1884 / 281 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

5) das Allerhöchste Privilegium vom 18. Oktober 1584 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Kreis ⸗Anleihescheine des Kreises * im Betrage von 2900 000 M, durch das Amts- blatt der Königlichen Regierung zu Schleswig Nr. 57, Extrablatt, ausgegeben den 17. November 1884.

In der heutigen Handelsregister⸗Beilage wird Nr. 48 der Zeichen register⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Aichtamtliches.

Dentsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. November. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute die regelmäßigen Vorträge, nahmen militärische Meldungen entgegen und empfingen Se. Majestät den König von Sachsen auf dem Anhaltischen Bahnhofe.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern militärische Meldungen entgegen.

Abends wohnte Höchstderselbe der Vorstellung im Schau— spielhause bei.

Dem Magistrat der Stadt Berlin ist auf seine an Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron— prinz essin gerichtete Geburtstags -Glückwunsch— adresse, nach dem „W. T. B.“, folgendes Dan kschreiben zugegangen:

Ich habe den Ausdruck herzlicher Theilnahme, welchen der Magistrat von Berlin Mir zu Meinem Geburtstage dargebracht hat, mit lebhaftem Danke empfangen. In den Wünschen, welche gleich⸗ zeitig der glücklichen Rückkehr Meines Sohnes, des Prinzen Heinrich und der Geburt eines dritten Enkelsohnes gedenken, erblicke Ich einen neuen Beweis treuer Anhänglichkeit, welcher dem Kronprinzen, Meinem Gemahl, und Mir unendlich wohlgethan hat. Gern nehme Ich bei dieser Gelegenheit von Neuem Veranlassung auszusprechen, wie sehr Mir die fortschreitende Entwickelung der Hauptstadt und ihres großen Gemeinwesens am Herzen liegt.

Berlin, den 24. November 1884.

Victoria, Kronprinzessin.

Das Dankschreiben Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin auf die Geburtstags-Glückwunsch— , hiesigen Stadtverordneten lautet, nach dem

Die Stadtverordneten der Hauptstadt haben Meiner wiederum zu Meinem Geburtstage mit guten Wünschen gedacht, welche Ich gern und dankbar entgegengenommen habe. Ich erwidere dieselben aufrichtig und in unveränderter Theilnahme für das Wohl Berlins und seiner Bürgerschaft

Berlin, den 22. November 1884.

Vie toria, Kronprinzessin.

In der gestern unter dem Vorsitz des Staats-Ministers, Staatssekretärs des Innern, von Boetticher, stattgehabten Plenarsitzung des Bundesraths wurde zunächst über die Zoll behandlung mehrerer Waarenartikel Beschluß gefaßt. Auf den Vorschlag des Vorsitzenden wurde beschlossen, daß die früher vom Bundesrath in die Reichstagsbau⸗Kommission berufenen Mitglieder als solche fortfungiren sollen. Die Ersetzung des Zollwachtschiffes bei der Zollabfertigungsstelle am Entenwerder durch eine Dampfbarkasse erhielt die Genehmigung der Ver— sammlung. Nachdem beschlossen worden war, einer Eingabe, betreffend die Entwerthung der Wechselstempelmarken, keine Folge zu geben, gelangten endlich mehrere Eingaben zur Ueberweisung an die zuständigen Ausschüsse.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen, sowie die vereinig— ten Ausschüsse desselben für Eisenbahnen, Post und Tele— graphen, für Justizwesen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des , befindet sich in der Ersten bezw. Zweiten eilage.

In der heutigen (6.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staats Minister von Boetticher, von Scholz und Bronsart von Schellendorff sowie mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident dem Hause mit, daß an Vorlagen eingegangen sei: ein Rechenschaftsbericht über die Anordnungen, welche von der Königlich preußischen und der hamburgischen Regierung auf Grund des §. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie mit Genehmigung des Bundesraths getroffen worden sind.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein. Der erste Gegenstand derselben war die Berathung des von den Abgg. Ur. Porsch u. Genossen eingebrachten Antrages wegen Sistirung des gegen den Abg. Dr. Franz bei dem Landgericht zu Breslau schwebenden Strafverfahrens, während der Dauer der Session. Der Antrag lautet:

Der Reichstag wolle beschließen: den . Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß das gegen den Abgeordneten Dr. Franz bei dem Königlich preußischen Landgericht Breslau aus §. 165 des Reichs⸗Strafgesetzbuchs schwebende Strafverfahren auf Grund von Artikel 31 der Reichsverfassung während der Dauer der Session eingestellt werde.

Nach einer kurzen Begründung des Antrages durch den Antragsteller Dr. Porsch wurde derselbe ohne Debatte vom Hause angenommen.

Es folgte die Fortsetzung der ersten Berathung des Ent— wurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs— haushalts-Etats für das Etatsjahr 1885/86, in Ver— bindung mit der ersten Berathung des Entwurfs eines Ge— setzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichs⸗ Eisenbahnen.

Der Abg. Bebel wendete sich gegen die Kritik, welche der Abg. Richter gestern an der Hand des Etats an der seit 1878 verfolgten Wirthschaftspolitik geübt habe. Derselbe habe das Defizit als den Beweis bezeichnet, daß die Wirthschaftspolitit des Fürsten Bismarck zusammengebrochen sei. Das sei un⸗

