1884 / 46 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Feb 1884 18:00:01 GMT) scan diff

ie Städte nicht mit dieser Vehemenz den Anspruch er⸗ beben, daß zu ihren Gunsten unser Vorschlag modifizirt werden soll. Ich höre zwar, daß einige von den Herren in Hannover, die nament- lich städtische Interessen vertreten, darauf zurückkommen werden, aber im Provinzial ⸗Landtage ist das nicht so der Fall gewesen. Ich bin s Sei hat, das Regierung

also der Meinung, daß man von dieser Seite geglaubt Richtige zu treffen, wenn man sich dem rschlage der einfach anschließt.

Der Hr. Abg. von Rauchhaupt hat ung den 8. 11 der Provinzialordnung für die alten Provinzen das Au kunftsmittel, welches die Regierung für den Fall treffen zu müssen glaubte, daß man annehme, die kleinen Kreise seien zu wenig nete Wahlbezirke und ihre Kreistage zu wenig geeignete Wahlkörper

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waltung zum eisten Mal, in den späteren M Landiag berechtigt sein s Kreise bezirk zusammenzulegen, um in gemeinschaftlicher Sitzung gleichung der Interessen stattfinden

von Rauchhaupt nun sehr bemängelt. Ich nur ein Nothbehelf, welcher hervorgeht

der kleinen Kreise. Aber ich glaube, meine

Hrn. Abg. von Rauchhaupt betonte Thatsache, erkenne, daß von dem 5. 11 der Gebrauch gemacht worden ist, ihn darü d Gefahr, welche er sich vorhalten zu müssen glaubt, doch der Th

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wenn es nun votirt wird, meine Herren, so können

lich den großen Vortheil verkennen, der hierin liegt. Wenigstens muß ich doch das betonen, wenn man sich gegenüberhält diejenige Wahlbezirksanordnung, welche nothwendig wird Kommis⸗ 7 scnl 291

9 . 9 iind asien ons vorschlage, und dasjenige Ar

schaftl v so ist doch lich auf Seiten des Vorschlages der Regierung, Frachtens kaum eine Diskussion darüber möglich ist.

sehen Sie sich doch gütigst die Aufstellung der Kommission an.

olossalen Wahlksrper werden da gebildet, bis zu 13 Kreisen bei den kleineren Städten! Da hört jede Möglichkeit einer nachbarlichen Ver— ständigung über den Wahlkandidaten auf, da kommen Elemente zu— sammen, die sich in ihrem Leben vielleicht niemals gesehen haben, da ĩ Dr. von Rauchhaupt mit h heftige Parteikämpfe, nan den kommunalen und nachbarlichen Charakter aus

Wahl ganz herausläßt. Wie wird es dagegen sein, wenn man

Entschlusse greift, einzelne Kreistage, sagen wir zwei, höchstens drei zusammen zu legen, um eine gemein— fame Wahl von drei Abgeordneten zu vollziehen, meine Herren, da werden, da ja bekanntlich die Kreise nur klein sind, Leute zusammenkommen zu einem Wahlkollegium, die in ihren Interessen, in ihren Anschauungen identisch sind im Großen und Ganzen, die sich untereinander kennen, denen die Auswahl ihrer Kandidaten ganz leicht sein wird, und es wird mit anderen Worten weiter garnichts in der Sache sein, wie ein altländischer Kreistag, der seine drei Ab⸗ geordneten wählt, statt der zersplitterten kleinen hannöverschen Kreise, wo jeder einen wählt. Meine Herren! Das ist für mich ein so starkes Argument, daß ich in der That wohl dem Versuch noch entgegensehen möchte, zu beweisen, daß große ungefügige Wahlkörper, wie sie durch den Vorschlag der Kommission entstehen, in irgend einer Weise in ihrer Wesenheit höher gestellt werden können, als die Vorschläge der Regierung.

Meine Herren, ich kann nach allem diesen, was ich ausgesprochen habe, schließen ich weiß nicht, ob ich durch die Ausführungen der Herren, die nach mir folgen, noch zu weiterer Nehmung des Wortes werde veranlaßt werden, aber ich habe mich verpflichtet gehalten, in diesem Augenblick an dasjenige anzuknüpfen, was der Hr. Abg. von Rauchhaupt ausgeführt hat. Ich wiederhole, ich vermag den Gründen, welche derselbe für die Kommissionsvsrschläge beigebracht hat, aus denen er ja namentlich die Nothwendigkeit derselben deduziren zu wollen schien, diejenige Beweiskraft nicht beizulegen, daß die Re⸗ gierung in ihrer Ueberzeugung mit dem, was sie vorgeschlagen, das allein Richtige getroffen zu haben, erschüttert werden kann.

Der Abg. vom Heede dankte dem Minister für seine Er— klärungen, die der Ausdruck einer wahrhaft konservativen Politik seien. Es heiße denn doch l

Meine

die Rücksichten auf die partikularistischen Interessen zu weit treiben, wenn man zu deren Gunsten von fundamentalen Grundsätzen ab— weichen wolle. Die große Mehrheit seiner politischen Freunde sei gegen den Kommissionsvorschlag, weil derselbe das Prinzip durchbreche, daß die Wahlen zum Provinzial-Landtag zicht nach Interessengruppen stattfinden sollten. Die Befürch⸗ tung, daß im Falle der Annahme der Regierungsvorlage der Großgrundbesitz keine ausreichende Vertretung finden, und der bäuerliche überwiegen werde, könne von Bedeutung nicht sein. Die bäuerliche Bevölkerung Hannovers stehe auf einer Kultur— stufe, welche die ihrer Standesgenossen in den östlichen Pro— vinzen wesentlich überrage, man könne ihr also die Wahl⸗—⸗ fähigkeit nicht absprechen. Um einer hannöverschen Eigen— thümlichkeit wegen könne man doch nicht von einem funda— mentalen Prinzip abweichen und durch Begünstigung hannöver— scher Anschauungen ein gefährliches Prinzip für die Ordnung der Dinge in Westfalen und Rheinprovinz aufstellen. Er bitte, die Regierungsvorlage anzunehmen.

Der Abg. Lauenstein erklärte, er wolle sich kurz fassen, um nicht länger die Geduld des Haufes in Anspruch zu nehmen, quousque tandem provincia abutere patientia nostra? werde man fragen; aber diese Vorlage schneide zu tief in die Interessen seiner Heimathsprovinz ein. Er erachte dafür, daß die jetzige Provinzialverfassung als Grundlage für eine bessere Neubildung durchaus nicht verwendbar sei. Auch sei die Reinung irrig, daß die Ritterschaft mit dem großen Grund— besitz in Hannover identisch sei; es gebe viel bäuerlichen Besitz, der über den Umfang von Rittergütern hinausgehe, während andererseits viele Rittergüter sich durchaus nicht in Bezug auf ihre Größe vom bäuerlichen Besitz sehr unterschieden. Die bisherige auf ständischem Prinzip beruhende Verfassung habe daher keine Berechtigung; sie sei desekt und überhaupt nur prorisorisch. Nach alledem erachte er den Prinzipal⸗ ntrag des Abg. Windthorst für durchaus unannehmbar, da— gegen den Antrag der Kommission für empfehlenswerth. Er halte es für angemessen, daß sich die Wahlen der Vertreter zum Provinzial ä Landtag aus denselben Gruppen wie die Wahlen der Kreisvertreter vollzögen. Wenn das Haus die Wahlen nach dem Regierungsvorschlage vornehme, so sei zu fürchten, daß durch eine in dieser Weise hergestellte Ver⸗ tretung die Interessen der Provinz nicht genügend gewahrt sein würden. Die Ausführungen des Ministers in dieser Be⸗ ziehung trafen nicht zu, da sie auf die Verhältnisse der öst— lichen Provinzen exemplifizirten, Verhältnisse, die in Hannover, wo der bäuerliche Grundbesitz so bedeutend überwiege, unbekannt seien. Wenn die Regierungsvorlage angenommen werden sollte, so würden sich die politischen Gegensätze wieder in schärfster Weise zuspitzen, ohne daß die materiellen Interessen dabei das Geringste gewönnen. Der Landrath würde dann dort auch zu einer so dominirenden Rolle gelangen, wie z. B. in der Provinz Sachsen, wo auch nicht weniger als 26 Landräthe in dem Provinzial-Landtag säßen, und dies sei für die Han—

noveraner nicht gerade verlockend. Ein Uebergewicht der Bauerngrundbesitzer würde zumal jetzt, wo das Agrarierthum eine so weite Verbreitung finde, für die Städte sehr nach⸗ theilig sein. Der Abg. von Lenthe, auf den sich der Minister für die Vorlage berufen habe, stehe mit seiner Ansicht unter seinen Standesgenossen eigentlich sehr isolirt da. Durch die Annahme des Kommissiongvorschlages schaffe man eine ge⸗ rechte Vertretung, und beuge Wahlagitationen vor. Denn es würden sich die Abgeordneten des einzelnen Wahlverbandes weit leichter über den zu wählenden Abgeordneten einigen, und weniger Schwierigkeiten machen, Kompromisse herbeizu⸗ führen. Der Provinzial⸗Landtag und die provinzialständischen Organe Hannovers hätten deshalb gut funktionirt, weil die Politik bei den Wahlen ausgeschlossen, und eine AusgleichuUng der Interessen möglich sei. Deswegen wolle seine Partei sich an die bestehenden Verhältnisse anschmiegen, die zum Segen der Provinz gewirkt hätten. Schleswig-Holstein wünsche ja auch ähnliche Zustände. (Widerspruch links. Wenn der Abg. Köhler die Zusammensetzung der Provinzial-Landtage ein— heitlich machen wolle, und diese Frage zu einer prinzipiellen aufbausche, warum habe derselbe nicht eine gleiche Unifikation in der Frage der Amtsvorsteher bewiesen? Wenn derselbe meine, auf die Ansicht des Provinzial-Landtages sei kein großes Gewicht zu legen, weil derselbe befangen sei, so sei dies doch eine sehr bedenkliche Stigmatisirung der berufenen Vertretung der Provinz. Er könne bezeugen, daß der Provinzial-Landtag auch diese Frage mit genügender Objektivität behandelt habe. Wie der Abg. vom Heede in dem Kommissionsbeschluß ein Präjudiz für die westlichen Provinzen, namentlich für die Rheinprovinz erblicken könne, verstehe er nicht. Hannover verlange nur, daß es nach seiner Eigenart behandelt werde. Er bitte, dem Beschlusse der Kommission beizutreten.

Der Abg. Dr. Hänel erklärte, was das Versprechen des Abg. Lauenstein betreffe, so warne er Jedermann, auf diesen Boden zu treten. Die hannöverschen Abgeordneten seien stets für die Re— gierung gewesen, wenn es sich um Wahrung der Staatseinheit gegenüber den andern Provinzen gehandelt habe. Jetzt könn— ten oder wollten sie von dieser Staatseinheit nichts wissen, wo es sich um Hannover handele. In dem Streit der Konserva— tiven mit dem Minister sei er in der beinahe befremdlichen Lage, sich dessen sämmtliche Argumente aneignen zu können, so daß er sich jetzt kurz fassen könne. Noch am 9. Februar 1882 habe Hr. von Bennigsen hier im Hause erklärt, es seien alle Versuche aufzugeben, um auf Grundlage der Scheidung in Wahlwverbände die Vertretung der Provinz aufzubauen, zumal die Frage auch für die östlichen Provinzen hier komme die Staatseinheit verneint sei. Und auf dem Provinzial⸗ Landtag sei Hr. von Vennigsen der eifrigste Gegner dieser Meinung gewesen, und ein Theil seiner Freunde berufe sich auf seine dortige Führerschaft! Das widerspreche sich ja ganz diametral. Auch der Pro— vinzial-Landtag hebe sich in seinen Beschlüssen auf: 1881 habe derselbe das System abgelehnt, das derselbe 1883 empfohlen habe; könne man sich da auf die Kenntnisse und Tugenden des Provinzial-Landtags berufen? zumal eine Körperschaft, die über ihren eigenen Tod zu Gericht sitze, immer für mil⸗ dernde Umstände plaidire und bei der Entscheidung zwischer verschiedenen Wahlsystemen sehr natürlich das empfehle, kraft dessen sie selbst gewählt sei. Gegen den Antrag Windthorst brauche der Abg. Lauenstein nicht so scharf vorzugehen, dieser Antrag stehe ja dem, was derselbe selbst vertrete, viel näher und gefalle ihm (dem Redner) beinahe

besser, weil der Antrag Windthorst wenigstens den Vor— zug habe, sich an die historischen Verhältnisse der Provinz anzuschließen. Die Kommission dagegen schaffe etwas ganz Neues und fast noch Schädlicheres. Es sei eine falsche Darstellung, als handelte es sich darum, die Wahlverhände, die man für den Kreistag anerkannt habe, einfach für den Provinzial-Landtag gelten zu lassen. In Wahrheit wolle man, daß, nachdem die Wahlverhände in den unteren Etagen ihre Schuldigkeit gethan und einen einheitlichen Kreis— tag gewählt hätten, dieser einheitliche Kreistag wieder in In— teressengruppen zerrissen werde, und daß die in dem Kreistag konservirten Interessengruppen separirte Wahlverbindungen für den Provinzial-Landtag hilden sollten. Auf diese so zerissenen Kreistage baue die Kommission ihr Wahlsystem auf, und löse gerade den Grundgedanken auf, der seine Partei beherrscht habe, als sie dieses Wahlsystem noch acceptabel gefunden habe. Mit größtem Widerstreben habe seine Partei es angenommen, und die Wahlverbände nach solchen mehr oder weniger künst— lichen Interessengruppen concedirt; aber mit der absolvirten Wahl solle die Sache nun wenigstens vorbei sein, und die so Gewählten sollten zu einer wahren einheitlichen Korporation zusammenwachsen, ohne um irgend eines Zweckes willen wieder in die alten Interessengruppen aufgelöst zu werden. Das thue der Antrag der Kommission. Er halte auch dafür, daß der Minister mit seiner Warnung an die Konservativen ein Recht gehabt hahe; er (Redner) sei auch der Meinung, daß der Provinzial— Landtag sich aus den Kreistagen bilden folle, wodurch eine einseitige Interessen Vertretung verhindert werden würde. Weshalb wolle man denn von den für die Provinz Hannover festgesetzten Grundlagen ganz abgehen? Erst schaffe man die Landräthe, dann heiße es wieder: Fort mit ihnen! Man sage, der Landrath werde resistenzfähiger sein, als der kleine Grundbesitzer, aber dann sei es doch wieder verwunderlich, daß man diese kleinen bäuerlichen Gruppen sich selbst über— lasse, wenn sie den Landrath zu wählen hätten. Aus Allem spreche ein großes Mißtrauen gegen den bäuerlichen Grund— besitz, den man von der Provinzial-Vertretung so viel wie möglich fernhalten wolle. In Wahrheit fürchte man eine bäuerliche Versammlung in dem Provinzial-Landtag und suche den Großgrundbesitz dagegen zu assekuriren. Das sei die Quintessenz aus dem Kommissionsbericht wie aus den Verhandlungen des Provinzial Landtags: es gelte einen Ein— fluß, den auf natürlichem Wege zu erringen man sich nicht zutraue, auf gesetzlichem sestzustellen, auch so eine Art von Staatssozialismus. Daß die Kreisordnung, wie sie hier ge— geben sei, den großen Grundbesitzern bereits wesentliche Vor— theile gegen den bestehenden Zustand gewähre, das ver— schwiegen die Undankbaren. Sie gebe ihnen in Amts— versammlungen und Kreistagen /“ im Minimum, nicht, wie bisher, im Maximum, obwohl sie nur 22 Proz. der Grund— steuer zahlten. Und wäre denn ein Uebergewicht des baäuer— lichen Besitzes im Provinzial-Landtag ein befonderes Unglück? Er halte es nicht dafür. Habe denn der große Besitz so ganz besondere Verdienste um die Kommunalverwaltung? Wer trage denn ihre eigentliche Last in den Städten? Leiste der große Besitz etwa in Bezug auf Wege, Armenpflege, Schulverwal— tung u. s. w. besonders Ausgezeichnetes gegenüber dem bäuer—

