1884 / 258 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

glied zur Milit. Schießschule, Ritter v. Mann ⸗Tiechler, Hauptm. AX la snite des 1. Fuß⸗Art. Regts, unter Entbindung von der Funk— tion als Adjut. bei der Fuß. Art. Brig, als Comp. Chef in den etatsmäß. Stand des genannten Regts. Engelbrecht, Pr. Lt. vom 16. Inf. Regt. zum 6. Inf. Regt, Straßner, Pr. Lt. vom 2. Fuß ⸗Art. Regt., zum 1. Fuß Art. Regt, beide unter Beförderung zu Hauptleuten und Comp. Chefs versetzt. Passavant, Major und Bate⸗ Commandeur im 2. Fuß ⸗Art. Regt, unter Stellung à la snite dieses Truppentheils, zum Art. Offiz. vom Platz der Festung Germersheim, Frhr. v. Ihm hoff, Hauptm. und Tomp. Chef des 2. Fuß ⸗Art. Regts., unter Stellung à la suite des genannten Regts., zum 2. Art. Offij. vom Platz der Festung Ingolstadt, Wind stoßer, Hauptm. und Comp. Chef des 1. Fuß Art. Regts, unter Stellung z la suite dieses Regts, zum Vorstand des Art. Depots München, Frhr. v. Riederer, Haupvtm, zum Battr. Chef im 3. Feld Art. Regt.,, Dengler, Pr. Lt., Direktions ⸗Assist. bei der Oberfeuer⸗ werkerschule, unter Belassung in dem Verhältniß àa la snite des 2. Fuß ⸗Art Regts., zum Adiut. bei der Fuß⸗Art. Brig., Käß, Pr. Lt. des 1. Fuß Art. Regts., unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Direktions -Assist. bei der Oberfeuerwerkerschule, ernannt. Graf v. Holnstein aus Bayern, Graf zu Castell, Oberst⸗Lts. à la suite der Armee, Popp, Oberst⸗Lt. d. Generalstabes, kommdrt. zum Festungs · Gouvernement Ingolstadt, du Jarrys Frhr. v. La Roche, Oberst Lt. à la snite des 1. Feld ⸗Art. Regts., persönlicher Adjutant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Leopold von Bayern, Graf v. Zech, Oberst Lt. und Commandeur des 7. Inf. Regts., Ritter v. Ziegler, Oberst Lt. und Commandeur des 10. Inf. Regts.,, Frhr. v. Lurz, Oberst Lt. und Abtheil. Commandeur im 2. Feld⸗Art. Regt., Frhr. v. Zu Rhein, Oberst ⸗Lt. und Commandeur des 2. Fuß Art. Regts., Kriebel, Oberst⸗Lt. à la snite des 1. Fuß ⸗Art. Regts., Direktor der Art. und Ingen. Schule, zu Obersten, Frhr. v. Reck, Major à la suite des 1. Schweren Reiter⸗Regts., persönlicher Adjutant Sr. Königl. Hoheit des Herzogs Maximilian in Bayern, Fürst v. Wrede, Masor à la suite des 1. Schweren Reiter ⸗Regts., persönlicher Adiutant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Arnulf von Bayern, Frhr. v. Eyb, Major und etatsmäß. Stabsoffiz. im 3. Chev. Regt, Reinhard, Major und Bats. Commandeur im 1. Fuß⸗Art. Regt., zu Oberst⸗Lts, Siebert, Hauptm. und Battr. Chef im 4 Feld⸗Art. Regt.,, Volk, Hauptm. à la suite des 1. Fuß ⸗‚Art. Regts., Direktor des Hauptlaboratoriums, zu Majors, Frhr. v. Roman, Pr. Lt. im 2. Feld⸗Art. Regt, v. Hartlieb, gen. Wall sporn, Pr. Lt. im 4. Feld⸗Art. Regt., Beide als Battr. Chefs, Vogl, v. GOelhafen, Pr. Lts. im 2. Fuß⸗-Art.Regiment, diese als Comp. Chefs., Schlagintweit, Pr. Lt. à la suite des 1. Fuß Artillerie ⸗Regiments, Lehrer an der Kriegeschule, zu Hauptleuten, Hertlein, Sec. Lt. und Bats. Adjut. im 7T. Inf. Regt.,, Deml, See. Lt. im 12. Inf. Regt, Fergg, Sec. Lt. im 13. Inf. Regt., Erl, Sec. Lt. und Abtheilungs ⸗Adjut. im 3. Feld—⸗ Art. Regt, v. Rehlingen, Seyring, Sec. Lts., letzterer kom⸗ mandirt zur Equitations-Anstalt, im 4. Feld Art. Regt. zu Pr. Lts. befördert. Eder, Oberst-Lt. z. D., Adjut. bei der Insp. der Milit. Bildungs ⸗Anstalten, der Charakter als Oberst verliehen. Belleville, Hauptm., bisher Comp. Chef im 1. Fuß⸗Art. Regt, unter Kommandirung zum Kriegs⸗Ministerium auf die Dauer eines Jahres, à la suite seines Truppentheils gestellt.

Im Beurlaubtenstande. 24. Oktober. Gambs, Herold, Sec. Lts. des Beurlaubtenstandes im 7. Inf. Regt. v. Preislinger, Wündisch, Hellmuth, Vollmar, Mai⸗ roser, Schäzler, Drechsler, Junge, Sec. Lts. des Beur— laubtenstandes im 12. Inf. Regt, Wolf, Klein, Sec. Lts. des Beurlaubtenstandes im 4. Feld⸗Art. Regt., zu Pr. Lts. befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 24. Ok- tober. Frhr. v. Harold, Major z. D., Popp, Hauptm. und Comp. Chef des 2 Fuß ⸗Art. Regts. diesem unter Verleihung des Charakters als Major, der Abschied mit Pens. und mit der Erlaub— niß zum Tragen der Unif. bewilligt. Ball, Sec. Lt. a. D., zum 1. November 1884 auf Nachsuchen von der Stelle eines Kassen ⸗Assist. der General ⸗Militärkasse enthoben und die Erlaubniß zum Tragen der Unif. des 1. Feld Art. Regts. ertheilt.

Im Sanitäts- Corps. 19. Oktober. Dr. Schneider, Dr. Diehl, Assist. Aerzte 1. Kl. des Beurlaubtenstandes, der erbetene Abschied mit der Erlaubniß zum Tragen der Unif. ertheilt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Berlin, 1. November.

Preußen. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärische Meldungen entgegen und hörten die Vorträge des Chefs des Militarkabinets, des Kriegs-⸗Ministers und des General— Quartiermeisters.

Nachmittags 31 Uhr empfingen Se. Majestät der Kaiser den Reichskanzler Fürsten von Bismarck, und um 4 Uhr er— theilten Se. Majestät dem Herzoglich braunschweigischen Staats-Minister, Grafen Görtz⸗Wrisberg sowie dem Präsidenten der braunschweigischen Landesversammlung, Ober⸗-Kammerherrn von Veltheim, Audienz.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Vormittag 11 Ühr der Sitzung des Staatsraths im Königlichen Schlosse bei.

Nachmittags 4 Uhr empfing Höchstderselbe den Kaiserlichen Botschafter in Rom, von Keudell.

Das Diner nahm Se. Kaiserliche Hoheit um 5 Uhr bei den Erbprinzlich sachsen-meiningenschen Herrschaften in Char— lottenburg ein.

Abends hegab Sich Höchstderselbe zu dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck.

In mehreren zur Kenntniß des Justiz-Ministers ge— langten Fällen haben die Amtsgerichte Anträge von Reichs— angehörigen, betreffend die Aufnahme von Beweisen, insbesondere Abhörung von Zeugen oder Abnahme von Eiden in KRechtsangelegenheiten, welche im Auslande vor Gerichten oder anderen Behörden anhängig sind oder anhän— gig gemacht werden sollen, beim Mangel eines Ersuchens der auswärtigen Behörde oder eines die Zeugenvernehmung oder die Eidesleistung anordnenden Gerichtsbeschlusses abgelehnt, obgleich der Antragsteller dargelegt hatte, daß die auswärtige Gesetzgebung die Erwirkung der Beweisaufnahme lediglich dem Parteibetrieb überlasse, und daß die Erledigung des gestell— ten Antrags für die Rechtsverfolgung im Auslande noth— wendig oder nützlich sei. Da durch die Ablehnung derarti— ger Gesuche berechtigte, auf den Schutz der inländischen Be— hörden angewiesene Interessen der Bittsteller gefährdet werden, und da die Beibringung der die Beweisaufnahme klarstellen— den Urkunden nach den Gesetzen des Auslandes zuweilen an Fristen gebunden ist und im Aussichtswege nicht immer rechtzeitig Abhülfe gewährt werden kann, so hat der Justiz-Minister, in Uebereinstimmung mit den in dieser Beziehung in einzelnen Fällen schon vor der Einführung der Reichs-Justizgesetze wieder⸗ holt ausgesprochenen Grundsätzen, Veranlassung genommen, die Amtegerichte in einer allgemeinen Verfügung vom 24. v. M. darauf hinzuweisen, daß sie in Fällen der angegebenen Art den gestellten Anträgen ohne besondere Rückfrage Folge zu geben haben.

Dem Kreise Belgard, welcher den Bau einer Chaussee von Belgard über Pumlow nach Butzke beschlossen hat, ist durch Allerhöchste Ordre vom 13 Oktober d. J. das Ent⸗ eignungsrecht für die zu dieser Chaussee erfbrderlichen Grundstsücke verliehen worden. Zugleich ist genehmigt worden, daß die dem Chausseegeldtarife vom 29. Februar 1849 an⸗ gehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗Polizei⸗ vergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung kommen.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich schwedisch⸗ norwegischen Hofe, von Pfuel, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Stockholm fungirt der Attachs von Müller als interimistischer Geschäststräger.

Cassel, 31. Oktober. In der heutigen Sitzung des Kommunal-Landtages referirte der Eingabenausschuß über mehrere Petitionen, welche durch Uebergang zur Tages⸗ ordnung ihre Erledigung fanden.

Ferner beschloß der Kommunal-Landtag, den vorgelegten Voranschlägen über die Einnahmen und Ausgaben der Land⸗ krankenhäuser zu Fulda und Hanau, der Taubstummenanstalt zu Homberg, des Viehseuchenfonds für die Jahre 1885/7 und der ständischen Wittwen⸗ und Waisen-Versorgungsanstalt des Regierungsbezirks Cassel (Wilhelm-Augusta⸗Stiftung) für das Jahr 18865 die Genehmigung zu ertheilen.

Hiernächst wurde beschlossen, den Spezialausschuß für die Begutachtung des Gesetzentwurfs zur Abänderung des Ge⸗ setzes, betreffend die Landeskreditkasse zu Cassel, und die mit diesem Gegenstande in Verbindung stehenden Eingaben nicht, dem früheren Beschlusse gemäß, aus 9, sondern aus 12 Mit⸗ gliedern zu bilden. Die Wahl dieses Spezialausschusses er— solgte sofort.

Endlich wurde, der Tagesordnung gemäß, über die Vor⸗ lage des ständischen Verwaltungsausschusses, betreffend die Erweiterung der landwirthschaftlichen Winterschule in Marburg bezw. die Errichtung einer Ackerbauschule, referirt, die sich daran schließende lebhafte Debatte aber der vorgerückten Tages zeit wegen abgebrochen.

Bayern. München, 31. Oktober. Der König ist heute früh zu einem längeren Aufenthalt hier eingetroffen.

Baden. Karlsruhe, 30. Oktober. (Karlsr. Ztg.) Der Großherzog, die Großherzogin und der Erb— großherzog sind heute Mittag aus Cöln auf Schloß Baden wieder eingetroffen, während Prinz Ludwig Wilhelm in Karlsruhe ausgestiegen ist und erst heute Abend in Baden , wird. Die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen hat gestern Abend von Cöln die Rückreise nach Stockholm angetreten. Heute Nacht gegen 3 Uhr trafen der Großfürst und die Großfürstin Michael Nikolagjewitsch von Rußland in Baden ein und ge— denken bis nächsten Montag dort zu verweilen. Gestern ist der Sohn des Großfürsten Michael, Großfürst Michael ,,, zu kurzem Aufenthalt in Baden ein— ge. roffen.

Elsaß ⸗⸗ Lothringen. Straßburg, 30. Oktober. Eandes-stg. f. Els. Lohr.) Aus dem Geheimen Civilkabinet Sr. Hajestät des Kaisers und Königs ist an den Rektor Magnificus der Kaiser Wilhelms-Universität folgendes Schreiben gelangt:

Berlin, 28. Oktober 1884.

