— —— — — 2.
zuwachs des Versicherungsbestandes auf 451 Polizen über 1 3689068. Kapital und 574 4 Rente, ult Dezember 1883 verblieb ein Bestand von 7815 Polizen über 32 604715 M Kapital und 52 548. jãbrliche Rente. Die 52 Todesfälle, von welchen die Gesellschaft 1883 be⸗ troffen wurde, kosteten ihr für eigene Rechnung 226 613 4 Außer⸗ dem ergab eine Autsteuerversicherung einen Verlust von 1083. Auf aus dem Vorjahre stammende Schadenfälle waren noch 1323 66 zu jablen. Im Rentenversicherungsgeschäft ergab sich ein Verlust von 6öß8 M Der Jahres überschuß der Lebens versicherungs ˖ Abtheilung betrug 1216593 t, woron S0 729 6 dem besonderen Gewinn Refervefonds überwiesen sind für Diridendenansprüche der mit Be⸗ zbeiligung am Geschäfts gewinne Verficherten, während der Rest von 40 364 S den Gewinn der Gesellschaft bildet. Stettin, 16 Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Zufuhren 560900 Ctr. Geschäft anbaltend flau, Kaͤufer zurückbaltend. Leipzig, 16. Juni. (W. T. B),. Wolllmar kt. Die Zu— fuhren betrusen 1325 Ctr. Der Markt ist geräumt. Die Wãsche ist durchschnijtlich befriedigend. Die Preise stellten sich auf 140 - 170 46 pro Centner. ; Weimar 16. Juni. (W. T. B). Wollmarkt. Die Zufuhr beträgt 2021 Ctr. Wolle, etwa 400 Ctr. mehr als im Voriahre. Das Geschäft war anfaͤnglich schleppend, wurde aber gegen Mittag lebhafter; am Iachmittag war die Hälfte verkauft. Die Preise be= wegen sich zwischen 138 und 148 1M pro Centner, einige Abschlüsse fanden zu 150 bis 156, in einzelnen Fällen bis 170 M statt. Der Preisabschlag gegen das Vorjahr betragt 12 bis 135 4 . Bern, 185. Juni. (W. T. B). Der Bundesrath hat die Rechnung der Goötthardbahn auf das Jahr 1883 nach dem Vor⸗ schlage des Verwaltungs raths genehmigt. Hierdurch wird die Ver⸗ theilung einer Dividende von 289i0 ermöglicht. , Glasgow, 16. Juni. (W. T. B.). Die Verschiffungen von Roheifen betrugen in der vorigen Woche 11 100 gegen 13 200 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. Bradford, 16. Juni. (W. T. B) Wolle belebt, zu rollen Preisen gehandelt, Botany williger, Mohair theurer, Stoffe ruhig.
Verkehrs⸗Auftalten.
New - Jork, 16. Juni. (W. T. B.) . Der Dampfer „Enaland“ von der National ⸗Dampfschiffs ˖ Sompagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Berlin, 17. Juni 1884.
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der heute angefangenen Ziehung der 3. Klasse 70. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen:
1 Gewinn von 45 000 6 auf Nr. 11 213.
1 Gewinn von 15 000 S6 auf Nr. 12737.
16Gewinn von 6000 MS auf Nr. 44 941.
3 Gewinne von 30006 auf Nr. 39 412. 44 629. 75 892.
1 Gewinn von 1800 ½ e auf Nr. 87 563.
4 Gewinne von g00 , auf Nr. 19 096. 30 650. 52 950. 55 391.
9 Gewinne von 300 S auf Nr. 2798. 13 635. 158289. 29 937. 47 643. 49 278. 64 148 67 214. 91 128.
19 Gewinne von 240 ½s auf Nr. 10783. 11 574. 12948. 19990. 21 903. 27 264. 29 064, 41 167. 52 685. 55741. 60 688. 63 180. 65 372. 72 485. 75714. 80 861. S6 383. 89975. 94563.
Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung der Berliner Stadt⸗ synode gelangte der Antrag des geschäftsführenden Ausschusses zur An⸗ nahme: „Bei Ausführung des in Rede stehenden Beschlusses vom 6. März 1882 sindetwaige, einem Emeritus zu zahlende Beträge auf das einem Geistlichen zustehende Gehalt von 45060 bezw. 3600 40 nicht in Anrechnung zu bringen, so daß auch in solchen Fällen nur der Kasse der vereinig⸗ jen Kreissynoden für die im Amte befindlichen Geistlichen ein Zuschuß bis zur Höhe von 4500 ( bezw. 360 „S neben freier Wohnung bezw. der entsprechenden Miethsentschädigung zu leisten ist.“
Ferner wurde beschlossen, für die Prediger bei St. Andreas 500 R, bei St. Bartholomäus 2250 S6, bei St. Johannes⸗Evan⸗ gelist 1500 6, bei Philippus - Apostel 9090 (6. als Unter stützung zu bewilligen. Bei der böhmisch reformirten Ge⸗ meinde sind für die Prediger 700 St in den Entwurf eingestellt.
Syn. Prediger Schönberner stellt folgenden Antrag: „Synode beschließt: 1) Zahlungen, welche aus unterstützten Kirchen⸗ kassen, auf Grund eines gesetzmäßig zu Stande gekommenen Etats oder durch Verfügung einer vorgesetzten Behörde geleistet worden, dürfen von dem geschäfts führenden Ausschusse nicht beanstandet werden. 2) Da der Etat der verrinigten Kreissynoden vor dem 1. Juli nicht fertig gestellt ist, beschließen die vereinigten Kreissynoden, den bedürf⸗ tigen Kassen einen Betriebsfonde zu überweisen. — Der Antrag sub 1 wurde abgelehnt, der Antrag sub 2 nach längerer Debatte dem ge— schäftsführenden Ausschusse zur Berücsichtigung übermiesen.
Syn. Kammergerichts-Rath Schroeder begründete folgenden Antrag:
„Die vereinigten Kreis syngden wollen beschließen:
Sie bedauern, durch die Entscheidung des Königlichen Konsisto riums bezw. des Epangelischen Ober⸗Kirchenraths außer Stand ge⸗ setzt zu sein, zur Dotation neuer geistlicher Stellen von Kirchen landesherrlichen Patronats mitzuwirken. Sie können in der Pfarr⸗ wahlordnung vom 2. Dezember 1874 umsoweniger ein ausreichendes Schutzmittel für die eine unerläßliche Voraussetzung ihrer pekuniären Mitwirlung bildenden Gemeinderechte erblicken, als schon in der Generalsyrode die vom Ober-Kirchenrath nicht zurückgewiesenen Be⸗ strebungen nach Verkürzung der durch die genannte Wahlordnung geschaffenen Gemeinderechte hervorgetreten sind. Sie beauftragen ibren Vorstand, sich unmittelbar mit dem Herrn Kultus-Minister in Verbindung zu setzen, um durch dessen Vermittelung den Versuch zu erneuern, auch fuͤr die Gemeinden landesherrlichen Patronats das Eintreten der vereinigten Synoden für die Zwecke der Abstellung der herrschenden kirchlichen Nothstände unter den Bedingungen des Synodalbeschlusses vom 29 Oktober 1883 zu ermöglichen.“
Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen, die in Ansatz gebrachte Position von 1800 S0 für die St Simeons ⸗ Gemeinde dagegen gestrichen. — Im Weiteren wurde beschlossen: an die Kasse der Dankestirche vom 1 Oktober ab für die Geistlichen 000 „ für die Küster 1156 (, für den Kirchendiener 600 „ und für die Orga— nisten 300 „M zu bewilligen. — Zur Deckung der nach Leistungsfähig⸗ keit der Kirchenkössen entstehenden Gehaltsausfälle wurden an die Kirchenkaßen von St. Andreas 220 S, von St. Bartholomäus Wöh0 „ bewilligt. Bei dem Posten lür die St. Johannes -⸗Evange list Gemeinde, beantragte Prediger Schönberner 1200 Mn zu be⸗ willigen. Dieser Antrag würde angenommen.
Die heutige Sitzung wurde mit inem von dem Synodalen Prediger Rhode gesprochenen Gebet eröffnet. — Es wurde in der Etatsberathung fortgesahren und zunäckst zur Deckung der durch Leistungsunfäbigkeit der Kirchenkassen entstehenden Gehaltsausfälle an
die Kirchenkasse von St. Lukas 600 A. bewilligt. Ferner wurde
ohne Debatte die Kosten der vereinigten Kreiesynoden in Wöhe von AC(0 M und ferner die Beiträge zu den Provbinzial⸗ und Synodal— kosten für das Etatsjahr 188485 in Höbe von 7750 „e bewilligt. Bei der Position: Beitrag zum landeskirchlichen Pensionfonds für das Etatssabr 1884/85 in Höhe von 98051 „ stellte Synodale Prediger Rhode folgenden Antrag:
Die vereinigten Kreissynoden beschließen: .
I Wir bedauern von der Kirchenbebörde wiederum genöthigt zu werden, fast ein Drittel aller uns zu Gebote stehenden Einnahmen als Beitrag zu dem landeskirchlichen Pensionefonds zu verwen den;
23) Wir konstatiren vor den evangelischen Gemeinden Berlins, daß wesentlich diese Forderung des Kirchenregiments uns die ãußerste Strenge und Zurückbaltung der an uns herangetretenen Bitten der ärmeren Gemeinden gegenüber auferlegt hat.
3) Wir können es nicht für berechtigt halten, daß auch in diesem Jahre für den landes kirchlichen Pensionsfonds eine Umlage von 190so der Staate ⸗Klassen⸗ und Einkommensteuer autgeschrieh en ist, indem nach dem klaren Wortlaut des 8 16 des Kirchengesetzes vom 26. Ja- nuar 1880 die Umlage nur statihaft, soweil die Beträge zu dem ge⸗ dachten Fonds aus anderen Quellen nickt zu decken sind; die in Nr. 1 1884 des „Kirchlichen Gesetz. und Verordnungeblattes‘ enthaltenen Mittheilungen über den Pensionsfonds der evangelischen Landeskirche aber den Beweis liefern, daß schon durch eine Umlage von höchstens zr , dem vorhandenen Bedürfnisse vollauf genügt worden wäre. Hr. Dr. Langerbans beantragte die einfache Ablehnung der Position.
Der Antrag Rhode wurde angenommen;
Die Syn. Geh. Regierungs ⸗Rath Dr. Aegidi, Konsistorial⸗Rath Stahn, Hofprediger Stöcker und Pastor Vorberg stellten folgenden Jufatzankrag: Synode spricht ihre Ueberzeugung dahin aus, daß in der Regel die Beamten der Verkebrsanstalten, scwohl der öffentlichen wie der privaten, mindestens jeden dritten Sonntag dienstfrei bleiben müssen. — Der Referent, Prediger Schneidler, befürwortete den von ihm gestellten Antrag und, bezeichnete den Zusatzantrag von Aegidi und Gen. als unzweckmäßig. Für den Zusatzantrag nahm sodann Hofprediger Stöcker das Wort zu einer längeren Rede, in welcher er ausführte, daß es Pflicht der Synode sei, ihre Ansicht be— züglich der Sonntagsfrage unbekümmert um die angebliche praktische Undurchführbarkeit der Forderung auszusprechen.
Die Spanische Ausstellung in der Königlichen Akademie der Känste, Unter den Linden 38, ist auf Befehl Fhrer Kaiser; lichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin jetzt durch das Höchstderselben von den spanischen Künstlern dargebrachte Album von 160 DOriginalblättern bereichert worden.
