jenige Abbandlung, welche die vorstebende Frage in so sachzgemäßer und rollkemmener Weise beantwortet, daß ihr das Prädikat einer Preitarbeit! mit Fug und Recht zugesprochen werden kann, ist Kiederum der Halbjahrépreis von 500 M gesetzt. Die sveziellen Be⸗ dingungen, denen vorstehende Preisfrage unterliegt, sind in der Nr. 49 der erwähnten Zeitschrift enthalten.
— Der Verkehr der Gotthardbahn hat sich nach dem von der Direktion und dem Verwaltungsrath erstatteten Geschäftsbericht im Jahre 1883 im Allgemeinen in befriedigender Weise weiter ent wickelt. Die Einnahmen der Monate Juli bis Dezember 1883 über steigen diejenigen im gleichen Zeitraum des Jahres 188 um 381 657 Fr. — 6378 0, . Die sebr erfreulichen Einnahmen während der Monate Juli, August und September lassen die Bedeutung des Touristenverkehrs bervortreten. Zu einer erheblichen Einnahmeguelle gestalten sich aus die Reisen der italienischen und tessinischen Arbeiter, welche die Gotthardbahn im Frübjahr in der Richtung von Süd nach Rord, und im Herbste von Nord nach Süd zu befördern hatte. Die Gesammtbetriebseinnahme betrug in 1883: der Personentrantport 4434770 Fr. der Gexäcktransvport 418491 Fe, der Thiertransport 219 472 Fr.,, der Güterverkehr 5377546 Fr., diverse Einnahmen 1136520 Fr., zusammen 11586797 Fr. An Personen sind befördert: 85 441 in der J. Kl., 315221 in der II. Kl., und 655 381 in der III. Kl., und dafür ver— einnahmt: in der J. Kl. 1137141 Fr. (— 25,64 ½ , in der II. Kl. 1803 800 Fr. ( 42, 3 !, in der III. Kl. 1 395 8289 Fr (- 31.43 00. Der Gepäcktransport hatte 4915 t aufzuweisen, und dafür 418 491 Fr. rereinrahmt. Der Thiertransport hat verbältnißmäßig in 1883 eine bedeutend geringere Einnahme geliefert als in 1882; es wurden in 1883 2185472 Fr. vereinnahmt; an Gütern wurden im Ganzen 454 621 t befördert, und dafür 5377 541 Fr. vereinnahmt. Die Betriebsausgaben betrugen: 1) für die allgemeine Verwaltung 3952 074 Fr.; 7 für die Aufsicht und Unterhaltung der Bahn 16078208 Fr.; 3) Stations, Expedition; urd Zugsdienst 1124244 Fr.; H Fahrdienst 1894 372 Fr.; 5) verschiedene Aus⸗ gaben 730 441 Fr.; zusammen 5219 341 Fr. Der Ueberschuß der Betriebscinnabmen über die Ausgaben betrug daher 6 367 4535 Fr.; bierzu kamen laut Schlußrechnung: I) der laut Besckluß der General— versammlung vom 30 Juni 1883 auf das Jahr 1883 vorgetragene Saldo der Betriebsrtechnung von 18382 441 7465 Fr., 2) Zuschuß aus dem Reserve⸗ fonds bei Erneuerung des Oberbaues und des Betriebsmaterials 44 923 Fr. zusammen 486 669 Fr.; im Ganzen Einnahmeüberschuß 6 Sog 125 Fr. Derselbe ist nach dem Geschäftsbericht zu verwenden:; 1) für Ver— zinsung des Obligationenkopitals 4250 000 Fr, 2) für reglements⸗ mäßige Einlage in den Exneuerungsfonds 764 253 Fr., 3) für reglementsmäßige Einlage in den Reservefond 190 00 Fr., 4) Amortisation von Kursverlusten, beantragte Zuscheidung von 1882 S5 000 Fr., Zuscheidung für 1883 170 060. Fr, jusammen 255 000 Fr., 5) Äbschreibung auf Gebäuden, Maschinen und sonsti⸗ gen sog. Von Valenrs und Erweiterungsbauten auf Station Lugano 252 328 Fr., 6) Erhöhung des Baufonds aus J der Erträgnisse von verfügbaren Kapitalien 258 743 Fr, Dividende für die Aktien 200 per Stück von 500 Fr. 850 000 Fr., Saldovortrag auf 1. Januar 1884 165 818 Fr.
Nürnberg, 21. Juni. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held) Der Markt hatte in dieser Woche bei einem Gesammtumsatz von ca. 150 Ballen ein ziemlich reges Gepräge. Der belebteste Tag war der Donnerstag mit einer Verkaufsziffer von über 160 Säcken, gestern und heute verlief das Geschäft ruhiger. Preise sind im All— gemeinen unverändert, nur Primawaare kostzt einige Mark mehr und wird mit 190— 192 M bezahlt. Bessere Hittelberfen und schöne Gepackte erzielen je nach Qualität 178 — 186 „6, Russen werden zu So — 115 4 und Aloster zu 105— 136 S gehandelt. — Stimmung ist sehr fest.
Saalfeld, 21. Juni. (W. T. B.). Die Generalversamm⸗ lung der Saal⸗Eisenbahn-Geselllschaft ertheilte die Decharge für das verflossene Geschäftsjahr an Aufsichtsrath und Direktion, genehmigte die Vertheilung einer Dividende von 34 Jm, und nahm die von Seiten der Verwaltung beantragten Aenderungen der Sta— tuten an. Das aukscheidende Mitglied des Aufsichtsraths, Banquier Moritz in Jena, wurde wiedergewählt.
Lübeck, 21. Juni. (W. T. B.)) Wollmarkt. Der Rest der besseren Wollen ist zu 145 bis 1660 e geräumt wor den. Gröbere Wollen wurden mit 90 bis 120 1½ bezahlt, Mittelwollen waren bereits gestern zu 130 bis 140 4A ganz verkauft. Käufer waren schleswig⸗ höolsteinische und skandinavische Fabrikanten.
Gizsgos 21 nn , , n R orrnthe von Robeisen in den Stores belaufen sich auf 589 460 Tons, gegen 84 200 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen 95 gegen 114 im vorigen Jahre. tew⸗York, 22. Juni. (W. T. B.) Der Werth der Waaren⸗ ihr der letzten Woche betrug 8 900000 Doll., darunter 000 Doll. für Manufakturwaaren. — Der Petroleum⸗
t ist sehr gedrückt. Die schlechte Stimmung der Börse ist die Folge der Zahlungseinstellung des Commodore Garrison. Verkehr s⸗Anstalten.
Newer Pork, A. Juni, (3d. . B) Die Dgm per „Spain und „Denmark“ von der National⸗Dampf⸗ fchiffs ⸗ Compagnie (C. Messingsche Linie) sind heute hier eingetroffen.
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Berlin, 23. Juni 1884.
Das Centralcomits zur Unterstützung hülfsbedürf⸗ tiger Ueberschwemmter im Regierungsbezirk Unter— franken und Aschaffenburg in Würzburg erstattet nach Be⸗ endigung seiner Thätigkeit nachstehenden Schlußbericht: Der Nothstand, welcher zu Ende des Monats November 1882 durch das Hochwasser im Flußgebiet des Mains eintrat, veranlaßte die Bildung eines Nothstandscomités zunächst für die Stadt Würzburg und deren nähere Umgebung, dessen Thätigkeit sich jedoch bald weiter ausdehnte. Sowohl von Privaten als von Vereinen wurde sofort nach Kräften der Noth gefteuert. Sogleich nach. Eintritt des zweiten Hochwassers sandte überdies der König von Bayern eine reichliche Beisteuer, ebenso ließ der Deutsche Kaiser durch An— weisung einer bedeutenden Summe aus dem Reichsdispositionsfonds am 12. Januar 1883 20000 410 für momentane Hülfsleistung sorgen, denen am 22. desselben Monats weitere 6000 „S aus derselben Quelle folgten. Die Rechnung des Comitèés bildet nun den besten Rechenschaftsbericht. Derselbe läßt ersehen, wie die Einnahmen des Comités nach und nach bis zu einem Gesammtbetrage von 414746,58 S an Geld angewachsen sind, wozu noch eine nicht un— beträchtliche Einnahme an Naturalien kommt. Die Unterstützungen, welche aus Anlaß, des Rothstandes in den Regierungs— bezirk von Unterfranken und Aschaffenburg geflossen sind, mehrten sich nach und nach, überstiegen an Baargeld die Summe von 253 000 u, Es sind nämlich nicht nur dem Centralcomits selbst über 414 700 „, sondern auch dem Königlichen Regie— rungs-Präsidium über 202 700 M zugegangen, und hierzu kamen noch die gesetzlich als Staatshülfe für Unterfranken bewilligten 3366 000 o Rechnet man hierzu den Werth der Gaben in Naturalien (Getreide, Mehl und Lebensmittel, Kleidungs- und Bettstücke, Wäsche ꝛc., ferner die Liebesgaben, welche von Zeitungs-Redaktionen, Prigaten und Ver⸗ einen, einzelnen Gemeinden direkt zugewendet worden sind, so ergiebt sich, daß die Summe der nach Unterfranken geflossenen Unterstützungen auf mehr als eine Million Mark anzuschlagen ist. — Für Wohnbarmachung der durchfeuchteten Häuser und für dringende Bedürfnisse an Nahrung, Kleidung wurden verwendet über 7) 099 4, für Anschaffung von Saatgetreide über 52000 „S, für Gebäude—⸗ reparaturen nahezu 67 0900 4½ , für Neubauten über 193 000 „½ , für Schutzdämme, Wasserlaufsregulirungen ꝛ6. nahezu 30000 S6½. Es kamen davon auf den Bezirk Lohr allein 47 638 „S6, auf den Bezirk Marktheidenfeld 39 845 A,. auf den Bezirk Obernburg 191 210 Die Bewilligung dieser Beträge für die genannten Bezirke findet
ihre Erklärung darin, daß daselbst, namentlich in den Städtchen Rothenfels, Stadtprozelten, Wörth und Obernburg, sowie in einzelnen anderen Ortschaften dieser Bezirke weitaus die arsßten Beschädigungen entftanden waren und daß dort Abhülfe gegen Wieder kebr solcher Beschädigungen getroffen werden mußte. Bei Wohn⸗ gebäuden, deren Ausbesserungskosten sich böber belaufen hätten, als der Neubau derselben, wurden sofort Neubauten außerhalb des Inun⸗ dationsgebietes vorgenommen. Zu diesem Zweck mußten namentlich für den Bezirk Obernburg greße Summen bewilligt werden, wovon ein beträchtlicher Theil auf die Orte Obernburg, Großwallstadt und Kleinwallstadt, der größte Theil aber auf die Gemeinde Wörth ge— troffen hat. Trotz diefer großen Leistungen blieb es möglich, eine sehr hohe Zabl theils großer, ibeils mäßiger Unterstützungen vielen Hunderten aus den reichlichen Spenden zuzuwenden.
(Centralbl. der Baur.) Eine außerordentliche Preis- bewerbung, unter den Mitgliedern des Architekten— Vereins in Berlin ausgeschrieben, bezweckt die Erlangung von Skizzen zu einer Gruppe von 8 Wohn- und Geschäftshäusern geringeren Umfangs an der Verlängerung der Hochstraße in Bochum. Der Veranstalter, Hr. Liebeling daselbst hat dem Beurtheilunge—⸗ autschuß des Vereins den Betrag von 600 M für Preise zur Ver—⸗ fügung gestellt. Die Arbeiten muͤssen bis zum 30. d. M. beim Ver— ein eingereicht werden.
Der Münchener Allg. Ztg.“ wird aus Athen geschrieben: Schliemann ist nach Abschluß der Ausgrabungen, welche er in Tiryns unter Aufsicht des „Ephoros der Altertbümer“, Hrn. D. Philios, und unter Mitwirkung des Architekten Dörpfeldt unter⸗ nommen hatte, nach Athen zurückgekehrt. Der wichtigste Fund ist das uralte Haus, dessen Bau mit dem des Hauses in der Odrssee durchaus übereinstimmt. Die Mauern desselben, die sich an vielen Stellen einen Meter über den Boden erheben, bestehen aus gewöhnlichem Kalkstein und Lehm, der wohl durch Einfluß von Feuer die Festigkeit von Ziegeln erlangt hat, während die Steine sich in Kalk auflösten. An der Außenseite der Mauern war an einigen Stellen ein Kalküberzug erhalten, auf dem sich Reste von Wandmalereien fanden. Dieselben wurden sorgfältig abgelöst und nach Athen geschafft. Die meisten enthalten Ornamente, die mit den Mykenäischen und den in Sparta und Menidhi gefundenen die größte Aehnlichkeit besitzen. Besonders merkwürdig ist ein Stück mit der leider nicht ganz unversehrten Dar— stellung eines Stieres, der einen Reiter trägt; doch ist von letzterem nur der Schenkel völlig deutlich zu erkennen; der Reiter hält den nach vorn auf den Rücken gewandten Schweif des Stieres. Das von Hrn. Schliemann nur halbvollendete Werk beabsichtigt die griechische Regierung demnächst fortzusctzen; die Ausgrabungen werden zu Ende geführt und die noch mit Erdmassen bedeckten Mauern völlig freigelegt werden. Auf An⸗— ordnung des Unterrichts- Ministers, Hrn. D. S. Vulpiotis, wird die Reinigung der Akropolis energisch betrieben; gleichzeitig werden die da und dort zerstreuten Skulpturen gesammelt und in dem in der Nähe des Parthenon gelegenen Museum aufgestellt werden; schon sind sämmtliche bisher in den Propyläen angehäuften Mo— numente und die zu anderen Gebäuden gehörigen Steine weggebracht worden, so daß die Propyläen sich endlich frei und würdevoll repräsentiren. An den Innenwänden derselben wurden Spuren entdeckt, welche auf eine fortlaufende Reihe von Bänken hin— weisen. Auch der zur Akropolis führende Aufgang und das Theater des Herodes wurden gereinigt. — In dieser Woche soll der nord⸗ westliche, gegen die Propyläen neigende Theil der türkischen Mauer niedergelegt werden. Hr. Dörpfeldt wurde damit betraut, zahlreiche Säulen der Propyläen und des Erechtheion zu stützen; desgleichen wurde ihm die Leitung sämmtlicher architektonischen Arbeiten übertragen, welche auf der Akropolis in Angriff genommen werden. Man denkt auch an die Gründung eines geräumigen Museums am Südabhange der Akropolis, zwischen dem Asklepieion und dem modernen Holjthore der Akropolis. In diesem Museum werden die im Asklepieion gefundenen Gegenstände niedergelegt wer den sowie sämmtliche auf der Akropolis gefundenen Inschriften und Skulpturen, mit Ausnahme der Thon, Erz, Bein-, Glas und Holzobjekte, der Statuen und Reliefs des Parthenon und Exechtheion, welche in ihrem gegenwärtigen Aufbewahrungsorte, d. h. im Parthenon Museum, verbleiben.
Die gestrige Ruder-Regatta auf dem Langen See bei Grünau hat ein für Berlin voll befriedigendes Resultat ergeben. Von 8 zur Eatscheidung gekommenen Rennen sind 7 zu Gunsten der Berliner ausgefallen; nur ein Preis ist nach Breslau gegangen. Zu der Regatta, welcher eine große Menschenmenge beiwohnte, war auch Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz in Begleitung der Prinzen Wilhelm und Heinrich nebst Gefolge erschienen.
Breslau, 21. Juni, Abends. (W. T. B.) Ueber einen Grubenunfall bei Schwientochlowitz veröffentlicht das Ober-Bergamt folgende Mittheilung; Gestern fand in der Stein⸗ kohlengrube . Deutschland! bei Schwientochlowitz ein Einbruch von Schlamm- und Wassermassen statt. Die Anzahl der Verschütteten ist noch nicht sicher festgestellt, übersteigt aber zehn.
— 23. Juni. (W. T. B.) Die „Breslauer Zeitung“ schreibt über das Grubenunglück bei Schwientochlowitz: Am 20. d. M. Nach— mittags drang in Folge Tagebruchs Wasser in die Grube „Deutsch⸗ land‘ ein, wodurch ein Schacht, in welchem sich etwa 30 bis 40 Leute befanden, unter Wasser gesetzt wurde. Ein anderer Schacht, durch welchen die Leute gerettet werden könnten, ist wegen ungesunder Wetter nicht zu befahren; sechs Arbeiter, die trotzdem zur Reitung ihrer Kameraden einfuhren und bereits für verloren gehalten wurden, sind glücklich gerettet worden.
Breslau, 22. Juni. (W. T. B. Der schlesische national⸗ liberale Parteitag ist heute bier abgehalten woöͤrden. Der Rektor der hiesigen Universität, Professor Roepell eröffnete die sehr zahlreiche Versammlung mit einer Ansprache; außerdem sprachen der Wirkl. Geheime Rath Hobrecht, Prof. Gneist und von Schenckendorff. Schließlich gelangte folgende Resolution zur Annahme; Der schlesische nationalliberale Parteitag erklärt freudig seinen Anschluß an die Berliner Erklärung vom 18. Mai e, beschließt die Kon—⸗ stituirung eines nationalliberalen Central-Comités für die Provinz Schlesien und beauftragt den Breslauer nationalliberalen Wahl— verein mit der Konstituirung des Central-Comitéès.
Lemberg, 21. Juni,. (W. T. B.) Die Berichte über den Wasserstand in den Flüssen und über die durch die Ueber— schwem mungen verursachten Schäden lauten fortwährend un— günstig, namentlich in Betreff einzelner Gegenden am San und am Dniester. In Krakau hat sich ein Hülfscomits unter dem Vorsitz des Statthalterei⸗Raths, Grafen Badeni, gebildet, dessen Mitglieder sofort 6000 Fl. spendeten.
— 23. Juni. (W. T. B.) Die im Laufe des gestrigen Tages aus der Provinz eingelaufenen Nachrichten melden sämmtlich ein Fallen des Wasserstandes. In der letzten Nacht hat es jedoch wieder angefangen zu regnen. Sehr große Verheerungen hat das Wasser in den Gebieten des San und Dniester angerichtet, wo es ausgedehnte Strecken überfluthete.
Rom, 22. Juni. (W. T. B.) Nach hier eingegangener Mel. dung hat in der Pulverfabrik zu Pontremoli eine Explo- sion stattgefunden, bei welcher 30 Personen getödtet und 17 schwer verwundet worden sind.
Die Wiederholung des „Propheten“ mit Fr. Rosa Papier als Fides fand am gestrigen Sonntag im Krollschen Theater den— selben enthusiastischen Beifall wie am Freitag. Der Wiener Gastin wurden von dem ausverkauften Hause die reichsten Ovationen dar— gebracht, — Die einzige und letzte Wiederholung des Gluckschen
Orpheus“ findet am Mittwoch statt, wäbrend am morgigen Dienstage das Krollsche Etablissement einer Privatfestlichkeit wegen geschlossen bleibt.
Wie vorauszuseben, bewirkte die gestrige Wiederholung der „ Fleder⸗ maus“ mit Fr. Marie Geistinger als Rosalinde im Neuen Friedrich Wil helmstädtischen Theater ein völlig ausver⸗ kauftes Haus. Fr. Geistinger, für welche die Rolle geschrieben, die sie bekanntlich in Wien creirt hat, erntete für die mustergültige Wiedergabe der Partie den stürmischen Beifall des Publikums, an dem aber auch die übrigen Mitwirkenden, die Damen Collin und Grünfeld, die Hrrn. Swoboda, Steiner, Binder, Hambrock, Rosen und Broda reichlich partizipirten. Die animirte Vorstellung wurde durch die zahlreichen da capo's erheblich verlängert und endigte erst um 107 Uhr. — Heute und morgen tritt Fr. Geistinger noch in der⸗ selben Rolle auf.
London, 20. Juni. (. C) Die deutsche Oper im Coventgarden⸗ Theater erfreut sich fortgesetzt der wärmsten Sympathie. Am 18. d. wurden zum dritten Male in der Saison vor fast ausverkauftem Hause „Die Meistersinger von Nürnberg“ gegeben, welche Oper, Dank der trefflichen Besetzung der Hauptrollen, eine große Anziehungskraft ausübt. Hr. Reichmann aus Wien sang zum ersten Male den Hans Sachs und errang in dieser Partie einen durchschlagenden Erfolg. Am nächsten Freitag übernimmt der Künstler die Titelrolle im „Fliegenden Holländer“; die Rolle der Senta wird Madame Albani von der Royal Italian Opera in deutscher Sprache singen.
Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.
Anteroffizier; Zeitung. Nr. 24. — Inhalt: Pater⸗ ländische und geschichtliche Hauptgedenktage. — Die Feier der Grund— steinlegung des Reichstagsgebäudes. — Ueber Schleich-Patrouillen. — Militaäͤrische Mittheilungen. — Eine Schilderung der russischen Sol⸗ daten von 1799. 26 Blätter. — Vakanzen für Militäranwärter. — Anzeigen. — Beilage: Heiße Tage. — Die Verlobung. — Ge— sellige Kurzweil.
Der Feuerwehrmann,. Nr. 24. — Inhalt: Die Feuer. sicherheit der Theater. — Schafft Blitzableiter auf die Schulbäuser! — Zur Löschung von Bränden in Magazinen und, Kellerräumen für Mineral- und ätherische Oele. — Aus dem Rheinisch⸗Westfälischen Verbande. — Bericht über die Thätigkeit der Feuerwehr zu Cöln im Jahre 1883/84 — Verschiedenes. — Fragekasten. — Beilage: Brandfälle ꝛc. — Der XII. deutsche Feuerwehrtag in Salzburg. (Schluß) .
Gentralblatt für die Interessen der Volkswirth— schaft. Nr. 4. — Inhalt: Sozialpolitische Betrachtungen. — Politische Uebersicht. — Das wirthschaftliche Programm der Ver einigten Staaten. — Das Rentabilitätsverhältniß zwischen Spinnerei und Weberei. — „Admission temporaire. — Der Gesetzentwurf, betr. Erbebung von Reichsstempel⸗Abgaben. — Mittheilungen. — Buchhandel, Literatur u. s. w. — Inserate.
Pharmaceutische Centralhalle für Deutschland. Nr. 25. — Inhalt; Chemie und Pharmacie; Nachweis der Salxeter⸗ säure und Salpetrigsäure, der Nitrate und Nitrite. Neue Reactions . methoden. (Mit theilweiser Rücksicht auf die Guttularmethode) — Sapocarbol. Carbol⸗ oder Phenolsaponat. — Eine neue Reaction auf Salze des Natrium, Ammonium und Lithium. — Zur Unter— suchung des Knochenmehls auf Steinnußpulver — Blatta orientalis — Bericht über die Sanitätsrerhältnisse und die Thätigkeit des Stadtrhysikats in Praga im Jahre 1882. — Therapeutische Notizen: Ueber die Ursachen der Fettablagerung im Thierkörper. — Extractum Piscidiae als Hypnoticum. — Helenin bei Krankheiten des Resxi— rationsapparates. — Offene Correspondenz — Anzeigen.
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die Abonnenten. — Aphorismen zur Ausführung einiger Bestimmun— gen des Krankenversicherungsgesetzes. — Normalstatuten für Bau— krankenkassen. — Correspondenzen. — Sprechsaal. — Rezensionen. — Briefkasten. — Die Materialien des Gesetzes, betreffend die
Krankenversicherung der Arbeiter (Anlage).
Allgemeine Ausgabe der, Soeial⸗Correspondenz “. Nr. 265. — . Inhalt: An, die Redacteure und Correspondenten deutscher Zeitungen! — Die deutsche Presse als Erzieherin zur Volksgesundheit. — Zur Frage des Unfallwesens und der Unfallversicherung. — Vier oder dreizehn Wochen Karenzzeit? — Das deutsche Eisenhahnnetz. — Soziales. — Arbeiterverhältnisse. — Stimmen der Presse über die Gewinnbetheiligung der Arbeiter im neuen Aktiengesetz. — Ein juristisches Gutachten über die Gewinnbetheiligung im neuen Aktien— gesetz. — Gutachten eines Professors der Landwirthschaft über die Gewinnbetheiligung der Arbeiter. — 18060 Dividende. Instinkt, Verstand und Geist bei Menschen und Thieren. (Heft 6. Band IS. Heft R) Von C. A. L. von Binzer. Verlag von Gebr. Henninger, Heilbronn.
Die Sonntags ruhe. Illustrirtes Volksblatt für Stadt und Land. Nr. 25. — Inhalt: Die Rosen von Charlottenhof. Er— zählung von J. Isenbeck. — Eine Juni⸗Plguderei. — Die Ein— weihung des Lehrervereinshauses in Leipzig. — Rundschau der Welt— ereignisse. — Reichspost. — Vermischteg. — Unsere Bilder.
Wiener Kriminal-⸗Bibliothek. Im Verlaze ron Hugo Engel in Wien ist soeben das erste Heft der „Wiener Kriminal Bibliothek‘ erschienen, welches den vor dem Wiener Ausnahmsgerichte am 9. und 10. Juni durchgeführten sensationellen Prozeß gegen den Anarchisten Hermann Stellmacher nach stenographischen Aufzeichnungen reproduzirt. Dem Verhandlungsberichte ist auch eine sachliche Dar⸗ stellung der internationalen anarchistischen Umtriebe beigegeben. Das Heft erscheint mit zahlreichen Illustrationen und ist um den Preis von 30 Kr, (60 A) in allen Buchhandlungen zu haben.
Milch-⸗Zeitung. Nr. 25. — Inhalt: Die Anglo Swiss Condensed Milk Co, in Cham. Von F. Merz im Entlebuch. (Schluß) — Ausstellungen. Deutschland. Maschinenmarkt in Breslau. — Deutsche Molkerei-Ausstellung in München. — Mastvieh ⸗Ausstellung in Berlin. — Skizze zur Ausstellung des Ostpreußischen Landwirth⸗ schaftlichen Centralvereins zu Königsberg i. Pr. (Schluß). — Zehnte Berliner Mastvieh⸗Ausstellung am 14. und 15. Mai d. J. (Fort setzung aus 23). — Großbritannien. Pferde ⸗Ausstellung in London. — Belgien. Landwirthschaftliche Ausstellung in Gent. — Statistik. Großbritannien. Butter- und Käse⸗Einfuhr nach England. — Schlachtviehmarkt. Fleischkonsum 2c. in München. — Geräthe, Ma— schinen˖ und Baukunde. Abrahmer oder rotirendes Kremometer. — Biologie. Analpse saurer koagulirter Milch. — Zur Schätzung von Heu auf analytischem Wege. — Erfahrungen in der Praxis. In welchem Zustande die Sräser und Kräuter für Heubereitung gemaͤht werden müssen. — Verschiedene Mittheilungen. Deutschland. Verein zur Förderung der Moorkultur im Deutschen Reiche. — Einfuhr von Schweinen aus Rußland. — Enquete über Beschaffenheit des Heues. — Großbritannien. Milchproduktion und Milchgeschäfte in London. — Sussex⸗Vieh. — „British Goat Society“ (Gesellschaft zur Hebung der Ziegenzucht). — Amerika (Vereinigte Staaten) Verbot der Her— stellung und des Verkaufs von Kunstbutter. — (Canada). Viehexport. — Literatur, Die österreichischen Rinderrassen. — Mittheilungen der Großh. Sächsischen Lehranstalt für Landwirthe an der Universität Jena. — „Das Milchwirthfchaftliche Taschenbuch. — Sprechsaal. Heranziehung der Genossenschastsmeiereien zur Gewerbesteuer. — Pflanzenlab. — Zar Mastvieh-Ausstellung in Berlin. — An und Verkäufe von Zuchtvieh. — Berichtigungen. — Marktberichte, — Anjeigen. — Beiblatt: Wie soll eine zweckmäßige landwirthschaftliche Buchhaltung beschaffen sein? Von Edmund Klapper. (Fortsetzung.)
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Redacteur: Riedel. Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Elsner.
Fünf Beilagen seinsh ließlich Börsen Beilage 3
zerlin:
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Stagts⸗Anzeiger.
M 145.
Berlin, Montag, den 23. Juni
1884.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 23. Juni. Im weiteren Ver— laufe der vorgestrigen (38.) Sitzung des Reichs— tages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über die Unfallversicherung der Arbeiter mit der Diskussion des §. 45 fortgesetzt.
§. 46 lautet nach der Fassung der Kommission:
Für jeden Bezirk einer Berufsgenossenschaft oder, sofern die⸗ selbe in Sektionen getheilt ist, einer Sektion, wird ein Schieds— gericht errichtet.
Der Bundesrath kann anordnen, daß statt eines Schieds—
gerichts deren mehrere nac Bezirken gebildet werden.
Der Sitz des Schiedsgerichts wird von der Centralbehörde des Bundesstaats, zu welchem der Bezirk desselben gehört, oder, sofern der Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaats hinausgeht, im Einvernehmen mit den betheiligten Zentralbehörden von dem Reichs Versicherungsamt bestimmt.
. Ein Antrag des Abg. Bebel, und Gen., demzufolge der Sitz des Schiedsgerichts vom Reichs-Versicherungs amt zu be— stimmen sein soll, wurde abgelehnt und §. 46 unverändert angenommen.
Der Abg. Grillenberger zog die Anträge seiner Partei— genossen gegenüber der Aussichtslosigkeit bei der bestehenden klerikal-konservativen Koalition zurück.
§. 47 lautet nach dem Kommissionsbeschlusse:
Jedes Schiedsgericht besteht aus einem ständigen Vorsitzenden und aus vier Beisitzern.
zer Vorsitzende wird aus der Zahl der öffentlichen Beamten von der Centralbehörde des Landes, in welchem der Sitz des
Schiedsgerichts belegen ist, ernannt. Für den Vorsitzenden ist in gleicher Weise ein Stellvertreter zu ernennen, welcher ihn in Be— hinderungsfällen vertritt.
Zwei Besitzer werden von der Genossenschaft oder, sofern die Genossenschaft in Sektionen getheilt ist, von der betheiligten Sektion gewählt. Wählbar sind die stimmberechtigten Genossen⸗ schaftsmitglieder sowie die von denselben bevollmächtigten Leiter ihrer Betriebe, sofern sie weder dem Vorstande der Genossenschaft, noch dem Vorstande der Sektion, noch den Vertrauensmännern an— gehören und nicht durch richterliche Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind.
Die beiden anderen Beisitzer werden nach näherer Bestimmung
s Regulativs (5. 43) von den im 5§. 41 bezeichneten Vertretern r Arbeiter aus der Zahl der in den Betrieben der Genossenschaft eschäftigten Versicherten, welche den im 5§. 42 genannten Kassen ngehören, gewählt.
Für jeden Beisitzer sind ein erster und ein zweiter Stell— vertreter zu wählen, welche ihn in Behinderungsfällen zu vertreten haben.
Die Beisitzer und Stelloertreter werden auf vier Jahre ge— wählt. Alle zwei Jahre scheidet die Hälfte der Beisitzer und ihrer Stellvertreter aus. Die erstmalig Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt, demrächst entscheidet das Dienstalter. Scheidet ein Beisitzer während der Wahlperiode aus, so treten für den Rest derselben die Stellvertreter in der Reihenfolge ihrer Wahl für ihn ein Ausscheidende Beisitzer und Stellvertreter sind wieder wählkar.
Die Abgg. Dr. Barth und Genossen beantragten:
In Absfatz 2 nach den Worten: „»der öffentlichen Beamten“ folgende Worte einzuschalten:
mit Ausschluß der Beamten derjenigen Betriebe, welche unter dieses Gesetz fallen.“ .
Nachdem der Referent Abg. Dr. Frhr. von Hertling die Forderung des Antrages Barth als selbsverständlich bezeich⸗ net und der Abg. Dr. Hirsch den Antrag Barth kurz motivirt hatte, .
ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats— Minister von Boetticher das Wort:
Wir haben bei der Abfassung der Vorlage es als selbstverständlich angesehen, daß die Beamten derjenigen Betriebe, die unter das Gesetz fallen, nicht zu Vorsitzenden der Schiedsgerichte gewählt werden können, und wir haben angenommen, daß die Centralbehörden, die diese Vorsitzenden zu bestelles haben, nicht auf den Gedanken kommen werden, sie aus der Zahl der Betriebs beamten derjenigen Betriebe, die unter das Gesetz fallen, zu bestellen.
Von diesem Gesichtspunkte aus habe ich nichts dagegen zu erinnern, wenn der Antrag des Hrn. Abg. Dr. Barth und Genossen ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wird, und ich zweifle nicht, daß die verbündeten Regierungen diesem Antrage ihre Zustimmung geben werden. .
Der Abg. Stötzel befürwortete den Antrag Barth nament⸗ lich in Hinblick darauf, daß ohne denselben die Schiedsgerichte nur aus Beamten, nicht aus wirklichen Arbeitern bestehen würden. Er habe Bedenken dagegen. daß bei den. Knapp⸗ schaftskassen aus dem Kreise aller. Mitglieder Beisitzer ge⸗ wählt werden könnten. Die Wahl könnte leicht auf Steiger und Obersteiger fallen, die man nicht in dem Sinne als Arbeiter betrachten könnte, wie es wohl eigent— lich in dem Gesetz beabsichtigt sei. Die genannten Beamten hätten mehr ein Interesse an der Wahrnehmung der Rechte der Arbeitgeber als der Arbeitnehmer. Die Arbeiter würden nicht das Gefühl los werden, daß ihnen Unrecht geschehe, und ein solches Mißtrauen der Arbeiter gegen das Gesetz würde der Ausführung desselben sehr hinderlich sein. Er wünsche, daß die Arbeiter nach dieser Richtung hin beruhigt würden; er habe einen ausdrücklichen Antrag nicht gestellt, weil er hoffe, daß zwischen der zweiten und dritten Lesung diese An⸗ gelegenheit noch in Ordnung gebracht werden würde.
Demnächst nahm der Staats-Mmister von B oetticher das Wort: ö
n. Herren! Ich kann mich selbstverständlich nicht über den Antrag, den der Herr Vorredner für die dritte Lesung in Aus sicht gestellt hat, äußern, bevor er nicht vorliegt; aber ich möchte die Be⸗ sorgnise, auf Tenen dieser in Aussicht gestellte Antrag beruht, schon jetzt zerstreuen, und ich glaube, ich bin dazu in der Lage .
Meine Herren! Wie Sie aus dem Vertrag des Herrn Vorredner? ent⸗ nommen haken werden, richtet sich seine Besorgniß — und er hat sie hinge, stellt als die Besorgniß weiter Arbeiterkrelse — darauf, daß das chice gericht zusammengesetzt sein könnte, soweit es sich um das Athetler, flement' handelt, nicht aus eigentlichen. Arbeitern, sondern aus den Beamten ber Betriebe, und er hat diese Besorgniß begrünzet. durch den Hinweis darauf, daß jetzt schon bei verschiedenen Krantenlassen die Vorstände nicht selten zusammengesetzt seien nicht aus Arbeitern, son⸗ dern an Stelle des Arbeiterelementes aus Betriebs beamten. Nun ist das gar nicht zu bestreiten, daß die Srantenlgfsen port zum Theil so zufammengesetzt sind und auch künftig. vielleicht, wenn das neue Krankenkassengesetz in Kraft getreten Pein wird, fo zusammengefetzt fein werden, daß Betriebsbeamte in Stelle von
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Arbeitern in die Vorstände gewählt werden, und ich kann mir weiter denken, daß ein solcher Zustand die Besorgniß der Arbeiter und Zweifel an einer objektiven Behandlung ihrer Interessen bei den Arbeitern bervorruft. Aber, meine Herren, wenn dies auch bei den Krankenkassen möglich und wahrscheinlich ist, so balte ich es bei den Schiedẽgerichten der Unfallversicherungsvorlage für höchst unwahr— scheinlich, wenn nicht überhaupt für ausgeschlossen, daß von Seiten der in den Krankenkassenvorständen vertretenen Arbeiter Betriebs beamte in die Schiedsgerichte gewählt werden. Wenn Betriesbeamte in die Krankenkassenvorstände gewählt werden, so mag das liegen an dem Vertrauensverhältnisse, in dem diese Betriebsbeamten zu den Arbeiterin stehen; es mag auch vielleicht liegen an dem Einfluß, den die Betriebsbeamten auf die Arbeiter üben, und es läßt sich ein solcher Einfluß da wohl denken, wo aus einem bestimmten Kreise von Arbeitern beraus für einen einzelnen Kassenvorstand Vorstands⸗ mitglieder zu wählen sind. Es wird diese Erscheinuag in der Haupt— sache nur bei den Fabrikkrankenkassen zu Tage treten. Für ausge— schlossen halte ich das schon bei den Ortskrankenkassen, die in der Regel gar nicht aus den Arbeitern eines bestimmten Betriebes zu⸗ sammengesetzt sind, sondern sich zusammensetzen aus einer großen An— zahl von Arbeitern, die sich auf eine größere Anzahl von Betrieben vertheilen.
Nun wählen aber zu den Schiedsgerichten — und das ist der Grund, weshalb ich es für ausgeschlossen erachte, daß diese Besorgniß, von der der Herr Vorredner gesprochen hat, sich demnächst bestätigen wird — nun wählen zu diesen Schiedsgerichten die Vertreter der Arbeiter, die durch die Wahl einer großen Zahl von Krankenkassen— vorständen hervorgegangen sind. Es sind dabei betheiligt sämmtliche Krankenkassen des Bezirks, der betreffenden Sektionen resp. der be treffenden Berufsgenossenschaft. Es handelt sich also gar nicht um die Wahrnehmung lokaler Interessen, und jedes lokale Interesse, welches bei jener Wahl sich etwa zur Geltung bringen wollte, würde wahrscheinlich bei den anderen betheiligten Arbeitern und Arbeiter vertretern, die nicht dasselbe Interesse haben, sehr wenig Anklang finden.
Es handelt sich also um die Wahl sehr verschiedenartig kompo⸗ nirter Krankenkassenvorstände. Der Vertretungskörper, der die Wahl zum Schiedsgerichte vorzunehmen hat, ist danach schon aus sehr ver— schiedenen Elementen zusammengesetzt, und die Dinge müssen sehr eigenthümlich liegen, wenn aus der Durchsiebung dieser beiden In— stanzen eine Wahl heroorgehen sollte, die sich ausschließzlich auf Be— trieb'beamte richtet. Das, meine Herren, aber möchte ich dem Herrn Vorredner, bevor er seinen Antrag formulirt, noch weiter zu bedenken geben, daß ich es für ganz ausgeschlossen halte, eine Vorschrift zu erlassen, welche darauf abzielt, die Betriebsbeamten von der Wahl auszuschließen. Denn nachdem Sie beschlossen haben, auch die Be— teiebsbeamten zur Unfallversicherung zuzulassen, müssen Sie ihnen dieselben Rechte geben, wie den Arbeitern, Sie müssen sie an allen Wahlen und an allen Instanzen betheiligen, an denen die Arbeiter betheiliat sind.
Also, meine Herren, ich glaube, Sie werden durch diese meine Darlegung in die Lage gesetzt sein, die Besorgnisse der Arbeiter zu zerstreuen. Sie werden nicht besorgen dürfen, daß die Schiedsgerichte zusammengesetzt werden lediglich aus Betriebsbeamten und auf der anderen Seite aus Arbeitgebern. Das Arbeiterelement wird in ihnen vertreten sein, und damit wird auch eine objektive und sachgemäße Wahrnehmung der Interessen des betheiligten Arbeiters gesichert sein.
Der Abg. Eberty erklärte sich mit den Ausführungen des Abg. Stötzel Namens seiner politischen Freunde einverstanden. Dem Antrag Barth entsprechend, nehme er die Erklärung des Referenten und des Staats-Ministers von Boetticher mit Dank entgegen.
Der Abg. Dr. Frege bemerkte, nach den Erklärungen des Staats-Ministers sei auch seine Partei bereit, den Antrag Barth anzunehmen.
Nachdem sich der Abg. Dr. Windthorst in demselben Sinne ausgesprochen hatte, wurde der 5. 47 mit dem vom Abg. Barth beantragten Zusatz angenommen.
Die §§. 48—50 wurden ohne Debatte unverändert ge— nehmigt. ; ö
8. 51 lautet nach der Vorlage, der sich die Kommission angeschlossen hatte:
Von jedem in einem versicherten Betriebe vorkommenden Unfall, durch welchen eine in demselben beschäftigte Person getödtet wird, oder eine Körperverletzung erleidet, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, ist von dem Betriebsunternehmer bei der Ortspolizeibehörde schriftliche Anzeige zu erstatten.
Dieselbe muß binnen zwei Tagen nach dem Tage erfolgen, an welchem der Betriebsunternehmer von dem Unfall Kenntniß er— langt hat.
Für den Betriebsunternehmer kann derjenige, welcher zur Zeit des Unfalls den Betrieb oder den Betriebstheil, in welchem sich der Unfall ereignete, zu leiten hatte, die Anzeige erstatten; im Falle der Abwefenheit oder Behinderung des Betriebsunternehmers ist er dazu verpflichtet.
Das Formular für die Anzeige wird vom Reichs ⸗Versicherungs— amt festgestellt.
Die Vorstände der unter Reichs- oder Staatsverwaltung stehenden Betriebe haben die in Absatz 1 vorgeschriebene Anzeige der vorgesetzten Dienstbehörde nach näherer Anweifung derselben zu erstatten.
Der Abg. Lohren bemerkte, es sei bereits bei §. 4 von ihm darauf hingewiesen worden, daß den Staatsbetrieben in diesen Bestin mungen über die Anzeige und Untersuchung der Unfälle eine Ausnahmestellung vor den Privaten gewährt werden müsse. Nach dem Schlußabsatz des 8. 51 brauchten die Staatsbetriebe nicht die Anzeige bei der Polizeibehörde, son— dern nur bei der vorgesetzten Dienstbehörde zu machen, von welcher auch nach einem späteren Paragraphen die Untersuchungen angeordnet würden. Es würde sich viel⸗ leicht empfehlen, bei der dritten Lesung im ersten Absatz hinter „bei der Ortspolizeibehörde“ die. Worte einzuschalten „oder bei der Genossenschaft bezw. Sektion“. Dann würden im 8. 53 die Worte „von der Ortspolizeibehörde“ ersetzt werden können durch die Worte „von, der Genossenschaft bezw. Sektion“. Es würde dann die Polizei nicht mehr in die inneren Angelegenheiten eindringen können, als es zur Wah⸗ rung des Rechtes der Arbeiter nothwendig sei. Es sei auf⸗ fallend, daß in dieser Sache von der linken Seite des Hauses keine Änträge gestellt seien. Seine Partei stelle heute keinen Antrag, würde aber einem solchen zustimmen. .
s. 51 wurde genehmigt, ebenso ohne Debatte unverändert
85. 52-58. .
S. 59 lautet nach der Fassung der Kommission:
Entschaͤdigungsberechtigte, für welche die Entschädigung nicht von Amtswegen festgestellt ist, haben ihren Entschädigungsanspruch bei Vermeidung des Ausschlusses vor Ablauf von zwei Jahren
nach dem Eintritt des Unfalls bei dem zuständigen Vorstande an— zumelden.
Nach Ablauf dieser Frist ist der Anmeldung nur dann Folge zu geben, wenn zugleich glaubhaft bescheinigt wird, daß die Folgen des Unfalls erst später bemerkbar geworden sind oder daß der Ent⸗ schädigungsberechtigte von der Verfolgung seines Anspruches durch außerhalb seines Willens liegende Verhältnisse abgehalten worden ist.
Wird der angemeldete Entschädi jungsanspruch anerkannt, so ist die Höhe der Entschädigung sofort festzustellen; anderenfalls ist der Enfschädigungsanspruch durch schriftlichen Bescheid abzulehnen.
Ereignete sich der Unfall, in Folge dessen der Entschädigungs⸗ anspruch erhoben wird, in einem Betriebe, für welchen ein Mit— gliedschein von einer Genossenschaft nicht ertheilt war, so hat die Anmeldung des Entschädigungsanspruchs bei der unteren Verwal— tungsbehörde zu erfolgen, in deren Bezirk der Betrieb belegen ist. Diefelbe hat den Entschädigungsanspruch mittelst Bescheides zurück— zuweisen, wenn sie den Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet hat, für nicht unter den 5. 1 fallend erachtet; anderenfalls hat sie die Feststellung der Genossenschaft, welcher der Betrieb angehört, nach Maßgabe der §S§. 34 bis 37 herbeizuführen und, nachdem diefe Festftellung erfolgt ist, den angemeldeten Entschädigungs— anspruch dem zuständigen Vorstande zur weiteren Veranlassung zu überweisen, auch dem Entschädigungsberechtigten hiervon schriftlich Nachricht zu geben. . .