. Se. Majestät der Kaiser und König haben von dem Telegramm, in welchem Allerhöchstihnen bei Gelegenheit der Einweihung der dortigen neuen Universitätsgebäude die Kaiser Wilhelms -Universitaäͤt mit den versammelten Festgästen ihre Huldigungen darbringt, mit Wohlgefallen Kenntniß genommen, ebenso wie Allerhöchstdieselben Sich über das Telegramm der dortigen Studentenschaft gefreut haben. . Se. Majestät lassen für die Bezeugung der Ehrfurcht unter der Versicherung der fortdauernden Huld freundlichst danken. , Der Geheime Kabinets-Rath, Wirkliche Geheime Rath von Wilmowski. An den Rektor der Kaiser Wilhelms ⸗Universität zu Straßburg i. E., Hrn Professor Dr. Sohm Magni— ficenz zu Straßburg i. E.

Von Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen traf am 28. Oktober folgendes Tele— gramm an die Straßburger Studentenschaft ein:

Herrn Andrae, Vorsitzenden der Studentenschaft.

Ich danke der akademischen Jugend für Ihren freundlichen Gruß und betheilige mich im Geiste an der bedeutungsvollen Einweihungs⸗ feier unserer jüngsten Hochschule, welcher Ich, freudig Meiner Eigenen Studentenjahre gedenkend, recht gesegnetes Gedeihen zum Wohle des Vaterlandes wünsche.

Friedrich Wil helm, Kronprinz.

Desterreich Ungarn. Pest, 30. Oktober. (Wien. 3tg.) Der Fin anz⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses setzte heute die Berathung des Budgets fort und votirte ben Voör— anschlag für das Ministerium am Kaiserlichen Hoflager und die Kabinetskanzlei Sr. Majestät. Weiter wurde der Posten „Reichstag“ und die für den Bau des Reichstagsgebäudes ein—⸗ gestellte Summe votirt. Horanszky wünschte, daß über den Fortschritt des Baues jährlich Bericht erstattet werde. Der Finanz Minister unterstützte den Antrag, welcher in das Pro⸗ tokoll aufgenommen wurde. Bei dem Titel „Staatsschul den“ wurden 105 547 647 Fl. Ausgaben und 1600486351. Einnahmen eingestellt. Bei dem Posten „Weinzehntablösung“ fragte Lang, ob die Schlußrechnungen dem Präliminare entsprechen. Der Referent verneinte dies hinsichtlich des vorigen Jahres. Der Finanz⸗Minister erklärte, daß er sich diesbezüglich noch nicht äußern wolle. Szilagyi konstatirte, daß das Praͤliminare nicht entspreche und somit nicht eingestellt werden könne. Wahr⸗ mann unterstützte diese Ansicht. Nach den Bemerkungen des Finanz-Ministers wurde dieser Posten auf 1 600 000 Fl. redu⸗ zirt. Die durch die Uebernahme der garantirten Eisenbahnen übernommenen Schulden wurden mit 11451491 Fl. fest⸗ gestellt. Für die autonome Verwaltung Kroatiens und Sla— voniens wurden 6011 408 Fl. ohne Bemerkung votirt, ebenso für den Staats-Rechnungshof 116000 Fl.

Schweiz. Bern, 30. Oktober. (Bund.) Gemäß Art. 4 der Uebergangsbestimmungen dem Bundesgesetz über das Rechnungswesen der Eisenbahngesellschaften sind die Sta⸗ tuten der Bahngesellschaften bis zum 1. Januar 1885 mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Uebereinstimmung zu bringen. Bis jetzt sind vom Bundesrath die Statuten folgender Gesellschaften genehmigt worden: Jura Bern ⸗Luzern⸗Bahn, Schweizerische Centralbahn, Schweizerische Nordostbahn, Gottharddahn, Vereinigte

Schweizerbahnen, Emmenthalbahn, Lausanne⸗Ouchy, Walden⸗ burgerbahn, Uetlibergbahn, Bödelibahn. Bei Genehmigung dieser Statuten und der noch ausstehenden behält sich der Bundesrath vor: 1) jederzeit eine den Bedürfnissen ange⸗ messene Aenderung der Bestimmungen, betreffend die Einlagen und die Maximalhöhe der Erneuerungs⸗ und Reservefonds, zu verlangen; 2 hinsichtlich der Form, in der die Jahres⸗ rechnungen und Bilanzen aufgestellt werden sollen, bindende Vorschriften zu erlassen. Sodann haben einige Gesellschaften bestimmt, daß die Reserve⸗ und Erneuerungsfonds bei der Auflösung der Gesellschaft unter die Aktionäre vertheilt wer⸗ den sollen. Der Bundesrath hat diese Bestimmungen von der Genehmigung ausgeschlossen und deren Streichung in den Statuten angeordnet.

Belgien. Brüssel, 31 Oktober. (W. T. B.) Der Minister des Innern, Thonissen, äußerte bei einem Empfange der Chefs der Bürgergarde von Brüssel: er sei stets für eine Politik der Mäßigung gewesen und hoffe, daß seine Bemühungen die Ruhe im Lande wieder⸗ herstellen würden.

Großbritannien und Irland. London, 30. Oktober. (Allg. Corr.) Ueber die neuernannten Reichs-Pairs brin⸗ gen die Morgenblätter die nachstehende kurze Personalbeschrei⸗ bung: Der Earl von Arran ist ein irischer Pair und wurde 1801 geboren; seine Familie stammt von Gerard Gore, einem Alderman der City von London, her. Baron Herries, ein schottischer Pair und römisch⸗katholisch, wurde 1837 geboren. Viscount de Vesci, ein irischer Pair (geb. 1844), trat im Jahre 1863 in die Coldstream-Garde und avancirte 1882 zum Major. Sir Walter Charles James wurde 1816 ge— boren. Sein ältester Sohn, Mr. Walter Henry James, ver⸗ tritt Gateshead im Parlament. Mr. Dodson (geb. 1825), war bisher Kanzler des Herzogthums Lancaster.

Die „Pall Mall Gazette“ schreibt: Die sorgfältig ausgearbeitete Rückschau auf unsere Flottenstellung, welche Mr. W. H. Smith zur „National Review“ geliefert hat, fügt dem bereits Bekannten über die Unzulänglichkeit unserer Seemacht wenig Neues hinzu. Der Artikel ist äußerst mäßig gehalten, und Mr. Smith präcisirt die Lage in Worten, welche, obgleich sie nicht die nackte Wahrheit aussprechen, die starke Sprache der sogenannten Alarmisten durchaus rechtfertigen. Er sagt: „Die Schlußfolgerung, welche sich denjenigen aufdrängt, die den Gegenstand studirt haben, ist, daß, mit Ausnahme einiger ungepanzerten, noch nicht fertig gestellten Kreuzer, wir in fer— tigen und im Baue begriffenen Schiffen nicht mehr besitzen, als für Friedenszeiten erforderbich sind; daß wir keine Reserve haben, um den ersten Anforderungen und den Verlusten zu begegnen, die ein Kriegszustand verursachen dürfte, und daß wir in Betreff leichterer und modernerer Instrumente des Krieges Torpedo⸗Seeschiffe bedauerlichen Mangel leiden.“

31. Oktober. (W. T. B.) Im Unterhause beantragte heute bei Fortsetzung der Berathung des Adreßentwurfs Me Iver ein Amendement, worin das Bedauern des Hauses ausgesprochen wird, daß die Thronrede keinen Hin— weis auf den Nothstand im Handel und Ackerbau enthalte. Der Vize⸗-Präsident des Geheimen Raths, Mundella, gab diesen Nothstand zu, bemerkte aber: ganz Europa leide unter einem solchen. Die Billigkeit der Nahrungsmittel werde England in den Stand setzen, die Krisis zu hestehen. Redner wies den Gedanken an Einsuhr— zölle auf Brodstoffe und Luxusartikel zurück; das Ausland kaufe gegenwärtig Luxusartikel hier anstatt in Frankreich. Um die Ueberlegenheit Englands als industrielle Nation zu behaupten, müßten die englischen Arbeiter und Fabrikanten sich die höhere technische und vwissenschaft— liche Bildung der Deutschen aneignen. Der Abfall der Gasfabriken in England werde nach Deutschland exportirt und dann die daraus gewonnene Anilinfarbe im Werthe von 3 Millionen Pfund Sterling jährlich in England wieder eingeführt. Deutschland übertreffe die ganze Welt in der Extrahirung der Zuckerstoffe und habe deshalb Frankreich in der Zuckerbranche aus seinem eigenen Markte verdrängt. Es sei demüthigend für England, Schießpulver aus Deutsch— land zu beziehen. Wenn die englischen Arbeiter und Fabri— kanten die technische und wissenschaftliche Bildung vernach— lässigten, würde ihre Industrie ebenso unterliegen wie im Jahre 1870 die Franzofen im Kampfe mit den Deutschen. Das Amen dement Me JIver's wurde schließlich mit 86 gegen 67 St. abgelehnt. Die Parnelliten stimmten in der Minorität.

Frankreich. Paris, 30. Oktober. (Fr. Corr.) Der heutige Ministerrath schloß sich der Auffassung des Conseils-Präsidenten an, nach welcher hinsichtlich der Ver⸗— offentlichung der Protokolle des Tongking-Aus— schusses ein Unterschied zu machen sei zwischen denjenigen Mittheilungen, die unter dem Siegel des Geheimnisses statt— finden, und den anderen, welche zu Jedermanns Kenntniß gebracht werden dürfen, ohne daß irgend welche Interessen darunter leiden. Der Vorschlag des Handels⸗Ministers Rouvier, einen provisorischen Ausschuß für die Weltausstellung von 1889 zu bilden und den Abg. Antonin Proust zum Vor' sitzenden zu ernennen, wurde einmüthig genehmigt; die übrigen Kommissäre sollen in dem nächsten Ministerrath, am Dienstag, den 4. November, bezeichnet werden. Während der Berathung wurde dem Admiral Peyron folgendes Tele⸗— gramm des Generals Brire de 29. Oktober, überreicht: h Sanoi, 29. Oktober, 65 Uhr Abends. Die Garnison von Tuyenquang hat vom 14. bis zum 19. mehrere Ueberfälle des Feindes zurückgeworfen. Die Garnison hat keine Verluste erlitten und der Feind, entmuthigt, sich entfernt. Am oberen Lauf des Rothen Flusses verfügen der Gouverneur von Yunnan und Lin— Vinh-Phoc, der Führer der Schwarzflaggen, über nur 46000 Mann. Vor Keptschu liegen, so viel ersichtlich, keine Truppen, und unsere Kolonnen durchstreifen das Land bei Fenthe. Ich ergreife die nöthigen Maßregeln zur Züchtigung der Piraten. Der General Négxier sowie alle übrigen Verwundeten befinden sich wohl.“

Der „Temps“ veröffentlicht gleichzeitig folgende De— pesche seines Berichterstatters:

„Hanoi, 28. Oktober. Die Garnison von Tuvenguang, welche kürzlich einen Angriff der Chinesen zurückgeworfen hat, hatte zwischen dem 14. und 20. Oktober vier Tage nach einander neue Angriffe zu bestehen. Diese vier Angriffe wurden, wie der erste, kräftig abgelehnt. Piratenbanden haben sich auf dem Kanal der Stromschnellen gezeigt, und es sind sogleich Kolonnen ausgesandt worden, sie zu verfolgen.“

. Oktoher, (W. T. B.) Lord Northbrook ist heute früh auf der Rückreise von Egypten in Marseille einge⸗ troffen und alsbald weitergereist.

Der „Temps“ spricht sich wiederholt für die sofor—

tige Absendung von Verstärkungen nach Tongking

worden sein.

l' Isle aus Hanoi, .

aus, damit General Briere de 1 Jele die Chinesen vollständig aus Tongking vertreiben könne.

Nach einer von chinesischer Seite kommenden Mel⸗ dung aus Shanghai, von heute, hätte die Flotte des

YHangtse-Kiang Befehl erhalten, nach Formosa zu segeln,

um Lin zu decken. Trotz der Blokade seien zwei Dampfer eingelaufen und hätten Mannschaften und Munition in Sicher⸗

heit gebracht. . 1. November. (W. T. B.) Das französische

Panzerschiff „Suffren“ ist in Tanger angekommen.

Man glaubt, daß es bestimmt sei, die Reklamationen des

französischen Minister-Residenten zu unterstützen.

Italien. Rom, 31. Oktober. (W. T. B.) Die Minister der Finanzen, der öffentlichen Arbeiten und des Handels, sowie die Vertreter der Gesellschaften für den Betrieb der Eisenbahnen unterzeichneten heute ein Protokoll, durch welches die zu dem ursprünglichen Text der Kon⸗ ventionen vereinbarten Abänderungen sanktionirt werden.

Gestern kamen in drei von der Cholera infizirten Provinzen 8 Erkrankungen und 6 Todesfälle vor.

Türkei. Ostrumelien. Philippopel, 29. Oktober. (Allg. Corr) Die Behörden der Previnz Salonichi haben dem Distrikt Nevrokup sechsundzwanzig Dörfer definitiv einverleibt, die von Pomaken des Terri⸗ toriums Rodope bewohnt sind, welche sich bisher beharrlich geweigert hatten, die Herrschaft der ostrumelischen Regierung

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anzuerkennen. Ee, ee.

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Amerika. New⸗York, 29. Oktober. (Allg. Corr.) Der Sekretär des Schatzamts hat bestimmt, daß das Gepäck ausländischer Passagiere unter amtlichem Verschluß nach dem Innern befördert und den dortigen Zollämtern zur Revision unterbreitet werden darf, wodurch derartige Reisende von der oft heklagten ärgerlichen Verzögerung in New-Hork befreit werden.

29. Oktober. (A. C.) Nach Berichten aus San Francisco haben an der Küste von Nieder-Kalifor— nien verheerende Stürme gewüthet. Der Dampfer „Estado de Sonora“, der am 29. September Mazatlan mit 19 Passagieren und einer 38 Köpfe starken Mannschaft verließ, ist während der Stürme mit Mann und Maus zu Grunde gegangen. Auch der Untergang mehrerer anderer Schiffe mit ihren Mannschaften wird gemeldet.

Afrika. Egypten. Kair o, 29. Oktober. (Allg. Corr.) Gerüchte, daß Khartum gefallen und General Gordon ge— fangen sei, sind noch immer im Umlauf, aber weder der Khedive noch Sir E. Baring haben eine solche Nachricht erhalten. In Merawi herrschen die Pocken in verheerender Weise

unter den Eingeborenen. (A. C.) Lord Wolseley

Wady⸗Halfa, 29. Oktober. zol ist in Ambigol eingetroffen. Weitere 40 Walfischfahrer⸗

boote sind hier angelangt. Canadier haben 120 Boote über den zweiten Katarakt gerudert. Das Husaren⸗— Kontingent des Kameel-orps ist in Assuan ange—⸗

kommen.

31. Oktober. (W. T. B.) „Reuterschen Bureagus“ meldet: gegangenen Nachrichten sollen die Truppen des Mahdi das Dorf Anderman in der Nähe von Khartum vor einigen Tagen angegriffen haben, aber zurückgeschlagen Es ist dies die einzige Nachricht, welche bezüg— lich Khartums seit einiger Zeit hier eingelaufen ist, und es werden auf das Fehlen solcher Nachrichten die Gerüchte zurück— geführt, welche von der Einnahme Khartums wissen wollen.

Ein Telegramm des Nach heute hier ein⸗

Seitungsstimmen.

In einem Leitartikel mit der Ueberschrift „Freisinn und Sozialismus“ sagt das „Deutsche Tageblatt“:

Mit einer Kurzsichtigkeit ohne Gleichen zeigt sich die freisinnige Presse noch immer bemüht, das Wahlresultat dahin zu interpretiren, als ob sich dasselbe in erster Linie durch das Anwachsen der sozial⸗ demokratischen Stimmen gegen die Regierung und deren Sozial⸗ politik richtete. Wie weit ein solches Verfahren auf tak— tischen Erwägungen, wie weit es auf wirklicher Auf⸗ fassung beruht, läßt sich schwer beurtheilen. Das aber steht für uns fest, daß eine solche Auf fassung der Situation, falls sie in der freisinnigen Partei vorherrschend werden sollte, gleichbedeutend ist mit unheilbarer Schwindsucht. Der spiritus rector solcher An— schauung ist gegenwärtig die ‚National⸗-Zeitung“. Es ist geradezu erstaunlich, mit welcher hartnäckigen Konseguenz dieses Blatt mehr wie jedes andere freisinniger Richtung das Angesicht vor der Erkennt— niß verhüllt, daß die sozialen Schäden, die sich hauptsächlich in den Kalamitäten sämmtlicher selbständigen Erwerbsberufe immer brutaler offenbaren, durch das fremde laisser aller nicht gebessert, sondern nur noch verschlimmert werden können. ...

Eine Wendung zu richtiger Erkenntniß der Sachlage finden wir dagegen in der Weser⸗tg.“, welche über die bisherige Wirkung des Sozialistengesetzes folgendes schreibt:

„Das Gesetz hat vor allem die Agitatoren gezwungen, ihre letzten durch die Bestimmungen des Gesetzes getroffenen Umsturzbestrebungen zu verhüllen und öffentlich mit einem gemäßigt arbeiterfreundlichen Programm aufzutreten.“

Das ist so ziemlich das nämliche, was wir selbst gelegentlich der Debatten über die Verlängerung des Sozialistengesetzes als eine wohl thätige Folge desselben hervorgehoben haben. Und in der That ist der Erfolg der Sosialdemokratie zum größten Theil auf die vernünftige Mäßigung des sozialistischen Programms zurückzu— führen. Die Führer der Berliner Arbeiterpartei haben auf— richtig oder nicht zu wiederholten Malen jede Gemeinschaft mit den sozialistischen Umsturzforderungen zurückgewiesen. Sie können sich aber in keinem Falle der Erkenntniß verschließen, daß eine Wieder⸗ aufnahme dieser Forderungen sie bei ihren Wählern theilweise unheilbar kompromittiren würde. Es giebt in einer so jungen Partei, wie die sozialdeme kratische, naturgemäß keine absolute Klarheit. Neigung zu Exentricitäten ist bei den älteren Elementen zweifeilos noch immer vorhanden. Aber es unterliegt kaum einem Zweifel, daß jede anarchistische Propaganda heute innerhalb der Partei auf den allerentschiedensten Widerstand stoßen würde, daß das Hervorkehren umsturzlicher Allüren Seitens einzelner den Bestand der jungen Partei als solcher in Frage stellen müßte. So mächtig ist das gemäßigte Element in derselben bereits heute geworden.

Daß damit ein großer Schritt zur Möglichkeit positiver Erfolge unter Mithülfe der Soßialdemokraten auf sozialem Gebiete geschehen ist, erscheint jedem Unbefangenen klar. Der Freisinn kann aber aus der ganzen Erscheinung nur die eine Lehre ziehen, daß er sich mit seinem starren Negativismus selbst das Grab gräbt, daß für ihn sich nur dann eine erfreuliche Perspektive in die Zukunft eröffnet, wenn er sich zu positiver Mitarbeit am sozialen Reformwerk aufrafft.

Abermals ist es die ‚Weser⸗-Zeitung“, die diese Ertenntniß an— deutet. Das Blatt schreibt:

Aber mit einer bloßen Aenderung der Taktik ist es nicht gethan; man wird sich Rechenschaft darüber geben müssen, wo der Fehler in

der Rechnung steckt, der die Sozialdemokraten zum tertins gaudens gemacht bat.

Dann meint die W. Z.“, die ablehnende Haltung des Freisinns gegen das Unfalls versicherungsgesetz habe ihm einen Theil der Sym⸗ pathien in der Bevölkerung gekostet. Daran ist das zweifellos richtig, daß die neufortschritiliche Opposition gegen jeden Reformvorschlag der Regierung in weiten Kreisen tief verstimmt hat; an die einmalige Ablehnung einer einzelnen Vorlage würde sich dagegen eine solche ent⸗ schiedene Wandlung kaum geknüpft haben. Die rücksichtslose Starr heit im Oppositionsprinzip hat die Partei gedemüthigt und wird sie zu Grunde richten, wenn sie dies nicht aufgiebt.

Ein Artikel der „New⸗York Tribune“ vom

L Oktober meldet unter der Ueberschrift: „Die Ergebnisse des Schutzzolles in Deutschland“, Nachstehendes: Der Konsul der Vereinigten Staaten Nord⸗Amerikas in Düssel⸗ dorf, Mr. Wamer, der kürzlich dem auswärtigen Departement einen Bericht über die Wirkung der Schutzzölle in Deutschland vor— legte, hat neuerdings seiner vorgesetzten Behörde einen Bericht über die deutsche Industrie zugesandt. Dieser letztere ist auf Grund von Material gefertigt, das Mr. Wamer von den deuischen Eisen⸗ und Stahl⸗Industriellen erhielt, derselben Quelle, aus der er auch bei seiner Arbeit über den Schutzzoll schöpfte. Die statistischen Angaben, die er in dem neuesten Bericht macht, sind vergleichende Zahlen aus den finanziellen Ergebnissen des Geschäftsbetriebes von etwa 102 Eisen⸗ und Maschinenfabriken in den Jahren 1879 und 1883. Das Jahr 1879 wurde von Konsul Wamer als Aahaltpunkt für einen Ver— gleich gewählt, weil es dasjenige war, welches der Ein— führung des neuen deutschen Zolltarifs unmittelbar rorher⸗ ging. Aus diesen Zahlen erhellt, daß das Grundkapital der genannten 102 Industrie⸗Unternehmungen im Jahre 1879 367 754 763 M betrug, die einen Reinertrag von 5 929 414 lieferten, d. b. sich mit 1,60 5 verzinsen und daß sich dasselbe Grund⸗ kapital im Jahre 1883 auf 356 293 340 M stellte, die einen Rein⸗ ertrag von 24 194 278 MS, d. h. 6,79 0/9 gaben. Der Bericht führt ferner an, daß von den 102 Fabriken fünfzig Eisen, und zwei⸗ undfünfzig Maschinen herstellten, daß das Grundkapital der fünfzig Eisenwerke 1879 279 991 487 betrug, mit einem jährlichen Ertrag von 2645 648 S oder O, 94 S, und 1883 268 764 396 M, mit 16506755 S6 Ertrag, d. h. 6,14 0so. Das Grundkapital der 52 Maschinenfabrik-Etablissements war 1879 839 763 276 ½9 mit 3 285766 6 gleich 3,66 ½ 0 und dasjenige im Jahr 1883 87 528 9446 M mit 7 687513 S, d. h. 8,78 0/9. Die an⸗ geführte Statistik erglebt ferner, daß 1879 sechszig von den 102 Etablissements einen Gewinn buchten, daß sechszehn weder Verlust noch Gewinn hatten, und 26 nur mit Verlust arbeiteten. Im Jahr 1883 hatten 87 Fabriken Gewinn, bei sieben balancirt sich Gewinn und Verlust und nur acht hatten Verlust.

Der Berichterstatter begleitet feine Angaben mit folgden Be— merkungen: Diese Zahlen, zufammengehalten mit den vorher gegebenen, zeigen deutlich, daß die Schutzzölle zum großen Theil zur Wieder belebung der Industrie des Landes und zur Besserung der Lage der arbeitenden Klassen beigetragen haben. Sicherlich würde Fürst Bis—⸗ marck, der vermöge der bewundernswerthen Scharfsichtigkeit seines Blickes so viele, der Wohlfahrt des Landes und des Volkes dienenden Werke schuf, nicht die Annahme eines strengen Schutzzollsystems ver— langen, wenn er nur den leisesten Zweifel daran hegte, daß das letztere keine für das Land wohlthätigen Folgen habe.

In der „National-Zeitung“ lesen wir:

Ein Mitarbeiter der „Pall Mall Gazette“ hatte dieser Tage eine Unterredung mit Mr. Tom Lemon, einem sehr eifrigen Sozial demokraten, welcher kürzlich eine Reise nach Deutschland gemacht hatte, und zwar als Mitglied der englischen Arbeiterdeputation in Sachen der Agitation gegen die Zuckerexport⸗Prämien. Die inter⸗ essanten Aeußerungen Mr. Lemons, den wir in Berlin gleichfalls auf unserer Redaktion gesehen hatten, theilt die „Pall Mall Gazette“ mit, wir geben sie nach dieser Quelle wieder. Hr. Lemon sagte:

Ich war früher Seemann und habe als solcher Hamburg kennen gelernt; seit zwanzig Jahren aber war ich nicht mehr dort gewesen. Ich habe jetzt die Lage der arbeitenden Bevölkerung in diesem großen Freihafen in sehr bemerkenswerthem Grade gebessert ge— funden, und was von Hamburg gilt, das gilt auch von Berlin und noch mehr von Magdeburg. Ich sah keinen einzigen Bettler und nirgends, in keinem einzigen Stadttheil, den ich besuchte, auch nur die entfernteste Spur jenes entsetzlichen Elends, das hier fort— während die Augen beleidigt. Verglich ich das, was ich sah, mit der elenden und schmachvollen Lage der Londoner Arbeiter, so mußte ich mir sagen, es müsse doch an dem Staatssozialismus des „Mannes von Blut und Eisen“ Etwas sein. Die Arbeit und die Löhne anlangend, äußerte sich Mr. Lemon: Die Leute arbeiten mehr Stunden taglich als die hiesigen Arbeiter, aber sie haben lange Pausen für die Mahlzeiten und die Löhne sind höher als ich dachte. In Berlin verdient gegenwärtig ein Bauarbeiter etwa 4 MS 80 täglich, ein Drahtzieher in Akkordarbeit 6 S Die Verhältnisse in der Magdeburger Zuckerindustrie sind außerordentliche, ich gehe daher nicht auf die betreffenden Lohnverhältnisse ein, sondern erwähne nur, daß die in Frage kommenden Arbeiter es sich lange nicht so sauer machen, wie die englischen, welche sich abquälen, als hinge ihr Seelenheil von der Arbeit ab. Von meinem Berliner Hotel aus beobachtete ich die Vorgänge an einem benachbarten Bau, und bemerkte, daß die Arbeiter häufig einem in einer Ecke stehenden Bierfäßchen Besuch abstatteten, Etwas, woran hiesige Arbeiter nicht im Traume denken. Großen Eindruck auf mich machte ein anderer Vorgang. Der GEigen— thümer einer Zuckerraffinerie führte uns in seinem Etablissement herum, welches für einen Monat geschlossen war, ein all— jährliches Vorkommniß, wie er sagte, der nöthigen Repara— turen halber. Auf unsere Frage, was denn waͤhrend dieser Zeit aus den Arbeitern werde, entgegnete der Eigenthümer, diese seien ja unschuldig an der Unterbrechung der Arbeit und brauchen während derselben ihren Unterhalt so nothwendig wie sonst; daher erhalten sie natürlicher Weise auch in dieser Zeit einen Theil ihres Lohnes. Gewerkvereine, wie wir sie hier haben, giebt es in Deutsch⸗ land nicht; kommen Zeiten des Kampfes, so geben die großen Werk— stätten von sich aus den Anstoß zu der Bewegung, welche sich dann in ihrem Verlaufe erst korporativ gestaltet. Ich habe den Eindruck, daß hinsichtlich der Löhne und der Lage der Arbeiter vollkommener Friede und Zufriedenheit unter den betreffenden Schichten herrscht.

