1884 / 70 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Mar 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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japanischer Sprachgeschichte, sowie ein Vorbereitungs kursus für die verschiedenen Fakultäten. Der staatgrechtliche, wissenschaftliche und literarische Kurs dauert vier Jahre. Die Absicht ist, daß die Unter—⸗ richtssprache künftig die japanesische sein soll; vorläufig aber wird der Unterricht englisch ertheilt. In der juristischen Fakultät wird außerdem Französisch und in der wissenschaftlichen und literarischen Takultät Deutsch 2 —3 Stunden wöchentlich gelehrt. Im ersten Jahre des Rechtskurses figurirt römisches Recht mit zwei Stunden wöchentlich. Unter den juristischen Lehrmitteln sind Holtzendorffs und Falcks Ercyklopädien der Rechtewissenschaft aufgezählt, wie denn die deutsche Wissenschast., namentlich auch in der philosophischen Fakultät, einer maßgebenden Stellung an der japanischen Universität sich er⸗ freut, wenn sie auch hinter der englischen und französischen noch einigermaßen zurücktritt Unter den Büchern, welche dem philosophijckken Unterricht zu Grund gelegt werden, nennen wir Häckels Geschichte der Schöpfung., Schweglers Geschichte der neucren Philosophie von Detcartes bis Hegel, Kants Kritik der reinen und der praktischen Vernunft. Im Geschichtsunterricht kommt Grote's Geschickte von Griechenland, Mommsens römische Geschichte, Ranke's Geschichte von England zur Verwendung. Aehnlich verhält es sich in den übrigen Fächern. Jan der Philosophie spielen natürlich auch die chinesischen und indischen Systeme eine erhebliche Rolle.

An die Konfirmanden. Von Fanny Tuxen, Ver⸗ fasserin von „An die Braut von einer Silberbraut?. Mit Genehmi⸗ gung der Verfasserin übersetzt von L. Fehr. Gotha, Friedr. Andr. Perthes, 1884. Preis geb. 2 M In dem vorliegenden Schriftchen redet eine erfahrene Frau zu den jungen Christen, um sie in ebenso freundlicher als eindringlicher Weise vor den Gefahren der Weltliebe, des Unglaubens und der Freigeisterei zu warnen und in das Leben der heiligen Liebe einzuführen. Die Verfasserin gebt in die Eigen thümlichkeiten der Jugend, deren reiche Einbildungekraft, sprudelnde Lebenslust und thatendurstige Kampfesfreude ein, deckt ihr dabei das innerste Herzensbedürfniß auf und erweckt in ihr durch den Einblick in die Erfahrungen der Gnade das Verlangen nach der Gerechtigkeit, dem Frieden und der Freude des Reiches Gottes. Das als Ge— schenk ausgestartete Buch möchte vielen der dier jährigen und immer größeren Schaaren der nachfolgenden Konfirmanden ein treuer Weg weiser und Begleiter werden.

In der Helwingschen Verlagsbuchhandlung, Hannover, erschien soeben eine kleine Broschüre, betitelt: Antwort auf die Brochüre: Die Vorrechte der Offiziere“ von einem deut—⸗ schen Bürger und Soldaten der Landwehr (Preis 60 5). Der Ver⸗ fasser theilt in der Vorrede mit, daß ihm im vorigen Herbst in Domburg und Wiesbaden die Broschüre über die Vorrechte der Offi⸗ ziere in die Hände gekommen sei; er halte es als getreuer, deutscher Patriot für seine Pflicht, diese Schrift gerade jetzt, wo die Verhand⸗ lungen betr. des Pensionsgesetzes sich baldigst im Reichstag erneuern würden mit kurzen Worten ein wenig zu beleuchten. Er geht dann auf die einzelnen Vorwürfe ein, sucht dieselben zu widerlegen und verweist den Verfasser auf das Buch: Die Angriffe des Reichstagsabgeord⸗ neten Richter gegen die Armee, beleuchtet von einem deutschen Soldaten“. Betreffs der zwölfjährigen Dienstzeit im Deutschen Reich führt er die viel längere in anderen Staaten an, welche z. B. in Frankreich 2 Jahre, vom 20. 46. Lebensjahre, in Rußland 15 Jahre, vom 20 35. Jahre, in Dänemark 16 Jahre, vom 22. 38. Lebensjahre, dauere. Im Vergleich mit der Gesammtkriegsstärke, welche in Frank⸗ reich auf 37 672 048 Einwehner 2423 (00 Mann, in Rußland auf S6 500 000 Einwohner 2 300000 Mann, in Oesterreich Ungarn auf 22 144 244 Einwohner 800 000 Mann betrage, weise die Gesammt⸗ kriegsstärke in Deutschland auf eine Einwohnerzahl von 45 243 061 Seelen Alles in Allem eine Zahl von 1325 060 Mann auf. Der Verfasser wendet sich zum Schluß gegen übel angebrachte Sparsam⸗ keit in militärischen Dingen, und hofft zuversichtlich, daß die nächsten Verhandlungen betreffs des Pensionsgesetzes ihre zustimmende Erle— digung finden werden.

