1884 / 248 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Oct 1884 18:00:01 GMT) scan diff

verboten worden, was hiermit zur öffentlichen Kenntniß ge— bracht wird. Greiz, den 20. Oktober 1884. Fürstlich reuß⸗plauisches Landrathsamt. ; Th. Vietel.

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Auf Grund des 5§. 12 des Reichsgesetzes vom 21. Ok— tober 1878 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß das ohne Angabe des Druckers, Verlegers und Verfassers erschienene,

„Zur Reichstagswahl 18841 An die Wähler des 3. Hamburgischen Reichstagswahl— kreises!“ überschriebene, Hamburg im Oktober 1884 datirte Wahl— flugblatt nach §. 11 des genannten Gesetzes von der unter— zeichneten Landespolizeibehörde verboten ist. 1 Hamburg, den 20. Oktober 1884. Die Polizeibehörde. Senator Kunhardt.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König sind gestern Vormittag 115. Uhr mittels Extrazuges von Baden-Baden nach Sigmaringen ab⸗ gereist. Zur Verabschiedung waren, dem „W. T. B.“ zufolge, Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Großherzogin von Mecklenburg⸗Schwerin, die Prin— zessin von Fürstenberg, Fürst und Fürstin Solms, der Gesandte von Eisendecher, die Spitzen der Behörden, der Stadtrath von Baden und viele Personen von Distinktion auf dem Bahnhofe erschienen. Bei der Abfahrt begleiteten Se. Majestät begeisterte Hochrufe der zahlreich herbeigeströmten Bevölkerung.

Nach §. 45 der Gewerbeordnung ist jeder Gast- und Schankwirth befugt, das Gewerbe durch einen Stell vertreter auszuüben. Wie bereits in dem Erlasse des Ministers des Innern, vom 24. Februar 1882, hervorgehoben, bedarf es hierzu keiner besonderen Konzession; die Polizei behörde hat vielmehr nur darüber zu wachen, eventuell unter Anwendung von Exekutivstrafsen daß als Stellver— treter nicht eine Person bestellt wird, der aus den t. 33 Ab— satz 2 unter 1 a. 4. O. bezeichneten Gründen die Erlaubniß i senen Betriebe des bezüglichen Gewerbes versagt werden müßte.

Nach §. 151 der Gewerbeordnung ist der Gewerbetreibende für die auch ohne sein Vorwissen begangenen Zuwiderhand— lungen des Stellvertreters dahin verantwortlich, daß ihm den Umständen des Falles nach die Konzession entzogen werden kann, wenn er nach erfolgter Feststellung solcher Zuwiderhandl ungen den Stellvertreter nicht entläßt.

Abgesehen von der Vorschrist des 5. 151 der Gewerbe— ordnung, ist die Entziehung der Erlaubniß zum Betriebe der Gast⸗ und Schankwirthschaft nach §§5. 35, 53 der Gewerbe— ordnung statthaft, wenn sich nachträglich Thatsachen heraust⸗ stellen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Betreffende das Gewerbe zur Förderung der Völlerei mißbrauchen werde. Aus der bloßen Verabfolgung von nicht fofort be— zahlten geistigen Getränken kann daher, nach einem Spezial— erlaß des Ministers des Innern, ein Grund zur Konzefsions— entziehung nur entnommen werden, wenn dies in einem jene Annahme rechtfertigenden Maße geschieht. Ein Anderes sei auch in dem Erlasse des Ministers vom 20. Juni 1882 nicht ausgesprochen.

= Ein Rechtsanwalt oder Notar, welcher durch ge— flissentliche Anhäufung unnöthiger Kosten, indem er amtliche Verrichtungen unnöthiger Weise ausführt, seinen Auftraggeber schädigt, macht sich nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 8. Juli d. , da⸗ durch eines Vergehens gegen 5. 363 des Strafgesetzbuchs betr. die Ueberschreitung der vorgeschriebenen Gebührentaxe) nicht schuldig. Die Strafbestimmung des Preuß. Allg. Landrechts Th. II. Tit. 20 5. 373 ff., welche die geflissentliche An⸗ häufung unnöthiger Kosten Seitens eines Justizbediensteten mit Geldstrafe und Kassation bedroht, ist in Folge der Emanation des Preuß. Strafgesetzbuchs und später des Reichs⸗-Strafgesetz— buchs aufgehoben, und die geflissentliche Kostenanhäufung ist nur noch als ein Disziplinarvergehen zu ahnden.

. Der Vertrag, durch welchen eine städtische Straße einer Pferdebahngesellschaft zur Benutzung gegen Ent— gelt eingeräumt wird, ist nach einem Erkenntniß des Reichs— ö vom 7. Juli d. J, als Miethvertrag zu ver— empeln.

Breslau, 20. Oktober. (W. T. B.) Wie die „Breslauer Zeitung“ aus Sibyllenort meldet, ist die Leiche Sr. Hoheit des Herzogs von Braunschweig gestern von dem Professor Hasse einbalsamirt worden. Heute hat die Einsargung der Leiche und die Aufstellung des Sarges im Vestibül des Schlosses stattgefunden. Die Ueberführung vom Schloß nach dem Bahnhof, wobei die Leiche von einem feinen Gefolge von etwa 30 Personen begleitet sein wird, findet am Mittwoch Nachmittag mittelst Exträzuges statt, der um 3 Uhr Sibyllenort verläßt und über Kohlfurt, Falkenberg und Zerbst um Mitternacht in Braunschweig eintrifft.

Sigmaringen, 19. Oktober. (Schw. M.) Heute Abend wurde das Programm sür die Hoffestlichkeiten ausgegeben; dasselbe enthält folgende Bestimmungen: Am 20. Oktober; Empfang der Allerhöchsten und Höchsten Herr⸗ schaften. Abends 6! Uhr Familiendiner im Speisesaale und Marschallstafel im altdeutschen Saal. Am 21. Oktober, Morgens 8 Uhr, stille Messe in der Schloßkapelle im engsten Familienkreise. / Uhr Gratulation der Aller— höchsten und Höchsten Herrschasten, daran anschließend Empfang der Herren und Damen vom Gefolge. 10 Ühr feierlicher Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche. 11 Uhr Empfang der fremden Abgesandten, der Deputationen und anderer zur Gratulation angemeldeten Perso⸗ nen. 1 Uhr Familiendiner im Erbprinzlichen Palais, Marschallstafel im altdeutschen Saale im Schloß— 51½ Uhr Trauungsceremonie im Rittersaal. Hernach für die Aller—

saale, für das Gesolge und die Eingeladenen im Terrassensaal. Sl“ Uhr Rundfahrt durch die Stadt, 9 Uhr Familienthee bei Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Fürstin. In Nachstehendem geben wir eine vollständige Liste der bis jetzt angekommenen und noch angemeldeten Gäste des Fürstlichen Hofes: Se. Majestät der Kaiser und König mit Gefolge, Ihre Majestät der König und die Königin von Sachsen, Se. Majestät der König und die Königin von Ru—⸗ mänien, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reichs und von Preußen, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Baden, der Herzog und die Herzogin von Anhalt mit den Prinzen Friedrich, Eduard und Aribert und Prinzessin Alexandra, Se. Hoheit der Erbgroßherzog von Baden; Ihre Königlichen Hoheiten der Graf und die Gräfin von Flandern mit den Prinzen Balduin und Albert, Prinzessin Henriette und Jo— sefine; Ihre Hoheit die Herzogin von Hamilton, Prinzessin von Bäden; Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Württemberg; Se. Hoheit der Prinz Hermann von Sachsen— Weimar; Ihre Durchlauchten der Prinz und die Prinzessin Friedrich von Hohenzollern; Se. Durchlaucht der Fürst von Fürstenberg; Se. Durchlaucht der Fürst von Thurn und Taxis; Se. Durchlaucht der Fürst von Wied; Prinz Hohenlohe⸗ Oehringen; Frau Gräfin Taveggi; Marquis de Penafiel, König— lich portugiesischer Gesandter in Berlin; General-Lieutenant von Jolly, belgischer Gesandter aus Brüssel; Ober⸗Hofjäger⸗ meister von Breidenbauch, sachsen⸗altenburger Gesandter; Se. bischöfliche Gnaden Bischof Hefele von Rottenburg; Erzabt Maurus von Emaus (in Prag, früherin Beuron); Abt Basilius von Einsiedeln; General-Lieutenant von Hart— mann, Gouverneur von Ulm; General-Lieutenant von Guretzky⸗Cornitz von ebendort; General⸗Major von Gräbenitz, Oberst von Fragstein aus Constanz, Ober— Landesgerichts-Präsident Albrecht aus Frankfurt a. M. Außerdem werden noch folgende Deputationen erwartet: vom Magdeburgischen Infanterie⸗Regiment Nr. 26, geführt vom Oberst von Blomberg; vom Hohenzollernschen Infanterie— Regiment Nr. 40, geführt vom Oberst von Lochau; Deputationen der Stadt Düsseldorf, geführt vom Ober⸗Bürgermeister Becker; Deputationen des Malkastens in Düsseldorf, die Professoren Camphausen und Schmitz; Deputationen des Sebastians— Schützenvereins in Düsseldorf, des rheinischen Kunstvereins und der Hoflieferanten baselbst.

20. Oktober. (W. T. B.)

Se. Majestät der

König von Sachsen und Se. Hoheit der Prinz von Weimar, sowie der portugiesische Gesandte sind hier ein— getroffen. Heute Abend 61! Uhr findet ein Familiendiner im Speisesaale und eine Marschallstafel im altdeutschen Saale Der provisorich er⸗

des kunstvoll renovirten Schlosses statt. baute Speisesaal ist prächtig geschmückt.

20. Oktober, Abends. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser und König trafen um 5i Uhr hier ein und wurden am Bahnhofe von Ihrer Königlichen Hoheit der Fürstin von Hohenzollern sowie den anderen bereits hier eingetroffenen Fürstlichkeiten empfangen.

Die Ankunft Sr. Majestät des Kaifers wurde mit Glockengeläut und Böllerschüssen begrüßt. Die Kriegervereine, Bürgerkollegien, Geistlichen und Schuldeputationen hatten auf dem mit Pechflammen erleuchteten Wege zum Schlosse Auf— stellung genommen. Die Nationalhymne wurde angestimmt und endlose Hurrahs ertönten. Se. Majestät erschienen in der großen En ngaels⸗-Unif rm. Allerhöchstdieselben be—⸗ grüßten zunächst auf ks rl e Ihe Königliche Hoheit die Fürstin von Hohenzollein und sodann die anderen Fürstlichkeiten. Nachdem Se. Majestät die Vorstellung der anwesenden Deputationen entgegengenommen, begaben Sich Allerhöchstdieselben, auf dem ganzen Wege von den begeisterten Kundgebungen der dicht gedrängten Volksmenge begrüßt, nach dem, Schlosse. Bei der Ankunft daselbst wurden Se— Majestät der Kaiser von Sr. Königlichen Hoheit dem Fürsten von Hohenzollern auf der Schloßrampe be— grüßt, auf welche sich der Fürst hatte tragen lassen. Heute Abend findet Galavorstellung in Theater, Zapfenstreich und Illumination der Stadt sowie der umliegenden Höhen statt.

D 21. Oktober. (W. T. B.) Um 8 Uhr wurde eine stille Messe celebrirt, welcher nur die Angehörigen der Füuͤrst— lichen Familie beiwohnten. Um 9 Uhr fand die Gratula— tion der Allerhöchsten und Höchsten Herrschasten, darauf der Empfang des Gefolges und um 10 Uhr Gottesdienst in der Stattpfarrkirche statt. Um 11 Uhr erfolgte der Empfang der fremden Abgesandten und Deputationen. Um 1 Uhr findet im Erhprinzlichen Palais Familien-Dejeuner statt. Hunderte von Glückwunsch-Telegrammen und kostbare Geschenke treffen von allen Seiten für das Jubelpaar ein.

Braunschweig. Braun schw eig, 20. Oktober. (W. T. B.) Das Testament des Herzogs wurde gestern eröffnet; über den Inhalt desselben ist noch nichts bekannt. Die feierliche Beisetzung im Dom soll am Sonnabend Abend 16 Uhr stattfinden. Den „Braunschweigischen An— zeigen“ zufolge hat der Regentschaftsrath angeordnet, daß während des Zeitraums von 16 Tagen alle öffentlichen Musikaufführungen, Lustbarkeiten und Schauspiel vorstellungen unterbleiben sollen. Die Landesversammlung'ist . d. M. zu einer außerordentlichen Session einberufen worden.

21. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Die Ver— ordnung, mittelst welcher der Regentschaftsrath den Landtag des Herzogthums zu einer außerordentlichen Ver— sammlung einberust, lautet:

Nachdem in Folge des am 18. d. M. zu Schloß Sibyllenort erfolgten Ablebens Sr. Hoheit des regierenden Herrn Herzogs Wil⸗ helm zu Braunschweig und Lüneburg sich der Regentschaftsrath für das Herzogthum Braunschweig auf Grund des Landesgesetzes vom 16. Februar 1879 Nr. 3 die provisorische Ordnung der Regierungs— verhaltnisse bei ciner Thronerledigung betreffend, konstituirt und seine Konstituirung nach Vorschrift des gedachten Gesetzes durch die Bekanntmachung vom 18. d. M. zur öffentlichen Kenntniß gebracht hat, hat derselbe in Gemäßheit des dritten Artikels des 5.3 des allegirten Gesetzes beschloffen, die Landesversammlung behufs ver— fassungsmäßiger Mitwirkung bezüglich der durch die obwaltenden Um— stände etwa weiter gebotenen Schritte auf Donnerffag, den 23. Ok— tober 1884 zu einem außerordentlichen Landtage einzuberufen, und werden daher die Abgeordneten des Landes eingeladen, sich an dem gedachten Tage, Morgens 11 Uhr, im Lokale der Landes versammlung hierselbst einzufinden.

Wie die „Braunschweigischen Anzeigen“ mittheilen, ge⸗ schieht die Aufstellung der Leiche des Herzogs im Gartensaale des Residenzschlosses, und ist dem Publikum der Zutritt am Donnerstag und Freitag Morgens von 9 bis 12 Uhr und Nachmittags von 2 bis 5 Uhr gestattet.

Oesterreich Ungarn. Wien, 19. Oktober. Auf Allerhöchste Anordnung wird für den 1 ah Braunschweig die Hoftrauer, von Dienstag, den 2 4 angefangen, durch zwölf Tage getragen. .

Prag, 20. Oktober. (W. T. B.) Der böhmisch Landtag überwies den Antrag des Grasen Clam⸗ Martin nt betreffend die Einführung der zweiten Landes spra che in J Mittelschulen als obligatorischen Lehrgegenstand, nachdem Antragsteller denselben begründet hatte, dem. Schul aut chi

zur Vorberathung.

Troppau, 19. Oktober. (Pr.) Der Landtag beschlo heute sechs Gesetzentwürfe, betreffend die Regulirung Weichsel sammt ihren Nebenflüssen, und genehmigte ferne eine Nesolution, durch welche' die Regierung aufgefordert wit dem Abgeordnetenhause bei seinem Wiederzusammentritte einen Gesetzentwurf zur Regelung der Nordbahnfrage vorzulegen. ;

Trie st, 19. Oktober. (Pr.) Einer Meldung der hiesigen Blätter zufolge wurde der Gemeinderath von?“ d'Istr ia wegen inkorrekten Verhaltens aufgelöst und * der Statthalterei ein Gemeinde- Administrator ernannt ;

Pe st, 20. Oktober. (W. T. B.) Ihre Majestät z Kaiserin Augusta richtete an den Präsidenten . rischen Vereins des Rothen Kreuzes, Grafen Julius Karolhi nachfolgendes Allerhöchstes Schreiben: z

Ihre Mittheilung von der bevorstehenden Einweihung des Elisa⸗ beth⸗Hospitals in Budapest veranlaßt Mich, Ihnen aufrichtig zu danken Die Entstehung der wohlthätigen Stiftung, der Ich Mich fen dig angeschlossen habe, berührt so wichtige Interessen der Ver⸗ gangenheit und Gegenwart, daß sich für die Freunde des Rothen Kreuzes die Ungarn erhebende Feier zu einem wahren Ehrentitel ge. staltet. Ich bitte als Zeichen Meiner besonderen Theilnahme das Bild der heiligen Elisabeth, der Tochter Ungarns, für die Anstalt in Empfang zu nehmen, auf welcher Gottes Segen ruhen möge wie auf dem schönen Lande, dem sie angehört.

Baden Baden, den 16. Oktober 1884.

Au gusta.“

Obenerwähntes Bild, welches von dem Regierung: Rath Haß überbracht worden war, wurde im Prachtsaale des Hospitals aufgestellt.

Im Unterhause brachte heute der Minister⸗ Präsident Tisza den Gesetzentwurf, betr. die Or ga⸗ nisation der Magnatentafel als Oberhaus, ein. Derselbe wurde einem besonderen Ausschuß von 21 Mit⸗ gliedeyn zugewiesen. Bei der Adreßdebatte sprach der Minister-Präsident Tisza sehr energisch gegen den Antz semitismus und erklärte: er werde die antisemitischen Lehren aufmerksam verfolgen, um eine Verbreitung derselben und die Vergiftung des Volkes durch dieselbe, so weit nur möglich zu verhindern. Die Gerechtigkeit erfordere, daß nicht der Irregeführte, sondern der Irreführende büße. Er bestreite daß die Juden überall die Regierung unterstützen; in einzelnen Fällen (welche der Redner namhaft macht) hätten eingeschüch⸗ terte Juden für die antisemitischen Kandidaten gestimmt. Der katholische Priester Janossy verwahrte sich gegen die antisemiti⸗ schen Reden der Priester Zimandy und Komlosy sowie gegen die Auffassung, daß sie die Gefühle des katholischen Klerus verdolmetscht hätten.

Belgien. Brüssel, 20. Oktober. (W. T. B.) Bei den gestrigen Kommunalwahlen haben die Konser va— tiven 2 Hauptorte in den Arondissements Mecheln und Veuren, 6 Hauptorte in den Cantons Boom, Contich, Nien—= port, Binche, Terrière und Spaa, die Liberalen 3 Haupt— orte in den Cantons Chievres, Beauraing und Rochefort ge— wonnen.

20. Oktober. (W. T. B.) Nach hier eingetroffenen Nachrichten kam es gestern Abend in Mecheln nach Beendi— gung der Kommunalwahlen zu nicht unerheblichen Ruhe— störungen, in Folge deren die Bürgergarde requirirt werden mußte, welche bis 3 Uhr Morgens im Dienst blieb. In verschiedenen, den Mitgliedern der katholischen Partei gehö— renden Gebäuden wurden die Fensterscheiben eingeworfen. Es wurden 17 Verhaftungen vorgenommen.

20. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Minister— Präsident Malou wurde heute Vormittag vom König empfangen.

Frankreich. Paris, 20. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats theilte der Senator Gavardie mit, daß er die Regierung über die egyptischen Angelegenheiten zu interpelliren wünsche. Der Conseils-Präsident Ferry erklärte: die Regierung sei darüber verständigt worden, daß England zu Änfang No— vember Mittheilungen bezüglich Egyptens machen werde; er bitte deshalb, die Interpellation bis zum 20. November zu vertagen. Dieser Antrag wurde angenommen.

Nach einer Depesche des Generals Briere de l' Isle aus Haiphong, von heute Vormittag 11 Uhr, wurden große Massen feindlicher Truppen in der Gegend des Rothen Flusses gemeldet. In dem Gefecht bei Tuyen— quan am 13. d. M. wurden die Chinesen mit beträchtlichen Verlusten zurückgeworfen, während die sranzösischen Truppen keine Verluste erlitten; alle französischen Verwundeten seien außer Gefahr. Einer Depesche des Admirals Courbet, vom 19. d. M., zufolge errichten die französischen Truppen in der Umgebung ihrer Stellung Blockhäuser; das schlechte Wetter behindert jedoch diese Arbeit.

Italien. Rom, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Cholera-Bericht vom 19. d. M. meldet: Es kamen vor: In Alessandria 1 Erkrankung, 2 Todesfälle, in Bologna 1 Et— krankung, 1 Todesfall, in Brescia 4 Erkrankungen, 3 Todes— fälle, in Campobasso 3 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Caserta 5 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Cuneo 27 Erkrankungen, 9 Todesfälle, in Genua 5 Erkrankungen, 5. Todesfälle, davon in der Stadt Genua 2 Erkrankungen, 3 Todesfälle, in Modena 3 Erkrankungen, 2 Todesfälle, in Neapel 33 Erkrankungen, 34 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 19 Erkrankungen, 26 Todesfälle, in Reggio nell' Emilia 2 Erkrankungen, 1 Todesfall, in Royigo 1 Erkrankung, 4 Todesfälle.

Turin, 21. Oktober. (W. T. B.) Der internatio— nale Phylloxera⸗Kongreß wurde gestern durch den Ackerbau-⸗Minister in Gegenwart des Herzogs von Aosta, der Minister, der Präfekten und Mares, sowie der italienischen und ausländischen Delegirten eröffnet. Das Prä— sidium erhielt folgende Zusammensetzung: Planchon, Ehren— präsident, Targieni und Tozzetti, Präsidenten, Cornu, Foir,

höchsten und Höchsten Herrschaften um 6 Uhr Diner im Speise⸗

Sallamanca, Vize⸗Präsidenten.

Türkei. Konstantinopel, 21. Oktsber. (W. T. B.) Der Sultan hat den neuen ökumenischen Patriarchen oachim LTV. empfangen und demselben den Großkordon

2 Medschidje⸗Ordens verliehen. Sodann fand unter großem

des Publikums die Inthronisation des Patri⸗

Nußland und Polen. St. Petersburg, 19. Okto⸗ ber. St. P. Ztg.) Der Kaiser hat befohlen, daß anläßlich s Ablebens des Landgrafen Friedrich Wilhelm Georg Adolf von Hessen am Allerhöchsten Hofe vom 4. Oktober ab auf L Tage Trauer angelegt werde.

Amerika. New⸗York, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Gouverneur Cleveland ist in Albany auf der Straße von einem Individuum, dessen Schwager der Gouver— neur nicht begnadigen wollte, thätlich angegriffen worden, aber unverletzt geblieben. Der Angreifer wurde sofort verhastet. Die Frau des Letzteren war in der vergangenen Woche persön⸗ lich bei dem Gouverneur erschienen, um die Freilassung ihres BFruders zu erbitten. Dieselbe hatte hierbei in einem Nerven—⸗ anfalQl nach dem Gouverneur geschlagen, welcher den Schlag abwehrte. Die Frau war darauf ohnmächtig zusammengestürzt und hatte fortgetragen werden müssen. Der Mann derselben behauptet, die Frau sei in einer solchen Weise mißhandelt worden, daß sie jetzt mit dem Tode ringe.

Afrika. Egypten. Kairo, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Prozeß der Mitglieder der Staatsschulden⸗ fasse gegen die egyptische Regierung ist bis zum 17. November vertagt worden, wie es heißt in Folge Ueber⸗ einkommens der Parteien.

Das „Reutersche Bureau“ meldet: In Folge der von der egyptischen Regierung gemachten Einwendungen gegen das Projekt Northbrooks ist die vollständige Abschaf fung der egyptischen Armee aufgegeben und nur eine Reduktion der Armee his auf 3009 Mann beschlossen worden. Durch diese Maßregel wird das Budget für die Armee auf 150 009 Pfd. Sterl. verringert. Das Budget für die Polizei wird auf 200 000 Pfd. Sterl. herabgesetzt, obwohl eine Vermehrung um 1200 Mann effektiv beabsichtigt ist.

Seitungsstimmen.

Das „Deutsche sichtliche Ergebniß der Wahlen. heißt es: . .

Erheblich geklärt wird die Situation durch diesen Wahlkampf unter allen Umständen werden. Und zwar erstens insofern, als der gemäßigte Liberalismus dem erxlremen oder freisinnigen für immer den Rücken gewandt und seinen Anschluß an den Konservatismus ge⸗ sucht hat, und zweitens insoweit, als das Centrum es aufs Neue nicht verschmäht hat, dem Fortschritt die erheblichsten Wahldienste zu leisten. Auch bei uns hier in Berlin ist die Direktive der leitenden katholischen Persönlichkeiten in diesem Sinne ausgefallen, wie wir unter Parteibewegung berichten. Und damit unsere Leser nicht glau⸗ ben mogen, daß unser Bericht ein gefärbter sei, geben wir hier aus— drücklich wieder, was die Germania“ schreibt:

„Für sämmtliche Wahlkreise eine Direktive zu geben und die von den übrigen Parteien bisher aufgestellten einzelnen Kandidaten Revue passiren zu lassen, enthalten wir uns, dürfen jedoch wohl das eine erklären, daß sämmtliche sogenannte „konservative“ Kandidaten Berlins, ebenso wie die sozialdemokratischen für uns unannehmbar sind, denen werden wir also unsere Stimmen nicht zuwenden können und dürfen. Ueber den ersten Wahlkreis verweisen wir auf das oben Gesagte (daß die Katholiken nicht für Wagner, sondern für Ludwig LWzwe eintreten sollen,, möchten aber auch noch auf den vierten Wahlkteis aufmerksam machen, in welchem, soweit es sich beurtheilen läßt, das Zünglein zwischen dem Freisinnigen Träger und dem Sozialisten Singer schwanft. Der Wahlkreis hat eine nicht ganz unbedeutende katholische Wählerschaft und diese könnte auch im ersten Wahlgange schon ausschlaggebend sein. Herr Träger ist, wie unsere Leser wissen, auch in Elberfeld⸗Barmen aufgestellt, und dort hat, wie von uns mitgetheilt worden ist, Freiherr von Schorlemer— Alst in einem Briefe an das Centrums Comité die katholischen Wähler dringend aufgefordert, im ersten Wahlgange mit

Tageblatt“ bespricht das voraus— In dem betreffenden Artikel

schon im Entschiedenheit für Herrn Träger einzutreten, denn Herr Träger hat, ebenso wie Herr Löwe, stets gegen die Kulturkampfsgesetze gestimmt. Was die Centrumswähler in Elberfeld⸗ Barmen auf Rath eines so bewährten Führers, wie Frhr. von Schorlemer, thun können, können und müssen auch wir hier in Berlin thun, und deshalb richten wir, in Uebereinstimmung mit der von den Centrumsführern empfohlenen Taktik, an die katholischen Wähler des 3. Wahlkreises die dringende Aufforderung, die Kandidatur des Hrn. Albert Träger, eines entschiedenen Gegners des Kulturkampfes, sofort im ersten Wahlgange nach Kräften zu unterstützen. Was die Wahl im All— gemeinen betrifft, so wiederholen wir: Suche Jeder seine Stimme nach Möglichkeit auszunutzen, aber wähle Niemand einen sogenannten „Konservativen“!“

Hr. Windtharst und Hr. von Schorlemer also diktiren, daß die hiesigen Centrumswähler für Ludwig Löwe und für Träger gegen die Konservativen stimmen. Ob sich auch die konservativen resp. antifortschrittlichen Katholiken an diese Bestimmung halten werden, wollen wir abwarten; jedenfalls aber wird es Seitens der nicht—⸗ katholischen Konservativen der Centrumsleitung nicht so bald ver— gessen werden, wie sie zu handeln für gut befunden. Und das ist denn auch ein Gewinn der Wahlbewegung.

Die „Berliner Börsen-Zeitung“ schreibt: Die Ahnung, daß die übermächtige parlamentarische Stellung des Centrums in den bevorstehenden Wahlen eine schwere Erschütterung erfahren wird, giebt sich in den krampf⸗— haften Versuchen dieser Partei kund, dem Eistarken der mittleren Partejen Hindernisse in den Weg zu legen. Zu einer Selbstentäuße—⸗ rung, wie sie sie vorher nie gekannt hat, versteht sich die ultra— montane Partei allenthalben, wo es gilt, einem Kandidaten ge— mäßigter, sei es liberaler oder konservativer Richtung, den Weg zum Siege zu verlegen. Die Anstrengungen wären schwer— ich so groß, wenn in Centrumskreisen nicht die berechtigte Furcht herrschte, das Streben nach Kräftigung der gemäßigten Par— telen möchte von bedeutendem Erfolge sein. Die wahlpolitischen Berechnungen der ultramontanen Strategen sind sehr einfach und von ihrem Standpunkte aus auch ganz zutreffend. Das Centrum will einen möglichst radikalen Liberalismus haben, dessen Stellung sich von vornherein in der Opposition befindet, der wegen seiner extremen Prinzipien und seiner verneinenden Grundrichtung zu praktischen positiven Aufgaben niemals zu gebrauchen ist. Je mehr die Aussicht schwindet, daß jemals die Reichsregierung mit dieser Art des Liberalismus sich zu verständigen, in ihm ihre Stütze zu finden vermöchte, um so sicherer ist sie gezwungen, sich an das Centrum zu wenden, und in unabweis« arer Konsequenz den ultramontanen Forderungen und Zielen die weitgehendste Rechnung zu tragen. Bis zu einem gewissen Grad war dieser Zustand in der verflossenen Legislaturperiode vorhanden. Er ist aber aufs Aeußerste bedroht, wenn wieder ein maßvoller, vermit telnder Liberalismus mehr zu Kräften kommt, mit welchem die Reichs regierung sich zu verständigen vermag und sich zu verständigen ge⸗ veigter ist, als mit dem Ultramontanismus, dessen äußerste An prüche Hließlich doch keine deutsche Regierung zu befriedigen im Stande ist.

b das Ziel, eine konservativnationalliberale Reichstagsmehrheit her zustellen, jetzt schon erreicht werden wird, wissen wir freilich nicht. Allein

wir müßten an der Znkunft unseres Vaterlandes verzweifeln, wenn es nicht doch mit der Zeit wieder dahin kommen sollte, parlamentarische Verhältnisse wieder herzustellen, auf denen unsere nationale Gesetz⸗ gebung in der Zeit ihrer größten Leistungen beruhte 3 nationale Aufgaben können nur gelöst werden, wenn die Konservativen und der gemäßigte Liberalismus zusammenarbeiten und in ihrer Ver— einigung stark genug sind, den Ausschlag zu geben. Zu diesem Schluß resultat führt immer wieder alles Nachdenken über unsere Partei⸗ verhältnisse und parlamentarische Majoritäten. An der Erreichung dieses Zieles mitzuarbeiten, muß die Aufgabe aller praktischen Poli⸗ tiker sein, die nicht auf extremem Standpunkt stehen.

Der heutigen „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ entnehmen wir folgende Notizen:

Ueber die schon erwähnte Unterstützung der Kandidatur Graf Udo Stolberg in Rasten burg berichtet die Preuß. Litt. Ztg.“ fol⸗ gendes Weitere: „Auch in unserer Provinz sagt sich die national⸗ liberale Partei von der Fortschrittspartei los, und ist Willens, die Politik unseres Kaisers und Seines Kanzlers zu unterstützen. Am gestrigen Tage fand hier eine Besprechung von angesehenen Mit⸗ gliedern der nationalliberalen Partei des Wahlkreises statt, und be— schlossen die Herren einstimmig, da ein eigener Kandidat nicht aufgestellt wird, die Kandidatur des konservativen Grafen zu Stolberg ⸗Dönhoffstädt zu unterstützen. Es wurde der folgende Aufruf vereinbart: „Die unterzeichneten Mitglieder der national liberalen Partei im Wablkreise Friedland⸗Gerdauen⸗Rastenburg haben sich nach eingehender Eiwägung sowobl der allgemeinen als der speziellen Parteiverhältnisse im hiesigen Wablkreise, und nachdem ihnen der Herr Graf Udo zu Stolberg-Dönhoffstädt seine Stell ung⸗ nahme zu den wichtigsten politischen Tagesfragen dargelegt hatte, in voller Uebereinstimmung mit den anerkannten Führern der national— liberalen Partei im deutschen Reichstage und im preußischen Abge⸗— ordnetenhause entschlossen, bei der bevorstehenden Reichstagswahl ihre Stimme dem Grafen Udo zu Stolberg Dönbhoffstädt zu geben, und richten an alle Parteigenossen des hiesigen Wahlkreises die Bitte, sich ihnen anschließen zu wollen.“

In Stuhm⸗Marienwerder und Schwerin (Posen) wollten die deutschen Katholiken, um nicht den Kandidaten der Polen unterstützen zu müssen, einen eigenen Kandidaten, und zwar Hrn. von Schorlemer, aufstellen. Letzterer ist nun dem Polen mit folgendem Schreiben an die Germania“ beigesprungen:

„Ihren Ausführungen in Nr. 239, 1. Blatt der „Germania“, welche Sie an die Wahlbewegung im Wahlkreise Marienwerder⸗ Stuhm, beziehungsweise Schwerin (Posen) knüpfen, stimme ich voll— ständig zu. Ich müßte es bedauern, wenn mein Name, auch in der besten Ansicht, benutzt würde, da Uneinigkeit herbeizuführen, wo die vollste Eintracht noththut. Mir ist übrigens bis dahin nichts davon bekannt geworden, daß beabsichtigt wird, mich als Zählkandidaten im Wahlkreise Marienwerder⸗Stuhm aufzustellen, sonst würde ich gebeten haben, davon abzusehen.

Alst, 15. Oktober 1884.

Hochachtungs voll Dr. Freiherr von Schorlemer⸗Alst.“

Die „Schlesische Zeitung“ bemerkt dazu: Die deutschen Klerikalen mochten doch einige Scheu empfinden, ohne Weiteres für den pol⸗ nischen Konkurrenten einzutreten, und so empfehlen sie, oder wenigstens Einzelne unter ihnen, die Aufstellung eines deutschen Centrums⸗ mannes, des Hrn. von Schorlemer ⸗Alst, als Zählkandidaten. Der münsterländische Freiherr lehnt diese Zählkandidatur jedoch ab, aber nicht um die diutschen Ultramontanen in jenem Kreise zum Zusammen— gehen mit ihren konservativen Landsleuten zu bewegen, sondern um den Sieg des polnischen Kandidaten nicht zu erschweren.

Die konservative Vereinigung in Wiesbaden erläßt einen Aufruf, der sämmtliche Parteigenossen auffordert, Mann für Mann an der Wahlurne zu erscheinen und dem nationalliberalen Kandi⸗ daten, Professor Dr. Grimm gleich im ersten Wahlgange ihre Stimme zu geben. Hierdurch, so heißt es u. A. in dem Aufrufe, sei es allein möglich, zu verhindern, daß der sogenannte freisinnige (fortschrittliche) Kandidat die Stimmenmehrheit erhält. Die konservati⸗ ven Wähler könnten den nationalliberalen Kandidaten mit um so ruhigerem Gewissen wählen, als die Ansichten, welche derselbe in öffentlichen Versammlungen dargelegt, die Gewähr geben, daß er im Allgemeinen in den wichtigsten Fragen der nationalen Entwickelung unseres Vater— landes und seiner Gesetzgebung (Sozialreform, Erhaltung unserer be⸗ währten Heeresverfassung) in dem Sinne mitthätig sein wird, der auch dem konservativen Standpunkte entspreche.

Im Wahlkreise Erlangen⸗Fürth haben die Konservativen aus folgenden Gründen beschlossen, im ersten Wahlgange für Herrn von Schauß zu stimmen: Es sei unmöglich, einen konservativen Kan— didaten auch nur in die Stichwahl zu bringen. Würde man trotzdem einen Kandidaten aufstellen, so würden fünf Kandidaten (Volkepartei, Sozialdemokrat, Freisinniger, Nationalliberaler und Konservativer) sich gegenüberstehen. Bei der immerhin nicht großen Zahl der Kon— servativen würde dann die Stichwahl nur zwischen Kandidaten der drei erstgenannten extremen Richtungen eintreten; also die Konserva⸗ tiven die Schuld auf sich laden, daß nur ein Gegner der sozialen Reformen gewählt werden könnte, während man durch sofortige Unter— stützung der Kandidatur des Herrn von Schauß das Verdienst erwerbe, es möglich gemacht zu haben, daß dieser, welcher die Reformbestre—⸗ bungen der Reichsregierung unterstützen wolle, den Wahlkreis vertrete.

Wie die Volkszeitung“ bedacht ist, dem Centrum seine Wahl⸗ dienste zu vergelten, zeigt sie folgendermaßen: „Im Kreise Deutsch⸗ Crone ist man auf den Gedanken verfallen, den Geheimen Regierungs—⸗ Rath Gamp vom Reichsamt des Innern aufzustellen. Die Frei⸗ sinnigen des Kreises sind vor die Wahl zwischen diesem und dem klerikalen Kandidaten gestellt, und obwohl wir Geistliche im Allge⸗ meinen lieber auf der Kanzel, als auf der Reichstagstribune sehen, so finden wir es doch verständlich, wenn in diesem Falle die frei— sinnigen Wähler für den ultramontanen Geistlichen sich entscheiden.“

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 42. Inhalt: Amtliches: Cirkular Erlaß vom 6. Oktober 1884. Personalnach—2 richten. Nichtamtliches: Erdrutschungen an den sizilianischen Eisenbahnen. Die Centrifugalkraft. Ein neuer Plani⸗ meter. Vermischtes: Einweihung der Berliner techni⸗ schen Hochschule. Ergebniß der Baumeister⸗ Prüfungen in Preußen in dem Prüfungsjahr 1883.84. Landmesser— Prüfungen in Preußen. Berliner Stadtbahn. Eduard Wiebe's achtzigstes Geburtztagsfest. Die neue Packhofsanlage in Berlin. Bewerbung zur Erlangung von Entwürfen zu Gas⸗Candelabern. Schloß Kristiansborg in Kopenhagen. Die Pariser Stern⸗ warten. Schutz der Steine beim Abbruch eines Dampfschornsteins. Elektrische Beleuchtung des Hellgate bei New ⸗NYork. Luftdruck⸗ Straßenbahn. Bedeutung der Technik für die Wissenschaften. Bücherschau.

Eisenbahn⸗Verordnungs-⸗Blatt. Nr. 25. Inhalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 13. Oktober 1884, betr. Geschäftsordnung für die mit der Leitung des Baues neuer Bahnstrecken befaßten Königlichen Eisenbahn ⸗Betriebkämter.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund heitsamts sind in der 41. Jahreswoche von je 1009) Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 25,8, in Breslau 28,5, in Königsberg 24,0, in Cöln 244, in Frankfurt a. M. 18,4, in Hannover 23,0, in Cassel 15,2, in Magdeburg 27.2, in Stettin 20,2, in Altona 284, in Straßburg 15,5, in Metz 19,7, in München 27,l, in Nürnberg 22, “, in Augsburg 36,5, in Dres.

Budapest 22,1, in Prag 240, in Triest in Krakau 35,5, in Basel 15,5, in Brüssel 19,7, in Amsterdam 25,3, in Paris 208, in London 17,5, in Glasgow 27,9, in Liverpool 24,6, in Dublin 28,8, i Edinburg 138,5, in Kopenhagen 24,1, in Stockholm 24,9, in Chri- stiania 164, in St. Petersburg 20,5, in Warschau 3656, in dessa 309, in Rom 20.9, in Turin 17.35, in Bukarest 20,8, in Madrid 29,2, in Alexandrien 36, Ferner aus der Zeit vom 14.— 20. September er.: in New⸗Jork 32,9, in Philadelphia 19,1, in Chicago —, in Cineinnati —, in St. Louis in San Fran⸗ zisko 2,0, in Kalkutta 20.5, in Bombav 30,5, in Madras 42.3. Beim Beginn und bis um die Mitte der Berichtswoche waren an den meisten deutschen Beobachtungsorten nördliche und nordöstliche, in Berlin, Bremen und Cöln auch nordwestliche, bald nach Nordost drehende, in München östliche Luftströmungen vorherrschend, die an den östlichen und mitteldeutschen Stationen am 7. und 8. nach Ost und in den letzten Tagen der Woche nach Südwest und Süd gingen. In München, Bremen, Karlsruhe ging der Wind am 8, in Cöln am 9. nach Südwest und blieb, in Karlsruhe in den letzten Tagen der Woche sturmartigen Charakter annehmend, bis an das Ende der Woche aus dieser Richtung wehend. Die Temperatur der Luft entsprach in Karlsruhe der normalen; in München lag sie ein wenig unter, an den übrigen Stationen etwas über derselben. In München sank das Ther⸗ mometer zu Ende der Woche auf O4 Grad C. Niederschläge, in München auch Schnee, erfolgten häufig, aber nur in süddeutschen Stationen und in Heiligenstadt in ergiebigem Maße. Aus Bremen wird die Entladung von Gewittern gemeldet. Der beim Wochen⸗ beginn hohe Luftdruck nahm schon am 6. allgemein ab und sank rasch bis zum Schluß der Woche, wo er wieder allgemein zu steigen begann. In den meisten Großstädten Europas waren die sanitären Ver⸗ hältnisse in der Berichtswoche günstige und die Sterblichkeit eine geringere. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deut- schen Städte sank auf 23,3 von 23,5 der Vorwoche pro Mille und Jahr berechnet. Die Theilnahme des Jünglingsalters an der Sterb⸗ lichkeit zeigt gleichfalls einen weiteren Rückgang. Von 10000 Lebenden starben (aufs Jahr berechnet) 88 Säuglinge, gegen 92 der Vorwoche, in Berlin 96, in München 140. Unter den Todesursachen zeigen Darmkatarrhe und Brechdurch— fälle der Kinder eine weitere, ziemlich allgemeine Abnahme; nur in wenigen Orten, wie in Danzig, Breslau, München, Nürnberg, Berlin, Hamburg, Görlitz, Paris, London, Warschau, Stockholm, St. Peters burg überstieg ihr Vorkommen das gewöhnliche noch etwas. Auch Sterbefälle an Ruhr haben allgemein abgenommen. Aus San Fran⸗ zisco und New⸗Orleans wurden je l, aus Paris 2 Sterbefälle an Cholera sporadica, aus Hamburg 1 Todesfall an Cholerine gemeldet. Unter den Infektionskrankheiten zeigten sich Masern, Diphtherie und Keuch⸗ husten etwas häufiger, Pocken, Scharlach und typhöse Fieber etwas seltener als Todesveranlassung. Sterbefälle an Masern kamen aus München, Nürnberg, Augsburg, Halberstadt. Berlin, Hannover, Paris, Madrid mehrfach zur Meldung. Das Scharlach⸗ fieber zeigt in Elbing, Kolberg, Breslau, Chemnitz, Berlin, Spandau, Hamburg, Prag, Amsterdam, Rotterdam, Warschau eine Zu, in Danzig, Greifswald eine Abnahme der Sterbefälle. Diphtherie und Croup haben in Berlin und in den Städten der Mark Frank furt a. O., Spandau, Forst, Kottbus, ferner in Leipzig, Hamburg, Königsberg, Stolp, Dresden, Greiz größere Verbreitung gefunden, auch in Wien, Prag, St. Petersburg stieg, in Stettin und Graudenz sank die Zahl der Opfer. Auch die Sterblichkeit an Keuchhusten ar wieder eine etwas größere, besonders in Berlin, Hamburg, Cöln, Düsseldorf, Aachen. Seltener wurden allgemein Sterbe⸗ fälle an Typhus, nur in Dortmund und in Turin mehrte sich die Zahl derselben etwas Aus Danzig und Posen wurden je ein Todesfall an Flecktyphus, aus Aachen 1 an Rückfalls⸗ fieber gemeldet Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 14 Frauen. Todesfälle an Pocken kamen aus deutschen Städten nicht zur Anzeige: aus Genf, Rom, Murcia kamen einzelne, aus Paris, Odessa, Madrid, Warschau mehrfache, aus Lissabon 6, aus Prag 8, aus London 9 zur Mittheilung. Die Cholera hat in Südfrankreich und in Spanien nur wenig Opfer gefordert; auch in den italienischen Provinzen haben neue Erkrankungen und Todesfälle bedeutend nachgelassen. Desgleichen wurde aus den indischen Städten Kalkutta, Madras, Bombay von Ende August und Anfang September eine Abnahme der Sterbefälle gemeldet.

Kunst, Wifsenschaft und Literatur.

Zu den bekannteren und mit Recht gewürdigten Autoren auf dem Gebiete der geistlichen Dichtung zählt schon seit langer Zeit Emil Kleist, Pfarrer zu Creuzburg in Ostpreußen. Nachdem der Verfasser erst im vorigen Jahre einen Band „‚Lutherlieder“ zur Feier des Geburtstages des großen Reformators hat erscheinen lassen, be⸗ schenkt er den Büchermarkt in diesem Jahre mit einer Sammlung geistlicher Lieder, welche unter dem Titel Credo“ im Verlage von Carl Reißner in Leipzig erschienen sind. Dieselbe enthält in der That in frischen, kernigen Liedern des Dichters unerschütterliches Glaubensbekenntniß. Aeußerlich in drei Abtheilungen „Dem, der da war“, „Dem, der da ist“, und „Dem, der da sein wird“ gesondert, knüpfen die Lieder des ersten Theils an die Mensch— werdung und das Menschendasein des Heilandes an; der zweite Theil verkündet den gegenwärtigen Einfluß der christlichen Lehre auf die gläubige Seele, und der letzte Abschnitt ist hauptsächlich der Mission, welche die Zukunft des christlichen Glau— bens ausbauen hilft, gewidmet. Es weht ein inniger Hauch der Frömmigkeit frisch und lebendig durch diese Lieder, welche Zeugniß ablegen für die dichterische Begabung und das warme Gefühl des Verfassers. In unserer dem Materiellen zugewandten Zeit ist den zum Herzen sprechenden religiösen Liedern weiteste Verbreitung im Volke zu wünschen. A

Im Verlage von Theodor Hofmann in Berlin erscheint seit dem 1. Oktober d. J. unter dem Titel ‚Die Lehrerin in Schule und Haus“ eine neue Zeitschrift, von welcher das erste Heft des ersten Jahrganges vorliegt. Das neu ins Leben getretene Unter⸗ nehmen, welches von Fr. Marie Loeper ⸗Housselle herausgegeben und von vielen mehr oder weniger bekannten Namen unterstützt wird wir nennen u. A. Frl. Adelmann in London, Hin, Prof. Dr. Beyer in Stuttgart, Prof. F. Dahn in Königsberg, Fr. H. Goldschmidt in Leipzig, Hrn. J. Keller in Aarau, Frl. M. Lammers in Bremen, Hrn. Prof. Dr. Fr. Vischer in Stuttgart soll als Centralorgan für die Interessen der Lehrerinnen und Erzieherinnen im In und Auslande dienen und ist zugleich Organ der „Allgemeinen deutschen Kranken⸗-Unterstützungͤkasse der Lehrerinnen und Erzieherinnen.“ In erster Linie soll Gegenstand des Fachblattes die Kunst der Erziehung des weiblichen Geschlechts sein; der Kleinkindererziehung soll besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, und ebenso sollen Haushaltungs⸗ kunde, Gesundheitspflege und die ästhetische Erziehung als Haupt— elemente der weiblichen Bildung besondere Berücksichtigung finden. Außerdem sollen Anweisungen zu Handarbeiten und Artikel aus der Schulpraxis Aufnahme finden. Gleichzeitig will die Zeitschrift alle die Berufsinteressen der Lehrerinnen und Erzieberinnen betreffenden Fragen in eingehender und sachgemäßer Weise erörtern. In dieser Beziehung wird besonderes Gewickt auf den Ver— kehr gelegt, welcher sich zwischen den Berufsgenossinnen in den Spalten des Blattes entwickeln soll, um Erfahrungen auf dem Gebiete ihrer Thätigkeit einander mitzutheilen. Es wird hiervon eine entschiedene Förderung mancher Fragen der Erziehung und des Unterrichts, wie der Standesinteressen überhaupt, erhofft; durch Erweckung des Gefühls der Zusammengehörigkeit ist endlich ein gesteigertes Bewußtsein von der Wichtigkeit und Verantwortlich⸗ keit des Lehrerinnen. und Erzieherinnenstandes anzustreben. Das erste Heft bietet außer dem Programm und den einleitenden Worten „Zur Verständigung‘ folgende Abhandlungen; Beitrag zur Geschichte des Lehrerinnenstandes in Deutschland von M. Loeper⸗Housselle. Höhere Prüfungen für Lehrerinnen von M. Lammers. Ueber Haushaltungskunde von F. Rommel. Aus der Schule für die

den 16,7, in Leipzig 19,6, in Stutthart 16,5, in Braunschweig 15,9,

in Karlsruhe 16,0, in Hamburg 26,7, in Lübeck —, in Wien 2A, 6, in

Schule von J. Keller Aarau. Frauen⸗-Silhouetten von Fr. Polack. 1) Verbittert und versöhnt. Autorität in der Erziehung von M.