lichen? Der letztere weise überall da, wo eine gute bäuerliche

Kommunalverfassung bestehe, im Durchschnitt so tüchtige Lei⸗ stungen auf, daß seine Fähigkeit. im Provinzial-Landtag die Majorität sachgemäß und angemessen zu führen, nicht bestritten werden könne. Nun wolle er durchaus nicht eine einseitige bäuerliche Interessenvertretung, die die übrigen Interessen und die Intelligenz einfach todt mache. Aber er habe immer gefunden, daß es nicht schwer falle, jedem berechtigten Interesse vor einer bäuerlichen Bevölkerung den ihm gebührenden Einfluß zu wahren, wenn man mit ihr in Vertrauen erweckender Weise verkehre. Das werde auch dem großen Besitzer zu Gute kommen, der sich im Kreistag und seinen Aemtern als tüchtig bewährt habe. Von einer Feindschaft, die ihn ausschließen möchte, könne nie die Rede sein. Den Konservativen fehle es nur an Entschiedenheit, für den Antrag Windthorst einzutreten, und sie wollten, da sie ihn nicht bekommen könnten, wenigstens eine kleine Abschlagszahlung einheimsen. Sie glaubten damit wenigstens etwas von dem alten ständischen Prinzip gerettet zu haben, und verwechselten dabei künstlich Geschaffenes mit dem auf festen historischen Traditionen Beruhenden. Ohne Bewunderung für die Komposition des Landtags in den allen Provinzen halte er gleichwohl an der Regierungsvorlage fest, und verwerfe ebenso den Antrag Windthorst, wie das Zwitter— ding, das man in der Kommisston zwischen die Vorlage und diesen Antrag eingeschoben habe.

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, den Ausführungen des Ministers gegenüber müsse er doch die Hoffnung ausdrücken, daß derselbe sein letztes Wort noch nicht gesprochen habe, und das Haus noch in die Lage gerathen werde, den vorliegenden Gegenstand gründlich zu prüfen und das Richtige zu finden. Die Frage, um welche es sich hier handle, sei die, ob man bei der Komposition des ProvinzialTandtages in Hannover von den Gründsätzen, welche in den alten Provinzen gang und gäbe seien, abweichen solle. Der Minister habe gesagt, daß die Grundsätze der Provinzialordnung in den alten Pro— vinzen nach langen Kämpfen und nach ernsten Erwägungen zu Stande gekommen seien, und daß es nicht billig sei, davon in Hannover abzuweichen. Dabei scheine der Minister aber vergessen zu haben, daß derselbe diesem Grundsatz gestern, als es sich um die Amtsvorsteher gehandelt habe, nicht treu geblieben sei, und solche Bedenken nicht gehabt habe. Er, für seinen Theil, halte das Vorhanden⸗ sein des aristokratischen Elements in der Provinzial-Landschaft für eine absolute Nothwendigkeit. Die nöthige Sicherung da— für, daß der Großgrundbesitz in dieser Körperschaft auch richtig vertreten werde, sei nicht gegeben. Er könne dies mit der Statistik beweisen, aus welcher deutlich hervorgehe, wie schlecht der Großgrundbesitz gegenüber dem ländlichen Grundbesitz da— bei wegkomme. Schon a priori finde bei den Wahlen eine besondere Berücksichtigung des Großgrundbesitzes nicht statt. Das argumentire er aus einer bitteren Erfahrung, die er ge— macht habe, als man im Jahre 1848 in Hannover eine erste Kammer gehabt habe, welche fast mit Ausschluß der aristo— kratischen Elemente gebildet worden sei. Schon damals habe man dieselben Reden gehört, wie sie der Minister und der Abg. Hänel jetzt gehalten hätten, auch damals schon habe man ge— sagt, wenn sich der Adel nur zu der Bevölkerung zu stellen verstehe, werde derselbe schon gewählt werden! Die Erfah— rung habe aber gerade das Gegentheil bewiesen. Die Folgen seien davon die schweren Verfassungskämpfe in Hannover ge— wesen, die erst durch die Entscheidung des Bundestages be— seitigt seien, welcher die Beschwerden anerkannt habe. Nach der gemachten Erfahrung müsse er sagen, daß noch manche Ge⸗ neration kommen und gehen werde, ehe die kleinen Grund— besitzer die großen wählen würden. Wenn das der Minister nicht einsehe, so bewundere er die Naivität dieses sonst so vortrefflichen Herrn. Die zweite bittere Erfahrung habe er bei der Amtsvertretung gemacht. Auch da sei der Großgrund⸗ besitz und der Adel nicht gewählt. Die Folge davon sei, daß in diesen Körperschaften die Hauptwortführer fehlten. Darum sei es dem Grafen Borries außerordentlich zu danken, wenn derselbe für eine gleichmäßigere Vertretung gesorgt habe. So nöthig es also sei, daß in der Provinzialvertretung auch der Großgrundbesitz die nöthige Berücksichtigung finde, ebenso nöthig sei dies bezüglich der Städte. Für die größeren, die Kreisstädte, sei ja gesorgt, aber den kleinen Städten sei fast gar kein Recht gegeben. Werde das aristokratische Element zu wenig berücksichtigt, so werde es an den Wort— führern fehlen, und die Wortführung werde an die Vertreter der Städte, den Bürgermeister der Kreisstädte und an die Landräthe fallen. Nun, er sei ja kein Gegner der Letzteren und halte namentlich die altbrandenburgischen Landräthe für eine Institution, wie er sie nicht glücklicher denken könne, und er wünsche, man könnte sie wieder von dem Uebermaß poli— tischer und polizeilicher Amtsgeschäfte befreien. Das Votum des Provinzial-Landtages entspreche übrigens auch den In— teressen der städtischen Elemente. Deshalb sei es auch begreif— lich, daß die hervorragenden Mitglieder der städtischen Vertre— tungen hier für den Antrag der Kommission eingetreten seien. Eine sichere Vertretung der Großgrundbesitzer sei dringend geboten, sowohl im wirthschastlichen, als auch im politischen Interesse; im wirthschaftlichen, damit die verschiedenen In— teressen der Provinz einen Ausgleich fänden, und im poli— tischen, damit die verschiedenen Stände ein gemeinsames Ar— beitsfeld erhielten. Das sei ja die wesentlichste Aufgabe, Sorge zu tragen, daß die Aemulation zwischen großen und kleinen, zwischen adligen und bürgerlichen Grund— besitzern beseitigt und temperirt werde. In diesen erhalten⸗ den Elementen finde der Staat seine beste Stütze. Deshalb halte er auch die Bauernvereine für ein sehr segens— reiches Institut; sie bildeten eine bedeutsame Etappe auf dem Wege, den er angedeutet habe, und er freue sich, daß auch die alten Provinzen dies begriffen hätten. Man habe vom Abg. Lauenstein gehört, daß trotz der großen politischen Gegensätze in der Provinz Hannover, bisher noch im Provinzial Landtag ein einträchtiges Zusammenwirken möglich gewesen sei, und das würde auch in Zukunft so sein. Die gemeinsame Arbeit zeige immer, daß noch eine große Anzahl von Fragen vorhan⸗ den seien, über die sich alle verständigen könnten. Man weise auf die alten Provinzen hin, um die von der Regierung vor⸗ geschlagene Zusammensetzung des Provinzial-Landtags als un⸗ bedenklich erscheinen zu lassen. In diesen Provinzen habe das politische Leben noch nicht so tiefe Wurzeln geschlagen, als in Hannover. Lasse man nur dort die ländliche Bevölkerung in diese selbe Entwickelung eingetreten sein, und es werde dann sehr fraglich werden, ob es noch weiter gelinge, was dort bei den Wahlen für den Provinzial-Landtag gelungen sei. Er habe aus der Provinz Sachsen Mittheilungen, daß

