1884 / 298 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Seit der am 27. Oktober d. J. erfolgten Vertagung seien Ereignisse, welche eine Einberufung des außerordentlichen Landtages hätten veranlassen können, nicht eingetreten.

Desterreich⸗ Ungarn. Wien, 16. Dezember. (Wien. Itg.) Im weiteren Verlaufe der heutigen Sitzung des Herren⸗ hauses theilte der Mini ster⸗Präsident die anlaͤßlich der Ueberschwemmung Galiziens getroffenen Vorkehrungen mit, erwähnte die dem Abgeordnetenhause vorgelegte bezügliche Kaiserliche Verordnung und bat um das Wohlwollen des Hauses bezüglich der getroffenen Maßregeln. Der Staats⸗ voranschlag wurde der Budgetkommission, die Ge— werbeordnung einem Neuner⸗Ausschuß zugewiesen; die Vorlage, betreffend die Pfandleihanstalten ging an den Volkswirthschafts⸗Ausschuß. Hierauf wurden die Ergänzungswahlen vorgenommen.

17. Dezember. (W. T. B.) Das Abgeordneten⸗ haus nahm, nach Ablehnung der von der Linken gestellten Anträge, die Vorschläge der Majorität des Ausschusses, be⸗ treffend die Verlängerung des Lokalbahngesetzes, sowie in Betreff der Eisenbahn von St. Pölten nach Tulln an. Der Handels-Minister griff wiederholt wirksam in die Debatte ein.

Pest, 16. Dezember. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses überreichte der Kommunikations⸗ Minister einen Gesetzentwurf in Betreff der Sicher— stellung der ungarischen Seidenzucht und einen Gesetzentwurf über die Modifikation des §. 12 des Gesetzartikels 2) vom Jahre 1875. Der erstere wurde dem volkswirthschaftlichen Ausschusse, der letztere dem Finanzausschuß überwiesen. Nach dem Bericht der betreffenden Gerichtskommissionen wurden die Wahlen der Abgeordneten Haller und Csatär annullirt, weshalb im Koloser und im Csongräder Wahlbezirke Neuwahlen ausgeschrieben werden. Der Iewmmunitäts-Ausschuß überreichte mehrere Berichte in Betreff der Auslieferung folgender Abgeordneten: Ro⸗ honczy Golizeiliche Uebertretung), Papp (Verleumdung), Ladislaus Tisza und Koloman Dessewffy (Duell), Si— monyi (Verleumdung) und Julius Verhovay (Unterschlei)). Die Indemnitäts-Vorlage wurde in dritter Lesung an— genommen. Es folgte sodann die Debatte über das Budget des Handels⸗Ministeriums.

Schweiz. Bern, 17. Dezember. (W. T. B.) Der Nationalrath hat mit 86 gegen 34 Stimmen die Maß— nahmen des Bundesraths gegen den Staatsrath in Tessin gutgeheißen.

Großbritannien und Irland. London, 16. Dezember. (Allg. Corr.) Der bisherige außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in Athen, F. C. Ford, ist zum Nachfolger Sir R. Moriers in Madrid ernannt und der Gesanbte in Kopenhagen, de Vivian, als Nachfolger Sir C. Malets nach Brüssel versetzt worden.

Ueber das Dynamit-Attentat gegen die London— brücke liegen nur wenig neue Details vor. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Ausschreitung von denselben feni— schen Dynamitarden verübt wurde, welche im vorigen Jahre die Explosionen in Whitehall und in den Tunneln der unter— irdischen Gürtelbahn und zu Anfang dieses Jahres in verschiedenen Hauptbahnhöfen Londons verursachten. Glücklicherweise beschränkt sich diesmal der angerichtete Schaden auf die Zertrümmerung einiger tausend Fensterscheiben an beiden Ufern der Themse, und ist kein menschliches Wesen zu Schaden gekommen. Die polizeilichen Recherchen haben indeß festgestellt, daß die Ex— plosion nicht durch amerikanisches Dynamit, sondern durch einen im Inlande fabrizirten Artikel wie der, welcher bei dem Vorhaben gegen das Regierungsgebäude in Whitehall und gegen die Offizin der „Times“ verwendet wurde. Auf dem Brücken— pfeiler wurde eine kleine Quantität Asche sowie theilweise verbrannte Ueberreste eines Textilstoffes gefunden, und dieser Umstand giebt Veranlassung zu der Vermuthung, daß zu der Explosion Dynamit, ergänzt durch eine Quantität Schießbaum— wolle, verwendet wurde. Von den Thätern ist noch nicht die geringste Spur entdeckt worden. Die Entrüstung über das Attentat ist groß, da, wenn dasselbe geglückt wäre, Hunderte von unschuldigen Menschen ihr Leben verloren haben würden, denn zur Stunde, wo die Explosion stattfand, herrscht auf der London⸗Brücke in der Regel ein reger Verkehr. Unter diesen Umständen wirst die „Times“ am Ende ihrer Betrachtungen über das Attentat die Frage auf: ob nicht die Zeit erschienen sei, um anzufragen, ob das amerikanische Gesetz nicht geändert werden könnte, damit Männern, die aus ihren mörderischen Absichten kein Geheimniß machen, nicht länger Straflosigkeit gesichert werde.

Der Unter-Staatssekretär im Kriegs-Mini— sterium, Lord Morley, hielt am Sonnabend in Ply⸗ mouth eine Rede, in welcher er, nach einem Hinweis auf den von den irischen Verschwörern noch immer bethätigten Geist der Feindseligkeit, erklärte, daß es unzweifelhaft noth— wendig sein werde, die in Irland bestehenden Zwangs— gesetze im nächsten Jahre zu erneuern.

Lord Dufferin, der neue Vizekönig von Indien, ist in Calcutta eingetroffen, wo ihm von allen Volksklassen ein höchst enthusiastischer Empfang bereitet wurde. Truppen bildeten Spalier in den Straßen, und die Häuser waren mit Fahnen und Immergrün geschmückt. Lord Dufferin trat sein Amt sofort an. Lord Ripon hat am Montag voriger Woche die Rückreise nach England angetreten.

17. Dezember. (W. T. B.) Wie aus Jarmouth gemeldet wird, hat die Regierung beschlossen, gegen die Eigenthümer dreier Fischerboote, Roß, Preston und Chalk, wegen Seeraubes auf hohem Meere und insbesondere wegen Beraubung des deutschen Schiffes „Diede— rich“ am 29. Juli d. J. in der Nähe der holländischen Küste die gerichtliche Untersuchung einleiten zu lassen.

