1884 / 80 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Apr 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Zwischen der Nordhausen⸗ Erfurter Eisenbabngesellschaft, ver treten durch deren Direktion, und dem Bankhause Jacob Landau in Berlin wird unter Vorbehalt der Zustimmung der Generalversamm⸗ lung der Aktionäre vorgenannter Gesellschaft folgender Vertrag ge⸗ schlossen.

Artikel 1.

Das Gesellschaftskapital der Nordhausen Erfurter Eisenbahn⸗ gesellschaft bestebt in:

12500 Stück Stammaktien à 300 0 3750 000 4

15 00 . Stamm ⸗Prioritätsaktien à 500 M6 450606005 ,

Summa 8 250 0606 *

Der aus dem Unternehmen aufkommende Reinertrag soll nach S8. 22 des Gesellschaftestatuts in der Weise vertheilt werden, daß vor— erst die Inhaber der Stamm ⸗Prioritaͤtsaktien ihre Dividende für das betreffende Jahr bis zu 5 co des Nominalbetrages ihrer Aktien er— halten. Was nach Deckung dieser 5 oo noch Übrig bleibt, erhalten die Inhaber der Stammaktien bis zur Höhe von? 5Yν des Rominal— hetrages ihrer Aktien. Der Ueberschuß über diese 55, wird auf die Stammaktien und Stamm ⸗Prioritätsaktien pro rata vertheilt, nach= dem von demselben die von den Zinsgaranten innerhalb der Garantie— jeit zur Verzinsung der Stammaktien geleisteten Vorschüsse gedeckt sein werden.

Sollte jedoch in dem einen oder anderen Jahre der Reingewinn nicht ausreichen, um den Inhabern der Stamm-Prioritätsaktlen die Dividende von 5oso zu gewähren, so foll das Fehlende aus dem Rein⸗ ertrage des oder der folgenden Jahre nachgezablt werden und die In haber der Stammaktien erhalten nicht cber eine Dividende, als big diese Nachzahlung vollständig geleistet ist. Es sind nun rückständig 36 die Dividendenscheine ibrer Stamm ⸗Prjoritätsaktien folgende

räge:

Auf den Schein de 1870 400 130 000 1871 5 0so 225 000 1872 2250090 1873 225000 1874 225 000 ; ; 1875 235 669 2 1876 157 500 = 8 1877 129 000

w 1878 81000 =. . 135 . . Summa: 1717500 10 ur Tilgung dieser Nachzahlungen sind zurückgelegt: d 13 454, 33 Mt JJ Summa 15 020, 64 .

T u die angesammelten Zinsen mit...... 850, 88 . S nma-⸗Bestand des Fonds zur Leistung der Nach⸗

zahlungen Ultimo 1882 . Artikel 2.

Da bei der Entwickelung des Unternehmens Autsicht auf Vertheilung von Dividende auf die Stammaktien vorhanden sein würde, wenn der Ueberschuß nicht zur Tilgung der nachbezugsberechtigten Dividendenscheine verwendet werden müßte, liegt es im Interesse der Stammaktionäre, diese Tilgung thunlichst zu beschleunigen und wird deshalb die Er— werbung der nachbezugsberechtigten Dividendenfcheine resp. die Ueber⸗ tragung des den Stammaktien gegenüber prioritätischen Rechts der⸗ selben auf die Stammaktien durch folgendes zwischen der Nordhaufen⸗ Erfurter Eisenbahn⸗Gesellschaft und dem Bankhause Jacob Landau in Berlin getroffene Abkommen beabsichtigt.

Artikel 3.

Das Bankhaus Jacob Landau tritt als Vermittler zwischen den Inhabern der Stammaktien und den nachbezugsberechtigten Divi⸗ dendenscheinen auf, Dasselbe wird sich bemühen, so viel Serien nach— bezugsberechtigter Dividendenscheine (d. h. von jedem der in Art. 1 bezeichneten 10 Jahrgänge je einen Dividendenschein) an sich zu brin- gen, wie Stammaktien vorhanden sind und erbietet sich, das priori fätische Recht dieser nachbezugsberechtigten Dividendenscheine dadurch auf die Stammaktien zu Übertragen, daß mit jeder Stammaktie eine Serie Diridendenscheine verbunden und als Beweis dafür, daß dies geschehen, die bezüglichen Aktien nebst Talons und Dividenden? scheinen durch einen Äbstempelungsvermerk befonders kenntlich ge⸗ macht werden. Es soll durch diesen Vermerk dokumentirt werden, daß der Reingewinn, welcher bilanzmäßig zur Befriedigung des In⸗ habers eines nachbezugsberechtigten Dividendenscheines zu verwenden ist, auf diese Stammaktien resp. deren Dividendenscheine gezahlt werden soll.

Artikel 4.

Das Bankhaus Igcob Landau verpflichtet sich, den Inhabern der nachbezuge berechtigten Dividendenscheine von Stamm- Priorttätsaktien und zwar für die ganze Serie 15 „, für einzelne Stücke entsprechen⸗ den Theilbetrag dieser Summe nach einer Scala, deren Festsetzung ihm überlassen bleibt, zu offeriren. Andererfeits beansprucht das ge⸗ nannte Bankhaus von den Inhabern der Stammaktien als Gegen— leistung für die Bewirkung' der Abstempelung die unentgeltliche Uebereignung des sechsten Theils ihres Stammaktien . Besitzes, dessen Erlös zur Bestreitung der Kosten für den Ankaus der nachbezugs⸗ kexechtigten Dividendenscheine der Stamm --Prioritätgaktien dient. Cin Aktionär, welcher dem Bankhause Jacob Landau sechs Aktien mit dem Auftrage auf Abstempelung überreicht, erhält demnach fünf Stück ab— gestempelt zurück, während ein Stück Eigenthum des Bankhauses wird. Die Abstempelung der Stammaktien in vorbezeichneter Weise zu veranlassen, ist das Bankhaus Jacob Landau nur insoweit ver⸗ pflichtet, als ihm nachbezugsberechtigte Dividendenscheine und Stamm- aktien in gleichem Verhältnisse präsentirt resp. angemeldet werden. Werden weniger als sechs Aktien von einem Aktionär behufs Ab—Q stempelung präsentirt, so bleibt dem Bankhause Jacob Landau überlassen, mit dem Präfentanten im Verhältniß wie oben angegeben Vereinbarung zu treffen. Reicht ein Aktionär gleichzeitig mit seinen Aktien eine gleiche Anzahl Serien nachbezugsberechtigter Dividenden⸗ scheine ein, so hat das Bankhaus Jacob Landau die Abstempelung und, Rückgabe aller dieser Aktien gegen eine Provision von 3 M pro Aktie zu veranlassen. Diese Bedingungen hat das Bankhaus Jacob Landau in seiner den Betheiligten drei Tage nach erhaltener Anzeige von der Annahme des Vertrages Seitens der Generalversammlung zu machenden Offerte zu veröffentlichen.