richtig. Wenn etwas zusammengebrochen sei, so sei es das ganze System der bürgerlichen Wirthschaftspolitik. Redner wies sodann auf das bedeutende Anwachsen der Ausgaben für das Reichsheer und, die Marine hin. Dasselbe erkläre sich zum großen Theil daraus, daß die Verwaltungen dersel ben unausgesetzt bemüht seien, alle technischen Fortschritte für sich verwendbar zu machen. Deutschland hätte heute die besten Gewehre, Kanonen, Schiffe. Aber wer bürge bei dem heutigen Fortschritt aller technischen Disziplinen da⸗ für, daß das noch morgen der Fall sei. Auf die unleugbar großen Segnungen der heutigen Kulturentwickelung falle ein häßlicher Schatten dadurch, daß die beste Kraft auf Bestrebun⸗ gen verwendet werde, die er nicht anders als kulturfeindlich be⸗ zeichnen könne. Diesez Zustand bestehe freilich nicht in Deutschland allein, sondern in allen Staaten, und eine Aenderung werde nicht eintreten, so lange nicht die Nation selbst sich gegen diesen Zu⸗ stand erkläre. Es lasse sich aber auch jetzt schon erkennen, daß Deutschland an der Grenze angelangt sei, wo es heiße bis hierher und nicht weiter. Man habe vielleicht zu dem System der indirekten Steuern aus dem Grunde gegriffen, weil man sich auf diesem Wege die großen Kosten, welche der Militäretat verursache, am leichtesten verschaffen zu können gehofft habe. Aber wie vertrage sich das mit dem Bestreben, für die unbemittelten Klassen zu sorgen? Die indirekten Steuern, mit denen gerade die Artikel belegt seien, welche die Arbeiter benöthigten, drückten auch am schwersten auf die arbeitende Bevölkerung. Nicht ein Stück Brot sei den Arbeitern durch die gegenwartige Steuerpolitik gebracht, dagegen viele genom— men worden. Redner ging alsdann auf die Forderung einer Reform der Rübenzuckersteuer und der Kornzölle ein. Er stelle die Nothlage der Landwirthschaft nicht in Abrede; aber auch die Landwirthschaft leide nur wie alle anderen Industriezweige mit alleiniger Ausnahme viel⸗ leich neu aufkeimender Branchen unter dem Einfluß des jetzigen Produktionssystems. Alle Heilmittel, die nicht hierauf Rücksicht nähmen, würden vergeblich sein. Man solle doch nur daran denken, wie durch die fortwährend sich stei— gernde Verwendung von Maschinen im landwirthschaftlichen Betriebe menschliche Arbeitskraft überflüssig gemacht werde. In Ungarn seien auf diese Weise im Laufe weniger Jahre mehr als eine Million landwirthschaftlicher Arbeiter über— flüssig geworden. Zur Rechtfertigung der Kornzölle weise man auf die große Zahl der Haushaltungen hin, die an der landwirthschastlichen Industrie betheiligt seien. Aber eine genaue Prüfung der Statistik erweise, daß nur 25 Proz. der Haushaltungen Vortheil von den Kornzöllen haben würden. Man spreche von Steuergerechtigkeit. Aber was solle diese Phrase bedeuten, so lange das Privateigenthum der Offiziere unbhesteuert bleibe, so lange es, in Preußen wenigstens, Fa⸗ milien die ehemaligen reichsunmittelbaren gebe, denen man auf Grund alter Verträge das Privileg der Steuer— freiheit gewährt habe. Hier solle man doch zunächst für Gerechtigkeit sorgen, man solle die Eivillisten, die Appanagen der fürstlichen Häuser zur Steuer heranziehen; dann lasse sich über andere Maßnahmen reden. Alle Spar— samkeit werde nichts nützen, so lange nicht der Militäretat be schnitten werde. Der Kriegs⸗Minister erkläre, sich bereits auf das Aeußerste beschränkt zu haben. Er (Redner) gebe zu, daß die Militärverwaltung sparsam sei, aber er müsse gegen das ganze System ankämpfen, das die großen Kosten hervor— rufe. Dasselbe sei in einer Zeit der Noth entstanden, und übrigens beständen auch innerhalb der gegenwärtigen Armee— verfassungen Einrichtungen, welche eine Durchbrechung des Systems, bedeuteten. Dahin rechne er das Institut der Ein jährig⸗Freiwilligen, welches das Kompromiß der besstzenden Klassen mit der Regierung bildeten, ohne welches man in Preußen die allgemeine Wehrpflicht nicht haben würde. Ein weiterer Durchbruch des gegenwärtigen Militärsystems sei das Institut der Ersatzreservisten. Uebrigens habe in Württemberg und Sachsen thatsächlich bereits eine kürzere Dienstpflicht bestanden, ohne die Wehrtüchtigkeit des Landes zu beeinträchtigen. Führe man eine Ausbildung der Jugend im Waffendienst obligatorisch ein, so würden sich bedeutende Er⸗ sparnisse machen lassen, und nicht minder, wenn in der äußeren Ausstattung der Truppen weniger große Aufwendungen gemacht würden. In der Thronrede sei, unter Hinweis auf die Drei⸗ Kaiserbegegnung die lange Dauer des Friedens in Aussicht gestellt. Warum erweitere man nicht diesen Bund, der Deutschland den Frieden verbürge? Warum setze nicht der Kanzler seinen mächtigen Einfluß ein, um eine Konferenz, ähnlich der Kongokonferenz, einzuberufen, welche die Grundfätze aufstelle zur Schlichtung internationaler Differenzen? Er habe mit diesen Ausführungen sein Programm entwickelt; ob man die— selben als revolutionär bezeichnen wolle, müsse er den Hörern überlassen. Bei anderer Gelegenheit werde er nicht verfehlen, auch das soziale Programm seiner Partei zu entwickeln.

Bei Schluß des Blattes nahm der Staats-Minister Bronsart von Schellendorff das Wort.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person, welche in Folge der Verurtheilung zu einer Freiheitsstrafe von ihrem bisherigen Domizil in eine in einem anderen Ge— richtsbezirk gelegene Strafanstalt behufs Strafverbüßung sich begeben hat, bleibt während der Strafverbüßung nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 23. Oktober d. J, derjenige Wohnsitz, von welchem der Verurtheilte nach der Strafanstalt zur Strafverbüßung sich begeben hat.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich schaumburg⸗lippesche Geheime Regierungs⸗Rath Spring ist von hier abgereist.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Bürgermeister der freien Hansestadt Bremen, Dr. GilLdemeister, ist in Berlin angekommen.

