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— Der Blutsauger von Brandt Bar. Von Bret Harte. — Eine tbeatralische Raritätenausstellung. Von Josef Lewinsky. — Reine Luft. Von Dr. J. Moeller. — Rundjchau der Erfindungen. Von G. Richard. — Am Meer. Von E O. Hopp. Mit Vignette. — Ein Gottesurtbeil. Von Elisabeth Werner. (10. Fortsetzung. ) — Vom Stillen Ocean. Von Otto Köbler. Mit rier Abbildungen: Meeresbucht auf Hawali. Ein Paxuatempel. Nagasaki in Japan.
Der Fregottenrogel. — Sprechsaal. — Briefkasten. — Mauderecke: Schicksals Kinderstreiche. — Die Farbe des Wassers. — Parfumirte Tifitenkarten. — Die Duettvögel. — Es kommt nur guf die Auf; faffung an. — Der Exheu und feuchte Wände, — Die Bersäure. — Die schlimmste Strafe. — Rätbsel. — Auflösung des Räthsels in voriger Rr. — Kolzfchnitte: Die Mutter nickt Ven G. Süß. = Bella ge: Vier lobe Reiterinnen. Nach einer Momentphotographie. — Humoristisches: Aus der Schule. — Praküisch. — Hauswirtb—
schaftliche Neuheiten: Patentzeugrolle. Mit Abbildung.
Gewerbe und Handel.
Von der Gewerbehalle, Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie', unter Mitwirkung bewährter Fach⸗ männer redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart (Verlog von J. Engelhorn daselbst), ist soeben das 6. Heft 27. Jahrgangs 1884 ausgegeben worden. Das neueste Heft diefer treffliär en, periodisch erscheinenden Musterblätter-⸗Publikation bringt auf der ersten Tafel die Reproduktion einer Anzahl schöner glasirter Steinkrüge aus der Sammlung Frohne in Kopenhagen, als Probe aus dem über diese berühmte Sammlung bei Paul Bette hierselbst erscheinenden Werke. Dann folgen zwei Entwürfe von xeich verzierten Gifterthoren, Tas eine, in Recocostrl, entworfen von Kapser und von Großbeim, ausgeführt von Ed. Puls in Berlin, das andere, im Barockstyl, von dem letztgenannten Kunstschmiedemeister selbst erfunden und ausgeführt. Das auf den: nächsten Blatt abgebildete Buffet und Stuhl, von Otto Fritzsche in München, beweisen, daß der edle, ge⸗ diegene Renaissancestyl von der schon wieder seiner sotten, zum Rococo neigenden Mode noch nickt hat verdrängt werden können. Die an⸗ deren Tafeln reproduziren wieder schöne ältere Arbeiten, wie zwei prächtige Sammet und Seidenstoffe aus dem Barerischen Na⸗ sional' Mufeum in München, Zinnteller und Boden fließen aus demfelben Museum und zwei reich geschnitzte Armstühle in rlämischer Renaissance aus den Sammlungen des Leuvre in Paris.
— Dem Geschäftsbericht des Rheinisch⸗Westfälischen Lloyd zu M. Gladbach pro 1883 entnehmen wir folgende Daten; Der Bericht hebt hervor, daß die scon im Geschäftsbericht pro 1882 ausführlich geschilderten Verhältnisse, welche seit Jahren das ge— sammte Transport. Versicherungs gesckäft und namentlich das. See⸗ transport-Versicherungsgeschäft auf das Ungünstigste beeinflußt baben, auch pro 1883, wenn auch in vielleicht verminderter Schärfe, fort— bestanden und daß es des einmüthigen Zusammengehens und Zusam menhaltens aller Trans port-Versicherung?gesellschaften bedürfen wird, um nach dieser Richtung nickt nur im eigenen Interesse der Gesell⸗ schaften, fondern namentlich im wohlverstandenen Interesse des ver— sicherungẽ suchenden Publikums dauernd Wandel und Besserungzu schaffen. — Die Prämien-Einnabme erreichte in 1883 abzüglich Cour, tagen, Rabatte, Storni 2c. 3 879 089 M für ein Versicher unge kapital von 1431977519 6, gegen in 1882 4189536 (S6 Prämie und 1473614056 M0 ᷣÄ Versicherungskaxital. Der Prämien-Einnahme traten hinzu die Einnahmen aus dem Gewinnertrag des Jahres 1882, den Geldanlagen, Polizeigeldern und Aktien-Umschreibungs gebühren im Betrage von 40 108 S, so daß sich mit Einschluß der für das Jahr 1882 zurückgestellten Prämien. und Schadenreserve von 7oß 368 S eine Gefammteinnahme ven 4 625 565 M . ergab. — Die Ausgaben ketrugen: an Rückrersicherungsprämien abzüg— sich Courtagen. Rabatte und Ristorni 2312 363 6, an bezahlte Schäden abzüglich Proven und Antheil der Rückversicherer 1321605 6, an Agenturprovision, Tantièmen, Organisatione« und Verwaltungskosten abzüglich der von den Rückversicherern rückver— güteten Provision 263 360 „, an Abschreibung auf Mokilien und Immobilien 6853 S6., zusammen 3904183 S6 — Der Brutto ⸗Ueberschuß pro 1883 betrug 721 382 (S, von
welchem in Abzug kamen für die am 31. Dezember 1883 noch nicht
abgelausenen Risiken an Prämienreserre. sowie an Schadenxeserve nach Abzug der Rückversicherer 619 879 M, so daß ein Netto— Ueberschuß von 101 502 e verblieb. Hiervon gingen ab die statu— tarischen Einlagen in den Kapital-Reservefonds von 17912 (1, end— lich wurden gI60 S dem Extra⸗Reservefond überwiesen, so daß 74 430 A verblieben, was eine Tividende von 45 ½, pro Aktie oder 150,9 der auf die Aktien geleisteten statutarischen Einzahlung ergab. — Die Garantiemittel der Gesellschaft bestanden Ende 1883 aus: 1) Grundkapital 4 962 000 S, 2) a. Kapitalreserve 453 976 M, b. Extra⸗Reserve (Dividenden ˖ Ausgleichungsfond) 91 524 , zusammen 545 500 S, 3) Prämien- und Schadenreserve netto 619 879 A, in Summa 6127379 ½ — Die Geschäftsresultate für die ersten 4 Monate des Jahres 1884 können nach dem Bericht als durchaus günstige bezeichnet werden.
Landsberg a. W., 13. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Die Zufuhren betragen ca. 3000 Ctr. Die Preise stellen sich höher als voriges Jahr; Käufer sind zahlreich anwesend.