Artikel 5. Die Abstempelung der Stamm-Aktien wird auf Antrag des

* 1

* 9 n 2 m

I I I II II III I I I I I III

15 870, 92

Bankhauses Jacob Landau die Direktion der Nordhausen⸗Erfurter

Eisenbahn⸗Gesellschaft bewirken. Zu dem Lwecke reicht das Bank— haus Jacob Landau mit den bezuͤglichen Stammaktien eine gleiche Anzahl Serien nachbezug berechtigter Dividendenscheine, nach Serien geordnet und mit einem fortlaufenden Nummernverzeichnisse versehen, bei der Hauptkasse der Gesellschaft ein und wird diefe Dividenden“ scheine unwiderruflich so lange bei der Gesellschaft deponirt lassen, bis die hinterlegten Scheine nach Maßgabe des 3. 22 pos. 3 des Statuts der Nordhausen Erfurter Eisenbahn-Gesellschaft zahlbar ge⸗ worden sind. Die Norzhaufen Erfurter Gisenbahn-Gefellschaft ver— pflichtet sich ihrerseits. die bei ihr hinterlegten Dividendenscheine bis ö Eintritt jenes Zeitpunktes zu verwahren und alsdann zu ver nichten.

Die Direktion wird die Abstempelung nach Maßgabe der Be— stimmung in §. 6 bewirken und alle diejenigen Beträge, welche nach Ss. 22 pos. 3 des Gesellschaftsstatuts aus dem Reingewinn der Jahre 1883 und folgender an den Inhabern eines nachbezugsberechtigten Dividendenscheins von Stamm-Prioritäteaktien bilanzmäßig zu ver⸗ theilen sein werden, vom Tage der Abstempelung ab ohne besondere Legitimation prüfung an den Inhaber der abgestempelten Akrie und bejw des zu dieser gehörigen Dividendenscheines zahlen? Dem Bankhause Jacob Landau bleibt daß Recht vorbehalten, an Stef einzelner an einer Serie fehlender Dividendenscheine deren rückständigen Nominal⸗ werth in Baar bei der Gesellschaft zu deponiren. Bie Rückgabe dieses Depots erfolgt, sobald der Dividendenschein, für welchen der Betrag deponirt ist, der Nordhausen⸗Erfurter Eisenbahn⸗Gesellschaft von dem Bankhause Jacob Landau vor Verfall nachgeliefert wird.

Artikel 6. Der Wortlaut der Abstempelung soll folgender sein: f a. der Stammaktien.

Inhaber dieser Aktie hat die nachbejugsberechtigten Dividenden⸗ scheine der Jahre 1870 18382 der Nordhaufen Erfurter Stamm⸗ Prioritäts-Aktien bei uns hinterlegt und dadurch Anspruch auf alle diejenigen Beträge, welche aus dem Reingewinn bilanzmäßig auf diese nachbejugsberechtigten Dividendenscheine zur Vertheilung kommen

werden. ; Die Direktion.“

. . b. der Talons. Gehört zu einer abgestempelten Aktie. Die Direktion.

c. der Dividendenscheine.

Berechtigt zum Empfange desjenigen Betrages, welcher für das auf diesen Dividendenschein bezeichnete Jahr bilanzmäßig auf den bei der Gesellschaft zu einer Aktie deponirten nachbezugsberechtigten Stamm Prioritätsaktien ⸗Dividendenschein zur Vertheilung kom⸗

men wird. Die Direktion.“

Werden Aktien zur Abstempelung eingereicht, von welchen der Dividendenschein eines der Jahre 1883, 1884 und 1885 bereits ab— getrennt ist, so wird die Direktion eine besondere Bescheinigung bei— fügen, gegen welche ebenfalls ohne besondere Legitimationsprüfung die entsprechende Nachzahlung , m kann.

Artikel 7.

Die Nordhausen⸗-Erfurter ECisenbahn⸗Gesellschaft überträgt dem mitkontrahirenden Bankhause Jacob Landau für die Zeit bis zum 31. Dezemher 1886 die alleinige Befugniß, die Befeiflgung der be⸗ treffenden Dividendenscheine vorzunehmen, sie verpflichtet sich, weder direkt, noch durch einen anderen Vermittler Aktien oder Dividenden scheineg anzunehmen, sie wird ebensowenig mit anderen Personen eine Vereinbarung treffen, durch welche die vorbejeichneten Dividenden— scheine in irgend einer anderen als der durch das Gesellschaftsstatut festgesetzten Weise zur Einlösung gelangen.

Artikel 8.

Die Kosten dieses Vertrages, sowie die Kosten der Abstempelung und aller sonstigen der Nordhausen - Erfurter Eisenbahn⸗Gesellschaft aus diesem Vertrage zur Last fallenden Nebenleistungen, mögen sie Grund und Namen haben, welchen sie wollen, trägt das Bankhaus Jacob Landau. Als Sicherheit hierfür deponirt das Bankhaus Jacob Landau 5000 M baar bei der Nordhausen. Erfurter Eisenbahn⸗Gesell⸗ schaft, welche zur Verwendung dieses Depots behufs Deckung der Kosten berechtigt ist.