Amerika in Wort und Bild. Eine Schilderung der Vereinigten Staaten von Friedrich von Hellwald. 21. bis 25. Lieferung zu je 1 M Mit etwa 700 Illustrationen. Leipzig. Schmidt u. Günther. Lieferung 21 und 22 enthält den Schluß der Schilderung von NewYork. und es werden diese farbenreichen Be⸗ schreibungen durch folgende Text. Illustrationen dem Auge des Lesers plastisch vorgeführt: Park Avenue⸗Hotel, Metropolitan⸗-Hotel, Straßeneisenbahn in New Nork, die unterirdische Eisenbahn, New⸗NVorker Feuerwehr in Thätigkeit, Central⸗Telegraphenstation, auf der Ketten⸗ brücke zwischen New. York und Brooklyn, die Hängebrücke 2c. Diesen interessanten Schilderungen schließt sich die Beschreibung von Brooklyn und Long Jöland an. Brooklyn, die drittgrößte Stadt der Vereinig⸗ ten Staaten mit fast 600 000 Einwohnern, liegt New-JYork gegen— über; beide Schwesterstädte sind durch die von dem genialen deutschen Baumeister Röhling erbaute Hängebrücke verbun— den. Den Glanzpunkt Brooklyns bildet der Greenwood Cemetery, einer der schönsten Kirchhöfe der Welt. In den folgenden Lieferungen werden uns die Staaten. New. Jersey und Pensylvanien höchst anschaulich geschijdert; dieselben enthalten unter anderen fol— gende Textillustrationen: Blackwell Island im East River, Höllen— thor (Hell Gate), Aussicht vom Greenwood Kirchhof, Aussicht von White Hill auf Shelter Island, Sag Harbor auf Long Jeland, die High Falls in Dingmanns Creek, das Water Gap des Delaware, Am Neveisink, der Ohio oberhalb Pittsburgh, vier Ansichten von Pittsburgh, die Thalenge des Juniata, Harrisburg 2c. Von den Voll— bildern erwähnen wir folgende: Unter der Naturbrücke in Virginia, KAleopatranadel und Antoniuspfeiler in der Weyershöhle, Castle Rock, Scenen in der Weyershöhle, Harpers Ferry, der Potomak, der Lovers Leap ꝛc. Im Ganzen enthalten diese 5 Lieferungen 37 Textbilder und 10 Vollbilder, unter denen wiederum die Landschaftebilder beson⸗ ders hervorzuheben sind.

Von den Zeitfragen des christlichen Volkslebens“ (Gebr. Henniger, Heilbronn) ist das 60. Heft (Band 1X, Heft erschienen. Dasselbe betitelt sich Der Professorenroman“ von Otto Kraus, und prüft die Moderomane, über die schon Lessing urtheilt: Nun werden Modeschriften eben weil es Modeschriften sind, sie mögen sein von welchem Inhalt sie wollen, so fleißig und allgemein gelesen, daß jeder Mensch, der sich nur in etwas mit Lesen abgiebt, sich schämen muß, sie nicht gelesen zu haben“, auf ihren chüistlichen Gehalt. In Mode sei jetzt der historische Roman der Professoren, wie Georg Ebers, Fellx Dahn, Hausrath (George Taylor), Ernst Eckstein u A., deren Schriften nicht gegen Kirche und Ghristenthum gerichtet seien, aber gerade deshalb von Christen nicht mit bequemem Sichgebenlassen, sondern mit kritischer Pnrufung gelesen werden müßten. Zu einer solchen liefert der Verfasser Material, wo— bei er sich aber in seiner Abneigung gegen den Professorenroman nicht auf den christlichen Standpunkt hat beschränken können.

Gewerbe und Handel.

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen, und Stahlindustrieller belief sich die Roheisenproduktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs im Monat Februar 1884 auf 273 375 t, darunter 1579121 Puddelroheisen, 778 t Spiegeleisen, 40 796 t Bessemer⸗ zoheisen, 33 569 t Thomasroheisen und 29 420 t Gießereiroheifen. Die Produktion im Februar 1883 betrug 269 220 t. Vom 1. Januar bis 29. Februar 1884 wurden produzirt 553 437 gegen 548215 t im Vorjahr.

In der Verwaltungẽsitzung der Preußischen Central— Bodentredit⸗Aktiengesellschaft am 20. d. Mts. wurde be—⸗ schlossen, der Generalversammlung der Aktionäre die Vertheilung von 31 Yi Dividende pro 1883 vorzuschlagen. Neben der statutenmäßigen Erhöhung des Reservefonds und neben einer Verstärkung des Pen— sionsfonds verbleibt ein Reservevortrag auf neue Rechnung im Be— trage von 350 432 MM

. Der Verband der Sparkassen in Westdeutschland hält eine außerordentliche Generalversammlung am

dorf. Die Taget ordnung lautet: I) Statutänderungen. Ref. Dr. jur. Heyden⸗Essen. 2) Die Nebertragbarkeit der Spareir lagen. Ref. Beigeordneter Cremer⸗Düsseldorf. 3) Antrag der Feuer ⸗Le sicherungs⸗ bank zu Gotha, betr. Hypotbeken⸗Sicherungsschein. Nef. Bürger⸗ meister von Bock⸗Mülheim (Ruhr). 4) Die Verzinsung der Sxar⸗ einlagen. Ref. Bürgermeister Lange Bochum. Alle Sparkassen West⸗ deutschlands sind zu dieser Versammlung eingeladen. Nur Verbandk⸗ mitglieder haben Stimmrecht. Beitrittserklärungen können jederzeit, auch in der Versammlung, erfolgen. Nach Annahme der Statuten änderungen wird das Eintrittsgeld wegfallen und das Maximum des Jahresbeitrags 30 betragen, wogegen 3 Exemplare der Verbands⸗ zeitschrift abonnementsfrei geliefert werden.