während der ersten Jahre die ländlichen Besitzer ihre Stimmen.

gern für den Großgrundbesitz abgegeben hätten. Aber in den späten Jahren hätten sie gefunden, es wäre besser, wenn sie

allein im Provinzial⸗Landtag säßen. Er glaube des halb, auch die alten Provinzen thäten gut, wenn sie bei Zeiten für eine größere Sicherung der Vertretung des Großgrundbesitzes sorg⸗ ten. Frage man nun, wie das, was er beabsichtige, zu er— reichen sei, so antworte er, ändere man nichts an der bisheri— gen Zusammensetzung des Provinzial⸗Landtages, denn dieser habe bereits verwirklicht, was er im Auge habe. Als 1867 die preußische Regierung die Nothwendigkeit erkannt habe, ein Drgan für die Provinzialvertretung zu haben, habe sie eine Versammlung von Vertrauensmännern berufen. Aus dieser Berathung von Vertrauensmännern, die der nationalliberalen Richtung angehört hätten, stamme die Provinzialordnung, die Hannover heute habe, und die nach Aller Zeugniß gut gewirkt habe. Sie habe die Interessen der Provinz wahrgenom⸗ men und auch die Gegensätze ausgeglichen. Die Regierung habe also Ursache anzuerkennen, daß dies auch für die politische Stellung Hannovers nützlich gewesen sei. Warum also eine bewährte Versammlung nur zu dem Zweck abändern, damit ein neues Experiment gemacht werden könne? Man sage, weil dieselbe einen ständischen, einen feudalen Charakter ge⸗ tragen habe. Wäre das wirklich der Fall, so würde das doch kein Verbrechen sein. Trotzdem müsse man aus dem Munde eines preußischen Ministers hören, daß die Versammlung un— brauchbar, weil ständisch gewesen sei. Das Wort feudal hab der Minister nicht gebraucht, es sei von anderer Seite in'

Diskussion geworfen, allein, was sollten derartige Schlag—

wörter? Damit erschrecke man Niemand. Wenn das H

dem Antrag, den von Lenthe im Provinzial⸗Landtage gestellt habe und den er jetzt wiederhole, zustimme, so habe man das Kichtigste getroffen. Mit demselben könne die ganze andere Drganisation marschiren. Er bitte, seinen Antrag anzunehmen im wohl verstandenen Interesse Hannovers, das so auf der fonservativen Bahn erhalten werde. Glaube man aber, daß derselbe nur eine ständische Reminiszenz sei, so nehme man wenigstens an, was der Provinzial Landtag vorgeschlagen habe.

Der Abg. Dr. Gneist sprach sich gegen den Antrag des Vorredners aus, der die alten ständischen Interessen ausgrabe. Wenn man die verschiedenen Stände, wie sie einst vorhanden gewesen seien, wieder zusammensetze, so habe man ein absolutes Nichts, eine Schale ohne Kern. Die ganze Thätigkeit einer solchen Körperschaft werde sich auf die Verwaltung von Fhausseen, Irrenanstalten und ähnliche provinzielle Instit sowie auf die Wahl eines Landesdirektors beschränken. Rechte leide noch immer an den alten Vorurtheilen; sie se noch immer nur den demokratischen Splitter, aber den ari kratischen Balken in ihren h Wende die Rechte, die die christlichen Grundsätze doch sehr hervorkehre, dieselben doch auf sich selbst an! Ständische In⸗ teressen und Partikularismus steckten der Rechten leider noch zu tief in den Knochen, und sie selbst werde sich in dieser Beziehung als Sünder erkennen müssen. Man habe die Kreisordnung gemacht, damit der Landrath nicht allein den Kreis verwalte, sondern in allen wichtigen Beziehungen mit Zustimmung einer Mehrheit von ansässigen Vertrauensmännern des Kreises; damit der Regierungs-Präsident nicht allein den Bezirk, der Ober⸗ Praͤsident die Provinz verwalte, sondern mit einer Mehrhei von ansässigen Männern von Besitz und Bildung in allen für das bürgerliche Leben wichtigsten Beziehungen. Man habe die Kreisordnung gemacht, um die streitigen Fragen der Verwaltung durchweg durch Kollegien in richterlicher UÜin— abhängigkeit entscheiden zu lassen, um die Gefahren des Parteiwesens und der Korruption von dem ehrenwerthen preußischen Beamtenstand fern zu halten. Man habe sie ge— macht, um nicht nur dem Großgrundbesitzer, sondern den be— itzenden und höheren Klassen überhaupt das Bewußtsein ihres Berufes und ihrer Pflichten wiederzugeben, und mit Er— füllung derselben den ihnen zukommenden politischen Einfluß. Man habe sie geschaffen,

um neben allen Gegensätzen der In— teressen, des Berufes, der Religionsbekenntnisse, welche das deutsche Leben spalteten, ein gemeinsames Band wiederzufinden, welches diese Elemente im gewohnheitsmäßigen Dienst für das große Ganze des Staats vereine; der sogenannte aufgetragene Wirkungskreis von Staatsgeschäften bilde das Wesen

