Paragraphen oder bezügliche Gesetzesvorschrisften nicht binauꝛs. Auch der vorliegenden Textausgaben ist zur leichteren Auffindung der einzelnen Paragrapben der in Betracht kommenden Gesetze am Schlusse ein Paragraphenregister beigefügt, in welchem bei den ein⸗ zelnen Paragraphen der im Register nachgewiesenen Gesetze die ent⸗ sprechenden Paragraphen dieser Ausgabe angegeben sind. Der Schrift sind ferner ein chronologisches Register und ein alphabetisches, sebr ausführliches und mit Sorgfalt bearbeitetes Sachregister angeschlossen.
— Zur Einfübrung der Subhastations ordnung vom 13. Juli 1883 in die hannoversche Praxis“ ist eine von dem Amtsrichter K. Schneider im Verlage der Helwingschen Ver lagsbuchhandlung (Th. Mierzinsky, Kgl. Hofbuchbändler in Hannover) kürzlich herausgegebene Schrift betitelt. Der Verfasser legt in der- selben den Richtern der Provinz Hannover die Erörterung einiger für die Praxis wichtiger Punkte des gedachten schwierigen Gesetzes vor, an welche eine Uebersicht über den Gang des eigentlichen Versteige⸗ rungsverfahrens angeknüpft ist. Ein Sachregister erleichtert die Ueber⸗ sicht über den Inhalt der Schrift, welche dazu beitragen wird, den bejeichneten richterlichen Beamten die Handhabung der neuen Bestim⸗ mungen des Gesetzes zu erleichtern. Der Preis derselben beträgt 2, 40 A0
— Die Gesellschaft für bildende Kunst und vater⸗ ländische Alterthümer zu Emden hat kürzlich das 2. Heft V. Bandes ihrer ahrbücher versandt (Emden, Selbstverlag der Gesellschaft). Dasselbe enthält drei größere Arbeiten, welche die Ge⸗ schichte Ostfrieslands zum Gegenstande haben. Die erste und umfang⸗ reichste, von dem Seminarlehrer Dr. P. Prinz in Kornelimünster bei Aachen verfaßt, bietet eingehende und sorgfältige „Studien über das Verhältniß Frislands zu Kaiser und Reich, insbesondere über die frisi⸗ schen Grafen im Mittelalter“. Dann folgen kleine ostfriesische Geschichten aus den Alten des vormaligen Reichskammergerichts zu Wetzlar in der Registratur des Ober Landesgerichts zu Celle, von dem Amts—⸗ gericht⸗Rath J Sudendorf in Neuenhaus, und endlich die Schil⸗ derung einer Episode aus dem ostfriesischen Bürgerkriege der Jahre 1726 und 1727, aus dem Nachlaß des verstorbenen Oberlehrers H. Hobbing in Emden. — Die „Kleineren Mittheilungen“ bestehen der Mehrzahl nach aus urkundlichen Beiträgen, darunter solche zur Geschichte des Enno⸗Denkmals in der Großen Kirche zu Emden, mitgetheilt von P. ran Rensen daselbst. — Nach dem Bericht über die Gesellschaft vom 1. Oktober 1882 bis 31. Dezember 1883, erstattet von dem derzeitigen Sekretär, Pastor Pleines, läßt sich über die Wirksamkeit derselben im verflossenen Jahre sowie über ihren jetzigen Stand nur Günstiges melden. Die Gesammtzahl ihrer Mitglieder, mit Einschluß der korrespon⸗ direnden und Ehrenmitglieder, ist bis auf 167 angewachsen und hat sich demnach gegen das Vorjahr um 9 vermehrt. Die Sammlungen haben durch Ankäufe und Zuwendungen von Kunst- und Alter—⸗ thums⸗Gegenständen, Münzen, Schriften und Urkunden er— freuliche Bereicherungen erfahren, wovon die mitgetheilten speziellen Verzeichnisse Kunde geben. Die von der Gesellschaft an— geregte Restauration des schon erwähnten Grabmals des Grafen Enno in der Großen Kirche zu Emden, besonders des Portals vor dem— selben, ist dadurch der Verwirklichung näher gerückt, daß der Konser⸗ vator der Alterthümer, Geh. Regierungs⸗Rath von Dehn⸗Rothfelser, versprochen hat, regierungsseitig für eine würdige Restaurirung dieses bedeutenden Monuments das Erforderliche zu erwirken. — Zur , . aller jetzt noch durch die Ueberlieferung erhaltenen Oertlichkeiten, Straßennamen ꝛc. der Stadt Emden ist eine besondere Kommission eingesetzt worden. — Von dem im Auf⸗ trage der Gesellschaft von ihrem Mitgliede, Dr. med. Tergast, verfaßten Werke über Die Münzen von Ostfriesland“ ist vor Kurzem der erste Theil, bis 1466 reichend, erschienen. Die Herstellung des prächtig aut gestatteten und mit schönen Illustrationen versehenen Werks, das in der Fachliteratur eine Lücke ausfüllt, ist durch die Beihülfe des Landes direktoriums, der ostfriesischen Land- schaft und des Magistrats ermöglicht worden. — Das Verzeichniß der Vorträge und Referate giebt von dem regen wissenschaftlichen Eifer innerhalb der Gesellschaft sehr günstiges Zeugniß. Zu den 37 auswärtigen Akademien, Instituten, Vercinen 2c., mit denen die—⸗ selbe in literarischem Verkehr steht, sind das König— liche Staatsarchiv zu Posen und die Königliche Akademle der Geschichte und Alterthumskunde zu Stockholm hinzugetreten. — Mit den Verzeichnissen der Mitglieder der Gesellschaft und der aus— wärtigen Vereine und Institute, zu denen sie Beziehungen unterhalt, schließt das Heft. Direktor der Gesellschaft ist zur Zeit Br. Schwecken⸗ dieck, Gymnasial⸗Direktor a. D., Vize⸗Direktor: Oberlehrer Dr. Kohl⸗ mann, Sekretär: Pastor Pleines.
Veterinärwesen.
Amtlicher Mittheilung zufolge ist in der Kischinew die Rinderpest ausgebrochen.
In der Odessa'er Stadthauptmannschaft dagegen ist nach einer Bekanntmachung in dem Amtsblatt des Odessa'er Stadt⸗ gouverneurs die Rinderpest als erloschen zu betrachten.
Gewerbe und Handel.