18. Dezember. (W. T. B) Die „Times“ meldet aus Hongkong, von gestern: man glaube in Peking, daß die japanische Regierung sich mit der chinesischen Regierung betreffs der Angelegenheiten in Korea ins Einvernehmen setzen werde. Man hoffe, die Angelegenheit werde auf gütlichem Wege geordnet werden.

Frankreich. Paris, 16. Dezember. (Fr. Corr.) Die Blätter veröffentlichen heute einen langathmigen Protest des Königs Norodom von Cambodscha gegen die Ausdehnung des französischen Protektorats über sein Reich, welche seiner Bevormundung gleichkomme; namentlich bittet er, den ihm abgezwungenen Zoll vertrag vom 17. Juni

Telegramm, welches der Marine⸗Minister heute früh von dem Gouverneur von Cochinchina erhalten hat: „Saigon, 16. Dezember. Der Kolonialrath volirte in seiner gestrigen Sitzung einstimmig folgende Reso⸗ lution: Der in ordentlicher Session vereinigte Kolonial⸗ rath, indem er sich auf die einstimmige Meinung in Cochinchina stützt und überzeugt ist, daß die Kon⸗ vention von Puhum⸗Panh vom 17. Juni 1884 ebenso wie sie berufen ist, die Freundschaftsbande zwischen Cambodscha und Frankreich fester zu knüpfen, auch den inneren Frieden und die Prosperität des protegirten Königreichs und die Ent— wickelung der französischen Interessen in Indochina sichern wird, bittet die Regierung der Republik inständigst, vom Parlament die volle und ganze Billigung aller Klausein dieser Konvention zu verlangen, und ersucht gleichzeitig den Gou— verneur von Cochinchina, gegenwärtige Adresse auf telegra⸗ phischem Wege an den Marine⸗Minister und den Präsidenten der Deputirtenkammer zu übermitteln.“ (Folgen die Unter— schriften.)

17. Dezember. (W. T. B.) In der heute früh stattgehabten Sitzung der Deputirtenkammer erklärte Mackau im Namen der Rechten, daß er gestern die namentliche Abstimmung gefordert habe, um den Beweis herbeizuführen, daß die Kammer beschlußunfähig sei und die Berathung des Budgets unter mißlichen Verhalt— nissen stattfände; die Minorität enthalte sich der Abstim— mung, weil sie sich von der Verantwortlichkeit freihalten wolle. Hierauf nahm die Kammer mehrere Kapitel des Budgets des Innern mit 284 Stimmen an, wobei sich die Rechte der Abstimmung enthielt.

17. Dezember, Nachm. (W. T. B.) Eine Depesche des Generals Brisre de l' Isle, vom heutigen Tage, meldet: 2000 bis 3000 Chinesen seien von den Bergen herabgestiegen, um ein Dorf, welches 8 km nordöstlich von Chu liege, anzugreifen. Ein Theil der Besatzung, welche aus der Fremdenlegion und tongkingesischen Scharf— schützen bestand, sei den Feinden entgegengegangen, habe die— selben zerstreut und ihnen beträchtliche Verluste beigebracht. Die Franzosen hätten 24 Todte und Verwundete.

18. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Durch ein heute veröffentlichtes Dekret wird die bereits angekündigte Bildung eines 4 Regiments algerischer Tirailleurs und die Theilung der Fremdenlegion in zwei Re— gimenter angeordnet.

Portugal. Lissabon, 15. Dezember. (Allg. Corr.) Die Cortes wurden heute eröffnet. Die Thronrede bezeichnet die Beziehungen Portugals zu den fremden Mächten als freundlich und sagt, daß auf Anregung des Deutschen Kaisers Portugal eingewilligt habe, sich bei der in Berlin zu—⸗ sammengetretenen Konferenz über westafrikanische Angelegen— heiten vertreten zu lassen. Wenn die Konferenz in Bezug auf Angelegenheiten, die mit den langbestehenden Rechten Portugals so eng verknüpft seien, zu einem endgültigen Ergebniß ge— langt sein würde, werde die Regierung den Cortes alle Aktenstücke, welche der Sanction der Cortes bedürfen, sammt anderen, welche für die Information der Deputirten vertheilt werden würden, vorlegen. Während der kom— menden Session werde das Pe glament angegangen werden, die Revision einiger Artikel desc zerfassung und die Reform der Pairskammer in Berathung zu ziehen. Weiterhin lenkt die Rede die Aufmerksamkeit der Cortes noch einmal auf die kolonialen Angelegenheiten und insbesondere auf die afrikani— schen Kolonien und kündigt den Abschluß eines Vertrages an, welcher die Legung eines Telegraphenkabels längs der West— küste von Afrika betrifft, dessen Betrieb bereits theilweise be— gonnen hat. Zum Schluß sagt die Thronrede, daß die Finanzlage sich etwas gebessert und daß die Einkünfte sich wesentlich vergrößert haben. Der Finanz-Minister würde zur gehörigen Zeit einige Maßregeln vorlegen.

Amerika. New⸗Hork, 15. Dezember. (Allg. Corr.) Die heutige „New-Hork-Times“ veröffentlicht die Be— stimmungen des vorgeschlagenen Vertrages mit Nicara— gua. betreffs des projektirten interozeanischen Schiffskan als. Die Vereinigten Staaten übernehmen es danach, unverzüglich einen Schiffskanal von Greytown an der Küste des Caribbe⸗Sees nach Brito zu bauen. Die neue Route soll den San Juan-Fluß entlang gehen und in den Nicaragua⸗See ausmünden, so daß die natürlichen Vortheile des Areals ausgenützt werden. Durch das neue Abkommen wird ein drei Meilen breiter Ge— bietsstreifen auf beiden Seiten des Kanals an die Vereinigten Staaten abgetreten. Nicaragua wird als seinen Antheil an dem Unternehmen die Hälfte der Kanal⸗ Durchgangszölle erhalten. Die Gegenseitigkeit im Handel zwischen den Vereinigten Staaten und Nicaragua ist gleich⸗ falls vorgesehen worden. Der Kanal wird absolutes Eigen⸗ thum der Vereinigten Staaten, und diesen liegt auch die Kontrole und die Verwaltung desselben ob. Die an die Union abgetretenen Ländereien werden deren Eigenthum und bilden einen Theil der Staaten. Nicaragua be— hält indeß gewisse Polizeirechte zur Verhinderung des Schmungels u. s. w. in dem fraglichen Territorium. Die Vereinigten Staaten werden die Durchgangs— zölle regeln, die von amerifanischen Beamten eingezogen wer— den. Der größere Theil des Vertrages bezieht sich auf die Definition der Grenzen der an die Vereinigten Staaten ab— getretenen Ländereien, sowie auf die Polizeibestimmungen in diesen Territorien. Die Vereinigten Staaten dürfen Forts anlegen oder was ihnen sonst zur Vertheidigung des Kanals zu thun beliebt. Nicaragua seinerseits wird bei der Aufrecht— haltung der Sicherheit des Kanals Beistand leisten. Die ein— zige Wohlthat, die aus dem Kanal für Nicaragua erwächst, besteht in der Entwickelung seiner natürlichen Hülssquellen und dem Antheil an den Kanalgebühren.

Asien. Korea. (W. T. B.) Wie aus Shanghai vom 17. Dezember gemeldet wird, hätten sich die japanischen Truppen in Folge der in Korea stattgehabten Unruhen nach Chumulpo zurückgezogen. Es geht das Gerücht, daß chinesische Kreuzer nach Korea abgegangen seien.

Afrika. Egypten. Korti, 15. Dezember. (A. C.) Sir Herbert Stewart nebst Stab, sowie die berittene Infanterie und das Garde-Kameel-Corps sind beute hier angekommen und werden am westlichen Flußufer, ungefähr 1 Meile von Korti entsernt, ein Lager beziehen. Der Marsch von Dongola nach Korti bietet keine Schwierigkeiten, und das Land an beiden Nilufern ist ergiebig und fruchtbar. Das allmälige Vorrücken der britischen Truppen setzt die

nicht zu genehmigen. Als Antwort darauf dient folgendes

Stammbewohner in den Stand, ohne Furcht ihre Ländereien

zu bestellen.

In der Nachbarschaft ist Ueberfluß an Vieh und Getreide vorhanden. Den neuesten Nachrichten zufdig: ist der Gesundheitszustand des Mahdi nicht der beste; aug soll sich sein Einfluß über seine Anhänger vermindern.

Heute kam hier ein Bote von Khartum an, der die Reise in 11 Tagen zurückgelegt hat. Er meldet, daß General Gordon sich wohl befindet und den Rebellen durch seine Minen empfindliche Verluste beigebracht hat. Die Forts der Rebellen in Om der man wurden in die Luft gesprengt, wobei viele der Feinde getödtet wurden. z

Siebzehn Wallfischboote mit Truppen sind hier angekommen.

Seitungsstimmen.

Die „Nationalliberale in ihrer Nummer vom 17. d. M.:

Nach dem, was wir vorgestern im Reichstage erlebt, wäre es jetzt Sache des Volkes, Sache der Wähler, zu sprechen. Wir haben schon mehr als einmal in Zeiten erregter Spannung erfahren, wie eine mächtige Strömung das Volk ergriff, wie dieses selbs seinen Willen aufs unzweideutigste aussprach und damit eine ausschlaggebende Wirkung erzielte. Möchten in den nächsten Tagen und Wochen die Wähler allenthalben zusammen⸗ treten und Zeugniß ablegen, ob sie es wirklich billigen, daß der Reichstag dem Leiter unserer auswärtigen, Politik ein' pas tausend Mark verweigert, mit denen die Hülfekräfte beschafft werden könnten, ohne welche der Reichskanzler die Geschäfte nicht mehr ge⸗ nügend führen zu können erklärt. Namentlich an die Wähler deutsch. freisinniger Abgeordneter richten wir die Aufforderung, unter sich Rath zu pflegen, ob sie damit einverstanden sind, daß eine deutschfreisinnig⸗ ultramontane Mehrheit dem Fürsten Bismarck die Mittel zur genügen, den Fortführung der Geschäfte verweigert, und wenn sie nicht damit einverstanden sind, so mögen sie ihre entgegengesetzte Meinung in Adressen und Resolutionen niederlegen und für fernere Wahlen sich das . . . Votum vom 15 Dezember merken. Ohne allen Zweifel würde der vorgestrige Beschluß eine vollständig genügende Handhabe zur Reichstagsauflösung bieten und ein unter diesem Zeichen erfol⸗ gender Appell an das Volk die erwünschte nationale Mehrheit in die Volksvertretung führten. Indessen wenn auch jetzt die Wähler nicht zur Wahlurne gerufen werden, so dürfen sie sich doch nicht ent gehen lassen, ein Wort dazwischen zu reden, ob sie wirklich mit der Aufführung des Reichstages vom 15. Dejember einverstanden sind. Der Centrumswähler nimmt ja freilich Alles hin, von den Wählern der »deutsch freisinnigen· Hälfte der kanzlerfeindlichen Koalition aber möchten wir doch bezweifeln, ob das, was wir gestern erlebt, in ihrem Sinne gewesen. In einem Augenblick, wo die auswärtige Politik des deutschen Reichskanzlers bewundert und gefeiert im In, und Auslande dasteht, wie nur je, wo Bank diefer Politik der Friede aufs Beste gesichert ist, wo die Kolonial— frage, in deren Behandlung wir die Meisterschaft, die Energie, den Patriotismus des Kanzlers im höchsten Grade anerkennen müssen, neue gewaltige Aufgaben an uns stellt, in diesem Augenblick findet sich ein deutscher Reichstag und streicht dem leitenden Staatsmann kümmerliche Mittel zur Besoldung einer Hülfskraft, ohne die er die Arbeit nicht mehr bewältigen zu können erklärt Aus Sparsamkeit! Und in demselben Augenblick, wo der Reichstag diese Lappalie verweigert, verlangt er rund eine Million Mart Däten für sich selber. Da kaun eben nur ein kräftiges Wort der Wähler Wandel schaffen.

In der „Staatsbürger⸗Zeitung“ lesen wir:

Vor einiger Zeit wurde ein Kaiserliches Handschreiben an den deutschen Reichskanzler, Fürsten Bismarck, mitgetheilt, Inhalts dessen der greise Monarch in Anerkennung der Verdienste des großen Staatt—= mannes und unter den herzigsten Worten demselben den Orden pour le mérite mit Eichenlaub verlieh und dadurch zugleich dokumen— tirte, daß er den Träger desselben der höchsten Ehre, welche ein Monarch zu verleihen vermöge, werth halte. An diesem Dokument ist unseres Wissens nicht gedeutelt worden, nicht weil es überhaupt nicht taktvoll ist, an den Worten des Monarchen zu drehen und zu deuteln, sondern weil jeder fühlte, daß der Akt der Kaiserlichen Gnade auch zugleich ein Akt der Gerechtigkeit sei. Denn, was man auch dagegen sagen mag, das Gesühl, daß das Baterland dem Fürsten Bismarck zum größten Danke verpflichtet ist, läßt sich einmal nicht mehr unter— drücken, es wird fortleben in der Geschichte Deutschlands bis in die fernsten Zeiten.