Nur für kurze Zeit ist in Gurlitt's Kunstsalon gegen4 wärtig das neueste große Gemälde von Karl Hoff in Karlruhe zur Ausstellung gelangt, — die figurenreichste Komposition, die er bisher geschaffen und deren Vollendung ihn denn auch mehrere Jahre in Änspruch genemmen hat. Wie bei den meisten der mehr oder weniger novellistisch gefärbten Genrescenen des Künstlers, von denen nur an die allbekannke ‚Taufe des Nachgeborenen“ in der Berliner Nationalgalerie erinnert sei, ist der geschilderte Vorgang, die Feier der goldenen Hochzeit eines Schloßherrn, in das von Hoff mit eben so großer Vorliebe wie eingebender Kenntniß und feinem Geschmacke behandelte Kostüm des 17. Jahrhunderts gekleidet. Statt lich und pittoresk baut sich die Scenerie auf, die das bunte Gewoge einer dichtgedrängten, dabei aber mit großem Ge— schick klar und rhythmisch gruppirten Menschenmenge um— rahmt. Mit laubumwundenen Säulen und Pfeilern und mit schmiedeeisernem Gitterwerk, über das die rothe Fahne mit dem Woppen des Besitzers herabwallt, ragt zur Rechten die Architektur des Schlosses auf; eine Gruppe von Gebäuden mit zackigen Giebeln und rothen Ziegeldächern, die an eine niederrbeinische Gegend denken laffen, bildet nach links hin den Absckluß des Gemäldes. Während den Hintergrund, von dem grünen Gebüsch des Parks sich abhebend, das Gewimmel des schon am Tanz sich belustigenden Volkes füllt, ist hier im vorderen Plan unter einer knorrigen alten Buche, durch deren hreitbingestreckte Zweige das weißliche Gewölk des warmen Sommertages hindurchblickt, der Tisch für das Haus, und Hofgesinde gedeckt. Mann und Weib, Alt und Jung sind an ihm bei frohem Schmause vereinigt; jetzt aber schauen sie auf oder sind von ihren Sitzen emporgefahren, um dem eben herangetretenen Jubelpaar sich zuzuwenden, dem Alten in schwarzer Festtrackt, der, den ihn freudig umringenden Leuten Be— scheid zu thun, den bekraͤnzten goldenen Pokal ergriffen hat, und der gleichfalls schwarzgekleideten Gattin, die an seinem Arme daher— schreitet, während ein blonder Enkelknabe sich an sie anschmiegt. Von der Tafel aufbrechend, ist ihnen die Schaar der Gäste gefolgt, und auf dem mit Fliesen belegten, mit Blättern und Blüthen bestreuten Vorplatz des Schlosses, auf den teppichbedeckten Stufen der Frei— treppe, die zu dem skulptirten Portal mit durchbrochener Giebelbekrönung emporführt, auf dem oberen Perron vor der offenstehenden Flügel⸗ ihür, durch die man in das goldige Halbdunkel der großen Halle hineinblickt, und hinter dem Gitterwerk der Brüstung längs der Außenwand des Hauses, auf deren helles Grau mit bunten Farben der vielfach verzweigte Stammbaum des alten Geschlechts kunstvoll aufgemalt ist, entfaltet sich nun in malerisch bewegten Gruppen das prächtige Bild der festlich geschmückten, durch das frohe Mahl heiter angeregten Gejellschaft, der stattlichen Herren und schmucken Cavaliere, der mit ihnen lachenden und scherzenden Damen, der anmuthig dreinblickenden Mädchen und der dagzwischen sich zummelnden zierlichen Kinder. Dichter noch drängen sich die Ge— stalten, die über die Galerie der pfeilergetragenen, seitwärts an das Sckloß angebauten Halle herabschauen, und hinter ihnen tauchen aus dem Fond des Raumes, in den ein durch Butzenscheiben mild ge— brochenes Licht hineinspielt, die Figuren der Musikanten hervor, die ihren Tusch in die Luft schmettern. Vermag diese Schilderung von dem reichen malerischen Ensemble der Komposition und von der umfassenden künstlerischen Arbeit, die in ihr zu bewältigen war, eine Vorstellung zu geben, so fällt es schwerer, die Fülle anziehender Einzelzüge herauszuheben, die in jeder Partie des Bildes dem Beschauer begegnen. Wie in der kernhaft tüchtigen Figur des alten Schloßherrn die bei wohlerhaltener Rüstigkeit der Er⸗ scheinung doch leise sich ankündigenden Spuren des gebrechlichen Alters mit seinem Blick beobachtet und in trefflicher Charakteristik zum Ausdruck gebracht sind, so athmet die leicht gebeugte Gestalt seiner Gattin in jeder Linie das still in sich beruhigte, mild und freundlich theilnebmende Wesen der vornehmen, ehrwürdigen Matrone. Nicht minder glücklich spricht sich in Haltung und Geberde der be— jahrten, mit dem Jubelpaar alt gewordenen Diener und Dienerinnen die Mischung respektvoller Verehrung und berechtigter Vertraulichkeit aus. In erster Linie aber fesselt die Menge der jugendlich blühenden Gestalten, und kaum dürften dem Maler anmuthigere Figuren gelungen sein als etwa Lie der hübschen, klug blickenden jungen Frau mit dem Kinde an der Brust, die in der Mitte der draußen gedeckten Tafel sitzt, und dann wieder die des blondgelockten Mädchens, die auf der anderen Seite an dem Pfeiler der Treppe lehnt, auf welchem ein mächtiger, wappenhaltender Löwe aufragt. Hier klingt ganz und voll der Ton aus, auf welchen das Talent des Künstkers vornehmlich gestimmt ist. Den Aeußerungen eines leidenschaftlich aufgeregten Gefühls kaum sonderlich zugänglich, dem Häßlichen oder auch nur Unschönen, dem Groben und Derben streng abgewandt, erscheint er vor allem zur Darstellung jugendlich eder, anstandsvoller männlicher Gestalten und mehr noch zur Schilderung des füßen Zaubers holder Frauen- und Kinderschönheit berufen, und wenn seine Charalteristik vielleicht nicht immer ganz in die Tiefe dringt, so fehlt doch nie der graziöse Reiz gefällig ansprechender Formen und Bewegungen, der duftige Hauch feingebildeten, anmuthig durchgeistigten Wesens. Dem vor⸗ nehmen Formengefühl des Künstlers und einer nicht minder vornehmen, poetisch durchwärmten Empfindung verdankt denn auch dieses neueste Werk das ihm eigenthümliche Gepräge. In vollendeter Eleganz der Zeichnung und in blühendem Reichthum des Kolorits bietet es dem Äuge eine Fülle einschmeichelnder Schönheit. Neben dem Figürlichen steht dabei die landschaftlicharchitektonische Umrahmung in keiner Weise zurück, und wie auf den köstlichen Details der malerischen Kostüme, so haftet der Blick mit nicht geringerem Behagen auf jeder anderen Partie des Bildes, — zu sehr vielleicht auf dem reizvollen Stillleben der Blumen und Speisen, der Krüge und Gläser, der buntbemalten Teller und Schalen, die sich von der weißgedeckten Tafel abheben, da dieser koloristische Mittelpunkt das Auge immer
wieder von dem kompositionellen Zentrum, der Gruppe der Haupt⸗ figuren, abschweifen läßt. Der Mangel, den man hierin finden mag, und der Wunsch, auch im Uebrigen die reichen, oft ausgesucht feinen Farbenklänge hier und da noch fester und ruhiger zusammengeschlossen ju sehen, stört indeß kaum die Freude an dem festlich heiteren Glan, der dem Beschauer aus dem Gemälde entgegenstrahlt und in ibm einen Widerklang der dort geschilderten freudigen Stimmung weckt.