Der Niederösterreichische Gewerbeverein hat eine internatio- nale Ausstellung von Motoren und Werkzeugmaschinen für das Kleingewerbe in Wien 1884 veranstaltet. Diese Aus— stellung hat den Zweck, einerseits die Vertrautheit mit Kraft. und Werkzeugmaschinen sowie mit neueren Werkzeugen im Kreise der Kleingewerbetreibenden zu fördern und deren Einführung in die kleineren Betriebe zu verallgemeinern, andererseits den Erzeugern von Motoren und Werkzeugmaschinen den unmittelbaren Kontakt mit den Konsumenten zu vermitteln. Dieser Zweck soll erreicht werden: 1L Durch die Vorführung von in Thätigkeit gesetzten Motoren und Werkzeugmaschinen, von neueren Werkzeugen, von Apparaten und Vor⸗ richtungen für gewerbliche Betriebe und von Lehrmitteln für den ge— werblichen Fachunterricht; 2) durch die wissenschaftliche Untersuchung der ausgestellten Motoren und Werkzeugmaschinen und durch die Veröffent⸗ lichung der hierdurch gewonnenen Resultate. Die Ausstellung um— faßt folgende sechs Gruppen: J. Motoren (bis zu beiläufig 3 Pferde⸗ stärken); II. Transmissionen; III. Werkzeuge, Werkzeugmaschinen und Arbeitsvorrichtungen; IV. Phystkalische und chemische Apparate; V. Hülfsmittel für Reproduktions-Verfahren; VI. Lehrmittel für den gewerblichen Fachunterricht Eine Preisrichter⸗ Jury wird nicht eingesetzt und Preise werden nicht ver— theilt werden; dagegen erhält jeder Autsteller eine Erinnerungs— medaille und ein die Theilnahme an der Ausstellung bestätigendes Certifikat. Es wird eine wissenschaftliche Kommission fungiren, welche unter Theilnahme des Technologischen Gewerbe— museums die ausgestellten Motoren und Werkzeugmaschinen auf Kraft— bedarf und Leistungsfähigkeit prüfen und den Ausstellern über die Resultate dieser Prüfung Certifikate hinausgeben wird. Behufs ein heitlicher Durchfuͤhrung dieser Prüfungen wird ein spezielles Regle— ment verfaßt und rechtzeitig publizirt werden. Die Ausstellung wird in den Lokalitäten der K. K. Gartenbaugesellschaft am 24. Juli 1384 eröffnet und spätestens am 12. Oktober geschlossen werden. Anmeldungen von Ausstellungsgegenständen sind nach einem Anmelde⸗ formular bis längstens 1. April 1884 an den Niederösterreichischen Gewerbeverein (Wien J., Eschenbachgasse 11) zu richten. Anmeldun—⸗ gen, welche nach diesem Termine einlangen, werden nicht berücksichtigt.
Wien, 27. Februar. (W. T. B.) Der 5sterreichisch—⸗ ungarische Lloyd wird, der „Presse“ zufolge, eine Dividende von 500 vertheilen gegen 76 10 0½ im Vorjahr. Der Ausfall ist nament⸗ lich durch die vorsährige Cholera in Egypten verursacht.
London, 26. Februar. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert.
New⸗York, 25. Februar. (W. T. B.) Weizenverschis⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 38 000, do. nach Frank— reich 25 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 5000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 14000, do. nach dem Kontinent — Qurts.
New ⸗ Jork, 26. Februar. (W. T. B.) Der Werth der in vergangener 5 264 000 Doll.
Umgebung von
Woche ausgeführten Produkte betrãgt
Verkehrs⸗Austalten. Bremen, 27. Februar. (BW. T. B). Der Dampfer de Norddeutschen Llovd „Neckar“ ist beute Vormittag 7 Uh
in Southampton eingetroffen. Hamburg, 26. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer Packetfabrt⸗
Rugia“ der Ham burg⸗Amerikanischen Aktiengesellschaft hat, von New⸗ Jork kommend, beute Abend 6 Uhr die Seillvy ⸗Inseln passirt.
6 r
Berlin, 27. Februar 1884.
Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deutschen Landwirthschaftsrathbs erschien der Minister für Landwirth- schaft ꝛc., Df. Lucius. Derselbe richtete an die Versammlung eine Ansprache etwa folgenden Inhalts: Er freue sich, theilnehmen zu können an den Berathungen, deren Gegenstände den Mittelpunkt der landwirthschaftlichen Tagesfragen und der Fragen des landwirthschaft · lichen Grundbesitzes bilden. Man dürfe sich in den letzten Jahren nicht beklagen über Mangel an Interesse auf Seiten der Regierung, der gesetz⸗ gebenden Faktoren und des landwirthschaftlichen Publikums für jene Fragen. Besonders die Frage des ländlichen Wohlstandes habe eine förmliche, täglich sich erweiternde und bereichernde Literatur erzeugt, die aus werthvollen Monographien von Männern der Wissen⸗ schaft, aus Berichten landwirthschaftlicher Vereine und offiziellen Aktenstücken bestehe. In, den nächsten Tagen stehe derselben eine abermalige Bereicherung bevor, in sofern Seitens der preußischen Regierung eine Ermittelung über den Stand der hypothekarischen Verschuldung in 52 preußischen Amtsbezirken ver—⸗ anstaltet sei, deren Resultate sich im Druck befänden. Dieselben, so angreifbar sie in gewissem Sinne auch sein möchten, lieferten doch dasselbe Gesammtbild, welches die sachlich vortrefflichen Berichte über die entsprechenden Verhältnisse, nämlich dasjenige einer außerordent⸗ lichen, zum Theil durch Boden und Klima günstig oder ungünstig beeinflußten Verschiedenheit der Verschuldung. Für den mittleren Besitz im Königreich Preußen, bezeichnet durch einen Grundsteuer⸗Reinertrag von 10—= 100 Thaler, betrage die Verschul⸗ dung im Durchschnitt das Achtzehnfache des Grundsteuer⸗Rein⸗ ertrages. Das Maximum sei in Karthaus gefunden worden, wo die Verschuldung das 51 —52fache des Grundsteuer-Reinertrages betrage. Eine fernere, gleichfalls vollendete Reihe von Ermittelungen beziehe sich auf die Grundbesitzverhältnisse in den Regierungsbezirken Aachen und Danzig. Dieselbe biete einen vollständigen Ueberblick der Besitzgliederung in diesen beiden Bezirken, welche als typisch gelten könnten für den Westen und den Osten der Monarchie. Der sicherste Weg zur Abhülfe bestehender Uebelstände, so schloß der Minister, sei in der Erkenntniß der Uebelstände, und die Arbeiten der Versammlungen seien ein werthvoller Beitrag zur thatsächlichen Begründung jener Erkenntniß.