Die Abgg. Dr. Barth und Gen. beantragten, die in dem 8. 59 statuirte Präklusivfrist, bezüglich der Geltendmachung der betreffenden Entschädigungsansprüche, zu beseitigen.
Der Abg. Eberty befürwortete diesen Antrag. .
Der Staats-Minister von Boetticher erklärte, nach der Vorlage und dem Kommissionsbeschluß läge doch die Sache so, daß, wenn Jemand zwei Jahre lang den Entschädigungs— anspruch nicht erhebe, derselbe dann die Behauptung aufstellen und den Beweis dazu liefern müßte, daß die Folgen des Un⸗ falls erst nach dieser Zeit hervorgetreten seien oder daß es sonst ihm unmöglich gewesen, den Entschädigungsanspruch in der betreffenden Zeit zu erheben. Er meine, daß dies jedem billigen Interesse Rechnung trage. Wenn der Abg. Eberty in jüfinitum die Erhebung des Entschädigungsanspruchs zulassen wollte, so halte er das für sehr unpraktisch; es würde dies nur von Querulanten ausgebeutet werden. Er bitte daher, es bei dem Beschluß der Kommission zu belassen.
Der Abg. Br. Hammacher wandte sich gegen den Antrag Barth, weil durch denselben für die verschiedenen Theile Deutschlands differentiales Recht geschaffen werden würde, während
der Abg. Eberty, der in der Annahme des Antrages Barth keinerlei praktische Gefahren erblickte, dies Motiv nicht gelten lassen wollte.
z. 59 wurde unter Ablehnung des Antrages Barth in der Fassung der Kommission angenommen, ebenso wurden die 8§. 60 — 62 ohne Debatte unverändert genehmigt.
8. 63 lautet nach der Regierungsvorlage, der sich die Kommission angeschlossen hatte:
Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist dem Berufenden und demjenigen Genossenschaftsorgane, welches den angefochtenen Be— scheid erlassen hat, zuzustellen. Gegen die Entscheidung steht in den Fällen des 5. 57 Ziffer 2 dem Verletzten oder dessen Hinter⸗ bliebenen, sowie dem Genossenschaftsvorstande binnen einer Frist von vier Wochen nach der Zustellung der Entscheidung der Rekurs an das Reichs ⸗Versicherungsamt zu. Derselbe hat keine auf— schiebende Wirkung.
Bildet in dem Falle des 8. 6 Ziffer 2 die Anerkennung oder Nichtanerkennung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Getödteten und dem die Entschädigung Beanspruchenden die Voraussetzung des Entschäͤdigungsanspruches, so kann das Schiedsgericht den Bethei— ligten aufgeben, zuvörderst die Feststellung des betreffenden Rechts— verhältnisses im ordentlichen Rechtswege herbeizuführen. In diesem Falle ist die Klage bei Vermeidung des Ausschlusses des Ent— schädigungsanspruchs binnen einer vom Schiedsgericht zu bestimmen— den, mindestens auf vier Wochen zu bemessenden Frist nach der Zustellung des hierüber ertheilten Bescheides des Schiedsgerichts zu erheben.
Nach erfolgter rechtskräftiger Entscheidung des Gerichts hat das Schiedsgericht auf erneuten Antrag über den Entschädigungs— anspruch zu entscheiden.
Die Abgg. Dr. Barth und Gen. beantragten:
Im Abfatz 1 die Worte: „Der Rekurs an das Reichs-Ver⸗ sicherungsamt“ 2c. bis „hat keine aufschiebende Wirkung“ zu streichen und an deren Stelle folgende Worte zu setzen:
die Berufung auf den Rechtsweg mittelst Erhebung der Klage
zu. Dieselbe hat keine aufschiebende Wirkung.
Der Abg. Dr. Gutfleisch befürwortete den Antrag Barth, der nur dem Arbeiter ein neues Recht verleihen wolle, ohne ihn deswegen auf den Prozeßweg zu drängen. Wenn man den Arbeiter entschädigen wolle, so gebe man ihm auch ein Recht, und wenn man ihm ein Recht gebe, so gebe man ihm auch ein Gericht.
Darauf nahm der Staats-Minister von Boetticher das Wort:
Meine Herren! Wir wollen dem Arbeiter ein Recht, auf Ent— schädigung geben, und wir geben ihm in der Vorlage auch ein Gericht.
Ich kann in der That die Argumentation des Herrn Vorredners, daß es nothwendig sei, um dem Arbeiter ein von ihm für objektiv und unparteiisch gehaltenes Gericht zu geben, die Streitigkeiten, die zwischen den Arbeitern und den Unfallberufsgenossenschaften entstehen, den ordentlichen Gerichten zu überweisen, nicht theilen. Läge die Sache fo, daß alle Streitigkeiten, sowohl dieienigen privatrechlichen, wie diejenigen öffentlichrechtlichen Charakters im Deutschen Reiche nach der Theorie unserer Gesetzgebung ausschließlich zur Ent scheidung der ordentlichen Gerichte verwiesen werden müßten, so würde es vielleicht ein größeres Bedenken haben, jetzt in diesem Gesetze die Entscheidung den ordentlichen Gerichten zu ent ziehen und besondere Gerichte zu etabliren. So liegt die Sache aber nicht. Wir haben eine ganze Reihe von Streitigkeiten, insbesondere auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, die bereits den ordentlichen Gerichten entzogen und gemischten, besonderen Gerichtshöfen über— lassen sind, und wenn sich irgend ein Gebiet dazu eignet, diesem Vor— gange zu folgen in Bezug auf die Herstellung der Instanjen, dann sst es das Unfallversicherungswesen nach dieser Vorlage. Meine Herren, es ist nicht Mißtrauen in die ordentlichen Gerichte gewesen, welches dazu geführt hat, eine schiedsgerichtliche Instanz und die Be— rufung von der schiedsgerichtlichen Enkscheidung an das Reichsversiche; rungsamt vorzuschlagen, sondern es sind praktische Rücksichten gewesen, die wesentlich darin beruhen, daß die Schiedẽ gerichte sowobl wie das Reichs⸗Versicherungsamt in der Zusammensetzung die Bürgschaft dafür geben, daß von fachkundigen Leuten über die Fragen, die zwischen Arbeitern und Berufegenoffenschaften streitig werden können, ent-