1884 / 170 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Jul 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Aus der Stellung des qu. 8 113 in dem vom Wider⸗ Fande gegen die Staatsgewalt“ handelnden sechsten Abschnitt P. Il des Strafgesetzbuchs ergiebt sich, daß unter den in al. 2 ibid. genannten Gemeinde⸗Schutz oder Bürgerwehren nur Vereinigungen begriffen werden können, welche mit obrigkeit⸗ licher Autorisation bestehen und sich gegebenen Falles auf der Grundlage einer besonderen oder generellen Ermäch— tigung der Obrigkeit in dienstlicher Aktion befunden haben. Diese Voraussetzungen nun werden bezüglich der frei⸗ willigen Feuerwehren um so sicherer zutreffen, je bestimmter dieselben in den Gesammtorganismus eines örtlichen Feuer— löschwesens durch Polizeiverordnung oder sonstige rechts bestän⸗ dige sekung als zugehöhiger Bestandtheil eingefügt wor⸗ den sind.

In Fällen, in welchen einer freiwilligen Feuerwehr der Charakter iner Schutzwehr im Sinne des Strafgesetzbuchs nicht zuzubilligen ist, kann eine Anwendung des gedachten 8. 113 nach Maßgabe des Wortlauts desselben noch insoweit in Frage kommen, als etwa die einzelnen der Feuerwehr an— gehörigen Personen von den zur Leitung der Löschmaßregeln berujenen Beamten zur Unterstützung zugezogen waren.

Die Entscheidung darüber aber, ob einer freiwilligen Feuerwehr die Bestimmungen des §. 113 eit. zu Gute kommen, steht im einzelnen Falle den Gerichten zu. Eine gleichmäßige gesetzliche Regelung der Verhaältnisse der innerhalb der Mon— archie bestehenden freiwilligen Feuerwehren erscheint bei der Verschiedenheit der thatsächlichen Voraussetzungen für jetzt nicht angezeigt.

Der Minister erachtet es im Allgemeinen als zweckmäßig, daß die freiwilligen Feuerwehren in einer, den jedesmaligen besonderen Verhältnissen entsprechenden, loseren oder festeren Form in den Rahmen des polizeilichen Feuerlöschwesens ein— gefügt werden, und hat die Ober-Präsidenten veranlaßt, hier— auf insbesondere bei Erlaß neuer Feuerlöschordnungen ent— sprechend zu rücksichtigen.

Der Transport von gesundheitsschädlichen, zum Ver— kauf bereits hergerichteten Nahrungsmitteln nach der Stelle, woselbst sie feilgehalten werden sollen, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 2. Mai d. J., als Versuch des Feilhaltens von gesundheitsschädlichen Nahrungsmitteln zu bestrafen.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich niederländischen Hofe, Graf von Bismarck-Schönhausen, hat sich auf einige Zeit nach Varzin begeben. Während seiner Abwesen— heit vom Haag fungirt der Legations-Sekretär Graf von Pourtales als interimist ischer Geschaftsträger.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Brandenburg, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Brüssel fuhgirt der Legations—⸗ Rath Graf von Beust als interimistischer Geschäststräger.

Der Großherzoglich hessische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Dr. Neidhardt, hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte von der Königlich bayerischen Gesandtschaft mit wahr— genommen.

Der General der Infanterie von Strubberg,

General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs

wesens, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

Der General Lieutenant Wie be, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, hat sich, nach Rückkehr vom Urlaub, zur Besichtigung der Schießübungen des Ostpreußischen Fuß— Artillerie-Regiments Nr. J nach Königsberg i. Pr. begeben.

Kiel, 21. Juli. (W. T. B.) Das Panzer-Uebungs— geschwader ist heute Nachmittag nach WilUhelmshaven in See gegangen.

Mtecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 21. Juli. (Meckl. Anz) Der Herzog Johann Albrecht ist vor— gestern Mittag von seiner Reise nach St. Petersburg und der Herzog Friedrich Wilhelm mit seinem Gouverneur, Hauptmann Schiller, vorgestern Abend von Dresden hier ein— getroffen.

Sesterreich Ungarn. Wien, 21. Juli. (W. T. B.) Betreffs der von dem Journal „Narodni Listy“ neuerdings wieder gebrachten alarmir enden Berichte aus Cettinje über einen angeblichen Protest Montenegros gegen öster— reichische Befestigung en verweist die „Polit ische Correspondenz“ auf ihre vor Kurzem erfolgte entschiedene Widerlegung dieser Berich te. Zugleich erklärt dieselbe die Aufnahme dieser Berichte von Seiten der „Narodni Listy“ für eine lediglich auf bewußte Irreführung und Beunruhigung berechnete Methode, die sich von selbst verurtheile.

Niederlande. Haag, 21. Juli. (W. T. B.) Die Generalstaaten sind zur Berathung des Regentschafts— Gesetzentwurfs zum 28. d. M. einberufen worden.

Großbritannien und Irland. London, 19. Juli. (Allg. Corr) Von dem äußersten Flügel der liberalen Partei wird keine Anstrengung gescheut, um die Agitation gegen das Oberhaus so wirkungsvoll wie nur immer möglich zu machen. Wahrhast großartig dürfte die am nächsten Montag im Hyde-Park stattfindende Reform— Demonstration werden. Am 30. Juli wird in der St. James Hall zu London eine Konferenz von Vertretern sämmtlicher liberalen Vereine des Landes abgehalten, um die Ablehnung der Wahlreformvorlage von Seiten des Oberhauses in Erwägung zu ziehen.

In Beantwortung einer ihm übermittelten Resolution der liberalen Sech shundert von Leeds schreibt der Premier Gladstone: „Ich kann nur wiederholen, was ich bereits ge— sagt habe, daß der Anspruch, den das Oberhaus zu erheben sucht, mit aller Gewalt einen Appell an das Volk herbeizu— führen, mir als eine ab solute und sehr gejährliche Neuerung erscheint. Ich empfange täglich zahlreiche Meinungsausdrücke von verschie denen öffentl ichen Körperschaften, aus denen er⸗ hellt, daß das Publikum die ernsten Folgen, welche der gegen⸗ , Stand der Dinge in sich schließen dürfte, nicht ver— ennt“.

21. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der Präsident des Local-Govern⸗ ment⸗Board, Dilke, mit, daß die Einfuhr von Lum— pen aus Marseille und Toulon verboten worden sei, daß es aber nicht in der Absicht der Regierung liege, die Einfuhr von Lumpen aus ganz Frankreich zu verbieten.

m eg en, fand heute eine große Kundgebung für die Wahlreformbill und gegen deren Ab— lehnung durch das Oberhaus statt. Der aus Delegirten der verschiedenen Gewerbe mit ihren Fahnen und Emblemen sowie. Mitgliedern politischer Vereine und Deputationen ländlicher Arbeiter bestehende Zug bildete sich am Themseguai und begab sich von da nach dem Hydeypark, wo? Meetings abgehalten wurden, bei denen Parlaments deputirte den Vorsitz führten. Es wurden Resolutionen angenommen, in welchen eine Herbstsession des Parlaments zur abermaligen Berathung der Wahlreformbill anempfohlen und das Ver⸗ halten des Qberhauses gemißbilligt wird, dessen Macht, den Willen des Volkes zu hemmen, nichts beitrage zur Wohlfahrt der Nation. Die Zahl der Theilnehmer an der Kundgebung wird auf 59 099—- 70 909 geschätzt. Es herrschte die größte Ordnung; die Manifestation war vorzüglich organisirt, er— mangelte aber desjenigen Grades von Enthusiasmus, den man erwartet hatte.

Frankreich. Paris, 19. Juli. (Fr. Corr.) Das Geschwader des Admirals Courbet hat vor dem Arsenal von Futschau Anker geworfen und soll sich des Arsenals bemächtigen, falls die augenblicklich mit China eingeleiteten Unterhandlungen behufs Zahlung einer Indemnität zu keinem befriedigenden Resultat gelangten. Der Admiral Courbet hat unter seinen Befehlen fünfzehn Kriegsschiffe und zwei Torpedo⸗ fahrzeuge mit 114 Kanonen großen Kalibers und 3076 Mann. Die 1. Division, unter den direkten Befehlen des Vize— Admirals, besteht aus den Panzerschiffen „Bayard“ und „Atalante“, dem Kreuzer „Chateau⸗Renaud“, dem Avisodampfer „Parseval“, dem Eclaiceurschiff Hamelin“, den Kanonen— booten Lynx“, „Vipére“ und „Aspic“ und endlich aus den zwei Torpedoschiffen Nr. 45 und 46. Die 2. Division, be— fehligt von dem Contre⸗Admiral Lespes, besteht aus den Panzerschiffen „La Galissonniere“ und „Triomphante“, den Kreuzern „Duguay-Trouin“, „Villars“ und „D'sstaing“, dem Eclaireurschiff Volta“ und dem Kanonenboot „Lutin“. Futschau ist der militärische Hafen Chinas und wurde von Hung-Tschang angelegt. Das Arsenal wurde von zwei Franzosen, den Linienschiffs-Lieutenants Prosper Gicquel und d'Aiguebelle, erbaut und eingerichtet.

Der „Temps“ bringt folgende Note: „Man hat gestern den Text des Kaiserlich chinesischen Dekrets gelesen, welches am 16. Juli in der offiziellen Zeitung von Veking erschien, und das die Räumung der festen Plätze Tongkings durch die regulären Truppen des chinesischen Reiches anordnete. Wir müssen hinzufügen, daß dieses Dekret auf das Verlangen der französischen Regierung erlassen wurde, welche in ihrem Ultimatum verlangt, daß diese erste Genugthuung durch die offiziellen Formen bestätigt, werde. Das Ultimatum fordert von China des Weiteren eine Indemnität, welche eine doppelte Bestimmung hat: 1) den Familien der Soldaten, die als Opfer des Hinterhalts von Langson gefallen sind, eine pekuniäre Entschädigung zu geben, 2) die außerordentlichen Ausgaben zu decken, welche der Zwischenfall von Langson verursachte, indem er Frankreich nöthigte, in Tongking und in den chinesischen Gewässern ein größeres Land- und Seeheer zu unter— halten, als dies nach Abschluß des Friedensvertrags hätte sein sollen. China wurde eine ganz kurze Frist zur Beantwortung dieses zweiten Theils des Ultimatuman gelafsen, und Alles läßt vermuthen, daß die französischen Kammern im Laufe der kom⸗ menden Woche die Antwort der chinesischen Regierung wissen werden. Inzwischen hält Admiral Courbet mit einer impo— santen Escadre die Umgegend von Futschau besetzt und ist vollkommen Herr dieser bedeutenden Stadt. Im Uebrigen zweifelt man nicht daran, daß China den gerechten Forderun— gen Frankreichs nachgeben wird.

20. Juli. (Fr. C. Der Verfassungs-Revisions—⸗ ausschuß des Senats nahm in seiner gestrigen Sitzung eine Resolution an, der zu Folge er in nachstehende Punkte willigt: I) Abkürzung der Fꝛist für die Einberufung der Wähler im Falle der Auflösung der Kammer; 2) Ausscheidung des Wahlgesetzes jür den Senat aus der Verfassung; 3) Ausschließung der Debatte über die republikanische Regierungsform aus den Verhandlungen des Kongresses; 4) Abschaffung der öffentlichen Gebete beim Beginn der parlamentarischen Session. Dagegen hat sich der Ausschuß entschieden geweigert, dem Antrage der Regierung und dem Beschluß der Kammer beizutreten, an den Befugnissen des Senats in Budgetangelegenheiten' zu rühren.