Sehr wenig behagte Mr. Lemon die deutsche Kost, und ein Greuel war ihm namentlich das Roggenbrod. Um so mehr Gnade vor seinen Augen fanden die Arbeiterwohnungen. Dieselben, sagt er, sind zwar auch im Kasernenstil gebaut, wie in England, aber statt der Steintreppen und der steinbelegten Gänge haben sie gute Holztreppen und Dielen, und die Hausthüren führen nicht direkt in die Wohnungen, wie in England, jedes Haus endlich hat auch einen kleinen Hof. Den Einfluß des deutschen Erziehungssystems auf die Arbeiter schlägt Herr Lemon hoch an, doch berichtet er, einige deutsche Arbeiter haben ihm gegenüber dem belgischen oder englischen System den Vorzug gegeben.

Sehr überrascht war ich, fahrt Mr. Lemon fort, durch die ge— sellschafilibe Gleichheit in Deutschland; Arbeitgeber und Nehmer sitzen in den dortigen Bierhäusern oft an demselben Tisch. Es er⸗ klärt sich dieser Zug wohl aus der allgemeinen Wehrpflicht, welche keinen Unterschied zwischen den Ständen macht und um alle das Band der Kameradschast schlingt. Oft ließen sich zu meiner Freude die Arbeiter von ihren Frauen und Kindern in die Kaffeehäuser begleiten, und wenn ich auch keinen einzigen Temperenzler traf, so sah ich doch auch niemals Fälle von Unmäßigkeit. Das Traktiren, welches unter den englischen Arbeitern grassitt, kennt man in Deutschland nicht; Jeder zahlt für sich. Im Uebrigen sucht sich der deutsche Arbeiter sein Leben so angenehm wie möglich zu machen.

Wenig gefällt mir die politische Entwickelung in Deutschland: von den Führern der liberalen Partei, mit denen ich sprach, bis zu den Sozialdemokraten, von den oberen Klassen bis zu den unteren, überall trifft man denselben Stolz darauf, ein Theil des geeinigten

Deutschen Reichs zu sein. Das Wehrsystem scheint von dem deutschen

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Volke nicht als Last empfunden zu werden, und während der Dienst⸗ zeit vollends wird Jeder mit kriegerischem Geiste erfüllt. Ganz wie von den Uebrigen gilt dies auch von den Sozialisten, auch ihnen steckt der Stolz über die rasch gewonnene Größe ihrer Nation nach so langem Darniederliegen im Blute. Nicht zwei von ihnen stimmen hinsichtlich einer etwaigen Bewegung überein: alle aber wirken sie für nationale Zwecke....

Ich kam, schließt Mr. Lemon, nach Deutschland mit einem Vor⸗ urtheil gegen seine Regierung und sein Volk; vergleiche ich nun aber nach eigener Anschauung das Deutschland der Gegenwart mit dem der Vergangenheit, so möchte ich unserem eigenen Lande eine ebenfo alle Verhältnisse bessernde Revolution wünschen, wie sie dort statt⸗ gefunden hat. Nennen Sie es Staatssozialismus oder wie Sie wollen, ich glaube, es ist eine Entwickelungsstufe, welche auch wir durchzumachen haben, ehe die Bevölkerung unseres Landes das volle Maß ihres Wohlstandes und Behagens erreicht.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Die amtliche Ermittelung des Wahlergebnisses für den er sten Berliner Reichstagswahlkreis fand heute Vormittag unter Vorsitz des Stadtrath Kochhann im Hörsaale des Friedrich Werder⸗ schen Gymnasiums (Dorotheenftraße 13 und 14) statt. Es wurde sestgestellt, daß von 21 676 eingeschriebenen Wählern 16 ogs gültige Stimmen abgegeben worden selen. Die absolute Majorität betrãgt demnach 89048.ä Es haben erbalten: Fabrikbesitzer Ludwig Lowe Deutschfreisinnig) 8428, Professor Dr. Wagner (konservatip) 6754, Schriftsteller von Vollmar (Sozialdemokrat) 821 Stimmen, 54 Stimmen waren zersplittert, ou9 Stimmen wurden für ungültig erklärt. Der Vorsitzende proklamirte hierauf den Fabrikbesitzer Lud“ wig Löwe als Abgeordneten des ersten Berliner Reichstagswahlkreises. Unter den zersplitterten Stimmen befanden sich u. A. für den Gei st⸗ lichen Rath Müller 38 Stimmen.

Im zweiten Berliner Reichstagswahlkreise wurde die Ermitte⸗ lung des Wahlergebnisses in der Aula der Gemeindeschule (Wilheim— straße 117) vorgenommen. Es wurde festgestellt, daß von 565 933 eingeschriebenen Wählern 38 8389 gültige Stimmen abgegeben worden seien. Die absolute Majorität beträgt demnach 19445. Eg haben erhalten: Professor Dr. Virchow (deutschfreisinnig7 16 767, Hof⸗ prediger Stöcker (konservatir) 12535, Stadtverordneter Tutzauer (Sozialdemokrat) 9287 Stimmen. 209 Stimmen waren zersplittert, 1566 Stimmen wurden für ungültig erklärt. Der Vorsitzende, Stadt⸗ rath. Wolff konstatirte, daß zwischen Prof. Dr. Virchow und Hof⸗— prediger Stöcker eine engere Wahl erforderlich ist. Für den Geist⸗ lichen Rath Müller wurden 211 Stimmen abgegeben. Unter den zersplitterten Stimmen befanden sich u. A. für Grafen von Moltke 52, von Bennigsen 24. . .

