Dazu beantragten 1) die Abgg. Frhr. von Minnigerode u. Gen.:
Der Reichstag wolle beschließen:
zu s 3 der Kommißssionsbeschlusse als Absatz 3 hinzuzufügen:
Offiziere, Aerzte und Beamte, welche vor Ertheilung des Hei⸗ ratbekonsenses ein bestimmtes Prirateinkommen oder Vermögen nachzuweisen baben, entrichten, wenn sie sich nicht verheiratbet haben, nur 10½ als Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge.
2) Die Abgg. Dr. Windthorst und Gen.:
Der Reichstag wolle beschließen: ⸗
Dem §. 3 der Beschlüsse zweiter Lesung sei als Absatz 3 dieses Paragrapben binzuzufügen:
Offiziere, Aerzte und Beamte, welche vor Ertheilung des Heirathskonsenses ein bestimmtes Prirateinkommen oder Vermögen rachzuweifen haben, entrichten, wenn sie sich nicht verheirathet baben, nur ein und ein halb Prozent als Wittwen- und Waisen—⸗ geld ⸗ Beitrãge. .
Der Abg. Mayer (Württemberg) erklärte sich für die Annahm des Gesetzes nach den Beschlüssen der zweiten Be— rathung und gegen die gestellten Amendements, welche nur ein neues Privileg jür die Offiziere gegenüber den Civil⸗ beamten des Reichs schaffen würden. .
Der Abg. Frhr. von Minnigerode empfahl nochmals seinen Antrag, den auch der Abg. Graf von Behr⸗Behrenhoff Namens der großen Mehrheit der deutschen Reichspartei mit dem Bemerken befürwortete, daß deren Auffassung in der zweiten Lesung nicht genügend zum Ausdruck gekommen sei.
Der Abg? Dr. Meyer (Jena) erklärte, daß die national⸗ liberale Partei wie in der zweiten Lesung auch heute gegen die Herabsetzung des Beitrags für die nichtverheiratheten Offi— ziere stimmen werde. Der Antrag Windthorst sei von so unter⸗
eordneter Bedeutung, daß seine Partei dadurch nicht veran—⸗ aßt werden könne, das von ihr als richtig anerkannte Prinzip der Gleichstellung von Militär- und Civilbeamten preiszugeben. ö
Nachdem der Abg. Dr. Windthorst für seinen. Antrag geltend gemacht hatte, daß SDerselbe nicht im Ge⸗ ringsten eine Privilegirung der Offiziere involvire, gab der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats-Minister Bron— sart von Schellendorff die Erklärung ab, daß das Gesetz in der Fassung, welche es durch die Beschlüsse zweiter Lesung erhalten, für die Reichsregierung unannehmbar sei; den Anträgen zu §. 3 werde, falls einer derselben zur Annahme gelangen sollte, die geschäftsordnungsmäßige Be— handlung im Bundesrath zu Theil werden.
Der Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath bemerkte, daß er heute, wie in der zweiten Lesung, für die Gleichstellung der beiden in Frage kommenden Kategorien einzutreten sich unabweislich verpflichtet fühle und demgemäß
egen sämmtliche Amendements stimmen werde. Um aber den
. der Militärs die Wohlthaten des Gesetzes nicht länger vorzuenthalten, werde er für dasselbe im Ganzen votiren, in welcher Gestalt es auch zu Stande kommen möge. Die außerhalb des Hauses erhobene Insinua— tion, als ob seine Ausführungen in zweiter Lesung von irgend welcher Animosität gegen die Armee diktirt ge— wesen seien, wies Redner als eine verläumderische Unter— stellung ausdrücklich zurück.
Von dem Abg. Richter (Hagen) wurde das Festhalten an den Ergebnissen der zweiten Lesung dringend befürwortet. Bis— her sei die große Majorität des Reichstages darüber einig gewesen, daß im Inkeresse der Gleichstellung von Offizieren und Beamten unausgesetzt die Beseitigung ungerechtfertigter Privilegien zu erstreben sei, in deren Genusse die ersteren zur Zeit sich noch
befänden; jetzt bringe plötzlich der Abg. Windthorst einen An⸗ trag ein, der geradezu ein neues Privileg für eine gewisse Kategorie von Subalternoffizieren schaffe.
Der Abg. Dr. Windthorst bestritt nochmals, daß sein
die Offiziere privilegire, wenn er die
Antrag irgendwie zur Zahlung des halben
unverheiratheten Offiziere nur Beitrages verpflichten wolle.
Diesen Ausführungen schloß sich der Abg. Geiger an.
Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Freiherrn von Minnigerode gegen den Abg. Richter (Hagen) wurde die Debatte geschlossen und zunächst die 8S§8. 1 und 2 unverändert angenommen, dann aber das Amendement von Minnigerode und in namentlicher Abstimmung mit 131 gegen 112 Stimmen der Antrag Windthorst abgelehnt.
§. 3 und die 8S§5. 4 — 33 wurden nach unerheblicher De— batte unverändert angenommen bis auf den 5§. 33, welcher nach der zweiten Lesung lautete:
Vorstehende Bestimmungen kommen in Bayern nach Maßgabe des Bündnißvertrages vom 23. Norember 1870 (Bundes - Gesetz⸗ blatt 1871 Seite 9) zur Anwendung.
Insoweit in Bavern für einzelne Beamtenkategorien besondere von den reichsgesetzlichen Bestimmungen abweichende Pensions— normen bestehen, bleibt der bayerischen Regierung vorbehalten, auch für diese Kategorien eine Bemessung des Wittwen« und Waisen⸗ geldes nach Maßgabe des den Grundsätzen des Reichs beamtengesetzes entsprechenden Pensionsbetrages anzuordnen.
Zu diesem Paragraphen hatten die Abgg. Frhr. von Aretin u. Gen. folgenden Antrag gestellt:
Der Reichs tag wolle beschließen:
den Absatz 2 des §. 33 zu streichen.
Mit diesem Antrage gelangte §. 33 zur Annahme.
