Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 24. Februar. Die „Pol. Corr.“ veröffentlicht einen längeren Artikel zur Reform der Spiritus steuer, in welchem nachgewiesen wird, daß die meisten gegen den zwischen Oesterreich und Ungarn verein⸗ barten diesbezüglichen Gesetzentwurf vorgebrachten Einwen⸗ dungen unbegründet find, und daß die meist angefochtenen Be⸗ stimmungen des Gesetzentwurfs: die Ungleichheit in dem Be⸗— steuerungsmodus und die Pauschalirung des Alkoholgehalts, gerade den Besitzern der landwirthschaftlichen und kleineren Brennereien Erleichterungen gewähren.
Großbritannien und Irland. London, 25. Fe⸗ bruar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unter⸗ hauses kündigte Bourke einen Antrag an gegen jeden Vertrag, welcher den Verkehr mit den Congo⸗Häfen behindere oder die Zölle daselbst erhöhe. Der Staatssekretär des Krieges, Harting ton erwiderte auf eine Anfrage Northeote's: Admiral Hewett habe gestern Abend spät die Uebergabe Tokars bestätigt. Es sei kein Grund vorhanden, die Truppenbewegung nach Trinkitat einzu⸗ stellen. An General Graham seien Instruktionen gesandt, durch welche derselbe angewiesen wird, den Umfang seiner Dperationen einzuschränken; gleichzeitig sei ihm aber auch volle Diskretion für gewisse Eventualitäten gelassen worden. Der Hauptzweck, auf welchen sich das Augenmerk Grahams richten müsse, sei die Sicherung Suakims, welches bedroht scheine. Der Premier Gladstone beantragte hierauf, von Northcote unterstützt, ein Dan kes votum für den Sprecher, welches nach einem Protest Parnells ohne Abstimmung genehmigt wurde. Der Sprecher sprach dem Hause in herzlichsten Worten seinen Dank aus.
Die Gesammtkosten der britischen Expedition nach Egypten im Jahre 1882 — 83 betrugen, einem soeben veröffentlichten Blaubuch zufolge, 3 840 659 Pfd. Sterl.
Mr. Egerton, der britische Geschäftsträger in Athen, wurde von seiner Regierung angewiesen, sich nach Kairo zu begeben, um dort als Gehülfe des seit einiger Zeit sehr unpäßlichen Sir Evelin Baring zu fungiren.
— (Allg. Corr.“ Die Verhandlungen zwischen den Delegirten des Transvaalstaats und dem Kolonial— Minister Lord Derby sind zum Abschluß gebracht worden. Die neue, in englischer und holländischer Sprache abgefaßte Konvention wird am nächsten Mittwoch unterzeichnet werden. Die nächst der bereits gelösten Grenzfrage noch zu erledigenden Punkte bildeten die Schuldangelegenheit und die Suzeräne⸗ tätsfrage. Die Schuld Transvaals an England wurde auf 250 000 Pfd. Sterl. reduzirt, welche Summe mit 31½ proz. Hinsen in halbjährlichen Raten bezahlt werden soll. Was die Suzeränetät der britischen Krone betrifft, so behält sich die englische Regierung das Recht vor, jeden von der südafrikani⸗ schen Republik mit fremden Mächten geschlossenen Vertrag mit ihrem Veto zu belegen.
Canada. Ottawa, 20. Februar. (Allg. Corr.) Das Unterhaus hat die uAfnahme eines Anlehens von 22 500 000 Doll. für die canadische Pacific⸗Eisenbahn mit 136 gegen 63 Stimmen angenommen.
Frankreich. Paris, 25. Februar. (W. T. B.) Der „Pays“ bringt heute einen Artikel Cassagnacs, in welchem dieser über die Ansprache des Prinzen Napoleon an die Delegirten des Revisionisten⸗ Comité s spottet und erklärt: derartige Comités existirten nicht, sie seien nur Marionetten.
— 26. Februar. (W. T. B.) Die Generale Wimpffen und Schramm sind gestorben.
Algier, 25. Februar. (W. T. B.) Die große Karavane von Süd⸗Oran hat ohne Zwischenfall ihre Reise nach der 600 km südlich gelegenen Oase Gourara und ebenso die Rückreise von dort ausgeführt. Die Handelsver⸗ bindungen, welche seit dem Jahre 1880 unterbrochen waren, sind somit wieder aufgenommen.
Bulgarien. Ueber die handelspolitische Stellung Bul— gariens schreibt man der „Prag. Ztg.“ aus Wien, vom 22. Fe— bruar: Die Frage der künftigen handelspolitischen Be— ziehungen Bulgariens beschäftigt auch die hiesige Presse. Wenn dies indessen unter dem Gesichtspunkte eventueller Ver⸗ änderungen in den österreichisch-bulgarischen Beziehungen ge— schieht, so liegt hierfür eine Veranlassung nicht vor, da wir an der Sache gar nicht interessirt sind. Nicht nur gehört der österreichisch⸗türkische Handelsvertrag nicht zu jenen, die in diesem Jahre ablaufen, da er in Folge seiner Unkündbarkeit noch sechs Jahre in Kraft zu bleiben hat, sondern es können aus etwaigen Veränderungen der handelspolitischen Beziehungen Bulgariens zu anderen Staaten für uns keine Nachtheile, vielmehr nur Vortheile erwachsen. Es ist nämlich in dem Art. 8 des Berliner Vertrages ausdrücklich stipulirt, daß in Bulgarien alle Staaten rücksichtlich des Handelsverkehrs auf dem Fuße vollständiger Gleichheit zu behandeln sind, und ist der erwähnte österreichisch-türkische Handelsvertrag, welcher bis zum Jahre 1890 in Kraft bleibt, außerdem ein Meistbegünstigungsver⸗ trag, so daß, wenn andere Mächte sich entschließen sollten, spezielle Handelsverträge mit Bulgarien einzugehen, jede denselben von Bulgarien eingeräumte Begünstigung auch uns zu Gute kommen müßte. Die vielfach verbreitete irrige Meinung, als stünden wir mit der Pforte in Verhandlungen über einen neuen Handelsvertrag, mag dadurch entstanden sein, daß Ver⸗ handlungen bezüglich einer Revision der Berechnung des in dem Handelsvertrage festgesetzten achtprozentigen Werthzolles eröffnet worden sind. Bezüglich dieser Revision enthält näm⸗ lich der österreichisch⸗türkische Handelsvertrag die Bestimmung, daß jeder der Kontrahenten von ?7 zu 7 Jahren eine solche Revision beanspruchen könne. Von diesem Rechte hat die Pforte im vorigen Jahre Gebrauch gemacht.
Amerika. Washington, 21. Februar. (Allg. Corr.) Der neue Handelsvertrag mit Spanien wurde heute amtlich veröffentlicht.
— 25. Februar. (W. T. B.) Die Kommission des Repräsentantenhauses für die Marine⸗Angelegen⸗ heiten beschloß, dem Hause die Ablehnung der Bill zu em⸗ pfehlen, wonach im Auslande gebaute Schiffe zur Einregistrirung für Nordamerika abgabenfrei zugelassen werden sollen. Ferner wurde im Repräsentantenhause eine Bill ein⸗ gebracht, welche Ausländern untersagt, im Unionsgebiet Grundeigenthum zu erwerben.
New⸗York, 21. Februar. (Allg. Corr.) Weitere Mel⸗ dungen über den Wirbelsturm in den südlichen Staa ten bestätigen die ersten Nachrichten über den Umfang der angerichteten Verheerungen. Ganze Distrikte wurden ver⸗ wüstet. Leichen von Männern, Weibern und Kindern wurden
Sturmwind war von Hagelwetter und Gewittern begleitet. In Rodcingham wurden 23 Personen auf der Stelle getödtet und viele andere so schwer verletzt, daß an ihrem Auf⸗ kommen gezweifelt wird. Aus vielen Theilen Nord⸗ und Süd⸗Carolinas, aus Georgia und Alabama laufen noch immer Berichte über Berluste an Menschenleben und Verwüstungen ein. Die telegraphische Verbindung mit Ha⸗ vanng ist noch unterbrochen Man glaubt, daß in Georgia 100 Personen getödtet und 3000 Häuser beschädigt worden sind. Davidsboro ist gänzlich zerstört, und in vielen Dörfern ist nicht ein einziges Haus stehen geblieben. Aus Alabama lauten die Berichte gleichfalls sehr betrübend. Viele Personen wurden durch die einstürzenden Häuser und durch die vom Sturme durch die Luft gerissenen Balken ꝛc. getödtet. Nicht Wenige erfaßte der Wirbelsturm, hob sie in die Höhe und schleuderte sie zu Tode. Dem „Sun“ zufolge gingen 309 bis 409 Menschenleben verloren. Die Zahl der zerstörten Häuser wird auf 50090 und der angerichtete Schaden auf 16099 000 Doll. ge⸗ schätzt. Mit der größten Heftigkeit scheint der Wirbelsturm in Nord Carolina und Georgia gewüthet zu haben. — San Bernardino in 9 ** ist von großen Ueber⸗ schwem mungen heimgesucht. Die Stadt Fallbrook wurde beinahe ganz weggeschwemmt. Eine große Zahl der Einwohner wird vermißt, und man befürchtet, daß sie in den Fluthen ihren Tod gefunden haben.
Afrika. Egypten. Kairo, 25. Februar. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Suakim ist unter den Schwarzen Truppen eine Meuterei entstanden; dieselben weigerten sich, die Waffen zusammenzustellen und drohten, zu den Aufständischen überzugehen. In Folge dessen behält Admiral Hewett die Marinesoldaten in Suakim und sendet aur die Flottenbrigade mit 6 Geschützen nach Trinkitat. Die Schwarzen Truppen sollen nach Kairo gesendet werden, sobald Transportschiffe hergerichtet sind.
General Graham telegraphirt: die Ausschiffung der Truppen in Trin kitat nehme lebhaften Fortgang, ein allge⸗ meines Vorrücken der Truppen sei aber nach der augenblick⸗ lichen Lage der Dinge erst in einigen Tagen möglich. Der finanzielle Beirath der egyptischen Regierung, Vincent, wird sich im Laufe der nächsten Woche aus Anlaß der schwebenden egyptischen Finanzfragen nach London begeben. — 265. Februar. (W. T. B.) Aus Suakim wird ge⸗ meldet, daß eine von dort entsandte Patrouille in einer Ent— fernung von einer halben Meile auf eine feindliche Ab⸗ theilung von 1000 Mann mit 40 Kameelen gestoßen sei. Die Patrouille zog sich, vom Feinde verfolgt, zurück.
Die „Daily News“ melden aus Kairo vom 24. Februar: Am nächsten Donnerstag gehen 2 egyptische Bataillone mit 2 Gatlinggeschützen und 20 Tonnen Mu⸗
nition nach Assuan ab.
— 26. Februar. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Suakim von heute: Die Sachlage hier ist höchst kritisch. Die türkischen Offiziere der etwa 1000 Mann starken nubischen Truppen, welche ihre Ein⸗ schiffung nach Trinkitat verweigerten, haben um Enthebung von ihrem Posten nachgesucht.
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Seitungsstimmen.
Das „Berliner Fremdenblatt“ schreibt über die Landwirthschaft und die amerikanische Konkurrenz:
. Man behauptet, daß Deutschland die für seinen eigenen Bedarf genügende Menge an Getreide nicht produziren könne, elne Behauptung, die von anderer Seite bestritten wird und jeden⸗ falls anfechtbar ist. Aber gesetzt, sie sei richtig, so sollte die Einfuhr aus anderen Ländern doch nur den Zweck haben, das Defizit zu decken. Statt dessen drängt sich das aus— ländische Getreide — Roggen namentlich aus dem Osten und Süd osten Europas, Weizen aus den Vereinigten Staaten Nordamerikas — gleichsam aus eigener Initiative in gewaltigen Mengen auf alle Märkte, und da es in diesen Ländern unter bedeutend günstigeren Produktionsbedingungen gewonnen wird, ist es im Stande, das ein— heimische Getreide im Preise herabzudrücken, so daß der Körnerbau für den deutschen Landmann immer weniger lohnend wird.