Im dritten Berliner Reichstagswahlkreise wurde die amtliche Ermittelung des Wahlergebnisses im Hörsaale des Loui senstädtischen Gymnasiums (Brandenhurgstraße 37) vorgenommen. Es wurde sesi⸗ gestellt, daß von 35705 eingeschrlebenen Wählern 2 893 gültige Stimmen abgegeben worden seien. Die absolute Majorität beträgt demnach 11447. Es haben erhalten: Rechtsanwalt Munckel (deutsch⸗ freisinnig? 9622. Prof. Dr. Brecher (konservativy) 6721, Buchdruckerei= besitzer Dietz (Sozialdemokral) 6344 Stimmen. 206 Stimmen waren zersplittert, 5? Stimmen wurden für ungültig erklärt. Der Vor⸗ sitzende, Stadtrath Hübner konstatirte, daß zwischen Rechtsanwalt Munckel und Professor Dr. Brecher eine engere Wahl erforderlich ist. Unter den zersplitterten Stimmen befanden sich 162 für den Geistlichen Rath Müller (ultramontan).

Im vierten Berliner Reichstagswahlkreise wurde die amtliche Ermittelung des Wahlergebnisses in der Aula der 125. Gemeinde schnle (Koppenstraße 75a) vorgenommen. Es wurde festgestellt, daß von 72 109 eingeschriebenen Wählern 49 8359 gültige Stimmen abge⸗ geben worden seien. Die absolute Majorität beträgt demnach 24945. Es baben erhalten: Rechtsanwalt Albert Träger (deutsch ·freisinnig) 13524, Landrath von Köller (konservatir) 10 734, Kaufmann Paul Singer (Sozialdemokrat) 25 386, Geistlicher Rath Müller (ultra- montan) 218 Stimmen. 27 Stimmen waren zersplittert, 137 Stim⸗ men wurden für ungültig erklärt. Der Vorsitzende Stadtrath Voigt proklamirte den Kaufmann Paul Singer als Abgeordneten des vierten Berliner Reichstagswahlkreises.

Im fünften Berliner Reichstagswahlkreise wurde die amtliche Ermittelung des Wahlergebnisses im Hörsaale des Sophien⸗Gymna— siums (Weinmeisterstraße 15) vorgenommen. Es wurde festgestellt, daß von 26 910 eingeschriebenen Wählern 17 941 gültige Stimmen abgegeben worden seien. Die absolute Majorität beträgt demnach 8971. Es haben erhalten: Landtags-Abgeordneter Eugen Richter (deutsch⸗freisinnig) 937, Redacteur Cremer (konservativ) 6431, Schloffer Grillenberger (Sozialdemokrat) 2444 Stimmen. 91 Stimmen wur⸗ den für ungültig erklärt. Der Stadtrath Vorsitzende Mamroth kon⸗ statirte, daß zwischen Richter und Cremer eine engere Wahl er forderlich ist. Unter den zahlreichen zersplitterten Stimmen befanden sich 81 für den Geistlichen Rath Müller.

Im sechsten Berliner Reichstagswahlkreise wurde die amtliche Ermittelung des Wahlergebnisses im Hörsaale des Humboldt ⸗Gym⸗ nasiun is (Gartenstraße 29) vorgenommen. Es wurde festgestellt daß von 74 898 eingeschriebenen Wählern 51 050 gültige Stimmen abge⸗ geben worden seien. Die absolute Majoritat beträgt demnach 25 526. Es haben erhalten: Landgerichts⸗Rath Klotz (deutsch -⸗freisinnig) 13 782, Oberlehrer Dr. Irmer (konservatiy) 12 801, Schriftsteller Hasenelever (Sozialdemokrat) 24 258, Geistliche Rath Müller (ultramontan) 187 Stimmen. 22 Stimmen waren zersplittert.

Der Vorsitzende, Stadtrath Friedel konstatirte, daß zwischen Klotz und Hasenelever eine engere Wahl erforderlich ist. Die engeren Wahlen finden in allen 4 Wahlbezirken am 13. Novem⸗ ber statt.

Gewerbe und Handel.

Die Preußische Central⸗Bodenkredit⸗Aktiengesell⸗ schaft macht, nachdem ihr größeres Konvertirungsgeschäft beendet ist, bekannt, daß speziell die 5660 Pfandbriefe vom Jahre 1873 Serie L (Januar) ihrem vollen Restbetrage nach ausgeloost werden sollen. Mit einer Frist bis zum 4. November einschließli ist noch die Konvertirung dieser Pfandbriefe in dosoige gleichen Nennwerths zum pari-Course angeboten. Diejenigen Pfandbriefbesitzer, welche sich der Konvertirung nicht anschließen, erhalten am 1. Juli 1885 den Nominalbetroag baar ausgezahlt. .

Frankfurt a. M. 51. Oktober. (Delbericht von Wirth u. Comp.) Gegen Ende September machte sich bereits in Preisen der United Pipe Line Certificates eine bedeutende Schwankung geltend, welche seitdem in einen förmlichen Zusammenbruch ausartete. Die nachhaltigen Lieferungen der Philipp Wells von 100 Faß per Stunde und jetzt neuerdings die kolossale Ausbeute der Christie Well in nächster Nähe der eisten, mit ca. 50090 Faß per Tag, und die An⸗ nahme, daß dieser Reichthum noch länger vorhalten werde, haben Notirungen bis herab auf 61 gebracht. Das heutige Kabel⸗ telegramm meldet U. P. L. C. 72, Refined 7ät. Es ist aber nicht allein die gefürchtete Ueberproduktion, son dern ganz folgerichtig der Minderabsatz an diejenigen Länder, welche bereits von Rußland ihren Bedarf beziehen, wodurch diese Er⸗ mattung eingetreten ist Die „London Times‘ brachte vor einiger Zeit darüber folgende Mittheilungen: 1872/73 betrug der amerika⸗ nische Export nach Rußland 150000090 Gall., 1884 nur noch 103 9351 Gallons. Das ist weniger als 10 des exportirten Oels in 1883, wo es im Ganzen noch 1267 512 Gall. betragen hatte. Desterreich bezog nur noch 3 341 163 Gall. gegen 7663 734 im Vor- jahre. Die Türkei fiel von 4 446485 in 1883 auf 4 102 180 in den

ersten 8s Monaten 1884.