1884 / 142 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Jun 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Die Mittel zur Deckung der von den Beruftsgenosfenschaften zu lesstenden Entschädigungsbeträge und der Verwaltungs kosten werden durch Beiträge aufgebracht, welche von den Mitgliedern nach Maßgabe der in ihren Betrieben von den Versicherten ver— dienten Lohne und Gehälter bezw. des Jabresarbeitsverdienstes jugendlicher und nicht ausgebildeter Arbeiter (8. 3 Absatz 3), sowie der statutenmäßigen Gefahrentarife (6. 28) jäbrlich umgelegt werden.

Döhne und Gekälter, welche während der Beitrageperiode durchschnittlich den Satz von vier Mark täglich übersteigen, kom⸗ men mit dem vier Mark übersteigenden Betrage nur zu einem Drittel in Anrechnung.

Zu anderen Zwecken als zur Deckung der von der Genossen⸗ schaff zu leistenden Entschädigungebeträͤge und der Verwaltungs. kosten, zur Gewährung von Prämien für Rettung Verunglückter und für Abwendung von Unglücksfällen, sowie zur Ansammlung des Reservefonds (6 18) dürfen weder Beiträge von den Mitgliedern der Genoffenschaft erhoben werden, noch Verwendungen aus dem Vermögen der Genossenschaft erfolgen. .

Behufs Beschaffung der zur Bestreitung der Verwaltungs kosten erforberlichen Mittel können die Berufggenossenschaften von den Mitgliedern für das erste Jahr einen Beitrag im Voraus erheben. Falls das Statut hierüber nichs Anderes bestimmt, er⸗ folgt die Aufbringung dieser Mittel nach Maßgabe der Zahl der von den Mitgliedern in ihren Betrieben beschäftigten versicherungs⸗ pflichtigen Personen (5. 1I. ö.

Hierzu lagen folgende Anträge vor: 1) von den Abgg. Dr. Barth und Genossen:

In 5§. 19 :

IN In Absatz 1 nach den Worten und nicht ausgebildteer Arbeiter?

folgende Worte einzuschalten: , und des Jahreseinkommens versicherter Betriebsunter⸗

nehmer (5. 2)“, JJ 2) nach Äbfatz J des 8. 10 folgende Worte einzuschalten: „Hierbei werden die Renten für Ganz! und Halb⸗ invalid (8. 5a) und für die Hinterbliebenen des Ge⸗ tödteten (8. 6 Nr. Y) vom Ablauf. des Rechnungs jahres ab, in welchem der Unfall stattfand, mit ibrem Deckungskapital in Ansatz gebracht“,

3) Absatz 2 des §. 10 zu streichen. ö

2) beantragten die Abgg. Bebel und Genossen den zweiten Absatz des §. 10 zu streichen.

Der Abg. Sonnemann erklärte, daß die Volkspartei sich gegen das ganze Gesetz, mit dessen Grundgedanken sie sym⸗ pathisire, werde stimmen müssen, falls 10 angenommen würde. Das Umlageverfahren würde eine ganz un— solide Finanzwirthschaft in die Berufsgenossenschaften einführen, die Industrie auf Kosten der Nachkommen begünstigen, indem es zu Anfang nur geringere Prämien, im ersten Jahre nur 1,3 dessen von den Industriellen verlange, was wirklich gezahlt werden müsse. Erst im 17 Jahre seien die vollen Prämien fällig. Der von den Nationalliberalen in das Gesetz hineingebrachte schwächliche Reservefonds sei alles andere als eine Garantie für die Solidität dieses Verfahrens, . die Großindustrie auf Kosten der Steuerzahler begünstigen wolle.

Der Abg. Leuschner (Eisleben) bemerkte demgegenüber, daß die Festlegung des Kapitals im Betrage von mehreren Hundert Millionen, wie man es wünsche, die Kräfte der In⸗ dustrie übersteigen würde. Die dentsche Industrie sei nicht so reich gleich im Anfang eine so große Summe zu entbehren, wenn anders sie mit dem Auslande erfolgreich, auch im Interesse der Arbeiter konkurriren wolle.

Der Staats-Minister von Boetticher führte für das Umlageverfahren fünf Gründe an. Erstens erleichtere es der Industrie die Uebernahme der neuen Last; übrigens stehe nichts im Wege, toto die ,. das Deckungsverfahren ein⸗ zuführen, wenn die Industrie die Last tragen könne; zweitens erspare es der Industrie eine Verzinsung der Kapitalien; drittens erleichtere es erheblich die Verwaltung, indem es eine Menge versicherungstechnischer Arbeiten über⸗ flüssig mache, die beim Anlageverfahren nothwendig seien; viertens vermeide es eine ungleichmäßige Belastung in den einzelnen Jahren, und fünftens erleichtere es die Verwaltlich⸗ keit der für die ehrenamtlichen Organe der Berufsgenossen⸗ schaften. Er bitte, den 8. 10 im Inkeresse der Industrie und der Arbeiter anzunehmen. ö

Der Abg. Br. Hirsch bestritt, daß die Industrie die Last nicht tragen könne. Es handele sich nur um Aufbringung von ' pro Mille des gesammten industriellen Anlage⸗ kapitals. Die Rente sei zwar im ersten Jahre bei dem Umlageverfahren erheblich niedriger als bei dem Deckungsverfahren, sie wachse aber mit den Jahren, und bei dem Eintritt des Beharrungszustandes sei sie höher als bei dem Deckungsverfahren. Was würde aber dann geschehen, wenn eine wesentliche Erhöhung der Arbeitslöhne in unnatürlicher Weise, Krisen in der wirthschaftlichen Entwickelung, Krieg und dergl. einträten. Entweder das Reich müßte dann die ganze Last übernehmen, oder die Pensionen müßten gekürzt werden. In diesem Sinne habe sich sogar Geh. Rath Loh— mann ausgesprochen.

Der Staats-Minister von Boetticher bemerkte, daß der Geheime Rath Lohmann sich seitdem für das Umlageverfahren entschieden habe. Gäbe es ganz bestimmte versicherungs— technische Grundsätze für die Berechnung des Deckungs—⸗ kapitals, so böte das Umlageverfahren ein großes Maß von Sicherheit. Diese Grundsätze seien aber keineswegs fixirt. Wenn die Genossenschaften die Garantie der Leistungsfähig⸗ keit in sich trügen, wie es sein sollte, dann würde der Steuer⸗ zahler überhaupt nicht herangezogen werden. Wenn man von den moralischen Wirkungen des Gesetzes spreche, so sage er, dem Arbeiter sei es ganz gleichgültig, aus welcher Tasche seine Unterstützung fließe, ob das Umlage⸗ oder Deckungsver⸗ fahren gewählt werde. In jedem Falle werde er der Regie— rung dankbar sein, daß sie für ihn sorge.

Der Abg. Dr. Marquardsen schloß sich dieser Auffassung an. Ein Interesse hätten die Arbeiter an diesem Gesetz in⸗ sofern, als eine große Zahl von ihnen, 500 009, die dem Haftpflichtgesetz nicht unterlägen, durch dieses Gesetz geschützt werden sollten. Die Anwendung des Deckungsverfahrens oder des Umlageverfahrens gestalte sich verschieden, je nachdem die Genossenschaften privater oder öffentlicher Natur seien. Jemehr das einzelne Verhältniß sich dem öffent⸗ lichen Rechte nähere, an Provinzen, Verbände ꝛe. anschließe, die Umlage also an die Steuererhebung im Staate anknüpfe, umsomehr sei das Umlageverfahren zu empfehlen. Seine Freunde hätten das Deckungsverfahren in der Kommission für vortheilhafter gehalten; damit habe man aber in einer so technischen Frage sich nicht, für alle Zeit binden wollen. Außerdem hätte sich für das Umlageverfahren eine so bedeutende Mehrheit entschieden, daß selbst die Zustimmung seiner Partei das Deckungsverfahren nicht zur Annahme gebracht haben würde.

* Bei Schluß des Blattes erhielt der Abg. Dr. Frege das ort.

Gachsen. Dresden, 18. Juni. Aus Brenner⸗ bad wird dem „Dr. J.“ geschrieben, daß der König am 16. d., Nachmittags, daselbst eingetroffen ist. Die Königin war dem erlauchken Gemahl bis Steinach entgegengefahren. Die Witterung ist leider so gänzlich umgeschlagen, daß die Majestãten gestern Mittags Brennerbad verlassen haben und einige Tage Aufenthalt in Botzen nehmen wollen, bis die Witterung den Aufenthalt auf dem hoch gelegenen Brennerbade wieder gestattet. Das Befinden beider Majestäten läßt im Uebrigen nichts zu wünschen übrig.

Sessen. Darm stadt, 17. Juni. (Köln. Ztg.) Der Großherzog hat sich heute mit Familie nach eterhof zuruͤckhegeben. Die Abreise nach Deutschland wird am Sonn⸗ abend erfolgen. Die Prinzessin Karl und die Prinzen Hein eich und Wilhelm sind von hier nach Schloß Fischbach in 81 sien abgereist, wohin auch der Großherzog kommen wir

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 18. Juni. (B. T. B) Die „Elsaß⸗-Lothringische Zeitung“ veröffentlicht einen Erlaß des Statthalters, d. d. Karlsbad, den 16. Juni, in welchem die Ausweisung zweier Sozial⸗ demokr aten, des Schuhmachers Dietrich Schmitz und des Malergehülfen August Karl Dieber aus den Reichslanden, sowie die Auflösung der in Straßburg bestehenden örtlichen Verwaltungsstelle der Central-Kranken- und Sterbe⸗ kasse der Schuhmacher und verwandten Berufsgenossen Deutschlands, eingeschriebene Hilfskasse in Hamburg, auf Grund des sogenannten Diktatur⸗Paragraphen verfügt wird.

Oesterreich⸗ Ungarn. Pest, 18. Juni. (W, T B.) Sowest bis jetzt bekannt, sind gewählt: 224 Liberale, darunter der Kultus-Minister von Trefort und der Präsident des liberalen Klubs, Vizsolyi, 57 Kandidaten der gemäßigten Dpposition, 67 Unabhängige, 16 Kandidaten der nationalen Partei, 17 Antisemiten und 11 keiner bestimmten Partei An⸗ gehörige.

Schweiz. Bern, 18. Juni. (Bund.) In der am Montag Abend abgehaltenen Versammlung der radikal⸗ demokratischen Fraktion der Bundes versammlung erklärte sich die Mehrheit gegen eine derzeitige Revision der Ver⸗ fassung, während die Minderheit die Revisionsfrage grund—⸗ sätzlich bejahen wollte, jedoch mit andern Postulaten als die in der Motion Zenip vorgeschlagenen. Die Angelegenheit wird voraussichtlich in der Donnerstagssitzung des National⸗ raths zur Berathung gelangen und jedenfalls zu einer leb⸗ haften Debatte Veranlassung geben.

Niederlande. Haag, 17. Juni. (Wes. Ztg.) Be⸗ treffs des Zustandes des Kronprinzen wird dem „N. Amst. Cour.“ mitgetheilt, daß der typhöse Prozeß beendigt ist, jedoch eine große Schwäche bei dem Patienten zurückgelassen hat. Der Prinz befindet sich im Stadium der Genesung, welches aber lange Dauer in Anspruch nehmen dürfte. Die Aerzte haben beschlossen, keine Bulletins mehr auszugeben.

Großbritannien und Irland. London, 17 Juni. (Allg. Corr Der Vizekönig von Irland, Lord Spen⸗ cer, hat —= inen Entschluß geändert und wird nunmehr Belfast Winch besuchen. Der Stadtrath hegt große Be⸗ fürchtungen, daß die rn. Bevölkerung ihrem Unwillen über den juͤngsten Erlaß der Regierung, durch welchen den Natio⸗ nalisten gestattet und den Orangisten verboten wurde, Mee⸗ tings in der Grafschaft Ulster abzuhalten, Ausdruck geben werde. Im botanischen Garten in Belfast wurde gestern Abend ein Indignations-Meeting abgehalten, an dem sich 30 000 Personen betheiligten. Der Vorsitzende, Lord Hamil⸗ ton, ermahnte, gleich dem Großmeister der Orangisten-Loge, Lord Arthur Hill, die Anwesenden, als treue Unterthanen Ihrer Majestät sich jeder feindlichen Demonstration gegen Lord Spencer, der als Vertreter der Königin komme, zu enthalten.

Frankreich. Paris, 18. Juni. (W. T. B.) Der Senat hat die Konvention zum Schutz der unter— seeischen Kabel angenommen.

Rumänien. Bukarest, 18. Juni. (W. T. B.) Die Vorlage, betreffend die Kron-Apanage, nach welcher letz tere aus 12 Gütern mit ca. 700 000 Frs. Revenüen besteht, ist gestern von der Deputirtenkammer angenommen und heute auch vom Senat genehmigt worden.

Die Parlamentssession wird am Freitag mit einer Thronrede des Königs geschlossen werden.