Neben dem Hoff 'schen Bilde darf noch ein anderes, das Gurlitt's Salon gleichzeitig zur Ausstellung bringt, einer eingehenden Beachtung empfohlen werden. Den iürzlich an dieser Stelle (Nr. 109 d. Bl) besprochenen Arbeiten hat Graf Leopold von Kalckreuth in München nunmehr auch das bei dieser Gelegenheit bereits erwähnte Dachauer Leichenbegängniß“ kinzugesellt, eine Leinwand, die bei 3m Breite etwa den gleichen Umfang aufweist wie das Gemälde von Hoff, im Uebrigen aber zu letzterem nicht blos dem Motiv nach den dollsten Gegensatz bildet. Von dem verklärenden Schimmer einer schönheitsvollen äußeren Erscheinung ist bier nicht die le seste Spur zu finden, der traurige Vorgang vielmehr, wie der Maler ihn mit scharfer Beobachtung erfaßte, in seiner ganzen Freudlosigkeit wieder⸗ gegeben, gerade durch diese ebenso schlichte wie charakteristische Wahr⸗ keit der Schilderung aber eine kaum minder tiefgehende künstlerische Wirkung erreicht. ei trübem, kaltem Regenwetter, unter gleich⸗ mäßig grau verhangenem Himmel, der nur fern am Horizont sich ein wenig zu lichten beginnt, kommt der düstere Zug die auf— geweichte leere Dorfstraße daber, an der Spitze der Gebete lesende, von Chorknaben begleitete Priester, dem das Kreuz vorangetragen wird, dann der von Ackergäulen gezogene Karren mit dem schwarzbedeckten Sarge und endlich das Gefolge der eilig binschreitenden Männer und Frauen in ihren dunklen Röcken und mit den schützend aufgespannten Schirmen, deren Gedränge sich weiter rück= wärts nöch tief in den Fond des Bildes hineinschiebt. Still und finster liegen die Gehöfte zu beiden Seiten des Weges; nur hier und da tritt Einer auf einen Augenblick aus der Thür, um entblößten Hauptes den Zug vorüberzulassen. Wie letzterer mit der Landschaft zu gleicher Stimmung verschmilzt, erinnert das Bild entfernt an die Art und Weise mancher Riefstahl'schen Komxosition. Es verzichtet dabei allerdings auf die individuelle Durchbildung der Einzelgestalt, wie sie dort zu finden ist; wohl aber bietet es eine Schilderung, die in den Figuren wie in der landschaftlichen Seenerie eine Charakteristik von überzeugender Wahrheit erzielt, und in der gesammten Behandlung bekundet sich zugleich eine malerische Begabung, die von dem erst in den Anfängen seiner Entwickelung stehenden Künstler das Beste er— warten läßt. ö
Um die Bekanntschaft mit den neuesten und besten Hülfsmitteln der modernen Handwerkstechnik in immer weitere Kreise des vater ⸗ ländischen Handwerks zu tragen und dadurch deren Einführung zu sichern, veranstaltet der Dresdener Gewerbeverein bei Gelegen⸗ heit der Feier seines 50jährigen Bestehens eine Ausstellung für Handwerkstecnik vom 15. September bis 20. Qktober d. J. auf den an der Ostra⸗-Allee, im Centrum von Dresden-AUltstadt belege⸗ nen Grundstücken der Gartenbaugesellschaft Flora“ und in dem dazu überfassenen angrenzenden Prinz-Max- Palais. Anmeldungen sind vor dem 20. Juli d. J. an das Büreau unter der Adresse: Aus— stellungs ⸗Comits, Dresden A., Prinz⸗Max ⸗ Palais, Ostra⸗Allee 24, einzusenden. .
Für die Mitglieder des Allgemeinen Richard Wagner⸗Vereins werden zu den ersten diesjährigen vier Parsifal⸗Vorstellungen in Bayreuth (21, 23, 25., 27. Juli von München, Wien, Prag, Bretlau, Berlin, Hamburg, Cöln, Stuttgart Extrazüge unter der Voraussttzung veranstaltet, daß zu jedem Zuge der Gesammtpreis von 200 Billets II. Klasse oder 360 Billets 111. Klasse eingezahlt ist. Dieselben können auch von Zwischenstationen aus benutzt werden. Ein Ungenannter hat für die ersten Vorstellungen einen Betrag zum Ankauf von 1000 freien Einlaßkarten unter besonderer Berücksichtigung der akade⸗ mischen Jugend gespendet. Die Zahl der Mitglieder des Vereins beträgt zur Zeit über 6000: immerhin eine kleine Zahl, wenn man die Zugkraft der Wagnerschen Opern damit vergleicht. In den beiden letzten Kalendermongten fanden 132 Aufführungen derselben auf deutschen Theatern statt, und unter diesen 51 des in den ersten 10 Jahren nech seinem Erscheinen so wenig anerkannten „Lohengrin“.
Bäder ⸗Statistik.