Sache, an die sich die Verwaltung der Institute und Fonds anreihe, nicht als die Haupt-, sondern als die sekundäre Sache, deren jetzige Gestalt übrigens erst durch das Herrenhaus in die Provinziolordnung hineinkorrigirt sei: die älteren Pro⸗ vinzial-Landtage, und insbesondere der hannöverische, seien fehlerhaft dadurch, daß sie die Nebensache zur Hauptsache ge— macht hätten. Es könne daher weder üÜüberraschen, noch be— fremden, daß eine Körperschaft, deren Zusammenhang und Thätigkeit völlig außerhalb der Reformgesetzgebung stehe, diesen Reformgesetzen nicht besondere Sympathien entgegenbringe, son— dern sie ungefähr ebenso beurtheile, wie die Provinzial-Landtage in ihrer früheren Zusammensetzung. Aber an dieser Stelle sei doch wohl der Ort, bei dem Wesen der Sache stehen zu bleiben, und dem neuen Verwaltungsgesetz nicht die Fehler des alten einzuimpfen. Die heutigen Provinzialvertretungen seien doch nicht mehr die Vertreter ständischer Sonderinteressen, sondern Vertreter der Steuerzahler und diese Steuern würden nicht mehr nach Ständen bezahlt. Sie sollten die Vertrauensmänner bezeichnen, die für die Verwaltung der obrigkeitlichen Aemter in Kreis, Bezirk, Provinz durch die Unbefangenheit und Unparteilichkeit die bestgeeigneten seien. Könne man etwas Sachwidrigeres thun, als solche Wählerschaften durch eine ganze Propinz hin— durch als Groß⸗ und Kleingrundbesitz, als städtische und länd⸗ liche Interessen von einander abzusondern und einander gegen⸗ überzustellen, als ob es sich um Vertretung agrarischer Inter⸗ essen, Zunftinteressen, Großgrundbesitzinteressen und dergleichen handelte, für die in der Staatsverwaltung überhaupt kein Platz sei, die in der Verwaltung des Amtes schweigen sollten, deren Herr zu werden gerade die Hauptaufgabe aller dieser Institu⸗ tionen sei, weniger gefährlich sei diese Gruppirung in dem lleinen Verband des Kreifes, wo derselbe durch den engeren Nachbarverband gemildert werde, und auch dort nur auf einem Konipromiß beruhe, weil es an einer Landgemeindeverfassung sehle. Aber in dem ganzen großen Verbande einer Provinz die großen Besitzmassen einander gegenüberstellen zum Zweck der Wahl für Vertrauensämter, die nach dem Gesetz und für das Gefammtwohl der Provinz verwaltet werden sollten, heiße doch wirklich die großen Besitzklassen auffordern, ihre Eonder⸗ und Parteiinteressen gerade da geltend zu machen, wo sie nicht hingehörten, den Geist der Eifersucht und, des üißtrauens da fäen, wo der Gemeinsinn für das große Ganze walten sollte. Es entstehe daraus unvermeidlich die stetige Furcht, majorisirt zu werben, da kein Stand als solcher die Majoritãt habe. Und wenn nun bei Beschlüssen, die die wirklichen Interessen durchkreuzten, bei Beschlüssen über hausseebauten, Anleihen, Steuerzuschlägen, die Interessen von

Stabt und Land wirklich in ungleichen Maße begünstigt schienen, so erscheine alsbald auch die Forderung der jtio jn hartes und die ganze alte Leidensgeschichte der alten ständischen Verwaltung, die Jerspaltung nach Kurien und der Kompro⸗ mißhandel, durch welchen den Sonderinteressen soviel zugestan⸗ den werde, um eine Majorität zu gewinnen. Es habe nieinals schwächere und verkehrtere Verwaltungsorgane gegeben, als die alten Kreisstände des alten Deutschen Reiches mit ihrer Son⸗ derung nach Kurien, die nur eine Folge der Schwäche der Reichs gewalt gewesen sei, und die man durch ein Mißver— ständriß der Geschichte in den Kreie⸗ und Provinzialoronungen nachbilden zu müssen geglaubt habe. Doch ohne auf Die größeren Verhältnisse zurückzugehen, sei es gewiß, daß die Absicht der Kommission bei ihren willkürlich abgegrenzten Besitz⸗ gruppen die Hauptsache verfehle, und daß gerade das Gegentheil er— reicht werden werde. Es würden nie weniger Ritterguts— besitzer gewählt werden, als wenn man eine besondere Kurie des Großgrundhesitzes bilde, die zu neun Zehntel aus großen Freigütern und Großbauern beständen. Man werde nie weniger städtische Herren in den Landtag bekommen, als wenn man die Städte in Masse dem Großgrundbesitz und den Bauern gegenüberstelle. Man werde viel mehr Bauern in den Land— tag bekommen, als jemals, wenn man den Bauer in 40 Wahl—⸗ kreisen wählen lasse, denn derselbe werde nicht vergessen, daß er eigentlich viel mehr Stimmen hätte haben müssen, und daß er durch einen Kompromiß von Rittern und Bürgermeistern auf die Ration von 40 gesetzt sei. Der Bauer werde, was noch schlimmer sei, noch einmal daran erinnert werden, daß alles Elend und alle Unterdrückung über den deutschen Bauer da— durch gekommen sei, daß Ritter und Bürgermeister auf den Landtagen Komproimisse geschlossen hätten, welche beiden billig erschienen seien, aber nicht dem dritten. Und was noch schlimmer sei, bei allen neuen Provinzialordnungen werde der unfruchtbare Streit wieder aufleben, der 20 Jahre auf der ganzen Linie in Preußen geführt sei, und welcher seit dem vereinigten Landtag den Kern der Verfassungestreitigkeiten ge— bildet habe: ob Vertretung nach Besitzgenossen oder Vertretung nach Steuerleistung und nach dem gemein⸗ samen Interesse für das Wohl des Ganzen. Die Kommnission habe sich auf den Standpunkt eines Provinzal Landtages ge— stellt, der ein anspruchsloseres gewissermaßen bescheideneres Parlament sein wolle, aber nach der Weise des deutschen Par⸗ lamentarismus doch immer noch ein Parlament sein möchte. Der Parlamentarismus liege den Deutschen nun einmal in den Gliedern. Es habe nirgends einen schlimmeren Parlamen⸗ tarismus als den der deutschen Fürsten gegeben, so lange fie dem Kaiser gegenüber gestanden hätten. Nirgends einen schlimmeren Parlamentarismus als den der Ritterschaften, wo sie augenblicklich die Macht gehabt hätten, den Landes herrn aus der Regierung zu verdrängen. Er bitte daher den Antrag der Kommission und den des Abg. Windthorst abzu— lehnen und die Regierungsvorlage anzunehmen. Der Abg. von Meyer (Arnswalde) erklärte, bei der vor⸗ gerückten Stunde nur wenige Minuten sprechen zu wollen. Er werde, dem Abg. Gneist zu Gefallen, gern bekennen, daß auch die Konservativen schwere Sünder seien. Er sehe den Balken in seinem Auge sehr wohl, und mache bekanntlich aus seinem Herzen nie eine Mördergrube. Er bekenne nämlich gern, daß die Thatsache, daß hier ein ständisches Element in dem Kommissionsantrag hervortrete, ihn besonders ange⸗ nehm berühre. Er werde daher für denselben stimmen. Ex habe ja die Stände früher immer vertreten, insbesondere bei der Berathung der Kreisordnung. Wenn man etwa für Hannover nichts hätte ändern wollen im Vergleich zum Osten, dann hätte man nicht mit Hannover beginnen sollen, sondern mit Schleswig-⸗Holstein. Da wäre der Amtsvorsteher und die Provinzialverwaltung einfach zu über⸗ tragen gewesen. Dann hätte man fortfahren können mit Hessen Nassau. Auch Westfalen hätte das angenommen. Beim Rheinland wäre die Sache etwas zweifelhaft geworden, weil ja die Rheinländer gewisse buregukratische Anwandlungen hätten. Er wiederhole das ausdrücklich heute mit Rücksich auf den Abg. von Eynern, damit derselbe Gelegenheit be— komme, darauf zu antworten. Wenn der Rhein es auch an— genommen hätte, dann wäre Hannover allein geblieben, dann hätten die Hannoveraner nicht mehr Nein sagen können, sie

wären so außerordentlich in der Minorität gewesen, daß sie einfach an die Wand gedrückt und festgenagelt wären. Er gebrauche dieses sehr übliche parlamentarische Bild, obgleich es ihm nicht gefalle; er fürchte, wenn im zwanzigsten Jahr—⸗ hundert ein Geschichtsforscher in den stenographischen Be— richten dieses Hauses diese Bilder so oft wiederholt finde, werde derselbe die Abgeordneten wahrscheinlich nicht sür civilisirte Germanen, sondern für rothhäutige, tätowirte Jrokesen halten. Er werde also für die altständischen Reminiscenzen stimmen, nicht allein für den Kommissionsvorschlag, sondern auch für den Antrag Windt— horst. Der Provinzial-Landtag solle 94 Mitglieder haben, das seien nach seinen Erfahrungen in Brandenburg viel zu viel. Die Aufmerksamkeit der Mitglieder steige keineswegs mit der Mitgliederzahl, und namentlich bei solchen Sachen, welche nur Theile der Provinz beträfen, zeige sich unter den Mitgliedern eine verdächtige Neigung herauszugehen, und zu frühstücken. Die Selbstregierung werde auch durch nichts mehr, als durch Langeweile gefährdet; und zum Ennuyiren gehörten gerade große Versammlungen. Das habe man hier gesehen. Das Haus habe den Etat hier drei bis vier Wochen berathen; nichts sei dabei herausgekommen, als eine Maus, die' der Berg geboren habe; und wenn die Linke sich dabei nicht ge⸗ langweilt habe, so sei er neidisch auf dieselbe. Den Antrag Köhler, der die Mitgliederzahl des Provinzial-Landtags noch vermehren wolle, anzunehmen, warne er ganz besonders. Er bitte, dem Antrag Windthorst zuzustimmen.

Der Abg. von Dziembowski erklärte im Namen seiner politischen Freunde, daß sie sich nicht entschließen könnten, den Beschlüssen der Kommission zuzustimmen. Seine Partei wolle für die Provinz Hannover nicht eine Vertretung kon— struiren, die aus den an die alten Stände sich anschließenden Interessengruppen des Großgrundbesitzes, der Städte und des Kleingrundbesitzes hervorgehen solle und schließlich zu Bahnen führen müßte, aus denen sich leicht auf das ständische System zurückgreifen ließe. Seine Partei wolle nicht Konsequenzen schaffen, die für die mit der Kreis- und Provinzialordnung noch nicht ausgestatteten Provinzen von bedenklicher Tragweite sein könnten. Seine Partei wolle diese Konsequenzen auch nicht ausgedehnt wissen eine darauf zielende Strömung sei ja schon deutlich erkennbar auf die alten Provinzen. Er halte die ständische Ordnung in Staat und Provinz, und mit Selbstverwaltung auch solche Ordnung, die dazu überleiten könnte, für unver⸗

einbar mit dem System der Selbstverwaltungs⸗Gesetzgebung.