Bulgarien. Sofia, 18. Juni. (W. T. B.) . Die Wahlen zur Nationalversammlung haben, soweit bis jetzt bekannt, 45 Liberale, 11 Konservative, 20 Radikale, 22 Türken und 50 Deputirte ohne bekannten Parteistandpunkt ergeben. Der Minister-Präsident Zankoff ist, in 6 Bezirken, der Führer der radikalen Partei, Maravilot, in Sofia gewählt worden. In den Bezirken Wratza und Widdin haben die Wahlen nicht zu Ende geführt werden können, da es in Folge der erbitterten Haltung der Parteien zu blutigen Zusammen⸗ stößen kam, namentlich in Wratza, wo eine Person getödtet und mehrere verwundet wurden. Die Nationalver⸗ . ist auf den 7. Juli nach Tirnowa berufen worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. Juni. (W. T. B.) Der „Regierung s-⸗Anzeiger“ bespricht in sympathischer Weise den Besuch des Königs von Griechenland in St. Petersburg und sagt: der König Georg habe Rußland gegenüber stets die freundschaftlichsten Gefühle an den Tag gelegt, und zwar ungeachtet des Um⸗ standes, daß das griechische Parlament und die Minister, be⸗ einflußt von einer in russenfeindlichem Sinne geleiteten Parteiagitation, bisweilen die Ansichten des Königs nicht theilten. Ohne die Grenzen der Konstitution zu überschreiten, habe der König Georg verstanden, diese Leidenschaften zu zügeln und habe damit Griechenland einen nicht unwichtigen Dienst erwiesen, indem er die guten Beziehungen des Landes mit der mächtigen, mit Griechenland durch denselben Glau⸗ ben verbundenen, nordischen Monarchie aufrecht erhalten habe.

Amerika. New⸗York, 15. Juni. (Allg. Corr.) Die politische Situation wird im Hinblick auf dies Erhebung der unabhängigen Republikaner gegen die Aufstellung Blain es zum Präsidentschaftskandidaten interessant. Die un⸗ abhängigen Republikaner begünstigen im Allgemeinen die Nominirung Clevelands, des Gouverneurs von New-York von Seiten der Demokraten, und man glaubt, erstere Partei

e. ersucht die Demokraten, dieses Verfahren einzu⸗ schlagen.

18. Juni. (W. T. B.) General Butler hat seine Nomination für die Präsidentschaft von Seiten der National⸗ Konvention der Greenback-⸗Partei angenommen.

Asien. China. Aus Tientsin vom 16. . meldet die „Times“: Die Kaiserliche Regierung hat Vorschläge bezüglich der Einführung von Eisenbahnen in China ein⸗ gefordert.

Afrika. Egypten. Kairo, 16. Juni. (Allg. Corr.) Ein Telegramm von Mason Bey, dem Gouverneur von Massaua, meldet, daß Admiral Hewetts Mission am 12. d. dahin zurückgekehrt ist und zwar mit dem Ergeb— niß, daß König Johann von Abessinien sich verpflichtet habe, den Entfatz der Garnison von Kassala durch einen Marsch über Gallabat zu sichern. Amtlichen Berichten zufolge haben sich die Gallas zu diesem Zwecke in Adowa versammelt. König Johann wird Kassala und Kalabat ent— setzen. 30 000 Mann des Gallas-Stammes, die in Adowa zu— sammengezogen sind, werden den Barka⸗Fluß hinabsteigen und die Territorien des Beni Amer betreten, während der König in nordwestlicher Richtung über Abiabo nach dem Sudan zu marschiren gedenkt. Sir Evelyn Wood, der Befehlshaber der egyptischen Armee, dementirt die Behauptung, daß der Rücktritt der englischen Unteroffiziere in Suakim wegen von den egyptischen Truppen bewiesener Feigherzigkeit erfolgt sei und erklärt, daß dieselben wegen mißlicher Gesund— heit ihre Posten niederlegten. Eine Compagnie englischer Genietruppen wurde nach Suakim beordert.

16. Juni. (A. C) Der Mudir von Don— gola wurde, wie bereits kurz gemeldet, von dem Mahdi zum Emir der Provinz ernannt. In dem Begleitschreiben wird er aufgefordert, sich, wenn ihm das Heil seiner Seele lieb sei, sofort der Sache des Mahdi anzuschließen. Zum Schluß einer langen religiösen und fanatischen Auseinandersetzung heißt es, daß der Mudir, wenn es ihm möglich, Dongola für den Mahdi halten solle; andernfalls solle er die Stadt räumen und sich mit seinen Truppen auf El Obeid zurückziehen. Der Emir Schemaun macht eifrige Propaganda für den Mahdi. Vor einigen Tagen suchte er den Scheich Jebran auf und trachtete, ihn zu bewegen, sich der Sache Mohammed Achmeds anzuschließen. Die Bevölkerung von Assuan scheint durch die Nachricht von dem Falle Berbers in großen Schrecken versetzt worden zu sein. Die meisten Ein— wohner wandten. sich zur Flucht. Kapitän Bedford fuhr, als er von der ausgebrochenen Panik hörte, mit einem armirten Dampfer nach Assuan, und seine Anwesenheit hat die er— schreckten Einwohner theilweise beruhigt. In einem Tele⸗ gramm des Gouverneurs von Massaua heißt es, daß Bischof Sodaia Rachrichten aus Khartum erhalten habe. Diesen zu— folge ist General Gordon, nicht im Regierungspalast, sondern in der katholischen Mission in Khartum verschanzt. Die Mission besteht aus einem schönen Gebäude mit sehr star— ken Mauern, ist auf drei Seiten von einem Graben und einer starken Mauer umgeben und auf der vierten Seite vom blauen Nil begrenzt. Innerhalb der Einfriedigung befinden sich drei Brunnen, 1560 Dattelpalmen und Hunderte von Drangenbäumen. Khartum ist höchstens von 20 0090 Rebellen belagert. Die Armee, welche auf Dongola marschirt, zählt nicht mehr als 4000 Mann. Eine größere Truppenzahl könnte wegen Mangels an Wasser und Mundvorräthen nicht ope⸗ riren. Die Compagnie Genietruppen, die den Befehl erhalten hat, sich nach Sua kim einzuschiffen, wird dort einen Landungssteg herstellen, um die Löschung des Materials für die von Suakim aus zu erbauende, 5 Meilen lange Eisen⸗ bahn zu erleichtern. Die für diesen Bahnbau erforderlichen Arbeiter werden von London aus nach Suakim geschickt werden.

Alexandrien, 18. Juni. (W. T. B.) Nach telegra— phischen Berichten aus Suakim ist in vergangener Nacht ein ernen ter Angriff auf die Stadt gemacht, aber von den Forts zurückgewiesen worden.

Seitungsstimmen.