Landsberg a. W., 14. Juni. (W. T. B.) Wo ll markt. Die Zufuhren betragen 4000 Ctr. Es werden 150 bis 180 6, für Do—⸗ minialwolle 166 M bezahlt. Die Wäsche ist befriedigend. Käufer sind Forster und Neudammer Fabrikanten. Das Geschäft ist ziemlich leb— haft, und es läßt sich annehmen, daß der Markt geräumt wer- den wird.
Neubrandenburg, 13. Juni. (W. T. B.). Zum hiesigen Wollmarkt waren 5560 Ctr. angefahren; die Wäschen waren gut, der Markt aber verlief schleppend und mit einem gegen das vorige Jahr erheblichen Preisabschlag. Kunstwäschen erzielten 158170, Mittelwäschen 153 —158, abfallende Wäschen 146— 152 146 Der Markt war Nachmittags bis auf wenige Stämme geräumt.
London, 13. Juni. (W. T. B.) Die gestrige Wollauktion schloß fest, steigende Tendenz für australische Wolle, Kapwolle ohne Besserung.
New⸗Hwork, 13. Juni. (W. T. B.) Baum wollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 8000 B., Aus fuhr nach Großbritannien 21 000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 4000, Vorrath 428 000 B.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 13. Juni. W. T. B.) er Dampfer des Norddeutschen Lloyd „General Werder“ ist heute früh 8 Uhr in New⸗Nork eingetroffen.
Bremen, 14. Juni. (W. T. B.) Der Dampfer des Nord⸗ deutschen Lloyd „Ems! ist gestern Nachmittag 5 Uhr in New— Vork eingetroffen.
Sanitätswesen und Quarantänewesen. Laut Verfügung der spanischen Generaldirektion für das Gesund⸗ heitswesen 3c, vom 28. Mai d. J, sind in Folge des von dem spanischen
Konsul in Saigon (Cochinchina) erstatteten Berichts über das
dortige Auftreten der Cholera die in dem genannten Orte seit dem
25. April d. J. eingeschifften Provenienzen für verdächtig (sueia, unrein) erklärt worden.
Berlin, 14. Juni 1884.
Die von Lorenz Gedon, dem am 27. Dezember v. J. ver⸗ storbenen genialen Bildhauer und Architekten, als ein glänzendes Zeugniß seines reichen und vielseitigen Geschmackes hinterlassene Runstfammlung gelangt nunmehr vom 17. — 21. Juni in München im Atelier des Künstlers, Nymphenburgerstr. a, durch J. M. Heberle aus Cöln zur öffentlichen Versteigerung. Von Rudolf Seitz in den Räumen der einstigen Werkstatt Gedons aufgestellt und mit feinstem künstlerischen Geschick zu einem dekorativ wirkungsvollen, in
malerisch bewegte Gruppen gegliederten Ensemble vereinigt, bietet sie sich Kis dabin Sammlern und Kunstfreunden noch einmal als Ganzes zur Besichtigung dar, während für spaterhin Ter cben in einer gewöhnlichen und in einer Prachtausgabe erschienene, reich illustrirte Katalog eine dauernde Erinnerung an die in ihr vereinigten Schäße bilden wird. An Reichthum, Glanz und Geschmack der Ausstattung wird dieser Katalog von keinem der in Deuischland bisher erschienenen derartigen Verzeichnisse auch nur an= nähernd erreicht. Ein stattlicher Quartband, in der Prachtausgabe auf starkem Velinxapier gedruckt und mit 18 Lichtdrucktafeln ge. schmückt, zu denen noch eine ansehnliche Reihe weiterer, in den Text eingefügter, zum Theil ganzseitiger Illustratienen in der Meisen· bachschen zinkographischen Technik hinzukommen, bringt er Abbildungen von gegen 150 hervorragenden Stücken der Sammlung, die im Ganzen 1257 Nummern umfaßt, zum größeren Theil nach photographischen Aufnahmen der einzeln und in größeren Gruppen wiedergegebenen Origincle, zum Theil aber auch nach trefflichen Handzeichnungen, in denen Heinrich Tosffow und F. A. Kaulbach eine Auswahl ausgezeichneter Ar⸗ heiten in sorgfältiger Durchführung reproduziren. Als weiteren künst⸗· lerifchen Schmuck bietet der Bandein von Lossow gezeichnetes Titel⸗ blatt, das barocke, mit schmiedeeisernem Gitterwerk geschlossenes Part tor der Gedonschen Ateliers, über welches die entlaubten Stämme kahl und traurig aufragen, sowie einen von Rudolf Seitz komponirten. von Fruchtschnären umrabmten, in Roth und Schwarz gedruckten Titel- Umfchlag und das nach der Zeichnung von F. A. Kaulbach in Licht⸗ druck wiedergegebene lebensvolle Porträt Gedons, während Georg Hirth endlich sich die würdigste tvpographische Ausfstattung des reich mit Kopfleisten und Vignetten gezierten Bandes angelegen sein ließ. So giebt der Katalog in der vornebmen künstlerischen Erscheinung, die ihm das vereinte pietätvolle Bemühen der tücktigsten Kräfte verlieben hat, nicht blos ein instruk— tives Bild der Sammlung, sondern zugleich ein lebendiges Zeugniß der aufrichtigen Verehrung, deren Gedon als Künstler und Mensch sich im Kreise der Freunde und Genossen erfreute und die auch in dem einleitenden Vorwort, einer Schilderung der Sammlung in ihrer gegenwärtigen Aufstellung, zum Ausdruck gelangt. Mit Recht betont der Verfasser des letzteren, der als jeinsinniger Kenner be— kannte Domxräbendat Pr. Friedrich Schneider in Mainz, daß die Sammlung in vorzüglicher Weise das von jeder Engherzigkeit freie, groß angelegte Wesen des Mannes, den' von Liebe und Begeisterung getragenen Sinn des Künstlers widerspiegelt, bei dem Lernen und Sammeln, Schaffen und Erbalten Hand in Hand ging. Neben den eigenen Werken des früh verstorbenen Meisters ist auch diese Sammlung eine nicht we— niger charakteristische Aeußerung der seltenen Begabung, die wesentlich dazu beigetragen hat. dem modernen Münchener Kunstschaffen das ihm eigenthümliche Gepräge aufjudrücken, und die wiederholt, namentlich bei Gelegenheit der Pariser Weltausstellung des Jahres 1878 durch die Dekoration des deutschen Saales, die uneingeschränkte Bewunde⸗ rung auch des Auslanzes hervorrief. An Reichhaltigkeit ein (kleines Museum dekorativer Kunst darstellend, in der vielseitigen Fülle der mannigfachsten Erzeugnisse jeder Zeit und Technik