Berlin, den 9. Januar 1884.

Jacob Landau. Nordhausen, den 9. Januar 1884. . Die Direktion der Nordhausen⸗Erfurter Eisenhahn-Gesellschaft. Salfeldt.

Die Nummer 11 der Gesetz-Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter

Nr. S982 das Gesetz, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts⸗Etats für das Jahr vom 1. April 1834/35. Vom 27. März 1884.

Berlin, den 2. April 1884.

Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Didden.

350 Anlehen der vormals Freien Stadt Frankfurt a. M. von 500 000 Fl. vom 12. Mai 1846.

Bei der am 8. die Mts. stattgefundenen 31. Verloosung des An— lehens der vormals Freien Stadt Frankfurt a. M. vom 12. Mai 1846 wurden nachverzeichnete Nummern gezogen:

A. zur Rückzahlung auf den 1. Juli 1884.

Litt. E, d 1000 Fl. 1714 M 29 3 Rr. 119 206 290 292 3765 481 516 596 691 716 774 789 S813 S57 9I16 9535 987 1040 174 1259 1263 1323 1447 1451 1464 1487 1528 15539 166 1711 1784 31 Stück über 31 000 Fl. oder 53 1427 ½ 99 5.

Litt. E. à 500 Fl. S657 M 14 Nr. 1829 832 1857 1877 1884 1887 1934 2008 2232 2316 2378 3440 2150 2560 2583 2727 16 Stück über 8000 Fl. oder 13714 . 24 3.

Litt. E. à 300 Fl. 514 S6 29 5 Rr. 2851 2905 2962 3094 3195 zz6l z273 7 Stäck über foo Fl. oder bös M .

Litt. E. à 100 Fl. 171 16 43 5 Nr. 3329 3358 3398 3418 3496 3508 3530 3555 8 Stück über 866 Fl. oder 1371 M 44 5. litt. E. Summa 62 Stück über 41 900 Fl. oder 71 828 M 70 ..

B zur Rückzahlung auf den 1. Fanuar 1885.

Litt. F. A 1000, Fl. 1714 29 3 Nr. 104 125 140 182 185 242 243 318 358 659 683 713 738 878 944 1106 1152 1165 1193 1237 1349 1355 1356 1365 1367 1451 1488 1638 1591 1604 1745 31 Stück über 31 000 Fl. oder 53 142 S0 699 3.

Litt. F. à 500 Fl. 857 ½ς 14 Nr. 1950 1961 2012 2020 2074 2191. 2159 2276 2286 2348 2398 2513 2700 2719 74S 7785 16 Stück über 8900 Fl. oder 13714 S 21 .

Litt. F. à 300 Tl. 514 29 3 Nr. 2811 2914 2917 3071 3129 32127 3289 7 Stück über 2100 Ff. oder 3665 63 1.

Litt. E. à 1090 Fl. 171 M 43 g Nr. 3397 3416 3435 3442 3454 3580 3590 3649 3708 9 Stück über 900 Fl. oder 1542 66 87 3. itt. F. Summa 63 Stück über 42 660 Fl. oder 72 000 ½Æ 13 3.

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum hetreff enden Rückzahlungstermin stattfindet, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., bei der König⸗ lich en. Staatsschulden⸗Tilgungskaffe in Berlin, sowie . Königlichen Regkerungs- und Bezirks⸗ Hauptkasf gegen Rückgabe der Oblige tionen mit den dazu gehörigen nicht verkallenen Zinsscheinen und der Zinsschein⸗Anweisungen und zwar bei den Obligationen Litt. E. nur mit Zinsschein⸗Anweisung und bei den Obligationen Litt. F. mit Zinsscheinen Reihe II. Nr. 2 bis 8 und Zinsschein⸗Anweisung erbeben könen.

Der Geldbetrag der etwa fehlenden, unentgeltlich zurückzugeben · den Zinsscheine bei den Obligationen Litt. F. wird an dem Kapital⸗ betrage zurückbehalten.

. Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen nicht bei der Töniglichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., oder bei der Königlich en Regierungs-⸗-Hauptkaßsse in Wiesbaden, son dern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die be⸗ treffenden Obligationen mit Zinsschein-Anweisung bei Litt. E., mit Zinsscheinen und Zinsschein⸗Anweisung bei Litt. F. vierzehn Tage vor dem Verfalltermin bei diesen Kassen einzureichen, von welchen dieselben vor deren Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzu⸗

senden sind. Rückständig sind noch aus der 17. Verloosung Litt. E. Rr. 3798. 22. Verloosung Litt. F. Nr. 1818. 23. Verloosung Litt. F. Nr. 139. Verloosung Litt. F Nr. 2556 3645. 25. Verloosung Litt. E. Nr. 2677 3026, Litt. F. Nr. 1129

25. Verloosung Litt. F. Nr. 2217 2807 3262. Verloosung Litt. E. Nr. 2102 2804, Litt. F. Nr. 915 Nr. 2095 2594 2986 3001 3205.

8. Verloosung Litt. B. Nr. 1803 1859 3072 3735 Nx. 146 1754 1895 3642 3719.

8. Verloosung Litt. E. Nr. 1457 2655 3618 3709 Nr. 1449.

30. Verloosung Litt. E. Nr. 1149 1565 1862 2072 2652 3739 3768, Litt. F. Nr. 885 895 1428 2151 2182 31537? 3156 3634 3659 3689.

Die Inhaber dieser Obligationen werden wiederholt zu deren Einlõsung aufgefordert.

Wiesbaden, den 12. März 1884.

Der Regierungs⸗Präsident: von Wurmb.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. April. Der Bundesrat sowie die vereinigten Ausschüsse desselben für Zoll⸗ und Steuer wesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des te der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (71.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Staats⸗-Minister von Puttkan er, der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. von) Goßler nebst mehreren Kommissarien beiwohnte, standen an erster Stelle auf der Tagesordnung: Mündliche Berichte der Budget⸗ kommission über Petitionen.

Ohne Debatte wurde die Petition des Dr. Andreae und Gen. in Burgbrohl u. a. O. wegen Baues einer Eisenbahn von Brohl a. Rh. in die Eifel, sowie die Petition des Frhrn. von Weichs zur Wenne und Gen. in Eslohe u. a. S. wegen Baues einer Sekundärbahn von Wennemen nach Eslohe der Regierung als Material überwiesen.

Es folgte die Berathung des fünften Berichts der Kom— mission für das Unterrichtswesen über Petitionen.

Aus der Stadt Mehlsack im Kreise Braunsberg mit 3757 Einwohnern, von welchen 3409 katholischer, 256 evan— gelischer und 92 israelitischer Religion sind, wird an das Haus die Bitte gerichtet, „dahin wirken zu wollen, daß ihnen gegen die Nachtheile der dort eingerichteten Simultanschule Abhülfe werde, durch Wiederherstellung des früheren kon⸗ fessionellen Charakters ihrer Elementarschulen.“

Die Unterrichtskommission beantragte:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die Petition der Königlichen Staatsregierung) dahin zur Berück⸗ sichtigung zu überweisen, daß die Rekonfessionalisirung der Schulen zu Mehlsack durchgeführt wird, falls die städtischen Behörden die von der Königlichen Regierung dieserhalb gestellten Bedingungen annehmen.

Der Abg. Dr. Kolberg beantragte, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichktigung zu überweisen.

Der Abg. Schmidt (Sagan) erklärte, daß seine Partei an und für sich nicht für Simultanschulen sei. Aber in diesem speziellen Falle sei die Einrichtung einer Simultanschule durchaus gerechtfertigt. Deshalb bitte er, daß über die Petition einfach zur Tagesordnung übergegangen werde.

Der Abg., von Wedel-Piesdorf hob hervor, daß auch seine Partei die Simultanschulen nur als einen Nothbehelf ansehe. Diese Auffassung führe sie nothwendig dazu, in diesem Falle den Vorschlag der Kommission zu empfehlen.

Der Abg. Dr. Kolberg tadelte, daß in der erwähnten Schule Lehrbücher simultanen Charakters in Gebrauch seien.

Der Regierungskommissar Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Waetzoldt wies diese Behauptung als unrichtig zurück.

Der Abg. Dr. Windthorst plaidirte für eine Berücksich⸗ tigung der Petition.

Die Abgg. Dr. Natorp und Pr. Langerhans empfahlen, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abbg. Dr. Natorp, Dr. Windthorst und Dr. Langerhans wurde der Antrag des Abg. Dr. Kolberg abgelehnt, der Antrag der Kommission dagegen angenommen.

Es wurden sodann berathen die Petitionen des Magistrats der Stadt Bochum des Magistrats und Bürgervorsteher⸗ Tollegiums der Stadt Leer der Handelskammer zu Wesel der Handelskammer zu Leer des Magistrats und Stadtverordneten⸗-Kollegiums der Stadt Lüding⸗ hausen des landwirihichaftlichen Hauptvereins suͤr Ostfriesland zu Norden der Handelsdeputation zu Leer des Bürgermeisters von Gelsenkirchen des Magistrats und des Bürgervorsteher⸗Kollegiums der Stadt Emden der Handels- und Schiffahrtsdeputation zu Papen— burg des Magistrats der Stadt Münster i. W. der Handelskammer zu Essen der Handelskammer zu Osnabrück und des Magistrats der Stadt Dortmund Um Vor— legung eines Gesetzentwurfs, betreffend den Bau“ eines Schiffahrtskanals von Dortmund nach den Emshäfen.

Namens der Kommission beantragte der Berichtersiatter Dr. Natorp:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

Die vorbezeichneien Petitionen der Königlichen Staatsregierung unter Bezugnahme auf die Erklärung des Verkreters dersel ben in der Sitzung des Hauses der Abgeordneten vom 12. Januar 1884, ö für die in Aussicht gestellte Gefetzuorlage zu Über— weisen. iss Der Abg. Dr. Natorp befürwortete den Antrag der Kom—

mission.

Der Abg. Dr. Reichensperger (Cöln) vermißte die Be— theiligung der Interessenten an dem Kanalprojekt.

Der Abg. Hr. Windthorst trat für den Antrag der Kom— mission ein. Wenn die Regierung mit dem weiteren Kanal— projekt, das sie angekündigt habe, gekommen sein werde, so . sich die Opferfreudigkeit der Interessenten von selbst

nden.

Die Diekussion wurde hierauf geschlossen und der Antrag der Kommission angenommen.

Das Haus berieth sodann die Petition des Bäckers Heiderich in Caub um Erwirkung der Erlaubniß zum Bau i. Hintergebäudes auf seinem in Caub belegenen Grund⸗

ück. Namens der Kommission beantragte der Abg. Lückhoff: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

die Petition der Königlichen Staatsregierung zur Erwägung

zu überweisen.

Der Abg. Jacobs bat, über die Petition zur Tages ordnung überzugehen.

Der Abg. Barth trat diesem Antrage bei, während der Abg Hüffer für den Antrag der Kommission eintrat.

Nachbem ein Regierungskommissar den Uebergang zur Tagesordnung befürwortet hatte, wurde der Antrag der Kom—⸗ mission angenommen.

Es folgte in der Berathung die Petition des Landes⸗ gevollmächtigten Kollegiums der Landschaft Sylt um Trennung der Landschaft Sylt von dem Kreiswegeverbande.

