1884 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren! Ehe wir wieder niedersitzen und unsere Gläser niederstellen, erlauben Sie mir, Ihnen meinen herzlichsten Dank aus⸗ zusprechen für die liebevollen Worte, welche der Ober ⸗Bürgermeister der Stadt Konstanz an mich gerichtet hat, und Ihnen allen zu danken für die n in den Ruf, welchen er Ihnen vor⸗

eschlagen. ein Dank ist aber nicht bloß für die Gesinnung, die

ie hiermit ausgedrückt, sondern besonders auch dafür, daß Sie mir Gelegenheit gegeben haben, dieses schöne Fest, diese sehenswerthe Ausstellung mitzumachen und mich zu überzeugen von der Kraft der Entwicklung, die sich in jedem Theil dieser Aus— stellung zeigt, eine Kraft, welche gepflegt merden soll von meiner Regierung, eine Kraft, welche ich selbst mit aller Liebe pflegen werde, daß sie aufblühen, e lgfn und noch reichlichere Erfolge tra⸗ gen möge. Dazu mögen Sie alle mithelfen, dann werden wir noch schönere Ziele erreichen. Mein Dank ist aber auch im Namen aller, welche nicht zur Stadt Konstanz gehören. Ich bin überzeugt, Sie alle stimmen mit mir darin überein, daß es ein hohes Verdienst ist, hier nicht blos die Hand geboten, sondern so gastlich, freigebig gesorgt zu haben für alles, was zu dieser Ausstellung nothwendig ist. Es gereicht dies der Stadt Konstanz zu hoher Ehre und mir gereicht es zu hoher Freude, hier bekunden zu können, daß die Ausftellung ein Akt nicht blos der Freigebigkeit, sondern der Hochherzigkeit ist, welche Nachahmung verdient.

Sie werden nun erwarten, meine Herren, daß ich mit einem Hoch auf die Stadt Konstanz schließen werde. Das würde meinem Herzen entsprechen, aber ich weiß, daß es die Absicht ist, einen besonderen Toast auf die Stadt auszubringen, und ich verzichte daher. Ich schließe aber mit einer anderen Aufforderung an Sie. Alles, was wir heute gesehen, haben wir in dem Bewußtsein friedlicher und glücklicher Zustände gesehen. Dieses Glück ist hoch anzuschlagen, wenn wir den Blick nach außen lenken. Aber wenn wir von dieser Ueber— zeugung ausgehen, so haben wir dabei wohl auch Anderer zu gedenken, und zwar Derjenigen, welche wesentlich dazu beitragen, diese Zustände zu erhalten. Der Herr Ober ⸗Bürgermeister hat eines Tages gedacht, da die Stadt Konstanz ihre erste Eisenbahnverbindung erhielt, und es war dies ein schönes Fest. Ich erinnere Sie an einen andern Tag, welcher ein Ehrentag für Konstanz war: es ist der Tag, da der erste Deutsche Kaiser nach beendetem Trieg zum erstenmale einzog in die Stadt Konstanz. Dieser Tag ist versinnbildlicht hier; aber er lebt auch in den Herzen Aller, welche ihn mitgemacht, und er lebt noch lange in den Herzen der nachfolgenden Generationen. Und ich glaube das Rechte zu sagen: Pflegen wir diesen Geist, er ist stark und hilft über vieles hinweg, er hilft auch zu dem, was wir heute hier ausgestellt gesehen haben, zur Pflege der Landwirthschaft! Und so komme ich zu dem Punkte, den ich erreichen will. Sie mögen überrascht jein, daß auch bei Gelegenheit einer landwirthschaftlichen Ausstellung diese Seite berührt wird, und doch tönt sie in allen Herzen wider. Wir sind alle deutsche Männer und Sie stimmen alle gern mit mir ein in ein Hoch auf das Oberhaupt des Deutschen Reiches: Ueberaus hoch lebe der Deutsche Kaiser! Und noch lange Jahre möge es uns vergönnt sein, diesen Ruf erschallen zu lassen: Hoch lebe Kaiser Wilhelm! hoch!“

Mecklenburg⸗Strelitz. Strelitz, 7. Oktober. (Meckl. Anz.) Der Großherzog, die Großherzogin, der Erb⸗ großherzog und die Erbgroßherzogin haben sich heute mit größerem Gefolge und Dienerschaft zu mehrtägigem Auf— enthalt nach Neubrandenburg begeben und werden dort im Großherzoglichen Residenzschlosse, welches Herzog Adolph Friedrich IV. im Jahre 1755 zu seiner Sommer⸗Residenz erhob, Wohnung nehmen.

Braunschweig. Braunschweig, 8. Oktober. (W. T. B.) Nach aus Sybillenort hier eingetroffenen Nachrichten ist der Herzog erkrankt.

9. Oktober. (W. T. B.) Die „Braunschw. Anzeigen“ melden; Ueber das Befinden des Herzogs, welcher bekannt— lich noch auf Schloß Sibyllenort in Schlesien weilt, geht uns aus sicherer Quelle die Mittheilung zu, daß Se. Hoheit schon seit längerer Zeit an rheumatischen und neuralgischen Schmerzen im rechten Oberarm leidet, und daß diese Schmerzen neuer— dings nicht ohne Rückwirkung auf das Allgemeinbesinden ge— blieben sind. Se. Hoheit bedarf daher augenblicklicher Ruhe und Schonung, und ist deshalb auch die Rückkehr nach hiesi⸗ ger Residenz einstweilen noch verschoben.

¶Desterreich⸗ Ungarn. Wien, S8. Oktober. (W. T. B.) Die „Politische Corre spondenz“ ist gegenüber den in Zeitungen veröffentlichen Analysen eines angeblichen Cir— kularschreibens Lord Granville's in der egyptischen Frage, in der Lage, zu konstatiren, daß ein neuerliches der— artiges Rundschreiben in Wien bisher nicht eingetroffen ist.

Pest, 7. Oktober. (Wien. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhau fes meldete der Präsident, daß der Kaiser die Glückwünsche des Hauses anläßlich des Allerhöchsten Namensfestes dankend entgegengenommen habe. Der Kommunikations-Minister überreichte die Berichte in Betreff der Konzessionirung der Vizinalbahnen Gran— Nana Ipolysägh und Großwardein Vaskoh, ferner den Gesetz— entwurf über die Ablösung des in Händen einer Aktiengefell—⸗ schaft befindlichen Theiles Großwardein-Essegg der Alföld— Fiumaner Bahn. Diese Vorlagen wurden den betreffenden Fachausschüssen überwiesen.

Belgien. Brü ssel, 8. Oktober. (W. T. B.) Gestern Abend kam es nach der öffentlichen Versammlung der liberalen Vereinigung zur Wahl von Kandidaten für die am 19. d. M. stattfindenden Kommunalwahlen zu einem hestigen Wortwechsel zwischen den Führern der vorge— schrittenen und der gemäßigten Linken, welche bei der Ver— sammlung zugegen waren. Die letzteren halten die Kandi— datur Jansons nach den Wahlen vom 10. Juni für inopportun und fürchten, daß Arbeiter⸗Kandidaturen den Erfolg bei den Wahlen aufs Spiel setzen würden.

Großbritannien und Irland. London, 7. Oktober. Allg. Corr.) Dem gestrigen Kabinets⸗Rath in Downing⸗ street wohnten außer Lord Northbrook, Earl Spencer und Mr. Chamberlain sämmtliche Minister an. Die Zustände in Südafrika sollen den Gegenstand der Erörterung gebildet haben. Morgen tritt das Kabinet wiederum zu einer Sitzung zusammen.

Die Zahl der bei dem Schiffbruch des Ka—

Tory Island verun⸗

nonenboots „Wasp“ bei glückten Seeleute beträgt nach offiziellen Zusammen⸗

stellungen 50. Von den Leichen der Verunglückten sind bis jetzt erst einige, und diese theilweise in fast unkenntlichem Zustande, aufgefischt worden. Das Kriegsschiff „Banterer“ ist nach der Toryinsel gesandt worden, um bei der Aufsuchung der Leichen behülflich zu sein, deren Identität durch die sechs geretteten Matrosen festgestellt werden soll. In Portsmouth wurde gestern die kriegsgerichtliche Unt ersuchung über die mit dem Untergange des Kanonenbootes verknüpften Um—

fand der Gerichtshof, daß das Schiff bei der Toryinsel mangels gehöriger Sorgfalt und Aufmerksamkeit in seiner Handhabung scheiterte, und sprach die Geretteten von jeder Mitschuld frei.

Obwohl im Kriegs⸗Ministerium eine Bestätigung der Meldung, daß Oberst Stewart in der Nähe von Berber ermordet worden, noch nicht eingegangen ist, scheint nur wenig Zweifel darüber obzuwalten, daß die Hiobspost wahr ist. Der unglückliche Offizier ist der Verrätherei seiner arabischen Führer auf der Kameelreise nach Merawi zum Opfer gefallen. Die Um⸗ stände, unter denen er seinen Tod gefunden, sind angeblich folgende: Nach der Vertreibung der Rebellen aus Berber kehrte General Gordon nach Khartum zurück, und Oberst Stewart fuhr mit 40 Mann an Bord eines Dampfers den Nil hinab, um sich nach Dongola behufs Anknüpfung einer Verbindung mit dem Mudir zu begeben. Auf der Fahrt von Berber den Fluß abwärts stieß der Dampfer auf einen Felsen und war außer Stande, die Reise fortzusetzen. Nach vergeblichen Anstrengungen, den Dampfer flott zu machen, wurden Unterhandlungen mit den Eingeborenen an den Ufern angeknüpft, und engagirte Oberst Stewart einen Araberchef, der ihn mit Kameelen versehen und über die Wüste nach dem wenige Meilen oberhalb von Am— bukol gelegenen Mirawi geleiten sollte. Der Ehrlichkeit des Araber⸗ chefs trauend, wurde eine Landung bewerkstelligt; aber kaum hatte ein Theil der Mannschaft das Gestade betreten, als sie bis zum letzten Mann niedergemetzelt wurden. Die Eingeborenen betraten sodann den Dampfer und tödteten alle an Bord befindlichen Personen mit Ausnahme von vier. Wer diese Vier sind, ist noch nicht bekannt, und man fürchtet, es sei nur wenig Hoffnung vorhanden, daß Oberst Stewart einer der am Leben Gebliebenen ist. Es ist noch nicht bekannt, ob Mr. Power, der Korrespondent der „Times“ in Khartum, mit General Gordon nach Khartum zurückkehrte, oder das Schicksal Stewarts theilte. Der Kairoer Korrespondent eines Londoner Blattes erwähnt des Umstandes, daß Oberst Stewart eine Summe von 55 000 Pfd. Sterl. mit sich führte, welche die Rebellen 9 Berber zurückgelassen hatten und die er an sich genommen

atte.

Im Laufe einer gestern vor seinen Wählern in Northampton gehaltenen Rede dementirte Bradlaugh das Gerücht, daß er beabsichtige, am Tage der Parlamenks⸗ eröffnung wiederum seinen Sitz im Hause der Gemeinen zu reklamiren. Er beabsichtige, von der Geltendmachung seiner Ansprüche Abstand zu nehmen, bis der von der Regierung wider ihn angestrengte Prozeß wegen gesetzwidriger Betheili⸗ gung an Abstimmungen in letzter Instanz entschieden worden.

9. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Wie die „Times“ erfährt, wäre im gestrigen Kabinetsrath be⸗ schlossen worden, sofort Maßregeln zu ergreifen, um den Ein— griffen der Boeren im Betschuanalande ein Ende zu setzen; eine präzise Form für das Einschreiten sei jedoch noch nicht festgestellt.

Frankreich. Paris, 7. Oktober. (Fr. Corr.) Offi⸗ zielle Nachrichten von dem Admiral Courbet liegen bis zur Stunde nicht vor. Dagegen tauchen wieder mit großer Beharrlichkeit die Gerüchte auf, daß die Regierung auf dem Punkte stehe, die Unterhandlungen mit Ehina wieder aufzunehmen, und daß die Besetzung von Kelong der Schluß der militärischen Operationen sei.

Man telegraphirt aus Lyon, daß in der letzten Nacht eine furchtbare Explosion das ganze Stadtvierte— Bellecour in Schrecken versetzt habe. Eine von freylerischel Hand vor die Fagade des Gensd'armerie-Gebäuder niedergelegte Dynamitbombe war mit solcher Gewalt explos dirt, daß die Mauer stark beschädigt wurde und alle Fenster de⸗ umliegenden Häuser in Stücke sprangen. Die Bombe hat hauptr sächlich die Wohnung des Zahlmeisters beschädigt, der selbst zum Glück abwesend war. Die eingeleitete Untersuchung hat bisher noch kein Resultat ergeben, doch muß der Attentäter, in Berück⸗ sichtigung der örtlichen Verhältnisse, eine sehr genaue Lokal— kenntniß besitzen und seinen Anschlag lange vorher überlegt haben. Der kommandirende General Carteret⸗Trécourt begab sich sofort, nachdem er von den Exreignissen in Kenntniß gesetzt worden, nach der Gensd'armerie⸗-Kaserne. Privatdepeschen des „Temps“ betonen, daß dieses Bombenattentat das Werk eines einzelnen Fanatikers sei, an dem die große Masse der Lyoner Arbeiter keinen Theil habe.

8. Oktober. (W. T. B.) Die Budgetkommission berieth heute eingehend über verschiedene Mittel zur Her— stellung des Gleichgewichts im Budget, namentlich über Ein— schränkung der Amortisirung oder Emittirung einer Anleihe. Die Kommission beschloß, nicht die Initiative in dieser An⸗ gelegenheit zu ergreifen, sondern die Regierung aufzufordern, ihr rathsam erscheinende Vorschläge zu machen.

Die Erträgnisse der indirekten Steuern im Monat September ergaben ein Minus von 5. Millionen gegen den Voranschlag. Das Gesammtminus gegen den Voranschlag beträgt für die ersten neun Monate dieses Jahres 47 Millionen Fres.

Ein Telegramm aus Hanoi, vom heutigen Tage meldet: Eine 600 Mann starke Abtheilung französischer Truppen, bei welcher sich Artillerie befand und welche von 3 Kanonenbooten unterstuͤtzt wurde, hat die Chinesen am Lochnan nach 6stündigem Kampfe vollständig geschlagen. Der Verlust der Franzosen betrug 4 Todte (darunter ein Kapitän) und 20 Verwundete (darunter ein Lieutenant). Der Vormarsch der Franzosen dauert fort.

9. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agence Havas“ aus Shanghai, vom 8.8. M. meldet: Das Bombardement von Tam sui, welches am 2. d. M. begann, dauerte noch am 6. d. M. fort. Sämmtliche Forts sind zerstört und die Häuser der europäischen Einwohner von den Kugeln stark mitgenommen; die Einwohner selbst haben nicht gelitten. Die Chinesen waren stark verschanzt.

9. Oktober. (W. T. B.) Ein offizielles Tele⸗ gramm aus Hanoi bestätigt, daß die Chinesen bei Loochnan am 6. d. M. mit einem Verluste von 1000 Mann geschlagen worden sind. Eine Kolonne unter dem Befehl des Generals Négrier marschirt den Phulung aufwärts, um womöglich den Chinesen den Rückzug abzuschneiden.

Italien. Rom, 8. Oktober. (W. T. B.) Der Cholera—⸗ Bericht vom 7. d. Mis. meldet: Es kamen vor: In Alessan— dria 4 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Aquila 2 Erkran—⸗ kungen und 2 Todesfälle, in Bergamo 5. Erkrankungen und 8 Todesfälle, in Bologna 1 Erkrankung und 1 Todesfall, in Brescia 4 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Campobasso L Erkrankung und 1 Todesfall, in Chieti 2 Erkrankungen, in Caserta 7 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Cremona

stände abgehalten. Nach Vernehmung der geretteten Seeleute

12 Erkrankungen und 5 Todesfälle, in Cuneo 44 Erkrankun⸗ gen und 11 Todesfälle, in Ferrara 3 Erkrankungen und

1 Todesfall, in Genua 29 Erkrankungen und 26 Todeg— fälle, davon in der Stadt Genua 13 Erkrankungen und 10. Todesfälle, und in der Stadt Spezzia 2 Erkrankungen und 2 Todesfälle, in Mantua 2 Erkrankungen und 1 To— desfall, in Modena 2 Erkrankungen und eben so viel Todes fälle, in Neapel 55 Erkrankungen und 27 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 30 Erkrankungen und 8 Todesfälle, in Novara 2 Erkrankungen und eben so viel Todessälle, in Pavia 9 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in Pisa 4 Erkran— kungen und 1 Todesfall, in Reggio nell' Emilia 3 Erkran— kungen und 3 Todesfälle, in Salerno 4 Erkrankungen und in Turin 5 Erkrankungen und 4 Todesfälle.

Spanien. Madrid, 8. Oktober. (W. T. B.) In der Provinz Alicante sind gestern 4 Personen an der Cholera gestorben.

Griechenland. Athen, 8. Oktober. (W. T. B.) Der König, die Königin und die Königliche Familie haben heute nach beendigter Quarantäne ihren Einzug hier— selbst gehalten.

Rußland und Polen. O dessa, 8. Oltober. (W. T. B) Der Nihilist Deutsch ist durch Urtheil des Kriegs gerichts wegen Mordversuchs an Goronowitsch durch Begießen mit Schwefelsäure schuldig erkannt und zu 131 jähriger Zwangsarbeit in den Bergwerken verurtheilt worden.

Seitungsstimmen.

Ueber den zwischen den Nationalliberalen und Konser— vativen in Lauenburg abgeschlossenen Kompromiß, wonach Erstere für die Landtagswahlen, Letztere für die zum Reichs⸗ tage den Kandidaten aufstellen sollen, bemerkt die „Lübecker Zeitung“:

111. in unzähligen anderen Kreisen Deutschlands hat die Haltung der „deutschfreisinnigen Partei auch in Lauenburg eine Einigung aller antifortschrittlichen Elemente herbeigeführt. Immer weiter bricht sich die Ueberzeugung Bahn, daß unfruchtbares Kritteln an allen Vorlagen, welche die Regierung macht, nicht mehr an der Zeit ist. Die großen Fragen der Sozialreform und der Kolonialpolitik verlangen, unter weiteren Gesichtskreisen be— handelt zu werden, als die Fortschrittspartei es zu thun beliebt. Dem hat die nationalliberale Partei in Lauenburg durch ihre bekannte Adresse an den Fürsten Reichskanzler Ausdruck gegeben, für dessen geniale Politik sie nun auch bei der Wahl voll und ganz eintreten wird. Sie wird sich nicht durch das Gezeter der Gegner beirren lassen, sondern den klar vorgezeichneten Weg verfolgen bis an das Ziel. Dabei wird ihr die Billigung aller Einsichtsvollen zu Theil, sie selbst wächst und gedeiht und trägt auch ihr Scherflein bei zu der naturgemäßen Entwickelung der Zustände in unserem deutschen Vaterlande.

Die „Mecklenburgischen Landesnachrichten“ schreiben:

Die Wirkung der sozial ⸗politischen Gesetze auf die Arbeiterkreise und selbst auf die Sozialdemokratie beginnt fich schon jetzt in erfreu— licher Weise zu äußern. War schon die Adresse, welche die Düffel—⸗ dorfer Arbeiter dem Kaiser auf Schloß Benrath am 21. September überreichten, ein beredtes Zeugniß von dem Wandel in den Gesinnungen eines Theils der Arbeiter, so sehen wir jetzt auch Anhänger der Sozialdemokratie ihre Befriedigung aussprechen über das, was zu Gunsten der Arbeiter geschehen ist. So sst jüngst die Wahl des als Kandidaten in einem Berliner Wahlkreise aufgestellten Sozialdemokraten Tutzauer von einem sozialdemokratischen Flugblatt empfohlen worden, welches rückhaltslos die Zustimmung zu dem bisher Erreichten ausspricht. Freilich werden an dem Unfallversicherungsgesetz Ausstellungen gemacht und es wird die Nothwendigkeit einer Aenderung und Erweiterung desselben in einigen Punkten betont, gleichwohl nimmt man es doch als Grundlage, auf der weiter gebaut werden kann, dankbar hin. In dem Aufruf heißt es weiter: „Ferner wollen wir staatliche Invaliden⸗ und Altersversorgung für die Arbeiter; es ist eine hohe fittliche Aufgabe des Staates, auch den Invaliden der Arbeit Schutz und Theilnahme zu gewähren. Nicht ein Almosen in Form von Unterstuͤtzung soll geboten werden, sondern der Lohn für treue, redliche Arbeit ist es, den wir durch Invalititäts- und Altersversorgung gewährt zu sehen wünschen. Auch unsere Reichsregierung hat sich der Thatsache nicht verschließen können, daß es hohe Zeit ist, auf dem Gebiete des Er— werbslebens bessere Zustände anzubahnen.“ Man wird hierin eine wesentliche Anerkennung des sozialpobttischen Programms der Kaiser— lichen Botschaft erblicken. Wenn es zum Schluß des Aufrufs heißt, daß „wir einen Volksvertreter brauchen, der das Gute überall, gleichviel, ob es von Seiten der Regierung oder aus der Mitte der Volksvertreter kommt, anerkennt und annimmt,“ so ist das zwar recht schön, stimmt aber mit dem bisherigen Verhalten der sozsaldemo— kratischen Abgeordneten im Reichstage nicht überein, die vielmehr alles Gute bekämpft haben, was jetzt in dem Aufruf als Errungenschaft stillschweigend anerkannt und angenommen wird.

Aus Hannover (Ende August) meldet das Oktoberheft

des Deutschen Handelsarchivs“ Folgendes: In den verschiedenen Industriezweigen unseres Bezirks läßt sich ein langsames, aber stetiges Fortschreiten zum Besseren erkennen, so daß die Gesammtlage der Industrie als nicht ungünstig bezeichnet werden kann. Mit nur, wenigen Ausnahmen sind die Fabriken vollauf beschäftigt und auch für die nächste Zeit mit Auftragen hinreichend versehen. Die Preise der Rohmaterialien sind fest und in allen Branchen niedrig, während die der Fabrikate bislang ihren Stand behauptet haben, so daß der Betrieb ein lohnender ist. Kleinhandel und Hand— werker befinden sich in einer befriedigenden Lage.

Das Baugeschäft hat in diesem Jahre einen wesentlichen Fort— schritt gemacht. Luxusbauten wurden wenig, dahingegen in Industrie= und Neubauten mehr aufgeführt. Eine Lohnerhöhung für Maurer⸗ und Zimmergesellen blieb nicht aus; dieselbe betrug zwischen 10 und 15 o. Ebenso erlangten die Tischler eine nicht unwesentliche Aufbesserung des Lohnes. Die Preise für Mauersteine stiegen um etwa 5 M pro Mille gegen das Vorjahr, so daß die Ziegelei⸗ besitzer, wenn auch nicht mit großem Verdienst, ihren vollen Be⸗ trieb aufgenommen haben. Die Baumaterialiengeschäfte und Holi⸗ handlungen haben bei ziemlich gleichen Preisen wie im Vorjahre cinen bedeutenderen Umsatz nachzuweisen.

Die in Lehrte und Misburg belegenen Cementfabriken sind voll auf beschäftigt. Trotzdem ist der Preis für Cement derselbe geblieben. Anscheinend haben die Lüneburger, Hemmoor und Höxter Cemente den vorhin genannten das Feld geräumt.

Die Asphaltindustrie hat sich wesentlich gehoben trotz des Rück— gangs der Preise, welcher durch eine neue Konkurrenzgesellschaft her— vorgerufẽn wurde.

Eine ganz neue Industrie ist hier eingezogen, welche im Laufe der Zeit der Tapetenbranche einigen Schaden zufügen wird. Die Lincrusta Walton ist der betreffende Artikel, welcher an Stelle der Tapete zu Dekorationen von Zimmern und Vorplätzen verwandt werden soll und zu deren Herstellung in der Nähe von Hannover eine neue Fabrik erbaut ist. Sollte sich der Preis für diesen Artikel etwas ermäßigen, so wird der Konsum hierfür ein bedeutender werden.

Die Pavierfabrikation hat sich in letzter Zeit durch erhöhte Pro duktion sehr gehoben und ist, sofern es sich um Schreib- und Postpapler handelt, auch lohnender geworden. Wenn auch die Preise für fertiges Fabrikat billiger geworden sind, so hat sich dies durch niedrige Preise der Rohmaterialien wieder ausgeglichen. Sowohl Holjstoff wie Stroh waren seit einem Jahre so billig wie nie zuvor.

e Papierfabriken ibre Produktion in Folge des erhöhten e len en rr. erhöht haben, so kann man zuversichtlich von nn Gewinnen bei der Papierfabrikation in diesem Jahre e . Mit ganz besonderem Vortheil arbeiten die Fabriken, pee. Cellulose (Sulfit) nach Mitscherlichschem System verarbeiten; * hiesiger Provinz ist dies namentlich die hannoverische Papierfabrik ; u. ;

6. , und Maschinenfabrikation liegt in unserer Provinz trotz des Darniederliegens des Eisen geschäfts im Ganzen und Großen cht ungünstig, weil die meisten Fabriken Spezialitäten pflegen 2 dabei verhältnißmäßig gute Preise erzielen. Nur die Loko⸗ m libranche, der das Ausland in Folge der Zollerböhungen verloren mengen ist, leidet noch immer an ungenügender Beschäftigung und

ückten Preisen. ;

ler ig, . sind durch starke Neubauten in der Zucker⸗ branche, in der Gummi- und Maschinenindustrie, sowie in den Wasser= werkdanlagen gut beschäftigt gewesen; denselben kommen die billigen Roheisenpreise sehr zu Statten und, sie müssen gute Erträgnisse liefern, zumal im ersten Halbjahr bei starker Beschäftigung hohe preise erzielt wurden. Jetzt macht sich ein kleiner Rückschritt bemerk⸗ har, der auf das Fehlen neuer Aufträge aus der Zuckerbranche (wegen der niedrigen Preise des Zuckers werden neue Fabriken nicht gebaut) jurückzuflihren ist. Die CGisengießereien für Nähmaschinenaytikel sind gut beschäftigt, wenn auch durch die starke Konkurrenz die Verkaufs preise sehr gedrückt werden. .

Die Bierbrauereien haben im Allgemeinen ein ziemlich günstiges Resultat K . . .

Die Gummifabrikation wird im hiesigen Bezirk ungemein schwunghaft betrieben. Es liegen ausreichende Aufträge vor, auch läßt sich erwarten, daß der Konsum ein immer bedeutenderer werden wird. Die Rohgummspreise sind schon seit Monaten bedeutend ge⸗ fallen, während die Preise der Fabrikate fast unverändert geblieben sind, so daß, wenn nicht von der Konkurrenz die Preise geworfen werden, ein recht lohnender Gewinn in Aussicht steht. .

Die hannoverische Baumwollenspinnerei und Weberei ist hin⸗ reichend mit Aufträgen versehen und arbeitet mit gutem Nutzen.

Die Webereien unseres Bezirks, von denen namentlich die mecha⸗ nische Weberei zu Linden hervorzuheben ist, sind ebenfalls gut und sohnend beschäftigt. Die mechanische Weberei ist bis April nächsten Jahres mit Aufträgen versehen und konnte allen an sie heran⸗ zretenden Anforderungen nicht nachkommen. Dieselbe hat die Preise für ihre Fabrikate schon mehrere Male in diesem Jahre erhöht. Blese Prelserhöhung ist derselben gern bewilligt worden, da ihre Fabrikate gern gekauft werden.

Lederbranche. In der zu Anfang August abgehaltenen Sommer⸗ Ledermesse war bedeutend weniger Sohlleder als zur Wintermesse angefahren, jedoch waren die Zusendungen von Oberleder so bedeutend, daß der gleiche Stand wie zur Wintermesse erreicht wurde. Der Verkehr im Markte war zwar nicht so bedeutend wie gewöhnlich, da viele Schuhmacher der Provinz ausgeblieben waren, jedoch war schon am zweiten Tage Alles verkauft. Die bezahlten Preise waren ähnlich denen der Wintermesse, hin und wieder auch etwas höher. Der Markt war für gute Fabrikate entschieden fest und am Schlusse machte sich dafür eine höhere Tendenz bemerkbar. Die Aussichten für das Herbst⸗ geschäft sind gut. . J

Die Lage der Melasse⸗Spiritusbrennereien ist günstiger geworden. Die Melasse ist im Preise zurückgegangen, so daß die in unserem Be—⸗ sirk liegenden beiden größeren Brennereien ihren Betrieb wieder haben aufnehmen können. ö

Gewerbe und Handel.

Frankfurt a. M., 8. Oktober. (W. T. B.) Das „Frankf. Journ. meldet aus Coburg: Das hiesige Exportgeschäft Oscar Straßburger u. Co. mit einer Filiale in New-York hat seine Insolvenz angezeigt; die Passiven betragen über 1 Million Mark.

Bremen, 8. Oktober. (W. T. B) Die Firma Dietrich Lichtenberg u. Co., Petroleum, und Baumwollgeschäft, hat ihre Zahlungen eingestellt. Ein Chef des Hauses, Rudolf Lichten— berg, wird vermißt. .

London, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Bank von Eng⸗ land hat den Diskont von 2 auf 30 0 erhöht.

Submissionen im Auslande.

J. Belgien. ; LVerwaltung der Staats-Eisenbahnen.

23. Oktober, Mittags, im Wartesaale der Station Lüttich Guillemins. Bau einer Metallbrücke in Station Lüttich, Vivegnis. Abschätzung 22 122 Fr. Vorläufige Kaution 1000 Fr. Preis der Pläne 1 Fr. 80 Cts. Auskunft beim Ingenieur Lambert, rue des Gnillemins 99, zu Lüttich. Lastenheft Nr. 182 in der Expedition des Reichs · Anzeigers).

Y Ver waltung für Wege ze. Bauten.

27. Oktober, Mittags, im Provinzial-Gouvernementsgebäude zu Antwerpen. Bau eines Theiles der Route Réthy Arendonck. Ab- schätzung 60 000 Fr. Vorläufige Kaution 3000 Fr. Preis der Pläne 4 Fr. Lastenheft Nr. 966 bei der Administration des ponts et chaussées et des mines, rue de Lonvain No. z4, zu Brüssel käuflich.

II. Ungarn. ö II5. Oktober, Mittags. Centralamt des Regierungskommissariates in Szentes. 484 000 cbm Erdarbeiten für den am linken Ufer der Körös von Endröd bis Oeesöd reichenden Theil der Bekés,Apätfalver Dammlinie. Kaution 11 200 Fl. Nähere Bedingungen im Bureau des Königlich ungarischen Dammbau-Amtes zu Szentes. III. Rumänien. ö

27. Oktober. Tabacklieferung für die Regie 8000 kg Kir ⸗Basma—⸗ Taback; 2500 kg gewöhnlicher Smyrna ⸗Taback; 32 600 kg Volo⸗ Jaback; 5o)0 kg Pfalzer Taback zur Cigarrenfabrikation. Sämmt—⸗ liche Tabacke müssen in den Jahren 1881 —1883 geerntet sein.

Verkehrs⸗Anfstalten.

Am 14. Oktober d. J. Abends wird der Berlin⸗Hamburger Bahnhof für den Pers onen und Gepäckverkebr geschlossen. Die Abfertigung der auf der Berlin⸗Hamburger Eisenbahn cour- sirenden Züge erfolgt mit Ausschluß der Schnell. und Expreßzůge pom 135. Oktober ab auf dem Berlin⸗Lehrter Bahnhofe Die n g und Expreßzüge gehen zu demselben Zeitpunkt auf die Stadt ahn über.

Vom 15. Oktober ab wird ferner der gesammte Eilgut⸗— und Vieh verkehr der Berlin⸗Hamburger Bahn nach der Eilgut⸗˖ Expedition bejw. dem Cilgutboden und der Viehrampe des Berlin⸗ Lehrter Bahnhofes verlegt. Das Nähere wolle man aus der im Inseratentheil veröffentlichten Bekanntmachung ersehen. J ö Auf den Linien der Großen Berliner und der Großen Internationalen Pferden Eisenbahn⸗Aktien⸗Gesell⸗ schaft sind im Monat September 1889 6 196 177 Personen be⸗ ordert und dafür 761 213 S oder durchschnittlich pro Tag 373,79 M von beiden Gesellschaften eingenommen. Die Einnahme im September 1883 belief sich auf 677 960 oder durchschnittlich pro Tag 22 598, 68

Bremen, 8. Oktober. (W. T. B.), Der Dampfer des Norddeutfchen Lloyd „Braunfchweig“ ist heute früh 1 Ühr in New⸗Nork eingetroffen.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Oesterreich⸗Ungarn. . .

Die Kaiserlich Königliche Seebehörde zu Triest hat für die

Provenienzien, welche seit dem 26. August einen der spanischen

Häfen verlassen und bei der Ueberfahrt verdächtige Erkrankungen nicht

gufzuweisen haben, eine 1Htägige Sbservation, im anderen Falle eine

tägige Obfervation angeordnet. (Vergl. „Reichs Anzeiger Nr. 215 vom 12. September.)

Griechenland.

Laut Verordnung der griechischen Regierung vom 7.19. Sep- tember haben sich alle Schiffe, wesche auf der Ueberfahrt einen stä—

lienischen Hafen angelaufen haben, derselben Quarantäne zu unter- ziehen, welche für die Provenienzen des italienischen Festlandes be⸗ stimmt worden ist. (. Reichs ˖ Anzeiger Nr. 189 vom 15. August)

Die griechische Regierung hat unterm 14.26. September verfügt, daß alle Schiffe, welche aus den Häfen von Dulcigno und An⸗ 444 kommen, einer tägigen Beobachtung quarantäne unterworfen

rden. Dänemark.

Zufolge Bekanntmachung des dänischen Justiz⸗Ministeriums vom 26. September d. J. haben die Bestimmungen des Gesetzes vom 8. Januar 1872, betreffend Maßregeln gegen die Einschleppung der asiatischen Cholera nach den Faer-⸗Inseln, auf Schiffe, welche von spanischen Mittelmeerhäfen nach den Faer⸗Inseln kommen, An— wendung zu finden.

Berlin, 9. Oktober 1884.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben in Erwiderung auf die von dem Vorstande des Vaterländischen Frauen-Vereins zu Berlin zugleich im Namen der Zweigvereine zu Allerhöchstihrem Geburtstage dargebrachten ehrfurchtsvollen Glückwünsche das nach—⸗ stehende Allerhöchste Handschreiben zu erlassen geruht:

Ich habe mit freudiger Genugthuung auch in diesem Jahre die Glückwünsche des Vorstandes des Vaterländischen Frauen⸗Vereins empfangen, deren herzlicher Ausdruck Mich zu besonderem Dank ver— pflichtet. Die jüngsten Tage haben Mir Gelegenheit geboten, mit den Zweigen Ihrer Thätigkeit in zwei gesegneten Provinzen in Be— rührung zu treten und überall Interesse und zahlreiche Betheiligung an unserer Aufgabe zu finden. Möchte der Gedanke vereinten Wirkens und gemeinsamer Hülfsbereitschaft in Noth und Leid sich immer mehr verbreiten und in allen Kreisen der Bevölkerung Verständniß finden, dann wird das Ziel mehr und mehr erreicht werden, das wir zu gewinnen streben.

Baden⸗Baden, den 2. Oktober 1884.

Augusta.

An den Vorstand des Vaterländischen Frauen-Vereins Berlin.

Am 3. d. M. beging der Präsident der Königlichen Eisenbahn-Direktion in Frankfurt a. M., Hendel, sein 50 jähriges Dienstjubiläum.

Derselbe, im Jahre 1813 geboren, trat im Oktober 1834 im vormaligen Herzogthum Nassau in den Staatsdienst ein. Nachdem er im Jahre 1852 zum Ministerial-Rath befördert, längere Zeit hindurch als Mitglied der Herzoglichen Landes⸗ regierung vorwiegend in Eisenbahn⸗“ und Verkehrsangelegen⸗ heiten thätig gewesen war, wurde er im Jahre 1864 mit dem Vorsitz der Direktion der Nassauischen Staatseisenbahn betraut. In dieser Stellung verblieb er auch nach Einver— leibung des Herzogthums Nassau in die preußische Monarchie, bis er im Jahre 1880 unter Ernennung zum Eisenbahn⸗ Direktions-Präsidenten mit dem Range der Räthe zweiter Klasse an die Spitze der Königlichen Eisenbahn⸗Direktion zu Frankfurt a. M. berufen wurde. Wiederholt sind dem Jubilar in Würdigung seiner amtlichen Thätigkeit durch Verleihung hoher Ordensauszeichnungen zuletzt 1881 durch Verleihung des Rothen Adler⸗Ordens zweiter Klasse Allerhöchste Gnadenbeweise zu Theil geworden. Als ein wei— teres Zeichen huldreicher Anerkennung seines verdienstvollen Wirkens haben Se. Majestät nunmehr Allergnädigst geruht, dem Jubilar den Stern zum Königlichen Kronen-Orden zweiter alasse mit der Zahl 50 zu verleihen.

Es steht zu hoffen, daß der Jubilar, welcher mit gerechter Befriedigung auf die am 3. Oktober d. J. abgelaufene, an Arbeit und Erfolgen reiche Amtsperiode zurückblicken darf, dieser Allerhöchsten Auszeichnung noch lange in Frische und Rüstigkeit sich zu erfreuen haben wird.

welcher einst

Seit der Zeit des Großen Kurfürsten, mitten in den Stürmen des nordischen Krieges durch Erlaß aus seinem Hauptquartier Viborg in Jütland am 20. April 1659 die Neuordnung der Kurfürstlichen Hausbibliothek befahl und damit den Grund zu der jetzigen Königlichen Bi— bliothek hierselbst legte, hat das Erlauchte Herrscherhaus unab⸗ lässig, auch in drangsalvoller Zeit, dieser seiner hochbedeut⸗

samen Stiftung die umfassendste Fürsorge zu Theil werden lassen. Neben Friedrich dem Großen war es nament—⸗ lich Friedrich Wilhelm 1V., der, bei seinem regen Interesse für Kunst und Wissenschaft, wie anderen Instituten, so auch besonders der Königlichen Bibliothek seine Huld zuwandte, und in ebenso großartiger Weise hat Se. Majestät Kaiser Wilhelm dieser Schöpfung seiner Ahnen unausgesetzt die hoch⸗ herzigste Förderung angedeihen lassen. Dieser landesväterlichen Huld verdanken vor allem die Handschriften⸗Sammlungen der Königlichen Bibliothek ihre Entstehung und ihr Wachsthum. Zu den werthvollsten Schätzen derselben, mit denen sie, namentlich in den letzten drei Decennien, durch Königliche Freigebigkeit bereichert worden ist, gehören die umfangreichen und vorzüglichen Sammlungen orientalischer Handschriften; und wenn bei Forschungen auf dem Gebiete morgenländischer Sprachen Handschriften zu Rathe zu ziehen sind, so ist es, neben den Bibliotheken von Paris und London, die Königliche Bibliothek zu Berlin, deren Benutzung den Gelehrten aller Nationen unentbehrlich ist. Um so mehr freut es uns, melden zu können, daß die Königliche Bibliothek gerade nach dieser Richtung hin neuerdings wieder eine erheb⸗ liche Vervollständigung durch Allerhöchste Munificenz erhalten hat. Des Näheren ist darüber Folgendes zu berichten: Vor einigen Monaten hatte die bekannte Firma Brill in Leiden, durch den in Syrien und Egypten reisenden schwe⸗ dischen Orientalisten Dr. Landberg benachrichtigt, die Gelegen⸗ heit benutzt, eine bedeutende Sammlung arahischer Handschristen zu erstehen. Sie gab, durch Vermittelung eines angesehenen hiesigen Gelehrten der Königlichen preu⸗ ßischen Regierung Nachricht von der Sammlung und bot ihr dieselbe zum Kauf an. In Folge dessen erhielt Professor Ahlwardt in Greifswald, der als einer der gründlichsten Kenner der arabischen Literatur bekannt und zugleich auch mit den arabischen Beständen der Königlichen Bibliothek genau vertraut ist, den Auftrag, die Brillsche Handschriften⸗Samm⸗ lung an Ort und Stelle einer eingehenden Prüfung zu unter⸗ ziehen. Ahlwardts Bericht bezeichnete die Sammlung als höchst wünschenswerthe Ergänzung und Vervollständigung des auf der Königlichen Bibliothek bereits vorhandenen Bestandes arabischer Handschriften; und da sich auch andere hervor⸗ ragende Sachverständige in demselben Sinne äußerten, glaubte

der Kultus⸗Minister, unter dankenswerther Mitwirkung des

Finanz⸗Ministers, sich für den Ankauf aus Allerhöchsten Digtz⸗ positionsfonds verwenden zu sollen.

Se. Majestät haben die Gnade gehabt, der ihm vorge⸗ tragenen Bitte zu entsprechen und damit der Königlichen Bibliothek eine Bereicherung zuzuwenden, welche alle Freunde der Wissenschast und insbesondere die Gelehrten des Faches zu dem aufrichtigsten Danke verpflichten wird.

Die angekaufte Sammlung enthält in 1052 Bänden etwa 1600 Werke kleinen und großen Umfanges. Sie zeichnet sich durch eine große Anzahl alter und schön, zum Theil sehr schön geschriebener Handschriften aus, von denen manche sehr selten, einige sogar einzig in ihrer Art sind. Als solche nennen wir das Kitab elfelahe, Buch der Landwirthschaft, von dem berühmten 1bn wahshijje, das um etwa 450 der Higra (1058 nach Chr. Geb.), vielleicht noch früher, ab⸗ geschrieben ist. Von kufischen Koran-Fragmenten abgesehen, besitzt die Königliche Bibliothek keine arabische Handschrift von so hohem Alter. Ferner ist zu erwähnen ein Band von dem höchst seltenen ältesten grammatischen Werke des Siba— weihi, dessen Abschrift aus der Zeit vor dem Jahre 596 (— 1199 nach Chr. Geb.) stammt. Außer dem Werke des Elanbari, eines der ältesten arabischen Philologen, das betitelt ist: Asrar elärabijje, Geheimnisse der arabischen Sprache, sind hier weiter noch 4 Werke des überall als Autorität geltenden Grammatikers Jon malik, gestorben 672 (— 1273 nach Chr. Geb.), anzuführen, nämlich Elomde, 'Oddet elhafidh, Sabk elmandum und LTashil elfewaid, welche von größter Seltenheit sind und von denen das 2. und 3. noch bei Lebzeiten des Verfassers, die beiden anderen etwa 60 Jahre nach seinem Tode abgeschrieben sind. Zu den Perlen der Samm⸗ lung gehört ferner ein Band der Sprüchwörter⸗Samm⸗ lung des im Jahre 518 (— 1124 nach Chr. Geb.) gestorbenen Elmeidani, in schöner Schrift aus dem Jahre 631 (— 1233 nach Chr. Geb.); nicht minder kostbar ist das geschichtliche Werk Matla' ennirein, Aufzug des Doppel⸗ gewebes, welches ausführlich die Geschichte der beiden Chalifen Omar ben elkhattab und Omar ben abd elaziz behandelt und dessen Verfasser der berühmte Historiker und Theologe Ibn elgauzi (gest. 5397 1200) ist; die schöne Abschrift stammt etwa aus dem Jahre 750 (— 1349 nach Chr. Geb.). Statt weitere Einzelheiten anzuführen, genügt es, hier zu bemer⸗ ken, daß die Sammlung alle Fächer der Gelehrsamkeit, mit denen sich die Araber überhaupt beschäftigt haben, umfaßt; so ist das Leben und die Aussprüche Mohammeds, die Erklärung des Korans, die orthodoxe Theologie wie die Mystik, Juris⸗ prudenz und Philosophie ꝛc. in vielen und bedeutenden Werken vertreten. Daß auch die Poesie nebst den darauf be⸗ züglichen erklärenden Werken und die so vielfach gepflegte Unterhaltungs-Literatur hier keineswegs unberücksichtigt ge⸗ lassen sei, ließ fich erwarten; sie weist in der That in dem Diwan (oder der Gedichtsammlung) des Jbn hagar eine große und in dem des alten Regez-Dichters Ruba eine größte Seltenheit auf.

Endlich ist noch zu bemerken, daß die Sammlung ver⸗ hältnißmäßig sehr wenige Lücken enthält, daß der Text der meisten Bände als vollständig zu bezeichnen ist, daß die Aecht⸗ heit der einzelnen Werke sicher und daß eine Fälschung von Titel- oder Verfasser Namen nicht vorgenommen worden ist. Die sich vorfindenden Doubletten der Sammlung sind zur Ergänzung oder Berichtigung von schon vorhandenen Texten willkommen und die ziemlich zahlreichen Sammelbände, meistens an sich interessant, haben hier durch die sehr große Anzahl der kleinen Schriften der hervorragenden Gelehrten

ssojuthi und Ali elkari einen ganz besonderen Werth.

Die Handschriften steigen im Oriente von Jahr zu Jahr im Preise, gute Werke werden immer seltener und lassen sich kaum mehr auftreiben; es ist fraglich, ob je wieder eine so bedeutende und umfangreiche Sammlung wie die Brillsche zum Verkauf gestellt werden kann. . .

So möge auch diese Sammlung, welche die Königliche Bibliothek der Munifizenz Sr. Majestät des Kaisers verdankt, den hohen Absichten des Gebers entsprechend, zur Förderung der arabischen Wissenschaft beitragen, und den Orientalisten eine Quelle eifriger und ersolgreicher Forschung werden!

Mittheilungen über den Ausfall der diesjährigen Ernte in der preußischen Monarchie nach den bei dem Landwirthschaftlichen Ministerium eingegan⸗ genen Berichten der Regierungen.

Provinz Ostpreußen. .

1) Reg. Bez. Königsberg: Roggen und Weizen haben bezüglich des Strohes eine zufriedenstellende Mittelernte er— geben; der Körnerertrag dagegen wird nur auf eine Mittel⸗ ernte anzunehmen sein. Gerste, Hafer, Erbsen, Bohnen und Wicken haben fast überall unter der nassen Witterung zur Zeit der Frühjahrsbestellung gelitten, es ist daher nur eine geringe Mittelernte anzunehmen. Der Ertrag der Kartoffel⸗ ernte scheint im Allgemeinen ein mittlerer, jedoch bei guter Qualität, zu sein. Hopfen und Flachs liefern gute Ertrage. Die Futter- und Zuckerrüben bieten keine günstigen Ernte— aussichten. Die Futterernte ist allerorten außergewöhnlich reich ausgefallen und in vorzüglicher Qualität eingebracht.

2) Reg. Bez. Gumbinnen: Die Roggen und Weizen⸗ ernte kann als eine durchaus zufriedenstellende und überall den mittleren Durchschnitt übersteigende angesehen werden. Dagegen ist das Sommergetreide im Stroh niedrig geblieben, und unter der mangelnden Feuchtigkeit hat auch die Aushbil⸗ dung der Aehren und Körner erheblich gelitten. Durchschnitt— lich hat demnach die Sommerung kaum eine Mittelernte er— geben. Die Kartoffelernte des Bezirks geht im Durchschnitt nicht erheblich über den Mittelsatz hinaus. Der zweite Schnitt Klee und die Grummeternte hat im Vergleich zu der enorm reichen ersten Futterernte noch immer einen guten Ertrag ge⸗ geben. Die Bestellung der Wintersaaten hat wegen der an⸗ haltenden großen Trockenheit erhebliche Schwierigkeiten gemacht.

Provinz Brandenburg. .

Reg.-Bez. Frankfurt: Die Körner⸗ und Heuernte ist unter den günstigsten Bedingungen außergewöhnlich früh und rasch geborgen. Das Gesammtresultat der Halmfrüchte ist nur als ziemlich gut zu bezeichnen, weil der Erdrusch der ein⸗ geheimsten Quantität nicht entspricht. Auch der 2. Heuschnitt hat sehr reichliches und gutes Futter ergeben. Der Kartoffel⸗ ertrag entspricht durchweg den Erwartungen nicht und wird im Durchschnitt kaum 160 —– 200 Ctr. pro Heltar erreichen, Die Zuckerrübenernte ist quantitativ gering, die Qualität soll gut fein. Obst fehlt mit Ausnahme der Pflaumen fast voll⸗ ö Mit der Herbstsaat wird Angesichts der Dürre viel⸗

ach gezögert. Provinz Pommern. . 1) Reg.⸗Bez. Stettin: Die Ernte kann zwar im Allge⸗