Die Weltgeschichte ist das Weltgericht! Und da wird sie ein⸗ mal, auch derer gedenken, die heute jede Gelegenheit benutzen, die Meinung des deutschen Volkes zu fälschen, indem sie mit Undank— barkeit lohnen, wo Dankbarkeit Pflicht ist, uud Mißtrauen erregen, wo dag Vertrauen des Volkes noch nie getäuscht worden. . . .

Wir sind der festen Ueberzeugung, daß man in keinem Kultur— staat der Erde wird begreifen können, daß es deutsche Männer gewesen sind, welche dem Manne, der den hervorragendsten Antheil

Correspondenz“ sagt

an der Wiedergeburt Deutschlands hat, in so überaus kleinlicher

Weise entgegengetreten sind.

Es handelte sich um eine Ausgabe von 20000 M für eine neue Direktorstelle im Auswärtigen Amt, deren Ablehnung von der Bud— getkommission empfohlen war. Unter gewöhnlichen Umständen würde es denn auch durchaus nicht aufgefallen sein, wenn das Plenum im Sinne der Kommission beschlossen hätte; hier liegt die Sache indessen anders, denn wenn jemals ein Bedürfniß für die Creirung einer neuen Stelle im Staatsdienst nachgewiesen worden ist, so war es hier der Fall, oder man müßte denn wie der Abg. von Vollmar den traurigen Muth haben, an der Wahrheitsliebe des ersten Beamten des Deutschen Reichs und eines andern stets ehrenwerth befundenen Beamten, des Unter-Staatssekretärs Busch, zu zweifeln.

Was indessen noch mehr als diese Ablehnung ins Gewicht fällt, das ist die Diskussion, durch welche dieselbe motivirt worden ist. Da war zuerst der Abg. Ludwig Löwe, welcher dem größten Staats mann seiner Zeit mit weisen Rathschlägen entgegentrat und ihm haarklein zu demonstriren wußte, wie er durch richtige Arbeits— eintheilung die Arbeiten bewältigen könne. Sodann betonte der Abg. Hänel wie gewöhnlich mit vielem Pathos, daß der Reicht kanzler in Begründung dieser Forderung viel zu weit gegangen sei und alle Mittel angewandt habe, die Opposition in die schlechteste Position zu versetzen. Er hätte nur noch hinzuzusetzen brauchen, daß diese schlechteste Position keine künstlich geschaffene, fondern eine wirk—Q liche war, da die Ablehnung der Forderung dem Rachweise der Noth⸗ wendigkeit derselben gegenüberstand, die bisher immer noch als maß gebend angesehen worden ist. Am weitesten griff der Abg. Richter aus, indem er den Militär⸗Etat mit in die Diskufsion zo und darauf hinwies, daß man bei allen Forderungen auf diesem Gebiete auf die Verdienste des Heeres hingewiesen habe, wie man heute die Verdienste des Auswärtigen Amtes hervorhebe. Hr. Richter hat damit das Richtige getroffen; denn die Verdienste des deutschen Heeres sind in der That so groß daß die Leitung desselben ihre Ansicht darüber nicht unter den Scheffel zu stellen brauchte. Sie sind so unendlich groß, daß Allen, die seinerzeit die Reorganisation des Heeres bekrittelt und an derselben gerüttelt hatten, die Beschämung dafür nicht erspart bleiben konnte. .

Ebenso groß sind aber auch die Verdienste des Auswärtigen Amtse, das noch in der neuesten Zeit ein bewundernswerthes Ver— ständniß für die Interessen Deutschlands bewiesen hat. Das korrekte Vorgehen in Betreff der deutschen Kolonialpolitik, die energische Zu⸗ rückweisung der Ueberhebungen Englands, das sind Thatsachen, die für sich selber spreches, die keiner besonderen Lobpreisung bedürfen.

Was der sozialdemokratische Abg. von Vollmar gesagt hat, inter⸗ essirt uns nur insofern, als wir meinen, daß nach dessen Worten kein Mitglied des Deutschen Reichstages noch unklar darüber sein konnte, wie es zu stimmen habe. Volle Genugthuung dem Reichskanzler zu

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das war dieser Rede gegenüber die Parole des Augenblicks, e der Abg. Dr. Horwitz richtig aufgefaßt hat.

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ie Herren, aus. ! gelernt und die Ursache dieser Niederlage bereits vergessen

Die „Magdeburgische Zeitung“ sagt über ben⸗ len Gegenstand; . .

Die deutschfreisinnigrultramontane Mehrheit des Reichstages hat einen herrlichen Sieg erfochten! Mann für Mann, 141 gegen Stimmen, haben sie die neue Direktorstelle im Auswärtigen Amt whelchnt, trotpsz der wärmsten Befürwortung duich den Reichs kanzler mäohschon das Uchermaß der Arbeit im Auswärtigen Amt allbekannt t. Hu einem Augenblick, wo unsere auswärtige Politik wieder die glãn⸗ zsten Proben ihrer Leistungs fähigkeit ablegt, wo die koloniale Frage i Jus 'ärtigen Amt neue gewaltige Aufgaben stellt, wo der deutsche p zanzler im In⸗ und Auslande verdiente Bewunderung wie nur hals genießt, in. einem solchen Augenblicke versagt ihm die deutsch⸗ innige Partei im Bunde mit den Ultramontanen diejenigen Arbeits ate, die er in eindringlichster Weise für nothwendig erklärt, wenn und seine Gehülfen ihre Aufgabe erfüllen sollen. Man muß eben saren, tönte es von den Bänken der Linken, und dahei kannten die⸗ /sten Herren keine dringlichere Aufgabe, als. Diãten für sich zu ver⸗ 1mgen. Ob dieser Beschluß wirklich im Sinne der Mehrheit er deutschen Natisn ist? Wollte man an das Volk appelliren, so pirde wohl mancher der Abgeordneten an seinem gestrigen Votum ticken. . . . ö. Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Groß Umstadt in Großherzogthum Hessen ü. d. 14. Dezember geschrieben:

Am verflossenen Sonntag fand im Rheinischen Hof dahier eine ahlteich besuchte nationalliberale Parteiversammlung des Kreises Prturg unter dem Vorsitz des Landtags-Ahgeoroneten dautz statt, ler auch der Führer der Partei in Hessen, Rechtsanwalt Dr. Osann, nd der bei den letzten Wahlen gegen die ultramontan⸗sozialtemokra⸗ siche Verbindung unterlegene Kandidat, Handelskammer Sekretär Etloßmacher von Offenbach, beiwohnten. Hauptgegenstand der arekordnung war die Neuorganisation der Partei, worüber die eihlüsse nach einer lebbaften Besprechung einstimmig gefaßt wurden. Ferner wurde einstimmig die Absendung des nachfolgenden Telegramms sn den Fürsten Reichskanzler beschlossen: .