einer jeden strengen Klassifizirung spottend, zeigt die Sammlung in allen ihren Theilen den offenen, unbefangenen Blick, der das Scköne in den wechselndsten Erscheinungsformen zu erfassen verstand und die lebendige Anregung erklärt, die das Kunsthandwerk im weitesten Sinne des Worts auf seinen sämmtlichen Gebieten Gedon mittelbar und unmittelbar zu rerdanken hat. Was in den einzelnen Gruppen vereinigt ist, besteht keineswegs etwa durchweg aus mustergültigen Maseumsstücken ersten Ranges; aber jedes einzelne Objekt bietet, richtig betrachtet, sein kuͤnstlerisches Intercsse, und neben einer stattlichen Reihe von Ar— beiten ersten Ranges, die ein Schmuck jeder großen öffentlichen Sammlung sein würden, findet sich Vieles, das für den Sammler gewöhnlichen Schlages völlig abseits liegt und in den gewohnten Rahmen der Kunstkabinete sich nirgends ein. fügt, nichtsdestoweniger aber als historisches Zeugniß die selbe Beachtung verdient, wie als anregendes Material weiterer schöpferischer Verwendung. Eine Besprechung der Sammlung im Einzelnen würde einer Durchmusterung des Gesammtgebiets künst— serischen und kunstgewerblichen Schaffens gleichen. Schon die erste Abtheilung der Arbeiten in gebranntem Thon, an die sich als zweite dann die Gläser und Glasmalereien anschließen, zeigt diese seltene Mannigfaltigkeit. Neben der antiken Vase finden sich romanische und gothische Architekturmodelle, gothische Dachziegel, deutsche und schweijer Ofenkacheln, spanische Fliesen, italienische und deutsche Majoliken, Kreussener, Raerener und Sieghurger Krüge, und dann wieder neben Augsburger Thonfiguren die Büste eines vene— tianischen Nobile und einige der polychromen italienischen Stuckreliefß der Renaissanee, neben einem Modell der Rococozeit ein anderes von der Hand von Begas. Noch reichhaltiger präsentiren sich die Arbeiten in Edelmetall, darunter goldene und silberne Schmuckgegenstände, Dosen, Gürtel, Agraffen und Medaillons, Prachtgeräthe kirchlicher und profaner Bestimmung, Erzeugnisse der Gothik sowohl wie des Rococo und unter denen der Renaissance Stücke ersten Ranges, wie das Prunk— gefäß in Gestalt einer Eule und das silberbeschlagene Pulverhorn, das an die Kunstweise Jamnitzers anklingt. Nicht minder ansehnlich sind Kupfer, Messing, Bronze, Zinn und Schmiedeeisen vertreten, in letzterem ganze Reihen kunstvoller Gitterwerke, Thürklopfer, Griffe, Sclösser und Beschläge, ornamentirte Thurmspitzen, verschieden⸗ artiges Handwerkszeug u. s. w. Architekturfragmente und Skulpturen in Stein leiten sodann zu einer stattlichen Sammlung von Bildschnitzereien über. Daran schließen sich skulptirte Architektur⸗ theile in Holz, alte, farbig bemalte Wappenschilde, ein großer gothi⸗ scher und eine Reihe kleinerer Altäre, eine Renaissancekanzel, alte Chorgestühle, Kunstschreine und Minnekästchen, eine Sammlung von Schränken, Truhen, Tischen, Stü len und Spiegeln, geschnitztes und bemaltes Täfelwerk und drei ganze Zimmervertäfelungen, unter denen das Holzwerk eines tonnengewölbten gotbischen Saales in erster Linie steht. Neben gepreßten und geritzten Lederarbeiten finden sich weiter— hin kostbare Bucheinbände, feltene Drucke und Manuskripte und in der langen Reihe der Textilarbeiten neben Teppichen und Gobelins, unter denen einige gothische Arbeiten hervorragen, in reicher Zahl die prächtigsten Bandeliere und. Wappenstickereien. In dem Reichthum an Kostümstücken verschiedenster Art, an Kriegs- und Jagd— geräth, an Waffen und Rüstzeug, an Fahnen und ähnlichen Requi⸗ siten eines Küänstlerateliers dürfte die Sammlung schließlich von kaum einer anderen in Privatbesitz befindlichen auch nur entfernt erreicht werden, und in dieser wie in jeder der vorigen Abtheilungen ist es neben der Fülle des Vorhandenen stets auch wieder die Seltenheit und Vorzüglichkeit der ausgezeichnetsten Stücke, die Beachtung fordert. In einer letzten Gruppe verzeichnet der Katalog dann noch eine Kollektion von 30 alten Gemälden, neben Altarflügeln und andern religiösen Darstellungen der älteren deutschen und niederländischen Malerei nebst einigen Stillleben zumeist kostümlich interessante Porträts. Auf einen glänzenden Künstlernamen ist keines dieser Bilder getauft; zu bester , . aber wird ihnen der Name ihres kunstsinnigen Samm— ers dienen.
Die Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen, welche das Bayerische Ge— werbemuseum in Nürnberg für das kommende Jahr 1885 vor bereitet, wird, Dank der allseitigen Förderung, welche derselben zu Theil ward und wird, ebenso interessant als umfangreich sich gestalten Die wesentlichste Förderung ward ihr durch Se. Majestät den König Ludwig II. von Bayern zu Theil, welcher Allergnädigst ge⸗ ruhte, das Protektorat der Ausstellurg zu übernehmen. Die Königlich bayerische Staatsregierung hat für die Aussteller Ehrenpreise in Form von goldenen und silbernen Medaillen bewilligt, welche in der Königlichen Münze in München argefertigt werden und sich durch hervorragend künstlerische Ausführung auszeichnen werden. Ferner stellte die bayerische Staatsregierung die Zollbefreiung für die aus dem Auslande eingehenden, und nicht verkauften dahin zurückgehenden Ausstellungsgegenstände, sowie die Gewährung einer Lotterie, deren Gewinne nur aus Ausstellungsgegenständen bestehen werden, in sichere
Aussicht und übernahm die Vertheilung der Lrogramme an die auß r* deutschen Regierungen auf diplomatischem Wege, die Stadt Nürn. berg bewilligte die Beschaffung ron Erinnerungsmedaillen für sämmtliche Aussteller, und Freunde des bayerischen Gewerbemuseums brachten einen Garantiefond in der Höhe von 1000090 6 auf.
Die außerdeutschen und deutschen Gesandtschaften und Konsulate widmen dem Unternebmen die wohlwollendste Theilnahme. Ihrer Thätigkeit ist u. A. zuzuschreiben, daß die Ein⸗ sendung von indischen Metallarbeiten, von Metall- und Schmuck gegenständen der Kabylen, von Metallarbeiten aus dem Besltze des Schahs von Persien sicher zu erhoffen ist. In Amerika, Spanien und Portugal begegnet die Ausstellung warmen Sympathien, die Betheiligung ron Japan darf als sicher angenommen werden. Bereits durch Anmeldungen vertreten sind Frankreick, Italien Belgien, Oesterreich⸗ Ungarn. Im Deutschen Reiche nehmen sich be⸗ sonders Gewerbemuseen und Kunstgewerbevereine der Ausstellung an; mit den alten Goldschmied⸗Städten Hanau, Pforz— keim, Stuttgart, Gmünd sind Verhandlungen Betreffs umfangreicher Betheiligung im Gange, aus Berlin, München, Dresden, Frankfurt, Hannover, Hanau, Stuttgart, Geislingen, Beaunschweig, Leipzig, Datrmstadt, Bremen, Hamburg, Idar, Nürnberg ꝛc. sind Anmeldungen eingegangen. Unter den angemeldeten Gegen— ständen sind auch mehrfach Rohprodukte und neuere Legi— rungen vertteten. Von hohem wissenschaftlichem und künst— lerifchem Interesse verspricht die historische Abtheilung zu wer—⸗ den, für deren Beschickung bereits eine Reihe von Zusagen einge⸗ gangen ist.
Die innere Ausstattung und Einrichtung des Ausstellung? gebäudes geht rasch vorwärts und wird in allen Theilen darauf berechnet, die Ausstellungsgegenstände in vortheilhaftester Weise zur Geltung zu bringen. — Die äußerst günstige Beleuchtung des Gebäudes theils durch Fenster, theils durch Oberlicht macht es möglich, sämmtliche Ausstellungsgegenstände in rorzüglicher Weise auf;ustellen und allen he, g . Wünschen der Aussteller und der Besucher gerecht zu werden.
Schöne blumenbepflanzte Höfe zwischen den einzelnen Sälen bieten eine malerische Abwechselung und ein parkä hnlicher Garten mit reichem Pflanzen- und Blumenschmuck, mit einem Teich und Fontänen wird für die Besucher einen angenehmen Erholungs— und Vergnügungsort bilden. Eln originell gebautes Resteaurant, dessen Pläne bereits fertig gestellt sind, wird in diesem Garten er— richtet.
Das letzte Gastsziel des Hrn. Götze als „Lohengrin“, gleichzeitig der Schluß der Saison, hatte gestern, trotz des herrlichen Sommer wetters, die Raume des Königlichen Opernhauses bis auf den letzten Platz gefüllt Der gefeierte Gast sang hinreißender als je zuvor und erfreute sich vom esten Erscheinen an durch Hervorxruf und Kränze der lebhaftesten Kundgebungen der Theilnahme, die sich von Scene zu Scene steigerte und am Schluß der Oper in einer glän⸗ zenden Ovation gipfelte. Das Publikum beruhigte sich nicht eher, als bis der Künstler auf die ron allen Seiten des Hauses ertönenden ununterbrochenen Rufe, Wiederkommen“ durch ein in tiefster Erregung gefungenes Lied die Zusage ertheilt hatte. Neben dem Gaste nahmen Frl. Beeth und Frl. von Ghilany an den Ehren des Abends Theil.
Das Deutsche Theater übt trotz der vorgeschrittenen Saison noch immer eine ziemlich bedeutende Anziehungskraft auf das Publi⸗ kum aus und sieht seine Räume jeden Abend von einer immerhin recht stattlichen Zuschauerzahl gefüllt Hierzu trägt wohl vor allen Dingen der häuflge Wechfel der Gastspiele bei, durch welchen die im Laufe des Winters gegebenen Stücke einen neuen Reiz erhalten, und die von den Gästen gespielten Rollen zu einem Vergleich mit der künstlerischen Thätigkeit der dem Theater bereits angehörenden Kräfte herausfordern. Kaum hat Hr. Pategg vom Stadttheater in Ham⸗ burg fein Gastspiel als Köniß Philipp in Don Carlos und Heczog Karl in den Karlsschüͤlern beendet, und ist als neue Kraft für das Deutsche Theater gewonnen worden, als sich gestern schon wieder Gelegenheit bot, eine neue schauspielerische Erscheinung kennen zu lernen. Es war dies Frl. Lidy Bernadelli, vom Hoftheater in Braunschweig, welche in dem Blumenthalschen „Probepfeil' die Rolle der Hortense von Wasnack gewählt hatte. Die Gastin verfügt ber cin kräftiges Organ, das allerdings etwas sehr dunkel ge— färbt ist und so der Dame einen ganz bestimmten Wirkungs— kreis anweist. In der gestrigen Rolle der nicht mehr ganz jungen Hor— tense kam es ihr jedenfalls gut zu statten und paßte, zu dem ganzen Fharakter der von ihr dargestellten Dame vortrefflich. Das Sxiel der Gastin kann man als ein zufriedenstellendes bezeichnen, das zwar nicht zur Bewunderung hinreißt, jedoch eine gute Schulung verräth und durch feine Berechnung und Beobachtung gefällt. An einigen Stellen hätte fich etwas mehr Leidenschaftlichkeit nicht übel gemacht, und der Darstellung zu einem frischeren, stärker wirkenden Eindruck verholfen. Das zugkräftige Stück verfehlte auch gestern seine Wirkung nickt und erhielt von Anfang bis zu Ende das Publikum in heiterer Stimmung. Die Besetzung der übrigen Rollen war dieselbe wie früher und fand durch die vollendete Ausführung den gewohnten Beifall.
Das Repertoire des Deutschen Theaters bringt in d nächsten Woche Wiederholungen von -Die Räuber“, „Der let Brief, „Der Hüttenbesitzer⸗, . Graf Esserỹ“ und . Minna von Bar helm“. In dem letzteren Stück, welches am Freitag, den W, ge—= geben wird, spielt Frl. Bernardelli als zweite Gastrolle die Minna. Morgen, Sonntag, kommt „Der letzte Brief zur Aufführung.
Krolls Theater. Fr. Schroeder⸗Hanfstaengl verabschiedet sich nunmehr am Dienstag von dem Berliner Publikum, welches der au? gezeichneten Sängerin, wie vor zwei Jahren so auch diesmal viele Gunstbeweise entgegengebracht hat. Die Abschieds ⸗Vorstellung bringt je einen Akt aus‘ „Rigoletto“ (I.), den „Hugenotten“ (II) und „Lucia von Lammermoor“ (III.), so daß Fr. Schroeder ⸗Hanf⸗ staengl noch einmal Gelegenheit finden wird, in den Hauptscenen ihrer Glanzpartien mit der ganzen Fülle ihrer Künstlerschaft zu wirken. — Am Mittwoch folgt (o= dann unmittelbar das erste Gastspiel der Wiener Hofopernsängerin Fr. Rofa Papier, und zwar mit der Vorführung von Glucks „Orpheus. Diefe vielgenannte Sängerin, deren Verbleib in dem vornehmen Per⸗ sonalbestande der Wiener Hofoper erst kürzlich von der dortigen Intendanz; nur unter großen Opfern bewirkt werden konnte, ist für Berlin eine neue Erscheinung, die den nächsten Opernaufführungen Dei Kroll ein erhöhtes Interesse verleihen dürfte. Fr. Rosa Papier wird u. a. auch als „Fides“ (Prophet, Margarethe (Jüdin), Orsina
Lucrezia Borgia) ꝛc. auftreten.
London? 127. Juni. (A. C.) Im Coventgarden. Theater wurde gestern von der daselbst gastirenden deut schen Sperngesellschaft Ricard Wagners „Lohengrin“ mit vor trefflicher Besetzung der Rollen gegeben. Madame Albani, die auch in Berlin wohlbekannte Primadonna der Royal Italian Opera, sang die Elsa und feierte in dieser Rolle außerordentliche Triumphe. Den Schwanenritter gab Hr. Stiitt, die Otrud Fr. Luger, den Telramund Hr. Reichmann, den König Hr. Wiegand, den Herold Hr. Scheidemantel. Das Haus war dicht ge fuüllt'und spendete den Leistungen der Hauptdarsteller nach den At schlüssen enthufiastischen Beifall. Das Drchester unter Hans Richter? tüchtiger Leitung leistete Mustergültiges. und auf stürmisches Ver⸗ langen des ganzen Hauses mußte die Ouvertüre wiederholt werden. — Am nächften Freitag werden Richard Wagners „‚Meistersinger wiederholt.
8. . t 1. 9
Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (School). Druck: W. Elsner Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗· Beilage).
Berlin:
. . .
. ö
Er st/te Beilage
zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-AUnzeiger.
Berlin, Sonnabend, den 14. Juni
188 4.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 14. Juni. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (31.) Sitzung des Reichs— tages begann das Haus die zweite Berathung der all— gemeinen Rechnung über den Reichshaushalt für das Etatsjahr 1879,80, auf Grund des Berichts der Rechnungs— Kommission. .
Der Abg. Rickert bemerkte, schon bei der ersten Lesung habe er darauf aufmerksam gemacht, daß die Ober-Rechnunge— kammer mehrere Ausgabeposten monirt habe, welche lediglich durch Kaiserliche Ordres unter Gegenzeichnung des preußischen KLriegs⸗-Ministers justifizirt seien. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen müsse er es erneut für nicht zulässig erklären, daß der Kriegs-Minister als Stellvertreter des Reichskanzlers Kaiserliche Ordres gegenzeichnet und dadurch die Verantwort— lichkeit übernommen habe. Das könne nach Art. 17 der Ver— fassung allein durch den Reichskanzler geschehen; auch im Stell— vertretungsgesetz sei nirgends davon die Rede, daß der preußische Kriegs⸗-Minister den Reichskanzler staatsrechtlich vertreten könne. Hier kenne man den preußischen Kriegs-Minister nach der Ver— fassung gar nicht. Die streitige Sache müsse also durch Gesetz geregelt werden, oder man habe die budgetmäßigen Konse— quenzen des Falles zu ziehen, indem der Reichstag die Dechar— girung so lange verweigere, bis die Vorlegung eines Gesetzes erfolge. Materiell sei er übrigens mit der erfolgten Nieder— schlagung der überhobenen Summen völlig einverstanden. Viel bedenklicher noch liege die Angelegenheit in Betreff des von Seiten der Postverwaltung abgeschlossenen Vertrages wegen Herstellung' eines Kabels zwischen Norwegen und Deutschland. In diesem Falle sei die Bundesregierung zur Nachsuchung ber Indemnität geradezu verpflichtet. Die Reichs— Telegraphenverwaltung habe mit Dr. Lasard einen Vertrag abgeschlossen, wonach derselbe zwischen Norwegen und Deutsch⸗ land eine telegraphische Verbindung mit einem Kapital von 1 750 9900 66 herzustellen habe. Dagegen habe sich die Reichsverwaltung verpflichtet, jährlich eine feste Entschädigung von 140 000 S6 für deren Benutzung zu zahlen, ganz ohne Rücksicht auf die Zahl der beförderten Depeschen, und außerdem solle Dr. Lasard noch einen Antheil an den Telegraphengebühren erhalten. Dr. Lasard habe nach dem Vertrage das Recht, für die Herstellung des Kabels eine Aktiengesellschaft zu bilden; diese sei gebildet und kraft des Vertrages in die Rechte des Dr. Lasard eingetreten. Auch ihr gegenüber sei also die Reichsverwaltung verpflichtet. Die Dber⸗Rechnungskammer habe erklärt, daß der Abschluß der— artiger Verträge ohne Genehmigung des Reichstages unzu— lässig sei. Auf diesem Standpunkt stehe er mit der Kommis⸗ sion, während die Bundesregierungen sich einfach für berechtigt hielten, auf Grund des betreffenden Etatstitels die Entschädi⸗ gung zu gewähren. Das Reichs-Justizamt habe sogar sein Votum dahin abgegeben, die Genehmigung des Reichs— tages sei nicht erforderlich, weil der Abschluß von Ver— trägen mit Privaten regelmäßig in den ausschließ— lichen Bereich der Verwaltung falle. Nach dieser Auffassung sei die Verwaltung offenbar zu jedem Vertragsabschluß berechtigt, gleichviel, welche Rechte oder Pflichten daraus hervorgehen möchten. Solcher Standpunkt lasse sich aber mit Art. 73 der Verfassung nicht in Einklang bringen, wonach in Fällen außerordentlichen Bedürfnisses im Wege der Gesetzgebung die Aufnahme einer Anleihe oder die Uebernahme einer Garantie erfolgen könne. Die Postverwal— tung schütze sich ihrerseits mit dem Etatstitel, der ihr die ver⸗ fassungsmäßig festgestellten Mittel gewähre. Auch das sei eine ganz unrichtige Auffassung der Befugnisse der einzelnen Verwaltungen. Der Etatstitel gewähre der Verwaltung die Ermächtigung, die Titelsumme für ein Jahr auszugeben; die Definition, daß man sich und den Reichstag auf Grund der jährlichen Etatsbewilligung auf mehrere Jahre hinaus binden könne, sei ihm ganz neu. Die Kommission schlage nun vor, zwar auch die Unzulässigkeit des Vertragsabschlusses zu erklären, im Uebrigen aber die betreffenden Zahlungen nachträglich zu genehmigen. Der erste Theil dieses Beschlusses würde in— deß ein einseitiger Monolog des Reichstages sein und ohne Wirkung auf die Regierungen bleiben. Ferner solle der Reichs⸗ tag eine Genehmigung nachträglich aussprechen, die gar nicht von demselben gefordert werde. Die Vorschläge der Rech— nungskommission genügten also nicht: er beantrage, der Reichs— tag wolle den Reichskanzler auffordern, den Vertrag zur Ge— nehmigung vorzulegen, und bis dahin die Ertheilung der Decharge auszusetzen. Damit werde keinerlei Verzögerung ver⸗ ursacht: es sei zudem der einzig korrekte Weg, die Sache aus der Welt zu schaffen. Nicht ganz unwahrscheinlich sei, daß die Postverwaltung noch anderweitige Verträge ähnlichen In— halts abgeschlossen habe. Er bitte, seinem Antrage zuzu⸗ stimmen, der Niemand präjudizire und endererseits zur Wahrung der Rechte des Reichstages unerläßlich sei.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort:
Meine Herren! Ich habe den Anfang der Rede des Hrn. Abg. Rickert nicht gehört und kann also aus eigener Wahrnehmung nicht fagen, ob er uberhaupt das Recht der Krone, Niederschlagungsordres zu ertheilen, angezweifelt hat, oder ob er lediglich die Frage, wer derartige Ordres zu kontrasigniren hätte im preußischen Militär⸗ kontingent, hier aufgeworfen bat. Daß er letzteres gethan bat, habe ich ja gehört, und in ersterer Beziehung ist mir gesagt worden, der Herr Abgeordnete hätte in den Worten, die er vor meiner Anwesen— heit gesprochen, das Recht der Krone, Niederschlagungsordres zu er lassen. nicht bezweifelt. . . ;
Was nun die Frage der Kontrasignatur anbetrifft, so meint der Herr Abgeordnete: wir — der Reichstag also — kennen den preu⸗ sifchen Herrn Kriegs- Minister nicht. Ja, meine Herren, das könnte ja an und für sich recht bedauerlich sein, es ändert aber absolut nichts in meiner Stellung, in meinen Rechten und in meinen, Pflich⸗ ten, und in dieser Beziehung habe ich zu bemerken, daß die preu⸗ ßische Militärverwaltung eine gesonderte Kontingentsverwaltung ist und daß sie nicht eine unmittelbare Reichsverwaltung ist. In Vilitärängtlegenhäiten bat das Reich die Gesetzgebung und die. Auf. sicht; es sind aber gefonderte Verwaltungen, die sich unterscheiden von den eigentlichen Reicksverwaltungen. Aus diesen Gründen führt der preußische Kriegs-⸗Minister nach den Anweisungen Sr. Majestät
des Königs von Preußen die Verwaltung des preußischen Militär— kontingents selbstaͤndig, und es würde eine Kompetenz des Reiches, der Reichsbebörden, also auch des Herrn Reichskanzlers immer erst eintreten in dem Falle, wo etwa ein Verstoß gegen Gesetze oder gegen die Etats stattfindet, wo also Seitens des Herrn Reichskanzlers Ver⸗ anlassung wäre, im Wege der Aufsicht einzuschreiten. Diese Fälle liegen hier allgemein nicht vor, und aus diesen Gründen sind diese Ordres, welche nicht Kaiserliche Ordres, sondern Königlich preußische Ordres sind, von dem preußischen Kriegs ⸗Minister bisber gegen gezeichnet worden.
Der Abg. Rickert erklärte, er müsse sich dagegen verwah— ren, wenn der Minister ihm unterschieben wolle, als ob er die Rechte der Krone ohne Weiteres habe angreifen wollen. Die Frage an sich sei bekanntlich kontrovers. Er habe nur gesagt, daß der preußische Kriegs -Minister für das Etatsrecht des Reichstages gar nicht existire. Es sei richtig, was der Kriegs— Minister sage, daß das Reich gesonderte Militärorganisationen habe, aber das Reich habe doch noch eine andere Aufgabe, nämlich für die Armee das Geld zu bewilligen, und die Frage der Verantwortlichkeit sei dafür im Art. 17 der Verfassung völlig geregelt. Wenn sich herausstelle, daß die Kriegsverwaltung gegen den Etat Ausgaben mache, so halte der Reichstag sich an die eine im Art. 17 bezeichnete Person, das sei der Reichskanzler. Er hätte niemals dieser Frage eine solche Bedeutung gegeben, wenn nicht immer der Reichskanzler es sich verbeten hätte, den Kriegs-Minister als verantwortlich zu bezeichnen. Der Reichskanzler wolle selber die allein verantwortliche Person sein, und derselbe sei im Recht. Der Artikel 17 der Verfassung besage: Jede Verord— nung des Kaisers verlange zu ihrer Gültigkeit die Gegenzeich— nung des Reichskanzlers. Zu iner weiteren Entwickelung der Verantwortlichkeit durch besondere Reichs-Ministerien sei man noch nicht gekommen, und das Reichsgesetz über die Stellver— tretung des Reichskanzlers habe die Verantwortlichkeit des— selben in Budgetfragen seinem Stellvertreter nicht übertragen. Derartige Gegenzeichnungen hätten deshalb dem Reichstage gegenüber gar keine Bedeutung.
Demnächst nahm der Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort:
Meine Herren! Ich habe die Frage, ob der Herr Abgeordnete auch das Recht der Krone, derartige Niederschlagungsordres zu erlassen, bestreitet, hier blos berührt, weil ich am Anfang der Rede nicht zu— gegen war, weil aber vermuthungsweise angenommen werden konnte, daß der Herr Abgeordnete auch diese Frage berühren würde, wie er es in der Sitzung vom 12. März 1884 getban hat, wo er gesagt hat, daß er Bedenken hätte über die Rechtmäßigkeit. Wenn er also jetzt von Neuem hervorgehoben, er wäre sehr im Zweifel darüber, und auch ein großer Theil des Reichs tages sei der Meinung, daß Se. Majestät der König von Preußen nicht das Recht hätte, innerhalb des preußischen Militär kontingentes derartige Gnadenordres zu erlassen, so habe ich dem gegenüber zu erklären, daß ich auf das Bestimmteste für Se. Majestät den König von Preußen das Recht in Anspruch nehme, derartige Gnadenordres zu erlassen. Das Re er Gnade ist überhaupt ein unbeschränktes, und wenn Se. Majestät das Recht hat, den größten Verbrecher, der zum Tode verurtbeilt ist, zu begnadigen, so wird Se. Majestät der König auch das Recht haben, einen Offizier zu begna— digen, dem, weil er irgend eine Kompetenz überhoben hat, nach dem Reglement die Rückzahlung obliegt. Diese Ordres sind als Gnaden ordres zu betrachten.
Wenn nun der Herr Abgeordnete meint, es läge in meiner Ab— sicht, irgendwie die direkten Beziehungen des Reichstages zum Herrn Reichskanzler zu verkümmern, so liegt mir das vollständig ferne. Was der Herr Abgeordnete damit bezweckt hat, mir einen Artikel aus der Verfassung vorzulesen, das weiß ich nicht, denn mir ist dieser Artikel sehr wohl bekannt. Ich bestreite aber, daß es sich bier über baupt um einen Kaiserlichen Erlaß handelt, sondern es ist ein König— licher Erlaß, eine Königlich vreußische Kabinets⸗Ordre, und diese zeichnet der preußische Kriegs ⸗Minister gegen.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, die angeregte Frage heute zum Austrag zu bringen, liege gar kein praktischer An— laß vor. Er verkenne die große Bedeutung derselben leines— wegs, hätte aber doch gewünscht, daß man es vermieden hätte, darauf einzugehen, weil man ohne Vornahme einer gesetzlichen Regelung sich in unfruchtbare theoretische Erörterungen verlie— ren und in unnütze Hitze gerathen würde. Bezüglich der offiziellen Kompetenz des Reiches gegenüber den einzelnen Armeen seien ja die Meinungen bei der Reichsregierung und hier im Hause sehr getheilt. Das Eine aber stehe fest, daß es sich hier gar nicht um Gnadenakte, sondern einfach um Geldfragen handele, bei welchen unter allen Umständen die Reichsvertretung mit— zuwirken habe. Diese Verhältnisse des Reiches zu den Einzel— staaten könnten sich nur allmählich, geschichtlich entwickeln. Die Lösung der Frage sei um so schwieriger, als es sich ge— rade um das preußische Militärkontingent handele. Den kleineren Armeen gegenüber möchte sie vielleicht nicht ganz so schwierig sein. Da keine Anträge vorlägen, habe der Rieichs— tag auch keinen Anlaß, die Sache jetzt zur Entscheidung zu bringen.
Der Abg. Richter (Hagen) erinnerte daran, daß der Abg. Windthorst bei früheren Anlässen dafür eingetreten sei, der—⸗ artige Angelegenheiten von Fall zu Fall zu erörzern. Die offiziösen Zeitungen schrien ja so viel über angebliche Ein— griffe des Parlaments in die Rechte der Verwaltung, nun liege hier aber doch ein ganz eklatanter Fall des Eingriffs der Verwaltung in die Rechte der Volksvertretung vor. Selbst der oberste Rechnungshof mache den Reichstag darauf auf— merksam, daß es sich hier um Wahrung der Rechte der Volks⸗ vertretung handle, und die Abgeordneten verdienten wahrlich nicht hier zu sitzen, wenn sie von Rechten, die dem Reichstage zweifellos zuständen, nicht Gebrauch machen würden. Wenn der Abg. Windthorst Anträge vermisse, so stelle er direkt den Antrag auf Ablehnung der Decharge. Der Kriegs⸗-Minister sei wieder einmal an einer Stelle tapfer gewesen, wo gar kein Angriff erfolgt sei; die Herren seien ja stets der Meinung, die Krone würde angegriffen. Hier lomme es aber blos auf die dem Reichstage verantwortliche Person an. Durch die Praxis sei längst festgestellt, daß derartige justifi— zirende Ordres dem Reichstage gegenüber gar keine ö hätten. Es seien das Traditionen aus einer Zeit, wo es noch keine Gelobewilligung gegeben habe. Eine solche Ordre sei nichts weiter, als ein interner Akt zwischen Krone und Mi⸗ nister. Wer aber sei dem Reichstage für die Etat-Ueberschrei⸗ tung verantwortlich?! Das Begnadigungsrecht der Krone
Preußens, welches ang eführt sei, gehe auch nicht weiter, als wie die preußische Verfa ssung es vorsehe. Nehme der Reichs⸗ tag sein Recht in diefem Falle nicht wahr, dann sei man selbst auf die Gnade der Krone gestellt. Man müsse sich also an den Reichskanzler halten, der selbst gesagt habe: „Laßt euch nicht mit dem preußischen Kriegs-Minifter ein“ — es sei dem Hause das ja in Form einer kleinen Botschaft mitgetheilt worden — an ihn, den Reichskanzler, habe sich der Reichstag zu wenden, an ihn seine Resolutionen zu richten. Der Reichstag habe das sofort gethan, aber in die Praxis der Militärverwaltung schienen diese Anschauungen noch nicht eingedrungen zu sein. Er kämpfe also hier mit dem Reichskanzler gegen den Kriegs⸗ Minister. Auch die Selbständigteit der Kontingentsverwal— tung stehe hier ganz außer Frage. Es handele sich nur um die Etatsüberschreitung. fiche n habe der Kriegs-⸗Minister selbst zugegeben, daß die Kompetenz des Reiches dann in Frage komme, wenn es sich um Verstöße gegen Gesetze oder den Etat handele. Nun, hier handele es sich ja um einen Verstoß gegen den Etat, und diesen könne nur der Reichs— kanzler selbst dem Reichstage gegenüber vertreten. Justifizi— rende Ordres, bei denen der Reichskanzler übergangen sei, könnten den Reichstag nicht im Geringsten dekümmern. Ein ebensolcher Eingriff in die Verwaltung und die Rechte des Reichstages sei der von dem General-Postmeißer abgeschlossene Kabelvertrag; derselbe gewähre an Private eine mehrjährige Garantie. Mit demselben Rechte könnte ja auch der Post— dampfschiffahrtsvertrag durch den General-Posimeister selbstän— dig abgeschlossen werden, der heute auch auf der Tagesordnung stehe. Aehnlich sei auch in Bezug auf die Verbindung mit Mexiko von dem General-Postmeister auf drei Jahre einer Gesellschaft eine jährliche Subvention von 15 000 66 ohne Genehmigung des Reichstags garantirt worden, was der Reichs-Rechnungs— hof ebenfalls monirt habe und woran derselbe die Bemerkung knüpfe, daß die Verwaltung überflüssigerweise solche Verträge schlösse, — derselbe habe das Neueste, Großartigste auf diesem Gebiete noch nicht gekannt. Man müsse, wenn die Dinge so lägen, dem General-Postmeister auf die Verwaltung sehen. Der Vertrag müsse dem Reichstage zur Genehmigung vor— gelegt werden; ja, es müßte sogar Indemnität nachgefucht werden, wenn man die Rechte des Parlaments so verletze, während dem Reichstage immerfort bei der harmlosesten Ge— legenheit der Vorwurf des Eingreifens in die Kronrechte ge— macht werde. Das einzige Recht, was derselbe noch habe, das Geldbewilligungsrecht, dürfe dem Reichstage nicht in dieser Weise beeinträchtigt werden.
Hierauf ergriff wiederum der Staats-Minister Bronfart von Schellendorff das Wort:
Meine Herren! Ich glaube, daß bei den Deduktionen des Hrn. Abg. Richter, die wir eben gehört baben, einige Mißverständnisse untergelaufen sind.
Zunächst hat er von justifizirenden Ordres gesprochen. Es sind jedoch keine justifizirenden Ordres, sondern, wie ich schon einmal bervorgehoben habe. Gnadenordres. Der Unterschied zwischen justi⸗ fizirenden und Gnadenordres ist in den Verhandlungen, die gerade im Jahre 1872 im preußischen Abgeordnetenhazse, als es sich um das neue Ober -Rechnungskammergesetz handelte, und später im Reichs⸗ tage, als es sich um das Gesetz über die Einnahmen und Ausgaben handelte, auseinandergehalten worden. Der Hr. Finanz⸗Minister Camphausen hat seinerzeit erklärt, daß juftifizirende Ordres über haupt gar nicht mehr vorkämen, seit Preußen eine Verfassung hat, und ebensowenig sind dieses hier justifizirende Ordres, sondern Gnaden ordees.
Dann hat der Herr Abgeordnete gegen mich und gezen meine Deduktionen ins Gefecht führen zu dürfen geglaubt ein Schreiben des Herrn Reichskanzlers, welches hier an den Herrn Präsidenten des Reichstages gerichtet war gelegentlich eines Antrags auf gesetzliche Abänderung, den der Hr. Abg. Richter bei der Gewerbeordnung ge⸗ stellt hatte. Nun, meine Herren, ich hahe ja vorhin erklärt. daß die Frage der Gefetzgebung oder Aufsicht in das Gebiet des Reiches fiele, daß aber die preußische Militärverwallung eine selbstän⸗ dige wäre und ven den Organ des Reiches nur berührt werden könne, wenn in der Verwaltung gegen Gesetz oder gegen den Etat verstoßen wird. Daß das bisher in diesen Punkten, die bei der Rechnungslegung hier in Frage stehen, geschchen ist, das ist doch nicht nachgewiesen, und ich wärde mir erlauben, im Einzelnen nach— zuweisen, daß weder gegen Gesetz noch gegen den Etat versteßen ist.
und wo vielleicht in einem einzelnen Falle — ich habe die Fälle nicht alle im Gedächtniß — eine Etatsiberschreitung statigefunden
hat, da ist auch die nachträgliche Ernehmigung nachgesucht worden.
Dann Fegt der Herr Abgeordnete, er kämpfe mit dem Reichs⸗ kanzler gegen mich. Das glaubt der Herr Aogeordnete doch wohl selbst nicht, sondern er it gewiß der Meinung, daß ich in diesen Fragen, die hier zur Eräcterung stehen, mit dem Herrn Reichskanzler gegen ihn kämpfe und daß der Herr Reichskanzler mich bei diesen Fragen ihn gegenüber sicher nicht im Stiche assen wird.
Er Fagte dann, ich hätte selbst in meinen Worten ausgesprochen, die Kompetenz des Reiches begönne and trär der preußischen selbst⸗ ständigen Militärverwaltung gegenüber ein, wenn Verstöße gegen den
Gtat stattgefunden hätten. Ich erwarte den Nachweis Seitens des Herrn Abgeordneten, daß Verstöße gegen den Etat stattgefunder
haben.
Der Abg. Dr. Windthorst bemerkte, auch er sei nicht ge— sonnen, auch nur ein Titelchen von den Rechten des Reichs⸗ tages aufzugeben. Indessen sei die Stellung der preußischen Verwaltung zum Reich theoretisch nicht ganz leicht zu bestim⸗ men. Er glaube allerdings nicht, daß der Standpunkt des Kriegs-Ministers haltbar sei; daß es sich um eine Gnadenordre handele. Im Gegentheil handele as sich um reine Geldfragen, und die müßten geregelt werden nach Maßgabe des Verfassungs—⸗ und Finanzrechts, und es werde nothwendig sein, daß von der Reichs Kriegsverwaltung andere Entscheidungen getroffen würden. Aber er wiederhole: für einen so jungen Reichstag, wie derselbe es jetzt noch sei, wäre es sehr gewagt, in einer so hoch= ernsten Frage unvorbereitet ein apodiktisches Urtheil zu fällen. Um dies zu vermeiden, beantrage er, den Antrag der Kom— mission auf Dechargirung mit Rückhsicht auf die von den Abgg. Rickert und Richter erhobenen Bedenken hinsichtlich der Justi⸗ fikation der Militärausgaben durch Kabinetsordre zur noch⸗ maligen Erwägung und Berichterstattung an die Kommission zurückzuverweisen. U
Der Bundeskommissar, Geheime Ober-Regierung-Rath Dr. Meyer entgegnete, der Abschluß von Verträgen der Reichs Postverroaltung mit Privaten liege regelmäßig, X h. in der Regel, abgesehen von Ausnahmen, im Bereiche der Verwal= tung. Aber die Verwaltung dürfe auf Grund eines von ihr