Schwarzburg⸗Rudolstadt. Rudolstadt, 26. Novem⸗ ber. (Leipz. Ztg.) Der Landtag hat von den Petitionen der Volksschullehrer, die Gründung einer Pensionskasse be⸗ treffend, sowie die Dienstalterszulagen der Lehrer betreffend, die erste der Fürstlichen Regierung zur Erwägung überwiesen, bezüglich der zweiten aber die Fürstliche Regierung ersucht, dem nächsten ordentlichen Landtage eine Vorlage Über eine entsprechende Erhöhung der Alterszulagen der Volksschullehrer zu machen, Eine Vorlage der Fürstlichen Regierung, das Landeskreditkassen⸗Gesetz betreffend, welche eine Erweiterung der gesetzlichen Bestimmung über den Zweck der betreffenden Kasse erstrebt, wurde, da eine Verständigung nicht zu erzielen war, vorläufig zurückgezogen.

ODesterreich Ungarn. Pe st, 26. November. (Wien. Ztg.) Die in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses erledigten Gesetzentwürfe in Betreff der Verstaat— lichung der Eisenbahnstrecke SGroßwardein Essegg und des Nachtragskredites für Adaptirungsarbeiten an der Ujszöny-Brucker Linie wurden in dritter Lesung an— genommen und dem Oberhause übersendet. Außerdem votirte das Abgeordnetenhaus in seiner heutigen Sitzung auch die Gesetzentwürfe betreffend die Konzession und den Aus— bau der Lokalbahnen Nagyvarad—Vaskoh und Gran Ipolysggh. : ;

(Prag. Ztg.) Der Einundzwanziger⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses setzte 6 die Spezialberathung über das Gesetz, betreffend die Reform des Oberhauses, fort. Beim 2. Abschnitt „Ueber den Rechtskreis und die innere Organisation des Oberhauses“ erledigte der Ausschuß die 58. 12 bis inklusive 16, und genehmigte bei §. 13 (Ueber das Initiativrecht des Oberhauses) außer den darin ange— führten, weitere von Szilagyi beantragte 12 Ausnahmen, welche namentlich wichtige Verfassungs⸗, Religions- und finanzielle Angelegenheiten betreffen. .

(Wien. Ztg.) Die Unabhängigkeitspartei debattirte heute über das Budget und beschloß, dem Ab⸗ geordnetenhause eine Resolution zu unterbreiten, deren Text am Freitag festgestellt werden soll. Behufs eingehenden Stu— diums des Budgets wurde jedes einzelne Ressort desselben je . Parteimitgliede zur ausführlichen Berichterstattung zu—⸗ gewiesen.

Großbritannien und Irland. London, 26. Novem—⸗ ber. (Allg. Corr.) Die „Daily News“ schreiben: Der Umstand, daß der Entwurf eines Planes für die Rege— lung der Angelegenheiten in Egypten von dem Kabinet einstimmig gebilligt worden ist, wird die Gerüchte von einem direkten, den Rücktritt Lord Northbrooks an— deutenden Schisma beseitigen. Der Plan wird jetzt im Aus— wärtigen Amt in die nöthige Form gekleidet, um den Mächten unterbreitet zu werden, und nach dem nächsten Kabinetsrath unverzüglich abgesandt werden.

Frankreich. Paris,. 27. November. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde die Berathung der Kreditvorlage für Tongking fortgesetzt. Clésmenceau richtete heftige Angriffe gegen die Regierung wegen ihres Verhaltens in der Tongkingfrage. Mehrere, verschiedenen Parteien angehörige Abgeordnete gaben die Erklärung ab, daß sie zwar für die geforderten Kredite stimmen würden, daß diese ihre Abstimmung für die Kredite aber keineswegs ein Vertrauensvotum für das Ministerium sein solle. Hierauf wurde der schon früher geforderte Kredit von 16 Millionen mit 361 gegen 166 Stimmen, und der neuerlich geforderte weitere Kredit von 43 Millionen mit 351 gegen 179 Stimmen bewilligt. Es waren verschiedene Tagesordnungen eingebracht wor— den. Der Minister-Präsident Ferry erklärte, daß er die einfache Tagesordnung zurückweisen müsse. Die einfache Tagesordnung wurde hierauf mit 301 gegen 233 Stimmen von der Kammer abgelehnt. Eine von Carnot eingebrachte Tagesordnung, welche besagt: die Kammer beharre auf dem Entschluß, die Ausführung des Vertrages von Tientsin zu sichern, nehme Akt von der durch die Regierung abgegebene Erklärung und zähle auf deren Energie, um den Rechten Frankreichs Achtung zu verschaffen, wurde von dem Minister⸗ Präsidenten gutgeheißen. Die Kammer beschloß mit 364 gegen 307 Stimmen die prioritätische Abstimmung über die Car— notsche Tagesordnung; von der Opposition wurde indeß eine Theilung derselben resp. eine getrennte Abstimmung über die einzelnen Theile derselben beantragt. Die Kammer verschob darauf die Abstimmung auf morgen.

Nach dem heute veröffentlichten Wochenbericht beträgt die Zahl der hier in der Woche vom 16. bis 22. November Gestorbenen 1306, darunter 238 an der Cholera Gestorbene. Die Gesammtzahl aller seit Beginn der Epidemie hier an der Cholera Gestorbenen beträgt 866. Die Cholera⸗Epidemie ist fortgesetzt auf einzelne ungesunde, der Reinlichkeit ermangelnde Quartiere beschränkt geblieben. Aus den seit dem 22. . M. vorliegenden Erhebungen ergiebt sich, daß die Epidemie fort— gesetzt abnimmt, auch in denjenigen Quartieren, wo diefelbe zuerst zum Ausbruch gelangte.

Wegen der am Sonntag im Saale Levis vorgekomme— nen tumultuarischen Vorgänge wurden heute abermals mehrere Verhaftungen vorgenommen.

Italien. Rom, 27. November, Nachm. (W. T. B.) Die Majorität der Deputirtenkammer hat in einer vor Beginn der heutigen Sitzung stattgehabten Zusammen— kunft sich für die vom Minister⸗Präsidenten Depretis vor— geschlagene sofortige Berathung der Eisenbahn— konventio nen ausgesprochen.