Die heute im Rheinischen Hof zu Groß⸗Umstadt behufs neuer Driganisirung der Partei tagende nationalliherale Versammlung des freies Driburg sendet Ew. Durchlaucht ehrerbietigsten Gruß und ß Gelöbniß, nach wie vor unentwegt dem von unserem „deutschen“ Feichkkanzler vorangetragenen nationalen Banner sowoh! auf wirth—

bafllichem als politischem Gebiete treu zu folgen. Obwohl im Bahlkampfe gegen die schwarzothe Verbrüderung unterlegen, werden pir Cw. Durchlaucht beispiellose Ausdauer zum Vorhild nehmend alle Kräfte daransetzen, fürderhin Männer in den Reichstag zu unden, welche, unfruchtbare Opposition und leeres Phrasenthum ver⸗ sbwähend, in treuer Arbeit für Kaiser und Reich Ew. Durchlaucht

r Seite stehen.

Nachdem noch der Vorsitzende als Mitglied des Landes⸗Aus⸗ busses der natisnalliberalen Partei gewählt worden war, trennte sich se Versammlung unter begeisterten Hochrufen auf den Kaiser und pf den Fürsten Bismarck, ausgebracht von den Herren Schloßmacher d Dr. Dsann. Auf das erwähnte, noch am rämlichen Abend ab— ssandte Telegramm ist nun am 12. d. M. folgende Antwort des herrn Reichskanzlers an den Abg. Lautz eingetroffen: .

Ew. Hochwohl geboren und Ihren Auftraggebern danke ich ver ndlichst für den Ausdruck Ihrer Zustimmung und für die Zusage shrer Unterstützung durch das Telegramm vom 7. d. Mis. Ich eue mich über jeden Fortschritt in der Organisation der Wähler n Lande, welchen die Befestigung der Reichsverfassung und die Bahrung der wirthschaftlichen Interessen der Nation höher stehen R die Parteiunterschiede, welche das neugeeinte Reich in Fraktionen sölösen. Erst wenn es den reichsfreundlichen Wählern gelungen sein hid, ihre Organisation im ganzen Lande auf gleiche Höhe mit der Er Oppositionsparteien zu bringen, werden die Bestrebungen und Hesinuungen des deutschen Volkes in den Wahlen zum richtigen Hubdruck kommen. von Bismarck.

ᷣDIn einer Correspondenz desselben Blatts aus Ham—

rg, unter dem 12., lesen wir:

Mit, gewohnter Sachunkunde schreibt das „Berliner Tagehlatt“: Die Rückwirkung der Finanzlage des Reichs auf die der Einzel⸗ maten tritt immer stärker hervor. Daß der Hamburger Senat Fit. seinem Etatsentwurfe nicht zurecht kommen kann, ist schon wähnt. Nun ist jedoch unser Senat mit seinem Entwurf des Ftaatsbudgets für 1885 schon seit einiger, Zeit, und zwar Unzich ohne die Mithülfe des journalistischen Finanzgenius ö. „Berliner Tageblattes“ zurecht gekommen und sonderbar! hat sich in diesem Spezialetat nicht nur keine Rückwirkung der Flechten Reichs⸗Finanzlage gezeigt, sondern es ist dieses Mal sogar me sehr erfreuliche Aufbesserung des ganzen Etats zu vermerken. Es heist nämlich das Budget, was seit Jahren nicht mehr vorgekommen „kein Defizit auf; für öffentliche Wohlihätigleit sind sogar ib bo0M e angesetzt. Der ganze Etat schwebt in Einnahme und Mlutgibe mit zr 624hi9 7. Demselben Blatt wird aus Paris, u. d. 16 Dezember, nlegrophirt . ; . ö Die „Niederlage“ des Fürsten Bismarck im Deutschen Reichstage Fregt hier in Paris die größte Schadenfreude. Die Nachricht wurde Ii bereits gestern Abend verbreitet, und infolge dessen wurden in Ilen Bierlokalen Lebehochs auf die Ultramontanen, auf Eugen likter und Genossen, „welche behülflich find, den Bau Bismarcks f flürzen', ausgebracht.

Statistische Nachrichten.

ach dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Bexlin . Stanliewien . 1 im Jahre 1883—- 84 in erlin 2263, i8 pa (6824,74 Morgen) steuerpflichtige Liegen schaf. mit einem Reinertrage von 118 S864 „, 665,57 ha (26507, 14. M.) ‚rerfrei mit 34 452 Reinertrag, von ertraglosen Grundstücken deb ba (sha 73 M) Laad und 19827 a (7764 M. Wasser, rab, ha (i523. 05 M.) Hofraum u. dergl, ins gesammt ue ha (4 77g. Vi) mit einem Reinertrag don 194 3536 zbanden, die aus 24 84 Parzellen bestehen. Zur landwirthschaft, en Boden benutzung warch 1225 ha bestimmt, die im Jahre 1882 . 1600 kg. Winterweizen und 2700 kg Stroh, 1500 kg sterroggen und 25666 kg Stroh, 1400 kg Sommerroggen. und g Stroh, 1500 kg Sommergerste und 2600 kg. Stroh, C Hafer und 240 Fg Stroh, 700 kg Erbsen und 1409 kg 12009 kg Wicken und ö zg Stroh, 109 00 Kg Kartoffeln. . Runkelrüben, FS0b0 kg Mohrrüben, 7000 kg Steckrüben,

ES Kohlrüben, 196000 K Kohl, 2060 Kg. Spargel, Hack— und Gemüse, 1505 Eg Raps, 1200 kg. Klee, 3 M ka cen 000. kg andere Futterpflanzen und Gräser, 1 . r n en, Die von der Stadtgemeinde verpachteten 565, nd brachten an Pacht Bro Heltar 1877: 6,7, 1878: 5g, zd,

db8 37, 150: S2 go, 1861: ö. Hi, i882: 76, s M

Die Zahl der Gebäude betrug in 1883/84 (auf 18 605 Grund⸗ stücken, gegen 15 504 in 1877 78) 51 461 (1877-78: 31 920) davon 24995 zu 4 und 19 370 zu 2 steuerpflichtig und 7096 steuer⸗ frei. er Steuerbetrag belief sich auf 5 658 266 (1877 —78: 3 308 838 M), im Durchschnitt pro Gebäude 127,54 M (1877—78: 108,74 416). Der eingeschätzte steuerbare Werth stellte sich für 1883 84 auf 149 959 150 4M, durchschnittlich auf 3404 M pro Ge⸗ bäude. Die Zunahme der Gebäudezahl beruht zum Theil auf strengerer Anwendung der gesetzlichen Definition der Gebäude.