Nunmehr erftattete der Oekonomie⸗Rath Schoffer⸗»Kirchberg den Bericht der Kommission über den Stand der Hagelversicherung, der sich, entsprechend den Verhandlungen und den Beschlüssen der vor jährigen Sitzungsperiode diesmal in 3 Theile gliedert, welche betreffen: 1) Fragen, bezüglich des Hagelversicherungswesens im Allgemeinen, 2) die Lage der süddeutschen Landwirthschaft gegenüber der Hagel⸗ versicherung, und damit in einem gewissen Zusammenhang stehend, 3 die Errichtung einer Zwangs⸗Hagelversicherung für das Deutsche
eich.
Die in dem erstatteten Bericht motivirten Anschauungen gipfelten in folgenden Anträgen der Versicherungskommission: zu Theil J und I des Berichts, das Hagelversicherungswesen im Allgemeinen und die Lage der süddeutschen Landwirthschaft gegenüber der Hagelversicherung betreffend. Das Plenum des Deutschen Landwirthschaftsrathes wolle der Versicherungskommission die Vollmacht ertheilen, einen Zusammen⸗ tritt von Vertretern des Landwirthschaftsraths mit Bevollmächtigten der deutschen Hagel versicherungs⸗Gesellschaften zu veranlassen, um I) eine Vereinbarung über die in der letzten Landwirthschaftsraths⸗Sitzung ge⸗ wünschten Veränderungen der allgemeinen Versicherungsbedingungen herbeizuführen, und 2) in Bezug auf die süddeutschen Hagelversicherungs⸗ Verhältnisse Konzessionen zu erreichen bezw. das Eintreten weiterer Versicherungègesellschaften in das dortige Versicherungsgeschäft zu be⸗ wirken zu suchen.
Nach längerer Debatte wurden die vorstehenden Anträge an— genommen.
Nunmehr motivirte Referent die Anträge zu Theil III des Be— richtes, die Errichtung einer Zwangs-Hagelversicherungsanstalt für das Deutsche Reich betreffend; der Deutsche Landwirihschaftsrath wolle beschließen: 1) zur Zeit den von der Centralstelle des land— wirthschaftlichen Vereins für das Großberzogthum Baden gestellten Antrag auf Einrichtung einer Zwanas⸗Hagelversicherungsanstalt für das Deutsche Reich abzulehnen, dagegen 2) in Erwägung, daß das Hagelversicherungswesen in seiner gegenwärtigen Gestaltung den Interessen der Landwirthschaft nicht entspricht, die Kommission für das Versicherungswesen mit der weiteren Bearbeitung der einschlägigen Fragen zu beauftragen.
In der längeren Diskussion, welche sich an diese Frage knüpfte, ergriff der Minister nochmals das Wort: Schon insofern seien die Berathungen der Versammlung ein wichtiges Förderungsmittel in der Sache, als die Versicherungsgesellschaften mit merklicher Besorg— niß der hier geübten Kritik folgten. Man sei auf jener Seite sehr empfindlich. Als durch eine Verfügung des landwirthschaftlichen Ministeriums die schärfere Ausübung der gesetzlichen Kontrole über die Geschäftsführung der Gesellschaften angeordnet worden sei, habe sich sovohl in der Presse, wie in zahlreichen beim Ministerium eingegangenen Zuschriften jene Empfindlichkeit kenntlich gemacht. Das könne natürlich die Regierung nicht erschüttern, die sich der Pflicht bewußt sei, der Anwalt des kleinen Mannes gegenüber den Gesell— schaften zu sein. Nach wie vor werde eine scharfe Kontrole über das Verfahren letzterer bei Regulirung der Schäden stattfinden. Es müsse anerkannt werden, daß im Jahre 1883 sehr wenig Klagen über uncoulante Regulirungen auf— getreten seien; aber freilich sei dies Jahr auch ungewöhnlich hagelarm gewesen. Die in der Versammlung angeregten Ideen erheischten ein—⸗ gehende Beachtung; indeß dürfe nicht übersehen werden, daß die große Verschiedenheit der lokalen Verhältnisse sehr große Schwierigkeiten bezüglich der Einführung einer Reichsversicherung nach dem Vorbilde der bayerischen Versicherung biete. Im Jahre 1882 seien in Hohen— zollern 30, in Schleswig-Helstein nur O, 40/ der Grand efiher ver⸗ hagelt. — Nach Schluß der Diskussion wurden sämmtliche Anträge der Kommission unverändert mit an Einstimmigkeit grenzender Majorität angenommen.
In der heutigen Sitzung, in welcher der Staats⸗Minister Dr. Lucius wiederum erschienen war, referirte der Ritterschafts⸗ Direktor von Wedell⸗Malchow über die Lage des bäuerlichen Grund— besitzes in Verbindung mit der Frage des landwirthschaftlichen Kredit- wesens und des Erbrechts. .
London, 26. Februar. (W. T. B.) Das gestern Abend auf dem Vietoriag⸗ Bahnhof aufgegebene Felleisen, durch welches, wie man annahm, die Explosion herbeigeführt sein sollte, hat sich un⸗ versehrt wiedergefunden. Dagegen ist unter den Gepäcküberresten ein lederner Reisekoffer gefunden worden, welcher durch Explosionsstoffe, * ö im Innern desselben befunden haben dürften, zerstört zu sein
eint.
— 26. Februar, Nachmittags. (W. T. B) Bezüglich der Explo⸗ sion auf dem Victoriabahnhofe hat Major Bagot, der sich zur Zeit der Explosion in der Nähe des Bahnhofs befand und unmittelbar nach derselben in den Bahnhof eintrat, konstatirt, daß der von ihm dort wahrgenommene Geruch genau dem Geruch entsprochen habe, der mit einer Dynamit -Explosson verbunden sei. Noch andere An— zeichen bestätigen, daß es sich um eine Dynamit⸗Explosion gehandelt hat, und es ist denselben gegenüber die Annahme, daß die Explofion durch Kanonenpulver oder Gas veranlaßt sei, nicht aufrecht zu erhalten. Der mit der Bewachung des Gepäckraumes beauftragte Beamte hat
deponirt: gestern Abend babe ein Mann ein kleines, aber sehr schweres Felleisen in dem Gepäckraum abgegeben und dasselbe seiner besonderen Sorgfalt anempfohlen. Gegen 19 Uhr babe er ein eigen⸗ thümliches Geräͤusch gehört, demjenigen ähnlich, welches der Mecha— nismus einer Weckuhr hervorzubringen pflege, er habe demselben aber keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Wirkungen der Explosion sind genau dieselben, wie sie durch die Dynamiterplosionen im Mar; und Oktober vorigen Jahres herbeigeführt wurden.