Wie wenig sich die Einfuhr nach dem wirklichen Bedarf richtet und wie sehr sie preisdrückend wirkt, zeigt recht deutlich das Jahr 1882. Die Ernte dieses Jahres war in Deutschland eine verhäitniß⸗ mäßig gute. Der Ertrag von Weizen überstieg den des Vorjahres um etwa 5 Millionen Doppel⸗Centner, der Mehrertrag von Roggen betrug etwa 95 Millionen Doppel⸗Centner. Trotzdem ist in diesem Jahre auch die Einfuhr nach Deutschland in allen Gattungen von Getreide (außer Mais) bedeutender als 1381 gewesen: an Weizen wurden allein mehr als 6 Millionen Doppel⸗-Centner mehr eingeführt als ausgeführt, an Roggen betrug der Ueberschuß der Einfuhr 6 350 000 Doppel ⸗Centner, obwohl an beiden Getreidearten zusammen etwa 90 Millionen Doppel-Centner geerntet waren und also. nach Abzug der Aussaat von 113 Millionen, ohne die Einfuhr zum Verbrauch 785 Millionen Doppel⸗Centner, d. h. netto 35 Centner pro Kopf — so viel wie der Einzelne im Durchschnitt verzehrt — übrig gewesen wären. Die besonders starke Einfuhr dieses Jahres hatte zur Folge, daß die Durchschnittspreise für den Doppel⸗Centner Weijen von 23 S½ im Jahre 1881 auf 21,6 in 1882, Roggen von 203 auf 16,2 M sanken die deutschen Durchschnittspreise im Dezember sanken sogar für Weizen von 23,4 A im Jahre 1881 auf 18, in 1882, und für Roggen von 18,8 auf 14,3 . :
Billige Getreidepreise sind, wie Fürst Bismarck im Jahre 1379 im Reichstage unter Anführung treffender Beispiele aus⸗ führte, an sich noch lein Glück für ein Land, vor allen Dingen nicht für den Landmann, dessen Einnahmen sich wesentlich aus dem für das Produkt erzielten Erlös zusammensetzen. Eine Erhöhung der Getreidepreise ist jedenfalls — wie sich aus den, Preisschwankungen ergiebt — durch den Zoll nicht bewirkt worden. Anderseits hat der Zoll aber auch nur wenig dazu beigetragen, die Ausfuhr abzuhalten und dem Landmann den Absatz im eigenen Lande zu sichern. Bei der starken Zufuhr und den Ma— nipulationen des Handels kann es vorkommen, daß er sein eigenes Getreide nicht an den Mann bringen kann, weil der Bedarf , . das Spekulationsgeschäft mit ausländischem Getreide ge—
eckt ist.
Die Konkurrenz des Auslandes verdient die höchste Aufmerksam⸗ keit von Seiten aller derer, welche die Nothwendigkeit der Erhaltung unserer Landwirthschaft für den Staat begreifen. Und in diefer Be⸗ ziehung muß vor Allem auf Nordamerika hingewiesen werden, dessen großer Bodenreichthum von Jahr zu Jahr größere Mengen Weizen erzeugt, der freilich nur zu einem verhältnißmäßig geringen Theil in Deutschland importirt wird, aber doch sämmtliche europäischen Märkte überfluthet und somit auch indirekt für Deutschland durch die Preis—⸗ bildung nachtheilig wird.
Die Konkurrenz Amerikas im Getreidebau wird immer fühl⸗ barer, und statt — wie Manchesterleute tröstend behaupten — all⸗ mählich in Folge des dortigen unwirthschaftlichen Raubbaus nachzu— lassen, wird sie für die Zukunft, wie sich schon jetzt voraussehen läßt, immer bedrohlicher. ;
Die Weizenernte in der nordamerikanischen Union betrug im
1 Bushel Weizen — 60 Pfund, also etwa 16 Scheffel) Damals zählte Nordamerika 253 Millionen Cinwohner, so daß also der Ernte ertrag — im Durchschnitt auf 55 Busbel per Kopf gerechnet — noch nicht einmal für die dortige Bevölkerung ausreichte. Im Jahre 1869 hatte die Union 314 Millionen Einwohner, die I73 Millionen Bushel verbrauchten, ebenso viel wie die Ernte betrug. Damals war Deutschland noch ein Weizen erxpor⸗ tirendes Land, der Ueberschuß seines Weizenerxports betrug 1860 noch 2110 000 Doppeleentner, 1861 — 2800000 Doppelcentner. In Amerika nimmt die Weizenernte seitdem rapide zu, 1875 betrug sie 292 Millionen Bushel, 1880 — 480 Millionen, und 1882 etwa 525 Millionen. Die Bevölkerung wuchs zwar auch, aber nicht an⸗ nähernd im gleichen Maße, so daß 1875 schon 70 Millionen Busbel, fünf Jahre später aber (1880) sogar schon 200 Millionen Busbel, 1882 etwa 225 bis 250 Millionen exportirt werden konnten.
Die Produktionssteigerung ist namentlich in den West⸗ und Mittelstaaten eine außerordentliche gewesen, in den letz ten fünf Jahren in diesen Staaten 95 0/9. Die Bodenpreise sind niedrig, der jung⸗ fräuliche Boden bedarf keiner erheblichen Bearbeitung, die Tarif. kosten nach den Häfen sind unter dem Einfluß der Farmerpartei — man zählt jetzt etwa 45 Millionen Farmer — in Amerika selbst immer billiger geworden, und die Tarifermäßigung hat wiederum auf die Bebauung neuer Ackerflächen eingewirkt. In diesen Ver hältnissen wird nach dem Urtheil von Kennern der amerikanischen Verhältnisse noch lange kein Stillstand, sondern sogar noch eine weitere Steigerung eintreten, seitdem der Export aus dem ganzen Stromgebiet des Mississippi in Folge der Schiffbarmachung der Mündung dieses Stromes vor Kurzem in New⸗Orleans einen neuen Hafen gefunden hat. Die Transportkosten verringern sich durch Be⸗ nutzung der Fluß ⸗ und Kanalschiffahrt noch mehr und treiben auch zu weiterer Urarmachung an. Rechnet man doch für 1885 auf einen Export von 3590 Millionen Busheln! Ebenso sind die Lade⸗ und Handelseinrichtungen besser geworden, wodurch neue Mengen Getreide angelockt und die Transportpreise geringer werden.
Europa und namentlich Deutschland werden also in der Folge noch größerer Konkurrenz ausgesetzt sein! Schon seit 1873 ist die Einfuhr nach Deutschland an Weizen stärker als die Ausfuhr und das Mißverhältniß zwischen Ausfuhr und Einfuhr nimmt stetig zu Gunsten der letzteren zu. Aber nicht nur Weizen, sondern auch Fleisch— waaren und lebendes Vieh wird von Amerika immer mehr exportirt. Der Export von Hornvieh, Schweinen, Pferden, Maulthieren aus der Union hatte im Jahre 1875 einen Werth von 10 Millionen Mark, im Jahre 1880 schon 64 Millionen Mark. Der Export lebender Thiere hat während dieser fünf Jahre um mehr als 50 0 zuge— nommen. Dieser wachsenden Konkurrenz gegenüber muß die deutsche landwirthschaftliche Bevölkerung stärker und widerstandsfähiger ge— macht werden, ehe es zu spät wird. Ihr Ruin würde auch die In dustrie und den ganzen Staat an den Rand des Abgrundes führen. Eine wirksame Bekämpfung der Konkurrenz läßt sich auf verschie—⸗ denen Wegen erreichen, in erster Linie wird aber eine rationelle Steuerreform, welche das landwirthschaftliche Gewerbe entlastet und die Konkurrenz mit dem Auslande leichter ertragen läßt, ins Auge zu fassen sein. Die fast zwei Drittel betragende, mit der Lan dwirth— schaft in näherer oder weiterer Beziehung stehende Bevölkerung hat ein Recht darauf, zu verlangen, daß sie in den Stand gesetzt werde, der wachsenden Konkurrenz mit Erfolg entgegenzutreten. Nicht nur ihre Interessen sind es, sondern diejenigen des Staates, welche durch eine bessere Fürsorge für die Landwirthschaft — besser, als es unter der früheren Gesetzgebung geschah — gewahrt werden. Die landwirthschaftliche Bevölkerung hat es in der Hand, ihre Inter essen und diejenigen des Staates wirksam zur Geltung zu bringen, wenn sie sich zur rechten Zeit dessen erinnert, was ihr Noth thut.