Personen Auerbach (Hessen) bis Ende Mai 187 Augustusbad bei Radeberg bis Ende Mai (56 Parteien). 57 Baden-Baden bis zum 6. Juni (Fremde) /d . i,, 436 Cudowa bis zum 8. Juni (nebst 78 Erholungsgästen und J 155 J 69 Gir is wm l, mn (ö Nein) . Friertihrede ln, ii e 272 Georgenbad bei Neukirch i. d. Lausitz bis Ende Mai J 5 Gruben (Sachsen) bis Ende Mai (8 Parteien) ... 12 Jonsdorf bis Ende Mai (7 Parteien) w 13 neee 378 Königsbrunn bei Könisstein bis Ende Mai (./ Parteien) . 68 Könidsdorff⸗Jastrzemb bis 5. Juni (25 Nrn.)... .. 33 Kreischa bis Ende Mai ö 106
Kreuznach bis zum 13 Juni Nrn.) J Landeck bis zum 11. Juni (nebst 233 Durchreisenden; Kur
, 505 Langebrück (Sachsen) bis Ende Mai (Cs Parteien) .. 160 Langenau bis zum 8. Juni (nebst 82 Durchreisenden) .. 124 Liegau bei Radeberg bis Ende Mai (19 Parteien)... 34 I 82 Lippspringe bis zum 15. Juni 900
Martenborn bei Panschwiß bis Ende Mai (47 Parteien) 55 Meinherg bis Güde at // Münster am Stein bis zum 13. Juni (Nrn.)... .. 392
Nauheim bis Ende ai. ... J 717 w 264 J 1141144 Deynhaufen bis zum 15. Juni (nebst 1615 Durchreis.) (Nrn.) 1600 Sppelsdorf bei Reibersdorf bis Ende Mai (63 Parteien). 70 Oybin bis Ende Juni (17 Parteien). 30
Pyrmont bis zum 13. Juni (einschl. der Durchreisenden). 2668 Reinerz bis zum 14. Juni (nebst 447 Erholungsgaäͤsten und MJ 887 Salzbrunn bis zum 8. Juni (nebst 387 Durchreisenden) . 407 Salzuflen bis zum 12. Juni (außer 44 einheimischen Bade⸗
w 175 Schandau bis Ende Mai (außer 799 Durchreisenden) (159
. 271 Schwei sermühle bis Ende Mai (24 Parteien)... 27 Sooden a. d. Werra bis zum 5. Juni (74 Nrn.) ... 112 Tharandt bis Ende Mai (24 Parteien); 36 Warmbad bei Wolkenstein bis zum 5. Juni (67 Parteien) 82 Warmbrunn bis zum 7. Juni (nebst 730 Erholungsgästen
und Durchreisenden) (391 Parteien). ö 488
Weißer Hfrsch is Ende Mat (ig Parteien)... 391 Wildungen bis zum 12. Juni (3605 Nrn.). ... .. 653
Redacteur: Riedel.
en, 3 — Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Els ner
Vier Beilagen (einschließlich Börsen ·˖ Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und Königlich Preußischen Stangts-Anzeiger.
2 146.
Berlin, Dienstag, den 7. Inni
E Ss 4.
Aichtamtliches.
Preufsen. Berlin, 17. Juni. Im weiteren Ver— laufe der gestrigen (33.) Sitzung des Reichs— tages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes über die Unfallversicherung der Arbeiter auf Grund des Berichts der VII. Kommission fortgesetzt.
Nach dem Abg. Dr. Buhl ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister von Boetticher das Wort:
Meine Herren! Ich halte es für nützlich, mich schon in diesem Stadium der Berathung über die Anträge auszusprechen, die zu 3. 1 der Kommissionsvorlage gestellt sind. Ich werde bei meinen Aus— führungen der Versuchung widerstehen, so weit zu geben, wie der Hi. Abg. Barth es in seinen Darlegungen gethan hai; ich halte es nicht für nöthig, die ganze Organisation, welche die Vorlage in Aussicht nimmt, gleich bei §. 1 zu behandeln. Ich bin vielmehr der Meinung, daß gerade die Frage, auf welche Kategorien von Arbeitern sich das Gesetz erstrecken soll, eine vollständig in sich abgeschlossene ist, die in separato behandelt werden kann. Freilich wird man sich dabei immer gegenwärtig halten müssen, ob für gewisse Kategorien von Arbeitern eine veränderte Organisation gegenüber den Vorschlägen der Vorlage nothwendig sein möchte, wenn man diese Kategorien von Arbeitern mit der Unfallversicherung wirksam treffen will. Das, meine Herren, ist die Ueberzeugung der. Verfasser der Verlage, daß für die Kreise, welche der 5. J bezeichnet, die Organisation, welche die Vorlage vorschlägt, eine vollständig sachgemäße und ausreichende ist, und ich kann hinzufügen, daß wir auch glauben, daß, wenn Sie die Amendements, welche die Kommission zu S. 1 vorgeschlagen hat, annehmen, wir auch mit der durch die Vorlage vorgesehenen Orga— nisation den erweiterten Kreis werden befriedigen können.
Ich verlange von dem Hrn. Abg. Barth nicht, wie überhaupt von Niemand, daß er lediglich auf den, Glauben bin eine solche Vorlage eminent wirthschaftlichen und praktischen Charakters annehmen oder ablehnen soll; ich freue mich vielmehr, wenn diese Vorlage gründlich, sachlich und ohne Rücksicht auf vorgefaßte Meinungen diskutirt wird, und ich bin auch für jede Belehrung über die Mängel, die etwa von den Gegnern an der Vor lage gefunden werden, dankbar — natürlich muß diese Belehrung eine wohl fundamentirte sein, — und in dieser Beziehung allerdings — es möge mir das der Hr. Abg. Dr Barth nicht uͤbel nehmen — bin ich durch seine Ausführungen nicht voll befriedigt. Der Hr. Abg. Dr. Barth scheint mir doch unser gewerbliches Leben und die gewerblichen Zustände im Lande nicht so gründlich erfaßt zu haben, wie es nothwendig ist, wenn man die Organisation und die Befriedigung des Unfallbedürfnisses wie es die Vorlage in Aussicht nehmen will, beurtheilt.
Er hat sich — es sind das ja Einzelheiten — aber er bat sich einiger Behauptungen schuldig gemacht, die sich den Thatsachen gegenüber wirklich nicht rechtfertigen lassen. Wenn er z. B. meint, daß es absolut kein Gewerbe gebe, keinen Betrieb, mit dem eine Unfallgefahr nicht verbunden sei, so möchte ich ihn in eine Schneiderwerkstätte führen, die zu ebener Erde liegt, wo man also nicht einmal die Treppe hinunterfallen kann, in der man sich freilich mit der Nadel und der Scheere verletzen kann, wo aber von einer Unfallgefahr, wie sie uns hier beschäftigt, nicht gesprochen werden darf. (Rufe links: Nähmaschinen)
Richtig, beim Betriebe einer Nähmaschine kann man auch einen Unfall erleiden, aber es giebt eine ganze Reihe von Schneiderwerk— stätten, die noch nicht mit Nähmaschinen arbeiten, und wenn in der Werkstätte mit Maschinen so gearbeitet wird, daß sie unter Nr. 1 der Vorlage fällt, dann wird der betreffende Schneider auch einer Berufsgenossenschaft beitreten müssen. Es ist das nur ein Beispiel, ich könnte noch mehrere anführen, es kam mir aber nur darauf an, nachzuweisen, daß diese Behauptung eine hyperbolische ist, die sich nicht rechtfertigen läßt.