Bei 8. 34: „Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1884 in Kraft,“ erklärte der Abg. Frhr. von Minnigerode, daß er mit seinen politischen Freunden gegen diesen 8. 34 und gegen das ganze Gesetz stimmen werde, weil es im Einzelnen nicht nach ihren Wünschen gestaltet worden sei. ö
Die zu dem Gesetzentwurf bei dem Reichstage eingegangenen Petitionen wurden durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt und die Beschlußfassung über das Gesetz im Ganzen bis zur Vertheilung der Zusammenstellung der Beschluͤsse dritter Berathung ausgesttzt.
Demgemäß begann das Haus zunächst mit der dritten Be— rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Kom— manditgesellschaften auf Aktien und die Aktien—⸗ gesellschaften.
In der Generaldiskussion konstatirte der Abg. Oechel⸗
häuser, daß trotz mancher Bedenken im Einzelnen doch im Ganzen über die Vorzüge des Gesetzes in seiner jetzigen Ge⸗ stalt eine Uebereinstimmung innerhalb der großen Mehrheit des Hauses erzielt worden sei. Er hoffe, daß die beabsichtigte und bereits in Angriff genommene Revision des Ge⸗ nossenschaftsgesetzes, welches die Ergänzung zu dem Aktiengesetz bilde, baldigst in einer Vorlage an den Reichstag zum Aus— druck komm. Der Abg. Richter (Hagen) erklärte, daß die deutschfrei⸗ sinnige Partei nicht geschlossen für oder gegen den Entwurf votiren würde; ein Theil seiner Freunde werde dagegen stimmen oder sich der Stimmabgabe überhaupt enthalten.
Nachdem noch die Abgg. Kayser, Dr. Hartmann, Dr. Meyer
(Halle) und Abg. Richter (Hagen) das Wort ergriffen hatten, wurde die Generaldis kussion geschlossen und zur Spezialdiskus⸗ sion übergegangen.
Bei Schluß des Blattes wurde Art. 2494 berathen.
— Nach den über die Zutheilung der Unterschei⸗ dungssignale der Kauffahrteischiffe bestehenden Vor— schriften ist das einem deutschen Schiff zugetheilte Unter⸗ scheidungssignal demselben ohne Rücksicht auf etwa eintretende Aenderungen seines Namens, Heimathshafens u. s. w., so lange es zur deutschen Handelsmarine gehört, zu belassen, den einzigen Fall eines Irrthums bei der Vertheilung ausge— nommen. Unter Hinweis darauf, daß nach der dieser Vor⸗ schrift zu Grunde liegenden Absicht jedem deutschen Kauf— fahrteischiff möglichst ein unabänderliches Merkmal verbleiben solle, hat, wie der Justiz-Minister den Schiffsregisterbehörden unterm 19. d. M. mittheilt, der Reichskanzler angeordnet, daß auch in den Fallen, in welchen ein Schiff in Folge der Ein— stellung des Betriebes der Seeschiffahrt, oder ein Schiff von nicht mehr als fünfzig Kubikmeter Brutto- Raumgehalt in Folge eines Antrages des Rheders (vergl. 5. 1 des Gesetzes vont 28. Juni 1873, Reichs-Gesetzbl. S. 184) im Schiffs— register gelöscht worden ist, demnachst aber wieder eingetragen wird, dem Schiff das von demselben früher geführte Unter— scheidungssignal wieder zuzutheilen ist, sofern inzwischen nicht eine anderweite Zutheilung dieses Signals stattgefunden hat.
— Schon seit einer Reihe von Jahren wird von den Grundbesitzern in dem unteren Theile des eingedeichten Oderbruches und in der uneingedeichten Niede— rung unterhalb des Bruches bis gegen die Oder— mündung Beschwerde darüber geführt, daß die Niederungs— grundstücke nicht gehörig entwässert werden könnten und be— sonders zur Zeit der Heuernte fast alljährlich schäd— lichen Ueberfluthungen ausgesetzt seien. Von den Besitzern der im Odergebiete belegenen Grundstücke auf der Strecke von Petzig bis Greifenhagen, ver— treten durch die Behörden der betheiligten vier Landstädte Schwedt, Vierraden, Fiddichow und Gartz und durch die Vor— stände von 32 ländlichen Gemeinden war im Laufe der jüngst— vergangenen Session an das Abgeordnetenhaus eine Massen— petition gerichtet, welche die durch die unzeitigen Hochfluthen des Oderstromes namentlich seit dem Jahre 1879 eingetretenen Schädigungen und die Urfachen derselben darlegte und auch Maßregeln zur Abhülfe vorschlug. Nachdem diese Petition von dem Abgeordnetenhause der Staatsregierung zur Berück— sichtigung in dem Sinne überwiesen ist, daß unter Zu— ziehung von Vertretern der Interessenten noch in diesem Jahre die vorgeschlagenen Abhülfemaßregeln geprüft und eventuell in den nächstjährigen Staatshaus— halts-Etats Mittel zur Ausführung eingestellt werden möchten, haben die zuständigen Minister der öffentlichen Arbeiten und für Landwirthschaft, Do mänen und Forsten beschlossen, eine Kommission zu dem Zwecke niederzusetzen, um die einschlagenden zur Zeit im unteren Oderbruche und der unteren Oder— Niederung bestehen den Verhältnisse zu ermitteln, die zur Abhülfe der erkannten Mißstände vorge— schlagenen Maßregeln zu begutachten und auch ihrerfeits Mittel zur Bessenung vorzuschlagen. Die Kommission a , Arbeiten an Ort und Stelle in nächster Zeit bekinn en und zuvörderst den Interessenten in ausgiebigster Weise Gelegenheit geben, ihre Beschwerden vorzu⸗ tragen und sich darüber zu äußern, was zur Beseitigung der⸗ selben geschehen könne. Die Vernehmungen sollen in Schwedt eventuell in Gartz unb Greifenhagen erfolgen und es sollen damit, so weit erforderlich, örtliche Besichtigungen verbunden werden. Um die Verhandlungen vorzubereiten und die er— forderliche Information zu gewinnen, hat in den letzten Ta—⸗ gen auf Veranlassung des Ministers für Landwirthschaft durch den Herrn Unter-Staatssekretär Marcard eine Bereisung des Oderbruͤchs und des unteren Oderlaufs stattgefun den. Auf die— ser Reise hat man auch Gelegenheit gehabt, zu beobachten, daß die ge— troffenen Anordnungen zur schleunigen Verbreitung der Nach— richten über Hochwasserschäden in der Oder zweckentsprechend und geeignet sind, großen Schaden von den Betheiligten ah— zuhalten, denn bereits am Vormittage des 21. Juni war die Nachricht von dem in der Nacht vom 20. zum 21. in Ratibor plötzlich eingetretenen Hochwasser allerorts bekannt und durch Anschlag und Ausruf veröffentlicht; da das Hochwasser, um von Ratibor zur unteren Oder zu gelangen, erfahrungsmäßig zehn bis zwölf Tage braucht, stand also diese Frist den In— teressenten zur Gewinnung und Bergung des ersten Heu— schnittes noch frei.
— Die Einnahmen der Reichs-Post- und Tele— graphen-Verwaltung haben vom Beginn des Etats⸗ jahres bis zum Schluß des Monats Mai 1884 27 086 648 betragen, mithin im Etatsjahre 1884,85 1871 608 6 mehr, die der Reichs-Eisenbahn-Venwaltung 7679 900 66, mithin 40 476 S weniger als in demselben Zeitraum des
Vorjahres.
— Die Entwendung von Nahrungs- dder Genußmitteln von unbedeutendem Werth oder in geringer Menge zur Befriedigung des augenblicklichen Bedürfnisses oder Gelüstes und zur Verwahrung des Restes für spätere Bedürfnisse oder Gelüste ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 25. April d. J., nicht als bloße Uebertretung (sog. Mundraub), sondern als Dieb— stahl zu bestrafen.
— Der Chef der Admiralität, General-Lieutenant von Caprivi, ist von Wilhelmshaven hierher zurückgekehrt und hat sich heute behufs Vornahme von Inspizirungen nach Zoppot begeben.
— Der General der Infanterie von Strubberg, General-Inspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungs— wesens, ist von der Anfangs dieses Monats angetretenen Dienstreise hierher zurückgekehrt.
Kiel, 28. Juni. (W. T. B.) Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Wilhelm und Heinrich trafen heute Vormittag 9 Uhr hier ein und begaben Sich sofort auf die Panzerkorvette „Hansa“, welche alsdann in See ging.
Bayern. München, 26. Juni. . (Allg. Itg.) Heute ist im Ministerium des Königlichen Hauses und des Aeußeren ein Staatsvertrag zwischen der Königlich bayerischen und der Herzoglich sachsen⸗meiningenschen Regierung über die Aus— führung einer normalspurigen Lokalbahn von der Station Ludwigstadt (an der künftigen Bahnlinie Stockheim— Eichicht)h nach Lehesten abgeschlossen und unterzeichnet worden.
Als Bevollmächtigte haben sungirt: jür Bayer General— Direktor von Hocheder und Ministerial-Rath von Os wald, für Meiningen Geheimer Staatsrath Dr. Heim.
Baden. Karlsruhe, 26. Juni. (Karlsr. Zig.) Die Großherzogin ist gestern Abend von Mainau hier einge⸗ troffen, um an der Feier des 25jährigen Bestehens des Frauenvereins Theil zu nehmen. — Heute Vor— mittag kam der Erbgroßherzog hier an. Derselbe wird am Sonnabend die Großherzogin auf der Rückreise nach Schloß Mainau begleiten.
Hessen. Darmstadt, 27. Juni. (W. T. B.) Der Landtag ist heute mit einer Ansprache des Zeheimen Staatsraths Finger geschlossen worden. In der Ansprache wird dem Bedauern des Großherzogs, den Landtag nicht in Persen schließen zu können, Ausdruck gegeben und der Dank ausgesprochen, für die Bewilligung der Mittel zur Beseiti— aung des durch die Ueberschwemmungen des Rheins in den Jahren 1882 und 1883 verursachten Nothstandes. Es wird sodann hervor— gehoben, daß durch die neuen Steuergesetze die weniger Be— mittelten in großer Zahl von Steuern befreit worden seien, das bewegliche Vermögen in erhöhtem Maße zu den Steuern herangezogen und die Ausübung der Gewerbe erleichtert werde. Die Ansprache dankt ferner für die Bewilligung der Mittel für den landwuthschaftlichen und gewerblichen Unterricht, sowie sür die Zustimmung zur Erbauung einer stehenden Brücke über den Main in Kostheim. Schließlich erwähnt die Rede noch mit besonderer Anerkennung des Zustande— kommens des Projekts zur Melioration von Grund und Boden und zur Ermittelung der landwirthschaftlichen Ver— hältnisse sowie des Enteignungsgesetzes.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 27. Juni. (Th. C.) Der Großherzog empfing in Dornburg den ja— panischen Gesandten Siuzo Aoli.
Oesterreich ungarn. Wien, 27. Juni. Die heutige „Wiener Zeitung“ publizirt die Organisatien der Staats-Eisenbahnverwaltung in den im Reichs— rath vertretenen Königreichen und Ländern. Die wesentlichsten Bestimmungen dieses Statuts sind:
Die Führung des Betriebes auf den in eigener Verwaltung des Staates befindlichen Staatsbahnen und rom Staate betriebenen Privat—⸗ bahnen, wie auch die Führung des Staats ⸗Eisenbahnbaues erfolgt unter der Oberaufsicht des Handels-Ministers durch eine demselben unmittelbar unterstehende einheitliche Diensttabelle, welche unab— bängig von den sonstigen Eisenbahnagenden des Handels— Ministeriums fungirt und die Bezeichnung: „K. K. General ⸗ Direktion der österreichischen Staatsbahnen“ erhält. Diese General ⸗Direktion hat in Angelegenheiten des bezeichneten Geschäftskreises als Exekutip— organ des Handels-Ministers zu fungiren und in dieser Eigenschaft die im Eingange angeführten Bahnen als einbeitliches Gesammtnetz insbesondere gegenüber den Militär -Centralstellen, dann gegenũber anderen Verkehrsanstalten und im Vereine deutscher Eisenbahnver— waltungen zu vertreten. Im Mobilisirungsfalle tritt die General⸗ Direktion sofort in die Centralleitung für Militärtransporte auf Eisenbahnen ein. (S. 1.)