27. November, Abends. (W. T. B.) Bei Eröffnung der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erinnerte der Präsident an die Besuche, die der König während der Cholera-Epidemie den Städten Neapel und Brescia abgestattet habe. Die Kammer beschloß hierauf ein—⸗ stimmig (mit Einschluß der anwesenden radikalen Mitglieder die Annahme der von San Donato und Cavaletto gestellten Anträge: wonach dem König und dem Herzog von Aosta die Bewunderung und der Dank der Kammer ausgesprochen und eine Kommission ernannt werden soll, welche dem König diesen Beschluß über⸗ bringt. Der Finanz⸗Minister brachte sodann das rekti⸗ fizirte Budget pro 188485 und den Einnahme- und Aus— gabe⸗Voranschlag pro 1885/86 nebst dem allgemeinen Be⸗ richt über die Finanzlage ein. Der Minister-Präsident Depreris legte einen Gesetzentwurf, betr. gesundheitliche Maßregeln für Neapel vor, dessen Dringlichkeit die Kammer alsbald beschloß. Hierauf wurden mehrere Inter⸗ pellationen eingebracht, darunter eine Interpellation Crigpi's über die Prinzipien der inneren Politik der Regierung. Der Minister-Präsident behielt sich die Erklärung darüber vor: ob und wann er die Interpellationen beagtworten werde. Die Sitzung wurde hierauf aufgehoben, da sich die Beschlußunfähigkeit der Kammer herausstellte.

Die Senatssitzung eröffnete der Präsident, General Durando, mit einer kurzen Ansprache. Der Antrag de Filippo's, dem König die Bewunderung und den Dank des Hauses für seine Besuche bei den an der Cholera Erkrankten auszudrücken, wurde angenommen.

Griechenland. Athen, 26. November.

(Prag. Ztg.)

In der Kammer interpellirte heute Zenopulos betreffs des

Gerüchts über eine politische Annäherung zwischen

Griechenland und Oesterreich⸗Ungarn. Die Kammer beschloß, über die Interpellation nach der Debatte über die Finanzlage zu verhandeln.

Rumänien. Bukarest, 27. November. (W. T. B.) Die Thronrede, mit welcher die Kammern heute vom König eröffnet wurden, gedenkt zunächst des neuen Wahl⸗ gesetzes, das viele Uebelstände beseitigt habe; die Vornahme der Wahlen nach dem neuen Wahlgesetze sei überall in der größten Ordnung vor sich gegangen. Mit allen aus⸗ wärtigen Mächten, besonders mit den Nachbarmächten, stehe Rumänien im besten Einvernehmen. Durch die jetzige Friedensära unterstützt, könne das Land sich nunmehr im Innern stärken und moralisch und materiell weiter entwickeln. Es handele sich darum, die modernen Existenzbedingungen dem Volke zugänglich zu machen, die Verwaltung zu verbessern, der Justizpflege mehr Sicherheit zu geben, der Bevölkerung mehr Vertrauen zu der⸗ selben einzuflößen. Ebenso müßten dem Unterricht und der nationalen Erziehung alle nur möglichen Opfer gebracht werden; zugleich müsse man aber auch der Kirche gedenken und die Lage des Priesterstandes verbessern. Die Thronrede gedenkt sodann der Armee und des Kommu ikationswesens und weist ganz besonders auf die ökonomische Frage und speziell auf die landwirthschastliche Krisis hin, die in Europa herrsche, in Rumänien doppelt fühlbar geworden sei und daselbst auch eine Geldkrisis hervor— gerufen habe. Das Land sei zwar bei geordneten Finanzen von der Krisis überrascht worden; gleichwohl aber werde dieselbe Anlaß zur Schaffung von Abhülfe und namentlich zur Hebung der Landwirthschaft sowie der Industrie geben, mit deren Hülfe das Land allein ähnliche Krisen weniger fühlbar machen könne. Die Thronrede wurde an mehreren Stellen mit leb⸗ haftem Beifall aufgenommen.

Afrika. Egypten. Dongola, 25. November. Allg. Corr.) Kundschafter melden, daß die Armee des Mahdi in einer Stärke von 15 000 bis 20000 Mann Khartum umzingelt und Omderman besetzt halte. Vieh und ein— heimische Produkte seien auf eine lange Entfernung südlich von Dongola in großen Quantitäten noch immer erlangbar. Lord Wolseley inspizirte heute die berittene Infanterie vor ihrem Abmarsch nach Handak.

Seitungsstimmen.

Die neuesten, Berliner Politischen Nachrichten“ schreiben über die Diätenfrage:

Daß ein dringendes Bedürfniß zur Einführung von Diäten für den Reichstag mit Rücksicht auf Kandidatenmangel aus der eben ver flossenen Wahlbewegung am allerwenigsten hergeleitet werden kann, wird angesichts der Thatsache, daß in einer großen Zahl von Wahlkreisen eine Ueberzahl. von Kandidaten aufgestellt ist und insbesondere die Deutschfreisinnigen selbst nahezu drei Mal so viel Kandidaten aufgestellt haben. als ihnen Sitze zugefallen sind, schwerlich bestritten werden. Auch steht die Behauptung, daß die Diätenlosigkeit den Mittelstand, insbesondere die Bauern, von der Reichsvertretung ausschließe, in flagrantem Widerspruch mit der Charakterisirung zahlreicher fortschrittlicher Kandidaten als Bauern“. Weniger denn je sprechen vielmehr die Erfaorungen der letzten Zeit für die Anerkennung eines praktischen Bedürfnisses zur Beseitigung der Diätenlosigkeit. :