Namens der Kommission beantragte der Abg. Herr, das

Haus der Abgeordneten wolle beschließen, über die Petition

zur Tagesordnung überzugehen. . Nachdem der Abg. Laucke für die Petenten eingetreten war, wurde der Antrag der Kommission angenommen. An vierter Stelle stand zur Berathung der Antrag des Abg. Stöcker und Genossen, betreffend den kirchlichen

Nothstand. h Bei Schluß des Blattes begründete der Abg. Stöcker seinen

Antrag.

Submissionen im Auslande.

Italien. ; l

1) 8. April d. J. Ministerium der öffentlichen Arbeiten, General⸗Direktion der Brücken und Straßen zu Rom. Ar— beiten und Lieferungen beim Bau der Provinzialstraße von Petrella nach Palata. Länge 13 093,88 m; Abschätzungswerth 82 141,25 Lire; vorläufige Kaution 10 000 Lire.

2) 8. April d. J. Marine⸗Ministerium, Schiffsbau⸗Direk⸗ tion zu Rom. Lieferung von 15. 1809 ebm Teak-Holz. Ab— schätzungswerth 630 000 Lire (350 Lire per Kubikmeter). Kaution: 13 000 Lire.

Schafft ein Beamter ein ihm amtlich anvertrautes oder zugängliches, zum Beweise von Thatsachen ur. Schriftstück bei Seite, so ist, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, IJ. Strafsenats, vom 22. Januar 8. J, der Thäter wegen Beiseiteschaffung einer Urkunde aus 5. 248 Abs. 2 des Str.⸗G.⸗B. zu bestrafen, selbst wenn das Schrift⸗ stück zunächst nur den inneren Geschäftsverkehr betrifft, wie beispielsweise ein Monitorium der vorgesetzten Behörde an den untergebenen Beamten, um eine schleunige Erledigung einer getroffenen Anordnung herbeizuführen. .

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich dänischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath von Philipsborn ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaube nach Kopenhagen zurück— gekehrt und hat die Geschafte der dortigen Gesandtschast wieder übernommen.

Bayern. München, 1. April. (W. T. B.) Die Kammer der Reichsräthe erledigte heute mehrere kleinere Etats, bewilligte das Nachtragspostulat von 40 000 t für die Hagelversicherung, genehmigte 20 000 M6 für die Errichtung einer elektro technischen Versuchsstation und nahm einstimmig den Antrag bezüglich einer Abänderung des Reichs-Pensions— gesetzes an, wonach auch denjenigen Personen, welche den Ter— min zur Anmeldung ihrer Pensionsansprüche versäumt haben, weil ihre Erwerbsunfähigkeit als Folge des Krieges von 1870/71 erst später hervorgetreten, die Pensionsansprüche ge— wahrt bleiben sollen. Schließlich beschloß die Reichsraths⸗ kammer, den Antrag des Frhrn. von Lerchenfeld, betreffend bie Gewerbesteuer für Branntweinbrennereien, der Regierung zur Erwägung zu übergeben.

Die Kammer der Abgeordneten erledigte den Forst— Etat, begann die Berathung der Forstorganisation und ver— tagte sich sodann auf morgen.

Hessen. Darmstgdt, 1. April. (W. T. B.). Der Großherzog ist heute Abend zu den Beisetzungsfeierlichkeiten nach England abgereist.

Braunschweig. Braunschweig, 1. April. (W. T. B.) Zur 75jährigen Jubelfeier der Errichtung des Braunschweigischen Truppencorps fand heute vor Sr. Hoheit dem Herzog in Anwesenheit Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preußen große Parade statt. Viele Häuser haben geflagat.

Sach sen⸗Altenburg. Altenburg, 31. März. (pz. Ztg.) Das heutige Bulletin über das Befinden Ihrer Hoheit der Frau Herzogin lautet: „Die Nacht wurde theilweise schlafend zugebracht. Im Uebrigen verursachten die wieder stärker entwickelten Schwämmchen viele Beschwerden. Tempe— ratur normal, Puls 86, Athmen 32. Seit gestern hat die Lösung der Lungenentzündung rechts einen kleinen Fortschritt gemacht. Eilert.“

Elsaß Lothringen. Straßburg, 31. März. (Els.⸗— Lothr. Ztg.) Das Gesetzblatt für Elsaß-Lothrin— gen enthält das Gesetz, betreffend die Feststellung des Landes haushalt s-Etats von Elsaß-Lothringen für das Etatsjahr 1884/85.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 31. März. (Wien. Abendp.) Heute togten heide Häuser des Reichsraths. Das Herren— haus erledigte die meisten Gegenslände der Tagesordnung ohne jede Diskussion; nur die Vorlage, betreffend die Be— streitung der Kosten der evangelischen Generalsynoden im Jahre 1683, veranlaßte eine kurze Debatte, an welcher sich Graf Leo Thun und der Untexrichts-Minister betheiligten. Im Abgeordnetenhause kamen heute neben der Vorlage, betreffend den ohersten Rechnungshof, nur Angelegenheiten von sekundärer Bedeutung zur Verhandlung.

2. April. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ ver— öffentlicht die Ernennung des Fürsten Nikolaus Wrede zum Gesandten in Stuttgart.

Pest, 2. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses beantragte der Deputirte Mocsarmy die Bestrafung zweier Jo urnalisten, welche den Abg. Hermann gestern auf der Straße thätlich insultirt hätten. Der Minister-Präsident Tisza erklärte: die Regierung werde die ganze Strenge des Gesetzes walten lassen.

Großbritannien und Irland. London, 1. April. (W. T. B.) Gestern fand in Hastings ein liberales Meeting statt. Sir Thomgs Braffey, einer der Lords der Admiralität, sagte: der Premier Gladstone hate sich ungern zu der Ansicht hestimmen lassen, daß die Wieder— herstellung der Gesetzlichkeit und der Ordnung in Egypten nur mit Hülse des englischen Einflusses möglich sei. Derselbe sei schmerzlich berührt von der Wahrnehmung, daß das egyptische Volk so wenig befähigt sei, sich zu regieren. Indessen werde ein so weiser Staatsmann wie Gladstone sich immer durch Erkenntniß der Thatsachen und nicht durch Gefühle bestimmen lassen.