Die „Berliner Börsenzeitung“ bemerkt zu der Diskussion über die Dampfervorlage:

... . Der praktische Mann läßt sich selbst durch die schönsten Reden nicht von feiner im Kampfe des Lebens gewonnenen Ueber— zeugung ablenken, und die Anhänger der nationalen Arbeit, zu denen wir fast das ganze deutsche Volk rechnen können, verstehen es nicht, daß man nach Einsicht der Fehler, welche durch Ablehnung der Samoa⸗Vorlage gemacht worden sind, nunmehr wiederum

alle Hebel in. Bewegung fetzt, die nationale, überseeisch Wirthschaftspolitik nochmals zu Falle zu hringen. Die Darlegung der sachlichen Verhältnisse des Staats sekretãrt

Fr. Stephan, die in den warmen Worten gipfelte: Höher als diese ECinzelnheiten steht aber den verbündeten Regierungen der allgemeine und nationale Gesichtspunkt in dieser Vorlage, die Erweiterung ded Absatzmarktes, die Steigerung des Werthes der einheimischen Pro. duktion, die Förderung des Exports und, die Vervielfältigung aller hieran sich knüpfenden Beziehungen,“ hat im Parlamente nicht jenen Widerhall gefünden, den sie gewiß in allen kommerziellen und industriellen Kreisen gefunden. Der Industrie und namentlich der Mon⸗ tanindustrie würde ein erneuter Impuls gegeben zur Mehrung der. Arbeit und des Nationalvermögens, da mit Sicherheit zu erwarten ist . da die Reichzregierung beabsichtigt, auf deutschen Werften die Schiffe mit deutschem Materiale zu bauen und deutsche Kohlen womögli ausschließlich zu verwenden, wie diese Grundsätze ja schon seit langen Jahren bei der deutschen Marine zur Anwendung gekommen sind Finem großen Theile der Arbeitslosen würde Arbeit geboten und wahrscheinlich würden auch bald die finanziellen Ergebnisse vieler in⸗ dustrieller Werke sich günstiger gestalten. Auf die Dauer aber werden die Schiffssinien selbst der ganzen Nation direkten Vortheil bringen.

Das „Kleine Journal“ schreibt zu demselben Gegenstande:

Das wirkliche Hauptmotiv der Regierung hat der Redner (hr. Bam⸗ berger) nicht widerlegt, auch nicht eingehend gewürdigt, sondern nur flüchtig berührt. Es heißt: Mangel direkter Sc nell verbindu rg Derr Bamberger setzte weitläufig auseinander, daß der deutsche Hang ert Sæifen teinck Mangel Sleide, er meinte, da sbon 6 deutsche Vampfer mondtlich nach Sstasien und Australien gingen, würde ein Dampfer mehr im Monat gar nichts ausmachen un fragte, ob denn der ganze Handel sich dieses einen Schiffes bedienen sollte; ob Gegenstände, die schnell befördert werden müßten, vier Wochen bis Jui Äbgange dieses Poftdampfers warten sollten; andern falls könnte dieser nur einem kleinen Theile der Güter im deren Versand gerade mit dem Abgange des Schiffes zusammenfiele. er, Bamberger, der immer klare, siffermäßige Angaben verlangt. lit an diefer Stelle solche vermissen. Er hätte sich über * Maß der Verspätung der jetzt die Tour machenden Schiff

werde ihm direkte Unterstüͤtzung gewähren. Die New-⸗Yorker

gegen die Schnelldampfer anderer Nationen unterrichten můssen; diese

Verspätung durch langsame Fahrt und durch das Anlaufen von Feier e ist so bedeutend, daß der Versand geraume Weile des of dampfers harren kann, um doch früher zum Ziele zu kommen, als wenn er sofort mit jenen Schiffen expedirt waäͤre. Dies kommt 2 3 61 4 ee geen ng in Betracht, erkürzung des Au a em Schi 5

dr . 26 g fenthaltes auf dem Schiffe größtes anz unbeachtet wird gelassen, daß die vorgeschlagene Einrichtun

nur dem Handel und Verkehr eine neue * ic ö. Möglichkeit schnellen und direkten Verkehrs ist das Moment, welches die Aufmerksamkeit erregen und neue Verbindungen schaffen wird; die Schnellverbindung auszubilden und zu erweitern wird man hernach getrost der Privatspekulation überlassen können. Ist die beabsichtigte Ausgabe an sich geeignet, der nationalen Woblfahrt zu dienen, so kann ihr nicht mit dem Hinweise auf die eventuelle Vermehrung der Steuern der Boden entzogen worden. Die Aeußerungen des hervorragend sachkundigen Abg. Meier (Bremen), welcher von der Einrichtung großen Nutzen erwartet und

namentlich auf die nahe Erschließung des ganzen chinesischen Reiches Gewicht legt, scheinen uns in dieser Sache n achtung zu verdienen, als die Einwendungen Bambergers. Der Abg. Meier sagt, die bestehenden Linien gäben zu

schweren Klagen Anlaß, gleichwohl würden sie durch die Postdampfer nicht geschädigt werden, denn wo eine feste Verbindung sei, da ziehe sich der Verkehr hin. Bamberger widerspricht sich selbst in ekla—⸗ tanter Weise, indem er einerseits den eventuellen Postdampferdienst als minimal bezeichnet und die Kosten des damit beförderten Briefes auf 100 „M berechnet, andererseits die Privatindustrie als bedroht er nil. so daß schon jetzt Niemand wagen werde, ein Schiff zu auen!

Der Abg. Bamberger ist im Irrthume, wenn er sagt, die sehr verbreitete Sympathie für die Vorlage entspringe ausschließlich der Hoffnung auf Hebung des Handelt, der Wunsch, es dem Auslande gleichzuthun und von diesem unabhängig zu werden, spreche nicht mit, aus einer Art von point d'honneur werde man nicht Millionen ausgeben wollen. Nach unserer Ueberzeugung spielt bei jener Sympathie der Bevölkerung das, nationale point d'honneur eine sehr bedeutende Rolle. Niemand ist so thöricht, den vollen Er— folg schon von dem ersten Schritte und in den ersten Jahren zu er— warten. Aber für verkehrt halten wir es, die Einleitung einer er— sprießlichen Einrichtung von der Hand zu weisen, weil sie nicht gleich das Höchste leisten kann, sondern aus sich selbst heraus und unter der Gunst des wachsenden Verkehrs sich entwickeln muß.

Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Hamburg geschrieben:

Die Verweisung der Postdampsschiff Vorlage an eine Kommission hat in den hiesigen Rhederkreisen bei weitem nicht die pessimistischen Gefühle geweckt, mit welchen zahlreiche Blätter dem weitern Schicksal der Vorlage entgegensehen. Hier in Hamburg, wo man auf Grund praktischer Erfahrungen ermessen kann, welchen Segen man von genügend unterstützten Posteampfschifflinien nach Australien und Ostasien erwarten darf, lebt man vielmehr der Hoffnung, daß sich in der Kommission auch durch Zahlen das ausdrücken läßt, was den Frei sinnigen bis her nur als der Ausdruck eines übertriebenen National⸗ gefühls erschienen ist. Vorläufig mag der Hinweis des Fürsten Bismarck „auf die Ausführungen des Hamburgiscken Correspon- denten, in welchem das Promemoria der deutschen Dampfschiffsthederei zum Abdruck gelangt ist“, manchen Denkenden aus der unfrucht— baren Oede der Bambergerschen Dialektik wieder auf den richtigen Weg bringen. Für Hamburg stehen zwar die materiellen Ergebnisse der Dampferlinien im Vordergrunde, trotzdem hat aber doch der nüchterne Hohn, mit welchem Hr. Bamberger die nationale Seite der wichtigen Frage behandelte, auch bei uns einen üblen Eindruck gemacht, und man wird auch hier bald erkennen, daß die auffallende Uebereinstimmung der politischen und wirthschaftlichen Opposition, welche die Freisinnigen jeder von der Regierung eingebrachten Vor lage von vornherein zu machen pflegen, aus der Quelle eines parla— mentarischen Uebermuthes fließt, der niemals zum Segen des Vater— landes dienen kann.

Der „Schlesischen Zeitung“ wird aus dem säch— sischen Vogtlande berichtet: ch

Im sächsischen Vogtlande, in welchem sonst wohl um diese Zeit meist über einen Nothstand geklagt wird, werden derartige Klagen diesmal erfreulicher Weise nicht laut; es fehlt weder an Arbeit noch an Brod und Kartoffeln, namentlich finden die Handweber hinläng—= lich Beschäftigung.

Amtsblatt des Reich s-Posta mts. Nr. 28. Inhalt: Verfügungen: vom 11. Juni 1885. Eröffnung der Eisenbahnstrecke Breslau Koberwitz (Bz. Breslau).

Marineverordnungsblatt. Nr. 13. Inhalt: Zulage für Unteroffizierdienste leistende Mannschaften der Matrosen⸗ und Werft-Divisionen. Benutzung der Eisenhahnen Deutschlands. Kohlen in der Südsee. Brüniren von Geschützen. Kilo— meterzeiger zur Berechnung der Umzugskosten. Geldbeschaffung. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Statistische Nachrichten.

Der . Berggeist , Zeitung für Berg= Hüttenwesen und Industrie, giebt nach amtlicher Mittheilung einen Bericht über die Ergebnisse der Salzproduktion des Hallischen Ober⸗Bergamtsbezirks im 1. Kalender⸗ vierteljahr 1884. Danach betrug zunaͤchst in Bezug auf Steinsal; im Regierungsbezirke Magdeburg die Zahl der betriebenen Steinsalz⸗— bergwerke und Salinen 3, die mittlere Belegschaft derselben 757, im Regierungsbezirk Erfurt die Zahl der Werke und Salinen 1, die Be⸗ legschaft zo, in beiden zusammen also die Summe der Werke 4, die mittlere Belegschaft 827. Die Zahl der Kalisalzwerke im Magdeburger Bezirk betrug 5 mit einer mittleren Belegschaft von 2158. Die Naturalcinnahme an Saljbeständen am Anfang des 1. Kalendervierteljahrs im Magdeburger Regierungsbezirk betrug S357 t und 409 ig, im Erfurter Bezirk 367 t und 762 kg, zu- sammen also 5720 t und 171 kg, Reue Förderung und Produktion im Magdeburger Bezirk ergab 36 7958 t und a6 kg, im Erfurter Bezirk 5944 1 und 160 Kg, zusammen also 43 744 t und 96 Kg. An Kalisalz im Magdeburger Bezirk betrug der Bestand am An— fange des Viertesjahrs 5804 t und 573 kg, neue Förderung 255 753 t und 22) Eg. Außerdem Boracit 8 t und 400 kg.. Die Naturalausgabe wies an Abfatz auf im Magdeburger Bezirke im 1. Kalenderdierteljahr 34474 t So? Kg, im Erfurter Bezirk 6544 t Oos kg, zusammen also 410186 995 kg. An Kalisalz im Magdeburger Bezirk 256 079 t 267 Eg. Zur Bereitung anderer Produkte wurden verbraucht im Erfurter Bezirk 707 t 400 Fg, an Kali 21 t. Bleibt Beftand am Schlusse des 1. Kalendervierteljahres für Magdeburg Ißs2st 138 Eg, für Erfurt 55 t 814 kg, zusammen 7537 t gö27 Eg, an Boracit 5465 t 917 kg. Ein Vergleich mit dem Vorjahr für Magdeburg an Förderung und Pro. duktion im 1. Kalendervierteliahr 1883 ergiebt 30549 t z66 kg, für Erfurt s6s2 r 123 kg, zusammen ahso 57481 t yz kg, an Kai für Magdeburg 165 791 t 416 kg, an Boracit 9 t. 259 kg, also für 1884 größer um 6230 t 246 Eg fur Magdeburg, 312 37 Eg für Erfurt, Kalifal; S9 gösln t 6bt kg, an Boracit S6) Eg. Der Absatz im 1. Kalenderviertelsa hr 1883 belief sich auf 29 869 1 412g für Magdeburg, auf 636 t S6 1. Eg für Erfurt, an 165 318 t 273 Et Kali für Magdeburg, alfo für 1583 größer für Magdeburg um 4605: 185 KL, füt Erfurt 57 t 47 kKg, für Magdeburg an Kali 4862 t 632 kg. II. Siedesalze. Die Zahl der im Magdeburger Regierungsbezirke be= triebenen Siedesalzwerke betrug J mit 335 Mann Belegschaft, die im Merfeburgẽer Bezirk 4 mit 324 Belegschaft, die im Erfurter 1 mit z, zusammen also 6 mit 668 Belegschaft. Naturaleinnahme. Die