Wichtiger, meine Herren, ist mir die Kritik, die der Hr. Abg. Dr. Barth an die Organisationsfrage insofern gelegt hat, als er die Drgantsation eine bureaukratische genannt hat, welche sich, wenn man Überhaupt von der Ausdehnung der in §. 1 bezeichneten Betriebe sprechen wolle, auf andere Betriebe überhaupt nicht ausdehnen lasse. Man fei außer Stande, mit Rücksicht auf diese Organisation, eine wefentliche Ausdehnung vorzunehmen. Nun, meine Herren, die Orga nisation ist keine bureaukratische, sondern sie ist vorgeschlagen an der Hand der Grundsätze der Selbstverwaltung und sie strebt die Selbstver⸗ waltung im weitesten Sinne an. Ich habe bereits bei der ersten Lefung mir auszuführen erlaubt, daß die staatliche Kontrole der Be⸗ rufsgenossenschaften nur insoweit in der Vorlage vorgesehen ist, als es eben zur Sicherstellung der Zwecke des Gesetzes absolut nothwendig ist, daß aber die Berufsgenossenschaften im Uebrigen in Bezug auf die Regelung ihrer Angelegenheiten, in Bezug auf ihre innere DOrgani⸗ sation den freiesten Spielraum haben. . .
Darin allerdings hat der Hr. Abg. Barth in gewisser Weise Recht, wenn er annimmt, daß die Organisation, wie wir sie hier vor⸗ gefehen haben, sich nicht ohne Weiteres zur Ausdehnung auf alle ger werblichen Betriebe eignet, mit denen eine Unfallgefahr verbunden ist, und gerade aus diesem Grunde möchte ich anheimgeben, die Anträge, die Ihnen auf Ausdehnung vorliegen, mit sehr kritischen Augen an zusehen. Ich habe in diefer Bezlehung den Hrn. Abg. Buhl darauf aufmerksam zu machen, daß die Ausdehnung des Unfallversicherungs⸗ gesetzes auf die Wasser. und Eisenbahnbauten nicht ohne Weiteres möglich sein wird. Die Vorlage, indem sie sich an das Haftpflichtgesetz anlehnt, indem sie diejenigen Betriebe, auf die das Haftpflichtgesetz Anwendung findet, in erster Linie als versicherungspflichtig erklärt, bat dabei im Auge, zunächst den stehe nden Gewerbebetrieb derjenigen Kategorien zu fassen, die im Haftpflichtgeseß erwähnt sind. Ein solcher stehender Gewerbe⸗ betrieb ift bei den Cisenbahnbauten so wenig wie bei den Wasser⸗ bauten durchweg anzunehmen. Wie, meine Herren, werden denn heut zutage Eifenbahnbauten und größere Wasserbauten ausgeführt? Die betreffenden Gesellschaften oder die betreffenden Kommunen, der — 5 die solche Bauten unternehmen, engagiren Unternehmer, welche
heilslrecken und Theilarbeiten an den Bauten ausführen, und diese Unternehmer, die heute in Ostpreußen arbeiten, arbeiten vielleicht schon übers Jahr im Elsaß, in Bayern oder in irgend einer von der erften Arbeitsstelle fehr weit entfernten Gegend. Es ist kaum mög— lich, diese Unternehmer auch selbst, wenn nicht unter, ihnen rücksicht · lich' diefes Gewerbes ein fo häufiger Wechsel eintritt, wie es thatsächlich der Fall ist, ich fage, es ist kaum möglich, diese Unternehmer ohne weitere besondere! Modalitäten in der Form dieses Ge— setzes zu einer Berufsgenossenschaft zusammenzulegen. Geschieht dies, so würde das vielfach geäußerte Bedenken, daß die Zukunft in ungerechtfertigter Weise fuͤr die Gegenwart und die Vergangenheit belastet werden soll, allerdings an Berechtigung gewinnen. Ich will damit nicht gesagt baben, daß sich nicht Formen finden ließen, um das auch auf diefem Gebiete unzweifelhaft vorbandene Bedurfniß zu befriedigen. Aber das Gesetz wurde, wenn man jetzt an diese Be⸗ friedigung herantreten wollte, einer Ergänzung bedürfen, über die wir uns wahrscheinlich in diesem Momente noch nicht so leicht ver ständigen würden, und ich bitte Sie dringend, diese Ausdehnung zu ajourniren, bis wir Ihnen — und ich hoffe schon im näch ten Jahre — e lie machen werden, wie wir den Ruf des Baugewerbes erfassen. Meine Herren! Ich bitte überhaupt bei der Frage der Aus deh⸗
nung daran festzuhalten, daß wir ganz mit den Herren, die eine Aus⸗ dehnung anstreben, einverstanden sind; ich gehe sogar ebensoweit in dieser Beziehung, wie der Hr. Abg. Kräcker — ich habe das hier schon früher wiederbolt betont — daß die Unfallversicherung auf alle Arbeit ausgedehnt werden muß, die mit Gefahr verbunden ist. Wenn wir uns jetzt darauf beschränkt haben, in der Hauptsache nur diejenigen Betriebe zu erfassen, auf welche das Haftpflichtgesetz Anwendung findet, so ist es eben um det⸗ willen geschehen, weil hier das Bedürfniß das dringendste ist und weil diese Betriebe unschwer in die Organisation eingefügt werden können, die wir Ihnen vorschlagen.
Nun hat der Hr. Abg. Dr. Barth gemeint, daß diese Organisa ˖ tion eine überaus schwerfällige, eine sehr schwer durchzuführende sei, die schon um deswillen, wegen der Schwierigkeiten der Grup— pirung, nicht empfohlen werden könnte. Nun, meine Herren, auch darauf ist schon früher geantwortet worden. Ich will in dieset Be— ziebung Sie nicht mit Detailbemerkungen behelligen, das Eine aber darf ich Ihnen sagen, daß wir Alle, die wir demnächst berufen sein werden, das Unfallversicherungsgesetz, wenn es zur Annahme kemmt, auszuführen, auch nicht den leisesten Zweifel daran haben, daß die Bildung der Berufsgenossenschaften unter Festhaltung der Grundsätze einmal der Gemeinfamkeit des Berufes, zweitens der dauernden Leistungsfähigkeit unschwer möglich ist.