Die Deutschfreisinnigen werden sich daher dem Vorwurfe nicht entziehen können, ohne dringendes Bedürfniß in einem Augenblicke an der Reichsverfassung gerüttelt zu haben, wo nicht nur die direkt gegen das Reich als solches gerichteten polnischen, protestlerischen und welfischen Bestrebungen mit größerer Schärfe hervortreten, sondern auch die Parteigegensätze in einer Weise verschaͤrft sind, welche eine Lockerung des in der Verfassung liegenden einenden Bandes äußerst be⸗ dehnt, Es scheint die Annahme gerechtfertigt, daß das bestehende Verfassungsrecht auch im Uebrigen für die Deutschfreisinnigen ein Hinderniß für die Verfolgung ihrer Partei⸗ zwecke auch, dann nicht bilden wird, wenn die Aufrechterhaltung desselben einem dringenden Bedürfniß der Festigkeit des Reichs, der Erhaltung der nationalen Einheit entspricht. Daher dürfen wir annehmen, daß das. Streben nach parlamentarischer Herrschaft vor den mongrchisch ⸗konstitutionellen Grundlagen des preußisch⸗deutschen Verfassungsrechts nicht Halt machen, son⸗ dern, daß man ohne Rücksicht auf diese an der Grreichung jenes Zieles selbst auf die Gefahr hin fortarbeiten wird, den monarchischen Cha— rakter des Reichs zu einem bloßen Namen ohne wirklichen In⸗ halt zu verflüchtigen. Mit Recht ist in der Verhandlung vom 26. von dem Reichskanzler darauf hingewiesen worden, wie in der Geschichte öfter bereits Staatsgebilde von virtuel republikanischem Charakter unter dem Namen von Königreichen sich bargen. Insbesondere ist das Königreich Polen, das unter diesen in erster Linie genannt wurde, ein warnendes Beispiel für die Gefahren, welche aus den durch keine feste monarchische Gewalt gezügelten Herrschaftsgelüsten parlamentarischer Parteien selbst für den Bestand des nationalen Gemeinweseus erwachsen können. Principiis obsta! heißt es mit Recht auch gegenüber politischen Bestrebungen solcher Parteien, welche für Deuischland ähnliche Gefahren hervorzurufen geeignet sind.

Die „Deutsche Landwirthschaftliche Presse“ veröffentlicht die Motivirung der dem Reichstage vorliegenden Petition zahlreicher Landwirthe um Erhöhung der Getreide zölle. In dieser Motivirung heißt es:

Die Schutzzölle haben in erster Linie den Zweck, die Preise der betroffenen Artikel auf einer Höhe zu erhalten, die den inländischen Produktionskosten entspricht. In zweiter Linie sollen sie eine fiska⸗ lische Einnahmequelle bilden. Tetzteren Zweck erfüllen die jetzt be liebten niedrigen Getreidezölle in hohem Maße. Vom 1. Januar bis 581. Dezember 1882 sind 20 498 1358 Doppelcentner importirt, mithin ebenso viel Millionen Mark an Getreidezöllen für Weizen, Roggen Gerste, Hafer und Hülfenfrüchte eingegangen. Das beweist schon hin länglich, daß sie ihren Hauptzweck, einen Schutz zu gewähren, nicht erfüllen. Trotz des geringen Bedarfs, denn wir haben eine große Ernte gemacht, wird Deutschland derant überfluthet, daß unsere eigene EGrescenz unter dem Vorwand, daß fie von der Witterung geschaͤbigt sei, fast un verkäuflich bleibt. Man hat gehofft, schon der niedrige Zoll werde wirken, weil der russische Händler wenigstens diesen an der Grenze baar zu entrichten hat. Nachdem jedoch die dortigen Bahnen ihre Frachten um ebenfo viel herabsetzten, ist dies nicht mehr der Fall gewelen. Was der Händler an Zoll zu zahlen hat, braucht er weniger an Fracht zu verlegen als früher, kann demnach ohne weitere Spesen konssgniren nach wie vor. Damit ist gleichzeitig aufs Schlagendste bewiesen daß nicht der hiesige Konsument, sondern der Russe den Zoll trägt. Wird derselbe genügend erhöht, so wird ja der hiesige Kon— sument auch etwas verspüren; das ist aber durchaus irrelevant gegen⸗ über dem Vortheil, den er davon hat, daß ihm eine leistungs fähige Landwirthschaft als Ernährer, Arbeitgeber und Konsument seiner eigenen Erzeugnisse gegenübersteht

Kein anderes Gewerbe ist fo wenig in der Lage, Einfluß auf den Preis feiner Erzeugnisse zu üben, altz gerade ie Lanbmrthschaft. Genügend hohe Zölle berechtigen sie aber doch mindestens zu der

offnung, daß die Preise ihrer Artikel nicht zu weit unter das Riveau des Erwünschten hinabgedrückt werden; und wird diese Hoffnung in Folge zu großen Ueberflusses bei unseren Nachbarn dennoch getäuscht,

so ist durch die erbeblichen Zolleinnabmen die Möglichkeit gegeben, durch Steuernachlässe oder gemeinnützige Verwendung ein Aequivalent für die erlittenen Verluste zu bieten.

Durch den enorm gesteigerten Import von Getreide in diesem Jahr (es wurden 27 mehr einge führt als 1881), in welchem fast auf jedem Gute geradezu unverkäufliche Vorräthe lagern (und zwar nicht blos mangelhafte Waare, denn auch in Gegenden, die das beste Erntewetter hatten, herrscht dieselbe Kalamität) ist doch wahrlich ge— nügend bewiesen, daß die Behauptung der freihändlerifchen Theoretiker „der Import richte sich lediglich nach dem jeweiligen Bedarf durchaus unrichtig ist Das Bedürfniß, zu verkaufen, welches das Ausland hat, ist hierfür sast allein maßgebend und regulirt somit den Preisstand, denn daß die Nachfrage je so groß werden könnte, daß sie bei heutigen Kommunikations mitteln nicht zu befriedigen wäre, ist nun und nimmermehr anzunehmen. Wohl aber kann der Zeitpunkt eintreten, daß, um billiges Getreide zu haben, so viel Baarmittel ins Ausland gehen, daß das baare Geld schließlich rar, in Folge dessen noch theurer wird und sich hieraus ein wirklicher Nothstand entwickelt, eine Hungersnoth bei niedrigsten Getreidenotizen. Der vorhin auf— geführte Import verlangt allein schon eine Zahlung von 260 Mill. Mark und wird einen gewaltigen Goldabfluß bedingen, denn für die Mehrausfuhr von Industrie⸗Artikeln bleiben noch große Posten anderer Einfuhrartikel zu decken.

