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andwerk übrig bliebe. Diesem fehle es an augzreichender ertretung, und es sei zweckmäßig, dafür ein Organ zu schaffen. Werde der an vielen SOrten mit Erfolg betretene Schritt, die Innungen zu Innungsverbänden zu vereinigen, forigesetzt, so sei damit auch eine Vertretung des Kleingewer= bes gegeben. Deshalb sei nicht nachgewiesen, daß ein wirk⸗ liches Bedürfniß für die neue Organisation verhanden ei und darauf, daß die einzelnen Kategorien zu He Be⸗ rathungen zusammenkämen, sei nicht viel Gewicht zu legen. Bedenklich sei es, die Zahl der Vertretungen noch zu vermehren, umal durch einen solch komplizirten Appargt, der die Laien⸗ . zu erneuter Thätigkeit in Anspruch nehmen werde, die fo schon so vielfach für das öffentliche Interesse in Thätigkeit gesetzs werde, eine Thätigkeit, die sich noch . Einführung der Kreis. und Provinzialordnung erheblich steigern müsse. Rechne man dazu noch das Vereinswesen, so werde es bebenklich fein, noch einen kompl zirten Appargt zu schaffen, der wieder viele Thätigkeit absorbiren werde. Dazu komme noch ein rechtliches Bedenken; den Handelskammern, die auf einem Gesetz beruhten, sollten zum Theil ihre Funktionen im Verwaltungswege abgenommen und auf ein anderes Srgan übertragen werden. Weshalb die Zustim⸗ mung der gesetzgebenden Faktoren nicht eingeholt sei, wisse er nicht; genug, die Regierung wolle im Verwaltungswege vor⸗ gehen kund? die Kysten von dem betr. Provinzial Landtage fragen lassen. Sollte die Einrichtung wirklich von Erfolg sein, so könne es auf die auch nicht wesentlichen Kosten nicht mmen. ̃ ; 3. Der Abg. von Lenthe⸗Lenthe begrüßte die Vorlage mit Freuden, namentlich, da sie solche Fürsorge für den Ackerbau und das Gewerbe zeige, er halte kommissarische Prüsung nicht für erforderlich. Der Handel möge durch die Handelskammern genügend vertreten sein, die Landwirthschaft finde eine ge—= nügende Vertretung in den Vereinen nicht, ebenso wenig das Handwerk in den Innungsverbänden, ihnen biete die Vorlage ein vortreffliches Mittel, für ihre Interessen zu sorgen. Auch ein Uebermaß der Anstregungen Einzelner im allge⸗ meinen Interesse fürchte er nicht, die Mitglieder ber Gewerbe⸗ kammern könnten ebenso gut Sekretäre anstellen, wie es die Handelskammern machten. Auf die rechtlichen Bedenken Lauensteins wolle er als Landwirih nicht eingehen, eventuell Fönnte die Gesetzgebung über die Handelskammern ja abgeän⸗ dert werden. Eine Bemerkung zum Schluß könne er nicht unterdrücken, wenn er die Wahlprogramme der National⸗ liberalen lese, erinnere er sich, wie er fruher wegen Forderungen an⸗ gegriffen sei, die jetzt die nationak'liberale Partei zu den ihren gemacht habe beim Schutz der Landwirthschaft, des Gewerbes ꝛc. Die Vorlage werde Landwirthschaft und Gewerbe schützen, deshalb möge auch der Abg. Struckmann dafür stimmen.
Der Abg. Laubinger war durchaus einverstanden mit der Vorlage, die kommissarischer Prüfung gar nicht bedürfe.
Der Abg. von Hammerstein⸗Lorten wies die Angriffe auf
den Volkswirthschaftsrath, dem er als Mitglied angehöre, zurück; der Volkswirthschaftsrath habe auch nach Ablehnung der Tabackmonopol vorlage noch zwei epochemachende Vorlagen berathen, Krankenversicherung und Unfallversicherung, die sast ganz nach dessen Vorschlägen ins Leben getreten seien. Habe der Volkswirthschaftsrath keine größere Bedeutung entwickelt, so sei daran schuld, daß es nicht möglich gewesen sei, ihn zum Volkswirthschaftsrath des Deutschen Reichs zu machen, sondern daß man ihn habe auf Preußen beschränken müssen. Der Entwurf reagire gegen die Mißstände, die in Den Berathungen des Abgeordnetenhauses und anderer Vertretungen zu Tage getreten seien; er wolle Besprechun gen herbeiführen, die unabhängig seien von jeder Fraktionspolitik. Für das Kleingewerbe und für die Landwirthschaft liege ein dringendes Interesse vor, sich eben solche Organisation zu verschaffen, wie die Handelskammern sie schon längst besäßen. Habe man in den landmwirthschaftlichen Vereinen begonnen, sich mit anderen als technischen Fragen zu beschäftigen, so sei gleich in den Zeitungen dagegen geeifert und der Vorwurf erhoben worden: „Ihr treibt Politik“ Landwirthschaft und Industrie ständen namentlich im Westen der Provinz in so engem Zusammenhange, daß die geplante Organisation von ihnen nur mit Freuden begrüßt werden dürfte. ;
Der Abg. Freericks war für kommissarische Prüfung der Vorlage; er bezweifele, daß der Provinzial-Landtag geeignet sei, die Mitglieder der Gewerbekammern zu wählen.
Der Abg. Struckmann hielt es nicht für erforderlich, an politische Parteiprogramme bei dieser Porlage zu erinnern und denen, welche für kommissarische Berathung seien, zu imputiren, sie wollten das Zustandekommen der Vorlage ver⸗ eiteln. Er sei für Berathung in der Kommission, aus der die Vorlage hoffentlich in annehmbarer Gestalt heraus⸗ komme. Die Inieressenvertretung, die man schaffen wolle, müßte, wie üblich, aus den Wahlen der Interessenkreise hervor⸗ gehen, nicht aus denen des Provinzial-Landtages, da aber Innungsverbände noch nicht vorhanden seien, müsse man sich der Vorlage zustimmend gegenüber erklären; die Kommission möge prüfen, ob sich nicht empfehle, für eine Reihe von Jahren die Bewilligung auszusprechen, um, wenn demnächst eine Vertretung des Handwerkerstandes möglich, die Wahlen von den verschledenen Verbänden anbahnen zu lassen. Die Wahl durch den Provinzial-Landtag werde sehr leicht von dem Zufall abhängig sein, während, wenn sie aus dem Interessen⸗ kreise selbst getroffen werde, viel eher eine zutreffende Ver⸗ tretung bringen werde. . .
Der Abg. Tannen glaubte, daß die Vorlage Mittel und Wege zeigen werde, um die gedrückte Lage der Landwirthschaft
und des kleinen Gewerbes zu bessern. Auch er sei dafür, daß die Mitglieder der Gewerbekammern von den Interessenten gewählt würden. Redner vertheidigte dann das Abgeordneten⸗ haus gegen den Vorwurf der Fraktionspolitik.
Der Abg. Graf Knyphausen war gegen die Wahlen durch die Interessentenkreise und hielt den Provinzial-Landtag für befähigt, die geeigneten Männer zu erwählen. Man sei schon heüte in der Lage, sich mit der Regierungsvorlage im Allgemeinen einverstanden zu erklären. Das Weitere müsse jedoch dem künftigen Provinzial-Landtage überlassen bleiben.
Nach einer weiteren längeren Debatte, an der sich die Abgg. Neubourg, von Rössing, Lauenstein, Brüning, von Hammerstein⸗Lorten, Meyer⸗Riemsloh, von Lenthe-Lenthe und von Bennigsen betheiligten, wurde die kommissarische Be⸗ rathung mit Stimmenmehrheit beschlossen.
t,, im sr, 6. n Thür. Corr. on Seiten der Staatsregierung ist zu 6. von dem Bundesrath beschlossenen Erhebung einer Armenstatistik für das Jahr 1856 eine sehr detaillirte
Nachweisungen werden den Ortsarmenverbänden durch 5 . übermittelt und zwar bis spätestens zum 1. Dezember d. J. Dieselben sind von den Ortsarmen⸗ verbänden bis spätestens zum 25. Februar 1886 fertiggestellt den Bezirksdirektoren zurückzugeben. Die Zusammenstellung des Materials ist dem Statistischen Bureau der Vereinigten Thüringischen Staaten in Weimar übertragen.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 5. Oltober. (Pr.) Der Kaiser, der König Albert von Sachsen, Prinz Wilhelm von Preußen, Prinz Leopold von Bayern, Erzherzog Ferdinand, Großherzog von Toscana, und die anderen Theilnehmer an den Hochwildjagden in den Kaiser⸗ lichen Revieren Neuberg⸗Mürzsteg treffen am Donnerstag, den 9., Abends um 9 Uhr, mittels Seyarat⸗Hofzuges der Süd⸗ bahn in Hetzendorf ein und begeben sich vom Bahnhofe in das Kaiferlichẽ Lustschloß nach Schönbrunn. Am Freitag, ben 10., findet im großen Galeriesaale zu Schönbrunn ein Galadiner zu Ehren der fremden Fürstlichkeiten statt, worauf sich König Albert nach Dresden zurückbegiebt. Der Kaiser reist am Montag, den 13., nach Gödöllö. — Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stephanie langen am kommenden Sonnabend, den 11., von den Bärenjagden in Görgeny-⸗Szt. Imre hier an, um mit dem Prinzen Wil⸗ helm von Preußen zusammenzutreffen. Kronprinz Rudolf wird sich voraussichtlich am 14. mit der Kronprinzessin auf Einladung des Deutschen Kaisers nach Berlin und von dort zu den in Ostpreußen stattfindenden Elchjagden begeben.
Schweiz. Bern, 4. Oktober. (Bund.) Der Bun des⸗ rath hat in seiner gestrigen Sitzung über die Vollziehung des Bundesgesetzes, betreffend einen neuen schweizerischen Zolltarif, vom 26. Juni 1884, dessen Referendumsfrist mit dem 26. September unbenutzt abgelaufen ist, folgenden Be— *
fon e, Das unterm 28. Juni 1884 öffentlich bekannt gemachte Bundesgefetz, betreffend einen neuen schweizerischen Zolltarif, vom 35. Juni 1884, wird gemäß Art. 89 der Bundesverfassung in Kraft und vom 1. Januar 1885 an als vollziehbar erklärt. Art. 2. Die zur Jeit durch Konventionaltarife gegenüber einzelnen Staaten er⸗ mäßtgten Tarifansaͤtze sind bis auf Weiteres ohne Unterschied der Herkunft der Waaren, d. h. gegenüber allen Staaten in Anwendung zu bringen. ⸗ ; .
Der „Bund“ schreibt: Da die Referendumsfrist am 3. d. unbenutzt abgelaufen und die nöthigen Vorarbeiten Seitens der eidgenössischen Postverwaltung beendigt sind, so wird der Bundesrath voraussichtlich schon auf den 1.. No⸗ vember nächsthin das neue Posttaxengesetz in Krast erklären. — 7. Oktober. (W. T. B.) Die italienische Re⸗ gierung hat dem Bundesrath die vor Kurzem verfügte Enthebung des italienischen Konsuls Gregchi in Lu⸗ gans von der Besorgung der Konsulatsgeschäfte nunmehr amtlich mitgetheilt.
Belgien. Brüssel, 5. Oktober. (Wes. Ztg.) Bei der soeben im Akademie⸗Palast vorgenommenen Preis- vertheilung an die Schüler der Mittelschulen, welcher der König und die Königin beiwehnten, kam es zu stürmischen Demonst rationen. Die Polizei hatte schon vorher den Garten räumen lassen müssen, da aufrührerische Rufe ertönten. Als die Königlichen Wagen erschienen, wurde neben den Begrüßungsrufen für den König auch der Ruf: Vive la République wiederholt laut und ertönte Zischen und Pfeifen. Die Feier, zu der nur Eingelg⸗ dene Zutritt hatten, begann. Kaum hatte die Musik geendet, als die Rufe mächtig ertönten: „Nieder mit den Priestern!“ Allgemeine Bestürzung; mehrere Personen wurden feslgenommen. Der Minister Fa cobs. ielt die Rede; bei jedem Preise, der einem von ihm unterdrückten Athenäum zuerkannt worden, stürmischer Beifall. Am Ende seiner Rehe theils Beifall, theils Zischen. Als der König und die Königin aus dem Palast heraustraten, wiederholten sich die Demonstrationen. Pfeifen, Zischen, Vive la République! ertönten. Dasselbe wiederholte sich auf dem Platze, vor dem Palast, wo wiederholt „Nieder mit dem Könige!“ gerufen wurde. Die Polizei nahm aller Orten viele Verhaftungen vor. — 6. Oktober. (W. T. B.) Der bisherige hiesige britische Gesandte Malet überreichte heute dem König sein Abberufungsschreiben. . In der heutigen Sitzung des Gemeinderaths wurde eine Tagesordnung angenommen, welche dem Bedauern über die tumultuarische Scene Ausdruck giebt, welche gestern in Gegenwart des Königs und der Königin bei der Preisvertheilung an die Schüler der Mittel⸗ schulen anläßlich der Rede des Ministers Jacobs vor⸗ gekommen war. In der Tagesordnung heißt es: die Person des Souveräns müsse außerhalb der politischen Kämpfe bleiben. Die Achtung vor der konstitutionellen Monarchie sei die erste Garantie für die Nationalität, für Unabhängigkefeit und Freiheit.
Großbritannien und Irland. London, 7. Oltober. (W. T. B.) Am nächsten Mittwoch findet abermals ein Kabinetsrath statt
Nach einer Meldung aus Assuan wurde vorgestern bei der Ankunft eines Regiments Infanterie ein Fall von Pocken entdeckt und in Folge dessen das betreffende Bataillon unter Quarantäne gestellt.
Frankreich. Paris, 4. Oktober. (Fr. Corr.) Der Kriegs-⸗Minister unterbreitete dem gestrigen Kabinete⸗ Conseil das von ihm vorbereitete Gesetzespro jekt, betres⸗ send die Bildung einer Kolonial⸗Armee, welches auch die Zustimmung seiner Kollegen erhielt und, im heutigen Minnsterrath durch den Präsidenten der Republik unterzeichnet werden dürfte. General Campenon hat auf das Uebergangs⸗ projekt, das er vor den Ferien im Einvernehmen mit dem Admiral Peyron in der Kammer einbrachte, verzichtet. Der nene Entwurf bezweckt die definitive „Organisirung von Kolonialtruppen und besonderen Truppen für Afrika“. So lautet auch der Titel des neuen Projekts. Ter provisorische Entwurf, der nunmehr zurückgezogen wird, bestand 1) in der Regelung des Uebertritte der Offiziere der Landarmee zur Marine⸗Infanterie zur Stärkung der Cadres der letzteren, und Y) in der zeitweiligen Wiedereinführung der Anwerbungen mit Pr um das Effektiv der Marine⸗ Infanterie vollständig zu machen. Das neue, definitive Projekt stellt die Marine⸗Infanterie unter das Kriegs-Ministerium, statt, wie bisher, unter das der Marine. Gleichzeitig bezweckt dasselbe die Bildung eines be⸗ sonderen afrikanischen Heeres an Stelle des in Algier stehenden
Kolonial⸗Expeditionen besondere Corps gebildet werden können, ohne daß man hierzu Leute aus dem Kontinentalheere benöthigt. Die Marine⸗Infanterie, verstärkt durch eine oder mehrere Abtheilungen der afrikanischen Armee, würde für alle durch die französische Kolonialpolitik bedingten Unter⸗ nehmungen genügen, wie auch das afrikanische Heer ohne Mit⸗ hülfe der Kontinentaltruppen der Vertheidigung der französischen Besitzungen in Afrika gewachsen wäre und sogar einen Theil für die Okkupation von Tunesien abgeben könnte. Das neue Gesetz wird, wenn es in Kraft getreten ist, eine Mehraus⸗ gabe von jährlich zehn Millionen mit sich bringen, welche burch die Anwerbungsprämien und die mit der Länge der Dienstzeit wachsenden Löhnungen verursacht werden. Das Projekt wird nach dem Wiederzusammentritt der Kammer an die Armeekommission verwiesen werden, so daß es nicht gleich bei Beginn der Session zur Berathung gelangen kann. Die Vor⸗ prüfung des Ausschusses dürfte jedoch keine allzu lange Zeit in Anspruch nehmen, da das Projekt des Kriegs⸗-Ministers nicht viel von dem der Kommission abweicht. Auch das letztere stellt die Marine-Infanterie unter das Kriegs-Ministerium und vertheilt diese in gleiche, den Armee⸗Corps attachirte Theile, zwischen denen der Uebergang zum Dienst in Algier und den Kolonien geregelt würde. .
Die Budgetkommission wird die Konversion der alten 41½ prozentigen Rente in 4m resp. 3 prozentige bean⸗ tragen. Es würde hierdurch eine Ersparniß von jährlich 3 Millionen erzielt werden. Die neue 41 prozentige Rente (konvertirte 5 prozentige) ist bekanntlich während zehn Jahren gegen jede neue Konversion garantirt.
— 5. Oktober. (Fr. Corr.) Die Minister traten gestern früh unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik im Elysée zu einem Ministerrath zusammen. Mit Ausnahme des in Moissae weilenden Unterrichts-Ministers Fallisres waren die Mitglieder der Regierung vollzählig erschienen. Herr Ferry gab einen kurzen Abriß der seit den Parla—⸗ mentsserien eingetretenen Ereignisse. Der Marine-Minister, Admiral Peyron, theilte seinen Kollegen eine Depesche des Befehlshabers des Expeditions-Corps in Tongking, Ge⸗ nerals Brisre de l'Fsle, mit, welche besagt, daß der Ge— neral auf die Kunde von der Anwesenheit chinesischer Streit— kräfte zwischen Bacle und Langson diesen entgegengegangen sei. Drei Kanonenboote, „Massue“, „Mousqueton“ und „Hache“, haben auf einer Rekognoszirung im Loochuan, einem Nebenflusse des Songkau, bei dessen Mündung bei Langson 4000 Chinesen eine glänzende Schlacht geliefert und ihnen große Verluste beigebracht. Auf französischer Seite hatte man an Verwundeten 21 Motrosen und 10 Soldaten sowie den Verlust des Kapitäns Chalie von der „Massue“, der sofort todt blieb. Der Ministerrath beschästigte sich hierauf mit der Ernennung von Präfekten. ̃ -
— 5. Oktober. Das „Journal officiel“ veröffent⸗ lichte heute das vom gestrigen Tage datirte Dekret, welches die Kammern zu einer außerordentlichen Session auf den 14. Oktober einberuft.
— 6. Oktober. (W. T. B.). In einer heute Vormittag stattgehabten Konferenz des Kriegs-Ministers Cam⸗ penon mit der Budgetkommission wurde ein Ein— vernehmen bezüglich der Herabsetzung des Budgets des Kriegs⸗ Ministeriums erzielt und die abzusetzende Summe auf 14 Mill. anstatt auf 23 Mill. festgesetzt. — Der „Liberté“ zufolge beabsichtigte der Marine-Minister Peyron aus Gesund— sundheitsrücksichten seine Entlassung zu nehmen, habe sich jedoch auf Ersuchen des Conseils⸗Präsidenten Ferry entschlossen, bis zur Beendigung des Konflikts mit China auf seinem Posten zu bleiben. . ;
Von Seiten der Präfektur des Seine⸗Departe⸗ ments sollte heute die Uebernahme der Sakristei der Kirche St. Nicolas des Champs erfolgen, welche be⸗ hufs Verbreiterung der Straße beseitigt werden soll. Da der Delegirte der Präfektur die von dem Geistlichen ver⸗ langten Ausweise seiner Identität nicht mit sich führte, so verweigerte der Geistliche die Herausgabe der Schlüssel. In⸗ zuwischen hatte sich eine große Menschenmasse in der Straße angesammelt, welche in die Kirche drang und dort die Mar— seillaise sang. .
Ein Telegramm aus Hongkong vom heutigen Tage bestätigt die nach vorausgegangenem Bomhardement erfolgte Besetzung von Tams ui. Drei Bataillone der Marine⸗ Infanterie verlassen Tamsui wieder, um die Verbindung mit den Truppen in Kelong herzustellen.
Italien. No m, 6. Oktober. (W. T. B.) Der Cholera⸗ Bericht vom gestrigen Tage meldet: Es kamen vor: In Alessan⸗ dria 2 Erkrankungen, 2 Todesfälle, Aquila 2 Erkrankungen, 1 Todesfall, Bergamo 8 Erkrankungen, 2 Todesfälle, Bologna 2 Erkrankungen, Brescia 3 Erkrankungen, 2 Todesfälle, Caserta 2 Erkrankungen, 1“ Todessall, Cremona 16 Erkrankungen, 11 Todesfälle, Cuneo 57 Erkrankungen, 27 Todesfälle, Genua 43 Erkrankungen, 28 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 27 Erkrankungen, 12 Todesfälle, und in Spezzia 3 Erkran⸗ kungen, Todesfälle, in Modena 2 Erkrankungen, 2 Todes⸗ fälle, in Neapel 66 Erkrankungen, 36 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 36 Erkrankungen, 25 Todesfälle, in Novara 2 Erkrankungen, 1 Todesfall, in Parma 5 Erkrankungen und 3 Todessälle, in Reggio nell' Emilia 3 Erkrankungen, in Rovigo 3 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Turin 7 Erkran⸗ kungen, 4 Todesfälle, und in der Stadt Venedig 1 Erkrankung, Ferrara 5 Erkrankungen, 4 Todesfälle.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 7. Ok⸗ tober. (GH. T. B.) Der General-Gouverneur Ge— neral Gurko ist, unter Belassung auf seinem bisherigen Posten, zum Mitglied des Reichsraths und der lom⸗ mandirende General des zweiten Armee⸗Corps, General— Lieutenant Nikitin zum kommandirenden General der Truppen des Wilnaer Militärbezirks ernannt worden,
Sewastopol, 6. Oktober. (W. T. B.) In Gegenwart des General⸗Admirals Großfürsten Alexis fand heute, die feierliche Grundsteinlegung zu dem ersten südrussischen Trockendock statt.
Dänemark. Kopenhagen, 6. Oktober. (W. T. B.) Der deutsche Gesandte von Philippsborn wurde heute von dem König empfangen und sprach Sr. Majestät im Namen des hiesigen diplomatischen Corps dessen Theil⸗ nahme an dem Verluste aus, von welchem der König und das Land durch den Brand des Schlosses Christiansborg betroffen worden. .
Der Reichstag ist heute im Festsaale der Universität eröffnet worden. Der König berührte in der von ihm verlesenen Thronrede auch dle Feuersbrunst im Schlosse
Ausführungsverordnung ergangen. Die Zählkarten
19. Armee⸗Corps mit einem etwas höheren Effektiv, so daß für die
Christiansborg und sagte: das Königliche Schloß, welches
den Vertretern der Nation bisher zum Obdach gedient, liege in Trümmern und es müsse dies zu ernstem Nach⸗ denken stimmen, zugleich aber als eine ernste Aufforde⸗ rung betrachtet werden, in Eintracht für das Wohl des Landes und des Volkes zu arbeiten. Die Thronrede legt dem Reichstage ganz besonders ans Herz, die Selbständigkeit des Landes durch zweckmäßige Vertheidigungsmaßregeln zu sichern, und schließt mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß auch die übrigen Arbeiten für das Wohl des Landes von dem besten Erfolg begleitet sein möchten. Der König wurde bei seinem Eintritt in den Saal und als er denselben wieder ver⸗ ließ, mit neunmaligen Hochrufen begrüßt. — Bei der hierauf vorgenommenen Präsidienwahl wurden die bisherigen Prä⸗ sidenten wiedergewählt. Der Reichstag wurde alsdann auf 4 Wochen vertagt.
Afrika. Egypten. Kairo, 6. Oktober. (W. T. B.) Eine Depesche des Obersten Kitchener aus Ambukol berichtet: ein Dampfer Stewarts, welcher von Khartum kam, habe an dem Felsen des Katarakts von Wadigarna Schiffbruch gelitten und sei gesunken. Stewart habe einen Boten an Kitchener abgesandt, welcher Hülfe von Dongola aus verlangen sollte.
Das „Reutersche Bureau“ meldet: Ein offizieller Be⸗ richt des Obersten Kitchener sagt, daß nach dem Schiff— bruch des Dampfers Stewarts ein Scheikh sich erboten habe, Stewart durch die Wüste bis nach Merawi zu führen. Auf dem Wege dorthin seien Stewart und seine Begleiter ermordet worden.
Seitungsstimmen.
In einem „Der Kampf des manchesterlichen Liberalismus ums Dasein“ überschriebenen Artikel der „Schlesischen Zeit ung“ heißt es:
.= Von jener Zeit ab nahm Fürst Bismarck die sozialen und wirthschaftlichen Dinge in die eigene starke Hand. Der Kampf, den er begann, war ein Kampf gegen das Manchesterthum, das sich plötzlich zweier mächtiger Feinde zu erwehren hatte. In seiner Front sah es den reformatorischen Kanzler, in seinem Rücken die revolutionäre Sozialdemokratie. Die nationalliberale Partei, bis dahin noch eifrige Anhängerin des manchesterlichen Faisser faire und des radikalen Freihandels, zerbrach in Stücke. Ihr linker, am manchesterlichen Prinzip eisern festhaltender Flügel näherte sich dem Fottschritt und hat sich schließlich mit demselben verschmolzen; der rechte Flügel verharrte lange in unentschiedener Stellung, hat sich aber, nachdem er in derselben mehr und mehr an Einfluß und Anhang verloren, nunmehr vollständig zu der sozialen und wirthschaftlichen Politik der Regierung bekannt.
Das Manchesterthum, von dem sich auch die nationalökonomische Wissenschaft inzwischen vollständig abgewandt hat und dessen einziger Repräsentant heute die Koalitions partei der „Deutschfreisinnigen“ ist, kämpft auf Leben und Tod um seine Existenz — das ist die augen blickliche Pbase des unsere Zeit erfüllenden, weltgeschichtlichen Prozesses, und in dieser Phase treten wir in, den Wahlkampf. Die Deutschfreisinnigen wissen, was zur Zeit für sie auf dem Spiele steht. Ist die manchesterliche Doktrin überwunden, so bricht guch der politische Boden unter ihren Füßen zusammen. Die soziale Reform ist die entschiedenste Negation jenes nackten Individualismus, auf welchen alle fortschrittlichen Doktrinen und Bestrebungen hinauslaufen. Sie will nicht die Auf— lösung der Gesellschaft in ihre Atome, sondern organische Gliederungen, korporative Verbände, Sie beschränkt die Willkür des Individuums, soweit das Wohl der Gesammtheit dies fordert. Die soziale Reform bewegt sich nicht in abstrakten Theorien, son— dern greift tief hinein ins volle Menschenleben. Sie ist gleich un2— vereinbar mit einem parlamentarischen Parteiregiment, wie mit republikanischen Velleitaͤten, denn ein starkes Königsthum ist den sozialen Problemen gewachsen.
Der Kampf um das Dasein, den der Fortschritt zur Stunde sührt, erklärt vollkommen dessen gegenwärtige Haltung., Wir haben es nicht mehr, wie in den Jahren nach dem letzten Kriege mit einer Partei zu thun, deren Streben vornehmlich dahin ging, gewisse demo⸗ kratische Prinzipien zur Geltung zu hringen und zu diesem Zwecke in positivꝛar Weise an der Gesetzgebung mitzuwirken, sondern mit einer Partei, die sich einzig und allein entschiedene Opposition“, also kon⸗ sequente Negation, zur Aufgabe stellt und alles andere als vom Uebel“ erklärt. Cine solche Partei kann nie und nimmer die Partei der— jenigen sein, die ein Verständniß für den großartigen sozialen Ent— wickelungsprozeß haben, in dessen Verlaufe wir leben, sie kann nie und nimmer die Partei unseres Bürgerthums sein, das einen fried— lichen Ausgang dteses Prozesses anstrebt. Was sich noch zu ihr be— kennt, ihut es unbewußt und verwirrt durch die alten Schlagworte liberal und konservativ, Worte, die in der sozialen Bewegung unserer Zeit eine entscheidende Bedeutung nicht mehr haben. Heute heißt es einfach: Soziale Reform oder soziale Revolution. Wer nur negirt, beschwört die letztere herauf. .
‚— Das „Leipziger Tageblatt“ schreibt zur Unfall— versicherung:
Je näher der Endtermin für die Einbringung von Anträgen beim Reichs⸗Versicherungsamte zur Bildung freiwilliger Berufsge⸗ nossenschaften rückt, einen desto größeren Eifer entfalten auch die In— dustriellen und die industrielle Interessen vertretenden Vereine. Daß bei diesem Eifer für die Aufgaben des Unfallversicherungsgesetzes auch manche falsche Auffassung und Verkennung der Prinzipien des Gesetzes mit unterläuft, ist ja nicht zu verwundern. Nicht mit einem Schlage kann dem großen Publikum die Bedeu—⸗ tung dieses wesentlichsten Schrittes zur Sozialreform klar werden und zumeist am allerwenigsten können sich Diejenigen mit dem Wesen desselben vertraut machen, welche an die Unfallgenossenschaften und Unfallaktienbanken denken, sobald sie den Namen Berufsgenossen⸗ schaften hören. Für biese ist es besonders schwer, sich in Gedanken die neuen Berufsgenossenschaften zu konstruiren, und es ist dies, Falls sie nur eine günstlge Meinung von den alten Genossenschaften hatten, eicht erklärlich. Es macht sich daher, wie es immer geht, wean man sich von lieb gewordenen Gewohnheiten trennen muß, hier und da eine kleine Unzufrieden heit mit der neuen Organisation breit, eine Unzufriedenheit, welche weniger im Gesetz selbst seinen Grund hat, sondern welche durch die Unbequemlichkeit, sich in neue Verhältnisse einarbeiten zu müssen, erkärt wird.
Die Blätter der deutsch⸗freisinnigen Partei, deren Anhänger im Reichstage bekanntlich gegen das Gesetz stimmten, suchen nun diese Unzufriedenheit, diese mißverständliche Autlegung des Gesetzes nach Kraͤften aufzubeuten und betrachten die durch die Unbeguemlich— keit hervorgerufenen Aeufterungen und Bestrebungen, als einen willkommenen Keil, den sie zwischen Re, sozialpolitischen Pläne des Reichskanzlers treiben können. Sei es Unkenntniß der thatsächlichen Verhältnisse, sei es Parteileidenschaft oder das be— kannte frivole Spiel mit den Interessen der Nation, welche die mißverständliche Auffassung des Gesetzes in kleinen Kreisen zu einer Staatsaktion aufbauscht und womöglich daraus die Undurch⸗ führbarkeit des Gesetzes herleitet, Pflicht der nationalen Presse ist es immer wieder, auf den großen Gedanken der Sozialreform hinzu— weisen und das Verständniß für die Berufẽégenossenschaften als die Träger der letzteren zu fördern. Die von deutsch— freisinnigen Blättern ausposaunte Unausführbarkeit des Un— sallversicherungsgesetzes besteht selbstverständlich nur in der
hantasie derselben und es läßt auf wenig Geist schließen,
Was ihnen den Anlaß zu einem Zweifel bietet, sind die Sonder⸗ bestrebungen, welche sich in manchen Kreisen, allerdings nur sehr ver⸗ einzelt, geltend machen und welche von über das ganze Reich aus gedehnten Genossenschaften nichts wissen wollen. Diese Bestrebungen sind, wie wir schon bemerkten, sehr vereinzelt und auf gewisse lokale Ver- hältnisse zurückjuführen. . . Ganz abgesehen davon, daß wir in allen Fragen nur unseren eigenen Standpunkt einnehmen, sind wir doch in diesem Falle in vollkommener Uebereinstimmung mit dem Reichs- Versicherungsamt. . . . Für uns ist die Berufsgenossenschaft die Zu⸗ sammenfassung der einzelnen Betriebe zu einer durch Las Gesetz be⸗ dingten Organisation. Wir legen Gewicht auf das Wort . Beruf“, denn nur in ihm finden die Angehörigen der Genossenschaften die Be⸗ ziehungen und gleichartigen Bestrebungen im ganzen Reich wieder. Wir legen deshalb auch Werth auf die über das ganze Reich aus—⸗ gedehnte Genossenschaft und treten für sie mit aller Kraft ein, weil der Beruf eben die Basis derselben ist.
Wie die Stimmung nun im Allgemeinen in Deutschland ist, das beweisen am besten die zahlreich in Aussicht gestellten Berufsgenossen⸗ schaften über das ganze Reich, das Interesse, welches daran fast alle Industriellen nehmen und gegen welches die sehr vereinzelte Mißstim⸗ mung oder die ungerechtfertigte Befürchtung der „Nichtdurchführbar⸗ keit? verschwindet, trotzdem man sich befleißigt, aus der Mücke einen Elephanten zu machen. Bezeichnend jedoch ist diese Art und Weise für die Deutsch-Freisinnigen. In der ganzen Bewegung sehen wir aber wieder recht deutlich, welchen großen Anklang in der Nation dieser Schritt zur Sozialreform und ihrer Aus⸗ führung gefunden hat. Die Vertreter des Volkes im Reichs tag, ebenso wie die Regierung haben sich nicht gedacht, daß in so kurzer Zeit die gesammte Industrie, mit den bekannten Ausnahmen, den Geist des Gesetzes oder besser den Gedanken der Gesetzgebung so richtig auffaßte und wie sie, allen kleinlichen Bedenken zum Troß, welche im Reichstage die Aenderung des 5§. 9 herbeiführten, einzig und allein die zuerst ausgesprochene Meinung der Regierung, die Bil⸗ dung von über das Reich ausgedehnten Genossenschaften, zu der ihrigen gemacht hat, und damit heute schon die vom Reichstage dem 5. 9 gegebene Form gründlich desarouirt hat.
— Seitens der Redaktion der „Frankfurter Zeitung“ sind , um Aufnahme nachstehender „Berichtigung“ ersucht worden:
In Nr. 229 vom 29. September d. J. hat der „Reichs⸗ Anzeiger“ eine Auslassung des „Schwäbischen Merkurs“ wiedergegeben, in der es heißt:
Was schreibt nun die „Frankfurter Zeitung“ jetzt, nachdem sie früher in dasselbe Horn gegen vas Verbot des amerikanischen Speckes und Schmalzes geblasen. Man traut seinen Augen nach diesen tollen Propheieiungen kaum. Die Frankfurter Zeitung“ sagt in einem von Berlin datirten Artikel: Entgegen den vielfachen kundgegebenen Befürchtungen, daß diese Maßnahme (Verbot) den Preis des Speckes und Schmalzes erheblich steigern würde, ist gerade das Gegentheil eingetreten. Seit einer langen Reihe von Jahren ist der Preis des e g . und des Schmalzes niemals so billig gewesen, als gegen wärtig.“
Diese Angabe (des „Schwäbischen Merkur“ ist unwahr. Die der „Frankfurter Zeitung“ in den Mund gelegten Worte sind dem Bericht der Handelskammer zu Bochum ent— nommen und im weiteren Verlauf des Artikels von der „Frankfurter Zeitung“ widerlegt worden.
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund heitsamts sind in der 39. Jahreswoche von je 1000) Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 26,4. in Breslau 27,8, in Königsberg 33,l, in Cöln 22.7, in Frankfurt a. M. 16,0, in Hannover 19,4, in Cassel 184, in Magdeburg 2672, in Stettin 21,8, in Altona 27,9, in Straßburg 20,', in Metz 20,6, in München 26,4, in Nürnberg 277,', in Augsburg 27,6, in Dres den 25,6, in Leipzig 17,7, in Stuttgart 15,1, in Braunschweig 23,0, in Karlsruhe 17,0, in Hamburg 21,5, in Lubeck —, in Wien 209, in Budapest — in Prag 31,5, in Triest — in Krakau 24,5, in Basel 70, in Brüfsel 27,9, in Amsterdam 2455, in Paris 21,4, in London 16,l, in Glasgow 2h, in Liverpool 25,1, in Dublin 30,2, in Edinburg 19,5, in Kopenhagen 27,, in Stockholm 27,9, in Chri⸗ tiania 20,1, in St. Petersburg 20,4, in Warschau 31,7, in
dessa 274, in Rom 23,9, in Turin 19,l, in Bukarest 26,0, in Madrid 30,3, in Alexandria 409). — Ferner aus der Zeit vom 1.— 6. September er.: in New⸗Jork 26,8, in Philadelphia 22,8, in Chicago —, in Cincinnati —, in St. Louis —, in San Fran⸗ zisko 13.5, in Kalkutta 2532, in Bombay 28,8, in Madras 36,5. Beim Wochenbeginn herrschten an den deutschen Beobachtungs— stationen meist südliche his südwestliche, in München östliche Luft— strömungen und blieben, vorübergehend mit nordwestlichen, in Karls— ruhe mit nordöstlichen Winden wechselnd, auch an den meisten Stationen bis zum Schlusse der Woche überwiegend, nur in München
26. September an, Nordwestwinde die Oberhand. Die Temperatur der Luft lag an den meisten Stationen (am erheblichsten an den süd⸗ deutschen) etwas unter der normalen und entsprach der letzteren nur in Heiligenstadt und Bremen; namentlich waren die Morgentempe⸗ raturen sehr niedrige in München, Konitz und Berlin sank das Thermometer bis zu 2, bezw. 2,,æ und 2,50 C. Niederschläge waren selten und spärlich. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft sank in den ersten Tagen, stieg vom 22. Abends an wieder rasch, zeigte am 25. an allen Stationen wiederum eine Ab— nahme, um am Schluß der Woche allgemein wieder zu steigen.
In der BGerichtswoche gestalteten sich die Sterblichkeitsverhältnisse in den meisten Großstädten Europas günstiger. Unter den deutschen Städten sind es namentlich die Städte in den beiden rheinischen Gruppen und an der Nordseeküste, die eine geringe Sterblichkeit aufweisen. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank pro Mille und Jahr berechnet auf 23,9 von 25.4 der Vorwoche. Sehr bedeutend vermindert war der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit. Von 10000 Lebenden starben, aufs Jahr be⸗ rechnet, 99 Säuglinge (gegen 107 der Vorwoche); in Berlin 113, in München 104.
Unter den Todesursachen hat eine weitere, ziemlich allgemeine Abnahme von Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der Kinder statt⸗ gefunden. Doch betrug die Gesammtzahl der gemeldeten Sterbe⸗ fälle aus deutschen Städten noch immer 623. Während in Bre lau, München, Dresden, Berlin, Braunschweig, Cöln und in den größeren rheinischen Städten, ferner in Wien, St. Petersburg, Odessa die Zahl der Sterbefälle an diesen Krankheiten eine geringere wurde, nahm sie in Königsberg, Nürnberg, Halle, Görlitz, Hamburg, Altona, Straßburg, Paris, London, Liverpool, Warschau u. a. zu. Auch Todes fälle an Ruhr wurden, besonders aus Berlin, seltener gemeldet. Aus Paris kam ein Todesfall, aus Berlin eine Erkrankung an Cholera
lach, Keuchhusten, typhöse Fieber und Pocken eine Ab-, Masern, Dyphtherie und Kindbettfieber eine Zunahme der Sterbe⸗ fälle. Masern wurden in Brieg, Augsburg, Berlin, Worms häufiger, in Paris und London seltener Todesveranlassung. Die Sterblichkeit an Scharlach war in Königsberg, Graudenz, Leipzig, Berlin, Neuß, Prag, Amsterdam, Warschau, Stockholm, Bukarest eine gesteigerte, in Elbing, Stargard i. Pom, Greifswald, Bremen eine verminderte. — Diphtherie forderte, besonders in deutschen Städten, wieder mehr Opfer, namentlich war ihre Zahl in Königsberg, Danzig, Stettin, Rostock, Elbing, Stolp, Graudenz, Breslau, Dresden, Magdeburg, Berlin, Frankfurt a. O., Spandau, Hamburg, Altona, St. Petersburg, Warschau, Madrid eine größere. — Der Keuchhusten wurde in Dresden, Osnabrück häufiger, in
daß sie eine Organisation für undurchführbar halten, welche mit nur wenig gutem Willen und Verwaltungstalent herzustellen ist.
Berlin seltener Todeßveranlassung. — Typhöse Fieber
gewannen von der Mitte der Woche, in Konitz und Breslau vom
nostras zur Anzeige. Von den Infektionskrankheiten zeigen Schar⸗
Aus Breslau. Posen, Dortmund kamen mehrfache Todesfälle zur Anjeige. — Sterbefälle an Flecktyyhus wurden nur aus Danzig und Murcia je 1 gemeldet. — Pocken zeigten sich seltener, aus Cöln, Tilsit, Brüssel, Wien, Liverpool, Odessa, Rom, Venedig werden ein⸗ zelne, aus Paris, St. Petersburg, Lissabon, New-⸗Orleans je 2, aus Prag und London mehrfache Todesfälle gemeldet — Die Nachrichten über die Cholera lauten aus Südfrankreich und Spanien günstiger. In Italien hat sich die Epidemie über fast alle Provinzen verbreitet, wenn auch in den meisten derselben, besonders in Neapel, ein Nachlaß ersichtlich ist.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die in Nr. 232 des „ReichsAnzeigers“ angekündigte illustrirte Wochenschrift Der Berliner“ (Verlag von S. Schottländer in Breslau und Berlin) kostet nicht, wie dort angegeben, 225 0, son⸗ dern nur 1,430 M pro Quartal.
Gewerbe und Handel.
Der Cours für die hier zahlbaren österreichischen Silber⸗ Coupons ist auf 167 M für 100 Fl. österreichisches Silber herab⸗ gesetzt worden.
— Die Leipz. Ztg.“ theilt folgenden Bericht von der Leip⸗ ziger Michaelismesse über Baumwollen⸗ und Leinen waaren mit: Weder das herrliche Herbstwetter, noch das voran—2 gegangene befriedigende Geschäft vermochten gegenwärtiger Messe ein animirtes Gepräge zu verleihen. Rohkattune waren wenig gefragt und hielten namentlich Druckereien mit ihren Käufen sehr zurück. 34 19/17 notirten 211 per Meter Berliner Konditionen, 36 Warpcops und I Pincops 98 bis 100 3 per J kg netto. In veredelten Baumwollenwaaren fand zwar nur geringer Umsatz statt, doch stellten sich die Preise ziemlich fest. Was Leinengarne anlangt, so sind die Spinner mit ihren Forderungen höher, während die Webereien zu alten Preisen verkaufen müssen. Das Geschäft der Leinenbranche verlief zwar still, da weder in sächsischen noch schlesischen Leinen größerer Bedarf auftrat und auch schlesische und englische Taschentücker, dabei auch weiß⸗ leinene Monopoltaschentücher, diesmal vernachläßigt blieben; immer- bin jedoch ist die Branche eine gesunde. Am ungünstigsten lag das Geschäft in der Jute⸗Branche, deren Gewebe einen Rückgang erlitten, es machen sich die Folgen der Ueberproduktion in diesem Artikel geltend. Auch Jutegarne waren ungemein niedrig offerirt. Spiel⸗ waaren: Die Herb stmesse hat für die Fabrikanten dieser und ver⸗ wandter Branchen bei Weitem nicht die Bedeutung., wie man anzu⸗ nehmen geneigt ist; sie wird deshalb von vielen größeren Häusern gar nicht mehr beschickt. Wenn die diesjährige Messe auch etwas leb⸗ hafter besucht war als ihre Vorgängerin, so sind die Einkäufer zum Theil nur Detaillisten, deren Aufträge nicht zu Buche gehen. Grossisten, sowie die größeren und fachkundigen Detaillisten haben ihren Bedarf für das kommende Weihnachten schon lange vor der der Herbstmesse gedeckt.
Nach dem Geschäftsbericht der Sächsischen Maschinen« fabrik zu Chemnitz, vorm. Hartmann, hat der Bruttogewinn sich im vergangenen Geschäftsjahre um 303 832 M gesteigert und dem⸗ nach 1002 635 M gegen 698 803 MS in 1882.83 betragen. Der Rein⸗ gewinn beziffert sich mit 749 829 ½ und gelangt mit 675 000 „ zur Vertheilung an die Aktionäre gleich 9 0,½ Dividende, mit 61 573 zu Tantièmen an Direktion und Verwaltungsrath und mit 13 256 zum Vortrag auf neue Rechnung. Die Abschreibungen betragen ins gesammt 252 806 S, Im Ganzen sind 3190 Maschinen der ver⸗ schiedensten Gattungen und 523 725 kg Tranimissionen angefertigt und abgeliefert worden, im Werthe von 2538 322 0 Für Modelle sind in der 1883, 84er Betriebsperiode 100 657 M ver⸗ ausgabt worden. Die Betriebsmittel beziffern sich mit 4570 170 4, von welchen 1 826646 MÆ für Reserven, Dividenden, Tantismen 2c. in Abzug zu bringen sind, so daß 2743 524 MS verbleiben. Seit dem Bestehen der Gesellschaft sind 57, 36/0 des Aktienkapftals gleich 4302111 M auf Abschreibungen und 314 400 M auf Hypotheken ˖ rückzahlungen verwandt und der Reservefond auf die statutenmäßige Höhe von 750 0090 S gleich 1079 des Aktienkapitals gebracht worden.
Danzig, 7. Oktober. (W. T. B.) Die Einnahmen der Marienburg Mlawkaer Eisenbahn betrugen im September d. J. 200 666 S, mithin 256 8900 M mehr als in demselben Zeitraum des Vorjahres.
Nürnberg, 4. Oktober. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Das Geschäft war am gestrigen Markt, Vormittags ein sehr schleppendes; Nachmittags befestigte sich die Tendenz in Folge vermehrter Frage jedoch wieder. Verkauft wurden im Ganzen eg. 1300 Ballen. Heute traf nur eine Landzufuhr von ca. 300 Säcken ein und die Bahnabladungen hatten ebenfalls keinen großen Umfang. Die Frage war eine gute, wenn auch die Exporteure sich zurückhielten. Bis Mittag mag der Umsaetz ca. 800 Ballen be— tragen. Die Preise sind im Großen und Ganzen, die vorgestern ge= meldeten. Die Stimmung ist ruhig fest. Die Notirungen lauten: Markthopfen, prima 985-105 M, mittel 82 —- 88 M; Gebirgs—⸗ hopfen, prima 112 — 120 ½, mittel 100 —- 105 S; Aischgründer, prima 120 - 125 M, mittel 105 — 110 69; Württemberger, Haller tauer, Badische und Elsässer, prima 128 — 130 M, mittel 115 bis 1I18 S; Posener fehlen.
. Neußstrelitz, 7. Oktober. W. T. B. Die Direktoren der hiesigen Vorschußanstalt, welche wegen ungestempelt ausgegebener au porteur Papiete von dem hiesigen Landgericht zu 130 000 „A. Strafe verurtheilt worden waren, während der Stagtsanwalt 33 Ordnungsstrafe für jeden Angeklagten beantragt hatte, haben die Revision des Erkenntnisses bei dem Reichsgericht beantragt. Weimar, 6. Oktober. (Th. C) Die Apolda'ische In— dustrie erfreut sich fortgesetzt einer regen Thätigkeit. Namentlich in einzelnen Branchen sinz trotz der vorgerückten Jahreszeit Arbeits⸗ kräfte noch immer gesucht. Der anfaͤnglich in Folge der durch die mit dem Ausbruch der Cholera im Zusammenhang stehenden Ver— kehrshindernisse eingetretene Stillstand ist bald ausgeglichen worden. Wien, 7. Oktober. (W. T. B. Die „Wiener Zeitung“ meldet, daß die Länderbank die Konzession zu einer Aktien gesellschaft jär die Ergänzungslinien der östereichisch— ungarischen Eisenbahnen erhalten hat.
Glasgow, 6. Oktober. (W. T. B.) Die Verschiffungen
von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 9600 gegen
12 009 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
Bradsord, 6. Oktober. (W. T. B.) Wolle flauer,
Realisirungen Käufer zurückhaltend, da Konsumenten genügend Vor
. Garne stetig. Stoffe: besserer Begehr für den ontinent.
Submissionen im Auslande.
Spanien. 30. Oktober. General ⸗Direktion der öffentlichen Arbeiten in Madrid und Provinzial-Civilregierung in Huelva. Beschaffung von 3 Bojen, System Nebert, für die Barre des Hafens von Huelva. Voranschlag: Pesetas 13 4277,40. Nähere Bedingungen in der Expe⸗ dition des „Reichs ⸗Anzeigers“.
Verkehrs⸗Anftalten.
Ueber den deutsch⸗zsterreichischen Tarifkonflikt schreibt der ‚Brl. Aktionär“: Unter dem Rubrum „Neuer Tarifkonflikt deutscher und österreichischer Bahnen“ bringen die österreichischen Blätter Mittheilungen, welche, wie dies schon bei den Verhandlungen vor ungefähr zwei Jahren der Fall gewesen ist, Unrichtiges und 9. treffendes in bedenklicher Weise vermischen. Uasere Leser werden sich noch erinnern, wie das im Februar v. J. geschlossene Abkommen ins⸗ besondere auf der Grundlage aufgebaut ist, daß alle geheimen Fracht⸗ nachlässe vermieden, alle geltenden Tarife und deren Nachträge in ge⸗ böriger Weise publicirt und die ,,, nicht gůnstiger be⸗ handelt werden sollten, als die direkten Bahnverkehre. Die preußischea Staatsbahnen baben s. 3. keinen Zweifel gelassen, daß ohne die An—⸗
wurden seltener, namentlich in Berlin, Paris und London.
nahme dieser K deren weitere Durchführung das Berliner Uebereinkommen vom 10. Februar v. J. enthält, auf den Fortbestand
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