Die „République frangaise“ ist mit dem Beschluß des Senatsausschusses höchst unzufrieden. „Was wird die Kammer thun“, sagt sie, „wenn der Text des Ausschusses im Plenum genehmigt würde? Könnte sie noch den Kongreß wollen, um eine so beschränkte Revision zu vollziehen? Wir wissen es nicht. Drei Dinge scheinen uns aber gewiß: erstlich daß die Revision sicher, unfehlbar zu Stande kommen wird, wenn nicht jetzt, so doch nach den Senatswahlen im nächsten Januar, die sich lediglich um diese Frage drehen werden, und wenn nicht nach den Senatswahlen, so doch nach den allgemeinen Deputirtenwahlen im August 1884. Zweitens kann der Senat versichert sein, daß man ihn nie mehr einem so gemäßigten Rexisionsprogramm gegenüber— stellen wird, wie das jetzt unterbreitete ist; je langer man säumen wird, desto radikaler wird die Revision sein. Drittens wird nach der nächsten Revision eine lange Zeit verstreichen, ehe man von Neuem eine so schwierige und so verwickelte Operation versuchen wird. Der aus diesen drei Thatsachen zu ziehende Schluß ist dermaßen klar, daß wir uns die Muͤhe ersparen, ihn in Worte zu kleiden.“

Dem „Figaro“ schreibt ein Offizier anläßlich des Vorfalls mit den deutschen Fahnen: „Das Publikum sollte doch endlich unterscheiden zwischen denen, welche, der Vergangenheit eingedenk, still für die Zukunft arbeiten, und denjenigen, für welche der Patriotismus eine Laufbahn oder ganz einfach eine Gelegenheit ist, sich muthig zu geberden. Nach den erlittenen Niederlagen ist Schweigen für uns eine Pflicht. Die von uns herausgeforderten Deutschen haben mit uns Krieg geführt und, wenn Ausschreitungen vorgekommen sind, so mögen diejenigen den ersten Stein auf sie werfen, welche selbst ohne Fehl sind. Jedenfalls können die Bürger, deren edles Blut bei dem Anblick der deutschen Fahne in Wallung geräth, sich in die Armee aufnehmen lassen. Sie werden willkommen sein, und die sich vor ihnen öffnende Bahn ist reich genug an Opfe rn jeder Art, um ihren Durst nach Hingebung zu stillen. Sonst aber mögen sie nur schweigen!“ . In Marseille sind am 18. Juli 55 Eho kera— Todesfälle vorgekommen.

1 uli. (B. T HG)

. Im Senat verlas heute der Vorsitzende der h

Verfassungs⸗Revisions-Kom⸗

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mission, Dauphin, den Kommissionsbericht

sich für eine Repision der Verfassung ausspricht, von derset ken aber den Artikel 8 über die finanziellen Befugniff⸗ des Senats ausgeschlossen wissen will. Dauphin sprach di Hoffnung auf eine schließliche Verständigung mit der Kammer aus und beantragte für die Vorlage die Dringlichkeit die alsbald beschlossen wurde. Die Berathung der Vorlag wurde auf nachsten Donnerstag festgesetzt.

Die Deputirtenkammer berieth heute den für Ma— dagaskar geforderten Kredit von 5. Millionen. Perin spräch sich gegen die Bewilligung aus, Bischof Freppel nn Lanessan traten für dieselbe ein. Der Deputirte Delaj off wies auf die feindlichen Umtriebe der englischen Meth disten hin, durch welche die Howas aufgereizt würden Der Marine⸗Minister Peyron erklärte: Awmiral Mit werde außer Tam ata ve und Majunga auch andere Punk. besetzen, bezüglich deren dies nothwendig erscheine.

tin ister-Präsident Ferry bemerkte: es werde das nicht hindern, in der madagassischen Angelegenheit mit großer Vor⸗ sicht zu Werke zu gehen. Die Regierung werde ihre neue und entschlossene Politik Madagaskar gegenüber mit derjenigen Klugheit zu vereinigen wissen, die ihr durch die augenbf— lichen Umstände geboten erscheine. Der verlangte Kren wurde schließlich mit 372 gegen 83 Stimmen bewilligt.

Der „National“ schreibt: die Verhandlungen 1 mit Marokko wegen der Regulirug der

renzen seien suspendirt worden; die Regierung werde dieselben wieder aufnehmen, sobald sie mit den Mächten, welche gegen diese Grenzregulirung Einwendungen erhoben hätten, zum Einvernehmen gelangt sei.

Die Zahl der Cholera-Todesfälle von heute Vor— mittag 10 Uhr bis zum Abend betrug in Marseille *, in Toulon 12.

M. Juli, in (. T. B) gn ver gestrigen

Sitzung des Munizipalraths erklärte der Direktor der Abtheilung für öffentliche Hülfe: in den Hospi— tälern sei weder ein Fall von asiatischer Cholera, noch auch nur ein Fall von sporadischer Eholers konstatirt. Die Personen, welche man als an der Cholera verstorben bezeichnet habe, wären Krankheiten erlegen, welche mit der Cholera absolut nicht zusammenhingen. In der gestrigen Sitzung der Akademie der Wissen— schaften theilte Hr, von Lesseps mit:; die technische internatio nale Kommission habe sich für eine Ver— größerung des Suezkanals, nicht aber für den Bau eines neuen Kanals ausgesprochen.

Rumänien. Bu ka re st, 18. Juli. (Pr.) Ein König— liches Dekret verfügt die Auflösung der Natio nak— garde. In Folge des bulgarischen Ministerwechsels hat der hiesige hulgarische diplomatische Agent Natsche— vies seine Demission eingereicht.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. Juli. (W. T. B.) Der erste Sekretär der russischen Gesandtschaj in Teheran, Argyropulos, ist zum Minister-Residenten in Cettinje ernannt worden. Zum Gouverneur von Kjelze ist an Stelle des krankheitshalber zurückgetretenen bisherigen Gouverneurs Lestschoff der Vize⸗Gouverneut Iwanenko in Siedlce ernannt.

Zeitungsstimmen.

Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt: Das Resultat der Einfuhr und Ausfubrstariftik des Fahres 1883 ist von besondexem Interesse, namentlich in zwei Punkten? es wider— legt die Theorien der Freihändler und weist mit Deutlichkeit auf die Wege bin, welche zur weiteren Förderung der beimischen wirtk— schaftlichen Thätigkeit einzuschlagen find.

Die „Freibandels Corresponden;“ faßt das Ergebniß des Waaren= verkehrs seit dem Jahre 1880 triumphirend dahin zusammen, daz „Deutschland trotz aller hüben und drüben errichteten Zollschranken in immer größerem Umfange und zwar sowobhl importirend wie errortirend am nationalen Verkehr theilnimmt. Damit gestebt sie zu, daß die Freibandelstbeorie und Vorhersagungen der Frei hãndler durch die Thatsachen gründlich widerlegt worden sind; denn als cz sich um die Berathung des Zolltarifs von 1873 handelte, wurde gerade von jener Seite die Erhöbung der Zölle mit dem Einwande bekämpft, daß bierdurch die Einfuhr eingefchränkt ud in Folge dessen Produkte wie Fabrikate wefentlich vertbeuert werden müßten, und daß die Schutzpolitik eine wesentliche Abnahme det Erports zur nothwendigen Folge haben würde. Nichts von alle dem ist nun eingetroffen, wie die F. H. C.“ selbst zugestehen muß. Allerdings hat die Einfuhr an Fabrikaten abgenommen, dafür at aber die Einfuhr solcher Robstoffe und Nahrungsmittel fon— während. zugenommen, welche bei uns gar nicht oder richt in genügender Menge hervorgebracht werden. Diese Einfuhr sollte nicht verbindert werden und eine Ver— mehrung der Einfuhr solcher Artikel ist jedenfalls ein Zeicken wack⸗ sender Konsumtions. und Produktionsfähigkeit Deutschlands, wie en, dererseits die Abnahme der Einfuhr industrieller Fabrikate, die eberso eingetreten ist wie sie beabsichtigt war, für Deutschland die voraut— gesehene und eingetretene Erstarkung der eigenen industriellen Thätiz⸗ keit beweist. Cbensowenig aber, wie eine Verminderung der Einfukr im Allgemeinen zu konstatiren ist, ist die Prophezeiung der Freibändler von der Vertheuerung der Lebens bedürfniffe durch den Sckußzoll in Erfüllung gegangen. Die mit Zöllen belegten Lebens und Nahrungsmittel kaben den Freihändlern nech immer immer nicht den Gefallen thun wollen, theurer zu werden, und was die industrielle Produttion anbetrifft, so hat dieselbe, wie sich mehr und mehr herausstellt und sogar vielseitig beklagt wird, mit einem Rückgang der Preise zu kämpfen. Die große Konkurren; im Inner sorgt dafür, daß die Preise nicht stiegen, sondern herabgingen, fo daß det Produktionsgewinn ein verbältnißmäßig niedriger geworden ist. Darin liegt aber auch der Grand, weshalb der Export des vorigen Jahres. dem Werthe nach berechnet, eine Einbuße gegen das Jahr 1882 erfahren hat, obwohl sein Werth den der Einfuhr noch immer übertrifft. Der Menge nach berechnet, bat der Export über den Import im Jahre 1883 sogar einen Ueberschuß von 1033363 t geliefert, während er im Jabre 1882 einen solchen von nur 85 983 t batte. Wenn trotzdem der Werth des vorjährigen Er= ports hinter dem des 1882er zurücksteht, so ist hieran der Rückgang des Preises der meisten exrortirten Waaren schuld; als folche werden in dem Maiheft der statistischen Monatshefte genannt: Schweine, Butter, Weizen, Kartoffeln, Bäckerwaaren, Obst, frisches Gemüfe, Hopfen, Zucker, Traubenzucker, Branntwein. Suverphosphate und andere Tüngungẽ— mittel, Steinkoblen und Koaks, Weinsteinsäure, Anilin farben, Fabrikate zum Medizingebrauch, aͤtberische Oele, Glyzerin, Zünd⸗ wagren, Robeisen und andere unedle Metalle, sowie Waaren daraus; Kalbfelle, Hasen⸗, Kaninchen und andere Felle zur Peljwerkbe reitung, Schafwolle, Baumwollengarn, Näbfaden,. Vigognegarn, gefärble Seide, Wollengarn, dichte Baumwollen gewebe, wollene Tuch und eugwaaren, wollene Shawls und Strumpfwaaren, mit anderen Worten: die meisten landwirthschaftlichen Produkte, Robstoffe und Fabrikate der chemischen und der Eisenindustrie, Robftoffe der Leder⸗ induftrie und die Fabrikate der Textilindustrie. Unter Zugrunde legung der Preisverhältnisse des Jahres 1882 hätte sich der Werth

äübersckuß des Errorts im Jabre 1883 nicht auf 441 Millionen, sondern auf 68,9 Millionen Mark belaufen.

Wenn aber der Errort dem Werthe nach etwas zurückgegangen ist, so ist wie hieraus bervorgebt nicht, die von den Freibänd lern vrorbezeite Preis steigerung und auch nicht die Scuutzollxolitik im Allgemeinen schuld, sonderg, abgeseben von den Verhältnissen des Beltmarktes und namentlich Amerikas, von dessen Preisschwankungen ie meiften euroxãischen Staaten ungünstig beeinflußt wurden die zrößere Prezuktion im Innern und der durch diese veranlaßte Preis- räckzang. Hieraus ergiebt sich von selbst die Nothwendigkeit. für eine Ausdebnung des Exports durch neue überseeische Verbindungen, durch Erschlie zung neuer . durch Unterstũtzung und Förderung des Handels und der Schiffabrt zu sorgen. Nur bierdurch wird der beimischen Industrie und dem heimischen Arbeiter lohnende Beschäftigung auf die Dauer gewährt, nachdem der Zolltarif es ermöglicht bat, daß die Industrie den beimischen Markt beberrscht und konkurrenzfähig mit dem Auslande geworden ist Das von dem Kanzler aufgestellte Pro⸗ gramm einer überseeischen, den Exrvort belebenden Handelspolitikt findet durch das Resultat der Ein. und Ausfuhrstatistik seine Begründung und Rechtfertigung. Sie ist eine nothwendige Ergänzung der einge scklagenen Handelspolitik, und darum ist es auch ganz erklärlich, daß Freisinnler⸗ und Freihändler gegen Postdampferfubrention und Ko— sonialrolitik sind.

gemeine V

der Zuziebung von Sachrerständigen, welche in einem anderen Bun- desstaate wohnbaft sind. Bekanntmachung. Allgemeine Ver ˖ fügung vom 15. Juli 1884, betreffend die Aufhebung der kollegia= lischen Schöffengerichte zu Isenburg und Aubagusen. Allgemeine Verfügung vom 11. Juli 1884, betreffend den Stempel zu Kauf und Tieferungsrerträgen im kaufmännischen Verkehr und zu Wer kverdin⸗ gung verträgen. Allgemeine Verfügung vom 12. Juli 1884, be jreffend den Abzug der Witiwen⸗ und Waisengeldbeiträge von dem Diensteinkommen susrendirter und beurlaubter Beamten.

Statiftische Nachrichten. . Semäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ beitsamts sind in der 28. Jahreswoche von je 1060 Einwohnern,

1,5, in Brüfsel 22.38, in Amsterdam 28,9, in Paris 244, in London 24). in Glasgow 23, l, in Liverpool 24,9, in Dublin 22,3, in Edinburg 164, in Koxenbagen 29838, in Stockbolm 26,0, in Chri⸗ stiania 23,1, in St. Petersburg 30,k, in Warschau 32,8, in ? in Rom 24.0, in Turin 32.55, in Bukarest 29,9, in 6, in Alexandrien 34,5 Ferner in der Zeit vom . 21. Juni: in New⸗JYork 24.3, in Philadelphia 21,0, in Chicago in St. Louis —, in Cincinnati in San Fran⸗ zisko 19,7, in Kalkutta 26,4, in Bombar 24,6, in Madras 41,7. Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den meisten deut- schen Beobachtungsorten westliche und südwestliche, in Heiligenstadt in den ersten Tagen nordwestliche, in Berlin und Konitz östliche und nordöftliche Luftströmungen, die in Konitz bis an das Ende der Woche, wo sich südöstliche Strömungen geltend machten, vorwiegend blieben. An den meisten Stationen ging der Wind nach vorübergebendem Wechsel mit Rordwest nach Nordost, und in Cöln am 7, in Berlin und Bremen am 9. nach Südost, in München nach Nord und Nordost, drehte sich aber in den letzten Tagen der Woche an den meisten Stationen nach West und Südwest, in Breslau und München nach Nordwest. Die Temperatur der Luft war eine hohe und überstieg an allen Stationen um 1 bis 2, in Cöln um 3,50 C. die normale. Aus Konitz, Cöln, Karlsruhe werden Temperaturen ron über 300 C., aus Berlin (vom 6. Juli) 32,00 C. gemeldet. Nieder schläge er⸗ folgten häufig und zum Theil recht ergiebig nach Niedergängen zahl— teicher Gewitter. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft nahm unter geringen Schwankungen in den ersten Tagen der Woche langsam zu, sank am 9. und 10, stieg aber vom 11. Juli an bis zum Schluß der Woche an allen Stationen. . - In dieser für die Sterblichkeit des Säuglingsalters gefürchtetsten Doche des ganzen Jahres war diese auch in den meisten Großstädten Furopas, besonders in den deutschen, mit Ausnahme Münchens, in . . gefteigert. Von 10 00 Lebenden starben pro Jahr berechnet 1531 Säuglinge gegen 126 der Vorwoche (in Berlin 213, in München 119). Die ungewöhnlich hohe Temperatur der Luft, die in der Berichtswoche herrschte, äußerte ibren ungünstigen Einfluß durch Herrorrufung zahlreicher Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfaͤllen, namentlich der Kinder; doch klieb auch in dieser Woche die Zahl der aus den deutschen Städten an diesen Diarrböen als gestorben Gemeldeten um ca. 800 hinter der— jenigen der entsprechenden Woche des Vorj und selbst in Berlin, wo nur 304 gegen 666 des Vorjahres gemeldet wurden, jurück. Ansebnlich war jedoch die Zahl der Opfer in Königsberg, Danzig, Stettin, Breslau, München, Nürnberg, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Halle, Srandau. Neustadt · Magdeburg, Hamburg, Altona, Töln, Barmen, Düsseldorf, Dortmund, Straßburg, Mannbeim, Metz, Spever, Hanau; in Frankfurt a. M wurde die Zabl eine kleinere. In den größern außerdeutschen Städten Wien, Pest, Prag, Paris, London, Kopenhagen, Steckbelm, St. Peter? burg, Warschau u. a. war die Zahl der Sterbefälle an Darmkatarrhen gleichfalls ein größere. Auch Todesfälle an Ruhr wurden mehrfach, sowie mehrere Todesfälle an Cholera nostras (aus Wandsbeck und Baltimore je 2, aus Boston 1) gemeldet. Die allgemeine Sterblichkeits verbältniß⸗ zabl für die deutschen Städte stieg pro Mille und Jahr berechnet auf Sl, 0 von 29,1 der Vorwoche. Das Vorkommen der Infektionskrankheiten blieb meist ein be⸗ schränktes, nut Masern riefen besonders in Breslau, Stuttgart, Lands⸗ kut i. Bavern, Bielefeld mehr, in Berlin, Paris, London, Rotterdam, Daag weniger Todesfälle bervor. In Bremen und Prag zeigte sich Scharlach häufiger. Sterbefälle an Dixhtherie wurden in Königsberg, Vamburg, London seltener, in Greifswald, Dresden, Berlin, Leixzig, St. Petersburg nahm die Zabl der Todesfälle etwas zu. Tpphöse Fieber forderten in Danzig, Liegnitz mehr Opfer. Einjelne Sterbe—⸗ fälle an Flecktyyhus werden aus London, Warschau, St. Petersburg, Malaga, Granada, San Franzisco (3). 1 Todesfall an Rückfallẽ⸗ Feber aus Breslau gemeldet. Der Keuchhusten raffte in Nüůnchen, Nürnberg, Dresden, Cöln und besonders in Berlin viel Finder weg; auch in Paris und London nahm die Zahl der Sterbe— fälle zu. Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 14 Frauen. = Todesfälle an Pocken kamen aus Metz 2, aus Leipzig 1 (an Vari · len zur Meldung. In geringer Zabl zeigten sich Pocken in Yrüssel. Paris. Stockbolm, St. Petersburg, Warschau, Odessa, Venedig, New Orleans. Auch in Prag und London nahm die Zahl der Sterbefälle ab, in Krakau, Liverpool, Lissabon und Madras zu. Dir „Cbolerg, ig Marseille und Toulen bat bis zum 18. Juli t bezw. 383 Opfer gefordert. Aus Kalkutta werden aus der letzten Maiwoche 33, aus Bombay, Mitte Juni, keine weiteren Cholera—⸗ Tode falle gemeldet.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Dat soeben ausgegebene 2. Heft 18. Jahrgangs 1884 der zGeschichtsblätter für Stadt und' Land Magdeburg“, Nittheilungen des Vereins far Geschichte und Äikertkums— kunde des Herzozthums und Eristifts Magdeß nrg, ker—

ausgegeben vom Vorstande des Vereins (Magdeburg. Verlag der Schäferschen Buchbandlung., A Rüdiger), bringt die Fertsetzung der von dem Prediger Lie theol. Henri Tollin verfaßten Biographie des um Magdeburg bochrerdienten Ober Bürgermeisters August Wil belm Francke. In dem zweiten Theil derselben wird beson⸗ ders die Fürsorge Francke's für das Schulwesen der Stadt geschildert, welche ihm nicht weniger als 5 neue Unterrichtsanstalten verdankt. Ferner besxrricht der Verfasser eingebend seine Vorschläge zur Ver⸗ besserung des Armenwesens ꝛc.“, ein umfanzreiches Elaborat, welches bei den Akten der Armenderutation des Magistrats aufbewabrt wird und einen detaillirten Armenerziebungsplan enthält, der riel Heil—⸗ sames und Beachtenswerthes enthält, freilich aber unausgeführt ge⸗ blieben ist. An diese Biozraxbie reibt sich die Fort- setzung der Abhandlung von dem Pfarrer W. Zabn über die Stiftskirche St. Nicolai in Aken a. d. G. Sodann folgt ein Verzeichniß der Bürgermeister und Rathemitglieder der Stadt Burg ron der Mitte des 16 bis zum Ende des 17. Jahr hunderts, mitgetheilt vom Stadtrath Wolter, welcher daran auch einige Bemerkungen über die Patrizierfamilien der Stadt während des angeführten Zeitraums geknüpft bat. Dr. H. Rüter in Halber⸗ stadt endlich giebt eine urkundliche Geschichte der einstigen Kaiserlichen Pfalz Dornburg a. E. (zwischen Barby und Schönebeck] und sucht die Lage derselben unter Beigabe einer Karte festzustellen. Auf das in dem Heft veröffentlichte Protokoll der IX. Sitzung der Historischen Kommission der Prorinz Sachsen kommen wir noch zurück. Demselben ist eine Anweisung zur Ermittelung der älteren Flurverhältnisse innerbalb der Provinz Sachsen angehängt.

Schluß bilden Miscellen: über ein Kaiserliches Wappen Stadtthore zu Magdeburg, und über das Datum des

welchem Luther im Jahre 1524 in Magdeburg gexre

sowie die Vereinschronik.

Gewerbe und Handel.

Die Jahresberichte der 1 n pro 1883.

(N. A. Ztg.) Der übrige Theil der Provinz Brandenburg bildet den Bezirk des Fabrikinspektors zu Frankfurt a. O, welcher also die Regierungsbezirke Poa»nxs dam und Frankfurt, mit Aus— schluß der Stadt Berlin und der Kreise Charlottenburg, Teltow und Niederbarnim umfaßt. An revisionespflichtigen gewerblichen Anlagen waren in diesem Bezirke 40890 vorhanden, darunter 3079 genehmigungs« vflichtige.

Der Bericht konstatirt, daß sich sowobl die Lage der Indu als die wirthschaftliche Lage der Arbeiter im Berichtsjabre stet gehoben habe. Sowohl neue gewerbliche Anlagen wurden erbaut, als altere, ftill gelegene wieder in Betrieb gestellt. In den meisten In— dustrien vermehrte sich die Arbeiterzahl, überall war ausreichende Arbeitsgelegenheit vorhanden. Am sichtlichsten trat die Besserung hervor bei den größeren Anlagen der Textil⸗, Maschinenbau⸗, Rüben⸗ zuckerl, Stärkemehl⸗, Stärkezucker⸗ und Sxrit-Industrie. Von sonstigen Industrien, welche einen bedeutenderen Auffchwung nahmen, werden erwähnt die Braunkohlen⸗ und Briquettindustrie baurt— sächlich in und um Senftenberg —; die Glasindustrie, für welche der frübere Aufschwung anhielt, wozu der Zollschutz nicht unwesentlich beigetragen habe; ferner die Wollhutindustrie hauptsächlich Guben mit etwa 250) Arbeitern, unter welchen besonders Arbeiterinnen lohnende Beschäftigung fanden, Hutgarnirerinnen verdienten 15 bis 16.60 die Woche; die optische Industrie Rathenow —, deren Ausfuhr sich auf weit über 1 Million Mark beziffern soll. Die Korbwaaren—⸗ Industrie nahm in Brandenburg a. d. H. immer weitere Ausdehnung 6560—– 702 Arbeiter —; aus den Absatzverhältnissen lasse sich schließen, daß deren Zabl sich in wenigen Jahren noch bedeutend beben werde; das Fabrikat wurde in bedeutenden Mengen nach Desterreich, Frankreich, Italien und Amerika ervortitt. Der Bericht erwähnt als erfreuliche Thatsache, daß die Revxisionsthaäͤtigkeit der Ortspolizeibehörden auch in den kleineren Industrieorten anfange, reger zu werden.

Bezüglich der jugendlichen Arbeiter und Kinder wird nachge⸗ wiesen, daß die Kinderbeschäftigung ab⸗, die der jugendlichen Arbeiter zunehme. Die früher bemerkten Mängel, betreffend Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen über Arbeits bücher, haben bis auf wenige Fälle aufgehört; die Arbeitgeber fingen an zu begreifen, daß diefe Kontrole wesentliche Vortheile biete, und, allseitig streng gehandhabt, zweckloses Umhertreiben des jugendlichen Arbeiterpersonals verhüte. Die Lehrlingsschulen der Eisenbahnwerkstätten zu Frankfurt, Potsdam und Kottbus hätten befriedigende Verbältnisse ergeben, in anderen Industrien seien Lehrlingsschulen jedoch nur vereinzelt nach deren Muster eingerichtet; für die Tuchinduftrie ist im Berichtsjahr eine Werkmeisterschule in Kottbus neu entstanden.