(So. Corr) Unter 3001 Weinproben des Jahres 1881, welche dem Laboratorium des Pariser Gemeinderaths vorge⸗ legt wurden, wurden nur 279 gut, 991 erträglich, 1731 schlecht be⸗ funden. In den ersten 5 Monaten des Jahres 1882 gelangten 1869 Weinproben zur Untersuchung; von ihnen fanden sich 372 gut, 683 erträglich, 814 aber schlecht. und 145 der letzten erwiesen sich sogar sehr schädlich für die Gesundheit. Ende vorigen Jahres ergaben sich unter 956 Proben nur 65 gute; bei S909 konstatirte die Analyse gefälschte, durch mehr oder weniger gesundheitsschädliche Verfahrungsarten her— gestellte Fabrikate. .

Die New-⸗JYJorker Hdls.“ Ztg.“ schreibt in ihrem vom J. d. M. datirten Wochenbericht: Die allgemeine Ansicht über die Geschäftslage ist keineswegs eine rosige. Der Gold— exxort ist, wenn derselbe bis jetzt auch auf den Geldmarkt noch keinen Eindruck gemacht hat, doch jedenfalls geeignet, Besorgnisse hervorzu—⸗ rufen, und wenn man hierzu die lebhafte Ventilation, welche die Silberfrage sowie die Legal Tender Entscheidung gefunden, in Be— tracht zieht, so darf es nicht verwundern, daß der Geschäftsverkehr in den meisten Branchen recht schleppend geblieben ist. In der Lage des Geschäfts am Waaren- und Produktenmarkt ist keine wesent⸗ liche Aenderung eingetreten. Für Weizen und Mais läßt die Exportfrage trotz der willigeren Tendenz des Marktes in den letzten Tagen immer noch zu wünschen übrig. Weizenmehl hat sich dagegen bei recht be⸗ friedigendem Konsumbegehr und kleinen Zufuhren im Werthe gut behauptet und ist für einzelne sehr gesuchte Sorten mit einem Avanz bezahlt worden. Der Frachtenmarkt verharrte in flauer Haltung. Baumwolle in disponibler Waare war still; Termine fanden eben⸗ falls wenig Beachtung und haben im Vergleich mit vorwöchentlichen Schlußnotirungen eine kleine Einbuße erlitten. Am Wollmarkt nahm das Geschäft wieder einen äußerst schleppenden Verlauf. Roh⸗ zucker begegnete nur sehr schwacher Frage und ist für ein— zelne Sorten eine Kleinigkeit niedriger. Brasil Kaffees schie—⸗ nen am Schluß bei fast gänzlich mangelnder Kauflust eher etwas williger zu sein. Reinschmeckende Sorten sind still und wesentlich unverändert. Der Theemarkt war ruhiger, hat aber im Ganjen genommen seste Tendenz behalten. Für Provisionen wurde ein weiterer Rückgang etablirt, der aber auf das legitime Geschäft soweit ohne wesentlich belebenden Einfluß geblieben ist. Harz und Terpentinöl haben bei lebhafter Frage vorwöchentliche Notirungen behauptet. Raffinirtes Petroleum schließt in fester Stimmung. Uniteb Pipe line Gertifieates bedangen am Schluß l003 e. In fremden und einheimischen Manufakturwagren hat sich das Geschäft etwas besser gestaltet. Der Import fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche 3 985290 Doll., gegen 3420 429 Doll in der Parallelwoche des Vorjahres.

Cottbus, 21. März. (W. T. B.) In der heutigen General⸗ versammlung der Niederlausitzer Bank wurde die Vertheilung einer Dividende von 55 ½ genehmigt; die ausscheidenden Aufsichts— rathsmitglieder wurden wiedergewählt.

Bradford, 20. März. (W. T. B). Wolle ruhig, Preise unverändert, wollene Garne fest, ruhig, Lustre mehr gefragt, wollene Stoffe ruhig.

Verkehrs⸗Anstalten.

Hamburg, 2. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Silesia? der Hamburg Amerikanischen Packetfahrt⸗ . ist heute Vormittag 9 Uhr in New-⸗Nork ein— getroffen.

Trie st, 206 März,. (W. T. B) Der Lloyddampfer „Ju no“ ist heute Mittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.

Berlin, 21. März 1884.

Gesundheitspolizeiliche Rücksichten machen die Räumung der Panke in diesem Frühjahr zur unabweisbaren Nothwendigkeit. Die Reinigungkarbeiten sollen auch diesmal dergestalt erfolgen, daß die Ausräumung bei dem Eintritt der Panke in den hiesigen Stadt— bezirk beginnt und stromabwärts fortschreitend bei der Mündung in die Spree beziehungsweise in den Nordhafen beendet wird

Um die Räumung wenigftens annähernd in der Reihenfolge der Ufergrundstücke und an beiden Ufern zu gleicher Zeit zu ermöglichen, ist die bereits bei der Räumung im Herbst v. Is. zur Anwendung gebrachte und bewährt gefundene Einrichtung von zwanzig kleineren, eine keschränkte Zahl benachbarter Grundstuͤcke umfassenden Bezirken beibehalten worden.