Gentral⸗Blatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 4. — Inhalt: J. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll und Steuerstellen. — Angabe der Namen der Parteien in den Urtheilen und Zahlungs— befehlen. — Nachweisungen über die Zahlung von dauernden Unter ⸗ stützungen für ausgeschiedene Beamte und für Wittwen und Waisen. — III. Indirekte Steuern: Ursprungsbescheinigung für Waaren aus Italien und Spanien bei deren Eingang aus dem Hamburger Frei⸗ hafengebiet. — Zollermäßigung beim Eingange von Waaren aus der Schweiz ohne Nachweis ihrer Abstammung. — Abschreibungen von dem Zollkonto für ausländisches, zur Herstellung von Mühlenfabri—⸗ katen eingebrachtes Getreide. — Ausführung der Reblauskonvention. — Stempelpflichtigkeit amtlicher Erlaubnißscheine zum abgabenfreien Bezuge von denaturirtem Salz oder Pfannenstein. — VI. Personal⸗ nachrichten.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrages zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1884/85 ist am Sonnabend dem Hause der Abgeord⸗ neten zugegangen. Der Nachtrags⸗Etat balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 17696808 S (und zwar dauernde Ausgaben: 17 315 608 66 und einmalige Ausgaben: 381 200). Den Haupt⸗ antheil der Einnahmen dieses Nachtrags⸗Etats hat die Eisenbahn⸗ verwaltung für diejenigen Eisenbahneu, deren Verstaatlichung in der gegenwärtigen Session beschlossen worden, aber in dem vorher auf— gestellten Etat noch nicht berücksichtigt werden konnte. .
Die Ueberschüsse sind veranschlagt bei: der Oberschlesischen Bahn auf 15 150 000 M, der Breslau⸗Schweidnitz⸗Freiburger Bahn auf 2162922 MS, der Rechten Oder ⸗Ufer⸗Bahn auf 5 059 500 AM, der Posen⸗Creuzburger Bahn auf 823 293 S, der Altona-Kieler Bahn auf 1 852 094 , zusammen auf 25 047 899 4
Davon kommen in Abzug die bisherigen Staatsantheile an den Betriebsergebnissen der Oberschlesischen und der Stargard-Posener Eisenbahn mit 4921 156 resp. 408 578 M, zusammen 5 329 734 6, ferner die Eisenbahnabgaben in Höhe von 2636 267 „, so daß eine Einnahme von 17618 808 S verbleibt, welche sich durch die Ge⸗ bühren für Eintragungen in das Staatsschuldbuch um 165 000 , 233 auf die Eingangs angegebene Summe von 17696 808 erhöht. Zu den Gebühren für Eintragungen in das Staatsschuldbuch be— merkt die Vorlage; Der Anschlag ist für sechs Monate gemacht, Zur näheren Begründung wird auf die Bemerkung zu Kapitel 39 Titel 1 der Ausgabe verwiesen. Danach ist anzunehmen, daß in der gedachten Zeit 5000 Konten zur Eintragung kommen. Jedes Konto ist durchschnittlich zu einem Betrage von 16 000 veranschlagt, wo⸗ nach sich die Gebühren auf 12 500 6 berechnen würden. Mit Rück⸗ sicht darauf, daß voraussichtlich auch eine Anzahl Eintragungen, für welche, ohne daß die zur Eintragung kommenden Beträge die ent= sprechende Höhe erreichen, der Minimalsatz von 116 zu entrichten ist, und auch sonstige Eintragungen, Löschungen und Ausreichungen von Schuldverschreibungen an Stelle gelöschter Buchschuldforderungen vorkommen werden, sind jedoch 15 0069 „ in Ansatz gebracht.
Diesen Einnahmen stehen dauernde Ausgaben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Eisenbahnverwaltung) für Gehälter, Renten, Zinsen, Amortisationen gegenüber, welche sich nach Abzug der entsprechenden Erleichterungen auf. 11 644 500 S belaufen. Daju treten noch Verzinsung von konsolidirten und Eisenbahnanleihen in Summa von 5 537 893 416 ⸗
Ferner werden an Gehalten für die Staatsschuldenverwaltung 46 815 0 gefordert, da die Einrichtung eines Staatsschuldenbuchs eine Vermehrung des Personals nothwendig macht.
Für die ustizverwaltung werden für neue Stellen, Woh⸗ nungszuschüsse für das neu zu errichtende Landgericht in Memel
in gräßlich verstümmeltem Zustande aufgefunden. Der
Jahre 1850 nur 100 Millionen Bushel (1 Bushel — 25,23 1,
6400 4M gefordert.
Bei dem Etat des Ministeriums der geistlichen, Unter rickts ⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten werden gefordert: Bei den Universitäten 20 000 ½ zur Verbesserung der Befol— dungen der Lehrer an sämmtlichen Universitäten, an der Akademie in Münster und an dem Lyceum in Braunsberg, sowie zur Heranziehung ausgezeichneter Dozenten.
Die Pofition wird mit folgenden Worten begründet: Seit der Aufstellung des Staatshaushalt Etats pro 1. April 1884/65 baben sich im Bereiche der Universitäts verwaltung verschiedene un vorher- gesehene Ereignisse zugetragen, die eine nachträgliche Erböhung dieses Fonds nothwendig machen. Namentlich ist von dieser Erhöhung die würdige Wiederbesetzung wichtiger Lehrstühle, deren Inhaber inzwischen verstorben sind, abhängig. z
Beim Elementar⸗Unterrichtswesen sind ferner 60000 40 Ruhegehaltszuschüsse und zu Unterstützungen für emeritirte, sowie zu niich stsffungen für ausgeschiedene Elementarlehrer und Lehrerinnen eingestellt.