Salibestände am Anfang des 1. Kalendervierteljahres beliefen sich auf 4315 t 872 kg im Magdeburger Bezirk, auf 3062 t 85) kg im Merseburger, auf 65 t O69 Eg im Erfurter, zusammen auf 7445 t [91 kg. Neue Förderung und Produktion für Magdeburg belief sich auf 16448 * 500 Kg, für Merseburg auf 11750 t, für Erfurt auf 617 t 850 kg, zusammen also 28 8186 t 359 kg Das Ueber⸗ maß betrug 134 t 220 kg im Merseburger Bezirk. Natural⸗ ausgabe. Der Absatz im J. Kalendervierteljahr belief sich für Magde⸗ burg auf 12565 t 204 kg, für Merseburg auf 10002 t 3537 kg, für Erfurt auf 521 t 100 Eg, zusammen auf 23088 t 641 kg. Zur Bereitung anderer Produkte wurden verbraucht für Magdeburg 1292 133 Eg, für Merseburg 2037 115 kg, für Erfurt 92 t 280 kg, zu- sammen 3421 t 548 kg. Deputate für Magdeburg 26 241 1g, für Merseburg 264 I49 kg, zusammen 3 t 190 kg. Die Natu⸗ ralausgabe belief sich insgesammt für Magdeburg auf 13359 t 598 Kg, für Merseburg auf 12042: t 401 kg, für Erfurt 613 t 380 kg, in Summa 26 515 t 379 kg. Es bleibt Bestand am Schlusse des 1. Kalendervierteljahres für Magdeburg 6904 t 774g, für, Merseburg 25604 t 669 kg, für Erfurt 69 t 5s Kg, zusammen 2878 t 982 kg. Ein Vergleich mit dem Vorjahre ergiebt an Förderung und Produktion im 1. Kalendervierteljahr 1883 für Magdeburg 16015 t 500 Kg, für Merseburg 11346 t 900 kg, für Erfurt 535 t 350 g, in Summa 27 895 t 750 kg, also für 1884 größer für Magdeburg um 438 t, für Merseburg 403 t, für Erfurt S4 t 500 kg, in Summa 920 t 600 kg. Der Absatz im 1. Ka⸗ lenderviertelsahr 1883 betrug für Magdeburg 11989 t is? kg, für Merseburg 59785 t 700 kg, für Erfurt 452 t 100 kg, in Summa 22226 t 987 kg, also für 1884 größer für Magdeburg um 576 Ol7 kg, für Merseburg um 216 t 6537 Kg, für Erfurt um 69 t, zu— sammen also um 861 t 654 kg. III. Vieh⸗ und Gewerbesalz. Die Naturaleinnahme im Magdeburger Berk betrug an Beständen zu Anfang des ersten Kalendervierteljahres 152 kg; für den Merse— burger Bezirk 234 455 kg, für den Erfurter Bezirk 8 t 00 Eg, in Gesammtsumme also 243 t 507 kg. Neue Förderung und Produktion 1298 t 686 kg für den Magdeburger Bezirk, 20473 t S850 kg für den Merseburger und 921t 800 kg für den Erfurter Bezirk, jusammen 3439 t 356 kg; zusammen alles in allem 3682 t 845 kg. Na— turalausgabe betrug an Absatz im 1. Kalenderrierteljahr 1298 t 1487 kg für Magdeburg, 2037 t 325 kg für Merseburg, 86 t 700 kg für Erfurt, zusammen 3420 t 512 kg. Es bleibt Bestand am Schlusse des 1. Kalenderbierteljahres für Magdeburg 351 kg, für Merseburg 244 t 980 kg, für Erfurt 17 t, zusammen also 262 t 331 kg. Ein Vergleich mit dem Vorjahre ergiebt an Förderung und Produktion im 1. Kalendervierteljahr für Magdeburg 1289 t O13,5 kg, für Merseburg 2071 t 805 kg, für Erfurt 93 t 750 kg, zusammen also 3454 t 568,5 kg, also größer für 1384 um 9t 6725 kg für Magde burg, geringer um 23 t 9g55 kg für Merseburg, 950 t für Erfurt. Der Absatz im 1. Kalenderiahr 18383 betrug für den Magdeburger Regierungsbezirk 12881 712,5» kg, für den Merseburger Bezirk 2178 t 760 kg, für den Erfurter 98 t 050 kg, zusammen 3565 t 522,5 kg, also für 1884 größer um 9st 774,5 kg für Magdeburg, geringer um 141 t 435 kg für Merseburg, 13 t 350 kg für Erfurt, zusammen also 145 t Ol0,5 kg.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Werke: Das englische Verwaltungsrecht der Gegenwart in Vergleichung mit den deutschen Ver⸗ waltungssyste men,“ von Rudolf Gneist, 3. nach deutscher Systematik umgestaltete Auflage, deren erster Band im verflossenen Jahre erschien, liegt jetzt der zweite Band vor (Berlin N. 1884, Verlag von Julius Springer, Preis 13 „6, der auch die Vorrede zur dritten Auflage enthält. In derselben macht der Verfasser darauf aufmerksam, wie unbekannt noch vor einem Menschenalter, selbst in England; das englische Verwaltungsrecht und wie schwierig es ge— wesen sei, aus dem vorhandenen ungeordneten Material eine Ueber sicht über die dortigen Einrichtungen zu gewinnen, so daß der Ver⸗ fasser die erste Auflage dieser Schrift (Geschichte und Gestalt der Aemter in England, 1857) wohl mit einigem Recht mit einem Gang durch den Urwald habe vergleichen können. In der zweiten Auflage (das englische Verwaltungsrecht 1866, 1867, zwei Bände) sei dann diese Arbeit weiter fortgeführt worden zu einer zusammenhängenden Geschichte des englischen Verwaltungsrechts und zu einer Darstellung der heutigen Verwaltungsdepartements, welches ungefähr die Mitte zwischen der herkömmlichen englischen Gruppirung und einer deutschen Verwaltungsordnung hielt und deshalb zu einer fortlaufenden Ver⸗ gleichung einigermaßen geeignet war. Nachdem der Verfasser diese Parallelen in der Schrift Verwaltung, Justiz, Rechtsweg u. s. w. (Berlin, 1869) wirklich gezogen hatte, hat er in weiterer Verfolgung des eingeschlagenen Weges in dieser 3. Auflage den Stoff so völlig umgestaltet und modernisirt, wie sich allenfalls auch ein deutsches Verwaltungsrecht schreiben ließe. Diese sehr zweckmäßige Umarbei⸗ tung war norhwendig, weil seit der 2. Auflage mehr als hundert wichtige Verwaltungsgesetze, manche von dem Umfang eines deutschen Gefetzbuchs, der englischen Gesetzsammlung angewachsen und mehr als 1400 Foliobände legislatorischen Materials in den Parlaments⸗ papieren hinzugekommen sind. Damit sind auch piele Tau— sende alter Parlamentsstatuten aufgehoben worden, so daß die Gesetzgebung erst jetzt übersichtlich und deren umfassende systematische Darstellung möglich geworden ist. Dem Verfasser gebührt das Ver— dienst, selbst den Engländern hierin zuvorgekommen zu sein, und sein Werk wird somit auch in Deutschland nicht nur das Interesse jedes Gebildeten wecken, da es ihm das Verständniß der englischen Verwaltungsrerbältnisse ermöglicht, sondern es hat fur unser Vater— land, in dem sich der Kreis der Selbstverwaltung in den letzten Jahren so erheblich erweitert hat, auch eine eminent praktische Bedeutung. Den Verwaltungsbeamten ist die Kenntniß des großartigen hier ge— schilderten Verwaltungsbaues ebenso unentbehrlich wie dem Juristen, der eine unbefangene Anschauung über sein Verhältniß zur Verwal⸗