Frankreich. Paris, 31. März. (Fr. Corr.) Ein Jelegramm des Generals Milkot meldet, daß die Regenzeit in Tongking begonnen habe. Nach den Spezial— insormationen des „Paris“ dürsten die Regen keinenfalls ein

Hinderniß für die Einnahme von Hong-⸗Hoa sein, die sich am 7. oder spätestens am 8. April vollziehen wird. Nach dieser letzten Operation werden die Truppen beginnen, nach Frankreich zurückzukehren. General Millot beschäftigt sich be⸗ reits mit der Organisirung von tongkinesischen Hülfsregi— mentern, die mit der Vertheidigung Tongkings betraut werden sollen. General Bichot traf gestern in Paris ein und hatte heute Morgen eine Unterredung mit dem Marine⸗ Minister. Der General hält den Tongkinghandel für voll⸗ kommen erledigt und glaubt, daß man sich nunmehr mit der Einrichtung einer guten Verwaltung zu besassen habe.

1. April. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute den von Floquet eingebrachten Antrag an, nach welchem die Stadt Paris in vier Be—⸗ zirke getheilt werden soll, von denen ein jeder eine seiner Bevölkerung entsprechende Zahl von Mu nizipal— räthen mittelst des Listenskrutiniums zu wählen hat. Die Gesammtzahl der Munizipalräthe von Paris würde als— dann 83 betragen. Cuneo d' Ornano (Bonapartist) beantragte, zu beschließen, daß der Kongreß, wenn er zur Berathung der Revision der Verfassung zusammen⸗ trete, seine Sitzungen in Paris und nicht in Versailles halten solle. Cuneo d'Orano verlangte die Dringlichkeit für die Berathung seines Antrages: dieselbe wurde indessen abge⸗ lehnt. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Be— rathung der Finanzkonvention fortgesetzt. Cambon führte aus, daß die Finanzlage von Tunis einer bedeutenden Verbesserung fähig sei, doch müsse man, um Reformen durchzuführen, die internationale Kommission auf— lösen. Der Redner vertheidigte sodann die Konvention und betonte: die französische Regierung würde die Garantie für die tunesische Anleihe übernehmen, welche zur Konverti⸗ rung oder Rückzahlung der gegenwärtigen Schuld bestimmt sei. Die Kammer beschloß mit 337 gegen 168 Stimmen, die Berathung der einzelnen Artikel zu beginnen. Der Bericht— erstatter verlangte darauf die Dringlichkeit für die Berathung, welche, trotzdem mehrere Redner dagegen sprachen, schließlich mit 249 gegen 223 Stimmen beschlossen wurde. Die Be⸗ rathung wird am Donnerstag fortgesetzt.

Cannes, 1. April. (W. T. B. Der Prinz von Wales, der Graf und die Gräfin von Paris, der Herzog von Coburg und viele andere hervorragende Persönlichkeiten sind heute Nachmittag von hier abgereist, um die Leiche des Herzogs von Albany zunächst nach Paris zu geleiten, wo die Ankunft morgen Vormittags 10 Uhr erfolgen dürste. Bei der Absahrt der Leiche wurden die militärischen Ehren erwie⸗ sen und Artilleriesalven abgegeben. Von Paris aus wird die Leiche mittelst Extrazuges nach Cherbourg übergeführt.

Spanien. Madrid, 1. April. (W. T. B.) Die amtliche „Gaceta“ veröffentlicht das Dekret, betreffend die Auflösung der Cortes; die Wahlen zur Deputirten— kammer sind auf den 27. d. M., die der Senatoren auf den 8. Mai anberaumt. Die neuen Cortes treten am 20. Mai

zusammen.

Griechenland. Athen, 1. April. (W. T. B.) Bei der Vorlegung des neuen Zolltarifs an die Kammer ist ein Antrag auf sofortige ganze oder theilweise Inkraftsetzung desselben von der Regierung nicht gestellt worden. Die end⸗ gültige Annahme des Tarifs durch die Kammer erfolgt vielleicht noch vor hiesigem Osterfest.

Rumänien. Bu karest, 1. April. (W. T. B.) Im Senat wurde heute der Gesetzentwurf, betreffend die Revi⸗ sion der Verfassung, vertheilt. Derselbe hält die voll⸗ ständige Preßfreiheit aufrecht, hebt die Nationalgarde auf und setzt die Wahlkollegien für die Kammer von 4 auf 3 herab. Die Berathung des Entwurfs soll unverzüglich beginnen; in parlamentarischen Kreisen nimmt man an, daß derselbe noch vor den Osterferien votirt werden wird.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. April. (W. T. B.) Der Wirkliche Staatsrath Jonin ist gestern Abend hier angekommen. Die russische „St. Petersburger Zeitung“ erfährt, daß die von dem Finanz-Ministerium ange— regte Erwerbung der Eisenbahn Libau-⸗Romny durch den Staat demnächst im Ministercomité berathen werden solle.

Schweden und Norwegen. Christiania, 1. April. (W. T. B.) Staatsrath Hertzberg, auf den sich die beiden ersten Punkte der Anklage nicht beziehen, wurde heute vom Reichsgericht zu einer Geldstrafe von 8000 Kronen sowie zur Zahlung von 200 Kronen Prozeßkosten verurtheilt.

Amerika. Washington, 1. April. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat März um 14 240 000 Dollar abgenommen. Im Staatsschatze besanden sich Ende März 402 880 000 Dollar.

Afrika. Egypten. Kairo, 1. April. (W. T. . B.) Aus Suakim vom heutigen Tage, wird gemeldet: Spione berichten, daß Osman Digma in Ashatit bei Tamanib mit 10900 Mann un? den Anfuͤhrern zahlreicher Stämme lagere und einen Angriff auf die mit den Engländern befreundeten Stämme vorbereite. In der vergangenen Nacht näherte sich der Feind Suakim bis auf eine Entfernung von einer Meile und erbeutete die dort befindlichen Futtervorräthe. Mahmud Ali Pascha ist mit 100 Mann zur Verfolgung aufgebrochen.