Meine Herren! Also um wieder auf die Frage der Ausdehnung zurückzukommen, so möchte ich kitten, es bezüglich der Bau— arbeiter in der Hauptsache bei dem zu belassen, was Ihnen die Kommission vorschlägt; ich glaube, die verbündeten Regierungen werden dieser Ausdebnung nicht widerstreben. Eine Konzession bin ich bereit dem Hrn. Abg. Dr. Buhl zu machen. Wünscht er die Schornsteinfeger in das Gesetz aufgenommen zu sehen, so fürchten wir uns nicht vor diesem schwarzen Mann, wir werden ihn unschwer einfügen können. Es ist das, wie ich übrigens bemerken will, nur eine kleine Ausdehnung,
das Gesetz an die Hand giebt, in. Verlegenheit gewesen ist, einen bestimmten Betrieb als Fabrik. anzusehen oder nicht. Daß der Hr. Abg. Dr. Buhl diesen Zweifel ausschließen und insbesondere den Rechtsweg ausschließen will, entnehme ich daraus, daß er nun die Entscheidung in die Hand des Versicherungs⸗ amtes zu legen bereit ist Wir könnten ja vom bureaukratischen Standpunkte aus uns wohl damit einverstanden erklären. Ich glaube aber doch, meine Herren, daß es eine sehr viel größere Sicherheit für die Industrie selbst giebt, wenn auch das Gesetz wenigstens die Grundlinie für eine Grenze bezeichnet, wie das in Abs. 4 geschehen ist, als wenn die Entscheidung darüber, ob ein Fabrikbetrieb vorliegt ober nicht, lediglich in die Hand der Behörde gelegt ist. Ich glaube, es wird sowohl der Industrie, als auch den Behörden, die die Ausführung des Gesetzes zu überwachen haben, willkommen sein, wenn wenig⸗ stens ein bestimmter Anhalt durch das Gesetz selbst gezogen ist.
Meine Herren! Ich möchte Sie also bitten, daß Sie es bei den Kommifsionsvorschlägen im Allgemeinen belassen, und wenn der Hr. Abg. Dr. Barth um deswillen Bedenken trägt, weil er die Wohlthat des Gesetzes weiteren Arbeiterkreisen zugänglich macken möchte, so bitte ich ihn, sich damit zu trösten, daß diesem Wunsch hoffentlich sehr bald Rechnung getragen witd, und wenn vorläufig das Hand werk nicht von der Unfallversicherung umfaßt wird, so bitte ich ihn, sich damit zu beruhigen, daß er selbst noch im Jahre 1881 einen Antrag mit unterschrieben hat, welcher auch das Handwerk von der Unfallversicherung ausgeschlossen hat. Wie gesagt, meine Herren, lassen Sie uns schritiweise und allmählich auf diesem Gebiete vor— gehen ehi va piano va sand.
Der Abg. Günther (Sachsen) bemerkte, er möchte hier ein Bedenken laut werden lassen, und sich von dem Vertreter der Regierung oder dem Referenten Auskunft darüber erbitten. In Absatz 2 des 8. 1 sollten die land- und forstwirthschaft⸗ lichen Nebenbetriebe auf Antrag der Kommission von dem Gesetze ausgeschlossen werden. Er möchte nun fragen, ob hiernach Spiritusbrennereien mit landwirthschaftlichem Betriebe als Fabriken gälten und somit unter dieses Gesetz fielen oder zu den landwirthschaftlichen Nebenbetrieben zählten und als solche vom Gesetze ausgeschlossen seien. In den Spiritusbrennereien, welche doch meistens zu einem landwirth— schaftlichen Betriebe gehörten, würden vor allen andern selbst— gebaute Materialien verbraucht, und nur in sehr seltenen Fällen solche angekauft. Bis jetzt sei es den Spiritusbrennereibesitzern möglich gewesen, ihre Arbeiter bei Privat-Versicherungsgesell⸗ schaften zu versichern, was ihnen aber in Zukunst benommen werde, wenn es Privat-Versicherungsanstalten nicht mehr geben werde. Sie fielen damit unter das Haftpflichtgesetz und müßten die Lasten persönlich tragen. Das wäre aber eine Härte, und er hoffe, daß der Passus derart interpretirt werde, daß Spiritus⸗ brennereien, auch wenn sie mit landwirthschaftlichem Betriebe verbunden feien, unter die Fabriken gerechnet würden. Im Allgemeinen sei er gegen den Zusatz der Kommission über— haupt, der keineswegs eine Erweiterung, sondern nur eine Beschränkung der Regierungsvorlage sei, um deren Annahme er das Haus bitte. Auch er wünsche, daß möglichst alle land- und forstwirthschaftliche Arbeiter in das Gesetz aufgenommen würden, wenn man dies aber jetzt schon thun wolle, würde man das Zustandekommen des Gesetzes zu sehr erschweren. Er bitte, jene Ausnahmezusätze der Kommission abzulehnen, man werde sich dadurch auch die Landwirthe selbst zu Dank verpflichten, wenn man dieselben nicht dem Haftpflichtgesetz unterstelle. Dem Antrage Barth und Genossen siehe er sehr sympathisch gegenüber; diese Herren meinten es dieswal mit der Landwirthschaft besser, als die Rechte selbst. Er wünsche nur, daß diese Herren ihr Interesse für die Land⸗ wirthschaft auch bewahrten!
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, er acceptire die Be⸗ schlüsse der Kommission, nicht weil er glaube, daß das, was dijrch die Kommission geboten werde, das vollkommen Richtige sei, fondern weil er glaube, daß, wenn man sich davon weiter entferne, wiederum die Sache nicht zu Stande kommen könnte. Man befinde sich einem Gesetze gegenüber, welches einen Versuch mache, auf einem ganz neuen Gebiete, auf dem
beim ersten Versuche nicht gleich das Richtige getroffen werden könne. Anderswo, wo man auch solche Bestimmungen ge⸗ macht habe, sei man auch schrittweise vorgegangen und habe sich nicht gescheut, nach Maßgabe der Erfahrungen sie zu verbessern und sie weiter auszudehnen. Darüber könne kein Mensch im Zweifel sein, daß, nachdem man die eigent⸗ lichen Fabrikarbeiter versichert habe, es nothwendig sein werde, dieselben Bestimmungen allmälig auf alle an⸗ deren Kreise der Arbeiter auszudehnen. Deshalb stehe er der Tendenz des Antrages Bebel durchaus sympathisch gegenüber. Aber es sei eine ganz andere Frage, ob das, was da bean⸗ tragt werde, bei der Konstruktion dieses Gesetzes ohne Weiteres angewendet werden könne. Er hätte insbesondere auch ge⸗ wünscht, daß es möglich gewesen wäre, auch die landwirth⸗ schaftlichen Arbeiter ins Auge zu fassen. Aber es sei auch hier nicht zu leugnen, daß die Konstruktion des Gesetzes mit den befonderen Verhältnissen der Landwirthschaft nicht in Einklang zu bringen sei. Daß die Brennerei ohne Weiteres unter dieses Gesetz falle, halte er für selbstverständlich. Er bitte den 5. 1 nach dem Kommissionsvorschlage anzunehmen. Mache man endlich einen Anfang, um die Wohlthaten des Gesetzes zunächst wenigstens einem beschränkten Arbeiterkreise zugänglich zu machen.