Er wolle nicht daran rütteln, sondern fie in vollem Umfange intakt erhalten Es seien noch Bedenken geäußert worden in Bezug auf die Regierungsvorlage, die in der Hauptsache darin beständen, daß man fürchte, daß der Kleingrundbesitz eine zu starke Vertretung erhalten, und dadurch die Vertretung ein⸗ seitig werden würde. Diese Bedenken seien bereits Seitens des Ministers und einer Reihe der Vorredner hier im Hause in erschöpfender Weise widerlegt worden; er verzichte darauf sich noch darüber zu verbreiten, und schließe mit der Bitte. das Haus möge die Kommissionsbeschlüsse ablehnen und der Regierungsvorlage zustimmen. .

Die Diskussion wurde geschlossen.

Der Abg. von Eynern bemerkte persönlich, der Abg. Meyer habe den Rheinländern gestern und wied bureaukratische Neigungen vorgeworfen, sagt, die Rheinländer wären mit der bureaukratischen Ver— waltung sehr zufrieden, wenn sie nur hinterher beim Schoppen recht sehr darüber raisonniren könnten. Das Raisonniren beim Schoppen sei kein besonderes Vorrecht der Rheinländer sondern ein allgemeines Menschenrecht. z

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Der Präsident von Köller bemerkte dem Abg. von Eynern gegenüber, daß er nicht im Namen der Rheinländer hier prechen dürfe.

. 865 —— . 6 * X 1 . ( Der Abg. von Eynern (fortfahrend): Er habe ja im Namen aller Menschen gesprochen. Möglicherweise werde ja bei den Rheinländern hinter dem Schoppen mehr raisonnirt als in den östlichen Provinzen. Aber dann verdiene gerade der Abg. von Meyer mit am Meisten in die Mitte der Rheinländer aufge⸗ nommen und zum Rheinländer erhoben zu werden.

Der Antrag Windthorst wurde abgelehnt.

Das Haus kam nunmehr zur Berathung des §. 9, welcher nach der Kammissionsvorlage dem Großgrundbesiß ünd den Städten je 27, den Landgemeinden 40 Vertreter auf dem Pro⸗ vinzial-Landtag zuweist und dieselben nach einem beigefügten Tableau auf die einzelnen Kreise vertheilt.

Ein Antrag des Abg. Dr. Köhler wollte statt 40 Ab⸗ geordnete der Landgemeinden 41 konstituiren und den Ein⸗ undvierzigsten durch den Kreis Kehdingen wählen lassen.

Der Abg. Dr. Windthorst beantragte, da sein Prinzipal⸗ antrag abgelehnt sei, den nachbenanten Standesherren Vrril— stimmen auf dem Provinzial-Landtag zu geben: den Herzögen von Arenberg und von Looz-Corswarem, dem Fürsten von Bentheim-Steinfurt, den Grafen von Stolberg⸗Wenigerode und von Stolberg-Stolberg, sowie dem Erblandmarschall von Hannover.

In Verbindung hiermit wurde auch die NRegierungs vorlage diskutirt, welche für je 40 000 Seelen einen Provinzial⸗Land⸗ tagsabgeordneten zugesteht.

Der Abg. Dr. Köhler 30 000 zu setzen.

Der Abg. Dirichlet erklärte, wenn von seiner Seite ein⸗ mal in Steuer- oder Zoll- oder Jagdfragen darauf hingewie⸗ sen sei daß darin die Intereffen des großen und kleinen Grundbesitzes divergirten, dann nenne man ihn auf der rech⸗ ten Seite einen argen Friedensstörer. Hier im Kommissions— vorschlage habe man aber die Divergenz der Interessen zwischen dem großen und kleinen Grundbesitz selbst in Para— graphen gesetzlich fixirt, obwohl auf diesem kommunalen Ge— biet in der That eine solche Divergenz nicht existire. Er bitte Dringend, gerade weil er die wirthschaftliche Identität der Interessen von Groß⸗ und Kleingrundbesitz vertrete, den 5. 9 der Kommissionsvorschläge abzulehnen, und für die Regierungs⸗ vorlage zu stimmen. Wollte er boshaft sein, dann würde er allerdings wünschen, daß der Kommissionsantrag angenommen werde, der sich ja sehr gut von der Linken politisch verwerthen lassen würde.

Die Diskussion schloß hiermit.

Der Abg. Dr. Brüel bedauerte, daß ihm durch den Schluß batte das Wort entzogen sei.

der Abstimmung wurden zunächst die Anträge Köhler ndthorst zu dem Kommissionsvorschlage abgelehnt, und iamentlicher Abstimmung mit 165 gegen 157 Stimmen

beantragte anstatt 40 000 Seelen

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. Die Regierungsvorlage wurde darauf mit großer Mehr— heit genehmigt, ebenso ohne jegliche Debatte die übrigen Artikel der Provinzialordnung.

In Bezug auf die in Hannover bestehenden Kommunal⸗—⸗ landschaften lag ein Antrag der Abgg. von Benda und Ge— nossen vor, derselbe soll aber auf den Wunsch der Antrag⸗ teller erst in der dritten Lesung diskutirt werden.

Hierauf vertagte sich das Haus um 4

* Uhr auf Sonnabend 11 Uhr.

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1884.