Die Nachtichten über Industrie, Handel und Verkehr“, welche vom österreichischen Handels⸗Ministerium herausgegeben werden, enthalten in des XXIX. Bandes drittem Heft die Statistik des österreichischen Postwesens im Jahre 1883. Wir entnehmen derselben folgende Mittheilungen: Das Postgebiet der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder hat eine Ausdehnung von 299 984.3 4km mit 22 144 244 Bewohnern (nach der Zählung vom 31. Dezember 1880), und umfaßte 1883 19 dem Handels⸗Ministerium unterstehende Postdirektionen und 4148 für den Manipulationsdienst bestimmte Postanstalten. Die österreichische Postverwaltung be—⸗ saß in 1883 ferner 41 Postämter auf fremdem Staats— gebiete in Europa und Asien; außerdem befanden sich im Okkupationsgebiete Botrniens und Herzegowina 70 Miliiär⸗ poftanstalten nebst 3 Feldpostexposituren, welche von Civil—⸗ und Militärbediensteten versehen werden. In 1883 wurden 76 Post⸗ anstalten neukreirt und 1 aufgelassen; daher hat die Gesammtzahl der österreichischen Postanstalten sich gegen das Vorjahr (4073) um 75 vermehrt. Im Allgemeinen entfielen 63,90 qkm und 5338 Einwohner auf je 1 Postamt. Unter den österreichischen Postanstalten befanden sich 833 Postämter (1882 747), welche gleichzeitig den Telegraphen⸗ dienst versahen. In 1883 betrug auf Landstraßen die Zahl der Posteourse im Ganzen 397? mit einer Gesammtlänge von 40 477 km. Die zurückgelegte Kilometerzabl sämmtlicher Posten auf Landstraßen bezifferte sich auf 32 515 750 (1882 32461 230 km). Zum Postdienste wurden verwandt 5074 (1882 508, 1879 5812) Postwagen, 2955 Postillone und 6691 Pferde. Die Zahl der täglich für Postbeförderung benutzten Eisenbabnzüge betrug in 1383 1119 und die Gefammtzahl der von den Eisenbahn⸗ posten durchloufenen Strecken 30536725 km. Auf Wasserstraßen (Donau, Binnenseen und Meer) bestanden 26 Dampfschiffahrts—⸗ Verbindungen mit Postbeförderung. Die Zahl des Postpersonals im administrativen und technischen Dienste (ohne Einrechnung der Land⸗ briefträger) betrug 1383 insgesammt 15 367, 1382 14457. Im Brief⸗ postverkehr wurden überhaupt 464 922 400 (1882 438031 160 Stück befördert, davon waren Briefe 276878 300 (1882 259 151 100), Kor respondenzkarten 58 755 200 (1882 53 318 950), Drucksachen 39 964 300 (1882 37 700050), Waarenproben 8022100 (1882 7287 600), Zeitungen 81 302500 (1882 80573400) Stück. Im Fahrpost Verkehr wurden im Ganzen befördert 33927060 (1882 3207500) Stck., davon waren gewöhnliche Packete 9446760 (1882 7604500), Geld briefe 11272200 (1882 1098531 000), Werthsendungen 13 208 100 (1882 13642000) Stck.; das Gesammtgewicht der beförderten Packete und Werthsendungen belief sich auf 75415 900 Eg (1882 57 923 800 kg). Der Gesammtwerth der Geldbriefe und anderen Sendungen mit Werthangabe (ohne Postnachnahmen) betrug 5069 621400 Fl. (1882 4662 408900 Fl.). Die Gesammteinnahme des Postbetriebes im Umfange des im Reichsrathe vertretenen Gebietes betrug 20 020730 Fl. (1882 19150650, 1873 14009 6690 Fl.); hiervon entfie⸗ len auf das Briefpostporto 11409 800 Fl. (1882 I0 894 242 Fl.), auf das Fahrpostporto 6 899g 850 (1882 6 576 705) Fl. Die ordentlichen Betriebs Ausgaben beliefen sich auf 16 473 730 Fl. (1882 15 886 370, 1873 12465120 Fl); von dieser Ausgabe entfallen auf die persön⸗ lichen Ausgaben 6424780 Fl. oder 39,0 0½, auf die sächlichen Aus⸗ gaben 10048 9950 Fl. oder 61,0 0/9. Die außerordentlichen Ausgaben für den Postbetrieb betrugen 303 160 Fl. Der Ueberschuß der Ein— nahmen über die (ordentlichen) Betriebs -Ausgaben beläuft sich auf 3 547 000 Fl.

Summarische Uebersicht über die Zahl der Studirenden auf der Königlichen Georg-Augusts⸗Universität zu Göttin⸗— gen im Winter- Semester 1884,85. Im vorigen Semester sind im— matrikulirt gewesen (1010 4 15 —) 1025. Davon sind abgegangen 326. Es sind demnach geblieben 699. Hierzu sind in diesem Semester gekommen 294. Die Gesammtzahl der immatrikulirten Studirenden beträgt daher 993. Die evangelisch theologische Fakultät zählt Preußen 154, Nichtpreußen 28, zusammen 182. Die juristische Fakultät zählt Preußen 118, Nichtpreußen 37, zu⸗ sammen 155. Die medizinische Fakultät zählt Preußen 152, Nicht- preußen 38, zusammen 190. Die philosophische Fakultät zählt a. Preußen mit dem Zeugniß der Reife 304, b. Preußen ohne Zeugniß der Reife nach §. 36 des Reglements vom 2. Juni 1834 48, Preußen 352, e. Nichtpreußen 114; zusammen 466. Summa 993. Einzelne Vorlesungen besuchen außerdem noch 9. Es nehmen mithin an den Vorlesungen überhaupt Theil 1002.

Kunft, Wifsenschaft und Literatur.