Der Abg. Frhr. von Maltzahn-Gültz hob hervor, daß er bei der ersten Lesung Namens seiner Freunde als das Ziel, das seine Partei vor Augen habe, eine möglichst auskömm— liche Versicherung des verunglückten Arbeiters hingestellt habe, und zwar in Zukunft aller Arbeitskreise, soweit sie der Natur der Beschäftigung nach überhaupt einem Unfall ausgesetzt seien. Auf diesem Standpunkt stehe seine Partei noch heute und erkenne an, daß das vorliegende Gesetz nur ein erster Schritt, nur eine Abschlagszahlung sei. Es sei sogar im Kreise seiner politischen Freunde erwogen worden, ob sie nicht am Schluß der Berathung dieser Auffassung dadurch Ausdruck geben sollten, daß sie beantragten, die Ueberschrift dieses Gesetzes, um Mißverständ⸗ nisse zu vermeiden, durch Einschaltung eines kleinen Wortes zu verändern, indem statt „Unfallversicherung der Arbeiter gesagt würde: „Unfallversicherung der gewerblichen Arbeiter.“ Ein solcher Antrag sei zwar nicht von seiner Partei be⸗ schlossen, aber erwogen worden. Seine Partei glaube, daß sie im gegebenen Moment auf Grund dieser Vorlage eine obligatorische Versicherung aller derjenigen Arbeiterkategorien, für die das Bedürfniß einer Unfallversicherung bestehe, nicht würden erreichen können, und daß es für einen sehr wesent⸗ lichen Theil dieser Arbeiterkreise nur möglich sei durch das Zusammengehen mit demjenigen Theil des Reichstages, welcher in Bezug auf andere wesentliche Fragen des Gesetzes zu seiner Partei in diametralstem Gegensatz stehe. Seine Partei habe sich deshalb für diejenigen Bestimmungen erklärt, für welche sie der Zustimmung der verbündeten Regierungen einestheils und anderntheils derjenigen Majorität des Reichs⸗ tages sicher zu sein glaube, welche nach dem Eindruck, den man aus den bisherigen Verhandlungen empfangen habe, entschieden das Zustandekommen des Gesetzes wolle, also etwa die Fraktionen der Rechten, des Centrums und der National— liberalen. Seine Partei stehe umsomehr auf diesem Stand— punkte, weil sie ein wesentlich Gewicht darauf lege, daß der Reichstag auf dem Gebiet der Unfallversicherung der Arbeiter endlich einmal den ersten positiven Schritt thue, und seine Partei würde es beklagen, wenn auch diesmal wieder das Gesetz nicht zu Stande kame. Aus diesem Grunde werde seine Partei gegen die vorliegenden Abänderungsanträge stimmen in der freudigen Hoffnung, daß nach der Zusicherung des Staatssekretärs von Boetticher eine Ausdehnung des Gesetzes recht bald erfolgen werde. Eine Einfügung der land- und sorstwirthschaftlichen Arbeiter in das Gesetz wäre seinen Freun⸗ den und ihm persönlich gewiß sehr angenehm. Er müsse aber anerkennen, daß die Ausdehnung der obligatorischen Unfallversicherung auf die Forst- und Landwirthschaft in gewissen Theilen des Reiches sehr schwierig sein würde und deshalb in einer besonderen Vorlage ausgeführt werden müsse. Das Bedenken des Hrn. Abg. Günther in Bezug auf die Brennereien halte er nach dem Wortlaute des 8. für unbegründet. Seien die Brennereien Fabriken, so sollten sie nach Absicht des Gesetzes versicherungspflichtig sein. Beschäftige ein landwirthschaftlicher Nebenbetrieb zehn Arbeiter ständig, fo falle derselbe natürlich unter das Gesetz. Lege aber ber Gutsbesitzer neben dieser Fabrik, welche mit Dampf be⸗ trieben werde, noch eine Schneidemühle oder Schrotmühle für seinen Bedarf oder für den Bedarf seiner Nachbarn an, so sollten diese Nebenbetriebe nicht versicherungsypflichtig sein. Er bitte, für den §. 1 der Kommissionsbeschlüsse zu stimmen. (Während dieser Rede war der Reichskanzler Fürst von Bis⸗ marck in den Saal getreten.) . .
Der Abg. Dr. Hirsch erklärte, seine Partei werde in dieser so wichtigen Materie ihre bisherige Ueberzeugung nicht ver⸗ leugnen, wie es leider die anderen Parteien gethan hätten. Schon bei der Berathung des Haftpflichtgesetzes habe seine Partei eine Ausdehnung der Versicherungspflicht unter der Justimmung sämmtlicher Fraktionen, auch des Centrums, be⸗ antragt. Der Antrag Buhl von 1882 habe die Versicherung der land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter gewollt. Jetzt stelle fich der Abg. von Hertling auf einmal auf den Boden der privatrechtlichen Verschuldung, und von diesem Boden aus konstruire derselbe, daß nur solche Betriebe hinzugezogen werden könnten, bei welchen wenigstens annähernd eine solche Verschul dung sich nachweisen lasse. Das lasse sich vielleicht vom juristischen Stand⸗ punkte aus mit allerlei gelehrten Deduktionen vertheidigen, aber darin solle ja der gewaltige Unterschied, der ungeheure Fortschritt der gegenwärtigen Gesetzgebung gegenüber dem Haft⸗ pflichtgesetz bestehen, daß es herausgehoben werde, aus der privatrechilichen Verschuldungsiheorie in das öffentliche Recht. Was fei denn der Grundsatz der Kaiserlichen Botschaft? Daß jeder Arbeiter gesichert sein sollte gegen Unglücksfälle, die ihn sonst in Elend und Noth brächten. Nach den heutigen Worten des Staatssekretärs zweifle er gar nicht, daß die Regierung auch einer weiteren Ausdehnung der Versicherung zugestimmt hätte. Es handele sich hier in erster Linie um eine Sache von ungeheurer materieller Tragweite. Von den 10 Millionen