Nie zuvor sind so viele Momente, die auf Preissteigerung wirken müßten, zusammengetroffen, als gerade in diesem Herbst und Winter. Es haben viele Güter der Nässe wegen ihre Herbstbestellung kaum zur Hälfte vollenden können. Gut stehende Saaten sind geradezu eine Seltenheit; die fruchtbarsten Landstriche in den Flußthälern waren wochenlang unter Wasser. Von den in Feimen aufgespeicherten Vor⸗ räthen ist ein sehr hoher Prozentsatz total verdorben. Große Mengen Körner werden direkt an das Vieh verfüttert, weil sie durch Regen zu sehr gelitten haben; und doch regt alles dies nicht im Mindesten zur Spekulation auf Steigerung der Preise an, weil die noch zu er⸗ wartende äußere Zufuhr mehr wie zureicht, jeden Ausfall zu decken. Das sind für den Landwirth sehr traurige Aussichten und wird der Ostertermin manchem unter uns schon heute Sorge machen.

Statiftische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 16. November bis inel. 22. November cr. zur Anmeldung gekommen: 231 Cheschließungen, 820 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene und 611 Sterbefälle.

Die Sterblichkeit in Berlin betrug nach dem Sta— tistischen Jahrbuch der Stadt Berlin' im Durchschnitt der Jahre 1373 bis 1882 einschließlich der Todtgeborenen 3096 v. M. der Bevölkerung, ohne die Todtgeborenen 29,24 p. M. Die größte Sterblichkeit zeigte das Jahr 1875 mit 34,87 bzw. 32,92 p. M., die geringste das Jahr 1887 mit 27.44 bzw. 25,95 v. M. Für das männliche Geschlecht stellte sich die Sterblichkeitsziffer auf 35,56, für das weibliche auf 27, œß5 p. M. Dag Minimum der Sterblichkeit fiel im Durchschnitt der Jahre 1378 bis 1881 in den Monat No vember (34.1 von 1200), dem die Monate Dezember (87,0) und Oktober (68,2) am nächsten stehen. Vom Januar (900 M) steigerte sie sich bis zum Mai auf 96,2, im Juni auf 129,1, im Juli auf 1435 und, sank dann im September wieder auf 1068,2x.. In den einzelnen Stadttheilen gestaltet sich die Sterblichkeit sehr verschieden; in den Jahren 1881 und 1882 betrug sie in. der Friedrichsstadt nur 17,06 p. M. der Bevölkerung, auf dem Wedding dagegen 38,27 p. M., die Kindersterblichkeit dort nur 4.85, hier 18.56 p. M. der Bevölkerung. Was die Kindersterblichkeit überhaupt betrifft, so starben im ersten Lebensjahre (einschließlich der Todtgeborenen) im Jahre 1882 von 1000 ehelich Geborenen 269,93, von 1900 unehelich Geborenen 474,68, im zweiten Lebensjahre 65,56 und 37,07, in der ersten Woche 24,15 und 53,01. Was die Todes⸗ ursachen betrifft, so waren im Jahre 1882 die häufigsten: Diphtherie (914 Sterbefälle), Lebensschwäche (1556), Erschöpfung (1261, Krämpfe (1852), Lungenentzündung (1694), Lungenschwindsucht (37815, Durchfall (1527), Brechdurchfall (2516). Gewaltsame Todesfälle wurden im Jahre 1882 702 verzeichnet, darunter 189 durch Erhängen, 135 durch Sturz, Stoß oder Schlag, 86 durch Ertrinken, 63 durch Alkoholvergiftung u. s. w. Für die um Berlin liegenden Ortschaften des Teltower und Niederbarnimschen Kreises wird die Sterblichkeits⸗ ziffer für das Jahr 1882 auf 34ỹ76 mit den Todtgeborenen und 353.05 ohne dieselben (also höher als in der Stadt) berechnet. Sehr ein⸗ gehende Untersuchungen über den Einfluß der Ernährungsweife auf die Sterblichkeit der Kinder (S. 61 ff) find leider durch die Unvoll— ständigkeit des Materials beeinträchtigt.

Der Zuzug nach Berlin, der im Jahre 1882 134 899 (1149 p. M. der Bevölkerung) betrug, hat seit dem Jahre 1878 (106 890 P. 102,8 p. M.) stetig zugenommen, aber doch die Höhe des Jahres 1873 (137176 P. 155,4 p. M.) noch nicht erreicht. Dagegen war der Abzug in 1882 (101 885 P. S867 p. M.) wenig⸗ stens absolut, wenn auch nicht relativ größer als im Jahre 1873 (hö 195 P. S I07,8 p. M).

Wohnungswechsel wurden im Jahre 1882 579 333 an- und 327020 abgemeldet, im Ganzen 52313 Meldungen mehr als im

Jahre 1881.

Das „Jahrbuch der Meteorologischen Beobach— tungen der Wetterwarte der Magdeburgischen Zeitung (Station 1. Ordnung) für 1883, ist von dem Vor⸗ steher der Sternwarte, Hrn. Hr. R. Assmann herausgegeben worden. Der vorliegende Jahrgang weicht im allgemeinen Arrangement von dem 1. Jahrgange nicht wesentlich ab. Für die Publikation der Termins ⸗Beobachtungen ist dieselbe international ver— einbarte Form beibehalten worden. Im Instrumentarium ist eine Aenderung nicht eingetreten. Dagegen erschien es dem Verfasser geboten, die Resultate der Sprung'schen Laufgewichts. Barographen nicht nur durch Minderwerthe zu publiziren, sondern die kontinuirliche Kurve in natura zu reproduziren. Durch sorgfältiges Durchzeichnen der Original⸗Barogramme sind daher 12 Tafeln lithographisch her⸗ gestellt worden, welche den Fachgenossen außer durch andere Details auch durch die sehr charakteristischen Kurven der letzten Augusttage, welche den Krakatau Eruptionen zugeschrieben werden, interessant sein dürften. Die hin und wieder eingetretenen Störungen der Kurven waren meist auf vermeidbare Gründe zurückzuführen. Des gleichen ist nach enalischem Vorbild hier zuerst eine Publikation der Aufzeichnungen des Sonnenschein-⸗Autographen in extenso versucht worden. Die Darstellung der gekrümmten Originalstreifen durch Gravüren läßt sich nicht anders ermöglichen, als durch Streckung der Kurven, sollte nicht entweder der Raum ungebürsich in AÄnspruch genommen, oder die Reproduktion selbst zu klein werden. Die schwarzen Linien und Streifen bedeuten die Zeit, während welcher die Sonne stark genug geschienen hat, um den Papierstreifen des Autographen anzubrennen. Die Zeiten sind wahre Zeiten, die Zeitgleichung ist, um bei der Reproduktion nicht Konfustonen hervorzurufen, fortgeblieben. Die dazu gesetzten Sonnen-Auf« und Untergänge sind für mittlere Magdeburger Zeit angegeben; man gewinnt so eine leichte Uebersicht, ob ein Tag völlig unbewölkt gewesen ist, oder nicht. Zu ver⸗ gessen ist hierbei jedoch nicht, daß die Sonne in den ersten und letzten 30 Minuten des Tages nur bei besonders günstigen Durch— sichtigkeitsverhältnissen der Luft im Stande ist, daz Papier des Streifens zum Glimmen zu bringen. Die am Fuß der Monats— tabellen stehenden Stundenfummen sind zur Konstruktion der voran gehenden Kurven der Jahre und der Jahreszeiten benutzt, welche vom Jahre 1883 gesondert, die zusamenfassenden der 3 letzten Jahre jedoch vereinigt, abgedruckt sind. Die um Mittag herum zu konstatirende Depression des Sonnenschtins harrt noch ihrer Erklärung. In den Aufzeichnungen der Temperaturextreme bis 1 m hoch ist insofern eine Aenderung eingetreten, daß statt der im ersten Jahrbuch publizirten Beobachtungen von 20 mit 10 em Höhenunterschied exponirten Extrem- Thermometern deren nur 10 mit 20 em Differenz abgelefen wor den

sind. Die im ersten Jahrbuch separat abgedruckten Minimal⸗ Temperaturen in 905 Höhe über Rasengrund sind der erwähnten Tabelle mit einverleibt worden. Der Grundwassermesser besteht aus einem 74 m tief eingegrabenen, 15 em weiten Eisenrohr, in welchem ein kupferner luftgefüllter Schwimmer, durch seitliche Gleitrollen vor Bewegungshemmungen gesichert, dem Stande der Grundwasser folgt. Eine leichte, aber steife Messingröhre führt nach oben die durch ein Gegen⸗ gewicht vermittelst einer Rolle nabezu balanzirt. Eine feste Skala Aieht in Verbindung mit der beweglichen Marke des Schwimmers in Millimetern die Entfernung zwischen der Erdoberfläche und dem Grund⸗ wasserspiegel an. Das Inhaltsverzeichniß weist folgende Abschnitte auf: J. Termins beobachtungen. Monats und Jahres refultate. Fünf⸗ tägige Wärmemittel. II. Aufzeichnungen der autographischen Apparate für Luftdruck, Sonnenschein, Windrichtung und Windgeschwindigkeit. A. Kontinuirliche Registrirungen. a) Luftdruck. b) Sonnenschein. B. Stündliche Aufzeichnungen, Windrichtung und Windgeschwindiakeit. III. Psychrometerbeobachtungen in 17 und 32 m Höhe. IV. Tem⸗ peratur des Erdbodens in 5m. 3m, 1 m, 0, m, O5 m und 0 hi Tiefe. . Tägliche Temperaturextreme der untersten Luftschicht und der Oberfläche des Erdbodens, beobachtet an 3 Minimum und 5 Maximum Thermometern von 0,20 bis 1m Höhe und einem Minimum · Thermo⸗ meter in 9, 95 im über Rasengrund. VI. Tägliche Beobachtungen der ö Insolationswärme. VII. Verdunstung. VIII. Grund wasser⸗ and.

RKunst, Wifsenschaft und Literatur.

Die Verwaltung der Staatsschulden im König⸗ reich Preußen. Eine Zusammenstellung der bezünglichen Gesetze nebst den Motiven und Ausführunge bestimmungen, mit Erläuterungen versehen? von C. Zander, Kreiskassen⸗Rendant. Hannover, Verlag von Carl Meyer (Gustav Prior) 1885. Preis 1 6 Nachdem das Gesetz vom 20. Juli 1883, betreffend das Staatsschuldbuch, am 1 Oktober d. J. in Kraft getreten ist, macht sich schon jetzt der Mangel einer übersichtlichen Zusammenstellung der für die Aus— führung ergangenen Bestimmungen recht fühlbar. Obige Ausgabe dürfte daher allen Bankiers, Großindustriellen, Kapitalisten' und Finanz⸗ beamten willkommen sein; dieselbe enthält: das Gesetz vom 20. Juli 1883 betressend das Staatsschuldbuch nebst den Anlagen; das Gesetz vom 19. Dezbr. 1869, betr. die Konsolidation preußischer Staats⸗ anleihen, nebst den Motiven, Ausführungsbestimmungen, Erläuterun⸗ gen u. s. w.; das Gesetz vom 24. Febr. 1850, betr. die Verwaltung des Staatsschuldenwesens und Bildung einer Staatsschulden⸗Kom' mission; das Gesetz vom 29. Febr. 1865, betr. die künftige Behand—⸗ lung der auf mehreren der neu erworbenen Landestheile lastenden Staateschulden und die Ausgabe von Kassenanweisungen zum Betrage von 7222 9659 M; das Gesetz vom 11. Febr. 1869, betr. Abänderun⸗ gen und Ergänzungen des Gesetzes vom 29. Febr. 1868; das Gesetz vom 23. März 1868, betr. die Uebernahme und die Verwaltung der von den Elbherzogthümern an Danemark zu entrichtenden Schuld.

In demselben Verlage erschien kürzlich die für die Provinz Han nover nicht unwichtige Schrift „Die Instruktion für die Ober-⸗Präsidenten vom 31. Dezember 1825 und die In struk⸗ tion zur Geschäftsführung der Regierungen in den Königlich preußischen Staaten vom 23. Oktober 1817, zusammengestellt und mit Erläuterungen versehen von H. Brüning, Aber ⸗Bürgermeister in Osnabrück. (30 Selten 1 6 40 3.) Bekanntlich war von Seiten der preußischen Regierung in Betreff der Propvinz Hannover angeordnet worden, daß, unker Wegfall der Land drosteiordnung daselbst, neben der Ober⸗Praäͤsidialinstruktion vom 31. Dezember 1825 die Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1817 bezw. die Kabinets Ordre vom 31. Dezember 1825 mit allen ergänzenden und abändernden Bestimmungen auch in der Provinz Hannover zur Annahme gelangen sollten. Die Ober-Präsidialinstruk tion vom 31. Dezember 1825 und die Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1817, bezw. die Kabinetsordre vom 31. Dezember 1825 sind aber nicht blos für die Beamten und Behörden, welchen fie un— mittelbar als Richtschnur zu dienen haben, von Bedeutung, sondern ebensosehr für deren nachgeordnete Beamten und Behörden, nicht minder endlich für alle Einwohner der Provinz Hanndver. Es bildet jedoch die Instruktion für die Regierungen auch in der Provinz Han⸗ nover die Grundlage für die Zuständigkeit und den Geschäfts betrieb der Regierungs⸗Präsidenten, der Regierungen und ihrer Abtheilungen nur soweit, als nicht die neuen Verwaltungsgesetze Aenderungen vor⸗ genommen haben. Diese Sachlage ist für den Ober⸗Bürger⸗ meister Brüning die Veranlassung gewesen, in vorstehender Schrift eine besondere Ausgabe der beiden für die Provinz Hannover nicht besonders veröffentlichten Instruktionen zu veranstalten. Dabei ward einerseits auch auf Veränderungen, welche sie durch die Ka— binetsordre vom z1. Dezember 1825 früher erfuhren, andererseits auf die Aenderungen hingewiesen, welche sie jetzt durch die neue Verwal⸗ tungsgesetzgebung, insbesondere durch das Landesverwaltungsgesetz vom 30. Juli 1883 und das Zuständigkeitsgesetz vom J. Auguft 1853 er— fahren haben. In dieser letzteren Beziehung ist bekanntlich auch eine Cirkularverfügung des Ministers des Innern und des Finanz. Ministers am 9. Februar 1884 ergangen, welche ebenfalls an den betreffenden Stellen berücksichtigt worden ist. Den beiden mitgetheilten Instruk⸗ tionen sind vom Herausgeber ziemlich viele Anmerkungen und Srlaäͤute= rungen beigefügt, welche nicht blos für die Verwaltungsbeamten, fon⸗ w auch für einen weiteren Lesekreis recht nützlich sein dürften.

Aus Hamburgs Vergangenheit. Kulturhistorische Bilder aus verschiedenen Jahrhunderten.“ Herausgegeben von Karl Koppm ann. Mit Abbildungen. Hamburg und Leipzig, Verlag von Leopold Voß. 1885. Der durch seine unermüdliche Thätigkeit für die Aufhellung der geschichtlichen Vergangenheit der alten Hansestadt hock verdiente Herausgeber des vorliegenden Buches ist den Lesern dieses Blattes aus den Referaten über die „Zeitschrift für Hamburgische Geschichte' bereits durch seine zahlreichen darin niedergelegten Arbeiten wohlbekannt. Die meisten Aufsätze dieser Zeitschrift von ihm und Anderen waren aber wie die noch immer neu erscheinenden Arbesnsfen mehr für die Ge— schichtsforscher und Spezialisten als für das Lesebedürfniß eines weiteren Publikums bestimmt. An dieses wendet sich die vorliegende Sammlung: an Leser und Leserinnen, alte und junge, die Interesse zu nehmen vermögen an Ereignissen und Zuständen in der Entwickelungs—⸗ geschichte ihrer Vaterstadt Hamburg, die erzählt und geschildert sind ohne gelehrten Apparat, doch auf wissenschaftlicher Grundlage in ein⸗ facher Sprache, schlicht und wahrheitsgetreu.“ Herausgeber und Ver⸗ leger haben zu dem Ende einen Kreis von Fachmännern und Ge—⸗ schichtsfreunden für die Aufgahe gewonnen, ‚in gemeinsamer Arbeit Bilder aus dem vaterländischen Kulturleben in verschiedenen Jahr hunderten zu zeichnen. Hauptsächlich soll, die Kulturgeschichte gepflegt werden, und zwar die Kulturgeschichte in ihrer weitesten und höchsten Be—⸗ deutung. in der sie nicht nur die äußeren Zustände und Verhältnisse beschreibt. sondern auch das innere geistige Leben. Diese Bevorzu⸗ gung erkläre sich jedoch nicht etwa aus einer einseitigen Rücksicht—⸗ nahme auf die jetzige Geschmacksrichtung des Publikums, sondern sie sei begründet in der Beschaffenhelt des vorhandenen oder doch zugäng— lichen Quellenmaterials und habe ihren tiefsten Grund in dem Cha⸗ rakter der Hamburgischen Geschichte. Zwischen die einzelnen Arbei- ten sind Gedichte eingewoben, zunächst ebenfalls mit Rücksicht auf ihre kulturhistorische Bedeutung, dann aber auch zur Erinnerung an die namhaften Dichter, welche Hamburg hervorgebracht hat. Die Reihe der Beiträge eröffnet Adolf Wohlwill mit einer Arbeit über die abenteuerliche geheime Entführung des britischen Geschäftz= trägers Rumbold aus seinem Landhause bei Hamburg, im Jahre 1864. Dann folgt ein charakteristisches altes Bild von der Hamburger Bürgerwache aus dem Jahre 1806 Eichtdruck - Nachbildung) nebst einem humorvollen Liede auf den damaligen Präses der Bürgerkapitäne, Jakob von Axen, welches sich auf der Ruͤckseite des Originals befindet. Außerordentlich interessant, reich an Citaten und mit Faesimilien alter Bücher ⸗Illustrationen ausgestattet ist die Arbeit von H. R. Ferber über „die Gesellschafts, und Volkslieder in Hamburg an der Wende des vorigen Jahrhunderts“. Den pafsfenden Uebergang ju dem nächsten Kulturbilde bietet ein Lobgedicht auf die