. Sämmtliche Eigenthümer der an der Panke belegenen Grund— stücke sind von dem Königlichen Polizei⸗Präsidium durch Bekannt— machung vom 15. . M. aufgefordert worden, die nöthigen Räumungs—⸗ Arbeiten nach Maßgabe des festgestellten Planes un ter strengster Innehaltung der durch den selben festgesetz ten Frißsten gehörig zu bewirken. Die Reinigung hat sich auf die gründliche AÄus—⸗ krautung des Flußbettes sowie auf die Herausschaffung des angesetzten Sch lammes, der sonst abgelagerten Unreinigkeiten und des ange⸗ schwemmten Sandes zu erstrecken.

Das Herausgeschaffte darf nicht am Ufer gelagert, muß vielmehr sofort abgefahren werden.

Die Revision der, Räumungkarbeiten wird unmittelbar nach Ablauf, der für die einzelnen Bezirke festgesetzten Fristen erfolgen. Diejenigen, welche die Räumung unterlassen oder nicht ordnungsmäͤßig bewirken, haben zu gewärtigen, daß ohne Weiteres das Versäumte im Auftrage des Polizei Präsidiums durch einen Dritten ausgeführt und der vorläufig zu bestim mende Kostenbetrag im Zwangswege von den Verpflichteten eingezogen wird. „„Hans Herrigs Lutherfestspiel ist am Montag bei ge— fülltem Hause für jetzt zum letzten Male zur Aufführung gekommen. Man hatte Anfangs und das war ganz besondert der Wunsch des Verfassers eine Reihe volksthümlicher Vorstellungen zu möglichst billigen Preisen geplant, allein da eine große Anzahl der Mitwirkenden Berlin wegen der Universitäte ferien verlassen hat, so mußte dieser Gedanke aufgegeben werden, wenn auch voraussichtlich nicht für immer.

Neues Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Das vielbesprochene Offenbachsche Werk „Hoffmanns Erzählungen“ wird morgen, Sonnabend, dem Berliner Publikum zum ersten Male vorgeführt werden; allerdings nicht mit Hrn. Broda in der Rolle des Doktor Mirakel, da der Arzt für den Künstler noch einige Tage der Erholung fordert, sondern für die ersten Abende tritt ein Gast, Ar. M. Schön vom Königlichen Landestbeater zu Linz, ein, ein Sänger, der die in Rede stehende Partie bereits erfolgreich durch— geführt hat.

Im Zoologifchen Garten werden gegenwärtig erhebliche bauliche Veränderungen vorgenommen. ncht ist an n ö, der Ostseite der lange Hundezwinger verschwunden, und an feiner Stelle werden hald schöne Gartenanlagen prangen. Hinter denfelben erhebt sich ein kleiner Neubau. Der neue Hundezwinger ist bereits

schwindet und in der Näbe ein großes neues errichtet wird, dessen hohe luftige Hallen dem Publikum einen bequemeren Schauplatz und reinere Luft bieten werden. Die Fassade wird mit mächtigen Säulen geschmückt werden. Bei dem heiteren Frühlingswetter schreitet der Bau rasch vorwärts, und bis zum Pfingstfest soll das neue Affenbaus schon vollendet sein. In Liesem Jahre ist der junge Nachwuchs im Raubthierhause sehr bemerkenswerth.

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Von den Besenderen Abdrucken aus dem „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats ⸗Anzeiger:: Deutsche Reichs⸗ und Preußische Landesgesetze, 1883, sind im Verlage der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt (Berlin 8W., Wil⸗ helmstraße Nr, 32) erschienen:

Nr. 1. Gesetz, betr., die Krankenversicherung der Ar⸗ beiter, vom 15. Juni 1883. (9.39 4A)

Nr. 2. Gesetz, betr. die Abänderung der Gewerbeordnung, vom J. Juli 1883. (0,20 M)

Nr. 3. Gesetze über die allgemeine Landes ver waltung vom 30. Juli 1883, und die Zuständigkeit der Verwaltungk⸗ und Verwaltungsgerichts behörde, vom 1. August 1883. (9, 80 MS)

Nr. 4. Gesetze, betr. die Zwangs vollstreckung in das un bewegliche Vermögen, vom 13. Juli 1883, und die Gerichtskosten bei Zwangsversteigerungen u. s. w. (970 ½ )

Nr. 5. Anweisung der Königlich preußischen Minister des Innern und für Handel und Gewerbe zur Ausführung des Gesetzes vom 15. Juni 1883, betr. die Krankenversicherung der Arbeiter, vom 26. November 1883. (0,30 S)