Im Verlage von Fr. A. Perthes (Gotha) erschien soeben ein Buch, betitelt: In eines großen Königs Armen“ von B. Mercator. Es geht ein eigenhümlicher Hauch durch diese Erzählung, so warm und echt poetisch, wie er leider selten aus den Erzeugnissen unserer modernen Literatur dem Leser entgegenweht, so innig und tief empfunden, daß wir mit aller Macht gepackt werden und uns gern dem seltsamen Zauber hingeben, welchen Mercator in ihrer prächtigen Erzählung über Personen und Gegend auszubreiten gewußt hat. Es gelingt ihr, uns die sonnenhelle Küste Sidons, das Leben und Treiben des Orients zu der Zeit, in welcher diese Geschichte spielt, so lebhaft und anziehend zu schildern, daß wir uns dorthin versetzt glauben; sie versteht es ferner, uns die Anschauungen der Per⸗ sonen so überzeugend und wahr darzulegen, daß wir uns in ihr eigen thümliches phantastischreligiöses Seelenleben vollständig hineindenken, uns mit ihnen freuen und betrüben können. Eg ist stets eine schwie⸗ rige Aufgabe, den Geist vergangener Zeiten wiederzuerwecken, ihm frisches und warmes Leben zu verleihen, die längstverstorbenen Schatten körperlich zu gestalten und uns wirkungsvoll und wahr vorzu— führen, insbesondere gilt dies von der amiken Welt, welche immer wieder von unseren Schriftstellern zum Gegenstande ihrer) Schilderungen und Dichtungen benutzt wird. Meist bleiben es eben Schatten, welche flüchtig an uns vorübergleiten ohne warmes Leben, kalt und schemenhaft, und der Wunsch, ein möglichst deut⸗ liches Bild des damaligen Kulturlebens zu geben, erzeugt oft eine pedantische, nach dem Lexikon schmeckende Kleinmalerei, die ermüdend statt belebend wirkt. Das ist nun in Mercators Werk nicht der Fall. Die Charaktere sind scharf und klar gezeichnet, der ernste, edelgesinnte Kaufmann Pygmalion, die liebende jungfräuliche Hera, der freiheitsdürstende griechische Sklave Helios, der fanatische, heuchlerische Priester Mattan Sydyk und sein Sohn Ethbaal, selbst die uns gleichgültige Ada, alle sie treten lebendig vor uns hin und wir lernen sie genau kennen und auch lieben. Die reine hingebende Liebe, welche Hera zu Helios empfindet, das religiöse, tiefsinnige Wesen des Pygmalion, das reizende Familienleben im Galiläer Haufe, der Kampf böser Leidenschaften, welcher von dem habgierigen Priester und dessen Sohn gegen die reine Gesinnung der Kaufmannzfamilie erhoben wird, der kräftig wehende Hauch des eben sich ausbreitenden jungen Christen⸗ thums, die zart gehaltene Schilderung der Thätigkeit des Heilandes: Alles das trägt zusammen zu einem wirkunge vollen, prächtigen Bilde bei, von dem wir uns nur schwer trennen können. Echt poetische Sprache, Macht der Darstellung, feine psychologische Besbachtung, Maßhalten nach der realsstischen und sentimentalen Seite hin zeichnen das Mercatersche Werk aus und sichern ihm einen hervorragenden Platz unter dem Weihnachtsbaum zu, in dessen Glanz diese reizende Geschichte gelesen zu werden ver dient; das Büchlein sei daher als Festgeschenk warm empfohlen. Der Preis des ungebundenen Heftes beträgt 3 M

Im Verlage der Schulze'schen Hof Buchhandlung in Oldenburg erschien die zweite Auflage der Genrebilder aus dem See“ leben“ von H. Pichler. Mit ergreifender Lebenswahrheit geschrieben,

bieten uns die Blätter dieses Buches ein treues farbenreiches Bild des Seelebens in seinen hellen Lichtseiten und ernsten starren Formen. Von der Abreise bis zur Ankunft mit all seinen vorbereitenden Einzel- heiten, mit all den freudigen und leidigen Ereignissen und Anlässen begleiten wir den Seemann in Pichlers Genrebildern hinaus und erreichen mit ihm den sicheren Hafen. Wir sehen den wetter⸗ gebräunten, festen standhaften Mann der Gefahren und des Gott⸗ vertrauens in seiner Originalität, die für Jeden etwas eigenthümlich Anziehendes hat, auf dem Lande sich bewegen dieser Mann des bittersten Lebensernstes eiweckt durch seine echte phrasenlose Liebe zu seinem geliebten Weibe, das fest und kühn ihm zur Seite steht, ein solches Interesse, daß die Theilnahme für beider Geschick auf⸗— richtig ist, wenn man beider Stellung zu erfassen weiß. Mit diesem letzteren Motiv ist ein Stück Romantik hineingetragen in das streng geregelte alle Kräfte anspannende, ernste Seeleben, das für die Seeleute so bald die Romantik ihres Berufs ersterben läßt; damit ist über das Leben und Treiben auf der Wasserburg, das Nichts kennt, als den schwankenden, beschränkten Boden unter den Füßen. über sich den Himmel und unter sich das Wasser und in der Brust am rechten Fleck ein wackres Herz, ein Reiz ausgegossen, der jeden Leser mächtig fesseln muß. In eleganter Ausstattung brochirt kostet das Buch 3 A, in feinem Original ⸗Einband 4 M Dieselbe Buch⸗ handlung veröffentlicht die zweite Auflage des Sylvesterglocken—⸗ klang“, ein stilles Wort zur feierlichen Stunde, von Dr H. Partisch, Pfarrer an St. Lambert zu Oldenburg. Der erste Theil des Buches benennt sich: Im Strome der Zeit, der zweite: Vor Jerufalems Thoren. Der Verfasser weist in diesem Büchlein dicht vor Jahres⸗ schluß mit ernsten Worten auf so manche Uebelstände im gesellschast⸗ lichen und religiösen Leben hin, und fucht durch Wiedererweckung des kirchlichen Sinnes veredelnd und fördernd auf die Gemüther einzu— wirken. Der lobenswerthe Zweck empfiehlt das Büchlein. Ber cartonnirte Band kostet 1 A1, in Original ⸗Einband 2 A6

Das Viertel jahrsheft 10 12, 34. Jahrgangs 1884, der Zeit⸗ schrift für Bauwesen“, herausgegeben im Ministerium der öffent- lichen Arbeiten (Berlin, Verlag von Ernst u. Korn. Gropiussche Buch⸗ und Kunsthandlung) hat folgenden Inhalt: Die Berliner Stadt -Eisenbahn (Fortsetzung); Die neuen Straßfenbrücken im Wartheihale bei Cüstrin, vom Wasser⸗Bauinspektor R. Roeder in Ratibor; Der Hafen zu Memel, vom Geh. Ober⸗Baurath L. Hagen in Berlin (Schluß folgt im Jahrgang 1885); Der Dom zu Mainz (Fortsetzung) vom Dompräbendaten Dr. Friedr. Schneider in Mainz; Kaiser Wilhelms-Universität Straßburg, J. Physikalisches Institut (Schluß), vom Land ⸗Bauin pektor H. Eggert in Straßburg; Abbruch des nördlichen Thurmes am Dom in Halberstadt, vom FKreis⸗Bau⸗ inspektor Varnhagen in Halberstadt; Ueber die Beziehung des Ver⸗ kehrs auf den Straßen zu dem erforderlichen Straßenunterhaltungs-« material, vom Landes⸗Baurath F. Dreling u. Reg.⸗Baumeister L. Samans in Düsseldorf; Profilformen und Abmessungen von Bau⸗ werken in höheren Dämmen, vom Reg. Baumeister L. Dyrssen in Magdeburg; Verzeichniß der im preußischen Staate und bei Bebörden des Deutschen Reichs angefstellten Baubeamten (Ende Oktober 1884); Verzeichniß der Mitglieder der Königlichen Akademie des Bauwesens; Zusammenstellung der bemerkenswertheren preußischen Staatsbauten aus dem Gebiete des Landbaues, welche im Laufe des Jahres 1883 in der Ausführung begriffen gewesen sind (Fortsetzung folgt im Jahrg. 1885); Statistische Nachweisungen, betreffend die in den Jahren 1871 bis einschl. 1880 vollendeten und abgerechneten preußischen Staats bauten, im Auftrage des Ministers der öffentlichen Arbeiten, auf gestellt vom Geh. Baurath Endell und Regierungs⸗Baumeister From⸗ mann in Berlin (Forsetzung); Inhalt des 34. Jahrgangs.

Die in Leipzig und Berlin am 20. d. M. erscheinende Nr. 2164 der Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Die heilige Cäeilie. Gemälde von Carlo Dolce in der Dresdener Gemäldegalerie. Nach (iner Photographie aus dem Verlage von Ad. Braun u. Co. in Dornach und Paris (Vertreter Hugo Grosser in Leipzig). Vignette zu ‚Weihnachtsgruß“. Driginalzeichnung von Aug. H. Plinke. Weihnachtsabend im Gebirge. Driginalzeichnung von Ernst Heyn. Ins Wintergartier. Gemälde von Prof. Werner Schuch. Nach einer Photographie von Franz Hanfstängl in München. Ladislas Mierzwinski. Die Madonna des heiligen Hieronymus, genannt Der Tag“ des Correggio. (Zweiseitig Weihnachten an der Waldfütterung. Driginalzeichnung von Chr. Kröner. Rück— fehr des verlorenen Sohnes. Nach einem Gemälde von Hermann Lindenschmit. Frau Clovis Hugues. Lüneburger Kuchenformen aus der Renaissancezeit. 4 Abbildungen. Die Leipziger Puppen⸗ doktorin. Originalzeichnung von G. Broling. Polytechnische Mit⸗ theilungen: Drehbarer und zusammenlegbarer Blumentisch. 2 Fi⸗ guren. Auseinandernehmbarer Kleider halter. Frauenzeitung: Eine Weihnachtsfahrt. 2 Abbildungen.

In der Besprechung des Werkes Aus Carmen Sylva's Leben“, von Natalie Freiin von Stackelberg, in Nr. 295 d. Bl., ist 3. 11 v. unten zu lesen: hochbegabten“ Königlichen Dichterin.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Mannbeim, 14. Dezember. Die von der Handelskammer für den Kreis Mannheim und dem hiesigen landwirthschaftlichen Bezirks— verein heute im Kasinosaale veranstaltete Versammlung von Tabackinteressenten war äußerst zahlreich besucht. Wir schätzen die Zahl der Anwesenden auf über 300, darunter besonders viele Bürgermeister aus den tabackbauenden Orten von Baden bis nach Bruchsal und Friedrichsthal, Hessen und der Rheinpfalz im weitesten Kreise. Zunächst begrüßte der Präsident der Handelskammer Hr. Diffens die Versammlung und gab hierauf dem Hofrath Professor Dr. Neßler in Karlsruhe das Wort. Derselbe verbreitete sich in einem einstündigen äußerst lichtvollen Vortrag des Näheren darüber, wie es möglich wäre, den Tabackbau in unserem Lande zu heben; er richte dieserhalb die Aufmerksamkeit der Produzenten, Fabrikanten und Händler auf die Art und Weise, wie in Holland die Tabackpflanze bereits als Setzling behandelt, wie das Feld dazu bestellt, wie er geerntet wird, wie sorgsam man ihn dort sortire und fermentire und aus welchen inneren Gründen eben diese Art der Behandlung eine Quelle reicher Erfolge werde. Redner ist der festen Ueberzeugung, daß, wenn man sich die Holländer bei uns um Muster nehmen würde, wenn ein solcher Pflanzer zu uns gerufen würde, mit dem sich die einzelnen Landwirthe, welche diesem Beispiel folgen wollen, benehmen könnten, so würden auch bei uns wieder gleichmäßige und zuverlässige verbrennliche Tabacke in den Handel gebracht werden, welche von dem Händler ganz anders bezahlt würden, als das heute der Fall sein könnte. Daran schloß sich eine sehr animirte und interessante Debatte; an derselben be⸗ theiligten sich folgende Herren. Zunächst Dr. Diffens Namens des Mannheimer Tabackcomités, welcher unter voller Anerkennung der ge⸗ gebenen Anregungen doch auch angesichts der vielfachen Entartung unserer Tabackpflanzen dem Samenwechsel lebhaft das Wort sprach und zugleich die Ausführung eines Gedankens wünschte, wie er schon 1875 von Hrn. Bensheim hier angeregt worden war: Schaffung und methodische Fortbildung von landwirthschaftlichen Versuchsstationen, welche unter Leitung der Centralstelle sür Landwirthschaft nach all den verschie— denen in dem Vortrage erwähnten und sonst gewünschten Richtungen Versuche unter Beihülfe eines sachverständigen Kollegiums aus den Tabackinteressenten anstellen sollten. Hr. Fritz Hirschhorn verwies so⸗ dann darauf, daß auch die Händler vielfach Schuld seien, daß die rationelle Verbesserung in dem Tabackbau nur langsam voranschreite, weil sie den Pflanzern auch die geringeren Tabacke bisher abgenommen baben. Ferner sprachen die Herren Thorbecke, Bensheim, Inspektor Hoff mann, Bürgermeister Steinhaus von Roth, Finanz Rath Hilde⸗ brand und zu öfteren Malen noch Hr. Hofrath Neßler. Zum Sblusse war die Versammlung dahin einig, daß zur Hebung des Tabackbaues alsbald cine Kommission aus Landwirthen, Händlern und Fabri⸗ kanten zusammentreten solle, welche einmal die früher schon aufge⸗ nommenen und wieder unterbrochenen Versuche mit ausländischen Samen wieder in Angriff zu nehmen, den von Qn. Hofrath Dr. Neßler gegebenen Anregungen zur Durchführung zu verhẽffen, auch die im Handel hervorge- tretenen Mängel, beispielsweise das Dachkaufen, so viel wie thunlich abzu⸗