. . c
. m. n.
— Der Königliche Gesandte am sächsischen Hofe, Graf von Dönhoff, ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaube nach Dresden zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
— Der General⸗Lieutenant von Boehn, Commandeur der 21. Division, ist mit Urlaub hier eingetroffen.
— S. M. Kbt. „Wolf“, 4 Geschütze, Kommandant Kor⸗ vetten⸗Kapitän von Raven, ist am 13. Oktober er. in Plymouth eingetroffen und beabsichtigt, am 16. Oktober er. nach Wil⸗ helmshaven in See zu gehen.
Kiel, 13. Oktober. (W. T. B.) Die Korvette „Gneisenau“ ist heute Vormittag Meilen südlich von Laaland auf eine Untiefe gerathen; S. M. Schiff „Hansa“ und der Schleppdampfer „Notus“ sind von hier entsandt worden, um beim Abschleppen Beistand zu leisten.
Hannover, 13. Oktober. (Hannoverscher Courier.) In der heutigen (13.) Sitzung des 18. hannoverschen Provinzial⸗Landtags stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung: die Berathung der Vorlage, betr. die Errichtung von Gewerbekammern für den Regierungsbezirk der Provinz Hannover. Das Haus trat sofort in die Be⸗ rathung ein.
Der Abg. von Lenthe⸗Lenthe als Berichterstatter der Kommission führte aus, daß die Kommission den Antrag, die dem Provinzialverbande zu übertragenden Rechte und Pflichten zu übernehmen, einstimmig gefaßt habe. Sie habe ferner anerkannt, daß Gewerbe und Landwirthschaft bislang eine ausreichende Vertretung nicht hätten, die hier vorge⸗ schlagenen Gewerbekammern eine solche bieten könnten, und aus dem Zusammenwirken der verschiedenen Abtheilungen nicht auf ein bellum omnium contra omnes geschlossen werden dürfe. Man habe nicht anerkennen können, daß das Gesetz über Handelskammern diesen ein ausschließliches Recht der Vertretung des Handels und der Industrie beilege. Die Frage, ob die Provinzialstände zu dieser Ausgabe befugt seien, habe nach dem jetzt geltenden Recht, wie nach den Bestim⸗ mungen der Provinzialordnung bejaht werden müssen. Die Kosten der sechs Gewerbekammern seien auf ungefähr 6456 6 veranschlagt, wobei 6 S Diäten täglich genehmigt seien.
Im Einzelnen beantragte der Ausschuß im Begleit⸗ schreiben zu §. 1, welcher lautet:
„Für jeden Regierungs⸗ (Landdrostei⸗ Bezirk wird eine Ge⸗— werbekammer errichtet, welche die wirthschaftlichen Gesammtinter⸗ essen desselben wahrzunehmen und die Reichs und Landesverwaltung in der Förderung der Gewerbe zu unterstützen berufen ist. Durch Anordnung der Minister für Handel und Gewerbe, der öffentlichen Arbeiten und für Landwirthschaft, Domänen und Forsten können mehrere Bezirke zu einer Gewerbekammer vereinigt oder in einem Bezirke mehrere Gewerbekammern errichtet oder Theile eines Be⸗ zirks der Gewerbekammer eines benachbarten Bezirks zugewiesen werden“, den Wunsch auszusprechen, daß der Provinzial Landtag über die Bildung der Bezirke für die Gewerbekammern im Falle des zweiten Absatzes zuvor gehört werde.“
Nachdem der Abg. Struckmann bemerkt hatte, der Ausschuß sei der Ansicht, daß möglichst jedem Regierung⸗Präsidenten eine Gewerbekammer beigegeben werde, wurde der Kommissions⸗ antrag angenommen.
Bei 5§. 2, lautend:
„Die Gewerbekammern werden aus Vertretern der Landwirth schaft, des Handwerks, der Industrie und des Handels zusammen— gesetzt. Der Sitz und die Zahl der Mitglieder jeder Gewerbe⸗ kammer, sowie deren Vertheilung auf den großen und den kleinen landwirthschaftlichen Betrieb, das Handwerk, den Bergbau und den Fabrikbetrieb, sowie den Handel, wird nach Anhörung des Pro— vinzial⸗Landtags durch die Minister für Handel und Gewerbe, der öffentlichen Arbeiten und für Landwir thschaft, Domänen und Forsten bestimmt,“ ö
beantragte die Kommission:
Der Königlichen Staatsregierung vorzutragen, daß es zweifel haft befunden worden, ob die Fassung des Paragraphen nicht ein zelne hier in Frage kommende Gewerbe, namentlich die Schiffahrt, ausschließe, und dieselbe zu ersuchen, danach eventuell eine ent- sprechende Abänderung der jetzigen Fassung vorzunehmen.“
Der Abg. Fürbringer dankte als Vertreter einer See— handel und Schiffahrt treibenden Stadt der Kommission für diese Anregung und hob besonders hervor, daß die Hochfee— sischerei, die erst im Aufblühen sei, eine besondere Berücksich⸗ tigung verdiene. Der Antrag der Kommission wurde ge— nehmigt.
Zu §. 3, lautend:
„»Die Mitglieder der Gewerbekammern werden vom Provin— zial⸗Landtage gewählt. Wählbar ist, wer das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat und in dem Bezirk der Gewerbekammer mindestens seit einem Jahre das Gewerbe, zu dessen Vertretung er berufen werden soll, als Unternehmer für eigene Rechnung oder als Vor- stand einer gewerblichen Gesellschaft betreibt,“
beantragte die Kommission:
„Die Erwartung auszusprechen, daß den Organen der Provin⸗ zialstände von den vorzunehmenden Wahlen so zeitig Nachricht ge—⸗ geben werde, daß es thunlich sei, die behuf Vornahme dieser Wahlen erforderlichen Erkundigungen bei den betreffenden Korporationen und Interessenten einzuziehen.“
Der Abg. Struckmann bemerkte, diejenigen Abgeordneten, welche eine Wahl aus den Interessenkreisen für wichtiger ge⸗ halten, hätten sich doch für die Wahlart des 5§. 3 er⸗ klärt, da manche Interessenkreise noch keine genügende Ver⸗ tretung hätten. Durch die jährliche Bewilligung der Mittel habe man. stets Gelegenheit, auf den Wahlmodus zurück⸗ zukommen.
. rig der Kommission wurde genehmigt.
n B 6:
„Die Ersatzwahl für Mitglieder, welche durch Tod, freiwilligen Augtritt oder Ausschließung ausgeschieden sind, findet bei dem nächsten Zusammentritt des Provinzial Landtages statt“,
proponirte die Kommission:
Den Wunsch auszusprechen, daß die Ersatzwahlen für die im Para⸗ graph vorgesehenen Fälle sowie für den Fall einer vorübergehenden Behinderung der erwählten Mitglieder im Voraus stattfinden mögen.“
8. 6 wurde nach dem Kommissionsvorschlage angenommen.
Zu 5. 8, lautend:
„Die Vertreter I) der Landwirthschaft, 2) des Handwerks,
3) der Industrie, 4) des Handels bilden je eine besondere Ab⸗ theilung der Gewerbekammer. Die Abtheilungen haben außer den jenigen Gegenständen, welche ihnen nach der Geschäftsordnung zu— fallen, diejenigen Angelegenheiten zu erledigen, welche ihnen von der jusftändigen Staatsbehörde oder von dem Plenum der Gewerbe⸗ kammer zugewiesen werden. Auf die Wahl der Abtheilungs—⸗ vorsitzenden und ihrer Stellvertreter durch die Abtheilungen finden die Bestimmungen des 5.7 Anwendung.“
beantragte die Kommission:
Zu erklären, daß man von der Voraussetzung ausgehe, daß den Abtheilungen der Gewerbekammern von den zuständigen Staats behörden nur solche Angelegenheiten zur Erledigung zugewiesen
werden würden, welche lediglich das Interesse der in der betreffen den Abtheilung vertretenen Gewerbe berührten.“
5 8 wurde nach dem Kommissionsvorschlage genehmigt.
Zu 5§. 17 wurde der Wunsch ausgesprochen, daß die von den Gewerbekammern zu veröffentlichenden Berichte auch der provinzialständischen Verwaltung mitgetheilt würden. 5. 17 wurde mit dieser Aenderung angenommen und damit die ganze Vorlage nach dem Kommissionsvorschlage genehmigt.
Dann kam der allgemeine Antrag der Kommission zur Debatte; derselbe lautet:
Der Provinzial Landtag wolle beschließen: seine Bereitwilligkeit auszusprechen, die nach den Bestimmungen über die Gewerbe⸗ kammern den Provinzialverbänden zu übertragenden Rechte und Pflichten in Beziehung auf die Provinz Hannover zu übernehmen, namentlich auch dem Antrage der Königlichen Staatsregierung im ersten Alinea des §5 18 zu entsprechen und bis auf Weiteres für die Deckung des Geldbedarfs der Gewerbekammern einzutreten, jedoch unter der Bevorwortung, dag, da das Budget des Provinzial verbandes einer alljährlichen Berathung und Feststellung unter⸗ liegt, er sich nicht habe entschließen können, bezüglich der Deckung des Geldbedarfs für die Gewerbekammern einen anderen Bewilli⸗ gungsmodus zu beschließen, namentlich den Etat jeder Gewerbe kammer für drei Jahre im Voraus festzustellen und zu bewilligen, daß er vielmehr sich auch für diese Ausgaben das alljährliche Be⸗ willigungsrecht und namentlich auch schon aus dem Grunde damit ausdrücklich vorbehalten müsse, weil zur Zeit die Entwickelung der Einrichtung ebensowenig wie der Umfang des Geldbedarfs genügend zu übersehen sei und weil aus diesem Grunde zur Zeit noch nicht habe ermittelt werden können, ob für diesen Zweck ausreichende Mittel zur Verfügung stehen.“
Der Abg. von Lenthe⸗Lenthe bemerkte, man sei in der Kommission von der Ansicht ausgegangen, daß die jährliche Bewilligung nicht den Zweck habe, etwa das Fortbestehen der Gewerbekammern zu gefährden. In dieser Voraussetzung solle auch der Ober-Präsident mit dem Antrag einverstanden sein.
Der Abg. Meyer⸗Riemsloh schlug vor, diesen Antrag so abzuändern, daß die Bewilligung zunächst für drei Jahre aus⸗ gesprochen werde, und der Landtag sich dann vorbehalte, zu prüfen, ob die Gewerbekammern wirklich Ersprießliches leisteten und ob das Budget der Provinz in der Lage sei, weiter die erforderlichen Mittel zu gewähren.
Der Abg. Graf Knyphausen erinnerte daran, daß der hannoversche Provinzial-Landtag der erste sei, der diese Vor— lage berathe, also auch eine besondere Verantwortung habe. Der vorliegende Antrag der Kommission sei ein Kompromiß⸗ vorschlag, in dem sich die verschiedenen Ansichten schließlich zusammengefunden hätten; es solle von der Entwickelung der Gewerbekammern selbst abhängen, ob man ihnen weitere Mittel bewilligen könne, daneben aber müsse das Bewilligungs— recht des Provinzial⸗Landtags gewahrt werden. Es sei nicht anzunehmen, daß etwa der nächste Provinzial-Landtag schon wieder die Bewilligung versagen werde. Im Interesse der Vorlage bitte er, von den weit gehenden Abänderungsanträ— gen des Vorredners abzusehen.
Nach kurzer weiterer Debatte, an der sich die Abgg. Lauenstein, Brüning, Struckmann und Naubourg betheiligten, wurde der Kommissionsantrag gegen fünf Stimmen genehmigt.
Darauf wurde der Antrag des Verwaltungsausschusses, betr. Verwendung von reservirten Baumitteln zum Neubau der in der Linie der Hildesheim⸗-Alfeder Chaussee befindlichen Leinebrücke bei Alfeld einstimmig angenommen.
Der Abg. Lauenstein rechtfertigte seinen Urantrag, betr. Gemeindebesteueruug der Forensen und juristischen Per⸗ sonen. Der Antrag lautet:
„Der Provinzial⸗Landtag wolle beschließen: die Königliche Staatsregierung zu rsuchen, dem Landtage der Monarchie in der bevorstehenden Session abermals eine Gesetzesvorlage zu machen, durch welche die hinsichtlich der Gemeindebesteuerung der Forensen und juristischen Personen namentlich auch zu Ungunsten der han— noverschen Stadt und Landgemeinden bestehenden Ungleichheiten beseitigt werden.“
Nach unerheblicher Debatte wurde der Antrag einstimmig genehmigt.
Darauf folgten Wahlen, und endlich wurden verschiedene Anträge des Ausschusses und der Rechnungskommission nach den Kommissionsvorschlägen angenommen.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 10. Oktober. (Lpz. Ztg.) Die Einberufung des Landtages ist nun— mehr erfolgt, und zwar für den 30. Oktober, also unmittelbar nach den Reichstagswahlen. Das Ergebniß der neuen Steuer— gesetzgebung wird den Landtag zumeist beschäftigen, doch werden auch noch einige andere dringliche Sachen zur Ver— handlung kommen.
Braunschweig. Braun schweig, 14. Oktober. (W. T. B.) Nach heute hier vorliegenden Meldungen war das Befinden des Herzogs gestern wiederum etwas besser.
Oesterreich Ungarn. Wien, 12. Oktober. Die Wiener Zeitung“ veröffentlicht heute drei Handschreiben des Kaisers, durch welche die Delegationen zum 27. d. M. nach Pest einberufen werden.
— (Pr.) Prinz Wilhelm von Preußen, welcher als Gast Sr. Majestät des Kaisers an den diesjährigen Hochwildjagden in Steiermark theilgenommen, hat heute früh mit dem Courierzuge der Staatsbahn die Rückreise nach Berlin angetreten. Gestern Nachmittag hatte sich der Prinz von dem Kaiser, von den hier weilenden Erzherzogen und von dem serbischen Königspaare verabschiedet. Der Kaiser gab heute seinem Gaste das Geleit bis auf den Staatsbahnhof. Der Kaiser und Prinz Wilhelm von Preußen fuhren um 7TUhr 15 Minuten in einer geschlossenen Hofequipage von Schönbrunn nach Wien. Die Ehrencavaliere FMX. Ludwig Prinz zu Windischgrätz und Flügel-Adjutant Major Graf Rosenberg sowie der Hofmarschall des Prinzen Wilhelm, Oberst⸗Lieutenant von Liebenau, und ein Flügel⸗-Adjutant des Kaisers folgten in Hofwagen auf den Bahnhof. In überaus herzlicher Weise nahm Se. Majestät der Kaiser von dem Prinzen Abschied, worauf Letzterer seinen Ehrencavalieren den Dank für ihre Dienstleistung ausdrückte und sich von ihnen verabschiedete. Prinz Wilhelm bestieg hierauf den Salonwagen, und um 7 Uhr 45 Minuten fuhr der Courierzug aus der Halle. Se. Majestät der Kaiser, welcher den Perron erst verließ, als der Train bereits außer Sicht war, fuhr dann mit seinem Flügel⸗Adjutanten in die Hofburg.
Ag ram, 12. Oktober. (Pr.) Der Adreßausschuß hielt gestern und heute Konferenzen ab, in welchen der von Miskatovics redigirte Adreßentwurf besprochen wurde. David Starcsevies kündigte dem Ausschusse an, daß auch er eine Adresse seiner Partei vorlegen werde. Morgen wird der Aus⸗ schuß die Schlußredaktion an dem Adreßentwurf, welcher am
Dienstag dem Hause vorgelegt wird, vornehmen.
Großbritannien und Irland. London, 10. Ot, tober. (Allg. Corr. Mit besonderer Bezugnahme auf die gestrige Rede Sir William Harcourts sagt die „Times“
glieder des Kabinets, welche verschiedene Schattirungen des Liberalismus und verschiedene Anschauungsweisen repräsen⸗ tiren, sich erboten hat, dem Hause der Lords jede mög⸗ liche Information über die projektirte Neueintheilun der Wahlsitze zu geben, ehe das Oberhaus die Wahl⸗ reform⸗Vorlage angenommen hat. Als Sicherheit, daß an der dem Parlament vorgelegten Bill in allen ihren wesem— lichen Prinzipien festgehalten werden wird, ist das Kabinet bereit, sein Wort zu geben, und daß die Maßregel die ehr⸗ liche Anwendung der Prinzipien ohne Begünstigung irgend einer Partei anstrebt, ist durch jede moralische Sanktion ver— bürgt worden, die eine Regierung anbieten kann. Die Ehre von Ministern ist für peinliche Gerechtigkeit verpfändet, und sowohl die Zusammensetzung ihrer eigenen Majorität wie der Sinn für Unparteilichkeit im Hause der Ge— meinen und im Lande schließt die Möglichkeit irgend welcher wesentlichen Manipulation aus. Aber während die Regierung sich in so nachdrücklicher Weise bindet, die Neueintheilung ohne Parteibegünstigung auszu— führen und sich keinen unehrlichen Vortheil über ihre Gegner zu sichern, weigert sie sich absolut, die Kontrole der Neuver— theilungsbill aufzugeben, indem sie die Ausdehnung der Wahlberechtigung von deren Annahme im Hause der Tord abhängig macht. Dies ist ein Entgegenkommen, welches uns so weit zu gehen scheint, als es irgend ein vernünftiger Mensch in der Richtung auf einen Kompromiß erwarten kann.“
Die Königliche Jacht „Osborne“ erhielt Befehl, am nächsten Dienstag von Portsmouth nach Sheerneß zu segeln, um dort den Großherzog von Hessen, den Prinzen und die Prxinzessin Ludwig von Battenberg und die verwittwete Herzogin von Albany an Bord zu nehmen und nach dem Kontinent zu führen.
— 11. Oktober. (A. C.) Bezüglich der Angelegen— heiten in Süd-Afrika schreibt die Times“: „Wir haben heute Morgen Nachrichten, daß die Behörden von Transz— vaal entschlossen sind, ihre jüngste Proklamation, welche das Territorium des Betschuana-Chefs Montsioa unter das Protektorat der Republik stellt, zurückzuziehen. Dies hat das Ansehen einer befriedigenden Frontveränderung. Die Annexion von Montsioa's Territorium war ein offener und flagranter Bruch der Februar⸗Konvention. Dem Entschluß der englischen Regierung, die Konvention, wenn es nothwen— dig werden sollte, mit Gewalt aufrechtzuhalten, ist das natür— liche Resultat gefolgt. Die Boeren-Regierung beabsichtigt, die Annexionen, welche Boeren⸗Freibeuter im Namen der Re— publik ausgeführt haben, nicht anzuerkennen. Aber diese nach— giebige Neigung der Boeren darf uns nicht einschläfern. Es ist ein schon früher gespieltes Spiel, und wir kennen alle seine Züge. Es liegt uns ob, Maßregeln zur Wiederherstellung der Ordnung im Betschuanaland mit Strenge durchzuführen, um jeder künftigen Entschuldigung einer abermaligen Einmischung von Seiten des Transvaals den Boden zu entziehen“.
Die „London Gazette“ publizirt die Königliche Ve— stätigung der Einverleibung gewisser britischer Besitzungen und Territorien im Transkei, bekannt als Tem buland, Emigrant Tembuland, Galekaland und Bom— vanaland, in die Kolonie des Kaps der guten Hoffnung.
Im Einklange mit der von dem Premier Gladstone im Hause der Gemeinen am Schluß der letztverflossenen Session abgegebenen Erklärung sind nunmehr Schritte gethan worden, um das britische Protektorat über die ganze Süd— küste von Neu-⸗Guineg bis östlich vom 141 Meridian ö. L. zu proklamiren. Dem Kommodore auf der australischen Station sind durch den Telegraphen Instruktionen übermittelt worden, sich nach Neu-Guinea zu begeben und das Protektorat, welches sich auch über die an den südlichen Theil von Neu⸗Guinea grenzenden Inseln erstrecken wird, zu proklamiren. Die Grün—⸗ dung von Niederlassungen innerhalb des Protektorats ist vor— läufig nicht gestattet.
Birmingham, 13. Oktober. (W. T. B.) Gelegentlich einer von den Konservativen veranstalteten Kundgebung kam es heute Abend hier zu Ruhestörungen. Eine große Menge von Liberalen drang unter Anwendung von Gewalt in den Saal ein, in welchem die Konservativen sich versam⸗ melt hatten, und bemächtigte sich nach lebhastem Handgemenge mit den Konservativen des Sitzungssaales. Lord Notheothe und Lord Churchill, die in der konservativen Versammlung reden wollten, waren genöthigt, sich unter dem Schutze ihrer Anhänger zurückzuziehen.
Frankreich. Paris, 12. Oktober. (Fr. Corr.) Der Budgetausschuß brachte vorgestern seine Berathungen über das ordentliche Budget für 1885 zu Ende. Nach dem Antrage des Finanz⸗-Ministers wurde die Erhöhung der Voranschläge der Erträgnisse der Posten und Telegraphen, der Essig— Zucker⸗, Streichhölzer-, Tabacksteuern angenommen und über— dies beschlossen, die Erbschaftssteuer auch in Algerien einzu— führen, wovon man sich mindestens 2 Millionen verspricht. Demnach sind die Gesammteinnahmen auf 2418178810 Fr. angesetzt. Im Vergleich zu den ersten Voranschlägen der Regierung ergiebt sich somit ein Defizit von 50 391 210 Fr. Da aber der Ausschuß an den Aus— gaben der Ministerien Abstriche in Höhe von 52 291 072 Fr. gemacht hat, so figurirt das Budget für 1866 auf dem Papier mit einem Ueberschuß von 1919 862 Fr. Freilich sind die 23 Millionen, um welche die Garantie des Staates an die Eisenbahngesellschaften vermehrt ist, nicht hinzu— gerechnet; diese würden dem Kredit von 100 Millionen zu ent— nehmen sein, der für die Amortisirung der Obligationen auf kurze Zeit bestimmt ist. Um das Gleichgewicht nicht zu zer⸗ stören, verwarf die Mehrheit des Ausschusses einen Antrag des Abg. Ribot, demzufolge ein Kredit für die Kosten der Tongking-Expedition im Jahre 1885 in das ordentliche Budget hätte aufgenommen werden sollen. Zum Generalberichterstatter wurde sodann der Abg. Jules Roche ernannt. .
Der Ministerrath trat gestern früh unter dem Vorsit des Präsidenten der Republik im Elyséepalast zusammen; demselben wohnte der Handels⸗Minister Härisson noch bei. Der Ministerrath beschäftigte sich vorerst mit den von der Budgetkommission gefaßten Beschlüssen, welche darauf hinaut⸗ laufen, unter Ablehnung der von dem Finanz⸗Minister bean⸗ tragten Steuererhöhungen das Gleichgewicht im Budget her— zustellen, aber die zur Deckung der Garantien für Eisenbahnen nöthigen 23 Millionen aus dem Amortisirungsfonds der Qblige— tionen zu nehmen. Hr. Tirard erklärte, daß er wahrscheinlich ohne Zuhülfenahme des gedachten Fonds das Gleichgewicht herstellen
werde. Der Finanz⸗Minister und der Justiz-Minister legten
daß „die Regierung jetzt durch drei hervorragende Mit⸗
Courcel
; Seine Reihe von Ernennungen in ihren Ressorts vor, an 4. genehmigt wurden. Der Ministerrath beschloß . er, bei Wiedereröffnung des Parlaments keine Erklärung al eben. Der Minister des Aeußern bereitet ein Gelbbuch 2 pas den Angelegenheiten des wesilichen Afrika gewidmet vor, Die Aktensammlung beginnt mit Schriststücken aus dem *. 1882 (Ministerium Duclerch und endet mit den De⸗ peschen der letzten Tage. .
14. Oftober, Morgens. (W. T. B.) Das „Journal officiel veröffentlich die Ernennung Rouviers zum han de ls⸗ Nin ist er. . 3
= 14. Oktober. (W. T. B.) Der „Figaro“ bringt in Schreiben des Botschafters Courgel, vom 29. Sep—⸗ uhr an den Fürsten Bismarck bezüglich der fr ikan ischen Angelegenheiten. Nach diesem vom Figaro veröffentlichten Schreiben hätte die französische
fiegierung den Wunsch ausgesprochen, die nachbarlichen
Beziehungen zu Deutschland in Afrika im Sinne des gegen⸗
seüigen guten Einvernehmens zu regeln. Die Ansichten ; nn reichs seien der Handelsfreiheit im Kongogebiet günstig i mit denen Deutschlands identisch. Die fran zösische
ziegierung habe sich gleich der deutschen bereit erklärt, die
⸗ Einladung zu der bevorstehenden Konferenz an alle Kabinete zu richten,
welche Handelsinteressen in Afrika hätten. 14. Oktober. (W. T. B) Das Gelbbuch mit den
( Dokumenten über die westafrikanischen Angelegen⸗
heiten ist vertheilt worden. Dasselbe enthält das heute im Figaro! veröffentlichte Schreiben des Botschafters Baron sonrcel an den Fürsten Bismarck und anderes Dokumente.
Italien. Rom, 13. Oktober. (W. T. B.). Der
Chotera-Bericht vom 12. d. Mts. meldet; Es kamen vor: In Alessandria 1 Erkrankung, 3 Todesfälle, in Aquila 12 Er⸗ rckrankungen, 5 Todesfälle, in Bergamo 5 Erkrankungen, Todesfall, in Bologna 2 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Brceecia 4 Eikrankungen, 4 Todesfälle, in Chieti 2 Erkran⸗ rungen, 1 Todesfall, in Cremona 7 Erkrankungen, 4 Todes⸗ fälle, in Ferrara 2 Erkrankungen, in Genua 14 Erkrankungen, 12 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 3 Erkrankungen,
‚ Todesfälle und in Spezzia 1 Erkrankung, in Cuneo 16 Er⸗ tkrankungen, 10 Todesfälle, in Mailand 5 Erkrankungen,
in Modena 2 Erkrankungen, in Neapel 199 Erkrankungen, s5 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 93 Erkrankungen, 58 Todesfälle, in Novara 4 Erkrankungen, in Padua 1 Er⸗ frankung, in Potenza 1 Erkrankung, in Reggio nell Emilia Erkrankung, 3 Todesfälle, in Rovigo 1 Erkrankung, in Salerno 1 Erkrankung, 1 Todesfall, und in Turin 2 Erkran⸗ kungen, 2 Todesfälle. . .
— (Berl. Pol. N.) Dem jetzt veröffentlichten Rechen⸗
schaftsbericht der italienischen Tabackregie⸗Gesell⸗ qdöccschaft für 1882 zufolge erreichte im genannten Jahre der Umsatz auf dem Kontinent und auf der Insel Sizilien
die Ziffer von 225 Millionen, so daß nach Abzug der Be⸗ triebsunkosten von 116 Millionen ein Reingewinn von 109 Millionen übrig blieb. Hierzu ist noch der Reingewinn des Monopols in Sizilien zu rechnen, wo derselbe 6 855 453 Lire bei einem Umsatz von 19 621 653 Lire erreichte, während sich die Unkosten dort auf 12 736 199,92 Lire bezifferten. Neapel, 13. Oktober. (W. T. B.) Vom Sonnabend, den 11, Mitternacht, bis Sonntag zur gleichen Zeit sind hier s Per— sonen an der Cholera erkrankt und 51 Personen gestorben.
Türkei. Konstant inopel, 13. Oktober. (W. T. B.) Der Metropolit von Derkon, Joachim, ist zum ökume⸗ nischen Patriarchen gewählt worden. J. c.
e
Rußland und Polen. St. Petersburg, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin sind gestern Nachmittag nach Gatschina übergesiedelt. ;
Die Gerüchte von bevorstehenden Veränderungen in der Besetzung höherer Staatsämter, insbesondere des Kriegs-Ministeriums und des General-Gouvernements von Warschau, ent behren gutem Vernehmen nach der Be⸗ gründung.
Amerika. Washington, 13. Oktober. (W. T. B.) Die internationale Konferenz zur Feststellung des ersten Meridians hat eine Resolution angenommen, die sich für Greenwich als den für den gemeinsamen Me⸗ ridian zu bestimmenden Ort ausspricht. Der französische und der brasilianische Delegirte enthielten sich der Abstimmung; der Delegirte von San Domingo stimmte gegen die Resolution.
Süd⸗Amerika. Peru. (W. T. B.) Aus Lima wird über London u. d. 13. d. M. gemeldet, daß die Truppen der Regierung nach lebhaftem Kampfe in Trujillo ein— gerückt seien.
Afrika. Egypten. Kairo, 10. Oktober. (Allg. Corr) Lord Northbrobk wird am 16. d. aus Ober⸗Egypten zurück⸗ erwartet. — : Suakim, 9. Oktober. (A. C.) Hier ist via Jeddah die Nachricht eingegangen, daß die Beamten und Einwohner von Rowayeh aus Furcht vor den Rebellen die Stadt verlassen und sich auf eine Insel begeben haben. Major Chermside hat ein egyptisches Kanonenboot . und Mr. Hrewster, der politische Agent, hat Befehle ertheilt, die Leute zu beschützen. . „Aus Massauah erfahren wir, daß General Gordon sich in Sennaar befindet und mit der Garnison die Re⸗ vellen bekampft und die Abgaben einzieht. Zwei Banden von Wegelagerern treiben unweit Massauah ihr Unwesen. — König Johann bereitet Verlegenheiten; er verlangt Sanheit.
Vierhundert Mann des Amarar-Stam mes sind von
arghut zurückgekehrt; sie verloren in ihren Scharmützeln
Mann. Der Stamm, zu dessen Unterstützung sie ausrück⸗ tin, hatte inzwischen Bedingungen der Neutralität mit den Rebellen abgeschlossen.
Major Chermside ist zum Gouverneur des Ufer⸗ gebiets des Rothen Meeres, und Major Haggard zum Befehlshaber der egyptischen Streitkräfte ernannt worden.
„Assuan, 10. Oktober. (A. C) Lord Northbrook reite von hier um Mitternacht ab. Soeben langten hier loo Ruder boote von England an.
Wad y⸗Halfa, 9. Oktober. (A. C.) Lord Wolseley wird sich morgen nach Sarras begeben, um die neuan— gelegte Eisenbahn zu inspiziren. Es wird ein Kabel nach der Telegraphenstation auf der anderen Seite des Nils gelegt, wodurch die Absendung von Depeschen um Vieles erleichtert wird.
Seitungsstimmen.
Wie wir der „Schlesischen Zeitung“ entnehmen, hat die Generalversammlung des landwirthschastlichen Kreisvereins zu Chateau⸗Salins in Lothringen am 11. v. Mts, die Absen⸗ dung einer die Erhöhung der Getreidezölle betreffenden Bitt⸗ schrist an Se. Majestät den Kaiser beschlossen. Das in fran⸗ zösischer Sprache abgefaßte Schriftstück lautet in deuischer Uebersetzung:
An Se. Majestät u. s. w.
Die Landwirthe des Kreises Chateau⸗Salins (Lothringen) haben in der Generalversammlung des hiesigen landwirthschaftlichen Kreis—⸗ vereins beschlossen, eine Bittschrift an Ew. Majestät zu überreichen, um Hochcderselben die schreckliche Nothlage darzustellen, in welche sie in Folge der ausländischen Getreidekonkurrenz immer mehr gerathen.
In ihrem Namen und die allmächtige Initiative Ew. Majestät anrufend, erlauben wir uns, Hochdieselbe ehrfurchtsvoll zu bitten, den gesetzgebenden Faktoren einen Zolltarif ⸗ Entwurf vorlegen zu wollen, dessen Sätze hoch genug wären, um das ausländische Getreide an der deutschen Grenze im Verhältniß zu den vielen 2 die Grundbesitz und Landwirtbschaft bei uns treffen, zu ver— theuern.
Nach einer langen Reibe schlechter Jahrgänge stellt sich eine bessere Ernte in Ausicht. Dieser Segen kommt uns aber nicht zu täzute, und unsere diesbezüglichen Hoffnungen werden vernichtet, da die Einfuhr fremden Getreides die Preise plötzlich so drückt, daß die Produktionskosten selbst bei der guten Ernte nicht gedeckt werden.
In Folge dieser für die allgemeine Wohlfahrt verderblich wir kenden Thatsache muß die Industrie, trotz des Schutzes, den sie ge⸗ nießt, eine Krisis durchmachen, die mit der unserigen im innigen Zu⸗— sammenhange steht. Denn Industrie und Ackerbau haben eng solida⸗ rische Interessen.
Indem wir die Einführung eines mäßigen Zollschutzes verlangen, der die Brotpreise wenig oder gar nicht beeinflussen würde, denken wir nicht im Geringsten daran, einen Gegensatz zwischen Land und Stadtarbeiter herbeizuführen. Beide sind zu gleicher Zeit Ptoduzen⸗ ten und Konsumenten, und müssen sich daher gegenseitig helfen. Die einen wie die anderen haben gleiches Interesse daran, daß die Er— zeugnisse ihrer Arbeit nicht zu Schleuderpreisen verkauft werden müssen.
. Es wäre daher ein unersetzbarer Verlust, wenn durch eine wider sinnige Zollgesetzgebung (mesures sisesles inintelligentes) unsere Landwirthe, deren Wirthschaft hauptsächlich auf den Körnerbau ein gerichtet und angewiesen ist, gezwungen wären, diesen Wirthschafts- zweig aufzugeben. Auch müßte das Preisgeben des ganzen einhei⸗ mischen Marktes an die ausländischen Produzenten das mächtige Deutsche Reich binnen kurzer Frist infolge der fortwährenden Geld— ausfuhr ruiniren. Ohne blühenden Ackerbau kann kekn Staat ge— deihen!
Wir bitten Ew. Majestät, den ehrerbietigsten. Ausdruck unserer tiefsten Ehrfurcht genehmigen zu wollen.
Chateau⸗Salins, den 25. September 1884.
(Folgt die Unterschrift des Central-Comièés.)
— Der „Hamburgische Correspondent“ schreibt über die Erweiterung des Unfallversicherungsgesetzes:
Wäre die öffentliche Aufmerksamkeit nicht zu drei Viertheilen von Wahlvorbereitungen und von Auseinandersetzungen zwischen den rivalssirenden Parteien in Anspruch genommen, so würde die dieser Tage von der „Nordd. Allg. Ztg.“ angekündigte weitere Ausdehnung des Unfall versicherungsgesetzes auf die Arbeiter des Transportgewerbes, der Land⸗ und der Forstwirthschaft die Hauptangelegenheit des Tages bilden. Unter den gegen das Versicherungsgesetz er⸗ hobenen Einwendungen hatte der Hinweis auf die Ausschließung einer Anzahl besonders gefährlicher und dabei weit ausgedehnter Ge— werbe bisher eine maßgebende Rolle gespielt: es verdient darum die höchste Aufmerksamkeit, daß in dieser Rücksicht bereits gegenwärtig Rath geschafft, und daß das bezügliche von der Regierung abgegebene Versprechen prompter eingelöst werden soll, als von irgend Jemandem erwartet worden war. So allgemein herrschte die Meinung vor, daß die bei Bildung der Berufsgenossenschaften zu überwindenden Schwierigkeiten einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen würden, daß auch von Seiten der Opposition unterlassen worden war, die Reichsregierung an ihre bei Gelegenheit der Reichstagsverhandlungen abgegebenen Versprechungen zu erinnern.
Die Versprechungen waren allerdings in bündigster Form ge⸗ geben worden. Unmittelbar nach einer am 15. März d. J. von dem sozialdemokratischen Abg. von Vollmar gehaltenen Rede hatte der
der Reform darstellt.“
Darüber sind erst wenige Monate vergangen, Monate, die her⸗ kömmlich nicht der Vorbereitung neuer, sondern der Abwickelung alter Aufgaben gewidmet zu werden pflegen. Die an die Er— klärungen der Regierungsvertreter geknüpften Erwartungen sind nicht nur erfüllt, sondern übertroffen, und zwar so vollständig übertroffen worden, daß die erste Kunde von im Schoße der Regie⸗ rung gepflogenen Verhandlungen über die weitere Ausdehnung des Gesetzes allenthalben mit Ueberraschung und Unglauben aufgenommen wurde. — Zu erklären ist dieses prompte Vorgehen der Gesetzgebung aus dem raschen und günstigen Gange, welchen die von dem Vor⸗ sitzenden des Reichs⸗-Versicherungkamtes geleiteten Verhandlungen über die Bildung von Versicherungsgenossenschaften genommen haben. Zur Zeit der Berathung war so unaufhörlich von den Schwierigkeiten der Äufrichtung des angeblich „schwerfälligenꝰ und ‚unverhältnißmäßig großen“ genossenschaftlichen Apparates geredet worden, daß man sich auch auf befreundeter Seite darauf gefaßt machte, die grundlegende Arbeit langsam und mühsam zu. Stande gebracht zu sehen. Jetzt ist der Beweis dafür, daß diese. Voraus—⸗ setzungen irrthümliche und übertriebene gewesen waren, in vollgül⸗ tiger Weise geliefert und durch die sofortige Vorbereitung weiter⸗ gehender Maßregeln das Gelingen des gesammten wichtigen Werks verbürgt worden. — Allseitig wird man der Veröffentlichung der neuen Vrrlage mit lebhaftem Interesse entgegensehen: umfassen Land wirthschaft und Transportgewerbe doch eine ungeheure Anzahl von Arbeitern, die bisher außerhalb des Rahmens unserer Gewerbegesetz⸗ gebung gestanden hatten, und die zum ersten Male der Vortheile einer umfassenden Organisation theilhaft gemacht werden sollen.
— Die „Wiesbadener Zeitung“ sagt:
„Es kommt nicht nur darauf an, daß das Richtige überhaupt geschieht, sondern daß es zur rechten Zeit geschieht! Daran und an die Unvermeidlichkeit der Wirthschafts⸗ und Tarifreform der letzten siebenziger Jahre, sind wir neuerdings mit besonderer Lebhaftigkeit erinnert worden, als wir in Pariser Zeitungen die Schilderung der Nothlage lasen, in welcher ein Theil der französischen Industrie sich seit Einbruch des Herbstes befindet. Weil der Absatz der französischen Fabrikation zugleich im In. und Auslande abnimmt und weil die ausländische, zumal die deutsche Konkurrenz immer neue Fortschritte macht, werden von Monat zu Monat mehr Arbeiter entlassen.. ..
Das neue Gesetz über die Genossenschaften und die Vereinsfrei— heit batten einen entschieden günstigen Eindruck gemacht und eine Annäherung der verschiedenen Klassen und Parteien im Sinne der Sozialreform in Aussicht gestellt. Jetzt muß man sich freilich sagen, daß Zeiten der Noth und Arbeitlosigkeit für eine friedliche Reform⸗ thatigkeit wenig geeignet erscheinen, und daß Alles darauf an⸗ kommen wird, das nöthige Brot zu schaffen und die äußere Ruhe zu erhalten. .
Da sind wir Deutsche unvergleichlich besser dran. Trotz aller Feindseligkeit und allen Widerstandes der Fortschrittler hatte die Reichsregierung mit der Umgestaltung des Zolltarifs den Anfang ge⸗ macht, und erst nachdem die deutsche Industrie wieder zu Athem ge—⸗ kommen war, die sozialreformatorischen Gesetzentwürfe folgen lassen.
Auf eine Arbeiterbevölkerung, die ibr tägliches Brod und die Aussicht auf dauernde Beschäftigung bat, lätzt sich ganz anders einwirken, ganz anders mit ihr verhandeln, als mit Hungrigen und Arbeitslosen. Damit überhaupt an Versöhnungen der Gegensätze gedacht werden konnte, wurde zunächst Verhütung eines eigentlichen Nothstandes und Beseitigung der drückendsten Sorge nothwendig. Die zu diesem Be⸗ hufe erforderliche Umgestaltung der Zölle aber mußte Platz greifen, bevor es zum Aeußersten gekommen war! 5 Wie lange hat es gedauert, bevor dieser Zusammenhang zwischen Wirthschaftsreform und Sozialreform der Mehrheit unseres Volkes klar geworden ist? Der Lärm,. den Fortschrittler und Freisinnige über den Tarif von 1879 erhoben haben, dauert noch gegenwärtig fort, und die Erkenntniß der Nothwendigkeit und des innern Zu⸗ sammenhanges der beiden wichtigsten Reformen hat sich nur langsam und allmählich bei uns Bahn gebrochen. Erst als die Erfolge da waren, verlor die Partei der Ankläger und Hetzer ihren Einfluß. Mögen die bevorstehenden Wahlen Zeugniß davon ablegen, daß unser Volk den ganzen Umfang des ihm geleisteten Dienstes verstanden und den Entschluß gefaßt hat, sich die gewonnenen Vortheile von den sogenannten Freisinnigen nicht wieder entreißen zu lassen.“
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 40. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorb en gemeldet: in Berlin 27,6, in Breslau 24,2, in Königsberg 22.6, in Cöln 22.3, in Frankfurt a. M. 16,, in Hannover 26,2, in Cassel 2.4, in Magdeburg 21,8, in Stettin 264, in Altona 25,1, in Straßburg 23,9, in Metz 14,0, in München 34,1, in Nürnberg 23,8, in Augsburg 1955, in Dreg— den 23,l, in Leipzig 186, in Stuttgart 17.9, in Braunschweig 147, in Karlsruhe 17,0. in Hamburg 21,4, in Lübeck — in Wien 18,7, in Budapest 20,9, in Prag 28.6, in Triest — in Krakau 26,0, in Basel 14,7, in Brüssel 18,5, in Amsterdam 20, ', in Paris 18.7, in London 17,2, in Glasgow 23,1, in Lixerpool 22,1, in Dublin 26,3, in Edinburg 16,0, in Kopenhagen 22.0, in Stockholm 25,4, in Chri⸗ stiania 21,0, in St. Petersburg 20,, in Warschau 3146, in Odessa 27.65, in Rom 19,5, in Turin 23,1, in Bukarest 19,8, in Madrid 304, in Alexandria 33, J. — Ferner aus der Zeit vom 7 13. September er.; in New⸗Jork 25,7, in Philadelphia 23,9, in Chicago —, in Cincinnati —, in St. Louis — in San Fran⸗ zisko 14,3, in Kalkutta 22.0, in Bombay 300, in Madras 47,3.
Beim Wochenbeginn herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsstationen westliche und südwestliche, in München östliche Windrichtungen, die jedoch nur in Karlsruhe mit kurzem Wechsel mit Nordwest und in Bremen, wo der Wind am Schluß der Woche nach Nordwest drehte, bis an das Ende der Woche vorwiegend blieben. Am 29. und 30. September ging der Wind an den meisten Stationen nach Südost und blieb in Konitz bis zum Schluß der Woche, wo Nordwest überwiegend wurde, aus dieser Richtung wehend, in München und Cöln machten sich am 1, an den übrigen Stationen am 2. Oktober westliche Winde geltend, die in Heiligenstadt und Cöln mit nord westlichen Winden wechselten, auch in Berlin ging der Wind am Schluß der Woche nach Nordwest. Die Temperatur der Luft lag an allen Stationen um 2—3 Grad C. über der normalen. In den letzten Tagen der Woche nahm die Luftwärme allgemein ab und, fielen an den meisten Stationen mehr oder minder ergiebige Niederschläge. Der beim Wochenbeginn hohe Druck der Luft sank an den Süd⸗ stationen in den ersten Tagen der Woche; an den übrigen nahm der Luftdruck zu, nahm aber vom 30. September an allen Stationen ab, um am 3. Oktober wieder allgemein zu steigen. . .
Mit der Abnahme der Darmkatarrhe der Kinder haben sich die Sterblichkeitsverhältnisse in den meisten Großstädten allmählich wie⸗ der günstiger gestaltet. Auch die meisten deutschen Städte melden kleinere Sterblichkeitsverhältnißzahlen, nur wenige (wie Berlin, Hannover, Stettin) größere. Die allgemeine Sterblichkeitsvomrhältniß ⸗ zahl für die deutschen Städte sank auf 23,5. von 23,9 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet). Die Theilnahme des Säuglingẽ⸗ alters war auch in dieser Woche wieder eine geringere. Von 10 000 Lebenden starben, pro Jahr berechnet, 9 Säuglinge gegen 95 der Vorwoche; in Berlin 118, in München 113. — Die Ab⸗ nahme der Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder war eine ziemlich allgemeine; nur in wenigen Städten, wie in Königs⸗ berg, Danzig, Breölau. München, Nürnberg. Stuttgart, Dresden, Berlin, Görlitz, Hamburg, Düsseldorf, Wien, Paris, London, St. Petersburg war die Zahl der Todesfälle noch eine außergewöhnlich höhere. Erkrankungen Und Todesfälle an Ruhr zeigten noch keine wefentliche Abnahme. Aus Paris kamen 3, aus Venedig 2, aus Baltimore 1 Todesfall an sporadischer Cholera zur Mittheilung. — In größerer Zahl beginnen sich aber wieder die Infektions krankheiten zu zeigen. Namentlich haben Scharlach und. Diphtherie in den Städten an der Ostseeküste, im sächsisch⸗märkischen Tiefla de sowie in Berlin größere Ausdehnung gewonnen, und riefen ersteres in Königsberg, Banzig, Elbing, Greifswald, Görlitz, Spandau, Regensburg, Bremen, aber auch in Prag, Warschau, Amsterdam viel Todesfälle hervor, während die Diphtherie in Steitin, Stolp, Posen, Graudenz, Dresden, Chemnitz, Leipzig, Spandau, Guben, Cottbus, Dessau, Berlin, Görlitz, Hamburg, Wien zahlreiche Dpfer forderte. Auch Masern zeigten sich häufiger, aber meist mit günsti⸗ gem Verlaufe. — Typhöse Fieber kamen aus deutschen Städten in wenig veränderter Zahl zur Anmeldung; aus Posen, Celle, Han⸗ nover, Eisleben werden mehrfache Sterbefälle gemeldet; in Berlin, Paris, London, St. Petersburg war ihre Zahl eine be⸗ schränkte; Todesfälle an Flecklyphus kamen nur aus London und Krakau je 1, aus Madrid 3 zur Anzeige. Der Keuch⸗ husten rief in Berlin weniger Sterbefälle hervor; in Tilsit, Dresden, Bonn wurde er häufiger Todesveranlassung, Pocken zeigten sich meist in beschränkter Zahl. Aus deutschen Stäbten kam nur 1 Todes fall (aus Bonn) zur Anzeige. Auch aus Krakau, St. Petersburg, Sdessa, Prag, Venedig, Neu⸗Orleans werden wenige, aus Lissabon h, aus Turin 6, aus London 10 Sterbefälle gemeldet. — Die (holera tritt in Frankreich und Spanien nur noch vereinzelt auf, in Italien hat sie erheblich abgenommen, besonders in Neapel und Genug. Aus den indischen Städten Kalkutta, Bombay, Madras wurde, besonders aus den letzteren beiden Orten, wieder eine Zunahme der Cholerafälle gemeldet.
Gewerbe und Handel.
Die Sächsische Webstuhl ⸗ Fabrik (worm. Schönherr zu Chemnitz bringt, nachdem sie vier Jahre hintereinander 8 0 / g Divi⸗ dende vertheilt hat, für das verflossene Geschäftsjahr 90 zur Aus⸗ zahlung; dabei wurden die Abschreibungen so bemessen, daß dieselben auf Grund stücke, Gebäude ꝛc. statt wie in früheren Jahren 5g, diet mal mit 16060 im Betrage von 208 233 M im Gewinn und Ver lustkonto figuriren. Außerdem sind auf Hülfsmaschlnen und Werk ; jeuge wiederum 20 0ss und für Abnutzung mehr als 80 000 6 zurück gestellt. Als Reserve für Debitoren und Rimessen sind 66 000 4 eingestellt. Das Gewinn ⸗ und Verlustkonto weist als Bruttogewinn die Ziffer von 1 092775 M auf, wovon 1971 239 M auf Fabrika. tiontkonto entfallen. Der vertheilbare Gewinn beziffert sich *uf 573 906 S, welcher Summe in der Bilanz 271 345 als Ab⸗ schreibungen gegenüberstehen, so daß ein Reingewinn von 302 561 4 verbleibt; aus diefem entfallen 270 900 ½ zur Dividendenvertheilung.
Efsen, 14. Oktober. (W. T. B.). Der Wochenbericht der „Rhe inisch⸗Westfäl. Zeitung“ über den Kohlenmarkt . konstatirt erfreulichen Mehrabsatz von Kohle und Kokes in der zweiten Hälfte des September gegen die erste September hälfte. .
Wien, 14. Oktober. (W. T. B.) Die außerordentliche Generalversammlung der Lemberg ⸗Czernowitzer Eisenbahn ermächtigte den Verwaltungsrath, behufs Einlösung der hprozentigen Priorttätsschuld zwei neue Emissionen 4prozentiger, in Sil her ver⸗ zinslicher Prioritäts-Obligationen im Gesammtbetrage von 52 755 000 Silbergulden zu veranstalten und das Aktienkapital gleichzeitig, um den Nominalbetrag von drei Millionen Silbergulden durch Ausgabe von 15 000 Stück neuer Aktien zu vermehren.