(8. 2) In Unterordnung unter die General ⸗ Direktion werden zur Leitung des lokalen Betriebsdienstes auf den im 8. 1 bezeichneten Bahnen innerhalb der nach den Verkehrsbedürfnissen zu bildenden räumlichen Bezirke Dienststellen errichtet, welche die Bezeichnung k. k. Eifenbahn⸗Betriebs Direktion führen. Zur Begutachtung volkswirthschaftlicher Fragen im Bereiche des Cisenbahn-⸗Verkehrs⸗ wesens wird dem Handels ⸗Minister ein Staats -Eisenbahnrath bei⸗ gegeben (S. 5).
(8. 7.) Die Dienstsprache der Staate -Eisenbahnverwaltung ist die deutsche. In derselben hat insbesondere der gesammte innere Dienfst mit Einschluß des Verkehrs aller Organe der Staats-Eisen— bahnverwaltung unter einander stattzufinden. Alle Organe der Staats-Eisenbahnverwaltung haben mit den Militär⸗ und Civil— behörden in deutscher Sprache zu verkehren. Die in Galizien auf gestellten Eisenbabnbetriebs . Direklionen und die denselben unterstehen— den, in diesem Lande befindlichen Dienststellen haben jedoch in Ge— mäßbeit der dort in Kraft stehenden, auf Grund der Allerhöchsten Entschließung vom 4. Juni 1869 erlassenen Ministerial⸗Verordnung vom 5. Juni 1869 sich im Verkehre mit den landesfürstlichen, nicht militärischen Behörden, Aemtern und Gerichten im Lande, wie auch mit den dortigen autonomen Behörden und Organen der polnischen Sprache zu bedienen. Diese Bestimmung findet keine An— wendung auf den gegenseitigen Verkehr der bezeichneten Eisen— babn-Betriebsdirektionen und unteren Dienststellen untereinander. Alle für das Publikum bestimmten Mittheilungen (Kundmachungen, Aufschriften, Cirkulare ꝛc.) sind in der deutschen und in der betreffen den landesüblichen Sprache zu erlassen. Der Verkehr mit dem Publikum bat in der deutschen und in den betreffenden landesüblichen Sprachen stattzufinden, je nachdem die Anfrage oder Aeußerung, welche hierzu Anlaß giebt, in der einen oder in der anderen erfolgt ist.
(8. 9.) Die zur Führung des Staats ⸗Eisenbahnbetriebes und Staats- Eisenbahnbaues zu errichtende General⸗Direktion wird von einem Sektionschef des Handels. Ministeriums geleitet, welcher den Titel ‚Präsident‘ fübrt und von Sr. Majestät dem Kaiser ernannt wird (5. 11). Die General ⸗Direktion, welche in dem ihr übertrage⸗ nen Wirkungekreise bezüglich aller nicht dem Handels ⸗Minister vor— behaltenen Angelegenheiten selbständig fungirt, leitet und überwacht unter der unmittelbaren Oberaufsicht des Handels-Ministers den ge— sammten Dienst der Eisenbahn-Betriebsdirektionen und Bauleitungen in administrativer, technischer und 6konoꝛnischer Hinsicht. Dem Präsidenten der Generaldirektion wird für die finanzielle und kommerzielle Be— triebsgebahrung ein ständiger Beirath von 5 Mitgliedern beigegeben. Der Saat Eisenbahnrath besteht aus dem Vorsitzenden und 50 Mit— gliedern, welche vom Handels-⸗Minister auf die Dauer von 3 Jahren ernannt werden. Von demselben werden 4. 9 Mitglieder vom Han⸗ dels Minister nach freiem Ermessen ausgewählt und 5 Mitglieder in der Weise ernannt, daß der Finanz. Minister und der Ackerbau— Minifter 2 und der Reichs-Kriegsminister eine der zu ernennenden Persönlichkeiten bezeichnet, b. 24 Mitglieder auf Vorfchlag von Han— dels- und Gewerbekammern und e. 12 Mitglieder auf Vorschlag von Landes kultur ⸗Räthen und sonstigen landwirthschaftlichen Fachkorpo⸗ rationen ernannt. .
S. 20.) Der Staats ⸗Eisenbahnrath versammelt sich auf Einladung des Handelsministers nach Bedürfnitz, mindestens aber, zweimal im Jahre, und zwar im Frühjahr und Herbst zu einer Sitzung. Auf Veranlassung des Vorfitzenden können zu den Sitzungen des Staats- Eisenbahnrathes auch Sachverständige beigezogen werden, welche nicht Organe der Staats-Eisenbahnverwaltung! sind. Jede Eisen⸗ habn. Betriebsdirektion hat einen Oberbeamten zum Vorstande, welcher den Titel: „Betriebsdirektor' führt. Der Wirkungskreis der Eisenbahn-Betriebs direktion umfaßt die Vollziehung und Ueher— wachung des lokalen Betriebsdienstes innerhalb des eigenen Bezirkes. Die Sicherstellung von Lieferungen, deren präliminirten Werth den Betrag von 5000 Fl. erreicht oder übersteigt, hat in der Regel im Sffertwege auf Grund allgemeiner öffentlicher Konkurrenz und durch Zuschlag an den Offerenten zu erfolgen, welcher das günstigste An⸗ Jebot gestellt hat. Unter gleichen Bedingungen ist jedenfalls der In“ dustrie und der Produktion des eigenen Rezirkes der Vorzug zu geben
Triest, 27. Juni. (KW. T. B) Es ist angeordnet worden, daß die aus den französischen Mittel meer⸗ häfen und aus den Häfen Algiers kommenden Schiffe,
wenn während der Ueberfahrt alle Personen gesund blieben und der Gesundheitszustand vollkommen normal war, einer zhntägigen. anderen Falls aber einer zwanzigtägigen Observation unterworsen werden sollen.
