1884 / 243 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegen heiten.

Der außerordentliche Professor Or. Bu sch, der praktische Arzt und Zahnarzt Dr. Paetsch, der Dr. Miller und der Zahnarzt Sauer sind, und zwar die drei letzteren unter Ver⸗ leihung des Prädikats Professor, zu Lehrern der Zahnheil⸗ kunde an dem neuen zahnärztlichen Institut der Universität Berlin ernannt; dem ersteren ist zugleich die Direktion des Instituts provisorisch übertragen worden.

Die Beförderung des ordentlichen Lehrers Dr. Graß⸗ mann am Gymnasium zu Stolp zum Oberlehrer an derselben Anstalt ist genehmigt worden.

Angekommen: Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts und Medizinal⸗Angelegen⸗ heiten, Or. von Goßler, von Eisenach.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Auf Grund der 85. 11 und 12 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 31. Oktober 1878 wird das in Druck und Verlag von A. Vogel und Co. in Braunschweig erschienene Flugblatt ohne Datum, überschrieben:

„Wahlgufruf zur Reichstagswahl“, endend mit den Worten: Wir schlagen Euch hiermit als Kandidaten vor Drechslermeister August Bebel in Plauen bei Dresden. „Die sozialistischen Arbeiter“ hiermit verboten. Danzig, den 13. Oktober 1884. Der Regierungs⸗Präsident: Rothe.

Die Königliche Kreishauptmannschaft hat auf Grund von 8. 11, Abs. 1 und §. 12 des Reichsgesetzes vom 21. Oktober is78 die im Verlage von Oskar Riedel in Schwarzenberg erschienene, bei Goettert und Sust in Glauchau gedruckte Druckschrift:

„An die Wähler des 21. sächs. Wahlkreises!“ und unterzeichnet:

„Im Namen des Wahlcomits zur Betreibung freisinniger Wahlen. Oskar Riedel.“

verboten.

Zwickau, am 14. Oktober 1884. Königlich sächsische Kreishauptmannschast. Leonhardi.

Auf Grund des 5§. 11 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 ist das hier beschlagnahmte, von J. H. W. Dietz in Stuttgart herausgegebene, gedruckte und verlegte, vom September 1884 datirte Flugblatt mit der Ueberschrift: „An die deutschen Reichstagswähler!“, mit den An— fangsworten: „In wenigen Wochen habt Ihr an die Wahl— urne zu treten 2c. und mit der Unterschrift: „Die Vertretung der deutschen Sozialdemokratie“ von der unterzeichneten Be⸗ hörde als Landespolizeibehörde verboten.

Braunschweig, den 14. Oktober 1884.

Herzogliche ö rth.

Bekanntmachung.

Obwohl es durch die Fortschritte der Chemie gelungen ist, arsenik⸗ und andere gifthaltige Farben durch unschädliche Farben voll⸗ kommen zu ersetzen, so werden jene noch immer häufig so verwendet, daß dadurch Beschädigung der menschlichen Gesundheit und selbst der Tod herbeigeführt wird. Dies ist vorzugsweise der Fall beim Be⸗ wohnen von Zimmern, deren Wände mit Arsenikfarbe bemalt oder mit arsenikhaltigen Tapeten beklebt oder in denen arsenikhaltige Rou⸗ leaux und Fenstervorsetzer vorhanden sind; bei Benutzung derartiger Drahtglocken zum Bedecken von Speisen, beim Tragen von Kleider stoffen, künstlichen Blumen und Blättern, auf denen die Arsenikfar— ben oft so locker aufliegen, daß sie beim Gebrauch sich ablösen; beim Genuß von Zucker und anderen Eßwaaren, welche mit Arsenikfarben bemalt sind; beim Gebrauch derartigen Spielzeugs u. s. w. Die daraus entftehenden Vergiftungen geben sich nicht immer durch die bekannteren, plötzlich auftretenden heftigen, oft schnell den Tod her⸗ beiführenden Krankheitserscheinungen zu erkennen, sondern oft auch wie namentlich bei dem Bewohnen arsenikgefärbter Zimmer durch ein lange dauerndes, spät erst tödtlich endendes Siechthum.

Das Polizei⸗Präsidium erachtet es für Pflicht, das Publikum wiederholt an die Gefahren, welche der Genuß und anderweitige Ge⸗ brauch von Gegenständen, die mit Giftfarben gefärbt sind, für Leben und Gesundheit mit sich führen, zu erinnern; i n und Händ⸗ ler aber bezüglich des Anfertigens und der Feilhaltung derartiger Gegenstände auf die Bestimmungen der §5§. 324 bis 326 des Straf— gesetzbuches hinzuweisen.

Berlin, den 7. Oktober 1884.

Königliches Polizei⸗Präsidium. von Madai.

Per sonalver änderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Bersetzungen Im aktiven Heere. Baden Baden, 9. Oktober. Prinz Ernst von Sachsen⸗Meintngen Durchlaucht, Sec. Lt. vom 2. Garde Regt. F, A la suite des Regts. gestellt. Frhr. v. Müffling gen. Weiß, Sec. Lt. a. D., zuletzt à la suite des Ulan. Regts. Rr. 10, in der Armee, und zwar als Sec. Lt. mit Patent vom 16. Dezember 1881, bei dem Drag. Regt, Nr. 9, v. Lie beherr, Sec. Lt. von der Res. des Drag. Regts. Nr. 18, im aktiven Heere, und zwar als Sec. Lt. mit Patent vom 14. August 1881, bei dem Drag. Regt. Nr. 18, wiederangestellt. .

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Baden⸗ Baden, 9. Oktober. Antz, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 75, aus⸗ ie,, und zu den beurlaubten Offizn. der Landw. Inf. über⸗ getreten.

XIII. (Ftöniglich Württembergisches) Armee⸗Corps.

Grnennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im Beurlaubtenstande, 6. Oktober. Thrän, See. Lt. von der Landw. Inf. der Reserve des Landw. Bats. Nr. 127, n ö. Sec. Lt. der Reserve des Ulan. Regt. Nr. 20, zu Pr. Lts. efördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 6. Ok- tober. Frhr. v. Stetten, Sec. Lö. im Drag. Regt. Nr. 265, aus allen Milit. Verhältnissen entlassen. v. Planck. Major z. D. von der Stellung als Bez. Commandeur des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 126 entbunden. e

Im Beurlaubtenstande. 6. Oktober. Kübel, Sec. gt. von der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 120, der Ab⸗ schied bewilligt.

Aichtamtliches. Deu tsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. Ottober. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Baden⸗Baden, gestern Vormittag die Vorträge des Militär- und des Civilkabinets entgegen und besuchten Nach⸗ mittags die Ateliers der Maler Amberger, Corrodi, Welsch und Weiser im Künstlerhause sowie das Atelier des Bild⸗ hauers Kopf. . .

Das Diner nahmen Se. Majestät mit Ihren Königlichen Hoheiten den Großherzoglichen Herrschaften bei der Herzogin von Hamilton ein.

Se. Majestät der Kaiser und gönig haben ein Schreiben des Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten von Kolum bien empfangen, wodurch der am Allerhöchsten Hoflager in der Eigenschast eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers jenes Freistaats beglaubigte Dr. Luis Carlos Rico von diesem Posten abberufen wird.

Das Handbuch über den preußischen Hof und Staat für 1884/85 ist in diesen Tagen zur Ausgabe gelangt. Der Schluß der Redaktion des Handbuches ist am 35. September, der des Nachtrages am 6. Oktober erfolgt; es haben demnach in der neuen Ausgabe auch noch alle Aus—⸗ zeichnungen, welche bei Gelegenheit der Allerhöchsten Anwesen— heit in der Rheinprovinz und Westfalen bewilligt worden sind, Aufnahme finden können. Im Allgemeinen ist die hisherige Einrichtung des Buches beibehalten worden; im Einzelnen hat jedoch auch die neue Ausgabe Verbesserungen und Er⸗ weiterungen erfahren. Es wird als solche unbedingt die anderweite Aufstellung der Erbämter anzusehen sein, welche nach der für die übrigen Abschnitte des Handbuches maßgebenden Reihenfolge der Provinzen und innerhalb dieser und der einzelnen Landestheile nach der Zeitfolge nunmehr geordnet sind, in welcher die betreffenden Familien mit dem Erbamte beliehen wurden. Die Erweite— rungen des Hof- und Staatshandbuches rühren meist von der Ausdehnung der Staats⸗Eisenbahnverwaltung und der dadurch nothwendig gewordenen Konstituirung neuer Eisenbahn⸗Direk⸗ tionen, Eisenbahn-Betriebsämter und Bezirks-Eisenbahnräthe her. Es gehören dahin die Direktion der Berlin-Hamburger Eisenbahn in Berlin, das Eisenbahn⸗Betriebsamt in Breslau (Breslau⸗Dzieditz ) fur die frühere Rechte Oder⸗Ufer⸗Eisenbahn, die Direktion der Breslau⸗Freiburger Eisenbahn in Breslau, der Bezirks-Eisenbahnrath in Breslau und die Eisenbahn⸗ Direktion in Altona für die Altona⸗-Kieler Eisenbahn und die Eisenbahnen der Schleswigschen Eisenbahn-⸗Gesellschaft. Da⸗ gegen ist das Eisenbahn⸗-Kommissariat in Breslau eingegangen, und es besteht jetzt für den ganzen preußischen Staat nur noch ein einziges Eisenbahn⸗Kommissariat, das zu Berlin. Ebenso haben keine Stelle im Staatshandbuche mehr die Bezirksräthe und das Bezirks⸗Verwaltungsgericht gefunden, an deren Statt in den sechs älteren Provinzen die Bezirksausschüsse ge⸗ treten sind. Der mit deutschen Lettern ausgeführte Satz stellt sich als sehr sauber und angenehm dar.

Die von dem Bureau⸗Direktor des Hauses der Ab— geordneten bearbeiteten ebersichten über die Geschäfts⸗ thätigkeit des Hauses der Abgeordneten in der letzten Session sind erschienen. Dieselben sind in der bis⸗ herigen sorgfältigen und zweckmäßigen Art angefertigt und zerfallen in die Rednerliste, die Uebersicht über den Staats— haushalts-Etat und die Hauptübersicht. Die Rednerliste er⸗ giebt den Tag, an welchem sowie den Gegenstand, über welchen jeder einzelne Redner gesprochen hat, unter Hinweis auf die betreffenden Seiten der stenographischen Berichte. Die Etatsübersicht macht die bezüglichen Anfragen, Anträge und Verhandlungen ersichtlich und weist unter den verschiedenen Verwaltungen saͤmmtliche Etatstitel mit ihren Beträgen speziell nach. Die alphabetisch geordnete Hauptübersicht umfaßt, abgesehen von dem Staatshaushalts⸗-Etat, alle zur Erörterung gelangten Gegenstände, unter Darlegung des Verlaufes der Berathung. Die Regierungsvorlagen sowie die Anträge zu denselben sind darin in ihrem Wortlaut übernommen und die Verhandlungen über ein und denselben Gegenstand, auch wenn dieselben zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Gelegenheiten stattgefun den haben, auf Einer Stelle verzeichnet. Zu der Hauptübersicht gehört ein besonderes Inhalts⸗ verzeichniß, welchem eine Gesammtübersicht der Be⸗ rathungsgegenstände beigefügt ist.

In Bezug auf die Bestimmungen der §§. 1 und 8 des preußischen Enteignungsgesetzes vom 11. Juni 1874, nach welchen die Enteignung nur gegen vollständige Entschädi⸗ gung für die Abtretung des Grundstückseigenthums in dem vollen Werthe des Grundstückes besteht, hat das Reichs—⸗ gericht, V. Civilsenat, durch Urtheil vom 7. Juni d. J. folgende Rechtssätze ausgesprochen: Unter dem vollen Werthe ist nicht der gemeine Werth des Grundstückes zu verstehen, sondern sein individueller Werth für den Eigenthümer, gegen welchen die Enteignung sich richtet, der für diesen mit seinem Eigenthum verbundene Vortheil, mit anderen Worten: der ihm aus der Enteignung erwachsende Schaden. Erfolgt die Ermittelung des letzteren nach verschiedenen zulässigen, jedoch gegenseitig sich ausschließenden Rücksichten, z. B. nach dem Vortheil, welcher von dem Eigenthümer durch Verkauf oder durch Bebauung oder durch eine andere Benutzung des Grund⸗ stückes erzielt sein würde, und ergeben diese verschiedenen Er⸗ mittelungsarten abweichende Schadensbeträge, so kann der Eigenthümer nur einen derselben beanspruchen, weil ihm nur einmalige Entschädigung gebührt, aber den höchsten, weil eben dieser den ermittelten Schaden darstellt.

Kiel, 14. Oktober. (W. T. B.) Die nach dem Mittel⸗ meer bestimmte Brigg „Undine“ ist heute nach Plymouth in See gegangen. Die Korvette „Gneisenau“, welche gestern Vormittag südlich von Laaland auf eine Untiefe ge⸗ rathen war, ist heute wieder abgekommen.

Hannover, 14. Oktober. (Hannoverscher Courier.) In der heutigen (14) Sitzung des 18. hann overschen Provinzial⸗-Landtags wurde der Ausschußantrag Über ein Schreiben des Ober⸗Präsidenten, betr. Abänderung der generellen Richtungslinie der im Wegeverbandsbezirk Zeven belegenen Zeven⸗Tostedter Landstraße in der Abthellun Zeven⸗Weertzen, ohne Debatte angenommen. Der Aue ch hatte beantragt:

Der Provinzial⸗Landtag wolle beschließen: in Gemäßbeit der Anheimgabe des Herrn Ober ⸗Präsidenten sich damit einverstanden zu erklären, daß die Zeven ⸗Tostedter Landstraße von Zeven nicht über Heeslingen nach Weertzen, sondern direkt über Wiersdorf nach Weertzen geführt werde.

Ebenso wurde der Antrag des Ausschusses, betr. Aus⸗ nahme des im Wegeverbandsbezirke Fürstenau belegenen Weges von Bippen nach Ohrte auf den Landstraßenetat, ge nehmigt.

Damit waren nach Erledigung einiger Petitionen die Arbeiten des Landtags beendet.

Hierauf erhob sich der Landtags-Marschall Graf k und richtete an die Versammlung etwa folgende

orte:

Meine Herren! Wir stehen am Schlusse, des diesmaligen Landtages und des Landtages in seiner gegenwärtigen Verfassung überhaupt; das bedauere ich und weiß, daß auch Viele von Ihnen es mit mir bedauern werden. Viele von Ihnen haben von Anfan an mitgewirkt und haben an der provinzialständischen Verwaltung theilgenommen. Sie dürfen mit Befriedigung auf diese Verwal= tung zurückblicken. Wenn ich dann, auf einen hohen Posten im Auslande berufen, glaubte, das Amt des Landtags⸗Marschalls noch fortführen zu können, so habe ich es gethan, weil ich wußte, daß die Verwaltung so gut war, daß ich es mit Ruhe konnte; mit Ver— trauen blickte ich auf die Männer, in deren Händen die Verwaltung ruhte, auf die Mitglieder des Landes⸗Direktoriums und des Aus— schusses. Ich danke Allen für die Nachsicht und Rücksicht, die Sie mir geschenkt; leben Sie Alle wohl!“

Der Abg. von Rössing sagte dem Landtags⸗Marschall Dank für die unparteiische Leitung der Geschäfte und bat k sich von ihren Sitzen zu erheben. Diez geschah.

Darauf erschien der Ober⸗Präsident von Leipziger und verlas folgende Rede, welche die Versammlung stehend

anhörte: Hochgeehrte Herren!

Der diesjährige Provinzial⸗Landtag hat bei der großen Anzahl von wichtigen Vorlagen, die Ihrer Berathung und Beschlußfassung unterlegen haben, Ihre Zeit und Thätigkeit über das gewöhnliche Maß hinaus in Anspruch genommen.

Was die Ergebnisse Ihrer Verhandlungen anlangt, so habe ich im Interesse der Provinz zu beklagen, daß die von Ihnen wiederholt als sehr dringlich erkannte Ausgleichung zwischen den einzelnen Kr. sen hinsichtlich der ihnen obliegenden Wegeunterhaltungslast weder in der Fassung der Regierungsvorlage, noch in der von der Komnission vorgeschlagenen Gestalt Ihre Billigung gefunden hat und hiermit bis auf Weiteres vertagt ist.

Dagegen ist der Gesetzentwurf über Abstellung von Berechtigun— gen zum Hauen oder Stechen von Plaggen, Heide, Rasen und Bülten mit einer nicht wesentlichen Abänderung von Ihnen angenommen worden, und Sie haben unter gewissen Bevorwortungen Ihre Bereit- willigkeit ausgesprochen, die nach den Bestimmungen über die Ge— werbekammern den Provinzialverbänden zu übertragenden Rechte und Pflichten in Beziehung auf die Provinz Hannover zu übernehmen. Die von Ihnen an die Königliche Staatsregierung gerichteten An— träge werden bei derselben eingehende Erwägung finden.

Im Uebrigen haben Sie sich mit den die provinzialständische Verwaltung betreffenden Vorlagen Ihrer Organe beschäftigt, ins. besondere den Haushaltsetat der Provinz für das Jahr 1885 festgestellt und aus den Beständen des Kreisordnungsfonds erhebliche Beträge für ständische und gemeinnützige Zwecke festgelegt. .

Der auf Grund der Allerhöchsten Verordnung vom 22. August 1867 gebildete Provinzial⸗Landtag hat nunmehr seine verfassungs— mäßige Thätigkeit abgeschlossen, auf welche einen kurzen Rückblick zu werfen ich mir nicht versagen kann.

Eine größere Anzahl von Gesetzen, die den Zweck verfolgen, dringende Bedürfnisse der Verwaltung zu befriedigen und die Einfügung der Provinz in den Verwaltungsorganismus des preußischen Staates herbeizuführen, sind unter Ihrem Beirath zu Stande gekommen.

Durch Flüssigmachung und Bewilligung bedeutender Geldmittel haben Sie die Wegeverbände und Gemeinden in den Stand gesetzt, den Landstraßen⸗ und Gemeindewegbau in einem großartigen Umfange zu betreiben und auf dem Gebiete des Wegebaues einen Zustand her— zustellen, wie denselben kaum eine andere Provinz aufweisen kann.

Sie haben stets es sich angelegen sein lassen, die Ihrer Verwal—= tung unterstellten Anstalten in ihrer äußeren Gestaltung, ihrer inneren Ausstattung und ihren gesammten Leistungen zu heben und zu ver— vollkommnen.

Sie sind steis bereit gewesen, für von Ihnen als nützlich oder nothwendig erkannte gemeinnützige und wohlthätige Zwecke reiche Mittel zur Verfügung zu stellen, insbesondere haben Sie den Auf— forstungen in richtiger Erkenntniß deren hoher volkswirthschaftlicher Bedeutung Ihr lebhaftes Interesse zugewendet, durch die günstigen Erfolge der provinzialständischen Forstkulturen den Sinn für Auf forstungen in der Provinz belebt und durch Darle hen Aufforstungen unterstützt und gefördert. ;

Trotz der sehr beträchtlichen Aufwendungen in allen Zweigen Ihrer Verwaltung ist die finanzielle Lage des prooinzialständischen Haushalts eine günstige. .

Zwischen Ihren Organen und den Königlichen Behörden hat, wie ich zu meiner Befriedigung hervorhebe, überall da, wo sie be— rufen waren, gemeinsam zu handeln, stets ein dem Wohle der Pro— vinz förderliches, nie gestörtes, gutes Verhältniß und Einvernehmen bestanden.. .

So bin ich denn heute zu meiner besonderen Genugthuung in der Lage, Namens der Königlichen Staatsregierung an dieser Stelle anerkennend auszusprechen, daß der Landtag der Provinz unter der ausdauernden, umsichtigen und bewährten Leitung seines Herrn Land⸗ tags⸗Marschalls, der provinzialständische Verwaltungsausschuß und dad Landes-Direktorium in dem Zeitraum von über 17 Jahren auf allen Gebieten der provinzialständischen Verwaltung große Erfolge erjielt und eine sehr fegensreiche Thaͤtigkeit entwickelt haben, welche Ihnen die Provinz dauernd danken wird. ö

Im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und König schließe ich den 18. Hannoverschen Propinzigl⸗Landtag.. ;

Nachdem darauf der Landtags⸗Marschall Graf Münster ei dreifaches Hoch auf Se. Majestät den Kaiser u nd König ausgebracht hatte, in welches die Versammlung drei mal begeistert einstimmte, erklärte derselbe die Sitzung für geschlossen.

Cassel, 14. Oktober. Der zwölfte Kommun al⸗Land— tag des Regierungsbezirks Cassel ist heute von dem Ober ⸗Präfidenten Grafen zu Eulenburg mittelst nachstehender Rede eröffnet worden:

Hochgeehrte Herren! e

Indem ich Sie bei Ihrem Zusammentritt willkommen be habe ich Ihnen zahlreiche und wichtige Aufgaben anzukündigen, welch. dem diesmaligen Kommunal Landtage obliegen werden. i

Neben dem Voranschlage des Bezirkshaushalts für einen beh.. jährigen Zeitraum sind es mannigfache Gegenstände der kommuha ständischen Verwaltung, über welche Ihnen Vorlagen Seitens Ihr Organe werden unterbreitet werden.

Den Wünschen der Letzteren entsprechend, wird Ihnen ein Ge— setzentwurf zur Abänderung des Gesetzes über die Landes kreditkasse ugeben, welcher die allmähliche Rückzablung des Laudemialfonds zu und Erleichterungen in dem Geschäftsverkehre dieser Anstalt herbeizuführen berweckt. . .

Die Königliche Staatsregierung hat die Bildung von Gewerbe⸗ kammern in Aussicht genommen, um neben dem Volkswirthschafts rath eine Organisation zu schaffen, in welcher die Hauptzweige der gewerblichen Thätigkeit, die Landwirthschaft, das Handwerk, die In⸗ kustrie und der Handel, bexnrksweise zu gegenseitiger Ver⸗ standigung und lebendiger Förderung sich vereinigen und n welcher die Verwaltung des Staats und des Reichs für ihre auf die Hebung des allgemeinen Wohlstandes gerichteten Bestrebungen eine wirkfame Stütze finden können. Ein gedeihlicher Erfolg ist hiervon um 9 sicherer zu erwarten, wenn die Gestaltung und die Thätigkeit der Gewerbekammern mit der Selbstverwaltung der kommunalen Ver⸗ hände in Zusammenhang gebracht werden. Sie werden daher ersucht werden, Ihre Mitwirkung zuzusagen, um diese Einrichtung ins Leben

en.

7 23 Gesetzentwürfe werden Ihnen vorgelegt werden, welche zur Sicherung und Erleichterung des Immobilienverkehrs bestimmt sind. Fer eine hetrifft Ergänzungen des Gesetzes über das Grundbuch, wesen vom 29. Mai 1873, deren Bedürfniß sich fühlbar gemacht hat und welche von Ihrem Verwaltungtausschusse dringend erbeten sind; der andere ist darauf gerichtet, die in den älteren Landestheilen be⸗ währten Vorschriften uͤber den erleichterten Abverkauf und Austausch kleiner Grundstücke auch hier einzuführen. :

Von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit sind die Ihnen bereits zugegangenen Entwürfe einer Kreisordnung und eines Gesetzes wegen Finführung der in den östlichen Provinzen geltenden, Provinzial⸗ ardnung, mit deren Erlaß zugleich auch die Gesetze über die allgemeine Landes verwaltung, über die Verwaltungsgerichts barkeit und über die Justãndigkeit der Verwaltungs⸗ und Verwaltungs ⸗Gerichtsbehörden in nnserer Provinz in Geltung treten werden. Sie werden in diesen Entwürfen das Bestreben erkannt haben, die besonderen Verhältnisse des Bezirks so weit zu berücksichtigen, als es mit der staatlichen Noth⸗ wendigkeit vereinbar ist, eine gleichmäßige Organisation der Verwal⸗ tung in dem gesammten Umfange der Monarchie herzustellen. Ich hitte Sie, diesen Gesichtspunkt bei der Berathung der Entwürfe im Auge zu behalten und dieselbe nach Möglichkeit zu fördern. .

Im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs erkläte ich den jwölften Kommunal⸗-Landtag des Regierungsbezirks Cassel für eröffnet.

Der Vorsitzende, Ober-Vorsteher von Schutzbar, genannt Milchling, gab in seiner Erwiderung den ehrfurchtsvollen Ge— sinnungen des Kommunal Landtages und des ganzen Regie— rungsbezirks gegenüber Sx. Majestät dem Kaiser und König Ausdruck, und die Versammlung schloß sich dieser Kundgebung in einem auf Se. Majestät ausgebrachten drei⸗ maligen Hoch begeistert an. .

Hierauf erfolgte die Konstituirung des Bureaus durch Wahl der Sekretäre, und wurde ferner der Beschluß gefaßt, außer dem Legitimationsausschusse einen aus 12 Mitgliedern bestehenden Eingabenausschuß, sowie einen aus 20 Mit⸗ gliedern bestehenden großen Ausschuß niederzusetzen, welchem alle nicht dem Legitimations⸗ bezw. Eingabenausschuß zustehenden Berathungsgegenstände überwiesen werden sollen, soweit nicht durch Beschluß des Kommunal⸗Landtages für einzelne Gegenstände ein Spezialausschuß niedergesetzt wird.

Die nächste Sitzung, in welcher die Mitglieder der vor— gedachten Ausschüsse gewählt werden sollen, findet morgen statt.

Frankfurt a. M., 15. Oktober. (W. T. B.). Se. Königliche Hoheit der Landgraf Friedrich von Hessen ist heute früh hier gestorben.

Württemberg. Stuttgart, 14. Oktober. Wie der

Staats-Anzeiger f. W.“ aus Friedrichshafen unter dem 12. Oktober meldet, hat sich der König in Behandlung eines Wildunger Spezialisten, des Badearztes Pr. Marc begeben, der seit einiger Zeit in Friedrichshafen verweilt. Die Kur sei bis jetzt schon von vorzüglichem Erfolge begleitet, und es lasse sich hoffen, daß mit deren Durchführung eine gründliche n, der Gesundheit des Königs erzielt werden werde.

Oesterreich Ungarn. Wien, 13. Oktober. (Wien. Ztg.) Der Kronprinz Erzherzog Rudolph und die Kron⸗ prinzessin Erzherzogin Stephanie sind heute Vor⸗ mittag um 10 Uhr mittels Separat-Hofzuges der Staatsbahn von Nagy⸗Karoly zurückgekehrt.

. 14. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Kron⸗ prinz ist heute Abend nach Berlin abgereist.

Prag, 13. Oktober. (Prg. Ztg.) Der heute im Land— tage von dem Abg. Kwisala eingebrachte Schulantrag hat folgenden Wortlaut:

.I. 5. 1. In Schulgemeinden, in welchen öffentliche oder Privatvolksschulen mit böhmischer und Schulen mit deutscher Unter— richtssprache bestehen, dürfen die schulpflichtigen Kinder blos in jene Schule aufgenom nen werden, deren Unterrichtssprache ihnen geläufig ist. 5. . Eine Ausnahme von dieser Regel ist zulässig bei Lindern, deren Eltern oder Vormünder mit triftigen Gründen die Nothwendigkeit der Ausnahme darthun. Ueber die betreffenden Ge⸗ suche entscheidet unter Vorbehalt des Rekursrechtes der Be⸗ sirksschulrath. 5. 3. Wenn im Umkreise einer Schulgemeinde blos eine öffentliche Volksschule mit einer Unterrichtssprache be⸗ steht, wenn sich aber zugleich daselbst nach einem fuͤnfjährigen Durchschnitte mindestens 45 schulpflichtige Kinder finden, welche der Unterrichts sprache dieser Schule unkundig sind, so ist für diese Kinder eine öffentliche Volksschule mit der zweiten Landessprache als Unterrichts fprache zu errichten nach den gesetzlichen Vorschriften über die Errichtung der Volksschulen und über die Anzahl der Klassen. 5. 4. Bas Geseßz tritt in Wirksamkeit mit Beginn des der Kundmachung dieses Gesetzes nachfolgenden Schuljahres. §. 65. Mit der Durchführung dieses Gesetzes und der Erlassung der noth⸗ , Verordnungen ist der Minister für Kultus und Unterricht be⸗

ragt.

II. Der Landtag wolle folgende Resolution beschließen: Die

K.. Regierung wird zur Durchführung der nachfolgenden

Grundsãtze aufgefordert: Wenn sich in einer Schulgemeinde eine

solche Anzahl von böhmischen und deutschen Schulkindern findet,

welche an und für sich weder zur Errichtung einer böhmischen noch zur Errichtung einer deutschen Schule ausreicht und wenn den

Grundsätzen des vorangehenden Gesetzes nicht durch Umschulung

von Schulen der Schulgemeinde entsproͤchen werden kann, so ist,

wenn die Zahl der blos der einen oder der anderen Sprache mäch⸗ tigen Kinder mindestens 20 beträgt, ein Halbtags - Unterricht in der

Jeise einzuführen, daß die der einen Sprache mächtigen Schüler Vormittags, die übrigen Rachmittags unterrichtet werden.

In formeller Beziehung wird beantragt, denselben der Schullommission zur Vorberathung und Berichterstattung zuzuweisen. Der Oberst⸗Landmarschall erklärte, er werde diese Anträge der geschäftsordnungsmäßigen Behand— lung unterziehen.

866 Schweiz. Bern, 12. Oktober. (N. Zürch. Ztg.) Das Stampf li- Den ki al ist unter großer Betheiligung a: onntag enthüllt worden. Direktor Marti und Bundesrath

Schenk schilderten in gediegenen Reden die Verdienste des Staatsmannes. Bei dem sich anschließenden Bankett hielten Nationalrath Carteret, Bundesrath Deucher u. A. Toastreden.

Belgien. Brüssel, 15. Oktober. (W. T. B.) In Folge des Verhaltens der Führer der Radikalen zu den Ar⸗ beiter⸗Ligas haben diese sich entschlossen, auf einen Wahl⸗ kampf am 19. d. M. zu verzichten und keine Arbeiterkandi⸗ daten der von der liberalen Vereinigung aufgestellten Liste entgegenzustellen.

Großbritannien und Irland. London, 13. Ok⸗ tober. (Allg. Corr.) In Chatsworth Park, dem Sitze des Herzogs von Devonshire, wurde am Sonnabend von den Liberalen Devonshires eine der größten Kun dgebun⸗ gen letzter Zeit in Scene gesetzt. Die Zahl der Anwesenden wurde auf 80 000 geschätzt. Die Hauptredner des Tages waren Lord Hartington, Sir William Harcourt und Mr. Mundella, der Vize-Präsident des Unterrichtswesens. Lord Hartigton vertheidigte die Wahlreformpolitik der Regierung. Bezüglich des jüngst durch den „Standard“ an die Oeffentlichkeit gelangten Neuein⸗ theilungsplanes sagte der Minister, daß derselbe von einem Kabinetsausschuß vorbereitet worden sei, der nieder⸗ gesetzt wurde, um die Frage zu erwägen und den von Mr. Gladstone im Hause der Gemeinen während der letzten Session niedergelegten Prinzipien eine praktische Form zu geben, damit die Regierung darüber berathen könne. Aber weder der Ausschuß noch die Regierung seien weder im Prinzip noch im Detail an diesen besonderen Plan gebunden.

Der Vize-König von Irland, Lord Spencer, kam am Sonnabend Abend in Hawarden an und hatte eine längere Unterredung mit dem Premier-Minister. Lord Spencer war von einem Polizei⸗Inspektor begleitet und ver⸗— ließ Hawarden am Sonntag Abend.

Feankreich. Paris, 13. Oktober. (Fr. Corr.) Der Deputirte de Roys beabsichtigt, bereits morgen eine Interpellation einzubringen, um von der Regierung Erklärungen über ihre wirthschaftliche Politik zu er— halten. Er wünscht zu wissen, ob die Regierung bei der Politik beharren will, die sie durch die Einbringung des Gesetzentwurfes über die Erhöhung der Viehzölle kundgethan hat, und ob sie geneigt ist, der Landwirthschaft auch die an⸗ deren verlangten Genugthuungen zu gewähren, namentlich was die Erhöhung der Getreidezölle anbelangt.

(Köln. Ztg.) In den letzten Tagen hat der Minister der öffentlichen Arbeiten, Raynal, mit mehreren Bankhäusern und dem Vorsitzenden der Verwaltung der Lon⸗ doner Stadtbahn ein Abkommen geschlossen, in welchem die Genehmigung zur Anlage einer Stadtbahn in Paris er— theilt wird.

14. Oktober. (W. T. B.) Das heute ausgegebene Gelbbuch enthält u. A. eine Note des Fürsten Bis— marck an den Botschafter Baron Courcel vom 13. Sep⸗ tember, in welcher in Bezug auf die Besitzverhältnisse an der Westküste Afrikas bemerkt wird: Deutschland ver⸗ folge das Ziel, für den deutschen Handel freien Zutritt in Afrika in solchen Gegenden zu haben, die noch von europäi— scher Herrschaft unabhängig sind. Die Note konstatirt das Einvernehmen der beiden Regierungen über die wichtigsten Prinzipien für den afrikanischen Handel. Frankreich wie Deutschland seien in gleicher Weise von dem Wunsche geleitet, auf den Congo und Niger dieselben Prinzipien anzuwenden, wie sie in Betreff der Donau zur Anwendung gelangt seien; es sei außerdem nützlich, sich über die Formalitäten zu ver— ständigen, welche nöthig seien, damit die neuen Erwerbungen an der afrikanischen Küste als effektive angesehen werden könnten. Es erscheine endlich wünschenswerth, daß beide Re⸗ gierungen ihre Gesichtspunkte durch einen Notenaustausch in identischer Weise feststellen, und daß sie die übrigen an dem afrikanischen Handel interessirten Kabinete einladen, sich über die getroffenen Stipulationen zu äußern. Baron Courcel antwortete hierauf in einer (nach dem heutigen „Figaro“ mit— getheilten Note vom 29. September. In einer Note vom 50. September konstatirt Fürst Bismarck die Identität der Gesichtspunkte Frankreichs und Deutschlands über die ver⸗ schiedenen Punkte, die in der Note vom 13. September her⸗ vorgehoben waren; es erscheine nunmehr nützlich, mit den Einladungen unverzüglich vorzugehen, damit die Konferenz noch im Laufe des Oktober zusammentreten könnte. Als die an dem afrikanischen Handel interessirten Mächte werden be⸗ zeichnet: England, die Niederlande, Belgien, Spanien, Por⸗ tugal und die Vereinigten Staaten Nordamerikas. Um eine allgemeine Zustimmung zu den Beschlüssen der Konferenz zu sichern, wird vorgeschlagen, außerdem alle Großmächte und die skandinavischen Staaten zur Konferenz einzuladen. Eine Note des Baron Courcel vom 2. Oktober spricht sich in völlig zustimmender Weise über die in den Depeschen des Fürsten Bismarck enthaltenen Gesichtspunkte und Vor—⸗ schläge aus.

14. Oktober. (W. T. B.) Die Sitzungen der Kammern sind heute ohne weitere Feierlichkeit wieder eröffnet worden. In der Kammer der Deputir⸗ ten brachte der Marine-Minister, Vize⸗Admiral Peyron, die Kreditforderung für Tongking im Be⸗ trage von 11 Millionen Franes ein. Die Vorlage wurde einer besonderen Kommission überwiesen. Der Kriegs⸗ Minister, General Campenon, legte den Gesetzentwurf, betreffend die Organisation von Kolonialtruppen, vor. Die Berathung über die Interpellation des Depu⸗ tirten Des Roys über die Wirthschaftspolitik der Regierung ist auf nächsten Sonnabend festgesetzt.

14. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Finanz⸗ Minister hofft, wie es heißt, das Gleichgewicht im Budget, ohne an der Amortisirung zu rühren, durch die Verwendung der aus der Dotation für die Armee restirenden 21 Millionen herzustellen. Die Deputirten kammer hat beschlossen, an die Spitze der Tagesordnung Gesetz⸗ entwürfe geschäftlicher Natur zu stellen und die Dis kussion über politische Fragen zu vertagen; bisher ist auch noch keine Interpellation über die auswärtige Politik an⸗ gekündigt.

Italien. Rom, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Cholera-Bericht vom 13. d. M. meldet: Es kamen vor: In Alessandria 2 Erkrankungen, 1 Todesfall, in Aquila 12 Er⸗ krankungen, 3 Todesfälle, in Bergamo 4 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Bologna 5 Erkrankungen, 3 Todesfälle, in Brescia 4 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Campobasso 1 Er⸗ krankung, in Caserta 7 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Cre⸗ mona 3 Erkrankungen, 3 Todesfälle, in Cuneo 26 Erkrankun⸗

en, 11 Todesfälle, in Ferrara 3 Erkrankungen, 2 Todes⸗ älle, in Genua 18 Erkrankungen, 6 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 8 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Massa e Ca⸗ rara 5 Erkrankungen, 4 Todesfälle, in Modena 6 Erkran⸗ kungen, 1 Todesfall, in Neapel 116 Erkrankungen, 66 Todes⸗ fälle, davon in der Stadt Neapel 94 Erkrankungen, 54 Todes⸗ fälle, in Novara 3 Erkrankungen, 4 Todes fälle, in Parma 1ẽ Erkrankung, in Reggio nell' Emilia 8 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Rovigo 3 Erkrankungen, 1 Todesfall, in Salerno 2 Erkrankungen, 2 Todesfälle, und in Turin 2 Er⸗ krankungen, 3 Todesfalle.

14. Oktober, Abends. (W. T. B.) Von morgen ab sollen hier die in Folge der Cholera angeordneten Räuche⸗ rungen aufgehoben werden; nur für die Provenienzen aus Neapel bleiben dieselben noch bestehen.

Das Konsistorium ist auf den 10. November ver⸗ schoben worden.

Türkei. Konstantinopel, 14. Oktober. (W. T. B.) Die Pforte hat dem französischen Botschafter Mar⸗ quis von Noailles davon Mittheilung gemacht, daß bis zum Abschluß eines neuen Vertrages der Tarif von 8 Pro⸗ zent ad valorem für französische Einfuhrartikel in Anwendung gebracht werden werde.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 15. Oktober. (W. T. B.) Auf den erstatteten Bericht von der vollzogenen Kiellegung zu den Panzerschiffen „Katharina“, „Tschesme“ und „Sinope“ und der Grundsteinlegung zu den Sewastopoler Trockendocks hat der Kaiser folgendes Telegramm an den General-Admiral Großfürsten Alexis gerichtet: Ich danke für den Bericht und freue mich der begonnenen Wiedergeburt der Flotte für das Schwarze Meer. Gebe Gott ihr den Geist der alten braven Flottenmannschaft, damit sie dem Vaterlande treu und würdig diene. Das Telegramm wird urch einen Tagesbefehl des General-Admirals bekannt gemacht.

Amerika. Washingt on, 15. Oktober. (W. T. B.) Bei den gestrigen Staatswahlen für Ohio siegten die Republikaner mit einer Majorität von 16000 bis 20 009 St. Nach den aus West-Virginien vorliegenden Wahlberichten erzielten die Demokraten dort eine Majorität von 5000 St. NewYork, 15. Oktober. (W. T. B.) Der bisherige Erste Assistent im Postdepartement, Frank Hatton, ist zum General ⸗Postmeister ernannt worden.

Seitungsstimmen.

In dem Oktoberheft der Preußischen Jahrbücher“

beantwortet Hr. P. Chr. Hansen in einem Artikel, welcher die Errichtung direkter Postdampfschiffsverbindungen, zwischen Deutschland und Ostasien sowie Australien behandelt die Frage, wie die Rückwirkung der neuprojektirten Postschiffe auf die bestehenden deuischen Verbindungen sich gestalten würde, wie folgt: »Die ersteren werden eine ganz spezielle Quote des Verkehrs an sich ziehen, wesentlich diejenige, welche heute vorwiegend den in regel⸗ mäßiger Fahrt befindlichen (d. h. den fremden) Postschiffen, keines⸗ wegs aber den gewöhnlichen (deutschen) Frachtdampfern zufällt. Eben deshalb steht nicht zu erwarten wie auch die sachkundigste Auto⸗ rität Deutschlands in Schiffahrts⸗Angelegenheiten, Hr. H. H. Meier aus Bremen in unanfechtbarer Weise, zuletzt noch in der am 21. Sep⸗ tember d. J. abgehaltenen Generalversammlung des Dꝛutschen Kolo⸗ nialvereins ausgeführt hat daß ein ungünstiger Einfluß auf die vorhandenen deutschen Linien in dem von gewisser Seite befürchteten Maße sich geltend machen wird. Es mag ja sein, daß zunächst und vorübergehend ein Bruchtheil des Trafiks der⸗ selben auf die neue Linie abspringt; dafür aber wird sich ein Ersatz in anderer Richtung doppelt und dreifach finden. Ist der Verkehr mit dem Osten, sowie mit Australien doch einer unendlichen Ausdeh⸗ nung fähig! Hier (in Australien, Neuseeland 2c nimmt Produktion und Konsumtion mit jedem Jahre zu, dort (in China, Japan, Ko⸗ rea 2c öffnen sich immer mehr die Thore, um dem europäischen Markte Zutritt zu gewähren. Wenngleich sich nach einzelnen Gegen den hin der deutsche Absatz im Laufe des letzten Dezenniums ver⸗ zehnfacht haben mag, so ist das doch immer nur ein Anfang, ein An⸗— fang, der unter Zuhülfenahme aller Kräfte ausgebaut und erweitert werden muß. Geht China z. B., wie es sicheren Anschein hat, dem⸗ nächst dazu über, das ungeheuere Reich mit einem Schienennetz zu ver- sehen, so eröffnen sich in ihrer Bedeutung (gar nicht zu ermessende fruchtbare Aussichten für die deutsche Industrie. In solcher Lage hieße es nicht anders als selbstmörderisch handeln, wenn nicht das Aeußerste geschehen sollte, um uns im Verkehrswesen wenigstens einzelne der Chancen zu sichern, die unsere Hauptkonkurrenten in Fülle besitzen. . . . . . Die Wirkung einer Verbesserung des Transportwesens auf dem Meere kann ja keine andere sein, wie diejenige einer durch das Bedürfniß hervorgerufenen Eisenbahn auf dem Festlande, in einer Gegend, wo seither die einfache Wagen⸗ beförderung auszureichen hatte; was den früheren Veckehrsinteressenten in der einen Richtung abgeht, fällt ihnen in anderer Beziebung wieder zu. Aber sollte deshalb, weil der Uebergang sich bisweilen mit ge⸗ wissen Unzuträalichkeiten für Einzelne vollzieht, von jedem Vorwärts- schreiten abgesehen werden? Die wirklich unangenebme Folge des Mitbewerbes werden allerdings die fremden Postdampfer fühlen.

Jeder Hinweis darauf, was unsere Groß⸗Rhederei von Hamburg und Bremen nach Amerika leistet, ist durchaus nicht stichhaltig, weil die Vorbedingungen (durch die Auswanderung ꝛ2c. hier absolut andere sind und bleiben werden. Der Kampf unserer unsubventionirten Schiffe wider die fremden staatlich unterstützten Postdampfer läßt sich nur mit einem Fampfe zwischen zwei Personen vergleichen, von denen die eine mit einer scharfen Klinge, die andere mit einer Hasel⸗ gerte bewaffnet ist ....

Geradezu unglaublich sind die Berechnungen, welche von Gegnern der Sache hinsichtlich der aus dem Postverkehr mit den neuen Dampfern hervorgehenden Kosten angestellt worden sind. Getreu nach dem Beispiele des Herrn Bamberger im Reichstage hat ein solcher Widersacher folgende Einwendung gemacht: „Nach der amt⸗ lichen Poststatistik beträgt die ganze deutsche Postsendung an Briefen. Drucksachen und Waarenproben nach Ostasien und Australien nur 300000 Stück jährlich. General - Postmeister Stephan nannte die Ziffer von einer Million. Rechnet man, daß hiervon etwa der fünfte Theil durch die projektirten Postschiffe befördert werden könnte, so würde alsfo das Reich für die Beförderung von 200900 Briefen jährlich 4 Millionen Mark zuzuschießen haben; das ist pro Brief, Karte oder Drucksache ein Zuschuß von 20 * Wer so spricht, verräth eine wahrhaft verblüffende Unkenntniß des Ver⸗ kehrslebens. Wer sagt denn, daß die deutschen Schiffe nur für den deutschen Postverkehr fahren werden? Durch den Weltpostvertrag sind die betheiligten Staaten verpflichtet, wechselseitig die Postsachen der anderen Staaten auf ihren Schiffen mitzunehmen, woraus sich ergiebt, daß unfere Postdampfer zu einer entsprechenden Quote auch für den poftalischen Verkehr von ganz Nord und Westeuropa, selbst von England mitbenutzt werden. Hierdurch fällt aber jene Kalkula— tion, die durch die gesammte oppositionelle Presse als unanfechtbar gewandert ist, über 20 M Kosten pro Brief, Karte oder Drucksache“ vollständig in sich jusammen.“

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