Das Königliche Schauspielhaus brachte gestern ein vier⸗ aktiges Lustspiel Roderich Heller von Franz von Schönthan zur ersten Aufführung und erzielte damit einen ziemlich guten Erfolg. Der Verfasser der Novität ist dem Theaterpublikum von früheren dramatischen Arbeiten, die zumeist auf der Bühne des Wallner— Theaters zugkräftige Aufführungen erlebten, vortheilhaft bekannt und das neue Werk ist wohl geeignet, die gute Meinung, welche man von diesem Autor hatte, noch zu erhöhen. Schönthan hat es diesmal versucht, mit einem kühnen Sprunge sich aus der Sphäre des Derbkomischen in die Region des feineren Lust⸗ spiels zu erheben und — bis auf ein Kleines — ist es ihm auch gelungen. Das Stück greift keck hinein in's volle Menschenleben und manche treffliche Scene kann als ein Spiegelbild von Vorgängen unserer wirklichen Gegenwart gelten. Die Gestalten des Stücks sind aus der guten bürgerlichen Gesellschaft so gewählt. daß auch das öffentliche Leben in den Kreis der Erscheinungen tritt. Soweit Aeußerlichkeiten in Betracht kommen, entschwindet dem Zu⸗ schauer die Empfindung der konkreten Gegenwart niemals; die Ver— wickelungen der Handlung leiten ihren Ursprung z. B. theilweise aus Begegnungen im Pferdebahnwagen oder in Wählerversammlungen her. Wenn man aber näher hinschaut, will der Autor in seinen Figuren das Streben moderner Frauen, sich aus dem engen Kreise der . loszulösen und literarischen oder gar politischen Bestrebungen nachzuhängen geißeln, — Frau „Norica“, die Gattin des prosaischen Strumpfwirkers, welche ihren Jugendgeliebten, einen lyrisch ange— hauchten Studenten, der sich aber inzwischen zu einem bekannten Romanschriftsteller entwickelt hat, nicht vergessen kann, wird als Exemplum für jene sentimentale Schwärmerei vorgeführt, welche schließlich zur Störung des Hausfriedens führen muß. Die eine Seite des Bildes, nämlich die lächerliche Komik, welche in der blinden Verkennung der Realität liegt, hat unter den Händen des Autors glücklich Gestalt und Leben gewonnen; die andere Hälfte der Zeichnung aber, welche die kräftige Realität und gesunde, sittlich erhebende Einfachheit des inneren und äußeren Lebens hätte zur Erscheinung bringen sollen, blieb wirkungslos durch die matte und farblose Ausführung. Die derbere Sprache und die kräf— tigeren Contouren, welche in der Posse zum Ausdruck kommen dürfen, hatte der Verfasser offenbar in Hinsicht auf den vornehmen Rahmen der Königlichen Bühne, nach Möglichkeit vermieden; damit ist aber zugleich das kräftige und lebendige Kolorit zum Nachtheil der Ge— sammtwirkang abgeblaßt. Jedenfalls bringt man hier den stark realistisch angehauchten Figuren nicht die Theilnahme entgegen, welche sie erwecken sollten; sie sind fast durchgängig bedeutungslose, schablonen⸗ hafte Charaktere, und die „zartbesaitete“ Dichterseele, Roderich Heller, entpuppt sich als ein alter Grobian und Rechtsanwalt mit einer Glatze und sieben Kindern. Dieser schwärmerisch verehrte Poet, der Titelheld, erscheint überhaupt erst im dritten Akt — eigentlich nur als alle Verwirrung lösendes Element. Bis zum dritten Akte hatte der Verfasser durch die vielen komischen Wendungen des Dialogs und die lustigen Einfälle und Situationen, an welchen das Stück reich ist, das Interesse des Publikums und die Lacher auf seiner Seite, so daß er während der Verwandlungspause des dritten Akts sogar stürmisch gerufen wurde; der Schlußakt fand aber eine recht matte Aufnahme, so daß der weitere Beifall energischer Opposition begegnete. Die scenische Gewandtheit Schönthans, die lustige Handlung und der Humor der Sprache täusch— ten über die Mängel des Werkes mit guter Manier hinweg und haben dem zahlreich versammelten Publikum offenbar einen heiteren Abend bereitet; aber ein gutes Lustspiel ist Roderich Heller“ nicht. — Unter den Darstellern traten in erster Linie Hr. Krause (Fabrikant Groller) als einfacher, gutmüthiger Strumpfwirker, und Fr. Kahle ⸗Keßler (Norica) als die schwärmerische, politisirende Frau hervor. Die Kar⸗ rikatur truͤg sie mit leisen Strichen gerade kräftig genug auf, um zu erhei⸗ tern, ohne anzustoßen. Hr. Keßler (Dr. Hagedorn) war ein liebenswürdiger und gewandter Journalist und Liebhaber, während Hr. Vollmer (Rudolf) den harmlosen, unselbständigen Sohn Bruder und Bräutigam mit anziehender Natürlichkeit zum Ausdruck brachte. Zu erwähnen sind noch die episodenhaften Figuren des „Sitzredacteurs Balzer“ und des „Schauspielers Eichstädt“, welche von den Hrn. Link und Dehnicke mit drastischer Komik gegeben wurden. Die beiden Naiven „Selma“ und ‚Rosa“ fanden in den Damen Abich und Conrad liebenswürdige und anmuthige Vertreterinnen.
Im Deutschen Theater müssen die Vorstellungen von „Viel Lärm um Nichts wegen des bevorstehenden Urlaubes der Frau Hedwig⸗Niemann auf eine Zeit lang unterbrochen werden. Die ö. beiden Aufführungen des Stücks finden am Freitag und Sonnabend dieser Woche statt. Am nächsten Sonntag werden auf vielfachen Wunsch „Die Karlsschüler“ wieder aufgenommen. „Die Valentine“ von Gustav Freytag geht am Montag, den 3. März, in Scene.