: Dazu wird bemerkt: Der Etat für 1883,84 setzt aus 700000 Dieser Betrag hat sich inzwischen als unzureichend erwiesen. Nach neuerlichen Berichten der Bezirksbehörden sind mehr erforderlich 160900 M; davon werden, entsprechend dem Beschlusse des Hauses der Abgeordneten vom 13. Februar 1884 zur zweiten Lesung des Etats, 100000 ½ bereits in den dem Hause vorliegenden Entwurf des Statshaushalts-Etats einzustellen sein; der Rest ist hier im Wege des Nachtragsetats flüssig zu machen.“
An einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind ausgeworfen: Für den Umbau und die Instandsetzung des Dienst⸗ gebäudes der Staatsschulden⸗Tilgungskasse 75 600 Y 6 die Beschaffung der Staatsschuldbücher werden gefordert 5600 6
Diese Position wird mit folgenden Worten begründet: Die durch die erste Beschaffung des Materials für 100 Bände des Staatsschuld⸗ buchs und des Materials für die Abschriften von ebensoviel Bänden ent⸗ stehenden Kosten werden nach den erfolgten Berechnungen voraussichtlich die Höhe des Betrages erreichen, welcher als einmalige außerordentliche Ausgabe zu dem gedachten Zweck erbeten wird. Da sich nicht abfehen läßt, ob die Beschaffung der saͤmmtlichen 100 Bände Staatsschuldbuch und der Abschrift davon noch im Laufe des Etatsjahres 1884/85 zu er= folgen haben wird, ist dem Titel ein Vermerk beigefügt worden, wo— nach am Schlusse des Jahres etwa verbleibende Bestände zur Ver⸗ wendung in den folgenden Jahren reservirt werden können.
Endlich werden zur Korrektion des Rheins von Mainz bis Bingen J. Rate 300000 „M gefordert. Hierzu bemerkt die Vorlage: Nach— dem die in den Erläuterungen zu Titel 5 der einmaligen und außer⸗ ordentlichen Ausgaben der Bauverwaltung für das Jahr vom 1. April 1883,84 erwähnten Vorschläge über eine Aenderung der Strom— regulirungs werke auf der Strecke von Mainz bis Bingen behufs Äb— stellung der über den Zustand des Rheins erhobenen Beschwerden mit Rücksicht auf die bei den letzten Hochfluthen gemachten Erfahrungen einer erneuten Prüfung unterworfen worden sind, wird in der Er— wartung, daß der über die vorzunehmende Stromkorrektion zwischen Preußen und Hessen abgeschlossene Staatsvertrag sanktiosirt werden wird, zur Vermeidung von Zeitverlust eine erste Rate von 360 066 6 eingestellt. Der Nachtrags⸗Etat fordert also in Summa Ausgaben:
Dauernde Ausgaben: .
üer, . Verzinsung der konsolidirten 2c. Anleihen und Verwaltungs kosten für die Staatsschulden⸗
1 ‚
Justiz ·Ministerium J
Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten
. Summa Einmalige und außerordentliche Ausgaben:
Für den Umbau und die Instandfetzung des
Dienstgebäudes der Staateschulden⸗
1
ö. Beschaffung der Staatsschuldbücher
ur Korrektion des Rheins von Mainz bis
8 . —.
11 644 500 A0
h 584 708 6 465. 80 060 .
17 315 608 46
75 600 M
5 600 300000 381 200 A 17 696 808 40.
Summa Zusammen
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 7. Jahreswoche von je 1600 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als ge storben gemeldet: in Berlin 21,9. in Breslau 28,9, in Königsberg 35,5, in Cöln 22,5, in Frankfurt a. M. 19,“ in Hannover 223, in Cassel 17,6, in Magdeburg 20 8, in Stettin 269, in Altona 204, in Straßburg —ů in Metz 131, in München 28.4, in Nürnberg 20,3, in Augsburg 32,5, in Dres— den 26,7, in Leipzig 25,1, in Stuttgart 22.32, in Braunschweig 14,0, in Karlsruhe 18,0, in Hamburg 21,7, in Lübeck — in Wien 26,9, in Budapest 30,1, in Prag 38,6, in Triest 40,3, in Krakau 30,4, in Basel 20,2, in Brüssel 25,9, in Amsterdam 27,5, in Paris 25.9, in London 19,8, in Glasgow 25,4, in Liverpool 24,9, in Dublin 314, in Edinburg 18,l, in Kopenhagen 20,6, in Stockholm 27,R“, in Chri— tiania 24,7, in St. Petersburg 400, in Warschau 27,57“, in
dessa 28.5, in Bukarest 31,, in Rom 29,8, in Turin 32,5, in Madrid 44,9, in Alexandrien 33,4. — Ferner aus der Zeit vom 20. bis 26. Januar: in NewYork — in Philadelphia 25,1, in St Louis 18,5, in Chicago —, in Cineinnati —, in San Franzisko 18,9, in Kalkutta —, in Bombay 29,4, in Madras 52,7.
Beim B ginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrsch— ten an den deutschen Beobachtungestationen südliche und südwestliche Luftströmungen, die in Konitz und Berlin beim Wochenbeginn mit südöstlichen wechselten. Am 13. drehte der Wind an den meisten Stationen nach Ost und Südost, in München und Karlsruhe schon am 12., und ging in Karlsruhe und Heiligenstadt bis nach Nordost und blieb mit südöstlichen, in Berlin und Cöln mit nordöstlichen Strömungen wechselnd, bis an das Ende der Woche aus diesen Windrichtungen wehend. — Die Temperatur der Luft war bis um die Mitte der Woche eine hohe; mit dem Umgange des Windes nach Ost und Nordost nahm jedoch die Luftwärme allgemein ab, so daß fast in allen Stationen, mit Ausnahme von Cöln und Karlsruhe, die Morgentemperaturen bis mehrere Grade unter 0 (Cels.) sanken. Bei meist trüber und nebliger Witterung fielen Niederschläge, in Breslau, München und Karlsruhe auch Schnee, selten und spärlich. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft nahm im Laufe der Woche an allen Stationen zu; am 14. und 15. sank das Baro— meter etwas, am auffallendsten in München, doch nahm der Luftdruck zu Ende der Woche wieder an allen Stationen zu.