Mongtschrift für deutsche Beamte. 3. Heft. In⸗

halt; Festklänge zum Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers am 22. März. Angelegenheiten des Vereins. Bekanntmachungen der Direktion des Preußischen Beamten-Vereins. Rechtsverhältnisse der Beam ten. A Gesetzgebung, Verordnungen, Erkenntnisse. B. Abhandlun⸗ lungen und Nachrichten über Fragen des Beamtenthums: Der öster⸗ reichische Beamtenverein. Ein Pensioneprozeß. Vorschriften über die Befähigung zu den technischen Aemtern bei den Bergbehörden des Staates; vom 12. September 1883. Schnipsel aus Parlaments- papieren. Ueber Tagegelder und Reisekosten (Schluß). Abhand⸗ lungen und Aufsätze allgemeinen Inhalts: Friederiziana. Zu Friedrich des Großen. Wirthschaftspolitik von L. Jacobi (Schluß). Der Zollern Wirken, von Dr. Kuntzemüller, Spandau (Schluß. Göthe als Beamter. Vermischtes: Verschiedene Auslegung. Einige aller⸗ liebste Scherze. Lehr⸗ und Lebenssprüche. Sprechsaal. Büͤcher⸗ schau. Inhalt der Beilage: Vakanzenliste. Inserate. Prxeußisches Verwaltungs-⸗Blatt. Nr. 24. Inbalt: Berechtigung der Besitzer isolirt belegener Höfe, sich mit ihren Grundstücken von dem gemeinschaftlichen Jagdbezirke auszuschließen. Zwangsweise Zeugen -Hestellung und Vernehmung Seitens der Polizeibehörden und der Staatsanwaltschaft. Ferner verschiedene strafrechtliche Entscheidungen, so u. A. betr. Zuͤchtigungerecht der Lehrer, Lolterievergehen, Gewerbepolizeikontraventionen u. s. w. Die den Prostituirten aufgegebene polizeiliche Anordnung eines Nach weises über die von der Kommune behufs Aufnahme in die Kom— mu nal⸗Krankenanstalt in allen Erkrankungsfällen erforderte Beitrags zahlung. Reinigung des Fahrdammes einer Chaussee Seitens der Besitzer der an der Chaussee belegenen Grundstücke auf Grund einer Orts- Polizeiverordnung. Die Arbeiter, Versorgung. Nr. 6. Inhalt: Zum 22. März. Anleitung zur Grüadung von Krankenkaffen II. Grundzüge zum Entwurf des Unfalloersicherungägesetzes 11. Corre- spondenzen. Recensionen. Die Materialien des Gesetzes, betr. die Krankenversicherung der Arbeiter (Beilage).

Allgemeine Ausgabe der ‚Social⸗Correspondenz', herausgegeben von Dr. Viktor Böhmert in Dresden. Nr. 12. Inhalt: Das Programm für den fünften Kongreß deutscher Armenpfleger. Zur Konfirmationsfeier auf dem Lande. Die Handfertigungs— bewegung. Die Organifation der italienischen Arbeiter. Der zweite Monat der ersten Dresdner Kaffeeschänke. Ein exekutions— freies Besitzminimum. Der Branntwein-, Bier- und Taback— verbrauch in Preußen. Soziales. Arbeiterverhältnisse.

Zeitschrift für Mikroskopie und Fleischschau. Nr. 6. Inhalt: Die mikroskopischen Organe der Jungermannien. Von Paul Kummer. Zur Prüfung der Berechtigung des Einfubr⸗Ver— botes von amerikanischem Schweinefleische. Von Prof. Dr. Pütz in Halle a. S. Einiges über Leberegel. Von P. Möllinger, Königl. Kreisthierarzt a. D., städt. Thierarzt in Berlin. (Forts. u. Schluß.) Die deutsche wissenschaftliche Kommission zur Erforschung der Cholera. Die Ergebnisse der Fleischschau und der Fleischverbrauch in einigen größeren Städten Badens im Jahre 1882. Rundschau. Vermischtes. Briefkasten. Anzeigen.

Zeitschrift für Forst⸗˖ und Fagdwesen. 3. Heft. Inhalt: Abhandlungen: Ueber die Grenzen des Servitutrechts und des Eigen— thumsrechts bei Waldgrundgerechtigkeiten. Vom Ober-Forstmeister Dr. Danckelmann (Schluß). Zur Entwicklungsgeschichte und Ver⸗ tilgung des großen brannen Rüsselkäfers, Hylobius abietis L. (bei Ratzeburg: Curculio pini). Von Prof. Dr. Altum. Statistik: Der Schneebruch im Harz. Dezember 1883. Nach amtlichen Er⸗ hebungen mitgetheilt von Forstassessor von Alten. Ergebnisse des Betriebes der Kiefernsamen-Darren in den preußischen Staatsforsten für das Darrbetriebtjahr vom 1. Oktober 1882 bis 1. Oktober 1883. Nach amtlichen Mittheilungen zusammengestellt von O. Mundt. . im Frühjahr 1884. Von von Alten. Literatur. Notizen.

Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Cen⸗— tralstelle für die Landesstatistik. März. Nr. 306. Inhalt: Der Gesundheitszustand in der Stadt Gießen. Sterb— lichkeits verhältnisse Jan. 1884. Meteorol. Beobacht. zu Darmstadt Jan. 1884. Todesfälle in den größeren Städten des Großh. Hessen in den Jahren 1880 83. Jahresdurchschnitte aus den monatlichen Preisen der gewöhnl. Verbrauchsgegenst. 1883. Orttanwesende Be⸗ völkerung der Kreise des Großh. Hessen am 1. Dez. 1880 nach Ge—⸗ schlecht u. 5 jährigen Geburtsjahresklassen. Vgl. meteorol. Beobacht. Januar 1884. Eisenbahnen Dez. 1883. Meteorol. Beobacht. zu Schweinsberg Jan. 1884.

Der Feuerwehrmann. Nr. 11. Inhalt: Der Schutz⸗ anzug gegen Hitze und Rauch der Berliner Feuerwehr. Das Brandunglück in der chemischen Fabrik Lindenhof (Duisburg). Aus dem Rheinisch⸗Westfälischen Verbande. Aus anderen Feuer— wehrkreisen. Patentliste über Gegenstände des Feuerlösch« und Rettungswesens. Der Hoese'sche Apparat zur Srtsbestimmung nächtlicher Feuersbrünste. Brandfälle 2c. Verschiedene Mitthei⸗ lungen. Feuerwehr lied.

Milch-Zeitung. Nr. 2. Inhalt: Wie soll eine zweck— mäßige landwirthschaftliche Buchhaltung beschaffen sein? (Forts.) Von Edmund Klapper. Permanente Tränke in Rindviehställen. Von Peters, Oekonomie Rath. Ansteckende Hausthier⸗Krankheiten. Aenderung des Reichs ⸗-Viehseuchengesetzes. Allgemeine Berichte. Geburt eines NJak⸗Sanga⸗Bastardes. Thierstatuetten. Die Viehzucht im Nordwesten der Vereinigten Staaten von Nord⸗ Amerika. Erfahrungen in der Praxis. Rindvieh⸗Weidemast⸗ Resultate. Zur Milchkontrole. Personalien. Sprechsaal. Inzucht oder Kreuzung? Eismaschinen. Marklberichte.

Redacteur: Riedel. Berlin:

Fünf Beilagen

Mittwoch, den 26. März, Vorm. 11 Uhr, in der Tonhalle zu Düssel

an der Westseite eingerichtet, nicht weit vom Hühnerhaufe. Die Hauptveränderung besteht darin, daß das kleine enge Affenhaus ver—

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Käniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 21. März

1883 4.

Deuntsches Reich.

Nach we

der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche für die Zeit vom J. April 1883 bis zum Schlusse des Monats Februar 1884.

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3 1. 2.

Einnahme Ober⸗Post⸗Direktions⸗Bezirke. .

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Hierzu Einnahme in den Vormonaten—

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Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 21. März. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (9) Sitzung des Reichstages wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be⸗ treffend die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Be— strebungen der Sozialdemokratie vom 21. Okto⸗ ber 1878, fortgesetzt. .

Der Abg. Bebel erklärte, der vorliegende Antrag, die Vollmachten des Sozialistengesetzes abermals auf zwei Jahre zu verlängern, beweise, daß man nicht geneigt sei, in Deutsch— land die Aera der Ausnahmegesetze zu beseitigen. Mit dem Erstehen des Deutschen Reiches sei diese Ausnahmegesetzgebung inaugurirt und festgehalten worden. Kaum sei ein Jahr vergangen, da hätten die Ausnahmegesetze gegen das Centrum begonnen, und gegen die Sozialdemokratie sei das erste im Jahre 1878 er⸗ schienen. Die Gründe der Reichsregierung seien gegenüber der Sozialdemokratie, und gegenüber dem Centrum im Wesent⸗ lichen dieselben, beide Parteien seien als landesverrätherisch, reichsfeindlich, revolutionär, antimonarchisch und republikanisch bezeichnet. Das Centrum habe seiner Zeit dieselben Beschul⸗ digungen zu hören bekommen, welche jetzt den Sozialdemo⸗ kraten gegenüber erhoben seien. Sei doch sogar gesagt worden, dem Führer des Centrums sei Alles zuzutrauen, selbst ein Pakt mit der Revolution. Wie sei ein solcher Zu⸗ stand in Deutschland überhaupt möglich gewesen? Wenn ein Fremder nach Deutschland komme, der mit den ganzen Verhältnissen nicht vertraut sei, so müsse der⸗ selbe zu dem Glauben kommen, das deutsche Volk sei das turbulanteste und revolutionärste der Welt; Jeder aber, der dies glauben wollte, würde dem deutschen Volke ent⸗ schieden Unrecht thun. Er glaube, gerade das Gegentheil sei der Fall. Er meine, daß gerade die Bereitwilligkeit, mit

welcher die große Majorität des Volkes die Ausnahmegesetze gebilligt habe, zum wesentlichen Theile jener Polizeinatur, welche in weiten Kreisen des deutschen Volkes vorhanden sei, zuzuschreiben sei. Der Sozialdemokratie stehe der Liberalis— mus ebenso feindlich gegenüber, jedoch aus den entgegen⸗ gesetzten Gründen. Während das Centrum seinen Blick in die Vergangenheit richte, und dort seinen Idealzustand erblicke, so suche seine Partei denselben in der Zukunft. Seine Partei habe den den reaktionären Bestrebungen des Centrums ent⸗

gegengesetzten Standpunkt und während der Liberalismus auf

der einen Seite die Rückschritte fürchte, so sei es bei seiner Partei der allzu starke Fortschritt, der dem Centrum Gruseln verursache. Daher sei denn auch im Jahre 1878 die Ausnahmegesetz— gebung gegen die Sozialdemokratie in Scene gesetzt. Dieselbe wäre nun vor allen Dingen nicht möglich gewesen, wenn nicht an der Spitze von Deutschland ein Mann gestanden hätte, der für Ausnahme⸗ und Gewaltmaßregeln eine be⸗ sondere Neigung habe. Der Reichskanzler sei ein Mann des Kam pfes, der fremde Meinungen schwer neben sich vertrage,