Uebertretungen der gesetzlichen Bestimmungen, betreffend Frauen⸗ arbeit namentlich in der Textil“, Nahrungsmittel, Bekleidungs und Reinigungsindustrie in Zunahme begriffen seien nicht vor— gekommen; auch die Beschäftigungsweise der Arbeiterinnen gab zu Klagen keinen Anlaß, dieselben wurden verhältnißmäßig aut gelohnt, welcher Umstand in der Umgebung der größeren Industriestädte sogar drückend auf Kleingewerbe, Landwirthschaft und Hausstände rückwirkie, da die Mädchen lieber Fabrikarbeiterin als Magd würden. Das Zu⸗ sammenarbeiten von Männern und Frauen im selben Raume nebme ab. Neben den günstigen Einflüssen der Fabrikarbeit auf Gesundbeit und körperliche Entwickelung der Arbeiterinnen seien aber auch die nachtheiligen auf sittliches Leben fortbesteben geblieben, rerschiedene Magistrate kämpften gegen letztere durch Mägdeberbergen, Näh- und Kochschulen fertgesetzt an, jedoch obne bisher durchzreifende Erfolge zu erzielen.

Die Gesammtarbeiterzahl ist von 65 00 um 15 —1609 Köpfe gestiegen, die Lohnverhältnisse blieben konstant; Strikes und Arbeiter bewegungen kamen nicht vor, die Klagen über Kontraktbruch hört man nicht mehr, offenbar weil das Aufheben jeder Kündigungefrift allgemeiner werde.

Unfälle kamen 109 zur Anmeldung, welcke in 23 Fällen den Tod, in 9 Fällen dauernde und in 77 Fällen zeitweise Arbeits unfäbigkeit zur Folge batten. Die Bereitwilligkeit der Industriellen, Rathschlägen bebufs Unfallverhütung Folge zu geben, zeigte sich im Wachsen begriffen, dennoch werde ohne Zwangseinführung der noth— vendigen Schutzvorkehrungen auf diesem Gebiete nicht durchgreifend vorwärts zu kommen sein. Bemerkenswerth sind die Mittheilungen des Berichtes über die in Kottbus erfolgte verheerende Kesselerplo⸗ sition am 25. Januar, über welche seinerzeit in unserem Blatte detaillirt berichtet wurde. Die Meinung des Beamten gebt dahin: Alle gesetzlichen Bestimmungen waren erfüllt und keine strafbare Handlung bisher nachzuweisen. Der Grund des Unfalles liegt ledig lich in dem Handel mit alten Kesseln“. ;

Die Besserung der wirthschaftlichen Lage der Arbeiter dauere fort, am sichersten sei dieses aus der Zunahme der Spareinlagen zu er— kennen. Die Löhne der Prorxinzialstädte ständen im Allgemeinen auf gleicher Höhe wie die in Berlin, nur für Maschinenbau und Kunst⸗ gewerbe 15 bis 20 zu Gunsten Berlins. Sehr eingehend schildert der Bericht die rielseitigen Wohl fahrts Einrichtungen einer Hutfabrik in Guben C. G. Wilke —, welche etwa 650 Personen beschäftigt. Die Folgen dieser Einrichtungen machten sich darin bemerkbar, daß ein Wechsel im Arbeiterbestaßde immer seltener werde, ja eigentlich aufgebört habe, so daß der Bestand sich nur noch in Folge Einstellung neuer Arbeiter ändert; ältere Arbeiter brächten gern ihre Kinder in der Fabrik an, so daß manche Familien durch 5—6 Mitglieder ver treten sind.

Gehen wir nun zu den anderen Provinzen über.

Der Aufsichtsbeamte für Pon mmern berichtet, die Lage der In⸗ dustrie und der Gewerbe habe sich nur wenig geändert, in keiner Weise verschlechtert, die vorgekommenen kleinen Schwankungen seien Verbesserungen gewesen. Letzteres gelte namentlich für die Groß müllerei, die ihre gesammten Anlagen wieder in Betrieb nebmen konnte. Unausgesetzte und rastlose Thätigkeit entwickelten die Eta—⸗ blissements für den Bau eiserner Schiffe und für Maschi enbau an der Oder unterhalb Stettins. Die wirthschaftliche Lage der Arbeiter sei insofern als keine ungünstige zu bezeichnen, als ein fühlbarer

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8 Braunschweigs arbeiteten. r

Mangel an Arbeit seit Jabren nicht mehr eingetreten sei. Die Ar⸗ beitgeber zeigten bereitwilliges Entgegenkemmen zur Erreickung der gesetzlichen Anforderungen, darüber binaus Liegendes sei aber sehr schwierig zu erreichen. Der Verkebr der Arbeiter mit dem Fabrif⸗ inspektor gestaltete sich reger. Rato und Hülfe desselben wurden öfter als in früberea Jahren erbeten. führten jedoch die beantragten Vermittelungsversuche bei S keiten nur selten zu günstigen Ergebnissen, weil sie zu oft erst dann nachgesucht wurden, wenn alle anderen Wege sich fruchtloz erwiesen und die Verhältnisse sich derartig zugesrint bätten, daß auf gütliche Losung kaum noch ju rechnen war. Der verderbliche Einfluß der Velksanwalte auf diesem Gebiete mache sich nach wie vor sehr fühl Betreffs der jugend⸗ lichen Arbeiter erwähnt der Beamte, daß Unregelmäßigkeiten bezüglich der Arbeitsbücher und ⸗Karten öfters 1d der Ortẽxpolizei⸗ behörden einträten, die wierigkeiten machten und sie oft wochenlang il augenblicklich keine vorhanden seien.

Unfälle kamen 235 zur Kenntniß des Beamten, davon 12 mit tödtlichem Ausgange, 5 mit dauernder Arbeitsunfähigkeit; dieselben vertbeilten sich auf 150 gewerbliche Anlagen.