Seitungsstimmen.

Wie die „Neue Preußische Zeitung“ mittheilt, sind dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck an seinem Geburts— tage von sämmtlichen deutschen Bürgervereinen Berlins gleich⸗ lautende Adressen überreicht worden; sie lauten:

Berlin, den 1. April 1884. Durchlauchtigster Fürst, hochgebieten⸗ der Herr Reichskanzler! Der heutige Tag, an welchem Ew. Durch laucht das Fest Ihrer Geburt begehen, erweckt in Deutsch⸗ land und in allen Landen, in denen treue Deutsche wohnen, die freudigste Theilnahme und den festlichsten Jubel. Auch wir, der unterzeichnete Vereinsvorstand, der es sich zur Auf— gabe gemacht hat, in Gemeinschaft mit den anderen hiesigen Ver⸗ einen gleicher Tendenz in der Residenz Sr. Majestät des Kaisers und Königs alle vaterländisch und monarchisch gesinnten Männer zum Kampfe gegen die Feinde der Monarchie und des Vaterlandes zu— sammen zu schaaren, empfinden es als eine Pflicht des Herzens und der Ehre, den Gefühlen innigster Freude heute Ausdruck zu verleihen und Ew. Durchlaucht unsere riefstgefühlten Glückwünsche darzubringen. Mit Staunen blicken wir heute auf die Entwickelung der deutschen Geschichte wahrend des letzten Vierteljahrhunderts, eines Zeitraumes, wecher die glänzendsten Perioden unferer Vergangenheit an Inhalt und Bedeutung zumeist überragt. Ez war eine Rettung aus der Gefahr innerer Zersplitterung durch Parteileidenschaft

und die Irrthümer politischen Egoismus, in der unser Volk zu versinken drohte, als, von Sr. Majestät Vertrauen berufen, Ew. Durchlaucht die Leitung der Staatsgeschäfte übernahmen. Großartige und für alle Zeiten denkwürdige Exfolge, durch welche die preußisch= deutsche Politik unser Vaterland binnen wenigen Jahren von einem Siege zum anderen führte, haben uns aus diesem Zustande der Schwäche und der inneren Noth befreit und unserem Staate unter den ange⸗ sehensten Staaten Europaz eine hochgeachtete und einflußreiche Stellung verlieben. Den Triumphen der Waffen folgten die des friedlichen Schaffens. Was das Schwert gesichert und erworben, be⸗ gann die fürsorgliche, das äußere wie das innere Wohl der Bürger erstrebende Staatsleitung zu ordnen und zu gestalten. Neue, bisher ungeahnte und nur der wärmsten Liebe zum Volke entsprin⸗ genden Gedanken begannen Institutionen zu schaffen, die die Wohl⸗ fahrt und das Gedeihen aller Klassen der Staatzangebörigen gewähr- leisteten, und während Europa widerhallte vom Schlachtrufe der Kämpfenden und den Wuthausbrüchen unversöhnlicher Zerstörer staat⸗ licher Ordnung, erblühte Deutschland unter dem Schuße feiner fried⸗ lichen, machtvollen Regierung zu beneidenswerthem Glücke. Dies alles verdanken wir nächst der göttlichen Vorsehung der hohen Weisheit Sr. Majestaͤt des Kaisers und der auf— opfernden, von der reinsten Vaterlandeliebe geleiteten Thätigkeit Ew. Durchlaucht, der es vergönnt war, die ganze Fülle Ihrer Kraft und staatsmännischen Begabung für unser Volk zur Geltung zu bringen. Darum schlagen heute unsere Herzen freudig bewegt, weil Gott der Herr Ew. Durchlaucht bis zu diesem Tage unserem Vaterlande erhalten hat, darum falten sich unsere Hände zum Gebet, daß er auch fernerhin Hochdieselben in Gnaden erhalten möge. Möge er Ew. Durchlaucht mit Selner Kraft stär— ken und verjüngen, mit Seinem Geiste erfüllen und nähren, damit unser vielgeliebter Kaiser und Herr Sich noch lange des Rathes des treuesten Dieners Seiner Krone erfréuen, unser theures deutsches Vaterland aber des hohen Vorzuges genießen könne, in guten wie in bösen Tagen in Ew. Durchlaucht starker Hand die Leitung der Regierung zu sehen. Mit der ehrerbietigsten Ver sicherung unwandelbarer Treue und hingebender Verehrung verharren wir als Ew. Durchlaucht gehorsamst ergebene Vorstandsmitalieder (folgen: der Name des betreffenden ‚Deutschen Bürger⸗Vereins“ und die Unterschriften der Vorstandsmitglieder).

Am Sonntag fand, wie wir der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ entnehmen, in Worms eine Vertrauensmänner⸗Versammlung der hessischen Fortschritts⸗ partei für den Reichstagswahlkreis Worms-Heppenheim⸗ Wimpfen statt, welche sich voll auf den Boden des Heidel⸗ berger Programms stellte. Hrn. Dr. Osann in Darmstadt und dem Vertreter des Wahlkreises im Reichstage Dr. Mar— guardsen wurde der Dank für die in Heidelberg Fefaßten Be⸗ schlüsse und das Vertrauen, daß deren Durchführung dem Vatetlande zum Segen gereichen werde, ausgesprochen. Schließlich wurde folgendes Telegramm an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck einstimmig angenommen, dessen Verlesung mit freudigem Jubel stürmisch begrüßt wurde:

Die heute in Worms in Bethätigung ihrer nationalen und liberalen Gesinnung versammelten Mitglieder der hessischen Fort⸗ schrittspartei aus dem Wahlkreise ‚Worms⸗-Heppenheim-Wimbfen“ gedenken in ernster Feier der Thatsache, daß Ew. Durchlaucht über- morgen in Ihr 70. Lebensjahr eintreten. Im Hiablicke auf Ihre Leistungen im Dienste der Einigung und Kräftigung Deutschlands und Ihre dem deutschen Volke Ehre bringende und Frieden erhal⸗ tende Wirksamkeit bringen wir Ihnen Dank und Glückwunsch dar. Möge es Ihnen bei nun gekräftigter Gesundheit noch eine lange Reihe von Jahren vergönnt sein, der Stärkung des Reiches und der Fördernng der gemeinsamen Ziele des deutschen Volkes auf dem Boden der Reichsverfassung so weise und unerschrocken wie seither Ihre Kräfte widmen zu können. Mögen fortgesetzt Ihre Bemühun⸗ gen zur Festigung der deutschen Heeresmacht und der Friedenserhal- tung durch Ihre auswärtige Politik mit bestem Erfolge gekrönt bleiben. Mögen gegenüber einer systematischen Anfechtung Ihre auf Hebung und Befestigung des Wohlstandes aller Bevölkerungsklassen gerichtete Wirthschaftspolitik, sowie Ihre auf das Wohl der arbeiten den Klassen berechnete Fürsorge nicht minder wie Ihre auf die Auf— rechterhaltung der Gesellschaftsordnung zielenden Bestrebungen die Billigung der deutschen Nation finden.“

„In einem Artikel, in welchem das „Leipziger Tageblatt“ die Heidelberger Erklärung bespricht, heißt es:

. . . . Die süddeutschen Liberalen stimmen keineswegs mit der

Zoll, und Steuerpolitik des Reichskanzlers überein und machen aus ihrer abweichenden Meinung durchaus kein Hehl; aber sie stellen sich auf den Boden der Thatsachen und verschieben die Reform der Zoll⸗ und Steuergesetzgebung auf gelegenere Zeiten. Für jetzt erscheint ihnen als die Hauptsache, die bedrohte staatlichs Ordnung aufrecht zu erhalten, und deshalb werden sie der Verlängerung des Sozialisten gesetzes ihre Zustimmung geben. Es erscheint den süddeutschen Libe—⸗ ralen inopportun, die Frage zu diekutiren, ob nicht der Augenblick gekommen sei, zum gemeinen Gesetze zurückzukehren. Daß Ausnahme⸗ gesetze ein Uebel sind, welches, wenn irgend möglich, vermieden werden muß, und daß es besser ist, unter Gesetzen zu leben, welche für alle Staattangehörigen gelten, wird jeder Liberale dem Abgeord⸗ neten Hänel zugestehen, aber da das Sozialistengesetz seit sechs Jahren in Kraft ist, so kann es unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht, ohne ernste Gefahren heraufzubeschwören, aufgehoben werden. Natürlich darf das Gesetz keine dauernde Institution werden, als solche ist es aber auch nicht gemeint, und wenn die Sozialdemo kratie auf die Verwirklichung ihrer Umsturzpläne nach dem Rezept von Bebel, Liebknecht und Vollmar Verzicht leistet, dann wird die liberale Partei in Süddeutschland der Aufhebung des Gesetzes mit vollster Bereitwilligkeit zustimmen. Aber die Sozialisten erklären ganz offen, daß sie nicht eher ruhen werden, als bis der Staat im sozialistischen Sinne umgestaltet ist; nur darüber sind die Ansichten bei ihnen getheilt, ob das Ziel auf friedlichem oder nur auf gewalt— samem Wege zu erreichen sei. Durch derartige Bestrebungen, wie sie von den sozialdemokratischen Abgeordneten in den Reichstagssitzungen vom 20. und 21. März enthüllt worden sind, haben sie die Berechti· gung von besonderen Schutzmaßregeln bewiesen. Wollte die Reichs— regierung jetzt auf die fernere Geltung des Sozialistengesetzes Ver⸗ zicht leisten, so würde sie damit entweder eingestehen, daß das Gesetz zwecklos und schädlich ist, oder sie würde Furcht vor den Sozialdemokraten verrathen. Keins von Beiden könnte ihre Autorität erhöhen, und die natürliche Folge würde ein bei Weitem lauteres und sicheres Auftreten der Sozialdemokraten sein. Die Fürsorge der Reichs regierung für die durch Alter. Krankheit und Unfälle erwerbsunfähig gewordenen Arbeiter hat in Arbeiterkreisen vielfach Anerkennung und gerechte Würdigung gefunden, ein großer Theil des sozialdemokratischen Anhangs ist auf dem Wege, sich durch die Verwirklichung der sozial⸗ politischen Pläne der Regierung für befriedigt zu erklären. Dieser heilsame Umbildungsprozeß würde gestört und in seiner Entwickelung gehemmt werden, wenn das Sozialistengesetz vorzeitig aufgehoben würde e. . Die Theilnehmer der Parteitage in Heidelburg und Frankfurt a4. M erkennen den nothwendigen Zusammenhang der Zoll. und Steuerpolitik der Reichsregierung mit ihren sozialpolitischen Plänen nicht an und darin unterscheiden sich ihre Anschauungen fehr wesentlich von denen des Reichskanzlers, welcher die Abänderung des Zolltagrifs und die Einführung indirekter Steuern als die unerläßliche Vor bedingung für die Sicherung der, Arbeiter gegen die Folgen von Alter und Krankheit ansieht. Die süddeutschen Liberalen sind vielmehr der Meinung, daß die Sozialgesetzgebung unabhängig von den beiden anderen Programmpunkten der Röichsregierung ins Werk gesetzt werden kann. Soll man es aber deshalb so machen, wie die deutsche freisinnige Partei, und die sozialpolitischen Pläne der Reichs⸗ regierung wegen ihres angeblichen Zusammenhanaes. Hit der Steuer⸗ und Wirthschaftspolitik bekämpfen?