1884 / 229 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 29 Sep 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Desterr eich Un garn. Pest. 27. September. ( Prag. Ztg.] Das Abgeordnetenhaus hielt unter dem Vorsitz des Nach Ver⸗ nächste Sitzung

Die extreme Linke gab, wie alljährlich, die Erklärung ab, daß sie an der feierlichen Eröffnung des Reichstages nicht theilnehmen werde. Der Minister⸗Präsident Tisza erwiderte dieselbe mit dem Hinweis auf den seit dem Jahre 1867 ununterbrochen be—

Alters Praͤsidenten ; lesung des Eröffnungsceremoniels wurde die auf Montag 1 Uhr Nachmittags anberaumt.

Boer die erste Sitzung ab.

stehenden Gebrauch.

29. September. (W. T. B.) In der Thronrede, mit welcher der ungarische Reichstag heute Mittag von dem Kaiser eröffnet wurde, heißt es in Bezug auf das Verhältniß Oester⸗ reich Ungarns zu den auswärtigen Mächten: Unsere Be— ziehungen zu Deutschland sind die möglichst innigsten, und stehen wir auch mit den übrigen Staaten im besten Freund⸗ schaftsverhältnisse, was mit Sicherheit erwarten läßt, daß Sie unbeirrt durch äußere Verwickelungen Ihre Thätigkeit dem Wohle unseres getreuen Ungarns werden weihen können!

Belgien. Brüssel, 27. September. (W. T. B.) Der Kongreß des internationalen literarischen und artistischen Vereins ist heute vom Minister Bernaert eröffnet worden. In der Eröffnungsrede erklärte der Minister, daß den belgischen Kammern in deren nächster Session ein sehr freisinnige Bestimmungen enthaltender Gesetzentwurf über das Urheberrecht und das literarische Eigenthum vor— gelegt werden solle. .

28. September. (W. T. B.) Heute fand hierselbst eine GeneralLversammlung des liberalen Vereins statt, um die Mittel des Widerstandes gegen das Schul—⸗ gesetz zu berathen. Der liberale Deputirte Janson ermahnte die liberale Partei Angesichts der nahe bevorstehenden Kom— munalwahlen zur Einigkeit. Goblet machte Vorschläge zur Organisatien des Widerstandes gegen das Schulgesetz, die großen Besitzthümer der religiösen Korporationen müßten für den Unterricht verwendet werden, das Loosungswort der Libe⸗ ralen sei „Trennung der Kirche vom Staat!“ Die Versammlung wurde um 3 Uhr geschlossen. Sodann fand im Börsensaale eine Kundgebung zu Ehren des Bürgermeisters Buls statt, wobei mehrere Redner denselben beglückwünschten, weil er die Intervention des Militärs verhindert habe. Es wurde dem Bürgermeister eine Ehrenschärpe und eine Büste überreicht. Dieser dankte für diese Zeichen der Sympathie, welche nicht seiner Person, sondern dem Repräsentanten der kommunalen Selbständigkeit und der Freiheit des Unterrichts gälten. Der Direktor des Journals „Le National, Marchi, ist heute Vormittag ausgewiesen worden.

Antwerpen, 28. September. (W. T. B.) An einem zu Ehren des Chefredacteurs des „Handelsblab“ stattgehabten Bankete nahm auch der Minister des Innern Theil, derselbe äußerte in einer dabei gehaltenen Rede u. A. Fol⸗ gendes: Die Revision des Schulgesetzes bildete einen Theil unseres Wahlprogrammes, die Revision ist nicht ohne den heftigsten Widerstand unserer Gegner erfolgt; dieselben werden aber nicht wagen können, zu behaupten, daß wir ihr Recht und ihre Freiheit verletzt hätten. Sie haben in den Gemeinden, wo sie Herren sind, den Unterricht nach ihrem Belieben eingerichtet und werden nun nicht mehr in den Gemeinden herrschen, wo wir die Majorität haben. Wir werden unsere Gewalt nicht mißbrauchen; wir werden bei Verwirklichung unserer Absichten auf die Freiheit rekurriren; das Schulgesetz ist der erste Beweis dafür. Die Kammern werden sich mit einem Gesetzentwurf zu beschäftigen haben, der uns gestattet, das Provinzial⸗ und Kommunalgesetz in wahrhaft freisinniger Weise zu revidiren. Es wird unseren Gegnern nicht gelingen, eine Aenderung der öffentlichen Meinung herbeizuführen, obschon bei den Kommunalwahlen die lokalen Interessen eine große Rolle spielen. Ich bin überzeugt, daß der mächtige Wind, der bei den Kammer- und Senatswahlen am 16. Juni . am 8. Juli d. J. wehte, auch ferner unsere Segel füllen wird.“

Großbritannien und Irland. London, 26. Sep⸗ temher. (Allg. Corr) Der Premier-Minister Gladstone verließ nebst Gemahlin und Tochter heute Morgen Dalmeny⸗ Park, um die Rückreise nach Schloß Hawarden anzutreten, wo er heute Abend eintrifft. Derfelbe beabsichtigt bis kurz vor Eröffnung der Parlamentssession daselbst zu bleiben.

Einer Meldung aus Calcutta zufolge beabsichtigt der Herzog von Connaught in Kurzem Kaschmir und den Khyber⸗Paß zu besuchen.

, 29. September. (W. T. B.) Die „Times“ ver⸗ öffentlicht eine Reihe von Briefen ihres Korrespondenten aus Khartum, welche bis zum 31. Juli c. reichen. Dieselben bestätigen die jüngsten Erfolge des Generals Sordon über die Rebellen und die Aufhebung der Belagerung Khartums. Der Verlust der Garnison seit dem 17. März d. J. bestand in 700 Todten, außerdem ist Oberst Stewart verwundet worden. Ferner meldet die „Times“ aus Hongkong von gestern, die Franzosen hätten 2 im Kanal von Formosa eingetroffene englische Handelsdampfer ange⸗ halten und durchsucht.