Behufs Unfall oerbütung wurden 184 Anordnungen Ein von dem Beamten in dieser Richtung gemachter Vorf scheint beachtenswert; derselbe emfieblt, daß bei Prämiirung wirthschaftlicher Maschinen auf Ausstelluagen solcke unberücksi bleiben sollen, welche nicht mit den von sachverständigen Pr als notbwendig anerkannten Schutzvorrichtungen versehen sei Schwierigkeit sei dieses bei staatlichen Auszeichnungen du

8 berichtet 88 te det! Drel, d aB,

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und Zuckerfabriken; vo

in den beiden letzten Jabren Dampf betrie zen. Eine sei

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Glasbüůtten Unter⸗

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war günstig. er Ver . chts nehmern war im Allgemeinen gut; einzelne Gewerb— sich jedoch durchaus unwillfährig, tbeils in der Mein

ihre Arbeiter gegen Unfall versichert hätten, sie Leistung auf sich

33. 5 2

S. 8 EC

nisse ist von Interesse, daß sich das Zab

zu den fremden Arbeitern zu Gunsten de lich wurde dieses bei Zuckerfabriken beo überwiegend Arbeiter anderer Provinzen die Arbeiter aus

em Posenschen in den Zu

Die Zahl der gemeldeten Unfälle betrug 71,

dem Tode endeten, 16 dauernde Arbeitsunfähi

13 Wochen und nur 11 solche darunter herbeifübr 529 Anord⸗ nungen bebufs Unfallverbütung erfolgten, welchen in Betrieber, menen technisch erfahrene und dem gebildeteren S 5 s oder Beamte vorstehen., in vollem Maße Rechnun

Wo diesis jedoch ni Fall, vielmehr

kaufmännischen S un aus gearbeitet

gebrãuchliche : ? ö

kein Unglücksfall vorgekommen“, Anordnungen e gehalten wurde, hat der Beamte, um die Inanspruchnabm der Polizeibebörden möglichst zu vermeiden und um vielmehr Belebrung zu wirken, die bejüglichen gesetzliher Bestimmungen ab drucken lasien und mit einer Zusammenstellung allgemeiner Sicherheits regeln Besitzern und Betriebsführern zugestellt. Nachrevisionen er= gaben, daß dieses Verfahren das wirksamste sei. In einem der in— dustriellsten Landkreise war der Gesundheitszustand kein günstiger; allein im Kreislazareth wurden 112 Tyvbuskranke bebandelt. Bei den Arbeitern einer Zuckerfabrik traten Fleckentyvbus und Unterleibs— typhus auf, die Regierung in Bromberg hat in dieser Hinsicht ge— nauere Kontrole angeordnet.

Die Berichte aus denjenigen bisber besprochenen Provinzen, in welchen die Landwirthschaft der weit überwiegende Faktor ist, haben gezeigt, daß trotz theilweise ungünstiger Ernteergebnisse die Gesammt— entwickelung Fortschritte machte, so daß die wirthschaftlichen und so— zialen Verbältnisse im Großen und Ganjen als gesund sich entwickelnde betrachtet werden durfen.

Einer Meldung der Berl. Börs.“ Ztg. aus Erfurt zufolge wird der diesjährige Börsentag für Oelsaat und Ge⸗ treide dort am 28. Juli d. J. abgehalten werden.

Der Einlösungscours für hier zabhlbare O Silber Prioritäten beträgt unverändert 1060 Gulden.

Hagg, 21. Mill

1. tag B. TZ. B) Di

1

Regierung hat die neue

e niederländische 0 Millionen · Anleihe einem Konsortium, be⸗ stebend aus der Niederländischen Handelsgesellschaft, der Banque de Paris et des Pays Bas und der Amsterdamer Bank, zum Course von 10,51 0,9 Retto übertragen.

Antwerpen, 21. Juli. H 4 geboten 2169 B. La Platawollen, davon 1007 B. verkauft. lebt, Preise wie bei den Aprilauktionen, für Buenos ⸗Ayres unregel⸗

Wollauktio n. An⸗ Unbe⸗

W. T. B

mäßig, oft 5 niedriger. Monterideo Lammwolle 5 niedriger, andere Qualitäten vernachlässigt Bradford, 21. Juli. (W. T. B.) Wolle Käufer, dieselben halten sich vom Markt zurück. steti In Stoffen ziemlicher Begehr. ̃ . Juli. (W. T. B) In der beutigen Sitzung des det türkischen Tabacksaktien wurde, außer geschäftlichen Angelegenheiten, auch die Prolongation des vor— fig bis zum 15. August vereinbarten Syndikates bis zum Ende ses Jahres formell beschlossen.

zu Gunsten der Garne ruhig.

Submissionen im Auslande.

L Finland.

4. August. Mittags. Helsingfors. Uleaborger Eisenbabn ⸗Bau⸗ Kommission (Uleäborgs Jernväg-buggnadskomité]. Lieferung von eisernen Brückentbeilen und Drehscheiben von zusammen 299,711 Tons. Davon sind 129,988 Tons vor dem 1. Dejember d. Js. im Hafen von Hangs und 169,23 Tons ror dem 1. Januar 1885 ebendort abzuliefern. Zeichnungen und Pläne in der Exvedition des . Deutschen Reiche ˖ Anzeigers.

II. Niederlande. .

13. August. Mittags. Ministerium van Waterftaat, Handel und Nvpverheid im Haag. Lieferung von .

a. Weichen und Zungenstuͤcken (Tarwerth 4520 Fl.), .

b. einer Drebscheibe von 13,5 m Durchmesser (Tarwerth 80M σQ¶ Fl.),

e. beschlagenem Eichenbol; zu Weichen (Tarwerth 8325 Fl.), für die Linie Nieuwedier⸗Amsterdam. Nähere Bedingungen unter Nr. 919, 21 und 920 nach 28. Juli im genannten Ministerium und in Bureaur der Staatsbahn im Haag, auch käuflich bei Buch händ lern Gebroeders van Cleef, Haag, Spui Nr. 28. Anweisung am 6. und 7. Auguft an Ort und Stelle und Auslunft beim Haupt— ingenieur der Staatsbabn zu Amsterdam.

III. Ungarn. ö .

29. Juli, Mittags. Budapest. Direktion der Königlich ungarischen Staatsbahnen. Arbeiten und Lieferungen auf der Babn von Szabadka nach Baja. Näheres bei der genannten Behörde (Budavest, sugärut Nr. 39).

Berlin, 22. Juli 1884.

Frankfurt a. M., 21. Juli, W. T. B.) . Heute Vormittag 9 Uhr begannen im hiesigen Saalbau die Ver handlungen des Hand⸗ werkertages, ju welchen etwa WM Theilnebmer erschienen waren. Schwer vpenhauer (Frankfurt) bezrüßte im Namen des Lokalcomites