Auch in dieser Berichtswoche blieben die Sterblichkeitsverhältnisse in den meisten größeren Städten Europas günstige. Für die deutschen Städte sank die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl auf 23,9 von 2,1 der Vorwoche, auf 1000 Einwohner und aufs Jahr berechnet. Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb im All⸗ gemeinen der gleiche wie in der Vorwoche. Von 19000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 14 Säuglinge gegen 75 der Vorwoche; in Berlin 66, in München 74. ; ;
Von den Infektionskrankheiten haben nur Keuchhusten und Pocken etwas mehr, Scharlach, Diphtherie, Typhus und Kindbettfieber weni⸗ ger Todesfälle als in der vorhergegangenen Woche hervorgerufen. — Masern herrschten in Essen, Regensburg, Kiel, München, Breslau, Hamm, Wien, Paris, St. Petersburg, Turin. — Die Zahl der Sterbefälle an Scharlachfieber wurde in Königsberg, München, Nürn⸗ berg, Erfurt, Hamburg, Hannover, Rotterdam eine größere, in Ber— lin, Danzig, London, Edinburg eine geringere. — Die Sterblichkeit an Diphtherie und Creup blieb in vielen Städten noch immer eine große, wie in Berlin, Danzig, Stettin, Hamburg, Chemnitz, Plauen, Altenburg, München, London, St. Petersburg, Amsterdam, Triest; in Breslau, Stuttgart, Dresden, Leipzig, Braunschweig, Wien hat die Zahl
der Opfer etwas abgenommen. — Typhöse Fieber zeigten sich im Alge⸗ meinen erheblich seltener als Todesursachen, nur in Paris, London und St. Petersburg hat die Zabl derselben etwas zugenommen. Aus Plauen kam 1 Sterbefall an Flecktvpbus zur Mittheilung; auch aus Odessa. Malaga, Granada wurden je 1, aus Madrid 4, aus St. Petersburg 5 Todesfälle daran gemeldet — Der Keuchbusten forderte etwas mehr Opfer, wie in Danzig, Stuttgart. Wiesbaden, Bremen, Elberfeld, namentlich stieg die Zahl derselben in London. — Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 17 Frauen. — Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder zeigen keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen. Ruhrfälle blieben vereinzelt. Acute entzündliche Prozesse der Athmungs organe führten weniger, Lungen⸗ phtbisen mehr zum Tode. — Sterbefälle an Pocken kamen aus Berlin 4. Erkrankungen je 5 aus Berlin und aus dem Kreise Gerdauen (Reg. - Bezirk Königsberg) zur Anzeige. Einzelne Pockentodes fälle werden aus Wien, Paris, London, Liverpervool. St. Petersburg, Lissabon, Madrid gemeldet. In mehrfacher Zabl zeigten sich Pocken in Budapest, Krakau, Birmingham, Turin, Murcia, in größerer Aus— dehnung in Malaga, New ⸗Orleans, Rio de Janeiro. — In Prag erlagen ihnen 50 Personen in der Berichtswoche, in Madras (8. bis 14. Dezember) 84. — Dem gelben Fieber in Rio de Janeiro erlagen in der ersten Dezemberhälfte 11 Personen. Aus Bombay wurden in der Zeit vom 9.—15. Januar 22, aus Madras (8.— 14. Dezember) 26 Todesfälle an Cholera gemeldet.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Am 24. d. M. früh verstarb hierselbst Prof. Dr. Georg Büch⸗ mann, früher Oberlehrer an der Friedrichs⸗Werderschen Gewerbe- schule und Verfasser der. Geflügelten Worte“, des bekannten deutschen Citatenschatzes.
— Die Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Alterthum s kunde, herausgegeben im Namen des Vereins von dessen erstem Schriftführer Dr. Eduard Jacobs (Wernigerode, Selbst⸗ verlag des Vereins; in Kommission bei H. C. Huch in Quedlinburg) beginnt mit dem vorliegenden ersten Halbbande ihren j65. Jahrgang 1383. Derselbe wird eingeleitet durch eine intereffante biographische Abhandlung über den Wolfenbütteler Bibliothekar Ernst Theodor Langer (geb. 1743, gest. 1820), den Freund Göthe's und Lessings. Der Arbeit liegen die eingehenden Forschungen zu Grunde, welche der Verfaffer, Paul Zimmermann, aus Anlaß des ihm ertheilten Auftrages zur Ab⸗ fassung eines Lebensabrisses für die Allgemeine deutsche Biographie“ über diesen seiner Zeit sehr angesehenen Gelehrten und Kritiker an— gestellt hat. Unter den mitgetheilten Briefen, Stammbuchverfen ꝛc. finden sich viele bedeutende literarijche Namen, und nicht minder merk würdig sind die Urtheile Langers selbst über die literarischen Er— scheinungen seiner Zeit, so daß die Arbeit einen bemerkenswerthen Beitrag zur Geschichte der geistigen Bewegung um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert darstellt. — Daran reihen sich zwei urkund— liche Beiträge zur Kirchen⸗ und Reformationsgeschichte der Grafschaft Mansfeld, vom Gymnasial ⸗Oberlehrer Dr. H. Größler in Eisleben, und weiterhin ein solcher zur Geschichte des Klosters S. Crucis zu Braunschweig, von Wilh. Tunica, Pastor in Lehndorf bei Braunschweig. — Eine gelehrte sorgfältige ortsetymologische Arbeit ist die von dem Oberlehrer Dr. Größler zu dem Heft gelieferte Erklärung der deutschen Ortsnamen des Mansfelder Seckreises, wohl werth, daß Freunde derartiger Forschungen darauf hingewiefen werden. Als interessanten Beitrag zur vaterländischen Münzkunde bietet Dr. Ihil. TJ, Menadier in Braunschweig einen Auffatz über den Wetteborner Silbermarkfund und die marca usualis argenti (mit 1 Tafel Abbil- dungen). — Unter den mancherlei kleineren vermischten Aufsätzen am Schluß des Heftes seien die urkundlichen Mittheilungen über den vor— maligen Bergbau und seine Freiheiten in den Herzoglich braun— schweigischen Bergstädten des Oberharzeß, vom Bergrath Fr. Schall in Grund, hervorgehoben. .
— Die Jahrgänge des Justiz. Miaisterial⸗ Blatts von 1839 bis 1878 enthalten zahlreiche Bestimmungen, welche auch heute noch in Kraft befindlich sind, deren Anwendung aber durch ihre Vertheilung auf 40 Bände, welche den betheiligten Beamten auch nicht stets zur Hand sein werden, wesentlich erschwert wird. Um die Uebersicht über dieses Material und dessen Praktische Verwerthung zu erleichtern, hat der Landrichter a. D., Rechtsanwalt bei dem Landgericht ]. zu Berlin, Julius Ba ch dasselbe gesammelt und in einem »Die Justiz-Ministerial⸗Verfügungen aus den Jahren 1839-1878 in ihrer heutigen Geltung“ betitelten Werk veröffentlicht, welches bei H. W. Müller, Berlin, kürzlich erschienen ist. Der Verfasser hat nur die Wiedergabe des in der Praxis nach zu beobachtenden dispositiven Juhalts der qu. Jahr⸗ gänge beabsichtigt, daher die lediglich historisch, kulturhistorisch oder theoretisch interessanten Mitthellungen nicht aufgenommen. Die Jahrgänge vom Jahre 1879 ab, welche großentheils der Justiz · Re⸗ organisation gewidmet sind, sind im Allgemeinen nicht berücksichtigt; nur diejenigen späteren Verfügungen, welche zur Ergänzung des in dem Werke mitgetheilten Inhalts der früheren Jahrgänge dienen, hat der Verfasser zitirt, mit der Angabe, wo dieselben in der Kayser'— schen Sammlung der Justizgesetze 2c. abgedruckt werden sind. Um den Umfang des Werkes nicht allzu sehr anschwellen zu lassen. sind ferner einige Materien außer Betracht gelassen worden, von deren Aufnahme in die Sammlung aus verschiedenen Gründen abgesehen werden konnte. Es sind dies; die auf die Führung der Handels, Schiffs. Genossenschafts⸗“ Muster- und Zeichenregister bezüglichen Verfügungen, welche in Ru⸗ dors 's Werk Die Vorschriften über die Führung des Handels— registers c. Berücksichtigung gefunden haben; — alle die Strafvoll⸗ streckung, Gnadensachen, Aktenauszüge, den Arbeits verdienst der Ge⸗ fangenen betreffenden Bestimmungen, welche Dascke und Genzmer in dem ‚Handbuche der Strafvollstreckung und Gefängnißverwaltung in Preußen“ abgehandelt haben; — sowie die Vorschriften, welche die Verhältnisse der Justizoffieianten⸗Wittwenkasse regeln und in Folge des Gesetzes vom 20. Mai 1882, betreffend die Fürsorge für dle Wittwen ꝛc., in Zukunft selten zur Anwendung kommen werden. die aufgenommenen Verfügungen sind, soweit sie noch gelten oder analoge Anwendung finden, vollstäͤndig mitgetheilt, die antiquirten Stellen theils weggelassen, theils durch kleineren Druck angedeutet; meist sind dabei die neueren geltenden Vorschriften angegeben. Das umfangreiche Material hat der Verfasser in 64 Gruppen getheilt, deren Uebersicht durch ein alphabetisches Verzeichniß derselben, ein chronologisches Register der einzelnen Bestimmungen und ein Sach— register erleichtert wird. Das Material ist mit Umsicht ausgewählt, zweckmäßig geordnet und in einen handlichen Band zusammengestellt, dessen Preis 15 4 beträgt.
— AJ uf der Neige des Lebens“ oder: . Von dem gegenwärtigen und dem zufünftigen Leben?. Von A Schaeffer, Doktor der Theologie und Konsistoriglpräsident. Deutsche, vom Verfasser autori⸗ sirte Ausgabe. (Gotha, Friedr. Andr. Perthes,. 1884. Preis 5 M6) — In dieser Schrift wird uns das jüngste Werk („An déclin de la vie,) eines durch seine früheren geschichtlichen und religions— philosophischen Arbeiten bekannt gewordenen protestantischen Schriftstelleis französischer Zunge, des Konsistorialpräsidenten Dr. theol. Adolf Schaeffer zu Colmar im Elsaß , in guter, fließender Uebersetzung dargeboten. Der Verfasser erschließt uns das Tagebuch, eines siebzigsährigen Mannes, dessen Lebentzschiff dem Hafen sich nähert. Seine Mittheilungen gestalten sich zu einer sehr ansprechenden Apologie des Alters, die aber nur die natürliche Unterlage bildet für agpologetische Momente höherer Art. Der landläufigen Rede, daß das Alter zu nichts nütze i n die Wahrnehmung entgegen, daß gerade die Tage des Älters, die an den Abschluß der Lebensrechnung mahnen, bei redlichem Willen durch Werke der Liebe zu Gott und den Menschen, durch das Wiedereinbringen früherer Pflichtversäumnisse fruchtbarer und ertragreicher gemacht werden können als fo manche nutzlos ver⸗ träumte Sommertage des Lebens. Das alles wird nicht in systema⸗ tischer, lehrhafter Weise dargel⸗gt, fondern je nach Gelegenheit an bestimmte Erfahrungen und Vorkommnisse angeknüpft, wodurch der
Vortrag an Natürlichkeit, Anschaulichkeit und Eindringlichkeit unge⸗
mein gewinnt. Die Apologie des Alters aber, welche der Verfasser giebt, wird weit überstrablt durch die feinen und tiefen christsich apo⸗ logetischen Züge, welche derselbe seiner Darstellung allentbalben éein= geweht hat. Auch hier tritt eine durchaus konkrete Apologie der Thatsachen ein, die von fesselnder Wirkung ist.
Im Verlage der Liebelschen Buchbandlung., Berlin, erschĩen soeben eine kleine Brochüre vom Major Walter von Prittwitz und GHaffron, betitelt Kriegs recht und Kriegspolitik. Der Verfasser spricht zunächst vom Recht des Krieges, indem er bei Der Frage; darf man Krieg führen“: auf Martin Luther binweist, der von einem Edelmann darüber gefragt, durch einen Traktat antwortete“ betitelt: Ob Kriegeleute auch in seligem Stande sein mögen), und nach Erledigung verschiedener Fragen, den Leser in die dage eines Soldaten vor der Schlacht versetzt und sagt: ‚Befuhl Leib und Seele in Gottes Hände und zeuch denn vom Leder und schlage drein in Gottes Namen?. Der Verfasser erledigt sodann die Frage: ‚Wer darf Krieg führen?‘ mit der Antwort: „Die Obrigkeit allein. Er betont ferner, daß dieselbe nur zu gerechtem Zweck Trieg fübren soll. Ein zweiter Abschnitt ist betitelt: Von der Kriegspolitikf. und beantwortet die Frage: soll man Krieg führen, srricht von der Leitung der äußeren Politik in Bezug auf den Kriea, von der Organisation der Kriegsmacht und von der Führung der Kriegsmacht. Die kleine Schrift schließt mit einer kurzen Betrachtung des Völkerrechts im Frieden.
In demselben Verlage erschien eine andere Broschüre, betitelt Völkerrecht und Naturrecht“; Vortrag, gehalten zum Besten der Posener Diakonissen⸗Krankenanstalt von F. von Jagwitz, Hauptmann und Compagniechef im 1. Niederschlesischen Infanterie · Regiment Nr. 46. Der Verfasser giebt zunächst einen interessanten Ueberblick über die Entstehungs⸗ und Entwickelungsgeschichte der beiden Rechte, bespricht verschiedene Mängel und Verbesserungen namentlich des Völkerrechts, und kommt zum Schluß der Beantwortung der von ihm gestellten Frage: Welche Zukunft hat die Entwickelung des Völkerrecht und ist an eine Modifizirung völker= rechtlicher Thesen von allgemeiner Kraft zu denken?“ zu folgendem Resultat: „Ueberall, wo materielle Güter in Frage kommen und ein rechtssicherer Verkehr der Nationen unter einander im allseitigen Interesse liegt, wird das internationale Recht allmäblich immer mehr und mehr die Schranken niederreißen, welche die Nationen im fried⸗ lichen Verkehr noch von einander trennen, und hier bietet fich der weiteren Entwickelung des Völkerrechts noch ein weites Feld. Im Kriege wird bei der Entfesselung aller Kräfte das Raturrecht stets die vom Völkerrecht angelegten Fesseln sprengen. Hier kann nur religiöse und moralische Erziehung des Individuums allein zu dem vom kodifizirten Kriegsrecht vergeblich erstrebten Ziel führen.“ Die mit reiflicher Ueberlegung und sachgemäßem Verständniß geschriebene Broschüre enthält manche interessante Daten und sei, schon um des guten Zweckes willen, da der Ertrag zum Beften der Posener Diakonissen⸗ Krankenanstalt bestimmt ist, allseitig empfohlen. Der Preis derselben beträgt nur 60 5.
— In Folge der im Sudan gegenwärtig ausgebrochenen Be⸗ wegung steht Eaypten vor der Gefahr, dieses Land nach circa sechzig⸗ jährigem Besitz wieder gänzlich zu verlieren. Das blutige und eigen⸗ artige Stück Weltgeschichte, das sich gegenwärtig dort abspielt, zieht die Aufmerksamkeit in hohem Maße auf sich. Vielen wird daher eine kurze historische Darstellung von dem Verlauf des Aufstandes willkommen sein, die sich im zweiten diesjährigen Heft von Peter⸗ manns Mittheilungen“ (Gotha, Justus Perthes) befindet; mehr noch vielleicht eine Karte von Khartum nebst Umgegend, welche Schuver im März 1883 aufgenommen hat und die in demfelben Heft zur Veröffentlichung gelangt. — Was den sonstigen Inhalt desselben betrifft, so beginnt es mit einem Aufsatz des Grönlandkenners Justiz= Rath H. Rink über die dänischen Untersuchungen in Grönland im Jahre 1883. Der Verfasser, der viele Jahre den dänischen Kolonien an der Westküste Grönlands vorstand, machte die Welt zuerst mit der merkwürdigen Thatsache bekannt, daß jenes ausgedehnte hoch nordische Land vollständig mit einem Eismantel überdeckt sei, und es ist daher von besonderem Interesse zu sehen, wie er in dem vorliegen⸗ den Aufsatz der Nordenskjöldschen Hypothese eines eisfreien und sogar mit Bäumen bewachsenen Innern entgegentritt, einer Hypothese, die freilich am wirksamsten durch Nordensksölds vorjäͤhrige Reise selbst ihre Widerlegung gefunden hat. — In einem zweiten Aufsatz berichtet West · Australiens größter Entdeckungsreisender, John Forrest. über seine 1883 ausgeführten Rekognoszirungen in dem neuen Kimberley— Distrikt. der an der Nordwestküste des fünften Erdtheils vom King Sund landeinwärts sich erstreckt und besonders die Ufer des Fitzroy⸗Flusses um⸗ faßt. Dieser Distrikt, von dem eine spezielle Karte beigegeben ist, erfreut sich einer üppigen tropischen Vegetation mit mehr als mannshohen Gras— wiesen und reichlichem Wasser, auch gedeihen auf den bereits bestehen⸗ den Ansiedelungen Rinder,. Pferde und Schafe vortrefflich, aber er leidet an drei schlimmen Fehlern: dem Mangel eines guten Hafens, zu hoher Temperatur und einer fürchterlichen Moskitoplage, die Forrest geradezu als unerträglich schildert. Dieser Forrestsche Bericht dürfte dazu beitragen, die Schwärmer für europäische Besiedelung tropischer Landstriche einigermaßen zu ernüchtern, denn hier hat man es noch mit einem fieberfreien Lande zu thun, und doch ist der Aufenthalt ein peinlicher und anhalten des Arbeiten unmöglich. — Ferner bringt dieses Heft, gleich dem ersten, die deutsche Bearbeitung cines Abschnittes aus Przewalskis neuem russischem Reisewerk, und zwar desjenigen über den Nianschan, der als östliche Fortsetzung des Kuen⸗luen die Mongolei von Tibet scheidet und zu dessen Gliedern das Humboldt- und das Ritter⸗Gebirge gehören. Nach einer Schilderung von Ssartscheu, einer der reizendften Oafen Centralasiens, charakterisirt Przewalski dieses Gebirge nach seinen topographischen, klimatischen und naturhistorischen Verhältnissen, und er bewährt auch hier wieder die ihm, wie so manchem seiner gebil⸗ deten Landsleute eigene Kunst der bei aller Kürze vielseitigen und ungem in anschaulichen Beschreibung.
9. Wie
Gewerbe und Handel.
Der Verein deutscher Maschinen⸗Ingenieure hat für das Jahr 1884 zwei Preise von je 50) S6 für die beste Bearbeitung nachstehender Pfnseis aufgaben ausgesetzt:
A. Konstruktion einer liegenden dreifachen Expansions⸗Schrauben⸗ schiffsmaschine von 2009 indizirten Pferdestärken mit Ober— flächen⸗Kondensation nebst zugehöriger Kess⸗lanlage für eine Kesseldampfspannung von 10 Eg pro Quadratcentimeter Ueberdruck.
B. Konstruktion eines schwimmenden Dampfkrahns von 45 000 kg Tragkraft.
Die näheren Angaben und Bedingungen, unter denen die Kon—
kurrenz stattfiadet, sind in der ausführlichen Bekanntmachung des
Vereins in den „Annalen f. Gewerbe und Bauwesen“ Band XIV
Nr. 160, Heft 4 vom 15. Febr. 1884 enthalten, von denen hier nur
angeführt werden mag, daß die Betheiligung auch deutschen Fach⸗
genossen, welche nicht Vereinsmitglieder sind, frei steht, fowie daß die Arbeiten bis zum 31. Dezember 1884 an den Verein Deutscher
Maschinen-Ingenieure zu Händen des Kommissions-Raths Glaser,
Berlin 8W., Lindenstraße 80, eingesandt werden müssen und daß die
eingegangenen Arbeiten demnächst im Vereinslokal in Berlin aus⸗
gestellt werden sollen.
k Jahresabschluß der Allgemeinen Häuserbau⸗ Aktiengesellschaft in Berlin weist einen Gewinn von 1838 auf. Das Aktienkapital beträgt 1207 809 S; das Grundstücks⸗ Conto steht mit 2354 555 4 zu Buche. Die Grundstücke sind mit 1135 200 4 Hypotheken belastet, und es sind 7508 M Kredi⸗ toren vorhanden. Den Letzteren stehen 1836 M Debitoren, 30 0600 4 Aktiv. Hypotheken und 94 Æ GCassa- und Bankier Guthaben gegenüber.
— Nach dem Geschäftsbericht der Schlesischen Aktien⸗ Gesellschaft für Portland Cement Fabrikation zu
Groschowitz bei Oppeln hat sich im abgelaufenen Jahre die Produktion