Frankreich. Paris, 27. September. (W. T. B.) In dem heute Vormittag stattgehabten Ministerrath theilte der Minister⸗Präsident Ferry die letzten Depeschen des Admirals Courbet mit, in welchen dieser anzeigt, daß die Vorbereitungen beendet seien, und daß eine weitere Aktion unmittelbar bevorstehe. Der Minister-Präsikent machte ferner von den die egyptische Frage betreffenden Schriftstücken Mittheilung, namentlich von dem Texte der identischen Note, in welcher das Schreiben Nubar Paschas und der Beschluß, betreffend die Auf⸗ hebung der Amortisirung der Staatsschuld, für null und nichtig erklärt werden. Der Ministerrath beschloß, daran festzuhalten, die Kammern zum 14. Oktober ein⸗ zuberufen. Was das Budget pro 1885 angeht, so glaubt man, daß zwischen der Regierung und der Kommission ein Einverftändniß behufs Ersparniß von 50 Millionen Francs erzielt werden wird. Ein Telegramm der „Agence Havas“ aus Hanoi meldet: Die Unternehmungen am Phuny unter dem Befehle des Oberst Berger und diesenigen am Myluong unter dem Befehle des Oberst Maussion find vollständig ge⸗ glückt. Die Franzosen sind ganz und gar Herren des Fluß⸗ laufes des Day. Das Journal „Paris“ schreibt, Admiral Courbet werde mit seinen Streitkräften nach Kelung abgehen, die chinesische Besatzung vertreiben, die Kelung umgebenden Höhen befestigen und ein Okkupationscorps daselbst zurück⸗ lassen. Der Marine⸗Minister Peyron erwarte die Meldung von Ausführung dieser Operation schon im Laufe der kommenden Woche. Frankreich fei dann im Besitz eines

Entschädigung übersteige, und werde die Ausführung des Vertrags von Tientsin ruhig abwarten können. Der Gesundheitszustand von Paris wird in dem heute ver⸗ öffentlichten bezüglichen Wochenberichte als ein vorzüglicher bezeichnet, es sind im Laufe der Woche nur 922 Todesfalle vorgekommen, darunter befinden sich 42 in Folge von Typhus und nur einer in Folge sporadischer Cholera.

28. September. (W. T. B.) Im Departement Ostpyrenäen sind vorgestern 13 Eholera⸗-Todes fälle, gestern 1 Cholera-Todesfall vorgekommen. In Oran sind sechs choleraverdächtige Erkrankungen vorgekommen. Der von Cochinchina dorthin gekommene Dampfer „Abd⸗el⸗Kader“, auf welchem zwei Todesfälle vorgekommen sind, ist in Bona einer Quarantäne unterzogen worben. Wie der „Agence Havas“ gus Kairo gemeldet wird, hätte Italien der egyptischen Regierung den Abschluß eines Handelsvertrages vor⸗ geschlagen.

Spanien. Madrid, 27. September. (W. T. B) In den von der Cholera infizirten Ortschaften sind gestern im Ganzen 9 Cholera⸗-Todesfälle vorgekommen.

Italien. Rom, 28. September. (W. T. B.) Der König wohnte gestern den Manövern der Kavallerie und der reitenden Artillerie bei Pordenone bei. Von der zahlreich versammelten Bevölkerung wurde der König mit enthusiastischen Zurufen begrüßt.

Dem Cholera⸗Bericht vom 27. d. M. zufolge kamen vor: In Alessandria 4 Erkrankungen und eben so viel Todesfälle, in Bergamo 16 Erkrankungen und 10 Todesfälle, in Brescia 4 Eikrankungen und 3 Todesfälle, in Cremona s Erkrankungen und eben so viel Todesfälle, in Cuneo 19 Erkrankungen und 9 Todesfälle, in Ferrara 4 Erkrankungen und eben so viel Todesfälle, in Genua 79 Erkrankungen und 51 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 39 Er— krankungen und 27 Todesfälle und in der Stadt Spezzia 11 Erkrankungen und 6 Todessälle, in Mantua 2 Erkrankungen und eben so viel Todesfälle, in Massa e Carrara 3 Erkrankungen und ebenso viel Todesfälle, in Mailand 2 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Modena 2 Er—⸗ krankungen, in Neapel 240 Erkrankungen und 115 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 166 Erkrankungen und 74 Todes— fälle, in Caserta 7 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Parma 7 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in Pavia 3 Erkrankungen und 2 Todesfälle, in Rom 1 Erkrankung, in Rovigo 1 Er⸗ krankung und 2 Todessälle, in Salerno 3 Erkrankungen, in Sondrio 1 Erkrankung und 1 Todesfall, in Turin“ 6 Er— krankungen und 5 Todesfälle und in der Stadt Venedig 2 Er⸗ krankungen und 2 Todesfälle.

29. September. (W. T. B) Der Generalvikar für die Diözese Rom, Kardinal Parrochi, erschien gestern Abend im Lazareth Santa Sabina, um die Kranken zu besuchen. Der Lazareth-Direktor gestattete ihm, seiner Weisung gemäß, den Eintritt nicht, obwohl der Kardinal demselben mittheilte, daß er in das Militärhospital eingelassen worden sei. Neapel 28. September. (W. T. B.) In der Zeit vom 27. d. M., Nachmittags 4 Uhr, bis zum 28. d. M., Nachmittags 4 Uhr, kamen hier 123 C hol era⸗Erkrankungen und 64 Cholera⸗Todesfälle vor. Heute wurden alle Wirths⸗ häuser militärisch besetzt, um Ausschreitungen, wie sie ge— wöhnlich Sonntags vorkommen, fernzuhalten.

29. September. (W. T. B.) Nach dem von der

unizipalität veröffentlichten Berichte sind hier vom 27. d. M. Mitternachts bis zu der gleichen Zeit am 28. d. M. 180 Per⸗ sonen an der Cholera erkrankt und 53 Personen in Folge derselben gestorben. Genua, 28. September. (W. T. B.) Die vom 27. d. M., Abends 10 Uhr, bis zum 28. d. mittags 4 Uhr, beträgt 15.

Türkei. Konstantinopel, 28. Der türkische Schiffspostdienst läufig wieder eingestellt worden.

Rumäuien. Singja, 28. September. (W. T. B.) Gestern Abend fand zu Ehren des Kronprinzen und der Kronprinzessin von Oesterreich ein Galadiner statt, an welches sich ein Fackelzug und großer Zapfenstreich schloß. Heute Vormittag 10 Uhr wohnten die hohen Gäste dem Gottesdienste bei. Später führten zwei Jäger⸗Bataillone vor dem Könige und dessen hohen Gaste Exerzitien im Feuer aus. Am Nachmittag sind der Kronprinz Rudolf und die Kronprinzessin Stefanie in Begleitung des Königs und der Königin nach Predeal abgereist.

Rußland und Polen. St. Petersb urg, 28. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin sind gestern Abend in Peterhof eingetroffen. Gegenüber der Behauptung eines Pariser Blattes, daß Rußland daran denke, eine diplomatische Intervention in dem französisch⸗ chinesischen Konflitt im gegebenen Momente durch eine militärische zu ersetzen, bemerkt das „Jour⸗ nal de St. Pétersbourg“, daß eine militärische Inter⸗ vention um so weniger in Frage stehe, als bis jetzt nicht einmal eine diplomatische stattgefunden habe, weil eine solche weder von China noch von Frankreich nachgesucht sei. Gleichzeitig erklärt das genannte Journal die Meldung der „Times“ von einer angeblichen französisch⸗russischen Allianz zum Zwecke einer Theilung Chinas für phantastisch und vollständig unbegründet. Endlich bezeichnet das „Journal de St. Pétersbourg“ die von der „Petersburger russischen Zeitung“ gebrachte Meldung, hetreffend eine angeblich von russischer Seite beabsichtigte Erwerbung eines Hafens im ägäischen Meere als gänzlich aus der Luft gegriffen.

29. September. (W. T. B.) Die realisirten Reich s⸗ Linnahmen betrugen im ersten Semester 1884 299 100 000 Rubel gegen 286 660 000 Rbi. im ersten Semester 1883, die Ausgaben 320 600 000 Rbl. gegen 315 400 900 Rbl. im ersten

Semester 1883.

Kiew, 29. September. (W. T. B.) Die Wiederauf⸗ nahme der Vorlesungen an der hiesigen Universität ist auf, Verfügung des Kurators des hiesigen Lehrbezirks bis auf Weiteres verschoben worden.

Warsch au, 27. September. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kais erin haben gestern vom Bahnhofe in Praga aus, wohin sie sich nach der Ankunft alsbald mit ber Gärtél— bahn begeben hatten, die Rückreise nach St. Petersburg auf der St. Petersburger Bahn angetreten. Auf dem Bahnhofe

die Spitzen der Behörden

Zahl der t M., Nach⸗ hier an der Cholera erkrankten Perfonen

September. (W. T. B.) nach Varna ist vor—

in Praga waren die Generalität,

Pfandes, dessen Werth den Betrag der von ihm geforderten

und andere Notabilitäten der Stadt zur Verabschiedung an⸗

Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Bei der heute vorgenommenen Wa l von 19 Deputirten zur Zweiten Kammer des Reichstags 2 fast durchweg die Kandidaten der liberalen Partei gewählt.

Afrika. Egypten. Kairo, 27. September. (W. T. B. Heute fand im englischen General⸗Konsulat eine Konferenz über die finanziellen Angelegenheiten Egyptenz statt, an welcher Lord Northbrook, der General-Konfui Baring der Minister-räsident Nubar Pascha, der Finanz⸗-Ministe— Mustapha Pascha Fehmy und der General-Sekretär der Finanzen Blum Pascha theilnahmen. General Wolseleny ist mit seinem Generalstabe heute nach Wady⸗Halfa abgegangen.

Seitungsstimmen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ druckt aus der Schrift „Das soziale Königthum. Ein Ausspruch Lassalle's und die soziale Praxis Kaiser Wilhelms. Eine Schrift zu den Wahlen von Ludwig Hahn. (Berlin, Wilhelm Hertz.)“ folgende Stellen ab:

. Rach den vorstehenden Thatsachen dürfte es völlig unzweifelhaft sein, daß Preußens König, daß der von Lassalle kaum geträumte Deutsche Kaiser nicht blos den Wunsch und die Einsicht gehabt habe seh zum sozialen Königthum herzugeben, sondern diesen Beruf, diese freiwillig übernommene Aufgabe in verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit wie keine andere Herrschaft zu bethätigen.

Wo hat es wohl je eine republikanische Verfassung, wo eine demokratische Agitation gegeben, wodurch innerhalb einiger Jahre auch nur annähernd so Vieles und Großes für das Volk, insbefon dere für das Proletariat geschaffen, wie Kaiser Wslhelm in den letzten 20 Jahren.

Er hat für das Deutsche Reich die Grundlage der Verfassung, das allgemeine Stimmrecht gegeben, das kurz zuvor von dem Führer der Sozialdemokratie als das einzige, friedliche und gesetzliche Mittel zur Heilung der sozialen Schäden laut verkündet worden war.

Er hat, getreu der Tradition seiner Vorfahren, das jetzige Hauptmittel des Verkehrs, die Eisenbahnen, ebenso wie es früher mit der Post und der Telegraphie geschehen war, dem Staate zur Für⸗ sorge für die Gesammiheit Übergeben.

Er hat Handel und Verkehr neu belebt und die ganze Industrie zu einem ungeahnten Aufschwunge geführt.

Er hat die finanziellen Ergebnifse der neuen Wirthschaftspolitit zur Erleichterung der Steuern des kleinen Mannes verwandt.

Er hat überhaupt eine Politik der christlichen Liebe und des praktischen Christenthums an die Stelle des kallen Egoismus, der bis dahin herrschenden Auffassunz der im gewerblichen Leben maß— gebenden Kräfte gebracht.

Er hat endlich einen vollständigen Plan für die Verbesserung der Lage der Arbeiter gefaßt und größtentheils bereits zur Ausführung gebracht, namentlich durch die Sicherung des Arbeiters gegen die Ge⸗ fahren von Krankheit und Betriebsunfällen aller Art.

Er hat endlich auch Weiteres in Aussicht genommen, um die ö Härten des Looses der Arbeiter insoweit möglich zu mildern.“

Die Deutschen in Buenos Aires haben, wie das „Deutsche Tageblatt“ der „Deutschen La Plata⸗Zeitung“ (vom 17. August 1884) entnimmt, folgende Zustimmungsadresse an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck gesandt:

„Buenos Aires, im August 1884. Durchlauchtigster Fürst! Hochverehrter Herr Reschskanzler!

Die bedeutungsvollen Worte, welche Ew. Durchlaucht gelegentlich der Debatten über die Postdampf er Subventionsvorlage an den Deutschen Reichstag richteten, fowie die damit im direkten Zusammen⸗ hange stehenden Erklärungen hinsichtlich der Richtung, welche die über⸗ seeische Politik des Deutschen Reichs einzusch lagen gedenke, haben auch unter den hier am La Plata wohnenden Deutschen ein Gefühl unge— theiltester Genugthuung wachgerufen.

Wenngleich die Postdampfer⸗Subrentionsfrage und die gleich

zeitig mit ihr zur Sprache gekommene Stellung der Reichsregierung zu überseeischen Unternehmungen, die Interessen der Deutschen am La Plata nicht direkt, sondern nur insofern berühren, als dieselben darin den Wendepunkt für einen neuen, erfreulichen Aufschwung des deutschen Welthandels erblicken, so haben die unterzeichneten Mit— glieder der hiesigen deutschen Kolonie es sich nicht versagen wollen, Ew. Durchlaucht ihrer enthusiastischen Zustimmung in dieser neuen bedeutungsvollen Frage zu versichern. Möge, das sst unfer aufrichtiger Wunsch, das ganze deutsche Volk auch diesmal wie ein Mann zu feinem großen Kanzler stehen und möge Ew. Durchlaucht in dem lauten Beifallsjubel aller echt deutschen Herzen einen Ersatz für die hingebende Aufopferung finden, mit welcher Hochdieselben nun schon seit mehr als zwei Jahrzehnten dem schweren verantwortlichen Amte vorstehen, zu welchem das Ver— trauen Sr. Majestät unseres geliebten Kaisers Sie berufen zu Deutschlands Heil und Segen!“

Der „Schwäbische Merkur“ schreibt:

Zum Kapitel von der angeblichen Bedrückung des „armen Mannes giebt die ‚Wahlkorr. der hess. nat. ib. Partei“ wieder einen Beitrag. Sie schreibt: Wir haben neulich den Humbug mit dem durch den Zoll angeblich vertheuerten, jetzt wohlfeileren Petroleum nachgewiesen. Welcher Lärm wurde gemacht mit dem Yvon dem Reichskanzler vorgeschlagenen und von dem von dem Reichstag (jedoch selbstverständlich gegen die Stimmen der Richter u. Gen.) gluͤcklicherweise angenommenen Verbot der Einfuhr amerikanischen Specks und Schweine⸗ schmaljes, wie wurde auch hier der arme Mann wieder ins Treffen geführt, der nun sein trockenes Brod, ohne den ihm doch so nothwenbigen Speck, essen müsse, weil angeblich dieses Verbot naturgemäß den inländischen Speck und das Schmalz so vertheuern müsse, daß diese Vertheuerung schwer den armen Mann diücke. Auch hier wieder dasselbe Spiel. Keiner der Richter u. Gen. rührt sich, wenn durch Handelstreiberel die Preise so in die Höhe geschnellt und gehalten werden, daß sie wirklich den armen Mann drücken Was schreibt nun die Frankf. Ztg.“ jetzt, nachdem sie früher in dasselbe Horn gegen das Verbot des amerika— nischen Speckes und Schmalzes geblafen. Man traut seinen Augen nach diesen tollen Prophezeiungen kaum. Die Frankf. Ztg.“ sagt in einem von Berlin datirten Artikel: Entgegen den vielfachen kund⸗ gegebenen Befürchtungen, daß diese Maßnahme (Verbot) den Preis des Speckes und Schmalzes erheblich steigern würde, ist gerade das Gegentheil eingetreten. Seit einer langen Reihe von Jahren ist der Preis des Speckes und des Schmalzes niemals so billig gewesen, als gegenwärtig.“

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 47. Inhalt: Verfügungen: vom 24. September 1884. Vereinfachtes Uebergabe⸗ verfahren für Werthwagenstücke; vom 25. September 1854. Post⸗ Dampfschiffverbindungen mit Dänemark Und Schweden; vom 25. September 1884. Unrichtige Leitung von Dienstsendungen nach überseeischen Ländern.

CFentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 39. Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. Nichtamtliches: Reiseeindrücke aus Spanien,. Frühjahr 1884. (Schluß) Zur Frage der Verwendung von Stahl bei Brückenbauten. Das Léeschen haus in Parig. Bie Mechanik in ihrer Entwickelung. Vermischtes: Eröffnung der Arl⸗ bergbahn Innsbruck Bludenz. Ausschmückung von Kirchenfenstern mit Glasmalereien. Malereien im Dome 'in Culmsee West⸗

wesend.

preußen). Steinkohle und Seefahrt. Bestimmung von Wasser⸗

ö. mengen mittels des Thermometers. Wasserversorgung von London

nd die Verunreinigung der Themse durch städtische Abwässerung.

lch auf der Brücke zwischen New⸗York und Brooklyn.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

der Biographie Martin Luthers, von dem Professor Pr 21 Kolde in Erlangen (Gotha bei HFriedrig Andreas erthes) ist die 3. Lieferung erschienen, die mit Luthers Entführung ach der Wartburg und dem ersten Band des Werks abschließt. Preis 1,20 M l reis Helage der Buchhandlung des Waisenhauses zu Halle a. S. erschien soeben ein Werk: „Friedrich der Große und ie deutsche Poesie! von Dr. Gottlieb Krause, Oberlehrer am Kneip⸗ höfischen Stadt⸗Gymnasium zu Königsberg i. Pr. (Preis 2 * Der PVerfasser Unterzicht sich in diesem Buch der dankenswerthen Arbeit, cine anschauliche Darstellung der geistigen Bewegung zur Zeit des großen Heldenkönigs zu geben. Er will die hie und Rar dertretene irrthümliche Ansicht bekämpfen, daß jene Zeit des politischen Auf— schwungs arm an geistigen Produkten und höherer Anregung gewesen ist Ueber den Umfang und die Tiefe der Einwirkung, welche die Größe und das Walten Friedrichs des Zweiten auf unser Volk gehabt Pat, sind die Vorstellungen oft sehr unklare und wenig ergiebige. Trotz der mannigfachen Darstellungen, die dieses Verhältniß wegen des jhm innewohnenden Interesses gefunden hat, ist sehr viel Wichtiges, das neue Ausschlüsse gewähren kann, unbekannt und unverwerthet ge⸗ blieben. Auch dürfte noch geraume Zeit vergehen, bis der weit zer⸗ streute Stoff in solcher Vollständigkeit gesammelt vorliegt, daß eine wirklich abschließende Betrachtung aus demselben gewonnen werden kann. Der Verfasser der nachfolgenden Monographie erhebt keines

vwegs den Anspruch, das schwierige Thema in erschöpfender Weise be— handelt zu der dern neues . k . erwogene und so verschieden beurtheilte Frage auch neue Gesichts

Stande ist, son⸗ möglichst diese oft

was nach dem bieherigen überhaupt noch nicht möglich Beiträgen darauf an, aus dem sich für

haben, Veröffentlichungen es kam ihm in diesen Material zu bieten,

junkte entnehmen ließen. Den reichen Inhalt des acht ,, starken Buches eröffnet eine Zusammenstellung der Hülfs⸗ mittel, welche dem Verfasser selber zu seiner Arbeit, wie jedem, der dieses Thema einem eingehenden Studium unterziehen will, zu Gebote stehen; es zeigt sich, daß dieselben keineswegs so gering sind, wie eine flüchtige Betrachtung jener Zeit annehmen laßt. An dies Kapitel schließt sich⸗ ein Verjeichniß von Ausgahen von historischen Ge. dichten und Liedern des siebenjährigen Krieges. Mit großem Fleiß hat der Verfasser gesammelt und auch hierin nachgewiesen, daß ein ziemlicher Reichthum an diesen poetischen Kleinigkeiten vorhanden ist. In einem weiteren Abschnitt geht das Werk sodann ein auf Friedrichs persönliche Stellung zur deutschen Literatur. Der Verfasser unter⸗ nimmt hiermit gewissermaßen eine literarische Ehrenrettung des großen Königs, der nach der landläufigen Ansicht gar kein Ver— ständniß für deutsche Sprache und deutsche Literatur gehabt haben soll. Er untecsucht in feiner, sachgemäßer Weise, inwieweit die Abneigung des Königs gegen die damaligen deutschen Geistes produkte berechtigt war, und was an dieser kühlen Ablehnung die Schuld trug. Vor allen Dingen führt er den Beweis, daß Friedrich keineswegs ein so blinder Anhänger des Franzosenthums gewesen sei, wie gern erzählt und nachgesprochen wird. An der Hand von That

sachen, Aussprüchen und schriftlichen Auslassungen des Königs thut er dar, daß dieser ein warmes Herz für deutsches Wesen gehabt habe,

das ihm in seiner damaligen Gestaltung allerdings wenig zusagen konnte. Besondere Rücksicht nimmt der Verfasser auf die Schrift Friedrichs: De la littérature allemande. In dem folgenden Kapitel zeschäftigt sich die Abhandlung hauptsächlich mit den poetischen Er jeugnissen, die unter dem Eindruck der großen Kriegsereignisse aus der Mitte des Volkes selbst hervorgegangen sind, vor allem mit den historischen Gedichten und Liedern jener Zeit. Ueber ie patriotischen Dichter, die in ihren Werken höheren Gesetzen der Kunst zu genügen streben, wird mit einer Ausnahme kurz hinwegge—

gangen, da sich das Nähere darüber in jedem Literaturgeschichtsbuch

findet. Diese Ausnahme, als welche der Verfasser einen vergessenen

Sänger und Mitkämpfer des siebenjährigen Krieges nennt, ist der Ostpreuße Johann Georg Scheffner, über dessen interessantes Leben

nd recht beachtenswerthe poetische Erzeugnisse er nähere Aus⸗ unft giebt. Hieran schließt sich eine Betrachtung über die amalige öffentliche Meinung, die fliegenden Blätter und Flugschriften,

deren Rächhaltigkeit und Zahl unseren heutigen kaum nachsteht.

Das nächste Kapitel behandelt sodann die bürgerlich / politische Dich⸗ ung, welche an Plattheit nichts zu wünschen übrig ließ. Ein sehr nteressantes und umfangreiches Kapitel bringt uns eine Samm— lung von Soldatenliedern der damaligen Zelt, von denen eine recht hübsche Anzahl bis in unsere Zeit erhalten geblieben ist. Ein Anhang

giebt sodann noch ein Schreiben des Professors Gottsched in Leipzig

an Professor Flottwell in Königsberg. Ferner: Einige historische

Gedichte und Lieder des siebenjährigen Krieges, endlich einen Nach—

trag zu Scheffners Feldzugsdichtungen. Die vorliegende Arbeit, welche von großem Fleiß und gediegener Sachkenntniß zeugt, muß als ein dankenswerther Beitrag zur Geschichte eines für die Entwickelung des deutschen Geisteslebens so wichtigen Zeitabschnitts betrachtet werden, . darf eines ehrenvollen Platzes unter den literarhistorischen Werken icher sein.

Der juristische Verlag von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig hat soeben in der bekannten handlichen Ausgabe der ‚Deutschen Reichsgesetzgebung. Text⸗Ausgabe mit Anmerkung en“ verbffentlicht: Reichsgesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien gesellschaften. Vom 18. Juli 1884. Text-Ausgabe mit An— merkungen und Sachregister von Hugo Keyßner, Kammergerichts Rath und Dr. H. Veit Simon, Rechtsanwalt bei dem Königl. Land— gericht J. Berlin. Taschen⸗Format. Kartonnirt 1 M6 Unfall⸗ Versicherungsgesetz. Vom 6. Jul 1884. Text · Ausgabe mit Anmerkungen und Sachregister von E. von Woedtke, Königlich vreußischer Regierungs · Rath, z. 3. im Reichsamt des Innern. Taschen⸗ Format. Kartonnirt 1 6 Die Bearbeiter dieser schwierigen und wichtigen Gesetze haben sich ihrer Aufgabe vollauf gewachsen und für dieselbe ganz besonders befähigt gezeigt. Denn fie haben es mit Ge— schick verstanden, auf engem Raume abgerundete und wissenschaftliche Darstellungen zu bieten, welche in allen wichtigen Fragen sich als ausreichend erweisen dürften, und aus diesem Grunde für die weitesten Kreise brauchbar sein werden. Zuverlässigkeit des Textes, gute Ausstatiung, handliches Format und Tin billiger Preis zeichnen die Guttentagschen Ausgaben vortheilhaft aus.

Gewerbe und Handel.

Frankfurt a. M., 27. September. (W. T. B.) Zur Be⸗ rathung über Mittel und Wege zur Sanirung der Deutschen Grundkredit Bank in Gotha fand heute hier eine Konferenz statt, an welcher die Organe der Gesellschaft und Vertreter der ver⸗ schiedenen Comités einerseits und Vertreter der Dresdener Bank, der Deutschen Vereinsbank, der Württembergischen Vereinsbank und' der Württembergischen Bankanstalt andererfeits theilnahmen.

Essen, 29. September. (W. T. B). Nach dem Dort⸗ munder Berichte der „Rheinisch⸗Westfälischen Zestung' über die zage des Eifen⸗ und Retalkmarktes. werden Eisenerze zu sortgesetzt niedrigen Preisen gehandelt. In Folge der spanischen

onkurrenz sst das Geschäft schon seit längerem zu einem reinen Frachtgeschäft herabgesunken. In Rohelsen ist ebenfalls noch, keine Besserung, felbst in der gangbarsten Sorte, in Puddeleisen, zu Ponstaiiten. Die Produktion von ein- heimischem Sießerei, und Bessemer Roheisen ist! wegen niedriger englischer und schottischer Notirungen sehr reduzirt und Preise äußerst unrentabel. Für Walzwerkbranchen mehrt

sich Beschäftigung und man hofft weilkerhin auf Besserung wegen der!

allerwärts guten Ernte, welche namentlich den austrozungarischen und oberschlesischen Eisenmarkt beeinflussen dürfte. In Grob⸗ und Fein⸗ blechen ist der Geschäftsgang ziemlich befriedigend, Preise aber lassen zu wünschen übrig. Auch in Stahlschienen liegen im Allgemeinen gute Ordres vor. Maschinenfabriken sind durchweg gut beschäftigt. Dasselbe ist bei Eisengießereien und Kesselschmieden der Fall. Wien, 27. September. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Lem berg- Czernewitzer Bahn hat die Offerte der Oester—⸗ reichischen Landerbank, betreffend die Prioritäten⸗Konvertirung, an—⸗ genommen. ? Glasgow, A. September. (W. T. B.) Die VPorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 583 600 Tong, gegen 5587 600 Tons im vorigen Jahre. * der im Betriebe befindlichen hochöfen 94 gegen 114 im vorigen Jahre. ö New⸗JYJork, 28. September. (W. T. B.) Der Werth der Waareneinfuhr in der letzten Woche betrug 69io Mill. Doll., von denen A /n Mill. Doll. auf Manufakturwaaren kommen.

Verkehr s⸗Anftalten.

Bremen, 27. September. (W. T. B) Der Dampfer des Norddeutschen Lsoyd „Elbe ist gestern Abend 11 Uhr in New⸗Jork eingetroffen.

Bremen, 29. September, (W. T. B) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Eider“ ist gestern Mittag 12 Uhr in Southampton eingetroffen.

Triest, 28. September. (W. T. B.) Der Lloyd dampfer „Vesta ist mit der ostindischen Ueberlandpost aus Alexandrien heute Vormittag hier eingetroffen.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Frankreich.

Aus Nizza wird zur Ergänzung der Mittheilungen in Nr. 224 des ‚Reichs⸗Anzeigers vom 23. Seytember gemeldet; ;

I) daß auf Verordnung der dortigen Gesundheitsbehörde sämmt⸗ liche, nach den Häfen des Seealpen. Departements bestimmte Schiffe, welche aus italienischen Häfen kommen, sich einer fünftägigen Quarantäne zu unterziehen haben. Diese Quarantäne wird auf der Rhede von Villeftanche abgehalten. J

2) In Anbetracht, daß die Cholera-Epidemie in den Departe⸗ ments „Var“ und ‚Rhonemündung“ (Toulon und Marseille) im Erlöschen begriffen ist, ist die Quarantäne, welche von der hiesigen Behörde seiner Zeit für alle aus den infizirten Städten mit der Eisenbahn eintreffenden Provenienzen am Var⸗Flusse errichtet worden war, aufgehoben worden. Demgemäß sind die Reisenden, welche sich vom Auslande her über Lyon und Marseille nach den südfranzösischen Kurorten zu begeben wünschen, von nun an von jeder lästigen Förm⸗ lichkeit und jedem ungewöhnlichen Aufenthalte unterwegs befreit.

3) Der Zustand der öffentlichen Gesundheit im Departement der Seealpen, welches von der diesjährigen Cholera · Epidemie verschont geblieben ist, darf fortdauernd als ein vortrefflicher bezeichnet werden. Dies bezieht sich speziell auch auf die Kurorte Nizza, Cannes, Men— tone und Monako. wo Seitens der Ortsbehörden im Interesse der öffentlichen Gesundheit energische Maßregeln ergriffen worden sind.

Tür kei.

Laut Anordnung der Sanitäts verwaltung von Syrien unter liegen Provenienzen aus Egypten einer fünftägigen Quarantäne (vergl. auch Reichs⸗Anzeiger Nr. 208 vom 4. September), welche in gleicher Weise wie die gegen Provenienzen aus Alicante und den übrigen spanischen Mittelmeerhäfen verhängte Quarantäne in einem der Lazarethhäfen von Tripolis (Afrika), Beirut und Smyrna (Cla- zomene) abzuhalten ist. Die Quarantäne für Provenienzen aus dem Mittelmeer ist auf 14 Tage, für solche aus dem Schwarzen Meere auf 8 Tage erhöht worden. (Reichs⸗Anzeiger Nr. 174, 193, 201 und 227 vom 26. Juli, 18. und N. August und 26. September.)

Berlin, 29. September 1884.

Berliner Rennbahn bei Charlottenburg. Verein für Hinderniß⸗Rennen. Sonntag, 28. September, Nach— mittags 23 Uhr: : z.

IJ. September ⸗Hürden⸗ Rennen. Preis 1000 M. Hrn. Bieler ⸗Büssows 3 jähr. br. H. „Antinous“ 1., Rittmeister v. Schmidt⸗ Pauli's 3 jähr. br. H. . Republican“ 2. !

I. Preis von Tegel 1200 M Rittm. Graf Schlippenbachs (2. Gare Ul. Regt.) 6 jaͤhr. br. St. „Pallas. 1. Mr. George's a. br. St. „Dorothea“ 2, Lieut. v. Kramsta's 4 jähr. dbr. H. „Wagner“ 3.

III. Großes Manöver, Jagd⸗Rennen. Preis 2000 (, Rittmstr. Graf Bismarcks J. Garde ⸗Drg.) jähr. br. H. . The Ranger“ 1, Lieut. v. Arnim II. (2. Kür.) dbr. H. „Wanderstab“ 2. Rittmstr. v. Trekckows (1. Garde Ul) dbr. St. „Bonne Chance“ 35, Lieut. v. Marschalls F. H. „Bulgare“ 4, Lieut. v. Oettingens F. St. Stella“ 5. .

IV. Feld⸗Jagdrennen. Preis 1000 Rittmeister von Schmidt -Pauli's 5 jähr. F. St. „Wyhinberry“ 1., Rittmeister Graf Bismarcks a. F. H. . Schlenderhan . 2. .

V. Flach⸗Rennen für Jag dpfer de. Preis lob. t. Hrn. Tepper ⸗Laski's 6 jähr. br. W. . Elfe“ 1., Rittmstr. v. Schmid t⸗ Pauli's a. br. W. . Roserea“ 2., Hrn. C. Pitzschke's 4 jähr. F. H. Marcel 3.“

Eisenach, 28. September. (W. T. B.) Heute Nachmittag wurde in Gegenwart der Prinzessin Maxie von Meiningen, Liszts, einer Deputation aus London und zahlreicher anderer Theil⸗ nehmer das Bach: Den km al enthüllt. Archidiakonus Kieser hielt die Festrede, worauf die Uebergabe des Denkmals an die Stadt erfolgte.

Pest, 27. September. (W. 2. Gegenwart des Kaisers, der Minister und der Mitglieder des Reichstags und unter Theilnahme eines sehr gewählten Publikums ist beute das neu erbaute Königliche Opernhaus feierlich eröffnet worden.

Kronstadt, 27. September. (W. T. B.) Auf dem hier vor Anker liegenden mit Kohlen beladenen norwegischen Dampfer Victoria“ erfolgte hꝛute bei dem Oeffnen einer zum Waarenraum führenden Luke eine heftige Koblengasexplosion. Das Innere des Schiffes ist stark beschädigt, von der Mannschaft sind 3 Mann schwer verletzt. .

Mit der Aufführung des „Wilhelm Tell“ hat das Deutsche Theater einen weiteren Schritt auf der von ihm eingeschlagenen, bereits so viele Erfolge aufweisenden Bahn gethan. Das junge Institut bewies auch hier wieder sein Bestreben, künstlerisch wie technisch Vollendetes zu leisten. Ganz auf der Höhe der Anforderungen, welche man an eine mustergültige Vorstellung des Tell stellt, stand diejenige vom Sonnabend freilich noch nicht. In einzelnen Punkten war man über den lobenswerthen Versuch nicht hinausgekommen, doch werden Wiederholungen dazu beitragen, auch hier dem Versuch zum Gelingen zu verhelfen. Cin vor keiner Schwierigkeit zurück, schreckender Fleiß hatte sich mit feinem künstlerischem Ver⸗ ständniß und. reicher Erfahrung, verbunden, um eine tüchtige Leistung ju bieten. Die Sturmesseenen, die Alpenlandschaften mit den Lichteffekten, der Engpaß, waren prächtig, das Arrange— ment der Scenen, erschwierigt durch den etwas engen Raum, im Großen und Ganzen ein glückliches. Die Scene in dem Küßnachtspaß bietet vielleicht am meisten Anlaß zu. kritischen Bemerkungen. Wäbrend der sich, im Hintergrunde über eine Brücke bewegende Hochzeitszug lallgemeinen Beifall fand, wirkte das Vorübermarschiren, denn anders kann man es kaum nennen, des Wanderers, Spielmanns und Pilgers dicht an der Rampe, geradezu komisch,

und fallen besser ganz fort. Daß die Volksaufläufe, Versamm⸗ lungen u. s. w. nicht durch allzu geräuschvolles Auftreten und Stimmengewirr den Vortrag übertönen, ist recht loben werth. Hr. Kraußneck bot einen recht tüchtigen Tell, der jedoch als ein etwas ern⸗ sterer Mann dargestellt werden könnte, während ihm He. Krausneck einen etwas allju jovialen Anstrich verlieh. Gut gelang dem Darsteller die Apfelschußscene, während er in der Küßnachtscene nicht den höchsten Anforderungen entsprach, und oftmals durch un⸗ gewöhnliche Wiedergabe und Betonung des Allen geläufigen Monologs überraschte. Prächtig war in Maske, Haltung und Spiel der Melch⸗ thal des Hrn. Kainz; richtiges Maßhalten, feine Charakteristik ver— halfen seiner Rolle zu einem durchschlagenden Erfolg, der selbst durch eine starke Heiserkeit nicht beeinträchtigt werden konnte. Der Geßler des Hrn. Friedmann imponirte in jeder Weise. Vor— züglich gab Hr. Pohl den Attinghausen, während es den Darstellern des Rudenz und der Bertha an Größe und Heldenhastigkeit fehlte. Eine recht gefällige Leistung wurde von einer der jüngsten Dar⸗ stellerinnen in der Rolle des Walther geboten; es war dies die kleine Helene Reineken, welche ein viel versprechendes Talent zeigt. Die Rollen einzeln darchzugehen, verbietet ihre große Menge; es wurde fast von allen Darstellern gut gespielt, und war der Beffall, welchen das Publikum der Aufführung zollte, ein durchaus verdienter.

Im Wall ner-Theater errang am Sonnabend Der Raub der Sabinerinnen', Schwank in 4 Aften von Franz und Paul von Schönthan, einen durchschlagenden Erfolg. Der Name Schönthan“ hat in der Lustspiel⸗ und Schwankdichtung bereits einen guten Klang, welcher durch das neue Opus an Fülle noch gewonnen hat. Der Inhalt mag kurz angegeben werden. Ein Professor eines kleinen Städtchens entdeckt unerwartet unter seinen alten Papieren eine, in seiner Studentenzeit verfaßte Römertragödie, ‚der Raub der Sabine⸗ rinnen“, und läßt sich verleiten, dieselbe durch eine wandernde Schau⸗ spielertruppe aufführen zu lassen. Durch die damit zusammenhängen⸗ den Heimlichleiten werden mancherlei spaßhafte Verwicke⸗ lungen herbeigeführt und eheliche Zwistigkeiten heraufbeschworen, welche erst enden, als das Stück durchgefallen und alle Aus— reden und. Vorwände überflüssig geworden sind. Den breitesten Raum nimmt die humoristische Schilderung der Freuden und Leiden dieser herumziehenden Theatertruppe in Anspruch. Nicht alle Ideen und Motivirungen tragen den Stempel der Neuheit; aber sie sind mit so vieler ausgelassener Heiterkest und mit so sprudelndem Humor umkleidet, daß das Alte und das Reue mit gleichem Beifall begrüßt wurde. Das Werkchen ist voller scherzhafter und witziger Ironie und durch das äußerst geschickt in Scene gesetzte lebendige Treiben guf der Bühne wurde das Publikum unausgesetzt in der animirtesten Stimmung erhalten. Die Darstellung erwies sich als eine abgerundete und flotte. Jeder war an feinem Platze und füllte denselben voll und ganz aus. Hr. Thomas spielte den Theater · direktor Striese: mit dem Aufwande der überwältigenden Komik, deren er fähig ist und hatte die Lacher stets auf seiner Seite. Ihm leistete Hr. Guthery (Professor Gollwitz) vortreffliche Gesellschaft und erwies sich dabei wiederum als ein vorzüglicher Charakterdarsteller. Hr. Blencke (Emil Groß) und Hr. Älerander (Pr Neumeister) spielten ihre Rollen mit natürlichem Humor und Takt und wurden durch ihre Partnerinnen Frl. Meyer Marianne) und Frl. Odilon (Paula) wirkungsvoll unterstützt. Eine ganz treffliche Leistung war die der Fr. Carlsen, welche in der Rolle der „Frau Professor Goll— witz“ vollständig in ihrem Elemente war. Ferner sind noch Hr. Niedt (Carl Groß) und Frl. Löffler (Rosa) lobend hervorzuheben. Das Haus nahm die neue Gabe, wie erwähnt, überaus günstig auf. Darsteller und Verfasser mußten mehrfach auf dringendes Verlangen des Publikums erscheinen, um den rauschenden Beifall entgegen za nehmen.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm beehrte am Sonnabend und Sonntag die Bastoorstellungen der Meiningischen Hof⸗ schauspieler mit Höchstseinem Besuche und wohnte der Aufführung der Wallenstein⸗Trilogie von Anfang bis Schluß bei; zugleich waren am Sonnabend der Erbprinz von Meiningen nebst Seiner Ge— mahlin anwesend.

Die Besetzung der Hauptrollen von Miß Sara Sampson'“, welche am Mittwoch zur ersten Aufführung gelangt, ist folgende: Miß Sara Olga Lorenz, Marword Maria Schaaper, Malfent Wilhelm Arndt, Der alte Sampson Paul Richard, Rorton Hr. Teller.

Die Operette Gasparone“ hat gestern dem Neuen Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater wiederum ein aus— verkauftes Haus gebracht. Das animirte Publikum begleitete die glatte Vorstellung mit großem Beifall und verlangte insbesondere, die Tarantella mehrmal zu hören.

Die Novität, welche seit Sonnabend auf dem Repertoire des Belle⸗Alltance / Theaters steht, Friedrich Splelhagens Schau⸗ spiel Gerettet“, hatte sich am ersten Aufführungsabend einer durchaus freundlichen Aufnahme Seitens des überaus zahlreichen Pu⸗ blikums zu erfreuen. Das sittliche Problem, welches der Dichter hier dramatisch behandelt, hat zu seiner Voraussetzung eine Situation, welche einigermaßen an die Konflikte des modernen französischen Sittendramas erinnert; aber der deutsche Dichter hat mit strengem Ernst und ohne in ein moralisirendes Pathos zu verfallen, eine für ein deutsches Gemüth sympathischere Lösung gefunden. Die Heldin des Stückes ist eine vornehme schöne Frau und Wittwe, die in dem Bewußtsein eines nicht wieder gut zu machenden Fehltritts sich von der . Welt“ zurückzieht, allen Freuden des Lebens entsagt, um sich ganz der Erziehung eines jungen Mädchens zu widmen, für dessen Glück sie schließlich in den Tod geht Dieser Kern des Dramas erschöpft die Handlung und den Inhalt keineswegs, läßt aber bereits erkennen, daß der Verfasser sich eine würdige und hohe Aufgabe ge⸗ stellt hat. Im Einzelnen begegnet die Handlung allerdings manchen Zweifeln; es tritt hier zu Tage, daß der Stoff für eine erzählende Dichtung offenbar viel geeigneter gewesen wäre, und das kann nicht Wunder nehmen bei einem Dichter, welcher als Novellist längst einen geachteten Namen erworben hat. Jedenfalls aber ist es demselben gelungen, aus jenem Stoff die packenden Momente herauszuschälen und in an Wirksamkeit sich immer steigernden Scenen dramatisch zu gestalten. Namentlich waren die Scenen des dritten und vierten Aktes, in welchen sich das Schicksal der Heldin entscheidet, von großer Wirkung. Die Darstellung war im Ensemble eine recht erfreuliche, entsprach aber im Einzelnen theil⸗ weise nicht den Erwartungen. Frau Ellmenreich, welcher natürlich die Hauptrolle (Leonore) zufiel, war in allen Scenen ausgezeichnet und tadellos; ihr zur Seite stand Frl. Fröhlich (Eveline), welche zwar ihr Bestes, aber doch nicht ganz Befriedigendes gab, weil ihre Begabung die junge Künstlerin auf ein anderes Gebiet als das der sentimen⸗ talen und tragisch angehauchten Naiven verweist. Zu bedauern war aber ganz besonders, daß der Partner Leonorens Hr. Steinar (Egon von Oletzkow) in den Hauptseenen die Leidenschaft, welche diese Rolle verlangt, nicht genug zum Ausdruck brachte; dagegen hatte sich, was hier gleich erwähnt sein mag, Hr. Steinar um die Regie ein großes Verdienst erworben. Von den übrigen mitwirkenden Kräften verdienen Fr. Hayn (Fr. Glitter), Frl. Lehmann (Babette), Frl. Sauffe (Giulietta) und die Herren Schwellach (Ernst Solm) und Würzburg (GBreitenstein) mit Anerkennung erwähnt zu werden. Die Ausstattung des Stücks war eine durchaus würdige und vornehme. Das Publikum begleitete die Vorstellung mit von Scene zu Scene wachsendem Beifall.

Auch in ihrem zweiten Concert in Krolls Theater erzielte Teresina Tua gestern Abend durch den entzückenden Vortrag des 2. Concerts von Wieniawsky,. einer Laubschen Polonaise und ungarischer Weisen von H. W. Exrnst großen Erfolg. Auch die Kapelle, Frl. Anna Bock und Frl. Wilma Monti erhielten ihren wohlverdienten Antheil an dem reichen Beifall des Abends. Das dritte Tua⸗Conecert findet am Mittwoch statt.

derartige kleine Kunststückchen beeinträchtigen die großartige Wirkung,