und da trete nun das Wunderbare ein, daß derselbe, sowie er die ihm feindlichen Richtungen bekämpfe, zu gleicher Zeit einen Theil ihrer Grundsätze adoptire, um den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen. Die Geschichte der letzten Jahre gebe in dieser Beziehung deutliche Beispiele. Als der Reichskanzler in den 70er Jahren den Liberalismus bekämpft habe, welcher Kampf mit dem Kriege von 1866 und der Gründung des Norddeutschen Bundes einen gewissen Ab⸗ schluß gefunden habe, da habe man es erlebt, daß der selbe Mann, der früher gegen die Forderungen des Liberalismus angegangen sei, mit einem Male für dieselben eingetreten sei. Die Periode der Gesetzgebung von 1867 bis 1877 könne als ein solcher Ausfluß des Liberalismus angesehen werden. Denn als der Krieg von 1870—71 beendigt gewesen sei, da habe der Kampf gegen das Centrum begonnen, da habe man ge—⸗ sehen, daß der Kanzler das Centrum ebenfalls in gewisser Beziehung für seine eigenen Zwecke benutzt habe zur Rück— wärtsrevidirung der Gesetzgebung; er erinnere nur an die Rückwärksrevidirung der Gewerbeordnung. Und schließlich, gleichzeitig, als gegen die Sozialdemokraten der Kampf angefangen habe, da habe man er— staunen müssen; auf einmal hätten vom Regierungs— tische her sozialistische Schlagwörter ertönt, welchen man sonst nur in sozialdemokratischen Versammlungen oder Heitschriften begegnet sei: man habe von „kapitalistischer Produktion“, von den „Enterbten“ gehört, man entsinne sich gewiß des „Patrimoniums der Enterbten“, das aus dem Tabackmono— pol geschaffen werden sollte und erst vor wenigen Tagen habe man aus dem Munde des Neichskanzlers selbst gehört, wie derselbe erklärt habe, daß es ohne ein gewisses Maß von Sozialismus in der. Gesetzgebung nicht mehr abgehe. Der Kollege des Reichskanzlers, der preußische Minister des Innern, habe sich am 4. Dezember des vorigen Jahres im preußischen Ah⸗ geordnetenhaufe ganz offen dahin ausgedrückt, daß das Auf⸗ treten der Sozialdemokratie geradezu ein wirtbschaftliches Er⸗ eigniß sei, das allerdings die Fortschrittspartei mit ihren beschränkten Gesichtskreise nicht zu faßen verstehe. Es seien ja auch eine Reihe von Maßnahmen ins Leben ge—⸗ rufen worden, die dieser „berechtigten sozialistischen Richtung“, wie man sie zu nennen beliebe, entgegenkämen, und der revo⸗ lutionären Richtung, wie die Bestrebungen seiner Partei ge⸗ nannt würden, die Spitze abzubrechen bestimmt sein sollten. Das Sozialistengesetz solle nun also um zwei Jahre verlängert werden. Die der Vorlage beigegebenen Motive aber seien außerordentlich mager. Man gehe wohl nicht fehl, wenn man annehme, daß die Hauptgründe in den Ausführungen zu suchen seien, welche man bei den Klagen über die verschiedenen Be⸗

Agitation und sozialistische Bewegung gefördert habe, so sei es das Eintreten des Fürsten Bismarck für die Sozialisten

und die soziale Reform gewesen. In diesem Falle jedoch seien

die Sozialdemokraten die Meister, und der Kanzler sei der Lehrling. Im Volke werde man überall sagen, wenn heute Fürst Bismarck mit seiner Autorität auftrete und nicht nur

eine soziale Frage anerkenne, sondern sich auch für verpflich⸗ tet halte, entsprechende Gesetzentwürfe einzubringen, dann

könne man auch wohl annehmen, daß die Sozialdemokraten

im Grunde Recht hätten! Man werde aber in Volks⸗

kreisen weit entfernt sein, zu glauben, Fürst Bismarck habe

Recht, weil man erkenne, daß die Vorlagen und Entwürfe doch im Grunde nur sehr minimale Aenderungen in der Lage der Arbeiter herbeizuführen geeignet seien. Man habe nun für

das Sozialistengesetz unter anderem auch angeführt, wenn es

erst gelänge, die turbulente sozialistische Agitation zu besei⸗ tigen, dann würden auch die ganzen sozialen Verhältnisse in

Deutschland sich bessern, insbesondere werde der Unfriede zwischen Arbeiter und Arbeitgeber aufhören, kurz es würden