Ueber die Vorstellung zum Besten der Errichtung eines Denkmals für Ernestine Wegner, welche am nächsten Freitag im Wallner ⸗Theater stattfinden soll, wird berichtet, daß Pr. General⸗Intendant von Hülsen mehreren hervorragenden Mit gliedern der Oper und des Schauspiels die Mitwirkung gestattet hat. Von den Damen Fr. Frieb⸗Blumauer, Frl. Clara Meyer und Hrn, Eugen Müller, unterstützt von Mitgliedern des Wallner ⸗Theaters, wird das Lustspiel von G. zu Putlitz: ‚Die alte Schachtel“ zur Auf⸗ führung kommen, die dadurch noch erhöhtes Interesse erregen dürfte, daß in dem Lustspiel die beiden Schwestern Clara und Hedwig Meyer zum ersten Male vereint mitwirken.
Residenz⸗-Theater. Hrn. Direktor Emil Neumann ist es gelungen, Fr. Ottilie Gense, den unvergessenen früheren Liebling des Berliner Theater -Publikums, zu einem schon in nächster Zeit be— ginnenden Gastspiel zu gewinnen. — Heute tritt, nach der Verab— schiedung des Hrn. Keppler, eine neue Gastin, die Herzoglich ⸗Sachsen⸗ Coburg⸗Gotha'sche Hofschauspielerin Frl. Marie Schröder zum ersten Male als „Odette“ in dem gleichbetitelten Sardou'schen Schauspiel auf.
Concerthaus. Hr. Hofmusikdirektor Bilse veranstaltet heute wieder einen Novitätenabend. Zur ersten Aufführung kommen: ein symphonisches Zwischenspiel (Intermezzo) zu Calderons Schauspiel „Ueber allen Zauber Liebe“ von Eduard Lassen und „Pensse de Minuit“ (nach einem Gedicht von Lamartine), Meditation von Eduard de Hartog. Den 2. Theil bildet die Haffner⸗Symphonie von Mozart. Auch das farbenglühende Tongemälde des „Venusberges“, der von R. Wagner später zu seinem „Tannhäuser“ hinzukomponirten Scene, sowie der imposante „Philadelphia⸗Marsch“ desselben Kom ponisten stehen auf dem interessanten Programm.
Hr. Theodor Hoch, der treffliche Solo, Cornettist, ist soeben von seiner Künstlerfahrt aus Amerika zurückgekehrt und wird in einem der Engelschen Concerte im Krollschen Saale, und zwar am Freitag, das Publikum mit einigen Vorträgen erfreuen. Der Künstler tritt nur dieses eine Mal auf.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Kesseh.
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
und die Besondere Beilage Nr. 2.
Berlin: Druck! W. Elsner.
Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen
Berlin, Mittwoch, den 27. Februar
Staats⸗AUnzeiger. 1884.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 27. Februar. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (54) Sitzung des Hauses der Abgeordneten trat das Haus in die erste Berathung des Gesetzentwurfs ein, betreffend Ergänzung und Abände— rung einiger Bestimmungen über Erhebung der auf das Einkommen gelegten direkten Kommuna!l⸗ abgaben.
Der Abg. Zelle erklärte, eine kommissarische Vorberathung sei bei einer Vorlage von dieser Tragweite und Bedeutsam⸗ keit unerläßlich; er wolle daher nur einige Bedenken äußern, und Ergänzungen vorschlagen, deren Berücksichtigung er für die Berathungen der Kommission empfehlen möchte. Zunächst, glaube er, werde man die Aufnahme der Kommantitgesell⸗ schaften in 58. 1 mit Befriedigung begrüßen, während die Einbeziehung der eingetragenen Genossenschaften auf Bedenken stoßen dürfte. Das Hauptbedenken in diesem Para⸗ graphen sei ihm aber die Auslassung des Reichsfiskus, der von der Kommunalsteuer frei sein solle, während der preußische Fiskus sich vorläufig bequeme, sich der Kommunalsteuer zu unterstellen. Auch den Grund, daß der Reichsfiskus steuer— frei bleiben solle, weil das Reich nicht die Zustimmung zu seiner Besteuerung gegeben habe, halte er staatsrechtlich für anfechtbar, denn ebenso gut wie das Reich Frankreich oder der Staat Bayern, wenn sie Unternehmungen in einer preußischen Kommune begonnen hätten, der Steuerpflicht unterlägen, obwohl ihre Zustimmung nicht eingeholt sei, werde auch das Reich Deutschland kaum um seine besondere Erlaubniß zu befragen sein, wenn es sich um die Ausführung eines preußischen Steuergesetzes handele. Weiter scheine ihm im §. 2 die Bestimmung bedenklich, daß die zuständige obere Verwaltungsbehörde festzusetzen haben solle, was als selbständige gewerbliche oder Bergbauunternehmung des Staatsfiskus zu betrachten sei, denn es würde hier doch leicht ein Richter in eigener Sache zu erkennen haben. Den schwierigsten Punkt in der Vorlage finde er in den Bestimmungen über die Eisen⸗ bahnbesteuerung und zwar deshalb, weil jede Angabe über den finanziellen Effekt jener Bestimmungen fehle, er möchte daher den Wunsch aussprechen, daß die Kommission sich an die Königliche Staatsregierung mit der Bitte um Vor— legung des bezüglichen Materials wenden möge. Für die ver— suchte Beseitigung der Doppelbesteuerung müsse man der Königlichen Staatsregierung dankbar sein. Was jedoch die Bestimmung des 8. 9h betreffe, wonach bei Einschätzung der abgabepflichtigen Personen zur Einkommenebesteuerung in ihren Wohnsitzgemeinden derjenige Theil des Gesammt— einkommens, welcher aus außerhalb des Gemeindebezirks belegenem Grundeigenthum oder außerhalb des Gemeinde— bezirks stattfindendem Pacht⸗, Gewerbe⸗, Eisenbahn⸗ beziehungs—⸗ weise Bergbaubetriebe fließe, außer Beachtung zu lassen sei, so scheine ihm dieselbe nicht den Rücksichten der Billigkeit gegen eine Gemeinde zu entsprechen, in welcher Jemand das ganze Jahr hindurch seinen Wohnsitz habe, und alle kom⸗ munalen Wohlthaten genieße, trotzdem aber nicht zu den Abgaben herangezogen werden könne, weil ihm seine Einnahmen, von außerhalb zuflössen. Er möchte sich in dieser Hinsicht den Vorschlag erlauben, hier eine Bestim— mung einzufügen, wonach in solchen, wie den in Rede ste— henden Fällen, an dem betreffenden Wohnsitz eine Besteuerung von 19 des bezüglichen Einkommens, an dem Orte der Be— triebe, aus welchen das Einkommen fließe, eine Besteuerung von * des letzteren zu ersolgen habe. Hauptsächlich möchte er aber eine Ergänzung in der Richtung vorschlagen, daß in dieser Vorlage eine Lösung der Hundesteuerfrage vorgenommen werde, und zwar möchte er, da der gegenwärtige Maximalsatz nicht genüge, um den Kommunen zu helfen, die Aufnahme einer gesetzlichen Bestimmung vorschlagen, welche dahin gehe, daß, wo bisher die Hundesteuer eingeführt sei, dieselbe mit der Maßgabe bestehen bleiben solle, daß der höchste zulässige Steuersatz 20 M betragen solle.
Der Abg. Hahn bemerkte, die Vorlage entspreche in seltenem Umsange einer Anzahl Seitens des Hauses oft ge— äußerter Wünsche; um sie zu Stande zu bringen, müsse man sie von allen Hemmnissen befreien, und die Einfügung der höheren Hundesteuer würde ein solches Hemmniß sein. Nach F. 1, der dem vor zwei Jahren vom Hause angenommenen Antrage Stengel entspreche, erhielten die ländlichen und Orts— gemeinden das Besteuerungsrecht der Forensen und juristischen Personen, wie es die Städte der alten und der rheinischen Städteordnung längst besessen hätten. Besonders klage man über diesen Mangel in den Provinzen, die den Segen der Kreisordnung noch nicht hätten, aber auch in Po0sen. Wenn man meine, eine solche Bestimmung passe nicht in den Rahmen dieses Gesetzes, so sei dies mit Rücksicht auf 8. 12 des Entwurfs nicht richtig. Ec stelle diesen Punkt, sowie einige andere der Kommission zur Erwägung, ohne sich oder die konservative Fraktion darauf festzunggeln. Nach dem Entwurf sollten die sogenannten Streckengemeinden, in deren Bezirk nur Schienen wege, aber keine Stationen noch größere Betriebsstätten lägen, an den Einkünften aus der Besteuerung der Eisen— bahnen nicht partizipiren. Das schließe eine Unbilligkeit in sich, welcher man entgegentreten sollte. Vielleicht ließe sich auch für sie nach dem Maßstabe der Gehälter und Löhne ein Antheil berechnen, der dann auch die Einkünfte der Stationsgemeinden kaum alteriren würde. Daß eingetretene Genossenschaften, die oft ganz bankmäßig ihre Geschäste aus— dehnten, zur Steuer beitragen sollten, sei ganz in der Ordnung. Die Heranziehung des Staatsfiskus mit feinen Domänen und Forsten sei durchaus gerechtfertigt, wenn aber, nach der Vor⸗ lage, die fiskalischen Gebäude sammt und sonders nicht zur Gebäudesteuer herangezogen werden dürften, so entstände wie⸗ der eine Ungleichheit. Mit Recht blieben die öffentlichen Dienstgebäude frei, die Wirthschaftsgebäude dagegen sür fiska⸗ lische Erwerbszwecke sollten, wie schon in der bisherigen Ge⸗ setzgebung dieser Unterschied gemacht sei, zweckmäßig zur Be⸗ steuerung herangezogen werden. Im 8§. 3 des Gebäudesteuer— gesetzes würden „als zu den im Besike des Staates befind⸗ lichen Gütern gehörig“ auch die Kur⸗ und Badehäuser in manchen Badeorten gerechnet; gerade aus Schwalbach
2 50.
Regierungsbezirks früher dringende Petitionen an das Haus gekommen, welche dasselbe seiner Zeit als begründet erkannt habe. Damals sei denn auch die Er⸗ wartung ausgesprochen worden, daß im Kommunalsteuergesetz Abhülfe erfolgen würde. Die Heranziehung der Bergbau—⸗ betriebe habe ebenfalls seinen vollen Beifall, während er den Bedenken des Abg. Zelle wegen der Besteuerung Einzelner und auch dessen Vorschlage zur Abhülfe einigermaßen bei—⸗ pflichte. Bezüglich der Besteuerung des Reichsfiskus betone er den Charakter des Entwurfs als eines Nothgesetzes, ebenso wie der Hundesteuer gegenüber; gußerdem aber sei man gar nicht kompetent, über die Heranziehung des Reichsfiskus zu Steuern in den Einzelstaaten zu befinden. Bevor nicht die Reichsgesetzgebung eingetreten sei, könne man hier über die Einnahmen des Reiches, welches über den Einzelstaaten stehe, nicht verfügen; lasse man darum die Hand davon! Er be— antrage, eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern ein— zusetzen, welche für die möglichste Beschleunigung der Spezial— berathung Sorge zu tragen haben werde.
Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) erklärte, dem Antrag auf Ueberweisung des Entwurfs an eine besondere Kommission stimme er bei, da auch er wünsche, daß der Entwurf zu Stande komme. Seinen Dank für die Vorlage werde er, ge— warnt durch viele frühere Erfahrungen, der Regierung jeden— falls erst entgegenbringen, wenn die Vorlage wirklich Gesetz geworden sei. Hieran zweifle er jetzt aber bereits einiger— maßen. Das Gesetz sei eine kalte Schuͤssel, ein Ueberbleibsel des Kommunalsteuergesetzes, das dem Hause seiner Zeit so heiß aufgetragen sei, daß man es nicht habe genießen können. Jetzt sei das Haus auf den Standpunkt eines Nothgesetzes zurückgedrängt, welches einige herrschende Zweifel be⸗ seitigen solle. Dadurch werde aber das sachliche Bedürfniß nach Erlaß eines umfassenden Kommunalsteuergesetzes nicht geringer. Die ganze Steuerreform müsse bei den Kom— munalsteuern begonnen werden; dort müsse der eigentliche Hebel angesetzt werden; man spreche immer von der Steuer— noth der Gemeinden, fasse aber nicht den Stier bei den Hör— nern. Eine prinzipielle Regelung des Steuerwesens in Staat und Gemeinde werde erst dann möglich sein, wenn man auf das System der Zuschläge verzichte, die Gemeinde in ihrem Steuerwesen selbnändig hinstelle, und ihr denjenigen Kreis bezeichne, auf welchen sie steuerliche Ansprüche zu erheben habe. Eine gute Kommunalsteuer müsse eine Realsteuer sein, auch dürfe die Frage der Besteuerung einer Liegenschaft in der Gemeinde nicht von den jeweiligen zufälligen Besitzver— hältnissen abhängen. Allerdings werde sich das erst durch— führen lassen, wenn eine Landgemeindeordnung ein— geführt sei. Wenn der Minister von Puttkamer eine solche als zu schwierig noch nicht in Aussicht gestellt habe, so erinnere er daran, daß in dem kurzen Interregnum, wo Minister Friedenthal der Verwaltung des Innern vorge⸗ standen habe, die Regierung eine solche Landgemeindeordnung besonders für die östlichen Provinzen, als ausdrückliches Be— dürfniß anerkannt habe. Die gegenwärtige Vorlage habe den Nachtheil, daß ihre einzelnen Bestimmungen keinen inneren Zusammenhang hätten: solche Gesetze scheiterten aber erfah— rungsmäßig am leichtesten. In der Hundesteuerfrage stehe er sachlich durchaus auf dem Standpunkt des Abg. Zelle, gebe aber dem Abg. Hahn darin recht, daß das Hineinziehen der⸗ selben in das Gesetz leicht das letztere zum Scheitern bringen könnte. Er empfehle daher der Kommission, ihr Terrain sehr vorsichtig zu sondiren, wenn sie nicht wolle, daß das Gesetz zu Falle komme. Sehr erwünscht sei ihm das, was die Vorlage über die Besteuerung des Fiskus sage. Der Noth vieler Gemeinden werde dadurch wirksam ein Ende gemacht. Er erinnere nur an die nassauischen Ort⸗ schaften mit den fiskalischen Bade-Etablissements. Bezüglich der Besteuerung des Reichsfiskus stehe er nicht auf so be— stimmtem Standpunkte, wie der Abg. Zelle. Er glaube, es möchten hier auch noch andere Gesichtspunkte vorhanden sein. Begreifen könne er aber nie, wie der Reichsfiskus bei Ge— bäuden, aus denen derselbe wie ein Privater, Miethe ziehe, steuerfrei sein könne. Hier werde wohl aber die Regierung, wie schon früher sagen; Jon possumus! — Die Bestimmung bezüglich der Steuerpflicht der Eisenbahnen sei zwar keine mustergültige, aber wenigstens eine verständlich ge— ordnete. Er sei aber der Meinung, rationell werde man hier den Gemeinden erst mit Einführung der Realsteuern helfen. Der Abzug von 31½ Proz. für Verzinfung der Anleihen von dem Reinertrag sei denn doch eine etwas große Beeinträchtigung der Kommunen. Ganz und gar ver— werfe er aber die Personalsteuer für die eingetragenen Ge— nossenschaften, wenn sie ihre Geschäfte über die Mitglieder hinaus führten. Eine solche Steuer habe man bis jetzt nicht gekannt. Man wolle sie neu einführen: seiner Meinung nach= sei sie der Ausfluß der sich diesen Genossenschaften gegenüber jetzt geltend machenden Ungunst. Er wünsche diese Steuer darum gestrichen zu sehen. — Zwei Bemängelungen sprachlicher Natur hahe er noch. In den früheren Vorlagen habe ge— standen: Gemeindeabgaben, das halte er für besser, als den Ausdruck: Kommunalabgaben des vorliegenden Entwurfes. Weiter heiße es: „Abgabepflicht, abgabepflichtig, abgabeberechtigt“. Das Haus habe aber vor einigen Tagen für Hannover be— schlossen, daß es dort „Abgabenpflicht“ heißen solle. Es sei damals ein Amendement Hartmann „abgabepflichtig“ zu sagen, verworfen, und es gereiche ihm zur dauernden Genugthuung, daß er sich unter den wenigen Zustimmenden befunden habe— Der Minister habe sich des „abgabenpflichtig“ angenommen und dabei übersehen, daß derselbe sich in der heutigen Vor⸗ lage bereits für „abgabepflichtig“ entschieden habe. Der Mi—⸗ nister habe dem Hause vorgehalten, daß der Mann nicht eine Abgabe, sondern Abgaben zu zahlen hätte. Es sei ihm doch sehr interessant gewesen, bei dieser Gelegenheit einen Blick in die Gedankenwerkstatt des Mannes zu thun, der Preußen eine neue. Orthographie verschafft habe. Nach der Analogie des Ministers wäre also ein Kammerdiener eine Person, die nur eine Kammer aufzuräumen habe, seien mehrere Kammern da, so heiße der Mann Kammerndiener. Er glaube, es schlage hier die einfache Erwägung durch, daß
und einigen anderen Orten des
Wiesbaden seien
Komposita nicht vom Substantivum, sondern Man sage „steuerpflichtig“ und nicht „steuernpflichtig“! obwohl man ja in der Lage sei, mehrere Steuern zu zahlen. Man sage „beitragspflichtig“ und nicht „beiträgepflichtig“, selbst wenn man gebunden sei mehrere Beiträge zu bezahlen, und so werde man „abgabe⸗ pflichtig“ sagen unter der logischen Motivirung, daß man ab⸗ zugeben habe. Er empfehle also die Konservirung dieses richtigen Wortes dem Wohlwollen der Kommission auf die Gefahr hin, daß man mit berechtigten Eigenthümlichkeiten der Provinz Hannover in Konflikt komme.
Der Abg. Schmidt (Sagan) bemerkte, die von den Abgg. Hahn und Meyer hier berührte Frage der Besteuerung des Reichsfiskus halte er nach den gepflogenen Erörterungen für erledigt. Mit dem Kollegen Hahn stimme er in dem Grund⸗ satz völlig überein, möglichst alles zu vermeiden, was zur Er⸗ schwerung dieses Gesetzes gereichen, und sein Zustandekommen vielleicht hindern könnte. Darum sei die Hundesteuer nicht hier hinein zu ziehen. Leider habe der Abg. Hahn aber selbst gegen diesen Grundsatz damit verstoßen, daß derselbe in diesem Kommunalsteuergesetz das Recht der Besteuerung der juristischer Personen auch solchen Kreisen, welche dasselbe noch nicht hätten, beigelegt wissen wolle. Es sei nicht wohlgethan, sich auf eine solche Bestimmung einzulassen. Der Abg. Hahn habe sich zwar auf den 5§. 12 dieses Gesetzes bezogen, allein er müsse sagen, daß es doch eine ganz andere Sache sei, bloße Veran⸗ lagungsgrundsätze über die Besteuerung von juristischen Per⸗ sonen auf Kreise und Provinzen, die dieses Recht noch nicht hätten, zu verallgemeinern, als diese prinzipiell wichtige Frage hier in der Art mit in Erwägung zu ziehen, ob denjenigen Kreisen, die dieses Recht noch nicht hätten, dasselbe nun in diesem Gesetz gewährt werden solle. Diese Frage müsse aus wesentlich anderen Gesichtspunkten betrachtet und geregelt werden, und deshalb erachte er es für besser, sie aus diesem Gesetz heraus⸗ zulassen. Was das Gesetz selbst betreffe, so habe er auf Vorlage des ganzen zweiten Theiles des früheren Kommunalsteuergesetzes als besonderes Gesetz gehofft. Man müsse sich aber mit der Vorlage begnügen, und zwar wegen des Zusammenhanges des Gegenstandes mit der im Werke befindlichen Staatssteuer⸗ gesetzgebung, und da die Regierung hinsichtlich der künftigen Besteuerung des Fiskus besondere Pläne habe. Die Abgg. Meyer und Büchtemann hätten ein besonderes Eisenbahnsteuer⸗ gesetz verlangt und dasselbe als sehr dringend erklärt; der Abg. Meyer habe auch behauptet, daß die Materie des zweiten Theiles des Kommunalsteuergesetzes innerlich in gar keinem Zusammenhang stehe. Beide Behauptungen seien aber völlig unwahr. Die Menge der Petitionen der letzten Jahre hätten doch dargethan, daß die Regelung der Kommunalbesteue⸗ rung der juristischen Personen und Forensen mindestens ebenso dringlich sei. Das theilweise gänzliche Fehlen von ge⸗ setzlichen Bestimmungen und ihre Mangelhaftigkeit seien dafür Beweis genug. Abhülfe durch gesetzliche Maßregeln sei absolut nöthig. Die Besteuerung der Eisenbahnen gehe doch mit der— jenigen der juristischen Personen Hand in Hand, ebenso die— jenigen der Forensen. Zuerst seien die allgemeinen Grundsätze festzustellen, dann die Besonderheiten, welche zu berücksichtigen seien. Der Abg. Meyer meine, die Steuerreform müsse bei der Kommunalbesteuerung anfangen und das Zuschlagsystem solle beseitigt werden und an deren Stelle die Besteuerung der visible property nach englischem Muster gesetzt werden. Mit diesem Vorschlag sei der Abg. Meyer, wie derselbe doch selbst wissen müsse, seiner Zeit in der Minorität geblieben! Die Nothwendigkeit, dieses Gesetz zu Stande zu bringen, habe derselbe ja j̃tzt selbst anerkannt. Bei 5.7 Nr. 2 glaube er sich nach den Erklärungen des Abg. Dr. Meyer einer weiteren Erörterung enthalten zu können. Von der linken Seite aus sei in sachverständiger Weise die ganze Eisenbahnbesteuerung in Anregung gebracht worden, und wenn von dort aus kein Bedenken erhoben werde, so glaube er, werde es auch ferner nicht erhoben. Das hier von der Regie⸗— rung vorgeschlagene Prinzip habe man auch in früheren Zeiten als das beste und zweckmäßigste angenommen. Weder in der Kommission noch von außen her habe eine wesentliche Oppo⸗ sition stattgesfunden. Nur wenige Petitionen seien gekommen, von denen eine einzige verlangt habe, daß das alte Prinzip der Vertheilung des Steuerertrages nach dem Bruttoertrage bei einzelnen Stationen fernerhin bei⸗ behalten werden solle — und diese Stadt — es sei Barmen gewesen, habe gefürchtet, daß Elberfeld den Löwen⸗ antheil bei der neuen Art der Vertheilung der Steuer davon⸗ tragen könnte. Doch wolle er bemerken, daß der Abg. von Huene einen beachtenswerthen Vorschlag gemacht habe, mit dem derselbe auch wohl wiederkommen werde. Derselbe habe verlangt, daß die Gehälter bis 2000 S6 voll, über 2000 M60 hinaus nur bis zur Hälfte an gerechnet werden sollten. Dieser Vorschlag würde natuͤrlich geeignet sein, eine Ausgleichung von zu großen Löwenantheilen in einzelnen Gemeinden herbeizu— führen. Indessen habe man in der Kommission bis jetzt auch diesen Verbesserungsvorschlag abgelehnt, indem die Kommission davon ausgegangen sei, daß gerade doch auch diese gut besolde⸗ ten Beamten durch ihre besondere Intelligenz, ihre Tüchtigkeit zu dem Floriren der Eisenbahn-Unternehmungen und zu dem Gesammteinkommen wesentlich beitrügen. Es werde Sache der Kommission sein, diesen Antrag natürlich weiter in Erwägung zu ziehen. In den früheren Gesetzentwürfen sei durch den 8. 23 die Doppelbesteuerung der Aktionäre beseitigt. In diesem Entwurf werde sie wieder eingeführt; auch die Kom⸗ mission habe in dieser Hinsicht geschwankt, sie habe zuerst die Doppelbesteuerung der Aktionäre angenommen, aber in zweiter Lesung wieder beseitigt. Er theile die Bedenken gegen diese doppelte Besteuerung. Er gebe zwar begriffsmäßig die Ein⸗ kommenbesteuerung der juristischen Personen zu, komme aber den gegnerischen Deduktionen so weit entgegen, daß er sage, ein Einkommen, welches von Hause aus auf Grund des Gesetzes oder ex titulo speciali mit der Bedingung behaftet sei, sofort und ohne Weiteres weiter gegeben zu werden, könne nicht auf gleichem Fuße behandelt werden mit dem Ein⸗ kommen, über welches man unbedingt weiter verfügen könne. Es könnten daher nur die Aktiengesellschaften besteuert werden, vorausgesetzt, daß der nöthige Ausweis, den die Aktionäre zu
man derartige
vom Verbum hilde.