tung gewinnen will. Der vorliegende zweite Band be⸗ handelt im III. Buch die Einzel gebiete des Verwaltungs rechts, und zwar 1) das Gebiet der Verwaltung des Aus—

wärtigen, 2) der Kriegsverwaltung, 3) der Kriegsmarine, 4) der Finanzverwaltung, 5) der Verwaltung des Innern nach dem Dyste mn der Friedensbewahrung, 6) desgl. nach dem System des Lokal- Government, 7) Gebiet des Handels, der Schiffahrt und der Eisenbahnen, 8) Gebiet der Justizverwaltung, 9) der Staatskirche, 10) der Universitäten und der gelehrten Professionen, 11) den Anschluß der Provinzen, Kolonien und auswärtigen Besitzungen an die Verwaltung Englands. Es verdient noch besonders hervorgehoben zu werden, daß der gelehrte Verfasser die Darstellung des englischen Verwal⸗ tungsrechts soweit wie möglich objektiv gehalten l. daß er aber in den Anmerkungen auch die Kritik, zu welcher er als Kenner der britischen Zustände vorzugsweise berufen ist, dem Leser nicht vor- enthält, der das englisce System auf seine Uebertragbarkeit auf deutsche Verhäl tnisse prüfen möchte, Ein Sachregister erleichtert das Zurechtfinden in dem reichen, aber sehr übersichtlich geordneten Mate rial, welches der 1144 Seiten starke Band enthält.

Ploß, Dr. med. H., Das Weib in der Natur- und Völkerkunde“, Anthropologische Studien. Erste Lieferung. 128 S. gr. 8. Preis 2 M (Vollständig bis Ende dieses Jahres in acht Lieferungen zu gleichem Preise) Th. Griebens Verlag. Leipzig. Der Verfasser, bekannt durch sein in mehreren 2 verbreitetes anthropolozisches Werk „Das Kind in Brauch und Sitte der Völker“, stellt sich in seinem neuen Buche die Auf⸗ gabe, die Naturgeschichte des Weibes, vorzugsweise vom völkerkund- lichen Standpunkte aus, zu behandeln und in demselben ein Bild vom Leben und Wesen des Weibes, wie es sich zu allen Zeiten und in allen Erdtheilen den Augen des Natur und Kultur forschers darstellte, zu entwerfen. Schon die erste Lieferung enthält eine große Menge interessanter Thatsachen und Schilderungen, wie sie übet dasselbe Thema in gleicher Art und Reichhaltigkeit noch nicht geboten wurden, und läßt der Fortsetzung mit Spannung entgegen sfehen. Das Leben des Weibes zeigt bei den Naturvölkern und häufig sogar in civilisirteren Ländern, abgesehen von den Erscheinungen frü⸗ herer Jahrhunderte, noch heute Gebräuche, beispielsweise hinsichtlich

der Beziehungen zu Mann und Kind, der Geburten, des Aberglaubens, der gesellschaftlichen Stellung ꝛc, welche uns in Rücksicht auf unsere

eigenen Zustãnde als rein unmöglich und unglaublich erscheinen möchten. Diese werden hier in wissenschaftlicher, doch leicht verstãnd⸗ licher Weise dargelegt. Wir werden auf das Werk bei seinem weitern Erscheinen noch zurückkommen.

Neuenburg und Umgebung“ von A. Bachelin, mit 20 Illustrationen von I Weber und F. Huguenin. (Europäische Wanderbilder Nr. 53— 54. Verlag von Orell Füßli u. Co. in Zürich (Preis 50 5). Reuenburg ist nicht nur durch seine herrliche age an dem gleichnamigen See und durch seine Umgebungen berühmt, sondern fast mehr noch durch seine großartigen Stiftungen, gelehrten und Kunstanstalten. Dahin führt uns. in vorliegendem Büchlein Kunstmaler Bachelin, der ein anziehendes Landschaftsgemälde der Stadt am See mit der großartigen Rundsicht auf die lange Kette der schneebedeckten Alpen vor Augen führt und mit kundigem Blick die Schönheit der vielen Sehenswürdigkeiten hervorhebt. Das Büchlein ist mit 20 guten Holjschnitten illustrirt. Bilder wie der Marktplatz und „Schloß Valangin“ machen der Kunstanstalt von Drell Füßli u. Co. alle Ebre.

Kirchhoff u. Wigand in Leipzig haben über ihr anti— quarisches Bücherlager vor Kurzem wiederum 3 Kataloge, Nrn. 706 70s, veröffentlicht. Katal. T 6 enthält unter der Ueber— schrift Schöne Künste, Kupferwerke, Curiosa, ein Verzeichniß von 1495 Schriften, welche unter folgende Abtheilungen vertheilt sind: IJ. Theorie und Technik der Kunst; II. Kunstgewerbe und Photographie; III. Kunstgeschichte, Kunstdenkmäler, Galleriewerke; IV. Interessante Drucke, sowie ältere illustrirte Werke; V. Neuere illustrirte und Porträtwerke; VI. Vermischtes und Curiosa (1) Curiosa, Facetien, Satiren; 2) Ana, Emblemata; 3) Magie, Dämonologe. Hexenglaube. geheime Wissenschaften; 4) Magnetismus, Spiritismus; 5) Schreibkunst, Stenographie, Geheimschrift; 6) Theater, Ballet und Tanz; 7) Mnemonik, Blinde, Taubstumme; 8) Schach und andere Spiele; 9) Fechtkunst und Duell, sowie Gyvmnastik; 10) Reit- und Pferdekunde; 11) Jagd, Falknerei, Fischerei; 12) Prähistorik, Anthropologie, Eihnologie; 13) Kultur und Sittengeschichte, sowie Mythologie; 14) Ceremoniel, Hof— leben, Festlichkeiten, sowie Trunk; 15) Ritter und Ordenswesen, Turnier, Waffen, alte Militärwissenschaft; 16) Kostüm. Toilette, Kosmetik; 17) Haushalt, Kochkunst, sowie Lustgärten. Kat. 707, „‚Land⸗ und Forstwinrthschaft, Gartenbau, Thierheilkunde“, führt 517 Schriften an und zwar unter folgenden Rubriken: J. Land⸗ wirthschaft, Viehzucht, Weinbau, Landwirthschaftliche Gewerbe; II. Gartenbau; III. Veterinärmedizin; IV. Forstwissenschaft. Kat. 708 endlich, Mathematik, Astronomie, Physik und Chemie, Technik“, die Bibliothek des Professors J. Helmes enthaltend, ver⸗ zeichnet 619 Schriften über die soeben genannten Materien und zwar unter folgenden Abtheilungen: J. Geschichte der exakten Wissenschaf— ten, sowie Vermischtes; II. Mathematik und Astronomie; III. Phy— sikalische Geographie, Meteorologie, Nautik; IV. Die vierte Dimen⸗ sion (Spiritismus); V. Physik und Chemie; ß. Technische Wissen— schaften. Alle 3 Kataloge enthalten werthvolle Schriften.

Die in Leipzig und. Berlin den 21. er. erscheinende Nr. 2138 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Mittsommer. Gemälde von Jan van Beers. Nach einer Photographie aus dem Verlage von A. Block in Paris. Das Velocipedwett⸗ rennen auf der neuen Veloeipedbahn zu Leipzig: Der Eröffnungskorso. Originalzeichnung von F. Waibler. George Taylor (Professor Adolf Hausrath). Deutsche Burgen und Schlösser: Schloß Wohn⸗ witz in Schlesien. Originalzeichnung von Aug. H. Plinke. Die Frübjabrsparade der Potsdamer Garnison am 30. Mai. Original zeichnung von H. Lüders. Zweiseitig. Von der letzten Wiener Pferdeausstellung. 7 Abbildungen. Driginalzeichnungen von Franz O'Stückenberg. Die österreichischen Wottenmanöver; Die Panzer fregatte Tegetthoff (Flaggenschiffl. Nach einer Zeichnung von A. Kircher. Das Orientalische Hochstift in Maybury bei London. Moden: Neues Kostüm für die Brunnenpromenade. Modernes Reitkleid. Algerischer Capuchon. Schützenkostüm. Veloeipedisten⸗ kostũm. Frauenzeitung: Frau v. Kolemine. Polwvtechnische Mittheilungen: Geistererscheinungen auf der Bühne. Einrichtung der Bühne für Geistererscheinungen.

Gewerbe und Handel.

Berliner Wollmarkt. 18. Juni. Die Einlieferungen auf dem eigentlichen Wollmarkte nahmen im Laufe des Nachmittags regen Fortgang in vorher gemeldeten und nichtgemeldeten Posten, so daß augenblicklich absolut nicht zu sagen ist, ein wie großes Quantum bei Beginn des Marktes vorhanden sein wird. Gelagert sind bis jetzt ca. 1. 400 Ctr. in Bahn und Landsendungen; größere Partien werden noch per Ostbahn und per Stettiner Bahn erwartet. Vor zugsweise vertreten sind preußisce, posensche und hinter— pommersche Wollen. Einzelne größere Grundbesitzer in Hinter⸗ vommern haben. mit Umgehung des Stettiner Marktes ihre Wollproduktion direkt hierher verladen. Neben Produ zenten ist die große Zahl kleiner posenscher und preußischer Händler bemerkenswerth, von denen sich oft eine ganze Anzahl zusammen— gethan hat, um die Schur einer Domäne an sich zu bringen. Fa— brikanten erschienen in sehr geringer Zahl, die auffallend gegen frü— heie Jahre abstach. Sie sosdirten die Stimmung und tauschten mit den Inhabern hiesiger Kommissions firmen, die ziemlich beträchtliche Quantitäten auf dem Markt haben, ihre Meinung über die augen— blickliche Konjunktur aus. Auf den Lägern gab sich nur schwaches Leben kund. Auch auf Liesen waren verhältnißmäßig wenige inlãndische Fabrikanten und Kammgarnspinner anzutreffen. Dieselben sind voll und ziemlich lohnend beschäftigt, scheinen aber nur von Hand zu Mund . zu wollen, da sie wissen, daß neben deutschem Produkt die überseeischen Wollen ihnen zur Befriedigung ihres Bedarfs stets zur Verfügung stehen. Wenn auch irgendwie nennenswerther Kaufeifer absolut mangelte, so hexrschte doch Meinung für ansprechende AAA Ramm - und gute Stoffwollen. Während Eigner dieselben meist auf vorjährige Preise halten, bestehen Reflektanten auf einem Preikabschlag von einem paar Thalern, und ist es aus diesem Grunde bisher nur zu vereinzelten, meistens nur ein oder wenige Schäfereien umfassenden Ab— schlüsen gekommen. Mit Ausnahme erwähnter Gattungen wurde fast nichts kontrahirt und scheint es schon jetzt erkennbar, daß, je geringer die Qualitäten, je größer der Werthabschlag gegen das Vorjahr sich herausstellen wird. Daß bei dieser Sachlage maßgebende Notirungen nicht anzugeben sind, ist erklärlich, doch wollen wir zur ungefähren Orientirung nicht unerwähnt lassen, daß AA A-Kammwollen vereinzelt ca. 60 Thlr., gute Stoffwollen etwas über Mitte der 50er bis hoch 50er Thlr. erzielten.

19. Juni, Mittags. Beim heutigen Beginn des offiziellen Marktes auf dem alten Viehhof lagerten auf demselben, per Bahn zugeführt: 11 650 Ctr, pr. Fuhrwerk angerollt: 5400 Ctr., zusammen 17050 Ctr.ů d. i. gegen das Vorjahr weniger 4108 Ctr. Hierzu be⸗ merken wir jedoch, daß im Laufe des Vormittags noch beständig Wollen eintrafen, so daß das Endresultat noch nicht definitiv zu über⸗ sehen ist. Auf den Stadtlägern befanden sich zu gleicher Zeit nach amtlicher Ermittelung 72 800 gegen 78 600 Ctr. in 1883, mithin weniger 5800 Ctr. Das gesammte am Markte befindliche Quantum umfaßte demnach ein Minus von 9908 Ctr. Das Geschäft auf dem eigentlichen Markte eröffnete in höchst lässiger Weise. Inländische Fabrikanten waren zahlreich erschienen, besahen sich die einzelnen Posten, fragten nach deren Preis, und wenn sie denselben hörten, drehten sie sich kur; um und gingen weiter, ohne ein Gebot zu machen. So kam es, daß bis gegen 8 Uhr erst 7 kleinere Pöstchen den Besitzer gewechselt hatten. Um diese Zeit ergingen Seitens der Reflektanten wenigstens Gebote, die sich noch 6 bis 12 * unter vorjährige Preise stellten.

Die New Yorker Handels ⸗Zeitung“ meldet in ihrem vom 6. Juni er. datirten Wochenbericht: Das Geschäft am Waaren- und Produkten markt ist diese Woche fast in allen Branchen still gewesen. Brodstoffe hatten vorwiegend weichende

Tendenz und im Ganzen genommen ruhigen Verkehr. Nur Weizen