1884 / 96 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Apr 1884 18:00:01 GMT) scan diff

welchem er seinen alten Vater verschmachten lassen wollte. Es läßt sich nicht leugnen, daß diese Form, in welcher der tragischen Gerechtigkeit Genüge verschafft wird, dramatisch immer bei Weitem wirksamer sein wird, als der später mehr philosophisch ausgeffügelte Selbstmord, zu dem, wie man konsequenter Weise annebmen muß, es dem Feigling auch an Muth gefeblt haben würde. Die Kunst der Inscenirung und stylrechten Ausstattung, in welcher das Deutsche Theater bereits so Außerordentliches dargeboten, übertraf in der Ein⸗ richtung der Studentenscene in der Schenke, der Auftritte und Kämpfe der Räuber in den böhmischen Wäldern, des Räuberlagers kei der Schloßruine doch in künstlerischer Schönheit der Anordnung und malerischer Gruppirung alles Frühere, selbst die Straßenkämpfe in Verona, welche bei der Aufführung von Romeo und Julia“ das Publikum in Entzücken versetzten. Den Höhepunkt aber bot der Schloßbrand, das Einbrechen der Bande, die Gefangennahme des Schurken Franz und der Zusammensturz des Schlosses im letzten Akt. Als der Vorhang über dieser Scene fiel, durchbrauste ein tosender Beifall das Haus, wie er in diesen Räumen noch nicht gehört worden ist, und man muß zugestehen, daß in der That mit dieser scenischen Leistung der Gipfel dessen erreicht war, dessen die Kunst der Bühne fähig ist. Aber nicht blos scenisch und im Ensemble, sondern auch bezüglich der schauspielerischen Einzelleistungen war die Vorstellung eine sehr lobenswerthe. Für den idealistischen Schwärmer Karl bringt Hr. Kraußneck ein lyrisch ungemein wohllautendes Organ, für den Hauptmann eine schöne, imponirende Persönlichkeit, edle Ruhe und vornehmen Ernst der Hal⸗ tung mit, und diese Naturgaben sind auch, sowohl was die Dekla—⸗ mation als was sein Spiel betrifft, künstlerisch zu einem vollendeten Gesammtbilde ausgestaltet. Den Franz gab Hr. Friedmann ziemlich konventionell und nach alter Dawison ⸗Dessoirscher Tradition; selbst von der herkömmlichen Maske eines 10 jährigen war der Künstler nicht abgewichen, obgleich doch Franz, als jüngerer Bruder, bei aller Häßlichkeit etwas jugendlicher ausfehen könnte; den Höhepunkt seiner Leistung bildete die berühmte Traum⸗ schilderung. Sehr tüchtig war Hr. Nollet als Graf Moor— Vater, und Frl. Walles als Amalia hatte im Pathos sschöne überzeugende Momente. Hr Kainz als Kosinsly erzählte seine Ge⸗ schichte mit hinreißender Leidenschaft; die Herren Sommerstorff (Roller), Eypens (Schweizer). Peppler (Spiegelbera), Weffels (Hermann) waren gleich vortrefflich. Hrn. Kraußneck konnte als Gast (vom Hoftheater in Karlsruhe) die Ehre mehrmaligen Hervor— rufs zu Theil werden.

Im Wallhalla-Operetten⸗Theater nähert sich die Auf⸗ führung der Nanon“ ihrer zweihundertsten Wiederholung, ohne daß das lustige Stück von seiner alten Zugkraft irgendwie eingebüßt hätte; allabendlich findet sich ein zahlreiches Publikum ein, das die so rasch in das Volk übergegangenen Melodien an der Quelle hören und sich an der lebensluftigen Wirthin zum goldenen Lamm und ihrem schmucken Liebhaber erfreuen will. Die Besetzung dieser beiden Hauptrollen mit neuen Kräften kann als eine durchaus glück— liche bezeichnet werden und hält einen Vergleich mit der früheren in jeder Weise aus. Die Rolle des Marquis d'Aubigns, welche sonst in, den Händen des Hrn. Wilhelmi lag, wird' von Hrn. Philipp in recht anerkennenswerther Weise gegeben. Hr. Philipp welcher augenblicklich noch dem Wallner-Theater angehört und sich früher bereitß auf der Bühne des Friedrich⸗Wihhelmstädtischen Theaters versucht hat ist von Hrn. Direktor Lebrun bis Ende Mai beurlaubt worden. Der Gast verfügt über ein sympathisches kräftiges Organ, welckes von einer angenehmen Erscheinung und einem unge— zwungenen Spiel, wodurch sich Hr. Philipp vortheilhaft auszeichnet,

unterstützt wird. Die beifällige Aufnahme, welche ihm das Publikum bereitet, beweist, daß es mit dem Nachfolger des Hrn. Wilhelmi zufrieden ist. Nachdem sich am Sonnabend Frl. Erdöfy als „‚Nanon verabschiedet hat, wird diese Rolle gegenwärtig von Frl. Cäcilie Hecht gespielt und zwar mit gutem Erfolge. Frl. Hecht ist eine so anmuthige kleine Wirtbin, daß sie den Beifall, welchen die Zuschauer ihrem munteren, frischen Spiel zollen, reichlich verdient. Hr. Link giebt den schnurrigen Intendanten Marsillac mit demselben unverwüstlichen Humor und haf durch seine drastische Komik stets die Lacher auf seiner Seite; Hr. Steinberger, als sein Neffe Hector, leistet ihm nach wie vor treulich Gesellschaft. Die Rollen der Frau von Fontenge und der Gräfin Houlseère werden von den Damen Hirschberg und Spalke, zwei anmuthigen Erscheinungen, dargestellt. Der Page Gaston wird neuerdings von Frl. Walter gespielt. Zum Besten der Armen der Lucasgemeinde findet morgen Donnerstag, Abends 8 Uhr, ein Concert mit großem Orchester in der Lucas Kirche, Bernburgerstraße, statt. Frl. Cornelia Kirchhoff, eine Schülerin des Musikdirektors Dienel, wird in demselben mit dem von Hrn. H. Urban geleiteten Berliner Dilettanten-Orchester⸗ verein Alex. Guilmants D-moll- Symphonie für Orgel und großes Orchester zur ersten Aufführung bringen und außerdem noch Thiele's C: moll. Concertsatz und chromatische Fantasie spielen. Fr. Joachim wird eine Arie aus Bachs Pfingsteantate, das Dignare Bomine aus dem Dettinger Te Deum von Händel und Beethovens ‚Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ und Hr. Senfft von Pilsach Mendels⸗ sohns Elias Arie „Es ist genug“ und eine Arie aus Bachs Cantate „»Ich hatte viel Bekümmerniß“ singen. Ferner wird das Orchester Schumanns Abendlied und die Paulus-Ouverture vortragen.

Literarische Neuigkeiten und pertiodische Schriften.

Von den Besonderen Abdrucken aus dem „Deutschen Reichs— und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger„: Deutsche Reichs und Preußische Landesgesetze, 1383, sind im Verlage der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt (Berlin sMW., Wil⸗ helmstraße Nr. 32) erschienen:

Nr. 1. Geseß, betr. die Krankenversicherung der Ar— beiter, vom 15. Juni 1883. (, 37 MS)

Nr. 2. Gesetz, betr, die Abänderung der Gewerbeordnung, vom 1. Juli 1883. (0,20 M)

Nr. 3. Gesetze über die allgemeine Landes ver waltung vom 30. Juli 1883, und die Zuständigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungsgerichtsbehörde, vom 1. August 1883. (0, 80 6)

Nr. 4. Gesetze, betr. die Zwangsvollstreckung in das un— bewegliche Vermögen, vom 13. Juli 1883, und die Gerichtskosten bei Zwangsversteigerungen u. s. w. (0, 70 (i)

Nr. 5. Anweisung der Königlich preußischen Minister des Innern und für Handel und Gewerbe zur Ausführung des Gesetzes vom

15. Juni 1883, beir. die Krankenversicherung der Arbeiter, von

26. November 1883. (O, 30 ,)

Deutsches Adelsblatt. Wochenschrift für die Interessen des deutschen Adels beider Konfessionen. Nr. 16. allgemeine gleiche Wahlrecht. Minister Carl Abraham von Zedlitz und die Erziehung der Jugend. Vier Fragen. Die Abstam— mung des mecklenburgischen Adels. Pariser Briefe. Aus dem Kunstleben. Familien-Nachrichten. Briefkasten. Inserate.

Deutsches Grundeigenthum. Nr. 16. Inhalt: Die Normativbestimmungen der preußischen Hypothekenbanken. Sie

Inhalt: Das

Schwemmkanalisation in England. Vom Leipziger Verein selbst⸗ ständiger Miether. Aus den Hausbesitzervereinen. Lokale und Kommunales. Vermischtes. Subhastationswesen.

Deut sche landwirthschaftliche Prefse. Nr. 32. In halt: Thierzüchterische Zeit und Streitfragen. Vortrag, gehaste im Club der Landwirthe am 12. Februar 1884 von H. Settegast. Hauswirthschaft. Wirthschaftsplaudereien für Landwirthsfrauen. J Amerifanische Züchtungserfolge. Von H. v. Nathusius. Althaldenz. leben. Sprechsaal. Antworten: Rückstande aus der Melassebrennerei als Düngemittel. Fruchtfolge. Ochsenmast Torspresse. Fragen. Rundschau. Correspondenzen: Aus der Prignitz. Posen. Marienburg. München. Wien. Paris. Per- sonalien. Versammlungen. Ausstellungen. Liferatur. Aut dem Rechtsgebiet. Handel und Verkehr.

Monatsschrift fürschristliche Volksbildung. 8. Deft. Inhalt: Kirchhofs-⸗Frühling. Gedicht von Franz Jahn. E ist gesehen worden. Von Pastor Dammann. Der Schnitter Tod. Gedicht von Fr. Jahn. Bender, Arouet., Voltaife. Hoch hinaus! Von Dr. Ed. Kaiser. Was liesest du? Von Div. Pfr. Rud. Köhler. Graf N. E von Zinzendorf. Von Karl Fulda. i, rr, . . 6

Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Cen— tralstelle für die Landes statistik. April. Nr. os Inhalt: Die überseeische Auswanderung aus dem Großh. Hessen na außereuropäischen Ländern 1883. Eisenbahnen Febr 188. * Dienstliche Arbeiten der Steuerkommissariate 1882/83 Wasser⸗ stände Okt., Nov u. Dez. 1883. Tabackbau im Großh. Hessen 1882/83. Sterblichkeitsverhältn. Febr. 1884. Meteorol. Beob⸗ achtungen zu Schweinsberg Febr. 1884. Vergl. méteorol! Beobacht.

Febr. 1884.

Die landwirthschaftlichen Versuchs⸗Stationen. XXX. Band, Heft 4. Inhalt: Mittheilungen aus Der pflanzen⸗ physiologischen Versuchsstation Tharand: XXXV. Untersuchungen uber die Anzucht des Weinstockes aus Samen. Von Prof. Dr. Friedrich Nobbe, (Schluß.) Ueber Dr. H. Grouvens Methode der Stick⸗ stoffbestimmung. Von Prof. Dr. U Kreusler, Vorftand der Ver⸗ suchsstation der landwirthschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf, und Prof. Dr; H. Landolt, Vorstand des chemischen Laboratoriums der landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin. Ueber Ernãhrungt⸗ verhältnisse des Zuckerrohrs. Von Prof. W. Knop. Ueber das Zurückgehen des Superphotphates. Von Demselben. Bereitung einer konzentrirten Nährstofflösung für Pflanzen. Von Demselben. Untersuchungen über den flässigen Theil der Alkaloide aus Lu- Pinus latens. Von Dr. Georg Baumert, Privatdozent an der Universität Halle.

Die Sparkasse. Nr. 52. Inhalt: Außerordentliche Generalversammlung des Verbandes der Sparkassen in Westdeutsch⸗ land. Der Versuch einer Staats. Sparkasse, den Einlagezinsfuß herabzusetzen und dabei doch umfangreichen Rückforderungen zu ent— gehen. Die Verbreitung des Sparmarken. Systems auf Zechen und industriellen Werken. Verzeichniß der Sparkassen, welche die Ueber— tragbarkeit der Einlagen im Statut angenommen haben! Post⸗ sparkassen. Münz. und Bankwesen. Versicherungswesen. Verkehrswesen. Jutristisches. Literatur: Hertslets Coupon—⸗ Warner. Fragekasten. Annoncen.

Die „Sparkasse“ wird fortan nur noch den Verbands⸗Mitgliedern und Abonnenten oder auf besonderen Wunsch geliefert. Beitritts⸗ Erklärungen zum Verbande der Sparkassen in Westdeutschland nimmt der Geschäftsführer entgegen: Adresse Dr. jur. Heyden, Lindengut bei Essen.

* ö Inserate für den Deutschen Reiche⸗ und Königl. Preuß. Staats Anzeiger und das Central⸗Handels⸗

1. Steckbriefe und Untersnehungs-Sachen.

2 8 2 ; 2 ö 22 . * Deffentlicher Anzeiger. ö nehmen an: die Annoncen ⸗Expeditionen 3.

5. Industrielle Etablissements, Fabriken und

„Invalidendank !, Rudolf Mosse, Haasensteln

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger. M 36.

Erste Beilage

Berlin, Mittwoch, den 23. April

HSes 4.

KErenßischen taats-Anzeigers: Berlin 8W., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

*

egister nim mt an: die Königliche Erpedition des Jeutschen Rrichs-Anzeigers und Königlich

2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.

3. Terkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.

4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung

HJ u. 8. w. von öffentlichen Fapieren.

(19356 Steckbrief.

Gezen die unten beschriebene unverehelichte Bertha Armerding, welche flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen schweren Diebstahls in den Akten U. R. J. 263. S4 verhängt. Es wird ersucht, dieselbe zu verhaften und in das Uatersuchungs— gefängniß zu Alt⸗Moabit 11.12 abzuliefern.

Berlin, Alt⸗Moabit Nr. 11/12 (NW.), den 19. April 1884.

Der Untersuchungsrichter bei dem Königlichen Landgerichte J.

Johl. Beschreibung: Alter 25 Jahre, geb. 13.12. 58 zu Calbe a. S.. Größe 1675 m, Statur schlank, Daare hlond, Stirn gewöhnlich, Augenbrauen blond, Augen blau, Nase gewöhnlich, Mund gewöhnlich. Zähne vollständig, Kinn rund, Gesicht rund, Ge— sichtsfarbe blaß, gesund, Sprache deutsch. (19355 Steckbrief.

Gegen den unten beschriebenen Schlosser Ernst Hennig, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungs— haft wegen schweren Diebstahls in den Akten U. R. J. 268. 84. verhängt.

Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Untersuchungsgefängniß zu Alt-Moabit 11/12, ab— zuliefern. .

Berlin, Alt-Moabit Nr. 11/12 (NW.), den

19. April 1884. Der Untersuchungsrichter bei dem Königlichen Landgerichte J. Johl.

Beschreibung: Alter 32 Jahre, [geb. 17. 8. 51 zu Burg, Größe 1.68 m, Statur schmächtig, Haare blond, Stirn schmal, schräg, Bart brauner Schnurr— bart. Augenbrauen braun, Augen braun, Nase gerade, Mund gewöhnlich, Zähne vollständig, Kinn schmal, Gesicht hager. Gesichtsfarbe gesund, Sprache deutsch. Besondere Kennzeichen: linkseits Teisten⸗ bruch, auf der Brust E. IH. 1871, ein Herz, auf dem rechten Vorderarme ein Herz, Pfeil und BE. H. 1871 blau tätovirt.

(19357 Steckbriefs Erneuerung.

Der gegen den Commis Ernst Derz, geboren am 20. März 1853 zu Brandenburg a. Havel, wegen Unterschlagung von der Königlichen Staatsanwalt— schaft beim Landgericht J. hierselbst in den Akten L IC. 57. 82 unter dem 4. Februar 1882 erlassene Steckbrief wird hierdurch erneuert.

Berlin, den 19. April 1884.

Staatsanwaltschaft bei dem Königlichen Landgerichte J.

(I19353.. Steckbriefs⸗Erneuerung.

Der hinter den Tischlergesellen Bernhard Rado⸗ linski, aus Lauter hagen gebürtig, unter dem 17. Fe⸗ bruar 1882 erlassene Steckbrief wird hierdurch in Erinnerung gebracht.

Bartenstein, den 17. April 1884.

Königliches Amtsgericht. J.

Grosshandel. 6. Verschiedene Bekanntmachungen. T. Literarische Anzeigen. S. Theater- Anzeigen.

In der Börsen-

& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren

Annoncen Bureaux.

K

9. Familien- Nachrichten. beilage. K

Subhastationen, Aufgebote, Vor⸗ ladunnge u. dergl. 19220 Oeffentliche Zustellung.

In Sachen der Aline Auguste, verehel. Stein— brückner, geb. Meinhardt, früher in Veitsberg, jetzt in Liebschwitz wohnhaft, vertreten durch den Rechts⸗ anwalt Dr. Büttner in Gera, Klägerin, gegen ihren Ehemann, den Handarbeiter Johann Karl Stein brückner, zuletzt in Veitsberg wohnhaft, jetzt un— bekannten Aufenthalts, Beklagten, wegen Eheschei⸗ dung, ladet Klägerin den Beklagten auf Grund des rechtskräftigen bedingten Endurtheils des gemein— schaftlichen Londgerichts zu Gera vom 5. Februar 1884 behufs Ableistung des ihr durch dasselbe auf⸗— erlegten Eides und zur weiteren mündlichen Ver— handlung des Rechtsstreits vor die J. Civilkammer des gemeinschaftlichen Landgerichts zu Gera, Schloß⸗ straße 23, 1 Treppe, auf den 8. Juli 1884, Vormittags 10 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge⸗ richte zugelassenen Anwalt zu bestellen.

Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Ladung bekannt gemacht.

Gera, den 19. April i884.

Klopfer, Gerichtsschreiber des gemeinschaftlichen Landgerichts.

(19222) Oeffentliche Zustellung.

In der Prozeßsache der Allgemeinen Armenkasse der Stadt Herford, vertreten durch den Magistrat daselbst, Klägerin vertreten durch den Rechtsanwalt Lücken zu Herford, wider den Handarbeiter Friedrich Niemeyer, früher zu Bauerschaft Neustadt bei Her— ford, jetzt angeblich in Amerika, dessen Aufenthalt nicht bekannt ist, Beklagten, wegen Forderung von 216,50 MS nehst Judikatzinsen, hat die Klägerin den Antrag gestellt,

den Beklagten vorläufig vollstreckbar zur Zah— lung von 216 M 50 3 nebst Judikatzinsen zu verurtheilen.

Zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits ist Termin vor dem Königlichen Amtsgericht zu Herford bezielt auf

den 19. Juni, Vormittags 10 Uhr, 1884, wozu Beklagter hierdurch vorgeladen wird.

Herford, den 18. April 1884.

Baxmann, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts.

19209 Oeffentliche Zustellung.

Die Schlosserfrau Ottilie Schaberau, geborene Vogt, zu Kosten, vertreten durch den Rechtsanwalt Geissel zu Lissa, klagt gegen ihren Ehemann, den Schlosser Herrmann Schaberau, früher zu Kosten wohnhaft, jetzt unbekannten Aufenthalts, auf Ehe⸗ scheidung, wegen böslicher Verlaffung, mit dein Än— trage; das zwischen den Parteien bestehende Band der Ehe zu trennen, den Beklagten für den allein schuldigen Theil zu erklaͤren und demselben die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, und ladet den Be—

klagten zur mündlichen Verhandlung des Rechts⸗

streits vor die Eiste Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu Lissa, Provinz Posen. auf den 29. September 1884, Vormittags 9 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge⸗ richte zugelassenen Anwalt zu bestellen.

Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht—

Lissa, den 18. April 1884.

Karpinski, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichis.

19210 Oeffentliche Zustellung.

Der Grubenarbeiter Friedrich Wilhelm Dietze in Aupitz bei Hohenmoelsen, vertreten durch den Rechts⸗ anwalt Lüdicke in Naumburg a. S., klagt gegen seine, jetzt in unbekannter Abwesenbeit lebende Che— frau, Emilie, geb. Hennig, wegen Ehescheidung, mit dem Antrage, die zwischen ihnen bestehende Ehe zu trennen, die Beklagte für den allein schuldigen Theil zu erklären und zur Tragung sämmtlicher Kosten zu verurtheilen, und ladet die Beklagte zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die erste Civil⸗ kammer des Königlichen Landgerichts zu Naum—

burg a. S. auf den 39. Oktober 1884, Vormittags 95 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge— richte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Naumburg a. S., den 16. April 1884. Ratsch, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

wird

19298 Oeffentliche Zustellung.

Die verehelichte Schuhmacher Reniner, Auguste, geborene Kribgensky zu Stettin, vertreten durch den Rechtsanwalt Brunnemann, klagt gegen ihren Ehe⸗ mann, den Schuhmacher Julius Rentner, jetzt un— bekannten Aufenthalts, wegen Versagung des Unter— halts und höslicher Verlassung mit dem Antrage, die Ehe der Parteien zu trennen und den Beklagten für den allein schuldigen Theil zu erklären, und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die J. Civilkammer des Königlichen Landgerichts zu Stettin, Zimmer 23, auf

den 9. Juli 1884, Vormittags 97 Uyr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge— richte zugelassenen Anwalt zu bestellen.

Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.

Stettin, den 19. April 1884.

. Moldenhauer,

Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

isi] Oeffentliche Ladung.

Das K. Amtegericht Amorbach hat auf Klage des Kirchenpflegers Friedrich Gramm für den I. Kaplaneifond dahier gegen den Fischer Philipp Hennig von Amorbach, nun unbekannten? Äuf—

enthalts, gerichtet auf Verurtheilung des Beklagten zur Zahlung

von rückständigen Zinsen pro 1383 mit 11 A6 523

und bis 19. April 1884 mit. .

und zur Tragung der Kosten sowie auf Voll— streckbarkeitserklärung des Urtheils die öffentliche Zustellung bewilligt und Termin zur Verhandlung bestimmt auf

Dienstag, den 27. Mai l. J., Vorm. 9 Uhr,

wozu Philipp Hennig öffentlich geladen wird.

Amorbach. den 20. April 1884.

Der Kgl. Gerichtsschreiber: Haering.

(19221

Die Gräflich Ysenburg'sche Kammerkassen-Ver⸗ waliung zu Merhoölz klagt gegen den Friedrich Karl Herbert von Gondsroth, dermalen in Amerika aus Gr undschuldbrief vom 22. Oktober 1880 mit dem Antrage auf Verurtheilung des Letzteren zur Zahlung von 18 46 Hauptgeldabtrags nebst 5o/ Zinsen von 27 4 seit dem 24. Januar 1882 und 1,8 S Kosten und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtestreits vor das Königliche Amtsgericht zu Meerholz auf

den 18. Juni 1884, Vormittags 9 Uhr.

Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug aus der Klage bekannt gemacht. C. 39.84.

Meerholz, den 8. April 1884. . Der Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts:

Goele n.

19227

Uhr. Cöln, den 18. April 1884. Für gleichlautenden Auszug: Goetz,

Rechtsanwalt.. ‚. Vorstehender Auszug wird hiermit veröffentlicht. Cöln, den 21. April 1884.

Ver beeck, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz.) Druck: W. Elsner. Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

Deuntsches Reich.

Nachwei sung . der in der Zeit vom 1. Januar bis 15. April 1884 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Zoll— und Steuervergütung abgefertigten Zuckermengen. i)

Menge

w *

des abgefertigten Zuckers.

Kandiszucker und Zucker in weißen vollen harten Broden, (Nr. 470 des statistischen

Staaten, statistisc Waarenverzeichnisses)

bezw. Ver waltung s⸗ Bezirke.

in der Zeit vom vom 1. Jan. bis 1. bis 31. März 15. April

kg kg

in der Zeit

zusammen

k

und Mehlform von mindestens

1. Jan. bis 31. März

Aller übrige harte Zucker, sowie alle weißen trockenen

Zucker in Kryste ll. Krun Rohzucker von mindestens

S8 Ia 8 4 W (Nr. 42 des statistischen *** 63 . ang f g 1 1. Waarenverzeichnisses)

Waarenverzeichnisses) in in der Zeit der Zeit

vom vom

in der Zeit vom

. der Zeit P g. 1 zusammen

P zusammen [ 15. April

1. Jan. bis 1. bis. 31. März 15. April . kg k * kg

.

Preußen. Provinz Ostpreußen , ,,,, 45 12 Brandenburg... 9) 946 Pommern. J 1037965 390 850 Kd Sachsen einschließlich der Schwarzb. Unterherrschaft 6 219731 Schleswig⸗Holstein. 1508494 Hannover. ; 20 859 3 672 109

62 409 108 121 946

1438795

1469 334 262 419

7689 065 1760904

5 425 26 284 176 278 3 848 387

ö zol 10) 501 100 661 6 6 a sol ers is ẽls or z S5 81 66s 16 445 31 . ö. 2 1587 122 23 66)

S8 O

16163 619 63 699 66? 31 328 280 1220959 32619 239

3753 771 506 372 1 296143

14576 497 58 468 673

276 805 3 132493 176 660 3 503 454 214 809 2 331 234

73068 19200

Rheinland Nd 3Y T5; x3 ib isis T

1582042 20 206

14 666 134 204

2318 662

Sa. Preußen 14872 502 1œ787 624 29206 19569 163 763 911

2779 366

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Sachsen.. Württemberg Baden. Mecklenburg Braunschweig Anhalt J urge, . .

511 460 104

T oT V id iio ss Id ss p 822 478

7100 751 9 0744905 p 0 0 0

. 120 000

72 48 100 995 2950 885,

y 594 2 355 iz 100357

ö

/ ö

Ueberhaupt im deutschen Zollgebiet Y i6 5s5 55s 7 dss Ji Id Ji d] In demselb. Zeitraum d. Vorjahres

richtigungen bezw. Ergänzungen. Berlin, den 21. April 1884.

12 176 339 272 3457654 21452209315) 82719442) 675 938 28 47 8582, 112196 012211360575 2 123 556 387 i) Die Nachweisung bezieht sich auf diejenigen Zuckermengen, welche zum Export oder zu einer öffentlichen Niederlage abgefertigt und dadurch dem inländischen Markte entzogen worden sind, nicht also auf die wirklich zur Ausfuhr über die Zollgrenze gelangten Mengen. ) Die Abweichungen gegen die letztveröffentlichte resp. die vorjährige Nachweisung beruhen auf nachträglich eingegangenen Be—⸗

Kaiserliches Statistisches Amt.

Beck

Töss fs5õs is 7Js Jösũ i Ti dss iS Js. si iT N 7e

6 r.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 23. April. In der gestrigen (15.) Sitzung des Reichstages trat das Haus in die zweite Berathung des Gesetzentwurfs ein, betreffend die Ab— änderung des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfs— tkassen, vom 7. April 1876, auf Grund des Berichts der VII. Kommission.

Art. 1 und 2 wurden unverändert nach der Vorlage ohne irage nicht. D X so ihre Sache richtig gemacht haben,

Debatte angenommen. Die Kommission beantragte, folgenden Artikel 2a ein⸗ zuschieben: . Die Absätze 3 und 4 des §. 4 des genannten Gesetzes werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: „Abänderungen des Statuts unterliegen den gleichen Vor— schriften. Ueber die Zulassung einer Abänderung, durch welche der Sitz der Kasse verlegt werden soll, hat die Behörde des alten Sitzes zu enischeiden. . . Die Zulassung einer Kasse welche örtliche Verwaltungzstellen einrichtet, ist bei derjenigen Verwaltungsbehörde zu erwirken, in deren Bezirk die Hauptkasse ihren Sitz nimmt.“ Hierzu beantragten die Abgg. Dr. Hirsch und Gen.: Der Reichstag wolle beschließen: . Dem 5§. 4 des alten Gesetzes als Absatz 4a folgenden Zusatz . gehen, den Antrag der Kaße hat die höhere Verwaltungs-Be⸗ hörde bei der Zulassung zugleich zu bescheinigen, daß das Statut den Vorschriften des §. 75 des Gesetzes, betreffend die Kranken⸗ versicherung der Arbeiter, vom 15. Juni 1885, genügt. Für diese Bescheinigung gelten die Vorschriften des Absatzes 2. . Der Abg. Dr. Hirsch befürwortete seinen Antrag. Die Anwendung dieses Gesetzes werde auf. große Schwierigkeiten stoßen. Die einzelnen Hülfs- oder Gemeindekassen müßten bis zum 1. Dezember d. J. prüfen, ob ihre Statuten mit dem Krankenkassengesetz, speziell mit dem 5§. 6 übereinstimmten, dann aber, ob sie mit dem Hülfskassengesetz übereinstimmten. Durch diese doppelte Prüfung, die sich auf die verschieden⸗ artis sten Dinge zu erstrecken habe, trete eine Erschwerung in der Anwendung des Gesetzes ein, die durch seinen Antrag ge— hoben werden solle. Derselbe solle auch Tausenden von Mit⸗ gliedern der Hülfskassen das Gefühl der Unsicherheit dadurch nehmen, daß die höhere Verwaltungshehörde, in deren Bezirk die betreffende Kasse liege, die Statuten prüfe, und ev; be⸗ scheinige, daß dieselben dem §. 75 des Kranken kassenversiche⸗ rungs⸗Gesetzes genügten. Er bitte deshalb, auch wenn man in formeller Beziehung zweifelhaft sein könne, ob dieser An— trag hierher gehöre, oder vielmehr in das Krankenversicherungs—⸗ Gesetz, denselben dennoch anzunehmen, und so den Mitgliedern der Hülsskassen die erforderliche Beruhigung zu verschaffen.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Vundesrath, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Lohmann das Woitt:

Meine Herren! Ich muß Sie bitten, diesen Antrag abzulehnen. Durch denselben würde das Verhältniß der freien Hülfskassen zu den⸗ jenigen Kassen, die auf Frund des Krankenversicherungegesetzes errich⸗ tet werden, wesentlich värändert werden, denn an die Stelle der ma⸗ teriellen Erfordernisse, von denen es nach § 75 abhängt, ob die Mit; glieder freier Kassen von der Versicherungspflicht befreit sind, würde nach Annahme des Antrags lediglich ein formales Eiforderniß treten, nämlich die Erklärung der die Hülfskasse zulassenden Behörde, daß diese Kasse den Anforderungen genüge. Durch diese Erklärung würde

aber keine Garantie dafür gegeben werden, daß wirklich die Kasse diesen Anforderungen genüge, denn auch die Behörde kann sich irren.

Was will denn der Herr Antragsteller eigentlich? Er will an die Stelle der Aufmerksamkeit, welche die Begründer freier Kassen auf diesen Punkt zu richten haben, die Aufmerksamkeit der Behörden setzen. In dieser Beziehung läßt er sich eine Bevormundung der Kasse sehr gern gefallen, die er sonst unter allen Umständen aufs Bestimmteste zurückweist. Etwas anderes als eine Bevormundung derjenigen, welche die Kasse errichten, liegt überhaupt in diesem An⸗ trage nicht. Die Behörde soll für die Betheiligten prüfen, ob sie . das ist der ganze Inhalt des An— trages. . Meine Herren, ich muß hehaupten, daß von den vielen Zweifeln, von denen der Herr Antragsteller gesagt hat, daß sie über die Frage entstehen können, ob die Kasse den Anforderungen des F. 76 entspreche, bei gehöriger Aufmerksamkeit gar nicht die Rede sein kann. Welche Bestimmungen des Krankenversicherungagesetzes überhaupt in Anwen⸗ dung kommen, ist keineswegs zweifelhaft. Der, einzige zweifelhafte Punkt, welcher für eine Behörde entstehen kann, ist der, ob die Höhe der Unterstützung richtig bemessen ist, nämlich bemessen nach dem Maße derjenigen Sätze, die von der zuständigen Behörde als orts— üblicher Tagelohn desjenigen Ortes festgesetzt sind, wo die Kasse ihren Sitz hat. Das ist aber jede einzelne freie Hülfskasse im Stande, sofort jeder anderen Behörde aufs un— widerleglichste zu beweisen, indem sie einfach die betreffende Bekannt— machung derjenigen höheren Verwaltungsbehörde, welche diese Sätze festzustellen hat, vor ihren Statuten abdruckt und womöglich sich das noch beglaubigen läßt, wozu sie immerhin das Recht hat. .

Ich sehe also durchaus keinen Grund ein, diese in dieses Gesetz schlechterdings nicht hineingehörige Bestimmung hier. aufzunehmen und dadurch das ganze Verhältniß zu ändern.

Der Abg. Schrader entgegnete, daß doch noch verschiedene andere Punkte in Frage kämen. Die Hauptabsicht des An⸗ trags gehe dahin, am 1. Dezember 1884, wenn das Kranken⸗ kassengesetz in Kraft trete, schon eine Entscheidung darüber zu haben, welche Hülfskaͤssen den Bedingungen desselben ent⸗ sprächen. ö

Der Geheime Ober-Regierungs-Rath Lohmann erklärte, er könne das Bedürfniß, bis zum 1. Dezember schon eine Entscheidung über diese Frage zu haben, nicht als ein Motiv dafür anerkennen, daß in das Gesetz eine ganz allgemein ge— haltene und nicht blos als Uebergangsbestimmung aufgefaßte Vorschrift übernommen werde. .

Der Abg. Dr. Hirsch benauerte die ablehnende Haltung der Regierung. Wenn es wenigstens möglich wäre, die Kassen, gegen deren Zulassung Zweifel beständen, so lange als berech⸗ tigt anzuerkennen, bis eine definitive Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde erfolgt sei, dann könnte man auf eine solche Bestimmung verzichten. So könne es sehr leicht kommen, daß eine Gemeinde am 1. Dezember erkläre, die betreffende Hülsskasse entspreche dem Gesetze nicht. Sämmtliche Mitglieder müßten also dann in die Zwange kassen hinein. Diese. Be⸗ sürchtung bestehe allgemein in den Arbeiterkreisen. Uebrigens handle es sich nicht blos um die Höhe der Krankenunter⸗ stützung, sondern auch um verschiedene andere Dinge, nament⸗ lich um den Beginn der Krankenunterstützung, und um vie fortdauernde Unterstützung nach Ablauf der ersten dreizehn Wochen. Man müsse dabei auch bedenken, daß die Gemeinde⸗ behörden vielfach Konkurrenten dieser Hülfskassen seien.

Gesetze nicht entspreche, so sei die Beschwerde an die Auf⸗ sichtsinstanz zulässig. Entspreche die Kasse dann den Vor⸗ schriften des Gesetzes, so müsse die Geineinde sämmtliche eingezogenen Beträge zurückzahlen. Entspreche sie nicht dem Gesetze, so müßten die betreffenden Arbeiter in die Zwangs⸗ kassen eintreten.

Der Abg. Dr. Hirsch bemerkte, wenn also durch irgend welchen Irrthum der Generalversammlung nicht ganz bis aufs Titelchen die Bestimmungen des Gesetzes erfüllt seien, so müßten die Arbeiter in die Zwangskassen eintreten. Diese Konsegquenz wolle er eben vermeiden, indem er vorher schon eine Entscheidung darüber haben wolle, ob die Kassen dem §. 75 des Krankenkassengesetzes entsprächen.

Art 22 wurde in der Kommissionsfassung angenommen, ebenso der Zusatzantrag Hirsch.

Art. 3 5. 6 lautet nach der Vorlage:

Zum Beitritt der Mitalieder ist eine schriftliche Erklärung oder die Unterzeichnung des Statuts erforderlich. Handzeichen Schreibensunkundiger bedürfen der Beglaubigung durch ein Mit⸗ glied des Vorstandes oder einer örtlichen Verwaltungsstelle; ver⸗ gleiche §. 19a ff.

Hierzu beantragte der Abg. Lohren folgenden Zusatz:

„Wegen Ueberschreitung der Altersgrenze, über weiche hinaus nach Bestimmung des Statuts neue Mitglieder nicht aufgenommen werden, darf versicherungepflichtigen Perfonen, welche nachweisen, daß sie mindestens 20 Jahre der Kasse angehört haben, der Wieder⸗ eintritt nicht versagt werden.“

Der Abg. Lohren erklärte, um der ungerechten Vertheilung von Rechten und Pflichten entgegenzutreten, habe er seinen Antrag eingebracht, der nur ein Theil des von ihm in der Kommission eingebrachten, und dort nur mit einer Stimme Majorität abgelehnten Antrages bilde. Die Bedenken der Majorität der Kommission hätten darin Berücksichtigung ge⸗ funden, und so hoffe er, daß das Haus den Antrag annehmen werde. Den Hülfskassen blieben in diesem Falle auch noch immer genug Hülfsmittel übrig, um sich alte und kranke Ver⸗ sicherungsnehmer vom Halse zu schaffen. Er sei gewiß ganz fern von der Absicht, die Lebensfähigkeit der Kassen zu gefährden, wie in fortschrittlichen Blättern gesagt werde, und er protestire ausdrücklich gegen eine solche Insinua⸗ tion. Wenn das Haus allerdings derartige Bestimmungen, wie die vorliegenden, betreffs der Zulässigkeit der Annahme bestehen lasse, so würden die Hülfskassen keine 20 Jahre be⸗ stehen. Wenn er nun ferner in Betracht nehme, daß man den Arbeitern gegenüber diese Kassen gewissermaßen als einen Er⸗ satz für das Vaterhaus hingestellt habe, so finde er es doch schrecklich, daß ein Arbeiter, der vielleicht 20 Jahre lang der Kasse angehört habe, aber durch Verhältnisse genöthigt, seinen früheren Beruf auf kurze Zeit aufgebe, in einer Fabrik Be⸗ schäftigung finde, und damit in die Krankenversicherung trete, dadurch der früher erworbenen Rechte mit einem Male verlustig gehen solle. Ein derartiges Verfahren entspreche wahrlich nicht dem Begriff des „Vaterhauses“. Er bitte, seinen Antrag anzunehmen.

Der Abg. Lipke sprach sich gegen den Antrag Lohren aus. Es wäre ja sehr schön, wenn man den einer Kasse Beitreten⸗ den alles Gute geben könnte, die Leistungen der Kasse seien doch aber nicht ohne Beiträge möglich. Die übrigen Mitglieder der Kasse würden geschädigt, wenn Jemand, der früher einmal zwanzig Jahre einer Kasse angehört habe, als alter und schwacher Mensch wiederkomme und auf Grund seiner früheren Beiträge Unterstützung beanspruche, Unter solchen Umständen könne keine Hülfskasse und keine Versicherungsgesellschaft be⸗ stehen, und deshalb bitte er, den Antrag Lohren zu verwerfen.

Art. 3 wurde angeno nmen, der Antrag Lohren abgelehnt.

Art. 4 der Vorlage lautet:

Der vierte Absatz des §5. 7 des genannten Gesetzes wird durch folgende Bestimmung ersetzt: ;

Der völlige oder theilweise Ausschluß der Unterstützung ist nur in Fällen solcher Krankheiten zulässig, welche sich die Mitglieder vorsätzlich oder durch schuldhafte Betheiligung an Schlägereien oder Raufhändeln, durch Trunkfälligkeit oder geschlechtliche Ausschwei⸗ fungen zugezogen haben. Soweit die Unterstützung in Gewährung freier ärztlicher Behandlung oder Arznei besteht, kann sie auch in diesen Fällen nicht ausgeschlossen werden.

Die Abgg. Bebel, Kayser (Freiburg) und Gen. beantragten, diesen Art. 4 zu streichen. .

Der Abg. Kayser (Freiburg) bezeichnete die Bestimmungen des Artikels 4 als beleidigende für die Arbeiter. Zweck der Krankenkassen sei, Hülfe in jedem Krankheitsfalle zu bringen, ohne nach den Ursachen der Krankheit zu fragen. Darum widerstreite der Artikel dem Prinzip der freien Hülfskassen, mache nur den Eindruck der Gehässigkeit gegen den Arbeiter, und müsse gestrichen werden.

Artikel 4 wurde unverändert angenommen, der Antrag Bebel abgelehnt. 3

Artikel 4a. lautet nach dem Kommissionsbeschlusse:

Der Absatz 2 des §. 8 des genannten Gesetzes wird durch fol gende Bestimmung ersetzt:

Nach Maßgabe des Geschlechts, des Gesundheitszustandes, des Lebensalters, der Beschäftigung oder des Beschäftigungsortes der Mitglieder darf die Höhe der Beiträge verschieden bemessen werden.

Ein Antrag der Abgg. Bebe! und Gen., die Worte „oder des Beschäftigungsortes“ zu streichen, wurde abgelehnt. Die Artikel K4a—7 wurden unverändert nach den Kommissions⸗ beschlüssen angenommen.

Art. 8 handelt von den örtlichen Verwaltungsstellen; hinter §. 19 des Gesetzes vom 7. April 1876 werden folgende Bestimmungen eingeschoben: 8. 19a lautet nach dem Kom⸗ missionsbeschluß:

i Die 1 für bestimmte Bezirke örtliche Verwaltungs⸗

stellen errichten und denselben folgende Befugnisse ertheilen:

1) Beitrittserklärungen und Austrittserklärungen entgegen zu nehmen, sowie 2 Schreibensunkundiger in Gemäßheit des

3. 6 Absatz 1 zu beglaubigen; .

ö o 3b ga nt r zu erheben und die Unterstützungen aus⸗

uzahlen, . 3) Einrichtungen zur Wahrnehmung der Krankenkontrole zu treffen. .

Hierzu beantragte der Abg. Löwe (Berlin):

Der Geheime Ober⸗-Regierungt Rath Lohmann ent⸗—

gegnete, wenn eine Gemeinde erkläre, daß eine Kasse dem

Der Reichstag wolle beschließen: . Ziffer 2 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: