1884 / 221 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Sep 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Am 18. d. M. hielt der Bundesrath unter Vorsitz des Staats⸗Ministers von Boetticher eine Plenarsitzung ab. Der Präsident des Großherzoglich hessischen Finanz⸗Ministe⸗ riums, Weber, ist für das Großherzogthum Hessen zum Bevollmächtigten, und der Königlich ; bayerische Ministe⸗ rial⸗ Rath Freiherr von Stengel zum stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrath ernannt worden. Der Großherzogliche Ministerial⸗Präsident Schleiermacher ist aus dem Bundesrath ausgeschieden, der Königlich bayerische Ministe⸗ rial⸗Rath Freiherr von Raesfeldt wird mit Ablauf dieses Monats ausscheiden. Nachdem die durch die Versetzung des bisherigen Protokollführers erforderlich gewordene Neuwahl eines solchen vollzogen worden war, machte der Vor⸗ sitzende Mittheilung von der erfolgten Zustim⸗ mung des Reichstages zu dem internationalen Vertrag zum Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel. Den zu⸗ ständigen Ausschüssen wurden folgende Vorlagen überwiesen, nämlich: der Entwurf einer Verordnung über die Kaution des Rendanten der Patentamts⸗Kasse, eine Vorlage wegen Aenderung der Bestimmungen des Eisenbahn-⸗-Betriebs⸗ reglements über die Beförderung von geldwerthen Papieren und Antiquitäten, der Entwurf von Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetze wegen Abänderung der Maß⸗ und Gewichts ordnung, eine Vorlage wegen Regelung der Angaben über die Maschinenkräfte der Seedampfschiffe in den amtlichen Verzeichnissen, endlich eine Vorlage über das Format der Formulare zu den Registerauszügen über die Beurkundung des Personenstandes. Einem Antrage Württembergs auf Zu⸗ lassung gemischter Privat⸗Transitlager von Getreide in Frie⸗ drichshasen ist die Zustimmung ertheilt worden. Den Anträgen Preußens bezw. Hamburgs wegen Er— neuerung der Anwendung der im 5. 28 des Ge⸗ setzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vorgesehenen Anordnungen auf Berlin und dessen Umgebung bezw. Hamburg und angrenzende Theile der preußischen Provinzen Hannover und Schleswig⸗-Holstein wurde Seitens der Versammlung Folge gegeben. Endlich wurde über die geschäftliche Behandlung von Eingaben Be⸗ schluß gefaßt.

Für den Umtausch der Stamm⸗ und Stamm⸗ Prioritäts-Aktien der verstaatlichten Eisenbahnen in preußische Staatsschuldverschreibungen sind, wie wir nach den Bekanntmachungen der Königlichen Eisenbahn⸗Direktionen hier wiederholen, die aus der unten folgenden Zusammen⸗ stellung ersichtlichen Fristen bewilligt. Insoweit der Um⸗ tausch der Aktien zur Zeit, den Aktionären noch nicht angeboten ist, sind in der Zusammenstellung diejenigen Termine auf— genommen, zu welchen der Beginn des Umtausches nach Maß⸗ gabe der Bestimmungen der Erwerbsverträge spätestens zu erwarten steht. .

Bei den nachstehend nicht mit aufgeführten verstaatlichten Eisenbahnen ist die für den Umtausch bewilligt gewesene Frist bereits abgelaufen.

Der Umtausch der Stamm⸗

Aktien und Stamm-⸗Prioritäts⸗ Aktien soll

vertrag

gonnen mäßig jist gestattet oder spätestenßz bis

beginnt beginnen k

Name der IJ Eisenbahn⸗ hat be⸗

Gesellschaften Bemerkungen

1

Altona⸗Kieler

Bergisch⸗ . Januar auf Maͤrkische 1883 Weiteres Berlin⸗ 2. Oktober auf Anhaltische 1882 Weiteres Berlin ˖ Sam⸗ burger 5. Berlin ⸗Stet⸗ II. auf tiner 1883 P Weiteres Breslau⸗ Schweidnitz⸗ Freiburger ! Cottbus · Gro⸗ 1. Septbr. 1. ßenhainer 1882 Weiteres Cöln⸗Minde⸗ 1. Oktober k ner 1851 Weiteres Magdeburg⸗ Litt. B.: Halberstãdter 1. Oktober 1880, ; itt, auf 1. Juli Weiteres 1881, ine 1. April iss

Oberschlesische 2. Januar

1885. Dels Gnesener 1. Oktober 1884 PVosen⸗Creuz⸗ I. März burger 1884

30. Sept. 1885

28. Febr. Die Liquidation der 1885 Gesellschaft ist gleich⸗ zeitig eingeleitet. Eine Verlängerung der Umtauschfrist ist als ausgeschlossen be⸗ zeichnet.

Rechte ˖ Oder⸗ 1. Juli 1. unt Ufer 1584 18585 Rheinische 15. Novbr. auf

; 18383 Weiteres Thüringische itt. C.: für Litt. C. ĩ 1. Juli 1 1882, bis auf Litt. B. Sr. Weiteres A.: 1. Ok- f. Litt. A.: tober 1882 bis 1. Okt. Litt. A.: 1885 1. Oktober 1884 Tilsit⸗Inster⸗ 1. Juli burger 1884 1885

30. Juni Die Liquidation der Gesellschaft ist gleich zeitig eingeleitet.

Eine Verlängerung der Umtauschfrist ist als ausgeschlossen be⸗ zeichnet. .

Nach einer Mittheilung der französischen Postverwal⸗

tung werden die zwischen Marseille und Egypten bzw. Ostasien verkehrenden oll gr der Messageries Maritimes aus

Anlaß der Choleragefahr in Neapel bis auf Weiteres nicht mehr anlegen. In Folge dessen werden bis auf Weiteres Briefsen dungen aus Deutschland nach Egypten mit den bezeichneten Schiffen nicht mehr zur Absendung gebracht, solche nach Asien aber, soweit sie mit den französischen Post⸗ dampfern Beförderung erhalten sollen, über Marseille geleitet, von wo der Abgang der Schiffe jeden zweiten Sonntag (zu⸗ nächst am 28. September) um 10 Uhr Vorm. ersolgt.

In Bezug auf die Bestimmung des 5. 115 der Reichs⸗ Gewerbeordnung, nach welcher die Gewerbetreibenden (bei Strafe) verpflichtet sind, die Löhne ihrer Arbeiter baar in Reichswährung auszuzahlen und denselben keine Waaren kreditiren dürfen, hat das Reichsgericht, IV. Strafs., durch Urtheil vom 27. Juni d. J. ausgesprochen, daß der Arbeitsgebet nicht nur seinen Arbeitern keine Waaren kreditiren, sondern auch Waaren nicht zur Tilgung der Lohn⸗ forderungen verabfolgen darf, selbst wenn die Arbeiter sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt haben. Ferner hat das Reichsgericht in derselben Strafsache ausgesprochen, daß die im §. 115 der Reichs⸗Gewerbeordnung ausnahmsweise estattete Verabfolgung von Lebensmitteln zu den nschaffungskosten an die Arbeiter in Anrechnung auf ihre Löhne eine unmittelbare Verabfolgung Seitens des Arbeits⸗ gebers selbst als Lieferanten an die Arbeiter voraussetzt; dagegen ist die Verabfolgung von Lebensmitteln durch einen dritten Lieferanten nicht statthaft. .

In denjenigen deutschen Gebietstheilen, in welchen ein gesetzliches Retentionsrecht des Vermiethers an den von dem Miether in die Wohnung eingebrachten Mobilien nicht besteht, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 12. Juni d. J., das vertragsmäßig einge⸗ räumte Retentionsrecht rechtswirksam, und eine vom Miether dagegen begangene Verletzung ist als strafbarer Eigennutz aus 8. 289 des Strafgesetzbuchs zu bestrafen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württembergische Wirkliche Direktor von Schmid ist hier angekommen.

Der General⸗Lieutenant Graf von Wartensleben, beauftragt mit der Führung des III. Armee⸗Corps, ist von der Besichtigung der Truppen des Corps hier wieder ein— getroffen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 18. September. (W. T. B.) Der Kaiser machte heute Vormittag dem König von Griechenland und dessen Familie einen Besuch und empfing kurz darauf den Gegenbesuch des Königs von Griechenland.

Ag ram, 18. September. (W. T. B.) Von den bisher gewählten Landtagsabgeordneten gehören 48 der Re— gierungspartei an; Anhänger von Staresevies sind 20, Un⸗ abhängige 7; 2 Mitglieder gehören keiner Partei an.

Schweiz. Bern, 18. September. (W. T. B.) Heute Mittag wurde der Entwurf der internationalen Kon⸗ vention, betreffend den Schutz des literarischen und künstlerischen Eigenthums und die Gleichstellung der Autoren der Konventionsstaaten mit denen des eigenen Staates unterzeichnet. Morgen soll die Genehmigung des Schlußprotokolls und die Wahl des Vorortes stattfinden.

Großbritannien und Irland. London, 17. Sep⸗ tember. (Allg. Corr.) Sir Stafford Northeote empfing gestern in Edinburg über 80 Deputationen konser⸗ vativer Vereine, welche ihm Willkomm-Adressen uͤber⸗ reichten. Abends hielt er in der Kornbörse vor etwa 4000 konservativen Wählern eine längere Rede. Die Meldung, daß Prinz Georg von Wales an Bord der Korvette „Canada“ nach Nordamerika abgesegelt sei, erweist sich als irrig. Der Prinz hat seine Studien an der Marine⸗Akademie in Greenwich nicht unterbrochen.

19. September. (W. T. B.) Stanlen hielt gestern Abend vor der Londoner Handelskammer einen Vor— trag, in welchem er die Ansprüche Portugals auf des Kongo— gebiet entschieden bestritt und erklärte, daß an den Ufern des Kongo durchaus keine historischen Beweise dafür vorhanden seien, daß Portugiesen jemals irgend welche politische Nieder⸗ lassung dort besessen hätten. Es gebe dort keine Spur von einer Festung oder von sonstigen Gebäuden. Der Werth der vorjährigen Einfuhr in das Kongogebiet habe sich auf 884 000 Pfd. Sterl., derjenige der Ausfuhr auf 1 8656 000 Pfd. Sterl. belaufen. Schließlich theilte der Redner noch mit, daß hervorragende Männer mit dem Entwurf einer Verfassung beschäftigt seien, welche seiner Zeit als die Verfassung für den freien Staat des Kongo veröffentlicht werden solle.

19. September. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Tientsin, wegen der erfolgten Beschießung des englischen Kanonenboots „Zephyr“ durch die Kimpaiforts habe die chinesische Regierung dem englischen Gesandten gestern ihre Entschuldigung aussprechen lassen.

Frankreich. Paris, 17. September. (Köln. Ztg.) Der Marine⸗-Minister hat gestern vom Admiral Courbet eine Depesche erhalten, worin er meldet, daß die Chinesen von den Anhöhen des Flußdurchganges von Kimpai auf das französische Kriegsschiff schossen, welches den Dienst zwischen der Flotte und der Telegraphenstation von Pic⸗aigu versieht; das Schiff sah sich genöthigt, in Entfernung von 5000 m von den chinesischen Kanonen Lauf zu nehmen. Der Admiral Courbet hatte Befehl gegeben, das Feuer zu erwidern, doch niemals es zu eröffnen. Er will, wie er meldet, China die Verantwortlichkeit für die Beschädigungen überlassen, welche für neutrale Schiffe entstehen könnten. Courbet sagt nichts von dem Gefechte bei Kimpai, welches von dem „Reuterschen Bureau“ gemeldet wurde. In dem nächsten Ministerrath, welcher am 23. d. M. stattfindet, wird die Frage betreffs der Zusammenberufung der Kammern endgültig gelöst werden. Da die Tagesordnung der Kammer sehr belastet ist, glaubt man, daß Ferry schon deshalb genöthigt sein wird, seine Zustimmung zur Einberu⸗ fung der Kammern für den 7. Oktober zu geben, wie es nicht allein die Minister der Marine und des Krieges, sondern auch Präsident Grépy verlangen.

Marseille, 18. September. 7 Cholera⸗Todes fälle vorgekommen. wieder heiß geworden.

(B. T. B) Fier sind Das Wetter ist

Italien. Rom, 18. September. (W. T. B.) Gestern kamen in den infizirten Ortschasten im Ganzen 646 Cholera⸗ Erkrankungen und 3657 Cholera⸗Todesfälle vor; hiervon ent⸗ fallen auf die Stadt Neapel 507 Erkrankungen und 283 Todesfälle, auf die Stadt Spezzia 10 Erkrankungen und 10 Todesfälle. In Rom wurde gestern ein choleraverdächtiger Fall konstatirt.

19. September. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Tripolis, daß im ganzen Vilajet vollständige Ruhe herrsche; das Gerücht von einem Aufstande in einer Ortschaft im Innern sei unbegründet.

Neapel, 18. September. (W. T. B.) Von gestern Nachmittag 4 Uhr bis heute Nachmittag 4 Uhr wurden hier 422 Cholera-Erkrankungen und 188 Cholera⸗Todesfälle konstatirt.

19. September. (W. T. B.) Nach dem von der hiesigen Munizipalitat erstatteten Bericht sind vom 17. d. M. Mitternachts bis zum 18. d. Mitternachts 410 Erkrankungen und 230 Todesfälle in Folge der Cholera vorgekommen.

Türkei. Philipopel, 16. September. (Allg. Corr.) Der General-⸗-Gouverneur von Ostrumelien, Kristo— wich, beabsichtigte durch seine jüngste, die Provinzialversamm— lung auflösende Verordnung, auch den permanenten Ausschuß aufzulösen. Nichtsdestoweniger hielt der Ausschuß eine Sitzung und faßte den einstimmigen Beschluß, daß die Auf— lösung des permanenten Ausschusses gegen das organische Statut verstieße, und daß er solglich seine Funktionen ohne Unterbrechung fortsetzen würde.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 18. Sep— tember. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ schreibt: Wir schätzen uns glücklich sagen zu können, daß die von uns in dem Augenblicke, wo sich in Skierniewice das große Ereigniß einer freundschaftlichen Begegnung der drei mächtigen Souveräne vollzog, ausgesprochenen Vorher— sagungen durch die Nachrichten vollkommen bestätigt sind, welche uns aus durchaus sicherer Quelle zugehen. Die persönlichen Gesinnungen der drei erhabenen Monarchen sowohl wie die Anschauungen oder Gesichtspunkte ihrer Minister haben sich als vollkommen übereinstimmende ergeben, insofern als die drei Regierungen von demselben Wunsche, unter einander so— wohl in gutem und herzlichem Einvernehmen, als auch mit den anderen Staaten Europas in freundschaftlichen Beziehungen zu leben, beseelt sind. Politik im eigentlichen Sinne ist nur soweit er— örtert worden, um die bestehende Uebereinstimmung zu kon— statiren, welche bestimmt ist, in dem Rahmen des gegenwärtigen

status quo das Prinzip der Einigung, Versöhnung und Be—

ruhigung demjenigen einer isolirten Aktion zu substituiren, welche zu auseinandergehenden Meinungen oder zu Miß⸗ verständnissen führen könnte. Da alle speziellen Fragen, welche in Europa bestehen oder sich etwa erheben können, von dem Gesichtspunkte einer Uebereinstimmung der drei Kaiser behandelt werden müssen, so wird einerseits die moralische und materielle Macht, über welche die drei großen Reiche disponiren, in die Wagschale geworfen, andererseits aber der Respekt vor dem Recht und das Verlangen nach Frieden, Gefühle, welche gemeinsam von den drei Betheiligten gehegt werden. Man kann den Frieden als vollständig und wirksam garantirt ansehen, nicht allein zwischen den drei Reichen, was ja an sich schon ein Friedenspfand von ungeheurer Tragweite sein würde, sondern auch für das gesammte übrige Europa, weil alle Berechnungen, welche etwa begründet werden könn— ten, sei es auf Meinungsverschiedenheiten oder Rivalitäten der Mächte, sei es auf destruktive Versuche der Feinde der sozialen Ordnung weil alle diese Berechnungen Schiffbruch leiden und zerschellen würden an dem festen und loyalen Einvernehmen, welches begründet ist auf persönlicher Freund— schaft der drei Souveräne und auf Gemeinsamkeit der An— schauungen ihrer Regierungen. Wir sind überzeugt, daß, wenn die öffentliche Meinung aller Länder die eigentliche Tragweite dieses großen Ereignisses begriffen und gewürdigt haben wird, dieselbe das Gefühl einer lebhaften Genug— thuung und Beruhigung empfinden wird, welches einen wohlthätigen Einfluß auf die gesammte politische, ökono⸗ mische und soziale Situation Europa's ausüben dürfte. Das Unbehagen, an welchem Europa leidet, hat seine Haupt— quelle in der Ungewißheit von heute auf morgen; dasselbe kann nur verschwinden durch das Gefühl des Vertrauens auf die Zukunft, und diese Sicherheit wird sich aus der Thatsache ergeben, daß das gegenwärtige friedliche Einvernehmen nicht beruht auf abstrakten Theorien oder zufälligen Gefühlen, son— dern auf der Ueberzeugung einer praktischen Uebereinstim— mung der Interessen, welche zu einer dauerhaften Einigung führen muß.

Moskau, 18. September. (W. T. B.) In den Gou— vernements Saratow und Kasan ist Schnee gefallen und Kälte eingetreten; auch aus dem Gouvernement Orenburg wird Schneesturm und Frost gemeldet. In Folge des voraus— gegangenen beständigen Regenwetters ist viel Getreide uneingeerntet auf den Feldern geblieben.

Skierniewice, 18. September. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin haben sich heute Morgen zur Jagd begeben, von welcher dieselben 8 Uhr Abends zurück— kehrten. Die Großfürstin Maria Pawlowna ist Mittags nach Amsterdam gereist; Großfürst Nikolaus, der Aeltere, und Minister von Giers haben Skierniewice verlassen.

Afrika. Egypten. Kairo, 18 September. (W. T. B.) Der „Moniteur egyptien“ veröffentlicht eine Verfügung des Kabinets, durch welche die Amortisirung der öffent⸗ lichen Schuld suspendirt und gleichzeitig angeordnet wird, dem Finanz⸗Minister denjenigen Betrag zu zahlen, welcher die zur Einlösung der Coupons erforderliche Summe übersteigt. Die Verfügung ist allen Kommissarien der Staats⸗ schuldenkasse notifizirt worden. .

Im ÄUnschluß an diese Meldung theilt „W. T. B.“ sol⸗ gende Telegramme des „Reuterschen Bureaus“ aus Kairo mit: Der Minister der Finanzen hat an die Verwaltung der Staatsschuldenkasse ein Schreiben gerichtet, in welchem er mittheilt, daß Angesichts des für Ende Oktober bevorstehen⸗ den Defizits von 33 000 Pfd. Sterl. und der Unmöglichkeit, Geldmittel zu beschaffen, der Ministerrath beschlossen habe, die öffentlichen Ankäufe zum Zweck der Liquidation der unifizirten Schuld einzustellen, und sich veranlaßt gesehen habe, die Gouverneure der Provinzen zu ersuchen, die Direktoren der Zollämter und die Verwaltungen der Eisen⸗ bahnen anzuweisen, bis zum 25. Oktober für erstere bezw. bis zum 15. Oktober für letztere, alle Beträge, welche die für die Einlösung der nächsten fälligen Coupons erforderlichen Summen übersteigen, an den Finanz⸗Minister abzuführen. Nach den angeführten Terminen sollen die Zahlungen an die Staats—⸗

schuldenkasse wieder aufgenommen werden. Der Minister⸗ Präsident Nubar Pascha machte heute den einzelnen hier anwesenden Kommissarien der Staatsschuldenkasse die Mittheilung, daß der Ministerrath einen Beschluß gefaßt habe, nach welchem die speziell für die öffentliche Schuld be— stimmten Einkünfte nicht mehr an die Staatsschuldenkasse ab⸗ zuführen seien, sondern an das Finanz-Ministerium. Letzteres werde für die Zahlung der nächsten fälligen Coupons der privilegirten und unifizirten Schuld Sorge trage. Nubar Pascha theilte ferner mit, daß den Gouverneuren bereits die erforderlichen Instruktionen zugesandt worden seien, damit dieselben die für die öffentliche Schuld bestimmten Einkünfte und ebenso die Einkünfte aus den Verwaltungen der Eisen— bahnen, der Telegraphen, der Zölle und der Eingangsgebühren zum Hafen von Alexandrien in Empfang nähmen.

Seitungsstimmen.

Die „Staatsbürger⸗Zeitung“ schreibt unter der Ueberschrist „Kaiser Wilhelm als der erste Diener seines Reiches“:

Es ist ja öfter von alten Leuten die Rede, die, wie der land— läufige Ausdruck lautet, noch recht rührig sind'; was ist das aber Alles gegen die Rührigkeit des Heldengreises, auf den ganz Deutsch—⸗ land, ja die ganze cirilisirte Welt mit Bewunderung und Verehrung blickt! Am Sonntag noch in der Reichshauptstadt arbeitend im Kabinet und die Vorträge der ersten Reichswürdenträger entgegennehmend, am Montag über die Grenze hinaus am Hoflager des Kaisers von Rußland in Skierniewice, wo er, der siebenundachtzigjährige Greis, in der strammsten Haltung des alten Feldsoldaten sein Bataillon im Parademarsch bei seinem Kaiserlichen Freunde vorbeiführt. Trotz der ungeheuren Wichtigkeit dieser Drei⸗Kaiser⸗Zusammenkunft darf aber nicht mehr Zeit auf diesen großen Staatsakt verwendet werden, als unumgänglich nothwendig ist. Von der Ostgrenze zurück, über die Reichshauptstadt hinaus bis nahe zur Westgrenze, um den Truppen— manövern beizuwohnen da thut man gewiß nicht zu viel, wenn man den mächtigsten und größten Herrscher seiner Zeit zugleich als den ersten und besten Diener seines Reiches bezeichnet.

Wer aber selber seine volle Thatkraft für das einsetzt, was er als seine Lebensaufgabe erfaßt hat, der weiß auch die Dienste derer zu schätzen, die ihm in Liebe und Treue zur Seite stehen. Denn darüber herrscht kein Zweifel, daß Kaiser Wilhelm einer der gütigsten Herren gegen seine Untergebenen ist. Von dem einfachsten Diener bis zum höchsten Staatsbeamten hinauf, jeder weiß sich unter der väter— lichen Fürsorge seines hohen Herrn. Am deutschen Kaiserhofe giebt es keine scheue Furcht, keinen Beamten, der sich dem Antlitz seines Kaisers zu entziehen sucht, sondern nur offenes Vertrauen und freudige Zuversicht. .

Man ist früher vielfach und auch nicht mit Unrecht der Ansicht gewesen, daß der Deutsche Kaiser seine Hauptthätigkeit der Armee zugewendet habe. Nun, der König von Preußen wußte, daß er einer starken und wohlorganisirten Armee bedurfte, um dem Deutschen Reiche die achtunggebietende Stellung zu geben, die es im Rathe der Völker schon längst hätte einnehmen müssen; er fühlte die hohe Verantwortung, die auf seinen Schultern ruhte, und so wirkten Neigung und Pflichtgefühl zusammen, um eine rastlose Thätigkeit auf diesem Gebiet erklärlich erscheinen zu lassen. Ist aber der Deutsche Kaiser darum weniger der Vater seines ganzen Volkes? Es giebt kein größeres wohlthätiges Institut, dem der Kaiser nicht seine volle Aufmerksamkeit zugewendet hätte, kein größeres Kunstinstitut, dem er nicht seine Achtung gezollt. Der Kaiser Wilhelm hat Zeit für Alles, was er für die Wohlfahrt des Volkes für ersprießlich hält, und daß er auch das richtige Verständniß dafür hat, davon giebt der Kaiserliche Erlaß in Betreff der Wirtbschafts— reform das beste Zeugniß.

Wir wollen hier keine Vergleiche anstellen zwischen regierenden Häuptern, aber wir können es uns nicht versagen, einem Artikel Raum zu geben, der als eine Beurtheilung des Deutschen Kaisers in einem republikanischen Blatte nicht ohne Bedeutung ist. Die „Neue Züricher Zeitung“ schreibt:

In schönem Lichte zeigt uns den Kaiser Wilhelm der Erlaß an den Fürsten Bismarck, den uns heute der Telegraph skizzirt hat.

Es ist ihm eine Beruhigung, daß er dem Manne, den er als ein besonderes Geschenk der Vorsehung betrachtet, nach allen Seiten hin gerecht werden und jede Auszeichnung ertheilen kann. Es ist schon oft auf dieses schöne und den Fürsten wie den Minister ehrende Verhältniß hingewiesen worden. Mag man die geistige Ueberlegenheit des preußischen Staatsmannes noch so hoch stellen, man ist sicher, in seiner Schätzung immer noch von dem Monarchen desselben übertroffen zu werden. In dem braven Herzen des alten Soldaten scheint für den Neid gegen fremde Größe kein Platz zu sein Schöner aber als äußere Ehren, mit denen auch Lud— wig XIV. nie kargte, ist das Vertrauen, von welchem der Monarch, wie es scheint, keinen Augenblick abging, und welches sich in dem be—⸗ kannten Niemals“, das er an den Rand von Bismarcks Abschieds— gesuch schrieb, am Schärfsten ausprägte.

Dem Charakter des Königs. und Kaisers Wilhelm werden spätere Geschichtschreiber persönliche Sympathien nicht versagen. Eine würdige Gestalt stebt am Eingang des neuen Reiches. Der preußische Fürst hat den Segen des Alters erfahren, Läuterung und Weisheit.“

Wir können dem nichts weiter hinzufügen als den Wunsch, daß Gott dem Deutschen Reiche seinen greisen Heldenkaiser noch lange in vollster Thatkraft und „Rührigkeit“ erhalten möge zum Heil und Segen des Vaterlandes.

Ueber die Vorlage der Reichsregierung, betreffend die Unterstützung von Postdampserlinien, äußert sich die „Australische Zeitung“ vom 2. Juli folgendermaßen:

Die Unterstützung von Postdampferlinien Seitens der deutschen Reich oregierung zur Verbindung mit Australien in Höhe von 4 Millionen Mark ist, wie ein Telegramm meldet, vom Reichstage nicht angenommen. Wir fühlen diesen harten Schlag, welchen der Reichstag damit den deutschen Interessen geschlagen hat, um so leb— hafter, weil, wir die nicht hoch genug zu schätzenden, heilsamen Er— folge für die Industrien der alten, lieben Heimath aus eigener Anschauung in Äustralien kennen und durch bekannte Thatsachen fest überzeugt sind, daß nichts zur Erwerbung eines guten und ausge— dehnten Marktes für die Waaren Deutschlands, und zwar mit posi— tiver Sicherheit geeigneter erscheint, als solch eine Unterstützung. Es ist in der That schmerzlich, wiederum zu sehen, daß es dem Reicht tage an der nöthigen Einsicht zur Billigung solcher Maßregeln fehlt, wie die vorliegenden, und daß derselbe damit die einzige richtige Maßregel verzögert, welche zum erwünschten Ziele führen kann, wle sie im richtigsten Verständnisse von der Regierung vorgeschlagen wurde. Wie es heißt, ist die Regierung entschlossen, den jetzt abge⸗ wiesenen Antrag in nächster Session wieder aufzunehmen. Wir wollen hoffen, daß die Erkenntniß in der Zwischenzeit im Reichstage sich erweitert haben möge, und das beste dahin zielende Mittel ware, wenn eine Anzahl hervorragender Reichstagsmitglieder in den Par lamentsferien eine Reife nach Auftralien machte, wie es Seitens Englands und anderer Staaten zahlreich geschieht, um mit eigenen Au gen zu sehen und zu prüfen; sie würden mit gründlich erweiterten Ansichten zurückkehren.“

In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:

Die reiche Ernte in Rußland nebst den aufgestapelten Getreide⸗ pvorräthen macht, daß die Getreide⸗Exportbestrebungen dort an Inten⸗ sität zunehmen. Unterstützt werden dieselben durch die äußerst billige Verfrachtung auf den Schienenwegen und Wasserstraßen; in Folge dessen ist der Zuzug nach den verschiedenen Seeplaͤtzen ein fehr

bedeutender und wird ron denselben aus nord. und südrussischer Weijen zu sehr billigen Preisen aus geboten. Diese Umstände be⸗ wirken, daß der Import russischer Provenicnzen, wie dem „Pester Lloyd! von wohlinformirter Seite gemeldet wird, nach Südwest⸗ deutschland der Schweiz via Genua, das an Bedeutung immer mehr zunimmt, Marseille, Antwerpen und Rotterdam sehr bedeutend ge⸗ worden ist und diese Waare derzeit die ganze Schweiz bis zu deren Dstgrenzen beherrscht und trotz des Importzolles selbst, nach dem Vorarlberg eingeführt worden ist. Wie stimmt das mit der frei⸗ händlerischen Lehre von der unbedingt vertheuernden Wirkung des Getreidezolles auf die Waare?

Statistische Nachrichten.

Nach dem von dem Direktor Boeckh herausgegebenen Werke:

»Die Bewegung der Bevölkerung der Stadt Berlin 1869 bis 1878. schwankte in den Jahren 1816 bis 1880 die Hei— rathsziffer (d. h. das Verhältniß der Heirathenden zu der mitt leren Bevölkerung) in Berlin von 31,30 pro Mille in 1816 und 30,63 pro Mille in 1875 als Maximum bis 15.28 in 1831 und 15,69 in 1848. Auch bei einem Vergleich der Heirathenden mit allen in dem betreffenden Jahre Verheiratheten fällt das Maximum mit 90,15 pro Mille in das Jahr 1875, das Minimum dagegen mit 56,23 bezw. 56,ꝛ3 in die Juhre 1879 und 1880 (1831 57,11). Vergleicht man die Zahl der heirathen⸗ den. Männer bezw. Frauen mit der Zahl der heiraths⸗ fähigen Unverheiratheten, so war seit 1835 bei den Männern das Maximum mit 80,24 pro Mille im Jahre 1875, bei den Frauen mit 82,13 pro Mille in demselben Jahre, das Minimum im Jahre 1848 bei beiden Geschlechtern mit 335,44 bei den Männern und Ig, 41 pro Mille bei den Frauen. In einzelnen Stadttheilen steigt diese Ziffer bedeutend höher, so in den Jahren 1875 und 1876 bei einem Durchschnitt von 72,77 bei den Männern auf 112,559 in der Rosen— thaler Vorstadt und auf 128,4 bei den Frauen in der Luisenstadt jenseits. Im Jahre 1878 ist bei denjenigen Ehen, die von schon ver— beirathet Gewesenen, geschlossen wurden, ermittelt worden, die wievielte Ehe eingegangen worden ist; es hat sich dabei zergeben, daß unter den wiederheirathenden Wittwen 763 eine weite, 29 eine dritte, während von den Wittwern 1921 die zweite, 39 die dritte, L die vierte Ehe schlossen; im Jahre 1880 wurde die fünfte Eheschließung eines Wittwers verzeichnet. Nach den in den Jahren 1875 und 1876 angestellten Ermittelungen heiratheten am meisten die Katholiken (32, pro Mille des männlichen und 34,1 pro Mille des weiblichen Geschlechts), dann die Evangelischen (27,9 und 28.0 pro Mille), demnächst die Juden (14,2 und 16,1 pro Mill, und. Dissidenten (15,9 und 122 pro Mille). Unter den in den Jahren 1875 1889 eheschließenden Männern waren im Maximum (1879) 224,7 pro Mille Berliner, unter den Frauen (1880 269,1 pro Mille.

Die Sterblichkeit in Berlin betrug im Jahre 1816

30,55 pro Mille, 1880 31,25 pro Mille; sie erreichte den höchsten Stand mit 41,62 im Jahre 1866 in Folge der Pocken⸗ und Cholera—2 epidemie, sowie im Jahre 1871 mit 40,56 ebenfalls durch die unter den französischen Kriegsgefangenen verbreiteten Pocken, denn in den beiden Cholerajahren 1831ñ und 1837 (38,72 bezw. 39, 3). Die geringste Sterblichkeit weisen die Jahre 1845 mit 24,54, 1851 mit 24,0 und 1860 mit 24334 auf. In Jahrfünften ergiebt sich von 1816 bis 1880 die Sterblichkeit fuͤr das männliche Geschlecht mit 31,51, 30,28, 30, 88, 34,16, 31,84, 27,01, 28,50, 28,05, 28,93, 31, 14, 36,81, 3644s, 33579; für das weibliche mit 28,57, 2802, 253, e, , ö,, 2665, 29 86, 315,0, 32339, 28,19; für beide Geschlechter zusammen 30,19, 29.18, 2, n, sog, dnnn, Meihßs, 27 92, 3003, 33,576, 34, 35, 30,93. In den letzten 13 Jahrfünften war die Sterblichkeit des männlichen Geschlechts gegenüber dem weib⸗ lichen um 10,34, 8,4, 7.51, 8,67, 8, iz, 7,60, 2, 10, 5,75, 5,43, 791, 12,97, 12,63 und 19,87 Prozent der Sterblichkeit des letzteren höher. Die Sterblichkeit in den einzelnen Stadtbezirken steht, soweit die angestellten Ermittelungen reichen, zu der Wohlhabenheit im um- gekehrten Verhältniß. Nach den in den Jahren 1876 bis 1880 gewonnenen Resultaten stellte sich die Sterblichkeit im ersten Stockwerk, wo sie 25,7 pro Mille oder 120,9 unter dem Gesammtdurchschnitt blieb, dann im zweiten Stockwerk mit 28,8 pro Mille (2 09); im Erdgeschoß erreichte die Sterblichkeit schon 304 pro Mille (4 0.ο« über den Durchschnitt); die Kellerwohnungen stehen in neuerer Zeit etwas besser, am arößten ist die Sterblichkeit in den höheren Stockwerken, 31,5 bezw. 31,6 pro Mille (6 bezw. T C über dem Durchschnitt). In den Vorderhäusern herrscht ein viel günstigeres Sterblichkeitsverhältniß, als in den Hinterhäusern. Auffallend ist die große Sommersterblichkeit in Berlin; sie erreichte im Durchschnitt der Jahre 18669—78 ihr Maximum im August mit 136,51, sank im September schon auf 119,96 und fiel dann bis zum November auf 82,68; im Dezember stieg sie auf 88,5, dann weiter bis zum Juni auf 92, 2B und im Juli schnell auf 123,75 pro Mille. Das Verhältniß der Todtgeborenen zur Bevölkerung schwankte in den Jahren 1816 bis 1880 nur zwischen 1,18 und 2,50 pro Mille. Desto auffallender ist der Gang der Relativzahlen in der Sterblich— keit der lebend geborenen Kinder im ersten Lebensjahre. Hier zeigt sich in den ersten sieben Jahrfünften eine stetige, wenn auch nur ge— ringe Besserung: bei den Knaben 8,42, 8,31, 7,96, 7,89, 7,87, T.53, 7II pro Mille der mittleren männlichen Berölkerung, bei den Mädchen 7, 16, 7, 39, 7,18, 7, 16, 6, 84, 6,64, 6,57 pro Mille der Be— völkerung des weiblichen Geschlechts; dann aber (1851 —1875) tritt eine immer rapider werdende Verschlechterung ein: 7,72, 8, 89, 10,80, 12,80, 14,65 bezw. 6,79, 7, 85, 9, 55, 10,94, 12,43; erst im Jahrfünft 1876—1880 sinken die Zahl wieder etwas, auf 14,15 bezw. 11.31. Demgegenüber zeigt die Sterblichkeit der über 1 Jahr alten Kinder sogar eine kleine Besserung, bei den Knaben von 21,20 pro Mille in 1816— 1820, auf 17,67 in 1876 —1880; bei den Mädchen von 19,8õ auf 15,42. Die einzelnen Stadttheile zeigen in der Kindersterblichkeit die größten Verschieden⸗ heiten; während in 1874 —78 in der Friedrichstadt von Kindern im Alter bis zu 5 Jahren nur 9,50 pro Mille der Bevölkerung starben, erreichte dieser Satz in der jenseitigen Louisenstadt 7,68 und auf dem Wedding 28,88.

In der 43jährigen Periode 1838 bis 1880 betrugen die Schwan kungen bei den ermittelten Zuzügen von 54 pro Mille der mitt—⸗ leren Bevölkerung im Jahre 1849 bis 140 pro Mille in 1875; bei den Abgezogenen von 42 pro Mille in 1860 bis 124 pro Mille in 1873; das Mehr des Zuzugs war 16,9 pro Mille in 1852 bis 66,5 pro Mille in 1871.

Der Zuwachs der Bevölkerung durch Zuzug und Geburt schwankte in dem Zeitraum von 1838 bis 1880 von 6,94 pro Mille der Bevölkerung in 1852 bis 64,48 pro Mille in 1871.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 7. September bis inkl. 13. September er. zur Anmeldung gekommen: 158 Eheschließungen, 860 Lebendgeborene, 27 Todtgeborene, 645 Sterbefälle.

Kunst, Wifsenschaft und Literatur.

Im Verlage von Th. Chr. Fr. Enslin (Richard Schoetz) Berlin, erschien soeben eine neue Ausgabe der praktischeu kleinen Anweisungen, wie bei Körperverletzung zunächst Hülfe gebracht werden muß. Es ist die Anweisung für Nichtärzte zur Behandlung Ver— unglückter bis zur Ankunft des Arztes. Im antlichen Auftrage bearbeitet von Dr. Pistor, Regierungs- und Medizinal⸗Rath. Die Anweisung, auf starkem Papier gedruckt und mit instruktiven Illu— strationen versehen, bietet für jeden Laien eine willkommene Beleh— rung und dürfte sich deren Anschaffung für jeden . empfehlen. Zur rascheren Orientirung und augenblicklichen Auffindung des ge— suchten Falles sind die betreffenden Ueberschriften roth gedruckt und heben sich auffällig von dem übrigen Druck ab. Zur bequemeren

Handhabung hat die Verlagshandlung den Bogen geknifft in einem geschmackvoll ausgestatteten Ledertäschchen gegeben, so daß derselbe in der Tasche getragen werden kann, um ihn in allen Fällen gleich zur Hand zu haben.

—— demselben Verlage erschien soeben die dritte Auflage der schon früher an dieser Stelle besprochenen Broschüre: Die Trunksucht und ihre Bekämpfung durch die Vereinsthätigkeit“, von Dr. A. Baer, Sanitäts⸗Rath, Oberarzt am Strafgefängniß Plötzensee. Es ist dies ein unveränderter Abdruck eines auf der konstituirenden Versammlung des Berliner Zweigvereins gegen

den Mißbrauch geistiger Getränke am 27. November 1883 im Bürger⸗

aale des Rathhauses gehaltenen Vortrages, welcher dem Druck über⸗

geben wurde und nun bereits in der dritten Auflage erscheint. Diefer große Absatz in so kurzer Zeit legt Zeugniß ab von der Verbreitung, welche die sachlich und eingehend gehaltene Schrift in weiteren Kreisen

gefunden hat. Der Preis des gehefteten Bändchens beträgt 1

Forst wesen, Waldkultur und Landwirthschaft in Preußen nebst den zugehörigen kom mentirten Gefetzen von F. M. Sch ul zen, Königl. Kreis⸗Sekretär. Vierte, vermehrte und verbesserte Auflage. Trier, Verlag der Fr. Lintzschen Buchhandlung. 1884 Preis 1 S 50 5. Die vorstehende Schrift enthält Äb⸗ handlungen über Forstwesen, Waldkultur und Landwirthschaft nebst einer Uebersicht über die mit dem Ackerbau und der Viebzucht mehr oder weniger in Beziehung stehenden Gesetze und die bisherigen und das neue Feldfrevel⸗Gesetz. Daran schließt sich die wortgetreue Mit⸗ theilung des Gesetzes, betreffend den Forstdiebstahl, vom 15. April 1878, des Feld. und Forstpolizei⸗Gesetzes vom 1. April 1889 und des Gesetzes über die gemeinschaftlichen Holzungen vom 14. März 1851. Den Schluß bildet ein genaues alphabetisches Sachregister. Da die Abhandlungen über das Wissenswertheste auf den erwähnten Gebieten gut orientiren, und auch die angeführten Gesetze mit zweckmäßigen Anmerkungen versehen sind, so kann die Schrift, welche bereits in ihren früheren Auflagen von der Presse günstig beurtheilt und von mehreren Königlichen Regierungen und Landdrosteien empfohlen wor⸗ den, in ihrer neuesten vermehrten und verbesserten Auflage mit noch größerem Rechte den betreffenden Beamtenkreisen und den Wald und Gutsbesitzern empfohlen werden.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Verlagshandlung der Deutschen Landwirthschaft-

lichen Presse (Paul Parey in Berlin) hat gelegentlich des zehn⸗ jährigen Bestehens dieses Journals eine Preiskonkurrenz in Höhe von 1000 M ausgeschrieben für die beste Anleitung zum Getreidebau auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Das Preisrichteramt wird geübt von den Herren: Dr. S. Thiel, Geh. Ober ⸗Regierungs⸗Rath und vortragender Rath im Königl. Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, H. v. Nathusius, Königl. Landrath a. D., Althaldensleben; Br. Th. Kraus, Redacteur der „Deutsch. Landw. Pressen. Das Werk muß, auf eigener wissenschaftlicher Forschung und praktischer Beobachtung basirt, das Thema in klarer Weise systematisch behandeln und dabei in so populärem Tone geschrieben sein, daß es auch dem nicht wissen—⸗ schaftlich gebildeten Landwirth verständlich ist, und soll der Umfang einem Bande der Thaerbibliothek entsprechen, also die Zahl von zwölf Druckbogen in klein Oktav nicht wesentlich überschreiken. Die Preisschriften müssen leserlich geschrieben mit einem Motto versehen und von einem, dasselbe Motto als Aufschrift enthaltenden verstegelten Coupert begleitet sein, in welchem letzteren die genaue Adresse des Verfassers angegeben ist. Schlußtermin für die Ein⸗ lieferung der Konkurrenzschriften ist der 1. Oktober 1885 und müssen die Schriften bis dahin an die Redaktion der ‚„Deutschen Landwirth⸗ schaftlichen Presse', Berlin 8W., Wilhelmstraße 32, eingeschrieben“ und portofrei eingesandt werden. Das preisrichterliche Urtheil wird mit Namensnennung des Verfassers der prämiirten Arbeit in der ersten März Nummer 1886 der „Deutschen Landwirthschaftlichen Presse“, zugleich mit der Aufforderung zur Zurücknahme der nicht prämiirten Schriften, veröffentlicht. Die preisgekrönte Schrift geht als ein Band der „Thaer ⸗Bibliothek' in den Verlag der landwirth⸗ schaftlichen Verlagsbuchhandlung von Paul Parey in Berlin mit der Maßgabe über, daß der Verfasser außer der Prämie von Tausend Mark noch ein Schriftsteller⸗KHonorar erhält von Fünfhundert Mark für jede Auflage der Schrift. Die Publizirung durch den Druck er⸗ folgt alsbald nach stattgehabter Prämiirung. Die Verfasser der nicht prämiirten Schriften sind verpflichtet, ihre Arbeit nicht vor einem Jahre nach Rückempfang des Manuskriptes anderweitig im Druck er⸗ scheinen zu lassen.

Gewerbe und Handel.

Breslau, 19. September. (W. T. B.) Nach dem Berichte der ‚„Schles. Ztg.“ ist im Roheisengeschäft die Produktion über⸗ wiegend. Der Gesammt⸗Roheisenverbrauch beträgt 7200 7400 t, während sich die Produktion auf 7900 t stellt. Die Preise sind auf 5,20 bis 5,30 zurückgegangen, lassen aber doch den Produzenten noch einen leidlichen Nutzen. Die polnischen Zweigwerke sind noch mit Roh⸗ eisen versehen. Die Walzwerke und die Gußwaarenindustrie sind sehr gut beschäftigt in Stabeisen, Handelsblechen, Radreifenei sen, Schlosser⸗ eisen, Röhrenguß und schweren Gußttücken für Hätten. Die Walz⸗ eisenpreise sind unverändert. Die steigende Zinkproduktion drückt die Preise. Die Verladungen sind ziemlich belangreich. Die Walzzink⸗ fabrikation ist in stetiger Thätigkeit.

Nürnberg, 16. September. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Gestern sind am Markte etwa 1200 Ballen umgesetzt worden, wobei Preise wenig Veränderung zeigten. Heute gelangten ea. 2400 Ballen unserer Landwaare an den Markt und auch mehrere Hundert Säcke Bahnabladungen. Am Einkauf betheiligten sich viele Exporteure und Kundschaftshändler, so daß bis Mittag der größte Theil verkauft werden konnte. Unter obigen Abladungen befanden sich viele Partien, welche sehr feucht waren und dadurch nur unter Notiz angebracht werden konnten. Der Umsatz steigerte sich auf 3000 Ballen. Die bezahlten Preise waren: Württemberger prima 115—125 ½ , mittel 106 10 Mƽ; Badische prima 120 416, mittel 105— 110 4; Hallertauer prima 120 - 125 ½½), mittel 195 112 n; Aischgründer prima 100 - 105 S6, mittel 85 88 6; Markthopfen prima 85— 88 „M, mittel 75 78 S, geringe 68 - 70 S ; Gebirgs⸗ hopfen 95 105 A.

London, 18. September. (W. T. B.) Der Schluß der diesmaligen Wollauktion war fest, Kapwollen blieben in Parität mit den Schlußnotirungen der Juniauktion, australische Wollen viel- fach höher.

Bradford, 18. September. (W. T. B.) Wolle stramm und belebt, Garne fest, mäßiger Bedarf, für Stoffe besserer Begehr.

Verkehrs⸗Anftalten.

Bremen, 18. September. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Fulda“ ist heute früh 11 Uhr in Southampton eingetroffen.

Triest, 18. September. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Danae r ist heute Mittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Italien. ; ; Die italienische Regierung hat am 12. September auch die Auf⸗ hebung der Quarantänen an den französischen Grenzstationen verfügt. Das Verbot der Einfuhr von Lumpen, alten, nicht gewaschenen Kleidern, gebrauchter Bettwäsche, von Sahlbändern und Charpie aus Frankreich bleibt vorläufig bestehen. Oesterreich⸗ Ungarn. Die Seebehörde zu Fiume hat auf Anordnung des Königlich ungarischen Handels Ministeriums vom 10. September Folgendes bestimmt: