beamten, denen eine Pension aus dem Allgemeinen Civil⸗ Pensions fonds zu gewähren ist, — mit Ausnahme derjenigen, deren Ernennung und Anstellung nach §. 6 der Organisation der , , — Minister vorbehalten i i
ist, — den Königlichen enbahn⸗Direktionen vom 1. April 1885 ab die Entscheidung darüber übertragen, ob und zu welchem Zeitpunkte dem auf Versetzung in den Ruhe⸗ stand gerichteten Antrage eines Beamten stattzugeben ist, sowie ob und welche Pension demselben bei einer von ihm beantragten Versetzung in den Ruhestand gebührt. Bezüglich derjenigen Beamten, welchen auf Grund statutarischer Vor⸗ schriften eine Pension aus den bestehenden Beamten⸗-Pensions⸗ und Unterstützungskassen oder aus Betriebsfonds zu gewähren ist, bleibt es bei den bisherigen Bestimmungen.
— Eine außergerichtliche Einigung streitender Parteien darüber, an die Stelle eines von dem Kläger nachzusuchenden Arrestes eine von dem Beklagten freiwillig zu bestel⸗ lende Sicherheitsleistung treten zu lassen, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 24. September d. J., rechtlich ebenso zu behandeln, wie der Fall der gerichtlichen Anordnung eines Arrestes auf Ansuchen des Klägers; es sind daher die dem Beklagten aus der Kau⸗ tionsbestellung erwachsenen Spesen als Kosten des Rechtsstreits * betrachten, welche der Kläger, wenn er unterliegt, ohne
ücksicht auf ein ihm zur Last fallendes Verschulden zu tragen hat.
— Vom 1. April 1885 ab haben die bisher zur 7. In⸗ fanterie⸗ Brigade gehörenden Lan dwehr⸗Bataillone Schivelbein, Coslin, Schlawe und Stolp mit ihrer bisherigen Bezeichnung und den bisherigen Aushebungs-Bezirken den Bezirk der 6 Infanterie-Brigade, sowie die bisher zu letzterer gehörenden Landwehr⸗Bataillone Gnesen, Schneide— mühl, Inowrazlaw und Bromberg gleichfalls mit ihrer bis⸗ herigen Bezeichnung und den bisherigen Aushebungs⸗Bezirken den Bezirk der 7. Infanterie⸗Brigade zu bilden.
— Das westafrikanische Geschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Bismarck“, „Gneisenau“, „Olga“ und „Ariadne“, ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern von Wil— helmshaven ausgelaufen.
Württemberg. Stuttgart, 30. Oktober. St.⸗A. f. W.) Der König und die Königin sind heute Nachmittag von Friedrichshafen wieder hier eingetroffen.
Baden. Baden, 28. Oktober. (Karlsr. Ztg.) Bei Eröffnung der gestrigen Versammlung des Bürger⸗ ausschusses ergriff Ober⸗Bürgermeister Gönner das Wort zu folgender Ansprache an die Versammlung:
Meine Herren! Bevor wir zur Erledigung der auf der heuti— gen Tagesordnung stehenden Gegenstände schreiten, habe ich die Ehre, Ihnen eine hocherfreuliche Mittheilung zu machen. Ihre Majestät die Kaiserin hat kürzlich bei zwei nahe aufeinanderfolgenden An⸗— lässen die hohe Gnade gehabt, in den huldvollsten Worten mir, als dem Vertreter der hiesigen Stadtgemeinde, zu erkennen zu geben, wie Allerhöchstdieselbe mit aufrichtigster Freude und dankbarer Gesinnung von den erneuten Beweisen treuer Liebe und Anhänglichkeit der hiesigen Bürgerschaft und Einwohnerschaft Kenntniß genommen habe, welche Ihrer Majestät anläßlich Allerhöchstihrer jeweiligen Wiederkehr in hiesige Stadt und insbesondere bei y Allerhöchstihres Geburts⸗ festes entgegengebracht werden. Ihre Majestät geruhte auszusprechen, daß der Aufenthalt in hiesiger Stadt Allerhöchstderselben jeweils zu besonderem Wohlgefallen gereiche, und beauftragte mich, meinen Mitbürgern den Ausdruck Allerhöchstihres Dankes zu über- mitteln. Dem Stadtrath habe ich hiervon, unmittelbar nach Empfang des gnädigsten Auftrages Kenntniß gegeben, und ich benutze nun den seitdem erstmals erfolgten Zusammentritt der Stadtverordneten, um auch diesem Kollegium die gleiche Eröffnung zu machen. Die gesammte Bürgerschaft und Einwohnerschaft der hiesigen Stadtgemeinde ist von dem aufrichtigsten Wunsche beseelt, daß es ihr vergönnt sein möge, Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin noch recht oft in den Mauern dieser Stadt begrüßen zu dürfen, und ich lade die Mitglieder dieser zur Vertretung unseres gesammten städtischen Gemeinwesens berufenen Versammlung ein, dem Ausdruck der herzlichsten Segenswünsche für die Kaiserlichen Majestäten zuzustimmen, indem Sie sich von Ihren Sitzen erheben.“
Die Versammlung folgte dieser Aufforderung.
Sach sen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 30. Oktober. (Thür. Corr.) Dem Landtage ist, gemäß seinen früheren Beschlüssen, bei seinem heutigen Zusammentritt eine Darlegung des Ergebnisses des neuen Einkommensteuer⸗ gesetzes zugegangen, um eine Vereinbarung darüber zu treffen, ob und inwieweit für die beiden letzten Jahre der Finanz— periode eine Abänderung der Steuersätze und Steuerstufen sich nothwendig mache, und ob vielleicht eine fernere Erleichterung in den untersten Steuerstufen durch theilweise Nichterhebung des letzten Steuerquartals möglich sei. Nach den Mittheilungen der Regierung ist in Folge der neuen Steuer— gesetzgebung der jährliche Ertrag der Einkommensteuer um 413 000 M gestiegen. Doch glaubt dieselbe dem Landtage eine Abänderung des Steuergesetzes nicht vorschlagen zu sollen, sondern beantragt einen Steuererlaß für die untersten Steuer⸗ stufen auf die drei Jahre der Finanzperiode. Sie macht für die Aufrechterhaltung der bestehenden Steuersätze und Stufen zunächst den allgemeinen Grund geltend, daß es bedenklich sei, während der Finanzperiode solche Abänderungen vorzunehmen; dann aber wird darauf hingewiesen, daß jene Summe von 413 000 MS nicht in den nächsten Jahren als Mehrertrag zu erwarten sei, da einmal künftig von zer Anmel⸗ dung der Schuldzinsen ein stärkerer Gebrauch als bisher ge— macht werden würde, also eine Verminderung um etwa 72000 S jährlich zu erwarten sei, ferner ein Zurück— bleiben der Sportelerträge um 98000 MH jährlich hinter dem Voranschlage konstatirt sei, und endlich voraussichtlich die Matrikularbeiträge im Jahre 1885/86 in Folge eines Mehr⸗ bedarfs des Reichs von etwa 40 Millionen Mark um etwa 50 pCt. steigen, d. h. etwa 670 000 MS statt 450 000 von dem Großherzogthum aufzubringen seien. Nach Abzug dieser Summen, im Betrage von 390000 S, verblieben von der Mehreinnahme von 413 000 Se nur 23 000 SHV Der Vorschlag der Regierung geht nun dahin: der untersten Steuerklasse bis 490 M6 Einkommen das vierte Jahres quartal der Einkommensteuer ganz, der zweituntersten Klasse bis
690 M zwei Monate, der drittuntersten Steuerklasse bis 990 A6.
einen Monat dieses Steuerquartals zu erlassen. Der Erlaß würde sich auf 80 Prozent sämmtlicher Steuerpflichtigen erstrecken.
Waldeck und Pyrmont. Arolsen, 30. Oktober. Der zur diesjährigen verfassungsmäßigen Sitzung einberufene Landtag der n nt e T fan. Waldeck und Pyr⸗ mont wurde heute Mittag von dem Landes⸗Direktor von Puttkamer im landständischen Sitzungssaale im Gerichts⸗ gebäude mit nachfolgender Rede eröffnet:
Meine Herren! .
Durch Allerhöchste Ordre Sr. Majestät des Königs von
41 kin ich ermächtigt worden, den diesjährigen ordentlichen andtag der Fürstenthümer zu eröffnen. .
Zunächst habe ich Ihnen davon Mittheilung zu machen, daß Se. Majestät der König Allergnädigst geruht haben, mich zum Regierungs Vlze⸗Präsidenten bei der Königlichen Regierung zu Coblenz zu ernennen, daß ich jedoch angewiesen bin, vor Antritt meines neuen Amtes noch den Landtag abzuhalten. Es ist hiernach das letzte Mal, daß ich die Ehre haben werde, mit der Landesvertretung zu verhandeln; ich kann hierbei nicht unterlassen, dem Danke für das Vertrauen und das Wohlwollen, welche mir aus der Mitte der Landes⸗ vertretung stets gezeigt worden sind, den herzlichsten Ausdruck zu geben. Wie mir die Erinnerung an meine biesige amtliche Wirksamkeit stets eine besonders liebe und angenehme bleiben wird, so möchte ich auch an Sie, meine Herren, die Bitte richten, mir bei meinem Scheiden aus Ihrer Mitte ein freundliches Andenken zu erhalten. .
Unter den Vorlagen, wel ke Sie beschäftigen werden, darf ich als die wichtigeren hervorheben einen Gesetzentwurf über gemein schaftliche Holzungen, welcher dazu dienen soll, eine der Landeskultur schädliche Theilung von Interessenten Waldungen zu verhindern, ferner den Entwurf einer Körordnung für Zuchtstlere, welcher, aus den wiederholt kundgegebenen Wünschen der überwiegenden Mehrheit unserer Landwirthe hervorgegangen, bezweckt, die für die hiesigen land ⸗ wirthschaftlichen Verhältnisse so besonders wichtige Rindviehzucht zu heben und zu fördern. .
Es werden Ihnen außerdem noch vorgelegt werden ein Gesetz entwurf wegen Berichtigung des Grundkatasters und der Grundbücher bei Auseinandersetzungen vor Bestätigung der Rezesse, ein Gesetzent⸗ wurf über den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes, ein Gesetzentwurf über die Einführung baupolizeilicher Bestimmungen in den Gemarkungen von Holzhausen und Oesdorf, sowie endlich ein Gesetzentwurf über die Bildung einer Kirchengemeinde der separirten Lutheraner im Ederkreise. .
Die Staatskassenrechnung für das Jahr 1882 wird Ihnen zur Wahrnehmung Ihrer verfassungsmäßigen Rechte zugehen; int Anschluß an dieselbe lasse ich Ihnen eine Uebersicht über die vorläufigen Ab⸗ schlüsse der Staatekassenrechnung für das Jahr 1883 vorlegen, aus welchen Sie ersehen werden, daß auch dies Rechnungsjahr wieder mit einem Fehlbetrage abgeschlossen hat. .
Endlich werden Ihnen noch mehrere geschäftliche Mittheilungen sowie Erklärungen der Regierung auf frühere von der Landesvertre⸗ 2 gestellte Anträge zur Beschlußfassung bezw. Kenntnißnahme zu⸗ gehen.
Im Namen Sr. Majestät des Königs von Preußen er— kläre ich hiermit den Landtag für eröffnet.
Oesterreich Ungarn. Wien, 30. Oktober. (W. T. B.)
„Armee⸗-⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht das November⸗Avancement. Ernannt wurden: Erzherzog Karl Ludwig zum General der Kavallerie, die Erz⸗ herzöge Ludwig Victor und Ferdinand, Großherzog von Toscana, zu Feldmarschall⸗Lieutenants, Erzherzog Karl Stefan zum Korvetten⸗Kapitän.
Die „Politische Correspondenz“ konstatirt: Die Auffassung, daß die in der Kaiserlichen Thronrede ent— haltene Manifestation der gemein samen Regierung durch ein vorangegangenes Mißverständniß abgerungen worden sei, sei eine irrige. Die Ansprache des Monarchen sei ein viel zu feierliches und bedeutsames Ereigniß, als daß deselbe zu einer Korrektur vorübergehender Irrthümer benutzt werden dürffe. Die Kaiserliche Ansprache sei für sich Selbstzweck ge⸗ wesen und würde nicht kühler oder reservirter gelautet haben, auch wenn vorangegangene Mißverständnisse die Auffassung der Situation in Ungarn nicht einen Moment lang in eine irrige Richtung gelenkt hätten.
Niederlande. Haag, 30. Oktober. (W. T. B.) Nach dem nunmehr vorliegenden definitiven Wahlergebniß sind 37 Liberale, unter denen sich 4 gesonderte Liberale be⸗ finden, und 36 Antiliberale in die Kammer gewählt worden; außerdem finden 13 Stichwahlen statt.
Großbritannien und Irland. London, 29. Oktober. (Allg. Corr.) Der „Standard“ theilt mit, daß die kon⸗ servativen Führer einen Neueintheilungsplan in Vorbereitung haben, der mit dem Regierungsentwurf zu riva— lisiren bestimmt ist. Wie es heißt, wird der neue Plan das Prinzip der Minoritätsvertretung ausdehnen.
Lord Dufferin wird am 12. November die Reise nach Indien antreten. Zur Bewillkommnung des bisherigen Vize⸗Königs von Indien, Marquis von Ripon, werden in ö und anderen Theilen von Yorkshire Vorbereitungen ge— troffen.
Großbritanniens Staatseinnahmen vom 1. April bis 25. d6. beziffern sich auf 43 660 024 Pfd. Sterl., gegen 46 740 155 Pfd. Sterl. in demselben Zeitraum des letzten Finanzjahres. Die Ausgaben betragen 48 004 043 Pfd. Sterl. gegen 48 789 964 Pfd. Sterl. in 1883. Das Guthaben des Schatzamtes stellte sich am 25. ds auf 1 901 752 Pfd. Sterl. (an demselben Tage des Jahres 1883 auf 3 075 240 Pfd. Sterl.)
— 30. Oktober. (W. T. B.) Bei der heute im Unterhause fortgesetzten Berathung des Adreßentwurfs brachte Chur⸗ chill das bereits angekündigte Amendement ein, durch wel— ches dem Bedauern über die jüngsten Reden und Handlungen des Präsidenten des Handels⸗Ministeriums, Chamberlain, Aus⸗ druck gegeben wird. Chamberlain widerlegte die Anklagen Churchills und wies nach, daß die Unruhen in Bir⸗ mingham durch die Konservativen provozirt worden seien. Nach Sstündiger Debatte wurde das Amendement Churchills mit 214 gegen 178 Stimmen verworfen. Die Parnelliten stimmten mit der Minorität.
Sydney (Australien), 31. Oktober. (W. T. B.) Die Legislatur von Neu-Süd-⸗Wales hat die in der Kon— vention von Sydney im Rovember 1883 gefaßten Beschlüsse zu Gunsten einer Föderation der australischen Kolonien und einer Annexion Neu-Guineas durch Uebergang zur Tagesordnung beseitigt.
Frankreich. Paris, 29. Oktober. (Fr. Corr.) Der Bericht über den Gesetzentwurf, betreffend den neuen Wahl modus für den Senat, hat in Kürze (er nimmt über drei enggedruckte Spalten der großen Tages⸗ blätter ein) folgenden Inhalt:
Er prüft die verschiedenen Systeme, welche vorgeschlagen worden sind und deren Zahl sich auf fünf beläuft, um schließlich der Regie⸗ rungsvorlage den Vorzug zu geben. Diese schafft die Senatoren auf Lebenszeit ab und behält die bisherigen Wahlkollegien mit der Norm bei, daß fortan die Gemeinderäthe, statt je einen einzigen Delegirten für die Senatorenwahlen zu stellen, nach der Zahl ihrer Mitglieder die Wahlkollegien zu beschicken haben. Demnach werden die Delegirten der Gemeinderäthe verdoppelt, von einigen Dreißigtausend auf Vierundsechzigtausend gebracht, und können die Freunde demokratischer Einrichtungen sich schmeicheln, daß in Zukunft auch der Senat auf dem allgemeinen Stimmrechte fußt. Außer aus Gemeinderäthen, welche die große Mehrheit des Wahl⸗
Das
körpers für den Senat bilden werden, ist dieser noch zusammengesetzt aus: den Arrondissements⸗Räthen, General⸗Räthen, den Abgeordneten der jeweiligen Departements. Nicht wäblbar sind: die Mitglieder der Dynastien, welche über Frankreich geherrscht haben; die Militãrs der Land ⸗ und See ⸗ Armee, mit Ausnahme: 1) der Marschälle und Admirale, 2) der Generale, die ohne Altersgrenze im Cadre der 1. Sektion des Generalstabs stehen und keinen Oberbefehl ausüben, 3) die Generale, die in der 2. Sektion des Cadres des Generalstabes stehen, 4) die Militärs der Land⸗ und See⸗Armee, welche der Reserve des aktiven Heeres oder der Territorial⸗Armee angehören. Die Zahl der Senatoren beträgt nach wie vor 300. Seine gegenwärtigen Mitglieder bleiben so lange mit ihrem Mandat bekleidet, als ihre Wahl durch die Nationalversammlung und den Senat oder aber durch die Departe⸗ ments und die Kolonien dies im Voraus bedingte. Damit soll gesagt sein, daß die Senatoren auf Lebenszeit ihre Sitze beibehalten. Das Seine⸗Departement wählt zehn Senatoren, das Nord ⸗ Departement deren acht, die Departements Cotes du Nord, Finisteère, Gironde, Ille et Vilaine, Loire, Loire⸗Inferieure, Saone et Loire, Rhone, Seine⸗ Inferieure und Pas de Calais je 5; dann kommen 12 Departements mit je 4 Senatoren, 52 mit je 3, 10 Departements mit je 2, das Gebiet. von Belfort, die drei Departements Algeriens, die vier Kolonien Martinique, Guadeloupe, Réunion und Französisch⸗Indien mit je 1 Senator. Hieraus ergiebt sich, daß die 75 Sitze der Un⸗ absetzbaren für die Zukunft an die volkreichsten Departements vertheilt sind und daß das neue Gesetz für alle Senatoren nur einen Ursprung und einen Wahlmodus kennt. Der Bericht betont, daß die Aufhebung der Unabsetzbarkeit eines Viertheils der Senatoren diejenige Reform gewesen sei, welche von der Gesammtheit des Landes am übereinstim— mendsten und nachdrücklichsten verlangt wurde.
Das Journal „Paris“ bringt nachstehende Note:
„Wir wissen nicht, oder besser, wir wollen für den Augenblick nicht sagen, bei wem sich die marokkanische Regierung Raths erholt Es herrscht aber seit einigen Monaten bei den Ministern Sr. Majestät des Shberifs eine augenfällige Voreingenommenheit gegen Alles was französisch ist. Man meldet aus Tanger, von gestern, daß die marokkanische Regierung 3 fremde Schützlinge, darunter 4 Franzosen, verhaften ließ. Alle werden in Eisen nach dem Gefängnisse von Marokko geschickt, nachdem sie die größten Städte berührt haben. Der Minister Frankreichs hat protestirt, wie er es schon in den früberen Fällen gethan hat. Allein dadurch, daß man fortwährend am Stricke ziebt, zerreißt man ihn, und eine große Macht, wie die französische Republik, kann sich nicht immer auf pla— tonische Proteste beschränken.“
— 30. Oktober. (W. T. B.) Ein Telegramm des Generals Briére de 1'Isle von gestern, daß die Garnison von Tuyenguan in der Zeit vom 14 bis 19. d. M. mehrere Angriffe zurückgewiesen und hierbei keine Verluste erlitten habe. rothen Flusses Die Feindes betrage nur 4000 Mann. liche Streitmacht sichtbar. Französische Kolonnen durchzögen
zurückgezogen.
die Gegend in der Nähe von Jenthe. Briéere kündigt an, Maß⸗ ⸗
regeln treffen zu wollen, um die Seeräuberei zu unterdrücken. — Ein Telegramm der „Temps“
Truppenabtheilungen zur Verfolgung entsendet worden.
Italien. Rom, 30. Oktober. (W. T. B.) „Propaganda“ ist die Nachricht zugegangen, daß in Can—⸗ ton eine große Anzahl christlicher Kapellen zerstört
und geplündert, die Christen mißhandelt und ihre Häuser
niedergebrannt worden seien. In Hongkong befänden sich
gegenwärtig zwei Bischöfe, 30 Missionäre und 300 Christen,
die aus Canton dort eingetroffen seien. Der Vizekönig von Canton habe sich den Christen gegenüber sehr feindselig gezeigt. Gestern kamen in den von der Cholera infizirten
Provinzen 26 Erkrankungen und 11 Todesfälle vor; davon
in der Stadt Neapel 5 Erkrankungen und 6 Todesfälle.
Nußland und Polen. ber. äußert bei einer Besprechung der österreichischen Thron— rede:
Es sei eine wahrhafte
solchen feierlichen Weise geantwortet. Fortan
Thronrede in deutscher und ungarischer Sprache. werde Niemand auf beiden Ufern der Leitha
haben und noch auffassen, Ergebnisse, welche so wohlthätig seien sowohl für den Frieden im Allgemeinen als auch für die
freundschaftlichen Beziehungen der drei Kaiserreiche zu einander, deren volle Uebereinstimmung auf der Aufrechterhaltung der Verträge und dem gegenseitigen Vertrauen basirt sei. In solcher Weise habe man in St. Petersburg die Entrevue auf⸗ gefaßt, und diese Auffassung sei nun bei der ersten Gelegen⸗ heit, wo einer der drei Monarchen sich hierüber geäußert habe,
bestätigt worden.
Amerika. Washington, 28. Oktober. Der schwedische Gesandte, Graf Löwenhaupt, über— reichte heute dem Präsidenten Arthur sein Abbe— rufungsschreiben.
New⸗Hork, 28. Oktober. (Allg. Corr.) An Stelle Mr. Greshams, welcher zum Richter ernannt worden, ist Mr.
Hugh Me Culloch zum Sekretär des Schatzamtes .
ernannt worden. Derselbe hat diesen Posten schon früher
einmal bekleidet.
Asien. China. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ berichtet: Aus Shanghai wird gemeldet: Die chinesischen Behörden haben die Arbeiten zur Absperrung des Woosung-Flusses begonnen, Die Konzentrirung der chinesischen Truppen bei Shanghai und Peking dauert fort.
Afrika. Egypten. Kairo, 29. Oktober. (Allg. Corr)
Eine Reutersche Depesche lautet: Die von einer heutigen Lon—
doner Morgenzeitung veröffentlichte Meldung: Lord Wol seley
sei instruirt worden, mit dem Mudir von Dongola ein Abkommen zu treffen, durch welches Letzterer zum Gouverneur des Grenzdistrikts im Sudan unter der nominellen Souzeräne— tät des Khedive ernannt werden würde, wird in hiesigen amt— lichen Kreisen als jeder Begründung entbehrend be— zeichnet.
Wady Halfa, 28. Oktober. und seine Begleiter traten heute Morgen die Kameelreise nach Ambigol an. Eine kleine Abtheilung egyptischer Kavallerie bildete die Eskorte und einige Scheichs dienten als Führer. — Die kanadischen Bootsleute sprechen, nach dem, was sie bereits gesehen, von den Schwierigkeiten beim Passiren der Katarakte mit Geringschätzung. .
Assuan, 28. Oktober. (A. C.) Die Garde-Division des Kameel-Corps unter dem Befehl des Oberst-Lieu—⸗
meldet aus Hanoi,
Der entmuthigte Feind habe sich an den oberen Lauf des Stärke des Vor Chu sei keine feind— ⸗
. aus Hanoi, vom 28. 8. M., sagt: gegen die Piratenbanden, die sich auf dem Stromschnellen-Kanale gezeigt hätten, seien schleunigst
Der
St. Petersburg, 29. Okto⸗ (W. T. B.) Das „Journal de St. Péstersbourg“
Noch nie habe der Kaiser auf die herkömmlichen Aus— drücke der Ehrerbietung von Seiten der Delegationen in einer
ö übersehen dürfen, in welcher Weise der Kaiser und seine Regierung die Entrevue in Skierniewice und deren Ergebniß aufgefaßt
(Allg. Corr.)
(J. C) Lord Wolseley
tenants Boscawen, sowie des Obersten Clarke mit der schweren Division der berittenen Infünterie sind hier angekommen.
Seitungsstimmen.
Der „Berliner Zeitungs-Correspondenz'“ ent⸗ nehmen wir:
Von einer am 26. Oktober in einem Orte bei Bayreuth abge⸗ haltenen Wahlversammlung wurde die Absendung eines Telegrammes an den Fürsten Bismarck beschlossen. Dasselbe lautete: .
„Die aus dem Hummelgau zu einer Wahlbesprechung versammel⸗ ten Landwirthe bringen Ew. Durchlaucht ihren herzlichsten Dank für das, was bisher für die Landwirthschaft geschehen ist. Sie knüpfen daran die Bitte, auf dem bisherigen Wege zu beharren.“
Darauf kam umgehend folgende Antwort:
„Danke herzlich und werde beharren.“
— In der „Post“ lesen wir: ;
Das Anwachsen der Sozialdemokratie auf Rechnung des Soialisten⸗ gesetzes oder gar der Polizei zu setzen, und dasselbe jedenfalls von den Schultern der deutschfreisinnigen Partei abzunehmen, die sich übrigens recht gut wieder des kürzeren Namens des Fortschritts bedienen könnte, da die Fusion ein unzwelfelhaftes Fiasko gemacht hat — darin sind die liberalen Blätter, wie es scheint, vollkommen einig. .
Ohne daß wir glauben, irgend einen Einfluß auf die sich frei⸗ sinnig nennende Partei ausüben zu können, wollen wir doch einen Gesichtspunkt für die Beurtheilung dieses unter allen Umständen be— denklichen Wachsthums der Sozialdemokratie entwickeln, welcher zwar früher schon manchmal berührt worden, aber unserer Ansicht nach immer noch nicht mit der genügenden Klarheit hingestellt worden ist.
Unter den heute im politischen Leben stehenden älteren Männern ist ja noch die Revolution vom Jahre 1848 in lebendigem Gedächtniß. Die demokratischeg Partei jener Zeit stand in den unmittelbarsten Ver⸗ kehr mit den großen Massen, den arbeitenden Klassen, oder, wie sie es am liebsten nennt, mit dem Volke. Im Laufe der Zeit sind die Erben jener Traditionen allmählich in eine ganj andere gesellschaftliche Klasse gerückt. Sie berufen sich darauf, die Gesinnungen des gebildeten und sogenannten höheren Bürgerstandes zu vertreten, und bis zu einem gewissen Grade ist dies ja auch, wie man gern zugeben kann, der Fall. Sie übersehen dabei aber, daß ihnen in der Zwischenzeit der Einfluß auf die Massen des Volkes verloren gegangen ist, und sie begehen den ungeheuren Fehler, dessen Folgen sich langsam, aber mit immer größerer Deutlichkeit zeigen, sich auf einen Rückhalt in den Massen zu berufen, den sie nicht be⸗ sitzen. Die gesammte konservative Bewegung, gegen. welche sich die äußerste Erbitterung der Liberalen richtet, ist an dieser Entwickelung viel weniger Schuld, als das Verkennen veränderter Verhãltnisse, welches dem gegenwärtigen Programm der deutsch⸗freisinnigen Partei zu Grunde liegt. Man erinnere sich noch jener Zeit, wo die Berliner Fortschrittspartei die Maschinenbauer auffordern konnte, bei dem Be ˖ gräbnisse Alexanders von Humboldt die öffentliche Ordnung zu schützen, und diese, zu vielen Tausenden geschaart, dem Rufe freudig gehorchten. Seit Lassalle . . . . ist die Führung der Arbeiter Schritt für Schritt dem Fortschritt und dessen Erben aus den Händen gegangen. Die Führer diefer Partei aber verschlossen sich dieser Einsicht und verlangten von der Regierung alles, was man verlangen kann, wenn man wirklich eine sehr große materielle Macht besitzt. Am deutlichsten trat dies seit dem Erlasse des Sozialistengesetzes hervor. Dieses Gesetz war der Fortschrittspartei gegenüber dem Ansturm der Sozia⸗ sssten äußerst nützlich, die Fortschrittepartei muß dies erkannt haben, aber aus Doktrinarismus und in einem falschen Urtheile über das, was ihren Zwecken dienlich sein könnte, zog sie es vor, ihre Oppo⸗ sition gegen das Gesetz in der ausgedehntesten Weise geltend zu machen und diejenige gegen die Regierung noch zu steigern, während sie bei einiger Ueberlegung sich wohl hätte sagen müssen, daß ihre Inter⸗ essen, die heute keinesweges mit denjenigen der arbeitenden Klassen übereinstimmend sind, sie darauf hinweisen müßten, sich mit der Regierung auf einen Fuß zu stellen, der ein Zusammengehen erlaubte und bei dem immerhin gewisse Forderungen des Liberalismus mit Nachdruck geltend gemacht werden konnten. . .
Grenzen für eine solche Politik genau zu ziehen, ist unmöglich. Es kommt in jedem einzelnen Falle auf die Klugheit der Leitenden an, und diese hat eben der Fortschrittspartei immer und jetzt mehr als je gefehlt. Man braucht dabei nur an die Kolonialpolitik zu denken. Die von der Regierung vertretene Politik berührte die corde sensible unseres Volkes und die deutschfreisinnigen Führer hatten dafür auch nicht das geringste Verständniß. Was ihnen die; bei den jetzigen Wahlen geschadet hat, mögen sie sich selbst sagen. Ein Ein— geftändniß in dieser Richtung, von ihnen selbst sich selbst gemacht, würde sie jedenfalls weiter bringen, als die thörichte Einbildung, daß ihre Niederlagen bei der Wahl auf die Lässigkeit der Wähler, die doch wahrlich in einem, alles bisher Dagewesene überschreitendem Maße bearbeitet worden waren, zurück zu führen sei. .
Aber von einer solchen Erkenntniß ist nicht das Geringste zu spären und einer der hervorragendsten Führer der Fortschrittspartei,
r. Dr. Virchow, hat dies nach dem Bekanntwerden des Wahl— resultats in der eklatantesten Weise gezeigt. ...
So ist die Ausbreitung der Sozialdemokratie zu einem großen Theil der Fortschrittspartei selbst zuzuschreiben. Andere Gründe der— selben entziehen sich dem Können jedes Einzelnen und jeder Partei. Der ungeheure Fortschritt unserer Zeit hat lin hreiten Klassen neue Ideen und zwar soziale Ideen und das Gefühl der Kraft angeregt, und Bestrebungen, welche immerhin noch in regelmäßige Bahnen geleitet., werden können, wenn alle erhaltenden Kräfte sich in Weisheit und Selbhstbeschränkung zu⸗ sammenschaaren, welche aber auch alle Dämme überfluthen können, wenn es an diesen Eigenschaften fehlt. Und Niemand würde unter Katastrophen, bei welchen das Gebot der Selbsterhaltung eintritt, mehr zu leiden haben, als diejenigen, welche, wie wir immerhin gern zugestehen , von sich selbst ehrlich überzeuzt sind, daß sie der Sache der Freiheit dienen. ö.
bg 3 noch einen Punkt erwähnen. Es ist mehr oder weniger offen von allen Seiten anerkannt, und wir glauben, das Zeugniß des Hrn. Dr. Virchow in dieser Beziehung als eines kompetenten Richters anrufen zu können, daß die jüngere Generation, von welcher an den Wahltischen des Jahres 1884 wieder ein bedeutend größeres Kontingent, erschienen ist, als an denen von 1881, nicht mit den formalistischen Ideen der alten demokratisch-fortschrittlichen Partei harmonirt. Solcher Wechsel ist der Lauf der Welt. Die Alten werden nicht verworfen und sie mögen ihrer Zeit ihre Rolle gespielt haben; aber es giebt keinen größeren Fehler, als wenn sie ihre Augen vor einer veränderten Lage schließen und glauben, daß ihr Rezept das „Allheilmittel“ für alle Zeiten wäre.
— Der Münchener „Allgemeinen Zeitung“ wird zu dem Ausfall der Reichstagswahlen in Berlin geschrieben:
.. Daß die Fortschrittspartei, welche in der Reichs hauptstadt bei den vorletzten Wahlen nochmals alle sechs Mandate errang, den Höhepunkt ihter Macht überschritten hat, ist durch die heutigen Ab⸗ stimmungen sehr bemerkbar geworden: sie hat vorläufig nur einen einzigen Kandidaten, Hrn. Löwe, durchgesetzt und diesen nur mit geringer Stimmenmehrheit gegen den konservativen Kandidaten. Selbst ihre bedeu⸗ tendsten Vertreter, Virchow und Eugen Richter, dürfen — Beide gegen Konfervattve — erst von einer Stichwahl die Erneuerung ihres hiesigen Mandats erhoffen. Auch aus einer Anzahl anderer größerer Städte wird eine Zunahme der sozialdemokratischen, ein Rückgang der fort. schrittlichen (, deutschfreisinnigen) Slimmen gemeldet. Erfreulich ist der aus füddeutschen Wahlbezirken gemeldete neue Aufschwung des nationalgefinnten Liberalismus, welchem zugleich mehrfach eine ersicht lich flauere Stimmung ultramontaner Waählerschaften zur Seite steht.
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— Der „Deutschen volkswirthschaftlichen Cor⸗ respondenz“ wird zur Beantwortung der Frage: Wer trägt die Getreidezölle?“ aus Pest folgender Beitrag mitgetheilt:
Mit nicht geringer Bsorgniß blicken die ungarischen Getreide export ⸗Interessenten nach Frankreich, ibrem besten Absatzmarkt, wo man sich mit der Erhöhung der Zölle auf Getreide und Vieh be— schäftigt. Insbesondere soll der Zoll auf Weizen von O0, 60 auf 4 Fr. der Zoll auf Mehl von 1520 auf 58 Fr. gebracht werden. Wäre es wahr, daß der französische Konsument den Getreidezoll unbedingt zu tragen habe, so könnten die Ungarn wahrlich beruhigt sein. Als Deutschland geringe Getreide⸗ zölle einführte, da höhnten auch hier die Doktrinäre, beklagten den Tonsumenten und thaten ganz unbesorgt Jetzt haben sich die Meinungen gewaltig geändert und man erblickt in der Erhöbung der französischen Getreidezölle eine Gefahr für den ungarischen Getreide export, nachdem man die Wirkungen der deutschen Zölle erkannt und gefühlt hat. Diese Wirkungen bestehen wesenflich darin, daß nach Einführung bezw. Erhöhung von Getreidezöllen als— bald die Nachfrage nach ausländischem Getreide in dem betreffenden Lande abnimmt. und Letzteres. um mit dem einheimischen Erzeugniß konkurriren zu können, relativ wohlfeiler an⸗ geboten werden muß, will es den erwünschten Absatz finden. Wer da wissen will, wer zu nicht geringem Theile die deutschen Ge— treidezölle zu tragen hat und fortan auch die französischen Zollerhö— hungen theilweise wird auf sich nehmen müssen, der frage nur die hiesigen Getreide Exporteure; sie klagen ihr Leid Jedem, der es hören will und kümmern sich nicht mehr um die todten Doktrinen ihrer gelehrten Gesinnungsgenossen.
.
Armee ⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 19. — Inhalt: Anlegung von Trauer zu Ehren des verewigten Herzogs von Braunschweig Hoheit. — Ueberführung der Landwehr⸗Bataillone der 7. in den Ver⸗ band der 6., und derjenigen der 6. in den der 7. Infanterie Brigade. — Bestellung von Amtskautionen. — Abänderung des Etats für die jährliche Uebungs Ac. Munition, 1883. — Reisepläne für die den Aushebungen beiwohnenden Stabsoffiziere der Garde. — Nachtrag zur Dienstanweisung zur Beurtheilung der Militär ⸗Dienstfähigkeit ꝛc. — Eröffnung neuer Eisenbahnen.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamtg. Nr. 55. — Inhalt: Verfügungen: vom 23. Oktober 1884. Eröffnung der Eisenbahn⸗ strecke Greiffenberg (Schlesien) — Friedeberg (Queis). — Eröffnung der Eisenbahnstrecken Allenstein bezw. Göttkendorf — Wormditt und Braunsberg — Mehlsack.
Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 26. — Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: Vom 20. Oktober 1884, betreffend Entschädigung der Eisenbahnverwaltung für die der Reichs⸗Postverwaltung zur Aushülfe überlassenen Güterwagen. — Vom 22. Oktober 1884, betreffend Pensionirung von Beamten der Staats ⸗Eisenbahnverwaltung. — Nachrichten.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 43. — Inhalt: Nichtamtliches: Die Klosterkirche von Jerichow. — Tunnel der schweizerischen Eisenbahnen. — Ueber Kupplungen zwischen Lokomotive und Tender. — Vermischtes: Rosten der Schienen. — Spanische Eisenbahnen. — Technische Hochschule in Berlin. — Bücherschau.
Reichstags ⸗Angelegenheiten.
Nach einem Extrablatt des „Anh. Staats⸗Anz.“ ist im 1. An haltischen Wahlkreise der Kommerzien Rath Gustav Ziegler altz Reichstagé⸗Abgeordneter mit 7839 Stimmen gegen 6723 Stimmen der Deutsch⸗Freisinnigen und 697 Stimmen der sozialdemokratischen Partei gewählt worden.
Statistische Nachrichten.
Der Erwerb und Verlust der Reichs⸗ und Staats-⸗ angehörigkeit im preußischen Staate während des Jahres 1883. (Stat. Corr) Die alljährliche Erhebung über den Erwerb und Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit hat im Jahre 1883 zum ersten Male nach den neuen, auf dem Bundesraths⸗ beschlusse vom 19. Dezember 1882 beruhenden Formularen, und zwar unter Anwendung des Zähblkartensystems, stattgefunden. Die neuen Formulare hatten eine gegen die früheren erweiterte Fassung, berück— sichtigten jedoch die Fälle des Etwerbes und Verlustes der Staats- angebörigkeit in Folge von Legitimation, Verheirathung, Anstellung im Staatsdienste und Ausspruch der Behörde nicht mehr, da diese Arten der Aenderung des Indigenats mit Sicherheit und Vollständig⸗ keit kaum zu erfassen sind.
Die Aufbereitung des für 1883 eingegangenen Urmaterials hat nun ergeben, daß im preußischen Staate während des bezeichneten Jahres 4948 Personen die Staatsangehörigkeit erworben und 17623 Personen dieselbe verloren haben, und zwar war der Erwerb am höchsten in den Bezirken Düsseldorf (767), Berlin (́525) und Wiesbaden (442), der Verlust am stärksten in den Bezirken Stettin (2377), Cassel (1473) und Stade (1217). Der Erwerb der Staatsangehörigkeit erfolgte durch 465 Aufnahmenrkunden für 1366 Angehörige anderer Bundesstaaten, durch S852 Naturalisationsurkunden für 2173 Ausländer, durch 495 bezw. 111 Wiederverleihungs⸗ Urkunden für 1190 bezw. 219 frühere Reichsangehörige, welche im Auslande verblieben bezw. in das Reichsgebiet zurückkehrten. Unter den 2173 Naturalisirten befanden sich 989 Niederländer, 375 Angehörige Oesterreich⸗ Ungarns und 205 Russen; von letzteren waren 91 jüdischer Religion. Der Verlust der Staatsangehörigkeit erfolgte durch 115 Entlassungsurkunden für 280 Personen, welche die Auf— nahme in einem anderen Bundesstaate nachsuchten, und durch 9388 Entlassungsurkunden für 17 343 Personen, welche ins Ausland ziehen wollten; davon gaben 14 609 die Vereinigten Staaten von Amerika, 710 die Niederlande und 377 Oesterreich⸗Ungam als Reiseziel an. Das größte Kontingent der ins Ausland gezogenen stellten die Be— zirke Stade (1298), Kassel (1444) und Stettin (2372); von den Be⸗ rufsarten war die der Tagelöhner und Dienstboten am meisten ver— treten.
Abgesehen von jenen Fällen des Verlustes der Staatsangehörig keit, sind im Jahre 1383 nach den in Gemäßheit der bezüglichen Vorschriften gleichzeitig eingegangenen Angaben der Kreis⸗ bezw. Amtsbehörden 46570 Personen ohne Entlassungsurkunden ausge⸗ wandert, von denen ein beträchtlicher Theil zweifellos ebenfalls dem Staatsverbande Preußens verloren gehen wird, und zwar durch zehn⸗ jährigen Aufenthalt im Auslande. Die angegebene Ziffer umfaßt jedoch, wie die Zahlen der überseeischen Auswanderung über deutsche Häfen und Antwerpen lehren, keineswegs die gesammte Auswanderung aus dem preußischen Staate, während sie anderseits nicht wenige Personen mit enthalten mag, welche, anstatt ins Ausland zu gehen, sich an einem anderen Orte der Monarchie niedergelassen haben, wie denn überhaupt eine genaue Kontrole der Auswanderung, — und Analoges gilt von der Einwanderung, — bei dem gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung nicht ausführbar erscheint.
— Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. Oktober bis incl. 25. Oktober er. zur Anmeldung gekommen: 456 Eheschließungen, 892 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene und o86 Sterbefälle. ⸗
— Die Zahl der Geburten in Berlin hat, nach dem Sta⸗ tistischen Jabrbuch der Stadt Berlin, in den Jahren 1873 bis 1882 relativ abgenommen. Im Jahre 1873 wurden 36 159 Geburten oder 40,98 pro Mille der Bevölkerung gezählt, 1882 dagegen 46 268, aber
nur 38,80 p. M. Von 1873 bis 1876 war die Geburteziffer bis auf 46 283 (also auch absolut höber als im Jahre 1882) oder 47, 17 p. M. gestiegen, seitdem ist sie andauernd gesunken. Im Ganzen wurden in diesen 19 Jahren 226 695 Knaben und 215 008 Mädchen, zusammen 441 696 Kinder (43.07 p. M.) geboren, darunter 59 619 (5,81 p. M. der Bevölkerung) uneheliche. Die Zahl der letzteren ist absolut fast andauernd, von 4989 auf 6400 (5,38 p. M. ) gestiegen, relativ er⸗ reichte sie im Jahre 1875 mit 6,17 p M. den höchsten Stand, von da an ist sie fortwährend gesunken. Mit Ausnahme des Jahres 1871 ist die Geburteziffer in Berlin seit dem Jahre 1863 nicht so niedrig gewesen, wie in 1882. In den einzelnen Stadttheilen stellt sich die Geburtsziffer sehr verschieden: wenn man die in den Jahren 1881 und 1882 Geborenen zusammenrechnet, so ergiebt sich für jedes Jahr eine Geburtsziffer von 39,64 p. M. Auf dem Wed⸗ ding steigt sie aber auf 54,56, in der Luisenstadt ienseits auf 49,88, in der Rosenthaler Vorstadt auf 48. 15 u. s. w, dagegen sinkt sie in der Friedrichs⸗ und Schöneberger Vorstadt auf 29,29, in Berlin, Werder, Kölln und der Neustadt auf 28,04 und in der Friedrichstadt auf 2431p. M. Die Zahl der Mehrgeburten schwankte in den Jahren 1873 bis 1882 zwischen 1,12 und 1,30 p. M. der Geburten, die der Todt⸗ geborenen zwischen 37,4 und 423 p. M. der Geborenen, bei den unehe⸗ lichen Kindern zwischen 52,6 und 72,6 p. M. der unehelich Geborenen. Wenn die Zahl aller von 1878 bis 1882 geborenen Kinder als 100 angenommen wird, so fielen an Geburten auf die Monate Januar 197,2, Februar 105,, September 102.6, März 100,9, Dezember 190,2, August 99,4, November 98.4, Juli und Oktober 98,3, April 97,4, Juni 96,1, Mai 95,9.
sunst, Wissenschaft und Literatur.
Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Von Graf Hue de Grais, Königlichem Polizei⸗Präsidenten. 4 Aufl. Berlin. Verlag von Jul. Springer. 1884. Preis 7 4 — Bekanntlich hat seit dem Erscheinen der 3. Auflage des vorstehenden Buches unser öffentliches Leben weit zahlreichere und eingreifendere Umgestaltungen erfahren als in den vorangegangenen Jahren. Neben einer Reihe von Einzel⸗ gesetzen sind die Landesverwaltung und die Zuständigkeit der allge⸗ meinen Landesbehörden völlig neu geordnet, die Bestimmungen der Gewerbeordnung in wesentlichen Theilen abgeändert und so⸗ dann in neuer Fassung veröffentlicht worden, endlich auf dem Felde der Sszialgesetzgebung, in der Kranken und der Unfall⸗ versicherung ganz neue Gesetze erwachsen. Bei dieser 4. vorliegen den Auflage, die bereits binnen wenigen Jahren nothwendig gewor⸗ den ist und schon für sich allein die Brauchbarkeit und Nützlichkeit des Handbuches erweist, hat sich ihr Versasser daher nicht auf bloße Ergänzungen — obwohl auch diese vielfach stattgefunden — wie bei den früheren Auflagen beschränkt, sondern, um das Werk stets bei der Gegenwart zu erhalten, eine Mehrzahl von Abschnitten einer gänzlichen Umarbeitung unterzogen. Die neue Bearbeitung reicht bis zum 1. Oktober 18384. Plan und Einrichtung sind übri⸗ gens dieselben geblieben. Der gesammte Stoff ist in 9 Ka⸗ pitel vertheilt. Während das 1. Kapitel, das gewissermaßen als Einleitung dient, auf 27 Seiten vom Deutschen Reiche (seiner Geschichte, seiner Verfassung, den Reichsbehörden und dem Reichslande Elsaß ⸗Lothringen) kurz und übersichtlich handelt, beschäftigen sich die darauf folgenden 8 Kaxitel auf ca. 450 S. mehr oder weniger eingehend mit dem preußischen Staate allein und zwar mit seiner Geschichte, seiner Verfassung, den Staats⸗ behörden, Staatsbeamten und Kommunalverbänden (Kap. 2); ferner mit den auswärtigen Angelegenheiten (Kap. 3), mit Militär und Marine (Kap. 4), mit den Finanzen (Kap. 5). mit der Justiz (Kap. 6), mit der Polizei (Kap 7), mit der Kulturpflege (Kap. 8 und mit der Wohlstandspflege (Kap. 9). Die einzelnen Paragraphen . mit Anmerkungen, in denen besonders auf die betreffenden Gesetze zingewiesen wird, versehen. Den Schluß bildet einSachregister. Wie in den früheren Auflagen, so dürfte auch in ihrer neuesten 4. Auflage das Werk sich als ein recht brauchbares, über die Verfassung und Verwaltung des preußischen Staates gut informirendes Handbuch erweisen und daher zu empfehlen sein.
— Sammlung der preußischen Forst⸗ und Jagd⸗ gesetze vom Jahre 1806 bis auf die neueste Zeit, mit Erläuterungen, herausgegeben von Dr. P. Kohli, Stadt⸗ Syndikus. Berlin. Verlag von Jul. Springer. 1884. Preis 3 M. 60 43. — Nachdem Dr. Kohli vor 2 Jahren bereits die preußischen Jagdgesetze für sich allein mit Kommentar herausgegeben, hat er jetzt in vorstehendem Buche außer den preußischen Jagdgesetzen auch noch die preußischen Forstgesetze vom Jahre 1806 an zusammengestellt und zwar in der Weise, daß in der Sammlung alle auf das Forst. und Jagdwesen bezüglichen Bestimmungen, Gesetze und Verordnungen, Kabinetsordres und Erlasse, Regulative und Instruk— tionen, soweit sich dieselben in der preußischen Gesetzsammlung befinden, mit aufgenommen sind, selbst wenn das betreffende Gesetz ꝛc. an sich eine ganz andere Materie behandelt, in letzterem Falle jedoch allerdings nur auszugsweise; fortgelassen sind nur alle direkt aufgehobenen oder ob⸗ solet gewordenen Gesetze bezw. Vorschriften. Den einzelnen Ge— setzen c. sind kurze und knapp gefaßte Anmerkungen und Erläuterungen beigefügt. Den Schluß bildet ein genaues Sachregister. In dieser durchaus praktischen und höchst brauchbaren Bearbeitung dürfte die vorliegende Sammlung, die die gesammte preußische Forst⸗ und Jagdgesetzgebung in einem Bande darbietet und gewissermaßen in nuce enthält, allen Interessenten, den Forst⸗ und Jagdbeamten, den Waldbesitzern und Jagdfreunden u. s. w. wohl erwünscht und will kommen sein, da sie denselben das mühsame Aufsuchen und Nach⸗ schlagen in den 79 Bänden der preußischen Gesetzsammlung, wenn nicht ganz unnöthig, so doch wesentlich bequemer macht und er⸗ leichtert.
— Im Verlage von M. Heinsius in Bremen erschien: Die christliche Wissenschaft oder: die Wissenschaft der christlichen Wohlfahrt der Menschen oder: die christliche Weltanschauung (der christliche Glaube) in ihrer zeitgemäß wissenschaftlichen Form, dargestellt in ausführlichen Grundzügen von Exrnst Schwer tzell, Pfarrer in Niedenstein. — Jesus hat den Menschen die Selig keit ermöglicht und gelehrt, wie solche in Gott ruht und sich verwirklicht durch die Weltschöpfung und Regierung, insbesondere die christliche Heilsgeschichte. Die christliche Wissenschaft würde daher, nach Ansicht des Verfassers, von der christlichen Wohl⸗ fahrt des Menschen handelnd, nicht allein ein höchst wissenschaftliches, sondern auch ein eminent praktisches Interesse haben, denn es ist ein dringendes Bedürfniß, die Wohlfahrt der Menschen und zu dem Ende das Wohlwollen, insbesondere die christlich⸗soeiale Sittlichkeit unter den Menschen in ihrem sozialen Rechtsverhältniß zu heben; gehoben aber wird diese durch eine Förderung der wissen schaftlichen Erkenntniß der christlichen Wohlfahrt, welche Erkenntniß selbst schon nicht allein das Wahre, sondern auch das Gute und Selige ist, die von Christo angeeignete Glaubens gerechtigkeit. In seinen vieljährigen Studien hat der Verfasser einen ernsten Versuch gemacht, nach obigen Grundsätzen eine christliche Wissenschaft zu konstruiren, und ist nun zu Ueberzeugungsresultaten gelangt, welche er nach und nach in deutlich dieponirten Grundzügen, Thesen und immer ausführlicher in der Hoffnung darstellen will, Allen, welche, wie er selbst, in der wichtigen Sache von allgemein menschlichem Interesse ins Klare zu kommen suchen, einen guten Dienst leisten zu können, und eventuell ihm zu weiterem Wirken die nöthige gütige Unterstützung zu erwerben. Die vorliegende Arbeit enthält 36 Grundzüge, welche das System der christlichen Wissenschaft im Ganzen und Einzelnen betreffen. Um des leichteren, klaren Ueberblicks willen ist in den Ausführungen die Dispositionsgestalt beibehalten. Der Preis des anregend geschriebenen Buches, an dessen Schluß der Verfasser noch die soziale Frage behandelt, beträgt 3 4 60 8. . ; 2 Im Verlage der J. C. Hinrichsschen Buchhandlung zu Leipzig erschien (isss) . Von Herzen treu eine Familiengeschichte, ven Emma Marshall, deuisch von Marie Morgenstern (3369 S. 3 M 60 Z, gebunden 4 M 40). Schon der Titel deutet darauf