einfällen und Wandlungen der Spekulation weniger unterworfen ist, als es die großen überseeischen Märkte sind, deren Aufträge gerade in kritischen Zeiten auszubleiben pflegen, sollte dennoch nie vernachlässigt werden. Die Deutschen wissen aus diesen Verhältnissen Nutzen zu ziehen und werden, mit Ausnahme gewisser Sorten Blech, Belgien bald überall verdrängt haben.“
— Das „Leipziger Tageblatt“ bespricht das Auf— treten der sozialdemokratischen Abgeordneten im sächsischen Landtage und sagt:
Die große Mehrheit des deutschen Volkes steht heute nicht mehr auf dem Standpunkt, die Einmischung des Staates in die sozialen Verhältnisse zurückzuweisen, sie hat sich zu einem gewissen Sozialismus bekehrt und erkennt sehr wohl die Nothwendigkeit an, bei der Auf— stellung und Durchführung sozialistischer Probleme vor Allem auf den Stand des Lohnarbeiters Rücksicht zu nehmen und die ersten Maß— nahmen zu seinen Gunsten zu treffen. Es ist das Verdienst der Sozialdemokratie, daß sie viele Mängel, in der Gesetzgebung aufgedeckt und das Bedürfniß nach einer Reform dringend dargestellt hat, und es wäre ungerechtfertigt, ihr dies Verdienst nicht zugestehen zu wollen, aber es ist auf der anderen Seite das Verbrechen der Sozialdemokratie und ihrer Agitatoren, daß sie jedes Bestreben, diese Mängel abzuschaffen, und den Wünschen entgegenzukommen, sobald dasselbe nicht von ihr patentirt ist, zu verunglimpfen und ge— hässig zu machen sucht, unter dem Vorgeben, daß nur eine allge⸗ meine Umwandlung des gesellschaftlichen Zustandes von Nutzen sei. Wenn heute Hr. von Vollmar erklärt, daß er und seine Freunde auf dem Boden der Revolution stehen und morgen Hr. Liebknecht sich be⸗ müht, diese Revolution als Reformation darzustellen, so ist es schwer zu begreifen, warum man jede Reformation negirt und immer nur . i Noihwendigkeit eines allgemeinen „friedlichen Umsturzes me ...
Durch die sozialdemokratische Partei geht der Riß, seitdem die Regierung freundliche Stellung zu den sozialen Anregungen nahm, und Schritt vor Schritt eine Sozialpolitik begann. Alle Betheue⸗ rungen und Briefe können den Riß nicht verkleistern, welcher zwischen Kayser-Hasenelever und Bebel⸗Liebknecht klafft, und das dauernde Ignoriren Mosts Seitens der Letzteren wird keinem Menschen die große Spaltung unsichtbar machen, welche schon jetzt die deutsche Sozialdemokratie in Anarchisten und Sozialdemokraten theilt. . . .
Für die anderen Parteien ist es jetzt aber an der Zeit, die Krisis in der sozialdemokratischen Partei sich zu Nutze zu machen und un— beirrt fortzufahren, für die intellektuelle und materielle Verbesserung des Arbeiterstandes zu arbeiten. Dabei muß jede Parteigehässigkeit schwinden, und im gewöhnlichen Lehen muß ein Jeder bemüht sein, durch Höflichkeit und Zuvorkommenheit die sozialen Gegensätze weniger fühlbar zu machen. .
— Der „Deutschen volkswirthschaftlichen Cor⸗ respondenz“ entnehmen wir Folgendes:
Die Holzpreise in Schweden sind in letzter Zeit in solchem Grade zurückgegangen, daß darüber in den Kreisen der Interessenten die größte Bestürzung ausgebrochen ist. Man begreift diese Bestürzung wohl, wenn man erwägt, daß das Holz einer der Haupthandelsartikel Schwedens ist, und daß die Ausfuhr schwedischer Hölzer nicht weniger als 85 000 09090 Kr. im Jahre beträgt. Angesichts solcher der Holzproduktion sehr bedrohlichen Umstände, deren Ursache man hauptsächlich in der Konkurrenz kana—⸗ discher Hölzer und in der Ueberproduktion suchen zu müssen glaubt, haben sich die großen schwedischen Waldbesitzer dahin verständigt, im begonnenen Jahr nur z der vorjährigen Produktion schlagen zu lassen, um auf diese Weise einer Ueberfüllung des Marktes vorzubeugen.
Ob das viel belfen wird, ist sehr zu bezweifeln. — Für uns ist die Thatsache interessant, daß trotz dieser Ueberproduktion in Schweden, der Erlös der Forstverwaltung in Preußen für Nutzhölzer ein böherer war, als in früheren Jahren, wie man sich erinnern wird vor Kurjem im Abgeordnetenhause vernommen zu haben. Wie wir schon damals fragten, ob nicht der deutsche Holzzoll die Ursache dieser erfreulichen Besserung in Preußen sei, so könnten wir auch heute fragen, ob nicht der Zoll die Ursache sei, daß uns Schweden mit den Resultaten seiner Ueberproduktion verschont hat. Die Antwort kann nicht anders als bejahend ausfallen.
Statistische Nachrichten.
Das 46. Heft der Beiträge zur Statistik Bayer is“ ent ⸗˖ hält: Die bayerische Bevölkerung nach Geschlecht, Alter und Civil⸗ stand sowie nach der Gebürtigkeit! Am 1. Dezember 1880 hatte in den deutschen Bundesstaaten die dritte Volkszäblung seit Gründung des Deutschen Reichs statt. Was hiernach zunächst das Zahlenver⸗ bältniß der Geschlechter anbetrifft, so hat Bayern einen höheren Weiberükerschuß als das Deutsche Reich im Ganzen. Im Rückblicke auf die Jahre 1871 und 1875 ist der allgemeine Grundton der einer ziemlichen Stabilität. Von den Regierungsbezirken Bayerns weist durchweg Oberbayern den kleinsten und Oberpfalz den größten Weiber⸗ überschuß aus; die Differenz von dem Minimum zum Maximum ist 1871 4 67, 1875 4 8,9, 1880 4 5,9 Eine summarische Ueber⸗ sicht der Vertheilung der beiden Geschlechter in den einzelnen mittel⸗ baren Gemeinden ergiebt, daß von den 7990 mittelbaren Gemeinden 5588 oder 69, 0 o / Weiberüberschuß, 177 oder 2,3 o Gleichheit der Geschlechter und 2225 oder 278 0,0. Männerüberschuß haben.
Ueber das Durchschnittsalter diene zur Nachricht, daß die Ge⸗ sammtsumme der von der Bevölkerung Bayerns am 1. Dezember 1880 durchlebten Jahre 119541 112 gegen 144932 390 im Jahre 1875, 142280 767 im Jahre 1871 und 141 396 823 im Jahre 1867 beträgt. Im Zusammenzuge nach fünfjährigen Altersgruppen fällt der Höchstbetrag an Lebensjahren bei Berücksichtigung sämmtlicher durchlebten Jahre auf die Altersgruppe von 41 —- 45 Jahren (dagegen 1871 und 1875 auf die Gruppe 51 — 55), bei Zählung nur der pro⸗ duktiven Jahre auf die Altersgruppe 56 — 60 (dagegen 1871 und 1875 auf die Altersgruppe 51 - 55). Das Durchschnittsalter der Lebenden betrug im Jahre 1867 29,12 für Männer, 29.49 für Weiber, im Ganzen 29.30. Es ging allmählich zurück bis 1880 auf 27,95 für Männer, 28,0 für Weiber, 28,30 zusammen. Von Interesse ist die Quote der über 25 Jahre alten Männer. Diese Quote betrug im Königreiche 1871 51,3 o/o, 1880 49,4 7,9. — Die erste Altersgruppe von 12315 Jahren zeigt in geographischer Hinsicht in der Vergleichung von 1880 zu 1875 wieder eine Steigerung, die sich ziemlich gleichmäßig über das Land vertheilt. Bei der zweiten Altersgruppe 16 — 50 Jahre finden sich mit geringen Aufnahmen Minderungen gegen die Prozent⸗ sätze des Jahres 1875. Die dritte Altersgruppe läßt im Gegenhalte zu 1875 Mehrungen hervortreten. — Was die Civilstandsverhältnisse angeht, so waren von der Gesammtbevölkerung des Königreichs 61,0 ledig, 334 verheirathet, 5,5 verwittwet, O, 1 geschieden. In Bezug auf die Staatsangehörigkeit theilt sich die baverische Bevölkerung mit 5 284778 Seelen in 5144 538 Staatsangehörige und 140 240 Richt⸗ staatsangehörige. An der Gesammtzahl, der Nichtbavern partizipiren die unmittelbaren Städte der Landestheile rechts des Rheins und die 11 größeren Städte der Pfalz mit 452,9, die übrigen Gemeinden des Landes mit 54,8 Ho. Von den 140 240 Nichtbayern sind 83 973 Angehörige anderer Bundesstaaten und 55 265 Ausländer. Von den gezählten 5 284 778 Einwohnern Bayerns sind geboren:
in der Zählgemeinden. 3 192 458 — 60. 400
sonst im Zählungfamte . . 771230 — 14,60 sonst im Regierungsbezirke.. .. 774028 — 14, 10 1 nn,, o ,. in den anderen Staaten des Reiches 11618690 — M0
J bl 627 — 1,2 0 Sonach sind 96 0/0 der baverlschen Bevölkerung im Lande und nur 3.4/0 außer Lande geboren. An der Landesgebürtigkeit sind die beiden Geschlechter folgendermaßen betheiligt: die männliche 963, die weib⸗ liche 97 0 0so. In den einzelnen Regierungsbezirken ist der Prozentsatz der landesgebürtigen Bevölkerung: Oberpfalz und Ober⸗ franken je 8,8, Niederbayern 97,9. Mittelfranken 97,5, Pfalz und Unterfranken je 96,2, Oberbayern 96,5 und Schwaben 94,3 95/9. Es wiederholt sich sonach die im Jahre 1871 konstatirte Erscheinung, daß die Zahl der in Bayern gezählten Staatsangehörigen etwas größer ist (1870 4 6, 183809 — G7), als die Zahl der in Bayern geborenen und zur Zählungszeit innerhalb des Landes befindlichen Personen. — Von 100 Personen der ortsanwesenden Bevölkerung sind ermittelt als in der Zählungsgemeinde geboren: in Oberbayern 466, in Niederbayern 52.5, in Schwaben 57, l, in Mittelfranken 58,6, in Oberpfalz 59,9 in Oberfranken 69,3, in Unterfranken 7153, in der Pfalz 74,7“, im Königreiche 60,4 5/é9. Der Unterschied der Ge— schlechter ist kein erbeblicher; auf hie männliche Bevölkerung treffen 619, auf die weibliche 59,0 0/o. Bei Ausschluß der unmittelbaten Städte beträgt die Gemeindegebürtigkeit in Oberbayern 50,6, in Niederbavern 5446, in Schwaben 61,4, in der Oberpfalz 61,9, in Mittelfranken 62,1, in Oberfranken 72,l, in der Pfalz 74,7, in Unter⸗ franken 76.4, im Königreich 64,9 o/o. — Die Bezirksgebürtigkeit sällt bei den unmittelbaren Städten mit der Gemeindegebürtigkeit zu⸗ sammen und tritt songch als besondere Kategorie nur bei den Be— zirksämtern auf; in Prozenten der Berölkerung dieser Aemter aus= gedrückt, beziffert sich die Bezirksgebürtigkeit in Oberbayern 71,9, in Viederbayern 78,5, in Schwaben 79,4, in Mittelfranken 81,2 in der Oberpfalz 82,?, in der Pfalz 85,1, in Unterfranken 86.0, in Ober- franken 88,1, im Königreich 814 C. Werden die Prozentsätze der Gemeindegebürtigkeit der unmittelbaren Städte mit eingerechnet, so ergiebt sich als Höhe der Bezirksgebürtigkeit für das ganze Land 75,0 0 (74,5 / männliche und 75,4 0υ weibliche Bevölkerung). — Die Gehurtsbevölkerung beträgt Prozente der Zäͤhlbevölkerung in der Oberpfalz 107,9, in Oberfranken 104,3, in Niederbayern 162 4,9 in Unterfranken U,2, in Schwaben 96,6, in der Pfalz 96,5, in Mittel- franken 95,8, Oberbayern 82, J. Der Vergleich mit dem Jahre 1871 ergiebt eine erhebliche Steigerung der Erscheinungen.
Kunft, Wissenschaft und Literatur.
Im Verlage von Ernst Siegfried Mittler und Sohn in Berlin erschien soeben: Die Geschichte des Grenadier⸗ Regiments Kronprinz (1. Ostpreußisches)ꝰ Nr. 1, von 1869 — 1882, als zweite Fortsetzung der Regimentggeschichte des Hauptmanns von der Oels— nitz, im Auftrage des Regiments zusammengestellt von Gallandi, Hauptmann und Compagniechef im Regiment (mit 10 Abbildun⸗ gen im Text und 2 Tafeln Faesimiles. Preis ungebunden 7.50 6). — Das Buch, welches Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kron= prinzen von dem Offizier Corps des Regiments gewidmet ist, bringt als 9. Abschnitt: das 1. Ostpreußische Grenadier · Regiment Nr. 1, das Ost⸗ preußische Grenadier · Regiment Nr. 1 Kronprinz und das Grenadier ⸗Regi⸗ ment Kronprinz (1. Ostpreußischesꝛ Nr. 1 unter der Regierung Sr. Majestät König Wilhelm J. Deutschen Kaisers. Im dritten Kapitel ist die Theilnahme des Regiments an dem deutsch-französischen Kriege ausführlich geschildert, von seiner Abfahrt von Königsberg an bis zur Rückkehr. An der Eigschließung von Metz hat es Antheil genommen, ebenso an den Schlachten von Colombey, Noisseville, Amiens, St. Quentin. An Auszeichnungen trug das Regiment davon 1 Orden pour le mérite, 7 eiserne Kreuze 1. und 209 Kreuze 2. Klasse, wovon 6 am weißen Bande, 1 St. Georg⸗Orden 5. Klasse und 1 Großherzoglich mecklenburgisches Verdienstkreußz 2. Klasse. — Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der inneren Geschichte des Regiments und berichtet genau alle Vorfälle und Veränderungen, welche auf das Regiment Bezug haben, namentlich erwähnt es die große Theilnahme und das Wohlwollen, welches der Kronprinz stets für das Regiment bewiesen hat. Die Beilagen enthalten Nachrichten über die Fahnen, Auszeichnungen, Geschenke, Stiftungen des Regi⸗