1884 / 145 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Jun 1884 18:00:01 GMT) scan diff

In demselben Sinne äußerte sich der Abg. Frhr. von und zu Aufseß.

Der Abg. Kochhann (Landsberg) sprach gegen den Antrag Lipke. Die Kommission sei der Meinung gewesen, daß zu niedrige Aktienbeträge die Ersparnisse der kleinen und kleinsten Leute bei einem Bankerott oder bei schlechter Geschäftsführung der Aktiengesellschaften in Mitleidenschaft iehen würden. Ueber den Betrag von 1090 6 hinauszugehen, 9 bedenklich, weil sich dadurch ein gefährliches Antheilwesen an den Einzelaktien herausbilden würde. .

Der Abg. Büsing trat für die Vorlage ein, welche die Geschäftswelt sehr wohl tragen könne. Es handle sich um ein gutes Gesetz, dessen baldige Annahme nicht dringend genug empfohlen werden könne.

Nach einem Schlußwort des Referenten wurde der Antrag Lipke mit sehr großer Mehrheit abgelehnt und der Art. 20742 angenommer, ebenfo die Art. 208 = 209ee ohne Debatte.

Bei Schluß des Blattes wurde die Berathung des Ent— wurfs fortgesetzt.

Die Bestimmung des 8. 581 Th. 1 Tit. 11 des All⸗ gemeinen Landrechts, wonach Gelder, die ausdrücklich zum Spielen oder Wetten oder zur Bezahlung des dabei ge⸗ machten Verlustes verlangt und verliehen worden, nicht ge⸗ richtlich eingeklagt werden können, findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 18. Civilsenats, vom 5. Mai d 3 * keine Anwendung auf Darlehne, bei denen zwar der Zweck des Darlehns zum Spielen nicht ausdrücklich erklärt, wohl aber aus besonderen Umständen zu folgern ist.

Der französische Botschafter, Baron de Courcel, ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Ge— schäfte der Botschaft wieder übernommen.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Arndt und Dr. Kirchhoff in Königsberg i. Pr., Dr. Koehn in Danzig, Dr. Elsasser in Vilsen, Pr. Toennies in Nordstemmen, Dr. Lescha und Bohland in Bonn.

Bayern. München, 21. Juni. (W. T.. B.) Der Kaiser und die Kaiserin von Oeste reich trafen heute Vormittag mit der Erzherzogin Valerie hier ein und ßinirten bei dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Gisela. Der Kaiser reiste Abends nach Wien ab, während die Kaiserin und die Erzherzogin Valerie in dem „Hotel zu den vier Jahreszeiten“ übernachten und morgen nach Feldafing zurückzukehren beabsichtigen.

Sachsen. Dresden, 21. Juni. (Dr. J.) Aus Brennerbad ist die Nachricht hier eingetroffen, daß der König heute von dort nach München abreisen und daselbst im „Rheinischen Hof“ absteigen wird.

Lippe. Detmold, 20. Juni. (Wes.⸗Itg.) Nach langen schweren Leiden starb heute der nächstälteste Bruder des Fürsten Woldemar, der Erbprinz Hermann, im Alter von nahezu 55 Jahren.

Oesterreich⸗ Ungarn. Pest, 21. Juni. (W. T. B.) Nach den bis jetzt vorllegenden Resultaten sind 229 Liberal gewählt; in der Zusammensetzung der übrigen Parteien hat sich seit der letzten Meldung über die Wahlresultate nichts geändert. Heute und morgen finden die Wahlen in den noch rückständigen Wahlbezirken und alsdann 8 Stichwahlen statt.

Agram, 21. Juni. (Wien. Ztg.) Der Serbenklub übergab heute dem Präsidium des Landtages einen Gesetz⸗ entwurf zur Ordnung der Autonomie der kroatisch⸗slavonischen Angehörigen der griechisch⸗orientalischen Kirche in kirchlichen und Schulangelegenheiten sowie bezüglich des Gebrauches der cyrillischen Lettern.

Niederlande. Haag, 21. Juni. (W. T. B.). Der Prinz von Oranien ist heute Nachmittags 2 Uhr seinen Leiden erlegen.

Großbritannien und Irland. Lon don, 20. Juni. (Allg. Corr. Heute sind es 48 Jahre her, daß die Königin Victoria den Thron bestieg. Nur drei englische Herrscher haben länger regiert, nämlich Heinrich III., welcher 56 Jahre regierte, Edward II., welcher 50 Jahre den britischen Thron einnahm, und Georg III., dessen Herrschaft 60 Jahre dauerte.

Der „Daily Telegraph“ schreibt:

Alle Schwierigkeiten, welche dem Zusammentritt der Konferenz entgegen standen, sind nunmehr behoben. Die Regierung erwartet zuversichtlich, daß die Mächte demnächst zusammentreten und die über die Finanzfrage zwischen Frankreich und England getroffenen Abmachungen gutheißen werden Ebenso wird erwartet, daß die französischen Kammern und das englische Parlament den anglo— französischen Vertrag nicht gefährden werden.

Lord Spencer empfing gestern in Belfast eine De— putation der Orangisten und Loyalisten unter Füh— rung Lord Arthur Hills, welcher eine Adresse verlas, in welcher dem Bedauern über den jüngsten Entscheid des Vize— königs bezüglich der Meetingsfrage in Ulster Ausdruck gegeben wurde. Lord Spencer erwiderte, daß die Regierung nur zu oft in die Lage komme, zwischen zwei streitenden Parteien entscheiden zu müssen. Die Geschichte der letzten zwei Jahre beweise aber, daß er stets gerecht und unparteiisch gehandelt habe, und daß er vor Allem immer darauf bedacht gewesen, den Frieden und das Wohl Irlands zu fördern.

23. Juni. (W. T. B.) Wie die Times“ meldet, hätte die britische Regierung die Hauptpunkte des französischen Vorschlages angenommen. Dagegen werde Frankreich das Aufhören der Doppelkontrole förmlich anerkennen und sich ver— pflichten, von einer militärischen Intervention in Egypten abzustehen, ausgenommen, wenn England . zu einer solchen Intervention auffordere. Die „Times“ vernimmt ferner: das Finanzprojekt des Premiers Gladstone in Betreff Egyptens schließe eine Reduktion des Zinssatzes der unifizirten Schuld um 11 Prozent in sich.

Frankreich. Paris, 20. Juni, (Fr. Corr.) Die Nachricht, daß der Gouverneur von Cochinchina mit dem Könige von Cambodga einen Vertrag abgeschlossen hat, wodurch die Verwaltung des Königreichs Cambodga definitiv in französische Hände übergeht, befriedigt die öffentliche Meinung in Frankreich, ohne weitere Verwunderung zu er⸗ regen. Faktisch stand Cambodga bereits seit über zwanzig Jahren völlig unter französischem Einfluß. Vor einem Jahre hatte der König von Cambodga die Einkünfte aus den Opium— und Alkoholzöllen an Frankreich abgetreten, versprochen, in seinem Lande die Sklaverei abzuschaffen und das Protektorat Frank⸗ reichs über dasselbe anerkannt. Das zwischen Siam, Anam und Cochinchina gelegene Cambodga zählt etwa eine Million Ein—

wohner auf einer Oberfläche, welche dem sechsten Theil von Frankreich gleichkommt. Die Einwohner sind meist anamitischer Abstammung und gelten für friedlich und leicht civilisirbar. Das Land ist fruchtbar, enthält zahlreiche Gold⸗ und Eisen— bergwerke und wird in seiner ganzen Lange von dem gewal⸗ tigen Mekongstrom durchschnilten, dessen Mündungen in Cochinchina liegen. Cambodga ist eine zukunstsvolle Erwer⸗ bung, durch welche einerseits das indo⸗chinesische Kolonialreich Frankreichs abgerundet wird, während andererseits sein un⸗ mittelbarer Besitz die Administration von Anam und Tonking bedeutend erleichtern dürfte. . ö

Die „République frangaise“ äußert fich zu dem Vertrage wie folgt: „Das Unternehmen hat gut begonnen. Es ist bisher stark und kräftig geleitet worden, und es handelt sich nun darum, so fortzufahren, was warum es verhehlen? nicht immer leicht sein wird. Die Regierung der Republik hat die Gewohnheit, den Schwierigkeiten fest ins Auge zu sehen; in Cambodga wie in Tonking, in Pnunpenh wie in Hue sind die Schwierigkeiten nicht gering; sie weiß dies, und wir zweifeln nicht, daß sie sich rüsten wird, dieselben zu überwinden. Civilisirte Länder zu verwalten, ist selten bequem; noch halb barbarische Länder zu verwalten ist, besonders wenn sie in der Ferne liegen, immer unbequem. Wie wird die Regierung der Republik die ausgedehnten Regionen verwalten, welche jetzt und immerdar unter unserem Protektorat oder unserer Herrschaft stehen? Wir wünschen Herrn Jules Ferry Glück zu der Folgerichtigkeit, dem Muth uͤnd dem Geschick, mit denen er unser neues Kolonialreich ge— gründet hat, und erwarten von dem Kabinet, an dessen Spitze er steht, eine Organisirung, so vorsichtig, sicher und stark, als die Eroberung glänzend und rasch war. Diese zweite Aufgabe wird gewiß weniger Ruhm eintragen: das Verdienst aber wird nicht geringer sein. Um in Indo-China bei Berück— sichtigung der Unkerschiede des Klimas und des Charakters der Einwohner etwas Aehnliches zu Stande zu bringen, wie seit zwei Jahren in Tunesien, bedarf es einer großen Geduld und eines tiefen Scharfblicks. Die Regierung der Republik wird scharfsinnig und sie wird geduldig sein.“

Der Minister für Telegraphen und Posten, Cochery, hat in einem Bericht an den Präsidenten der staatlichen Subvention von Dampferlinien ein hohes Lob gesprochen. Sie kosten Frankreich jährlich 27 Millionen Francs. „Aber man kann dreist behaupten, daß diese Summe verschwindend gering ist im Vergleich zu den Vortheilen, welche unser Handel und unsere Industrie aus

ihr ziehen.“

R ni, , Der henee dana zufolzs machte der Minister-Präsident Ferry heute Vormittag in der Sitzung des Ministerconseils die Mittheilung, daß die Konferenz am 28. d. M. in London züfammentreten werde. Ändererseits werde in diplomatischen Kreisen bezweifelt, daß die Konferenz schon an diesem Tage werde eröffnet werden können. Es werde übri⸗ gens angenommen, daß der Konferenzeinladung Englands eine Aufstellung des nächsten egyptischen Budgets sowie eine Darlegung der von England beabsichtigten finanziellen Reorga— nisation Egyptens beigefügt sei. .

Dieselbe „Agence“ theilt mit, daß der am 17. Juni mit Cambod ga abgeschlossene Vertrag das seit dem Jahre 1863 bestehende Protektorat vervollständige. Die Behörden von Cambodga würden unter Kontrole französischer Beamten die Provinzen weiter verwalten. Ausgenommen von der Ver— waltung der einheimischen Behörden würden die Steuern, Zölle und öffentlichen Arbeiten bleiben. Der französische Resi— dent in der Hauptstadt von Cambodga werde unter dem Gou— verneur von Cochinchina stehen. Die französisch-⸗cambodgaischen Behörden sollten ein Grundgesetz über individuelles Eigenthum verfassen, das bisher in Cambodga nicht bestand, indem sämmtliche Immsbilien bis jetzt Eigenthum der Krone und unveräußerbar waren. In der Hauptstadt solle eine Munizi— palbehörde, in welche 6 französische Mitglieder eintreten wür— den, eingesetzt werden.

Der Senat lehnte heute zwei zu dem Ehe scheidungs— gesetz eingebrachte Lmendements ab, nach welchen die Ehescheidung verboten sein sollte, im Fall Kinder vorhanden sind. Der Antrag des Senators de Gavardie, die Berathung der egyptischen Frage auf Montag festzusetzen, wurde abgelehnt.

Die Deputirtenkammer beendete die Rekrutirungsvorlage.

22. Juni. (W. T. B.) Die imperi alist ischen Comités des Seinedepartements hielten gestern eine Versammlung ab, in welcher Cassagnac wieder zum Prä— sidenten gewählt wurde. In dieser Versammlung wurde eine Tagesordnung angenommen, in welcher der Prinz als Reprä— senkant der Religionsfreiheit und der Ordnung in der Demo— kratie bezeichnet wird. Die Tagesordnung wurde dem Prinzen Victor mitgetheilt, worauf dieser erklärte, daß diese Prinzipien die seinigen seien.

Spanien. Madrid, 21. Juni. (W. T. B.) Die hiesige Presse hat über die Absichten Frankreichs, die Integrität Marokkos zu respektiren, vielfach Mißtrauen ausgesprochen und hierbei auf Tunis exemplifizirt. Wie es heißt, würde der französische Geschäftsträger heute dem Minister⸗Präsidenten Canovas del Castillo aufs Neue die Ver⸗ sicherung abgeben, daß Frankreich kein Interesse hinsichtlich Marokkos habe.

Rumänien. Bu karest, 20. Juni. (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht die neuen resp. abge—⸗ änderten Verfassungsbestimmungen, betreffend die Titeländerung des Landes, das Wahl- und Preßgesetz, die Auflösung der Nationalgarde und die theilweise Anwendung der Verfassung auf die Dobrudscha.

Serbien. Nisch, 20. Juni. (Wien. Abdp.) Die Skupschtina beendete heute die Berathung des Steuer- gesetzes, welches auch in der Spezialdebatte angenommen wurde. Der Präsident Kujundzie beglückwünschte die Skupschtina zu dieser Abstimmung und sagte: das beschlossene Gesetz sei ein Monument der Aufopferung und des Patrio— tismus. Die Skupschtina begrüßte diese Worte in enthu— siastischer Weise.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. Juni. (W. T. B.) Der „Russische Invalide“ veröffentlicht einen Tagesbefehl des Fürsten Dondukoff, vom 7. 3 in welchem es heißt: Dondukoff habe während seiner

eise durch das transkaspische Gebiet und die mit dem— selben neu vereinigten Gebietstheile völlige Ruhe und Sicher⸗

erste Lesung der

habe aufrichtige Zufriedenheit über die eingeführte Ordnung ausgesprochen, woraus hervorgehe, daß die trangkaspische Ver⸗ waltung ihre Pflicht in jeder Hinsicht erfulle. ;

Der Direktor der Reichs bank, Seh. Rath Ziemßen ist auf 4 Monate in das Innere des Reichs und nach dem Auslande beurlaubt. .

22. Juni. (W. T. B.) Die Reichseinnahmen be— trugen bis zum 1. April 1884 164096 359 Rbl., gegen 150 768 547 Rbl. in dem nämlichen Zeitraum des vorigen Jahres, die Reichs ausgaben 162 264392 Rbl., gegen 58 193486 Rbl. in demselben Zeitraum des Jahres 1883.

Afrika. Egypten. Cairo, 19. Juni. (Allg. Corr.) Der Admiral Hewett telegraphirt aus Massaua: er werde am 26. d. von dort nach Mauritius absegeln. Kapitän Speedmy bleibt in Massaua bis zur Ratifikation des mit dem König von Abessinien geschlossenen Ver— trages. Die egyptische Kavallerie ist nach Assuan abgegangen. Anstatt zu marschiren, wird sie dahin in flachen Booten im Schlepptau von Nildampfern befördert wer— den. Amtlichen Telegrammen aus Suakim zufolge fand gestern Abend daselbst die übliche Füsilade zwischen den Re⸗ bellen und den Forts statt. Ein weiteres Telegramm aus Suakim meldet, daß dort eine Karavane von Berber mit Ueberfluß an Lebensmitteln glücklich angekommen sei. Der Gouverneur von Dongola meldet, daß er die Stadt erst nach dem Ramadansfeste räumen werde. Hu gleicher Zeit erfucht er, daß ein Bataillon Truppen zu seinem Beistande abgesandt werden möge.

20. Juni. (A. C.) Die Hoffnung, daß Berber nicht gefallen ist, wurde neuerdings belebt. Wie dem „Reu— terschen Bureau“ gemeldet wird, sind 21 Pilger von Khartum in Suakim angekommen, welche Berber am 25. Mai verließen. Die Stadt war zu dieser Zeit in voller Sicher— heit und vollauf verproviantirt. Das Telegramm von Ko— rosko, welches am 14. d. die Einnahme der Stadt meldete, gab bekanntlich an, daß Berber am 23. Mai erstürmt wor— den sei. Der Mudir von Dongola wurde nunmehr ersucht, keine Mühe und Kosten zu sparen, um die Wahrheit zu erfahren und sicher zu stellen, ob Berber gefallen ist oder nicht. der Gouverneur von Emeh telegraphirt an Nubar Pascha, daß er soeben von einer Inspektionsreise durch die Provinz nach der Stadt zurückgekehrt sei; er fand Alles ruhig und die Bevölkerung durchaus loyal.

22. Juni. (W. T. B.) Ein weiterer Dampfer mit englischen Marinesoldaten hat den Befehl erhalten, zwischen Assuan und Wadi Halfa zu kreuzen.

Alexandrien, 22. Juni. (W. T. B.) Eine hier ab— gehaltene Versammlung von Inhabern egyptischer Obligationen hat beschlossen, den Mächten eine Denk schrift zu übermitteln, in welcher ausgeführt wird, daß es nicht nöthig sei, die Zinsen oder den Tilgungsfond der egypti⸗ schen Schuld zu reduziren. Im Gegentheil sei es möglich, einen großen Ueberschuß zu erzielen durch Verminderung des Ausgabenbudgets um 5 Proz, durch die in Aussicht genom— mene Besteuerung der Europäer, durch eine Modifizirung des Zollvertrages mit der Türkei und durch Errichtung einer Tabackregie. Ferner sei eine Vermehrung der Staatseinkünfte zu erreichen durch Irrigationswerke, durch Kontribution des Vakufs und durch Verminderung des egyptischen Tributs an die Pforte. In der Denkschrift wird endlich empfohlen, auch die Ausgaben für das Heer zu vermindern und die in der Staatsschuldenkasse befindlichen Gelder auf Zinsen zu placiren.

Seitungsstimmen.

Unter der Ueberschrist „Der Sozialismus und die poli⸗ tischen Parteien“ bringt die „Neue Zürcher Zeitung“ einen Artikel über die sozialen Aufgaben des Augenblicks. Demselben sind die nachstehenden Stellen entnommen:

Nicht die politischen, die sozialen Fragen bewegen gegenwärtig die Welt und drängen auf allen Seiten nach einer Lösung. Und das ist das wahrhaft Große an Bismarck, dem deutschen Staatsmann, daß er zu einer Zeit, in der eine Menge von Wortführern und Ton⸗ angebern in der Politik noch mit Blindheit geschlagen sind, das er— kannt und mit seinen staatssozialistischen Vorschlägen einen Schuß ins Schwarze gethan hat. Es ist wahr, die sozialen Gegensätze der Welt sind von menschlichem Wesen und menschlicher Begabung unabtrenn⸗ bar, sie werden bleiben, so lange die Welt steht, und würden immer neu wiederkehren, wenn man sie auch zeitweise zu heben und auszu— gleichen vermöchte. Aber ihre Härten gilt es zu mildern und ihre Ungerechtigkeiten auszugleichen, und das ist das Ziel der Gesetzes“ vorschläge Bismarcks, und gewiß auch deren Folge, wenn sie ins Leben getreten sein werden.

Wie stellen sich nun aber die bisher auf Grund von vorwiegend politischen Bestrebungen entstandenen Parteien zu den sozialen Problemen? Wird nicht ihnen gegenüber eine völlige Verschiebung der⸗ selben stattfinden, also daß die hintersten in die vordere Reihe, die bisher vordersten in die hintere Reihe rücken? Die Gefahr ist da und liegt bis auf einen gewissen Grad in der Natur der Sache. Rehmen wir den Liberalismus. Er ist eine auf politischem Gebiet ent— standene Partei, diejenige Richtung in der vergangenen Zeit, die in der Forderung persönlicher Freiheit, in der Wegräumung aller Schran⸗ ken Auf allen Lebensgebieten, in Handel und Verkehr, in Niederlassung am weiteften ging und an der Spitze des Fortschrittes stand. Nun hat es sich aber gezeigt, daß gerade diese unbeschränkte Ausdehnung der perfönlichen Freiheit, diese Wegräumung aller Schranken zu den fozialen Uebeln führte, an denen wir leiden. Auf allen Seiten ist man bemüht, den überfließenden Strom persönlicher Freiheit ein- zudämmen und zum Schutze des Schwachen gegen den Starken Schranken aufzurichten. Ich weise auf die Fabrikgesetzgebung, die Gesetze über die Nahrungsmittel, die Wirthschaftsfrage, in Deutsch⸗ länd die Unfalls? und Altersversorgung und Änderes. Der Fortschritt der Zeit besteht darin, daß man die Berech⸗ sigung dieser Änforderungen erkennt und an der Lö⸗

mitwirkt. Wenn nun aber

eben noch der napoleonischen Han-

in das Fahrwasser

ö Betrachtungen nicht fehlen

Während Deutschland inzwischen seine Haltung verändert hat und jetzt die nationalen Gesichtspunkte auch in der Wirthschafts⸗ politik in den Vordergrund stellt, ist Frankreich auf dem ausgetretenen Geleife, das Richard Gobden ihm vorgezeichnet hatte, witer gefahren; die Folgen liegen zu Tage,. In Deutschland hat der Zolltarif von 1579 den weiteren Rückgang der

heit vorgefunden. Die Mehrzahl der dortigen Bevölkerung

deutschen Industrie und des Handels mit deutschen Pro—

dukten gehemmt und die Thore zu einer gesunden Ent wickelung der deutschen Industrie geöffnet, welche zweifellos ein⸗ treten wird, wenn die Lage des Weltmarktes günstiger geworden sein wird. In Frankrzich ist Industrie und Handel aber in einem Maße zurückgegangen, daß die französischen Konsuln darüber nicht genug zu klagen wissen. Nach Ausweis der französischen Statistik hat in dem ersten Duartal d. J. (1884) die Einfuhr von Rohmaterialien, deren die franz sische Industrie bedarf, gegen dieselbe Periode 1883 um mehr als 77 Millionen Franken zugenommen, während sich zugleich die Ausfuhr ven französischen Fabrikaten um nicht weniger als 61 250 00 Fr. vermindert hat. Das wirft ein überaus ungünstiges Licht auf die Verhältnisse der französischen Industrie. Wenn man derselben auch Gerechtigkeit widerfahren läßt, indem man die poli⸗ tischen und sozialen Verhältnisse des heutigen Frankreichs in Rech⸗ nung zieht, so kann man sich doch der Ansicht nicht verschließen, daß die frühere Freihandelspolitik des Landes einen großen Theil der Schuld trägt. ö.

Nicht weniger ungünstig, in vielen Beziehungen sogar noch viel schwieriger, ist die Lage der französischen Landwirthschaft. Allgemein bekannt sind die ungeheueren Verheerungen, welche die Reblaus in den weinbauenden Landschaften Frankreichs angerichtet hat. Zahlreiche Kreise der Bevölkerung sind durch sie an den Bettelstabe gebracht worden. Das mit Weinreben bepflanzte Areal betrug im Jahre 15743: 2416 867 ka und die Produktion betrug in demselben Jahr 563 146000 hl. Die Einfuhr desselben Jahres betrug 681 095 hl und die Ausfuhr 3 232 000 hl. Im letzten Jahr (iss3) betrug dahingegen das mit Weinreben bexflanzte Areal 2095927 ha, die Produktion 36 029 000 1d, die Einfuhr 8 979 839 hl und die Aus— fuhr 2536 958 hl. Das enorme Mißverhältniß zwischen Einfuhr und Ausfuhr führt allein eine beredsame Sprache und man kommt bei Betrachtung dieser Ziffern ganz von selbst auf den Gedanken, daß die obige Produktionsziffer des Jahres 1883 bedeutende Mengen von fabrizirtem Wein einschließt.

Indessen, auch die anderen Zweige der Landwirthschaft leiden

schwer. Die Hoffnung der ländlichen Bevölkerung liegt denn auch hauptsächlich in der Möglichkeit, daß über kurz oder lang ebenfalls gemäßigt schutzzöllnerische Tendenzen in den Vordergrund gelangen. Jedenfalls ist die Zeit der triumphirenden Manchesterei auch in Frankreich fürs erste vorbei. In den letzten Tagen hat der Acker— bau⸗Minister, Hr. Meline, der ländlichen Bevölkerung Frankreichs eine angenehme Ueberraschung bereitet, indem er mit dem Vorschlag ö ist, den Eingangszoll auf Mehl, Rinder und Schafe zu erhöhen. Diese Vorschläge sind ganz unverfänglich; sie werden Niemanden schädigen und jedenfalls der landwirthschaftlichen Bevölkerung Frank— reichs Vortheil bringen. Wenn sie von der Manchesterpresse, die in allen Landen sich gleich bleibt, aufs Heftigste angegriffen wird voran die Reyubligue frangaise' —, so geschieht das lediglich des halb, weil die Freihändler fürchten, daß es mit ihnen fortan schnell bergab gehen kann.

In Deutschland verdient das neueste Vorgehen der französischen Regierung jedenfalls vollste Beachtung. Die „Norddeutsche

berichtet:

Handel und Industrie befinden sich im Regierungsbezirk Oppeln in einer befriedigenden Lage. Sowohl während des verflossenen Win ters als auch gegenwärtig hat allen Arbeitsuchenden ausreichende und lohnende Beschäftigung gegeben werden können. Die Löhne haben sich trotz des vielfach vorgekommenen Preisrückganges der Produkte in der früheren Höhe erhalten. Arbeiterentlassungen sind auf keinem größeren industriellen Etablissement vorgekommen. Augenblicklich sind alle Fabriken und industriellen Anlagen vollauf beschäftigt und mit Bestellungen auf die nächsten Monate versehen. Dagegen befindet sich das Handwerk und der Kleinhandel noch immer in kümmerlicher Lage, indem die Erwerbszweige meist kaum mehr als den Arbeitslohn der Arbeiter, im besten Falle aber nur einen sehr geringen Reingewinn abwerfen.

Der Betrieb der oberschlesischen Gruben ging während der letzten Monate im Allgemeinen regelmäßig und ohne Störung von Statten. Das Steinkohlengeschäft litt unter dem Einfluß des vorigen milden Winters; schon von Mitte Januar ab sahen sich verschiedene Gruben veranlaßt, einen Theil der vornehmlich für den Hausbrand zur Ver— wendung gelangenden gröberen Kohlensorten auf Halde zu stürzen, auch die Förderung einzuschränken, und im Februar folgten die meisten übrigen Gruben nach.

Allgemeine Zeitung“

Armee ⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 11. Inhalt: Stellung der Stabshoboisten, Stabstrompeter, Stabshornisten zu den Feldwebeln (Wach tmeistern). Abänderungen bezw. Ergänzungen des Exerzir⸗Reglements für die Kavallerie vom 5. Juli 1876. Ab⸗ änderung der Instruktion für die Waffenübungen der Kavallerie. Anderweite Abgrenzung von Eisenbahn-Direktions-Bezirken. Er— öffnung dreier neuen Eisenbahnen. Erläuterung zum Erleuchtungs⸗ materialien · Etat II, Beilage 9 11 der Garnison⸗Verwaltungs⸗ Ordnung.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 25. Inhalt: Amtliches: Personal-Nachrichten. Nichtamtliches: Die Wäldlitobel⸗ Brücke der Arlbergbahn. Luftdruckgründung mit Brunnengründung vereinigt. Der Kreuzgang am Lusamgarten in Würzburg. Eisen⸗ bahnbauten in Griechenland. Neuer Vorhafen von Sunderland. Vermischtes: Außerordentliche Preisbewerbung unter den Mitgliedern des Architekten⸗Vereins in Berlin. Wettbewerbung für Entwürfe zu einem naturgeschichtlichen Museum in Hamburg. Preisbewerbung um Entwürfe für ein Armenhaus in Breslau. Zum Brande des Wiener Stadttheaters Oesterreichische Trajectanstalt am Boden see. Erneuerung des Vierungsthurmes des Domes in Peterborough. Eine besondere Einrichtung zur Bezeichnung des Fahrwassers. Technische Hochschule in Berlin. Bücherschau.

Ju stiz Ministerial⸗Blatt. Nr. 25. Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 10. Juni 1884, betreffend die Aufbewahrung der Akten Über Strafsachen. Allgemeine Verfügung vom 10. Juni 1884, betreffend die Zusammenstellungen von Sub hastationen. Beschluß des Reichsgerichts vom 29. März 1884.

Statistische Nachrichten.

Nach dem mehrfach erwähnten Werke des Unterstagtssekretärs Herrfurth und des Regierungs⸗Assessors von Tzschoppe:: Beiträge zur Finanzstatistik der Gemeinden in Preußen 1883,84 XVI. Ergänzungsheft zur Zeitschrift des Königlich preußischen sta⸗ tistischen Bureausz“ entfielen auf den Kopf der Bevölkerung der Stadtgemeinden an

direkten Staats⸗

steuern (ohne

Hausirgewerbe⸗ steuer).

besonderen Korpora⸗ zu⸗ tions- sammen. abgaben. . 4. 3 Ystrreußen 1869 1551 Westpreußen . . 0,57 15.68 , ;;. 27 37416 Brandenburg 5,46 13,45, ö 26 15 b,, e 292 . , . achse . 535 Srl e ig: Bol stan 14 21,16 Hannover... 175 1716 Westfalen .. 241 1736 hessen. Nassau 531 36 j Rheinland 151 2213 Eier gn . aat, aus . er in . 0, einschl. Berlin 0. 89 20.25

Gemeinde⸗ abgaben.

S 8 O On 1 0 9 O D O OO Q O CM DNR— O Ot

Der Landgemeinden: Ostpreußen ; Westpreußen. Brandenburg Pommern. Posen .. Schlesien. Sachsen . Schleswig ˖ Holstein Hannover Westfalen . Hessen · Nassau Rheinland. Hohenzollern. 3 l J 4,02 1,182 Während sich die rom Staate (ausschließlich Hohenzollern) erho— benen direkten Steuern von 1876 bis 1880,81 um 15 070 600 , oder pro Kopf um 0,24 Æ vermehrt, von 1880,81 zu 1883.84 da— gegen um 16 693 500 oder pro Kopf 9,52 6 vermindert haben, weisen die Gemeindeabgaben während kieser Zeit im Allgemeinen eine ununterbrochene und sehr erhebliche Steigerung auf, indem sie von 1876 bis 1880/81 um 19721 299 S oder pro Kopf 0,42 M und von 1880,81 bis 1883,84 um 12 735 443 6 oder pro Kopf um O52 M gestiegen sind. Die Steigerung trifft vorzugsweise die Stadt⸗ gemeinden, in welchen sie von 1875 auf 1880 81 15 676 959 (186 7½½ oder pro Kopf O, 6 und von 1880/81 auf 1883, 84 87539 047 6 (8,3 oo) oder pro Kopf 9.93 S betrug, weniger die Landgemeinden, in welchen sich dieselbe auf 40414 340 S (6, S ) oder pro Kopf O96 S bezw. 3 996 396 M (6,7 6 oder pro Kopf 0,28 belief. In den Stadtgemeinden der einzelnen Prorinzen be—

1876

E CX œ r- de D 7D e O- de do

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trugen die Gemeindesteuern pro Kopf: 1849

1869 1880/81 1883/84 l. sl⸗ 16. Staat ohne Berlin... 335 5565 872 ö JJ 68 16535 1146 1 O 52 8,36 841 8466 J 0: 8, 86 8, 90 9,62 1 20,455 21.81 Brandenburg (ohne Berlin) 3,7 ; 5,7 6,54 735 1 48 t 6,04 6, D.,, . . 5, 48 5,68 Gd 5,36 8,47 8, 94 1 O 3 ? 6 88 7.61 Schleswig ⸗Holstein . ; 12.69 13.52 c 3,8 4, 76535 8, J 5,36 8, 24 9, 68 Hessen⸗Nassau : d Rheiaprovinz . d w , . . Kunst, Wissenschaft und Literatur. Aus Dresden wird der am 20. d. M. erfolgte Tod des Pro⸗ fessors Ludwig Richter gemeldet. Der berühmte Maler und Zeichner ist in dem hohen Alter von 81 Jahren am Herzschlage gestorben.

Immobiliarrecht und Im mobiliarexekution nach den preußischen Gesetzen vom 5. Mai 1872 und 13.118. Juli 1833, dargestellt durch systematische Texte dieser Gesetze von M. Hesse, Amtsrichter. Berlin, Verlag von Franz Siemenroth. Geb. (5 S) Den zahlreichen In— teressenten der preußischen Immobiliar⸗Gesetzgebung nicht nur des Richter⸗ und Rechtsanwaltsstandes, sondern auch des grund besitzenden und Kapitalien ausleihenden Laienpublikums führt das vorliegende Buch in knapper gedrängter Darstellung den ganzen Rechtsstoff in einem handlichen, wohlfeilen Bande vor. Es kommt dabei allen Denen, welche sich mit den betreffenden Gesetzestexten bekannt machen müssen, mit einer ganz neuen Art und Weise der Darstellung entgegen, welche den Versuch macht, in einer wissenschaft⸗ lichen Verarbeitung des Rechtsstoffs zugleich dessen gesetzlichen Wort⸗— laut zu geben. Das Werkchen ist also seinem Wesen nach genauer Text der Gesetze, aber im Gewande eines Kompendiums, sowohl Rechtsquelle wie Leitfaden, ein juristisches System, aber vorgetragen in der Sprache des Gesetzgebers selbst. Es ermöglicht damit ohne Zweifel die Erlangung plastischer Vorstellungen von dem Gesetzettext, welche sich dem Gedächtniß leicht einprägen und die schnelle Erfaßbarkeit der im Rechte niedergelegten Begriffe und Grundsätze mit den Worten des Gesetzes. Ergänzungen aus der neueren Reichs-! und Landesgesetzgebung sowie die wichtigsten all gemeinen Ministerialverfügungen und Instruktionen machen das Buch daher für den Praktiker besonders brauchbar.

, PDVen erschien im Verlage von Wilhelm Rommel in Frank— furt a. M. „‚Hübners geographisch-statistische Tabellen aller Länder der Erde.“ Jahrgang 1884. Vollständig um— gearbeitet und bedeutend erweitert von Dr. F. v. Juraschek, Pro⸗ fessor für Staatsrebt und Statistik an der Unmversität zu Innsbruck. ö in Taschenformat eleg. geb. 1 (S6 Dieses allbekannte statistische

erkchen erscheint dieses Jahr in einer neuen Bearbeitung, indem es gelungen ist, für die Herausgabe desselben einen hervorragenden Be— rufsstatistiker zu gewinnen, welcher es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Tabellen auf der Höhe der Zeit zu erhalten. Wie umfassend die Umarbeitung ist, mag schon daraus ersehen werden, daß mehr als 10, bisher nur nebenbei berücksichtigte Staaten und Länder eine ausführ— liche Darstellung fanden, und daß an neuen Rubriken hinzugekommen sind: Regierungsform des Landes, Regierungsantritt des Staatsoberhauptes, Name und Geburtsjahr des Thronfolgers, Volksdichtigkeit, Aus« und Einwanderung, Nationalitäten, Konfessionen u. s. w. Bei den stati— stischen Vergleichen sind alle Hauptstaaten Europas (außer der Türkei), 22 im Ganzen, berücksichtigt, und es wurden als Vergleichsmomente neu aufgenommen: das Geschlechterverhältniß, die Volkszunahmen, die Zahl. der Volksschulen, der Analphabeten, der Zeitschriften, das Verhältniß der verschiedenen produktiven und unproduktiven Boden— flächen und der Eisenbahnkilometer zu der Gesammtfläche der Staa— ten u. s w. Neu sind auch die Angaben über die Nationalitäten und Religionen Europas und der Erde in vergleichender Uebersicht. Im Text wurde durch entsprechende Zeichen der Werth der statiftischen Angabe charakterisirt und, wie z. B. bei der Angabe der Bevölkerungs⸗ zahl, neben dem älteren Zählungsresultate auch das neueste Berech— nungsresnltat gebracht. Bei den statistischen Vergleichen wiederum hat sich der Verfasser entschlofssen, in diesem Jahrgange vor— wiegend Durchschnittszahlen zu geben, so für die Volks— bewegung, die Volkszunahme und Bodenproduktion, indem damit eine Grundlage zum Vergleiche für die kommenden Jahrgänge geschaffen wird, in denen die Ergebnisse der letzten Jahre dargestellt werden sollen. Den neuesten Zahlenangaben ist als eine wünschens⸗ werthe Ergänzung im Text die Zeit ihrer Feststellung beigesetzt; es ist hierdurch der Leser nicht nur im Stande, die Angaben zu kontro— liren, sondern es behält auch jeder Jahrgang seinen Werth, und eine Reihe von Jahrgängen wird in Zukunft ein Bild der Entwickelung ö jeden Staates geben. Die bequeme Buchform ist beibehalten worden.

Amerika in Wort und Bild. Eine Schilderung der Vereinigten Staaten von Friedrich von Hellwald. 26. bis 30. Liefe—⸗ rung zu je 1 Mit etwa 700 Illustrationen. Leipzig, Schmidt u. Günther. In der 26. Lieferung führt uns der Verfasser nach Phila⸗ delphia und New⸗Jork, in welcher Stadt nicht weniger als 100 0900 Deutsche ihre zweite Heimath gefunden haben. Nur drei Stunden Eisenbahnfahrt trennt die Metropole der Industrie am Delaware von der Metropole des Handels am Hudson, was beiden Städten ge stattet, sich in Handel und Industrie theilweise zu ergänzen. Liefe⸗ rung 277 und 28 behandeln die Staaten Delaware und Marrland, Lieferung 29g und 30 die Bundeshauptstadt Washington, wo sich das gesammte politische Leben des Landes konzentrirt. Die großartigsten Bauten zieren die Stadt, als: das Kaxitol, das Weiße Haus, die Residenz des Präsidenten der Vereinigten Staaten, das Patentamt, eine der interessantesten Sehenswürdigkeiten der Union, das Schatz amt ꝛc. Zum Schluß besuchen wir noch das berühmte Smithsonian

Institut. Die zahlreichen Illustrationen sind wiederum trefflich ausgeführt. Wir nennen ron den Tert⸗Illustrationen hier nur einige, als Die Mount Pisgah⸗Drabtseilbahn, Thurm der Unabhängigkeitẽhalle zu Philadelpbia, Kohlenniederlagen am Delaware, Chestnut Street⸗Bruͤcke über den Schuplkill in Phi⸗ ladelphia, der Brandywine im Mondenschein, Washington ⸗Monu⸗ ment in Baltimore, Baltimore ron Osten gesehen, Baltimore von Federal⸗Hill geseben, Rolandsee bei Baltimore, Fort Washington, Washington vom Potomac aus gesehen, das Kaxitol vom botanischen Garten aus geseben, die westliche Terrasse des Kapitols, das Weiße Haus, Residenz des Präsidenten der Vereinigten Staaten, der Garten des Weißen Hauses, Smithsonian Institution bei Washington c. Von den Vollbildern erwähnen wir: Ein Blick auf Charleston und die Bai von der Michaelskirche, Ansicht von Augusta, Dattel palme, der Mississippi bei Nem-⸗Orleans, Scenerie in der Mammuth— höhle in Kentucky, Louisville, Blick auf Chattanoga, der Tennesee re. Die Buch⸗ und Antiquariatshandlung von Lehmann u. Lutz in Frankfurt a. M. hat einen antiquarischen Lager— Katalog (Nr. 47) ausgegeben. Derselbe enthält ein Verzeichniß von 1773, die Geschichte und ihre Hülfswissenschaften ff Schriften, welche unter folgende Abtheilungen vertheilt schichte Oesterreich⸗Ungarns und der ehemaligen türkischen Vasallen— staaten (im Ganzen 130 Nrn.); Geschichte der Schweiz (7 französische Geschichte (244 Nrn.); englische Geschichte (193 Geschichte Italiens und Griechenlands (99 Nrn.); spanische portugiesische Geschichte (51 Rrn.); holländische, belgische sfkandinavische Geschichte (83 Nrn.); russische Geschichte (183 Nrn., zugleich Polen betr); der Orient (die europäische Türkei, Afrika,

Japan; im Ganzen 225 Nrn.);

Freistaaten, Kanada, Mexiko, Brasilien Cuba ꝛc.) und Australien

(im Ganzen 130 Nin.); Nachtrag zu allen Abtheilungen (im Ganzen

321 Nrn.). Alle einzelnen Abtheilungen enthalten werthvolle und

wichtige Werke über die angeführten Länder und Staaten. Veterinärwesen.

In dem Gouvernement St. Petersburg ist die vor einiger Zeit ausgebrochene Rinderpest neuerdings in verstärktem Maße aufgetreten. Auch in dem Gouvernement Esthland ist die Seuche ausgebrochen.

Rotterdam, 9. Juni. Auf einem Bauernhofe zu Wassenaar (Südholland) ist unter dem Rindvieh ein Fall von rseuche vorgekommen. In Folge dessen ist die Rindvieh sich belaufenden Standes angeordnet worden.

Gewerbe und Handel. In dem Juniheft (18. Jabrgangs 1884) von „Kunst und Gewerbe, Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie (herausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum zu Nürn⸗ berg; redigirt von Dr. Otto von Schorn; Druck und Verlag von G. P. J. Bieling 1G. Dietz! in Nürnberg), setzt Dr. Franz Bock seine Beiträge zur Geschichte des Goldfadens in alter, neuerer und neuester Zeit weiter fort; ebenso Carl Friedrich seine Beschreibung der Venetianergläser in der Mustersammlung des Bayerischen Ge— werbemuseums, und zwar schildert der Letztere in diesem 5. Abschanitt unter Beifügung mehrerer Abbildungen die Eisgläser und Flügelgläser. Sehr interessant ist auch die Fortsetzung der Bronzestudien, welche diesmal einige besonders kunstvolle, antike Arbeiten zum Gegenstande der Schilderung machen, nämlich ein bronzenes Bisellium (Magi— strats ⸗Doppelsessel) nebst dem dazugehörigen Scabellum (der Fußbant) aus dem Capitolinischen Museum zu Rom. Von diesem, in Pompeji gefundenen, vorzüglich erhaltenen Prachtsessel, den Castellani bekannt— lich durch die nöthigen Zuthaten von Polster und Decken in seiner ganzen einstigen Erscheinung wiederherzustellen rersucht hat, werden die mit erhabener figürlicher und eingelegter Arbeit reich verzierten Seitenlehnen sowie eine Sphinx von dem Scabellum in sorgfältigen Abbildungen vor Augen geführt und damit der in der Sammlung des Bayerischen Gewerbemuseums aufbewahrte Lehnentheil eines ähnlichen Sessels (einer etruskischen Arbeit mit schönen eingelegten Ornamenten) verglichen, auch die bei der Her— stellung des letzteren angewandte Technik dargelegt. In der Rubrik „Museen, Vereine, Schulen, Ausstellungen 2c.“ wird die Ausstellung der Kunstgewerbe-Halle in München besprochen; unter den Rathschlägen für die Werkstatt finden wir eine Mitthei⸗ lung über die Verwendung des Phosphorkupfers in der Metallindustrie und unter den Nachrichten aus dem Buchhandel ein Referat über den Vortrag von Prof. Dr. Treu: Sollen wir unsere Statuen bemalen?“ Von den dem Heft beigegebenen Kunstbeilagen zeigt die erste eine prächtige Stickerei auf Atlas in farbiger Seide, mit Verwendung von Gold- und Silberfäden, entworfen von E Häberle, ausgeführt von Fr. Ch. Haas (Firma: Geschwister Heußner) in Nürnberg. Dieselbe gehört zu dem Etui, dessen Decke auf einer Tafel des letzten Hefts mitge— theilt worden und das eine Medaille für den Deutschen Kaiser um— schließt. Die schöne Arbeit dient derselben als Unterlage und ist hier in vollendetem, alle Einzelheiten veranschaulichenden Farbendruck wiedergegeben. Die zweite Tafel zeigt einen gußeisernen Salon— Regulirofen, entworfen und gezeichnet vom Professor H. Otto in München, die dritte ein großes plastisches Mediceer Wappen vom Palazzo Ramirez in Florenz. in prunkvoller Ornamentik. Dem Heft liegt die Nr. 11 der . Mittheilungen“ des Bayerischen Gewerbemuseums zu Nürnberg bei. Zu der im nächsten Jahre dor abzuhaltenden internationalen Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen sind bereits Anmeldungen aus folgenden deutschen Städten eingetroffen: Berlin, Braunschweig, Bremen, Frankfurt a. M.,, Hamburg, Hanau, Hannover, Leipzig, München, Nürnberg, Nabburg, Darmstadt, Dresden, Rothenburg o. T, Bam⸗ berg, Wien, Freiberg i. Sachsen. Dazu kommt noch eine große Anzahl von rheinisch⸗ westfälischen Städten, welche der Central ⸗Gewerbeverein für die Rheinlande und Westfalen vertritt. Sehr günstige Nachrichten sind sodann von den deutschen Konsulaten in Batavia und Barcelona und von dem South Kensington Museum in London eingegangen. Die Nürn— berger und Fürther größeren Exportgeschäfte, welche von dem Baherischen Gewerbemuseum ersucht worden sind, ihren Geschäfts—⸗ briefen kleine gedruckte Notizen über die Ausstellung beizulegen, haben dieses Gesuch in sehr entgegenkommender und freundlicher Weise auf— genommen, und in den nächsten Tagen wird ein großer Theil dieser Notizen zur Versendung kommen. In der permanenten Aus— stellung des Bayerischen Gewerbemuseums ist gegenwärtig eine größere Anzahl sehr interessanter griechischer und etruskischer Bronzegefäße zu sehen. Ferner ist dort eine von dem Kunstschreiner Franz Scherbauer in Nürnberg entworfene und schön ausgeführte Schmuckkassette ausgestellt. Dieselbe besteht aus Ebenholz und ist innen und außen mit Perlmutter und verschiedenen Hölzern eingelegt; die Außenseite zieren zudem aufgelegte Cartouchen aus Silber, besetzt mit edlen Steinen. Das Ganze ist eine in Komposition und Ausführung gleich ausgezeichnete Arbeit. Endlich ist dort von Frl. Florentine Sturm, welche den Besuchern durch das schöne Puppenhaus auf der baverischen Landesausstellung von 1882 bereits rühmlich bekannt ist, ein neues, ebenso reizendes Puppenhaus ausgestellt. In Bezug auf die innere Einrichtung des Mußseums ist zu berichten, daß demnächst Veränderungen erfolgen werden, welche eine Erleichterung der Benützung des Lesezimmers und der Bibliothek bezwecken. In den letzten Tagen ist das Museum von dem Konservator am Museum des Louvre in Paris, Saglie, ein—

gehend besichtigt worden. Die in Grünberg i. Schl.

Für Wollenindustrielle.

wöchentlich zweimal erscheinende Zeitschrift „Das Deutsche Wollen⸗-Gewerbern hat bekanntlich pro Jahr 1099 16 ausgesetzt für je 2 der besten Abhandlungen über besonders wichtige Themata der Wollenindustrie. In ihrer Hauptnummer vom 19. Juni veröffent- licht genannte Zeitschrift nun ihr V. Preisausschreiben, und zwar diesmal über das Thema: „Die Fabrikation der Kunstwolle und der Karbonisationsprozeß mit besonderer Berücksichtigung derselben in

ihren Beziehungen zu der Tuch, und Buckskinfabrikation'. Auf die