. ; . (W. T. B.“ Der Bundesrath, St anderath, und Nationalrath haben heute ihre gegen— wärtige Session geschlossen und damit die dreijährige Legislaturperiode beendet. ;
Sroßbritannien und Irland. London, 27. Juni. (W. T. B.) Das Oberhaus nahm heute die Reform—⸗ bill in erster Lesung an.
Im Unterhause erklärte auf eine bezügliche Anfrage Lowthers der Premier Gladstone: was die dem Conseils⸗ Präsidenten Ferry zugeschriebene Aeußerung angehe, daß das Belieben einer Macht nicht genüge, um die überein— stimmenden Ansichten der anderen Konferenzmächte unwirksam zu machen, so glaube er, daß überhaupt niemals das Belieben einer Macht im Stande gewesen sei, die Wirksamkeit der übereinstimmenden Ansichten der anderen Mächte zu verhindern. In solchem Falle habe die betreffende Mocht stets nach der Debatte ihren Einwand zurück— gezogen, so daß der Beschluß einstimmig gefaßt wurde. Dagegen habe allerdings niemals eine Macht vor ihrem Eintritt in eine Konferenz oder einen Kongreß das Recht ihrer individuellen Aktion aufgegeben.
Es sind nunmehr alle Arrangements für die Konferenz, deren erste Sitzung morgen Nachmittag 3 Uhr in einem Saale des Auswärtigen Amts stattfinden wird, getroffen. Die morgige Sitzung dürfte lediglich einen sormellen Charakter haben. .
— 28. Juni, früh. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte Carrington: daß die in Toulon herrschende Seuche als eine ernste Dyssenterie anzusehen sei, welche durch die schlechten Sanitätszuflände hervorgerufen worden sei.
— (Allg. Corr.) Die „Nisero“⸗Angelegenheit wird verwickelter. Für die Freilassung der Mannschaft des „Nisero“ stellt der rebellische Radschah von Tenom auch Bedin— gungen politischer Natur: außer einem beträchtlichen Löse— gelde verlangt er eine Vergrößerung seines Territoriums und Freihafen.
Frankreich. Paris, 26. Juni. (Fr. Corr.) Die Gesammtergebnisse der Gemeindewahlen vom 4. und 11. Mai haben bis jetzt noch nicht veröffentlicht werden können, weil die Zahlung und Sichtung langsamer fortschreitet, als man ursprünglich dachte. Doch sind die Resultate von 58 Departements bekannt, und daraus geht hervor, daß in 23 008 Gemeinden republikanisch wählten: 14 686, konservativ 7493, im Sinne der äußersten Linken 155, zweifelhaft 674. Von den meistbegünstigten Kandidaten der verschiedenen Listen er— zielten: die republikanischen 2 S4 569, die bonapartistischen 685 422, die monarchistischen 1 273 963, die intransigenten 226 862.
— 27. Juni. (W. T. B) Der Senat hat heute auf Antrag des Herzogs von Broglie die Berathung über die Interpellation Gavardie in Betreff Egyptens bis nach der Konferenz vertagt. Der Conseilz-Präsident Ferry wohnte der Sitzung wegen Unwohlseins nicht bei.
— 27. Juni. (W. T. B.) In Marseille ist heute eine Person an der Cholera gestorben, und zwar war dies ein in Folge der Schließung des Lyeeums in Toulon nach Mar— seille übergesiedelter Schüler des Lyceums.
Die Anzahl der aus Toulon seit gestern Abend gemel— deten Cholera-Todesfälle beträgt sieben.
M 56 Kammer genehmigte heute die Verlängerung des Staats— betriebes für die oberitalienischen und römischen Eisenbahnen bts Ende dieses Jahres. — Vor den Ferien sind noch 13 Gesetzentwürfe, darunter der Schiffahrts— vertrag mit Frankreich, zu erledigen. Die Eisenbahn-Konven— tionen befinden sich nicht darunter.
Nach Meldungen aus Rovigo hat sich die Lage daselbst gebessert; viele der st rikenden Schnitter haben die Arbeit wieder aufgenommen.
Rumänien. Bu karest, 27. Juni. (W. T. B.) Das heute hier cirkulirende Gerücht, daß das Ministerium seine Entlassung eingereicht habe, wird als bis jetzt durchaus unbegründet bezeichnet.
Serbien. Nisch, 27. Juni. (W. T. B.). Die Skupscht ina genehmigte heute mit Akklamation die Gesetz— vorlage, durch welche die Verhängung des außer- ordentlichen Belagerungszustandes anläßlich der revolutionären Bewegung im vorigen Jahre gutgeheißen wird.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Juni— (W. T. B.) Die Zolleinnahmen beirugen bis zum 1. Mai d. J. 29 476 862 Rbl., gegen 27733 926 Rbl. in dem gleichen Zeitraum des vorigen Jahres.
Der bisherige Direktor des Departements der Telegraphen, General-Major Besak, ist zum Chef der neu gebildeten Hauptverwaltung der Posten und Telegraphen ernannt worden.
Amerika. Washington, 25. Juni. (Allg. Corr.) Die demokratische Konvention von Missouxi hat Delegirte gewählt, die im Allgemeinen für die Nomination des Gouverneurs Cleveland eintreten sollen, wenn die Kandidatur Mr. Tildens nicht gesichert werden kann. Drei Delegirte werden für den Senator Bayard stimmen. Die Konvention von Indiang entsendet Delegirte, die für die Nomination Mr. Feseph E. Macdonalds zum Präsidenten eintreten. Mr. Thomas A. Hendricks, welcher an der Spitze der Delegirten steht, wird bei der Chicago-Konvention Mr. Macdonald in Vorschlag bringen.
Afrika. Egypten. Kairo, 25. Juni, (Allg. Corr.) Ein Telegramm des Majors Kitchener, datirt Ab uhima— 22. d, besagt, daß die Streitkräfte des Scherifs Shimawo sich aus der Nachbarschaft von Berber zurückgezogen haben, und daß die Wüste jetzt ganz sicher sei. ;
Ein Telegramm der „Times“ aus Wady Hal fa, vom 24. d, meldet? Izzedin Bey, der Unter⸗-Gouyverne ur von Don gola, kam heute Nachmittag hier mit 29 Mann an. Nach feinem Bericht ist in Dongola und dessen Nachbar:
schaft die Ruhe nicht gestört worden, aber seit einem Monat Export rückwirkende Kraft hat.
vor seiner Abreise sind dort keine Nachrichten von Berber eingelaufen. Der Meldung von dem Fall Berbers mißt er keinen Glauben bei.
Eine Kompagnie englischer Genietruppen ist nach Suakim abgegangen, um Lie Eisenbahn nach Berber in Angriff zu nehmen. Der Mudir von Dongola, welcher den Besehl erhalten hatte, die Stadt zu räumen, hat k Weisungen erhalten, augenblicklich zu ge—
orchen.
Cairo, 265. Juni. (A. C.) Große Schaaren von Kopten und Christen haben sich aus Dongola auf den Weg nach Ober⸗-Egypten gemacht. Es kann nicht stark ge— nug betont werden, daß weder die Behörden, noch die Flüchtlinge eine Invasion von Seiten der Rebellen befürchten. Die Furcht die man hegt, besteht einzig darin, daß man glaubt, die Emissare des Mahdi würden die Bevölkerung zur Erhebung bewegen, wobei ihnen die Steuerüberbürdung als bester Bundes— genosse zur Seite steht. — Trotz aller Ableugnungen, ist doch die Noth in Ober-Egypten so groß, daß den Aussagen der katholischen Missionäre und anderer Europäer, die lange unter dem Volke leben, die Leute langsam Hungers sterben. Die Emissäre des Mahdi werden da mit offenen Armen aufgenommen werden. Die Gefahr lokaler Aufstände und nicht die Invasion ist es, was man zumeist zu fürchten hat, und dies ist auch die Ursache, warum die britischen Truppen von Assuan, trotz der verdächtigen Haltung des Gouverneurs nach Ober-Egypten befohlen wurden. — Hier wird der von London ertheilte Befehl, Dongola zu räumen, allgemein beklagt, da dadurch die Insurrektion der egyptischen Grenze näher kommt und es den Emissären des Mahdi ermöglicht, in das Land weiter einzudringen. — Das Sussex-Infanterie-Regiment ist heute in Dampfern von Assiut nach Assuan abgegangen.
Dem „Standard“ wird gemeldet: „Der Fall von Berber kann nicht länger bezweifelt werden. Einige Emissäre wurden gefangen genommen, welche von Berber datirte Briefe trugen, die mit dem großen viereckigen Siegel des Mahdi versehen waren.“
Seitungsstimmen.
In der Staatsbürger⸗-Zeitung“ lesen wir: Wie die Deutschen im Auslande über die Frage der Dampfer⸗ subventionen denken, davon liegt uns heut ein Beispiel in der demo—⸗ kratischen ‚„Australischen Zeitung“ vor. Das Blatt schreibt aus Anlaß der Rückkehr des deutschen General-Konsuls Dr. Kraul nach Sidney und in Hinblick auf die Reichstagsvorlage: „Und wenn auch die ge— nannte Summe sich später vielleicht um eine Null geringer heraus stellen möchte, se bedeutet deren Bewilligung trotzdem einen der größten Schritte, den Deutschland in der Frage seiner Ausfuhr und seiner Kolonialpolitik gethan hat und dessen rasch sichtbare, heilsame Folgen für Deutschland und sür uns nicht ausbleiben werden, und aus denen fernere sich entwickeln müssen.“
— Die „Mecklenburgischen Landesnachrichten“ bemerken zu der Dampsschiffs⸗Subvention:
Die enormen induftriellen Foitschritte Deutschlands, seine ver— manente Ueberproduktion auf dem industriellen und geistigen Gebiete, drängen zu dieser Maßregel, welche den Außenhandel und mit ihm die Exportindustrie Deutschlands voraussichtlich auf den ihnen ge— bührenden Höhepunkt bringen, resp. das ihre dazu beitragen wird. Bisher waren wir ohne solche direkte Dampferverbindungen fast aus— schließlich auf die Vermittelung Englands angewiesen und es gingen uns demgemäß viele Vortheile verloren, zu deren Ausbeutung wir keine noch so erhebliche Opfer scheuen dürfen. Die Begründung der Vor— lage enthält einen dementsprechenden Passus, den wir hier auszugs— weise folgen lassen: ‚Der Vorsprung, den andere Nationen, insbe⸗ sondere England und Frankreich, auf diesem Gebiete erlangt haben, wird sich durch Anwendung derselben Mittel, welchen jene Staaten ihn verdanken, für Deutschland einholen lassen. Es steht außer Zweifel, daß die englischen und französischen Dampfschiffunternehmun— gen im überseeischen Verkehr die großen Vortheile, welche sie dem heimischen Handel und Gewerbe zugeführt haben, ohne staatliche Bei— hülfe nicht hätten gewähren können ze ꝛ2c0 “
Die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung wird klar, wenn man die Einnahmeverhältnisse der englischen Post Dampfschiff⸗Compagnien näher ins Auge faßt: der Durchschnitt der Dividende, die die ge— sammten englischen Dampferlinien im Jahre 1880 abwarfen, beträgt 5 olo. Diefer Durchschnittssatz ist auch in dem darauf folgenden Geschäftsjahr nicht wesentlich verändert — übrigens ist derselbe mit Rücksicht auf den niedrigen englischen Zinsfuß ein recht annehmbares Ergebniß. Die Einnahmen der drei größten englischen Dampfschiff⸗ fahrts-Gesellschaften resultiren im genannten Jahre aus folgenden
Quellen: 2059 135 L. Strl. 1338342
Frachten Vassagiere Subventionen 603 865 h Sonstige Einnahmen 20 823 .
Summa 460721655 T. Strl.
Wenn biernach auch der Fracht- und Passagierverkehr am meisten zu den Einnahmen der Gesellschaften beiträgt, so geht aus dem obigen Zahlenverhältniß doch hervor, daß Dividenden ohne die Staats— fubvention eben, zumal in jener Höhe, nicht hätten gezahlt werden können. Des weiteren aber folgt daraus, daß diese Subventionen als eine den englischen Interessen höchst vortheilhafte Kapitalanlage erscheinen, besonders, da die Handelkinteressen jenes Landes einen hervorragend lebhaften Verkehr mit den überseeischen Ländern nothwendig machen. Was nun ron Englands Dampfschiffverbindun— gen gilt, nämlich, daß kieselben ohne Staatssubvention trotz der enormen Exxportfähigkeit Englands sich nicht rentiren, gilt noch in einem viel höheren Maße für Deutschland, insbesondere wenn unsere Verbindungsmittel mit den überseeischen Ländern den englischen gegen über einigermaßen konkurrenzfähig gemacht werden sollen. Dazu kommt noch in Betracht, daß der hochentwickelte Dampferverkehr Englands bereits seit langer Zeit eine große Anziehungskraft auf die Exporte anderer Länder ausübt, welche sich darin äußert, daß fast sämmtliche Güter des westlichen Kontinents, die nach Australien re. bestimmt sind, ihren Weg über England nehmen, und daß diese Ueberlegenheit Englands — wenn überhaupt möglich — nur durch die Staatssubvention ausgeglichen werden kann.
Zu diesem Behufe können wir auch der in Aussicht genommenen Höhe dieser Subvention von jährlich vier Millionen Mark, und der auf vorläufig 15 Jahre normirten Dauer derselben unsere Zustimmung nicht versagen, da wir, wie schon erwähnt, die wirthschaftlichen In teressen Deutschlands in dieser Hinsicht im Auge behalten müssen. Zugegeben, die Sache sei vorläufig nur ein Experiment, so würde dieses vorläufig vollständig unnütz sein, wenn ihm nicht eine anze— messene Zeitdauer von vorne heréin gegeben würde.
Was nun die Aussichten des Unternehmens anbelangt, so sind wir der Ansicht, daß diefelben in Anbetracht unserer Handelsverhält— niffe mit den Üüberseeischen Ländern, zumal mit Australien und Ost⸗ Asien, nichst ungünstig sind. Die deutsche Gewerbthätigkeit hat in ersterem Lande seit der letzten Weltausstellung in Sidnev sebr an Achtung gewonnen, und dazu kommt noch die erstaunliche Vermehrung Ter Bevölkerung in diesem Erdtheil, welche Hand in Hand geht mit einer Erhöhung der Konsumtionsfäbigkeit, die naturgemäß auf unsern Aber auch Ostasien ist in der letzten
Zeit für euroräische Produkte außerordentlich zugänglich geworden, so daß eine erbebliche Steigerung des Ervorts auch nach jenem Lande möglich ift. Die Haurtsache und Vorbedingung dazu aber ist ein regelmäßiger und kräftig entwickelter See verkebr....
— Die „Magdeburgische Zeitung“ schließt eine Kritik des neuen Aktiengesetzentwurfs mit folgenden Sätzen:
Ungeachtet jedoch der auch diesem Gesetz, wie allem Menschen⸗ werk, anhaftenden Mängel rerdient es als eine bedeutende und vor⸗ aussichtlich segensreiche Schörfung unserer Geser gebung bezeichnet zu werden. Dasselbe wird zweifellos ; ie über die Grün⸗ dung und Verwaltung 2 sellschaften aufgestellten Regeln und Vorschriften it Gründungs⸗ wesen und der leichtfertigen erbeblichen Abbruch tbun. Seine große sittliche börigen Einführung und Sicherung und Verwalter von Aktiengesellschaften die gleiche Sorgfalt und Ge⸗ wissenbaftigkeit, dieselbe Treue und Ehrlichkeit zu l wie solche von anständigen Leuten in anderen Gef beziehungen geübt zu werden rflegen, und wie sie baren und zuverlässigen Gesellschafts verwaltungen ur gründern auch bisher schon angewendet worden sind.
— Die „Berliner politischen schreiben:
Kornzölle und erhöhte Brodpreise sind nach mancheste Theorie ron einander so unzertrennlich wie Blitz und Donner. . . . . Erfreut sich doch England nach der von unseren Manchesterl in den Himmel erbobenen Aufhebung der Kornzölle der denkba ligsten Brodpreise! Mit dieser Behauptung iß l stellt, wie mit fast allen anderen, on nationalen Wirthschaftsrolitik als 2 weis immerfort im Munde geführt ie ist fach nicht wahr. Wer sich um englische Zustände bekümmer oder nur ab und zu einen Blick in englische Zeitungen wirft, d weiß, daß die Brodpreise in der Hauptstadt des kornzollfreien Eng land eine ron den englischen Volkswirthen selbst als geradezu ab— surd“ bezeichnete Höbe erreicht haben. Auf die Ursachen dieser maß— losen Steigerung des Brodpreises aber wirft ein in voriger Woche vor der Queens Bench verhandelter Beleidigungsprozeß ein belles Licht.. ... In den Prozeßverbandlungen unwider⸗ leglich festgestellt, daß die absurde Höhe er Londoner Brodpreise allein und ausschließlich dem Ring der Bäckermeister zuzuschreiben ist, welche sich gegenseitig ihr Wort gegeben haben, mit ihrer Waare nicht unter einen vorher von der Association bestimmten Preissatz herunterzugehen. Da alle bedeutenderen Bäckereien dieser Associgtion angehören, und einzelne gegen den von der Gesammtheit geübten Druck dauernd anzukämpfen außer Stande sind, so zeigt dieses Beisgiel auf das Deutlichste, wer der eigentliche Regulator des De tailpreises ist: die Willkür einer Organisation von Interessenten. Was will dagegen unser verschwindend geringer Kornzoll besagen, der, wie das kleinste Rechenerxempel darthut, im Detailpreise des Brodes gar, nicht zum Ausdruck kemmen kann, trotz em aber nach der kecken Behauptung unserer Manchestermänner das Brod des armen Mannes vertheuern soll. Den Beweis, daß er es wirklich in entsprechendem Maße vertheuert hat, sind unsere Freihändler bis auf diesen Augen blick schuldig geblieben. ;
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 26. — In⸗ balt: Finanzwesen: Nachtrag zur Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April bis Ende Mai 1884. — Konsulatwesen: Er nennung, — Entlassung, — Aufhebung eines Konsulats. — Polizei⸗ wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Ju stiz ·Ministerial Blatt. Nr. 26. — Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 14. Juni 1884, betreffend die Uebersickt über die Thätigkeit der Schiedsmänner im Jahre 1883. — Allgemeine Ver— fügung vom 19. Juni 188, betreffend die Unterscheidungssignale der Kauffahrteischiffe.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 26. — Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. — Nichtamtliches: Das Fremdwort in Baukunst und Bauwissenschaft. — Feuersichere Decken konstruktionen im geologischen und landwirtbschaftlichen Museum in Rom. — Die Sturmfluth in der Ostsee am 5. Dezember 1883. — Verhmischtes: Wettbewerbung für Entwürfe zu einem naturgeschichtlichen Museum in Hamburg. — Wettbewerbung, betreffend Entwürfe für die Be— bauung eines Grundstücks an der Peter-Paul⸗Passage in Liegnitz. — Erhaltung der Baudenkmäler im Großherzogthum Hessen — Bruch sturzbetrieb in Rüdersdorf bei Berlin. — Technische Hochschule in Riga. — Donau ⸗Elbe⸗Kanal.
Statiftische Nachrichten.
Dem Bericht über die Geburten und Sterbefälle in München während des Jahres 1883 im Vergleiche mit den Vor— jabren entnehmen wir folgende Daten: Im Jahre 1883 wurden in München 8863 Kinder lebend geboren und zwar 4524 Knaben — Sl, O4 o und 4339 Mädchen — 48,96 0/9. Davon 6312 in der Ehe — 71,22 9 und 2551 außer der Ehe — 28,78 0 Seit 1874, wo die Zahl der Knaben und Mädchen zusammen 7619 betrug, hat sich dieselbe in 1883 auf 8863 gesteigert. Gegen das unmittelbare Vor— jahr hat die Gesammtzahl der Lebendgeboreren 1883 wieder um 208 d. h. um 2,29 0 abgenommen. Die Vertheilung der Geschlechter unter den Lebendgeborenen war 1883 sehr zu Gunsten der Knaben. Im Durchschnitt des ganzen Jahrzehnts betrug der Knabenantheil 50, 93. Todtgeboren wurden im Jahre 1883 im Ganzen 269 Kinder,. 146 Knaben und 114 Mädchen, 170 in und 90 außer der Ehe. Auf je 100 Geburten kommen 1,20 Zwillingsgeburten, auf 100 eheliche 1,21 — auf 100 außereheliche 11,5. An der Gesammtheit der Ge⸗ burten waren betheiligt die Katholiken mit 89,39, die Protestanten mit 9,73, die Israeliten mit 0,87 , während in der Gesammt- bevölkerung nach der Volkszählung vom Tezember 1880 die Katho— liken 85,58, die Protestanten 12,40, die Israeliten 168000 aus— machen. Der Prozentantheil der außerehelichen war bei den Ka— tholiken 29,27, der Protestanten 2207, bei den Juden 1,27. Die Abminderung in der Zabl aller Geborenen beträgt 1883 gegen 1882 zusammen 249 und vertheilt sich auf 195 katholische, 16 pro- testantische, 35 israelitische und 3 andere Kinder, in Prozenten bei den Katboliken 233, bei den Protestanten 1,77, bei den Israeliten aber 30, 70; Über die Sterbefälle giebt die Tabelle folgende Auskunft: Gestorben find im Laufe des Jahres 1883 im Münchener Stadt gebiet, abgesehen von den Todtgeborenen, 676 Personen, 3945 männ— lichen und 3731 weiblichen Geschlechts. Die Gesammtzahl hat vom Jahre 1874, welches noch unter den Cholera-Epidemien zu leiden batte, bis 1876 abgenommen, zeigt dann in den nächsten drei Jahren namhafte Mehrungen, welche ibeils mit der Einver— leibung der Vorstadt Sendling und der Einwanderung zusammen— hängt. Mit 1879 hat sie den Höhepunkt erreicht und in den fol— genden Jahren wieder fühlbar abgenommen, im letzten Jahre aber eine Mehrung gegen das unmittelbare Vorjahr um 406 Falle oder 5,58 /o erfahren. Gegen die Zahl der lebend geborenen Kinder bleibt die Zabl der Sterbefälle im Jahre 1883 um 1187 — 1353,39 9½ zurück. Verhältnißmäßig ist also der Ueberschuß der Lebendgeborenen über die Gestorbenen 1883 geringer als in den übrigen Vergleich— fristen. Von 100 Sterbefällen des Jahres 1883 trafen auf das männ⸗ liche Geschlecht 51,59, auf das weibliche 48,61. Im Jahresdurchschnitt des ganzen Jahrzehnt 1874 1883 erscheint das männliche Geschlecht mit 52,28, das weibliche mit 47,74 0, betheiligt. In der gesammten Ein wohnerschaft Münchens war das männliche Geschlecht nach der Zählung von 1875 mit 49,50, nach jener von 1880 aber nur mit 74,840, ver- treten. Das Durchschnittsalter der gestorbenen Personen berechnet sich nach den Sterbefällen des Jahres 13583 auf 24 10 im Allgemeinen, 2256 für das männliche und 25,42 für das weibliche Geschlecht, und wurde sich auf 4027 im Allgemeinen, 39, 8 für das männliche und