für alle Stände bessere Verhältnisse eintreten. Man habe jetzt sechs Jahre lang das Sozialistengesetz gehabt. Seien denn dadurch nun wirklich die ökonomischen Verhältnisse in Deutschland besser geworden? Im Gegentheil! Der Handwerker⸗ stand sei mehr unter die Macht des Großkapitals gekommen, der Bauernstand mehr dem Großgrundbesitz gezenüber benachtheiligt. Nur ganz ausnahmsweise habe man in dieser Zeit von Lohn⸗ erhöhung, weit mehr von Lohnherahsetzung gehört. Nach allen diesen damals in Aussicht gestellten Richtungen sei in der ma⸗ teriellen Lage der Bevölkerung keine Besserung eingetreten. Nun sage die Regierung, man habe doch wenigstens den Vor⸗ theil erreicht, daß die sozialdemokratische Bewegung in gewisse Schranken gebannt sei. Dies sei durchaus nicht der Fall, man werde die Sozialdemokratie durch gewaltsame Mittel höchstens auf gewaltsame Bahnen lenken. Wolle der Reichskanzler wirklich mit den Arbeitern Frieden, so hebe er das Sozialistengesetz auf, dessen scharfe und ungesetzliche Handhabung die Erbitterung nur nähre. Mit Polizeimitteln dämme man eine mächtige Be⸗ wegung nicht ein. Das Parteiorgan „Der Sozialdemokrat“ erscheine heute in einer Auflage, wie nie vor dem Sozialisten⸗ gesetz. Das sei der Erfolg dieses Gesetzes. Wenn einer weggeschickt werde, würden drei andere an seine Stelle treten. Wenn man den Sozialdemokraten vorwerfe, sie agitir⸗ ten im Auslande, so hätten sie das erst gethan, nachdem ihre Blätter im Inlande verboten worden seien, obwohl sie nach Kräften sich dem Sozialistengesetz anzupassen versucht hätten. Nur zu den Berliner Stadtverordnetenwahlen habe man die Versammlungen freigegeben. Damals habe es geheißen: es handle sich nur um berechtigte Arbeiter⸗ nicht sozialdemokra⸗ tische Versammlungen. . hätten die Sozialdemokraten nichts Anderes erstrebt als jetzt, nachdem ie Stadtverordnetenwahlen vorbei seien; sie hätten sich höchstens etwas vorsichtiger verhalten. Es werde immer soviel von der loyalen Handhabung des Ge⸗ setzes gesprochen, wo aber sei denn diese Loyalität in Erscheinung

getreten? Die Konfiskationen hätten sich auf alle Druckschriften

sozialistischen Inhalts erstreckt, ohne daß dabei ein Unterschied gemacht sei. Beschwerden hätten nie gefruchtet, und selbst

die liberale Presse berichte einfach stets üher solche Vorkomm⸗ nisse, ohne über die Viotive und Zulässigkeit ein Wort zu verlieren. Wie werde bei den Ausweisungen und Unter⸗ suchungen verfahren? Wie oft sei es vorgekommen, daß man Angeklagte seiner Partei trotz jeder angebotenen Kaution doch in Hast behalten habe, trotzdem später nur das Re⸗ sultat erreicht sei, daß man auf Freisprechung habe erkennen müssen. Und wie verhalte es sich mit der Ueberwachung des Vereins- und Versammlungswesens? Die sozialdemokratischen Versammlungen würden nur geduldet, wenn sie vielleicht als Kampfmittel gegen andere politischen Parteien verwendet wer⸗ den könnten. Das wirke demoralisirend. Gerade eine konservatioe Regierung hätte alle Ursache, der Demoralisation dieser Art entgegenzutreten. Redner citirte nun einige Beispꝛele von polizei⸗ licher Willkür, wie sie namentlich im Königreich Sachsen vorgekommen seien, und für welche es vom Standpunkt des Gesetzes absolut keine Erklärung gebe. Glaube man ihm, nur durch Ausnahmegesetze seien Anarchisten möglich geworden, und Fanatiker hätten sich nur durch langen Druck bilden können. Redner erzählte die Geschichte eines ge⸗ wissen Neumann aus Berlin, der von der Polizei als agent. provocateur benutzt sei, den Erpedienten der Freiheit in London zur Absendung von sozialistischen Schriften an bestimmte Personen in Deutschland veranlaßt habee, welche Per⸗ sonen die Schriften gar nicht bestellt hätten, dann von diesem Neumann denunzirt seien. Auch das „Attentat

auf den Polizeikommissarius Rumpff sei von gleichem polizeilichen Werthe. Hier habe ja auch ein gewisser Wolff im Dienste der Polizei gestanden, der so viel Geheim⸗ nisse von deren eigenthümlichen Manipulationen herausbe⸗ kommen habe, daß er sogar einen Exrpressungsversuch bei dem Polizei⸗Präsidium unternommen habe. Derselbe habe die Most'sche „Freiheit“ verbreitet und habe in Altona für Most⸗ sche Ideen Propaganda gemacht. Alles in. Auftrage der Polizei! Ein eben solches Individuum. sei ein gewisser Friedemann, welcher bei der Polizei, wie viele andere, als agent provocateur engagirt gewesen sei. Redner ging dann auf die Krankenkassengesetzgebung ein, welche den KÄrbeitern nicht genügen könnte. Die Regierung glaube, daß nur der Standpunkt, den sie wolle, der maß⸗ gebende fei, aber die Arbeiter würden steis gegen alle Hülfs⸗ anstalten sein, die nicht aus der freien Initiative hervor- gegangen seien. Die Regierung verlange von den Sozial⸗ hdemokraten unbedingte Heeresfolge für, ihre Sozialrefrm. In der Begründung sei mit dürren Worten ausgesprochen : Wenn seine Partei' gegen die Sozialreform sei, so werde das Gesetz verlängert, wenn sie für die selbe sei, so werde das

lagerungszustände zu hören bekommen habe. Die Re— gierungen sagten, man habe sich nie mit dem Gedanken getragen, daß man die revolutionäre, die sozialdemo⸗ kratische Agitation verschwinden machen werde, es habe

Gesez aufgehoben. Aber bie Sozial oemokraten verkauften ihre ge n n auch wenn das Gesetz zehnmal verlängert werde. Die Regierung beantragz jetzt eine Verlängerung des

sich nur darum gehandelt, die Sozialdemokratie und ihre Agi⸗ lation einzudämmen. Wenn aber etwas die sozialdemolratische

Gesetzes um zwei Jahre. Se glaube in zwei Jahren 33 zu können, was sie in sechs Jahren nichr