Söchst — Frankfurt a. M. nach ihrer demnächstigen Betriebs⸗ eröffnung innerhalb der den Königlichen Eisenbahn-Betriebs⸗ ämtern durch die unter dem 24. November 1879 Allerhöchst genehmigte Organisation der Staatseisenbahn⸗Verwaltung zu⸗ gewiesenen Ressortbefugnisse übertragen worden.
Berlin, den 13. Januar 1885.
Der Minister der öffentlichen Arbeiten. Maybach.
Angekommen: Se. Excellenz der kommandirende General des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee⸗ Corps, General der Infanterie von Schachtmeyer, von Stuttgart.
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Die Nummer 2 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter .
Nr. 9029 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Theil der Bezirke der Amtsgerichte Meldorf, Schleswig und Kiel. Vom 30. De—⸗ zember 1884.
Berlin, den 15. Januar 1885.
Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Didden.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 15. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Morgen militarische Mel⸗ dungen entgegen, darunter die einer Deputation des Posenschen Ulanen⸗Regiments Nr. 10, welche zu der morgen stattfin denden Trauerfeierlichkeit für den verstorbenen Chef des Regiments, Se. Königliche Hoheit den Prinzen August von Württemberg, hier eingetroffen ist.
Von 11 Uhr ab hörten Se. Majestät die Vorträge des Kriegs⸗Ministers und des Chefs des Militärkabinets.
Um 2 Uhr empfingen Se. Majestät der Kaiser Se. Hoheit den Herzog Karl Michael von Mecklenburg-Strelitz, welcher zu der bevorstehenden Trauerfeierlichkeit hier angekommen ist.
Um 31 Uhr ertheilten Se. Majestät dem Ober⸗-Präsi— denten der Provinz Hessen-Nassau, Staats-Minister Grafen zu Eulenburg, Audienz.
Um 5 Uhr findet zu Ehren der Mitglieder der hier tagen— den Afrikanischen Konferenz im Kaiserlichen Palais ein Diner von 32 Gedecken statt.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin war gestern in einer Vorstandssitzung des Vaterländischen . im Ministerium des Königlichen Hauses an— wesend.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wohnte gestern Vormittag 11 Uhr der Staats— raths⸗-Sitzung im Ministerium des Innern bei.
Zum Diner, um 6 Uhr, erschien Se, Hoheit der Prinz Nicolaus von Nassau bei den Kronprinzlichen Herrschaften.
Abends 8 Uhr begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria in das Opernhaus.
— Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zu⸗ sammen.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der folgende . Entwurf eines Gesetzes,
betreffend die Kündigung und Umwandlung
der viereinhalbprozentigen konsolidirten
Staatsanleihe zugegangen:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages Unserer Monarchie, was solgt:
8. 1.
Die Schuldverschreibungen der 43prozentigen konsolidirten Staats— anleihe können vom 1. April 1885 ab zur Einlsösung gegen Baar⸗ zahlung des Kapitalbetrages binnen einer dreimonatlichen Frist gekündigt werden.
Die Kündigung geschieht durch öffentliche Bekanntmachung des Finanz ˖ Ministers. .
35 Bevor die Kündigung (8. 1) erfolgt, ist den Inhabern der Schuld— verschreibungen der 4 prozentigen konsolidirten Staatsanleihe die Um— wandlung dieser Schuldverschreibungen in solche der 4prozentigen konsolidirten Staattanleihe durch öffentliche Bekanntmachung des Finanz ⸗Ministers mit der Wirkung anzubieten, daß das Angebot für angenommen gilt, wenn nicht binnen einer auf mindestens Einen Monat vom Tage jener Bekanntmachung ab zu bemessenden Frist unter Einreichung der Staatsschuldverschreibungen die Baarzahlung des Kapitalbetrages beantragt J §. 3. Die umzuwandelnden Schuldverschreibungen (8. 2) werden bis zum 30. September 1885 mit 490, verzinst. 4
Qe umzuwandelnden Schuldyverschreibungen werden nach erfolgter Einreichung mit einem die Zinsherabsetzung ausdrückenden Vermerk abgestempelt.
Auf Antrag des Gläubigers soll statt der Abstempelung die kostenfreie Eintragung eines dem Nennwerth der eingereichten Schuldverschreibungen gleichen, vom 1. Oktober 1885 ab zu 4 0½ι ver— zinslichen Betrages in das Staatsschuldbuch bewirkt werden. Der Antrag muß binnen einer vom Finanz⸗Minister festzusetzenden Frist an diesen gerichtet werden.
; 6 65
Auf die gemäß §. 4 erfolgenden Eintragungen in das Staats- schuldbuch und auf die eingereichten Schuldyperschreibungen finden die Bestimmungen des. Gesetzes, betreffend das Staatsschuldbuch vom 20. Juli 1883 (G. S. S. 120) mit der Maß⸗ gabe entsprechende Anwendung, daß Privat · Außercourssetzungt⸗ vermerke den Bestimmungen der §§. 4 und 2 des Gesetzes vom 16. Juni 18365 (G. S. S. 133) .
Die mit dem Antrag auf Baarʒahlung des Kapitalbetrages ein—⸗ gereichten Schul dverschreibungen (53. 2) werden abgestempelt ö ge⸗ mäß der erfolgenden Kündigung 6) I) zurückgezahlt.
Zu , Betrage, welcher erforderlich sein wird, um die
Mittel der Baarzahlung für die zur Einlösung gelangenden 480 / Staatsschuldverschreibungen (6. 6) zu beschaffen, können Stan to schll⸗ verschreibungen ausgegeben werden.
Wann, durch welche Stelle und in welchen einzelnen Beträgen, zu welchen Bedingungen der Kündigung, zu welchem Zinsfuß und zu welchen Coursen die Schuldverschreibungen zu verausgaben sind, be⸗ stimmt der Finanz Minister. ö .
Im Uebrigen kommen wegen der Verwaltung und Tilqung der Anleihe, sowie wegen der Verjaͤhrung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19. Dezember 1869 (G.S. S. 1197) mit der Maß gabe zur Anwendung, daß die Kündigung nur im Wege des Gesetzes erfolgen kann. .
ö
Die umzuwandelnden Schuldverschreibungen (58. 2) können gegen neu auszufertigende Schuldverschreibungen der 4prozentigen konsolidirten Staatsanleihe, auf welche die Bestimmungen des 5§. 7 Absatz 3 ent- sprechende Anwendung · finden, e em werden.
Der Finanz- Minister erläßt die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen. Beglaabigt:
Der Finanz⸗Minister. von Scholz.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
— Die heutige erste Sitzung des Herrenhauses, welcher der Reichskanzler Fürst von Bismarck und der Justiz⸗ Minister Dr. Friedberg beiwohnten, eröffnete der bisherige Präsident, Herzog von Ratibor um 15 Uhr mit einem Hoch auf Se. Majestät den König, in welches das Haus drei Mal begeistert einstimmte.
Der Präsident berief sodann zu Schriftführern die Herren von Wiedebach, Lotichius, Theune und von der Osten, und erklärte, daß er die Personalveränderungen des Hauses in der nächsten Sitzung mittheilen werde.
Nachdem ein Schreiben des Ministers des Innern ver— lesen worden, in welchem diejenigen Herren namhaft gemacht werden, welche seit der letzten Sitzung in das Haus berufen worden sind, erfolgte der Namensaufruf, welcher die Anwesenheit von 99 Mitgliedern ergab. Das Haus war somit beschluß— fähig, und es wurde bei Schluß des Blattes zum ersten Gegenstande der Tagesordnung, der Wahl des Präsidiums übergegangen.
— Die erste Sitzung des Hauses der Abgeord— neten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats-Ministeriums, Staats-Minister von Puttkamer, beiwohnte, wurde kurz nach Use Uhr von dem Präsidenten der vorigen Session, Abg. von Köller, eröffnet. Derselbe bat, die Geschäfte damit zu beginnen, daß das Haus von der Treue und Ergebenheit Zeugniß ablege, von welcher die Verhandlungen immer ge— tragen seien, immer getragen sein sollten, und ein drei— maliges Hoch auf Se. Majestät den König auszubringen.
Die Anwesenden stimmten dreimal begeistert in den Ruf ein. hö e , a, ö
Der Präsident von Köller berief hierauf zu provisorischen Schriftführern die Abgeordneten Bohtz, Sachse, Vopelius und Graf Schmising⸗Kerssenbrock.
Die Verloosung in die Abtheilungen soll nach der Sitzung durch das Bureau vollzogen werden.
; e Tu der Sitzung 12/ Uhr. Nächste Sitzung: Freitag, 2 3
— Der in einem Wechsel⸗(Urkunden⸗ Prozeß ge— leistete Eid behält nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Civilsenats, vom 22. November v. J., auch nach Umleitung der Sache in das ordentliche Verfahren (85. 559 der Civil⸗ prozeßordnung: „Der Kläger kann, ohne daß es der Ein⸗ willigung des Beklagten bedarf, bis zum Schluß der münd— lichen Verhandlung von dem Urkundenprozeß in der Weise abstehen, daß der Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren an— hängig bleibt“) seine volle rechtliche, im 8. 428 der Civilprozeß⸗ ordnung vorgesehene Bedeutung.
— In der verflossenen Nacht um 2 Uhr 20 Minuten traf auf dem Stettiner Bahnhof die Leiche des verewigten Prinzen August von Württemberg, Königliche Hoheit, von Zehdenick hier ein und wurde sofort in einem Königlichen Leichenwagen unter Escorte einer Escadron des Garde⸗Kürassier⸗Regiments nach der Garnisonkirche über⸗ geführt, wo die Leiche bis zu ihrer Ueberführung nach Württemberg aufgebahrt und durch Ehrenposten des Garde— Kürassier⸗Regiments bewacht wird.
Morgen Mittag 12 Uhr wird demnächst in der gedachten Kirche die Trauerfeier für den Hohen Verewigten statt— finden, an welcher sich die Offiziere der Garnison Berlin und Deputationen der Offiziercorps aus Potsdam, Spandau, Charlottenburg und Lichterfelde betheiligen; ferner sind zur Theilnahme an der Leichenfeier von den Mann— schaften der hiesigen Truppentheile Deputationen kom— mandirt worden. Offiziere und Mannschaften, welche sämmtlich um 115. Uhr ihre Plätze in der Kirche eingenom⸗ men haben, erscheinen im Parade⸗Anzuge, die Offiziere mit Ordensband und Schärpe und Trauerflor um den linken Unterarm.
Zu der Feierlichkeit wird außerdem Seitens der Gar— nison eine Trauerparade unter Kommando des Inspecteurs der Jäger und Schützen, General-Majors von Arnim, gestellt, welche aus je einem Bataillon des Kaiser Alexander-Garde⸗ Grenadier⸗Regiments Nr. 1, des Kaiser Franz Garde⸗-Gre— nadier⸗Regiments Nr. 2 und des 3. Garde⸗-Re⸗ giments z F. mit Fahnen, Spielleuten und der Re⸗ giments-⸗-Musik des erstgenannten Regiments, je einer Escadron des Garde Kürassier⸗Regiments, des 1. und 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiments und des 2. Garde⸗Ulanen-⸗Regi⸗ ments mit der Standarte und dem Trompeter⸗Corps des Garde ⸗Kürassier⸗Regiments, sowie aus 3 Batterien mit je 4 Geschützen nebst einem Trompeter-Corps der Garde⸗ Feld⸗Artillerie⸗ Brigade besteht. Als Commandeur der In⸗ fanterie wird der Oberst von Unruhe, Commandeur des Kaiser Alexander Garde⸗-Grenadier⸗Regiments Nr. 1, und als Commandeur der Kavallerie der Oberst⸗-Lieutenant Freiherr von Fürstenberg⸗Borbeck, Commandeur des Garde⸗Kürassier⸗ k fungiren. Der Anzug ist Parade⸗Anzug ohne
epäck.
Vom Posenschen Ulanen-Regiment Nr. 10, dessen Chef Se. Königliche Hoheit der Prinz gewesen, ist eine Deputation unter Führung des Commandeurs dieses Regiments, Obersten Grafen von Richthofen, zu der Trauerfeier hier eingetroffen, welche sich demnächst auch nach Württemberg begeben wird, um den Beisetzungsfeierlichkeiten beizuwohnen.
— Der Königlich dänische Gesandte am hiesigen Aller⸗ ö Hofe, von Vind, ist nach Berlin zurückgekehrt und at die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
hob hierauf
— Der General⸗Lieutenant von Schlichting, Com— mandeur der 15. Division, ist mit Urlaub aus Cöln hier ein—
getroffen.
— S. M. S. „Nymphe“, 9 Geschütze, Kommdt. Korvkpt. von Reiche, ist am 19. Dezember v. J. in Prince Ruperts Bay, Dominica, eingetroffen.
Baden. Karlsruhe, 12. Januar, (Karlsr. Ztg.) Der Großherzog und die Großherzogin folgten gestern früh der von dem evangelischen Kirchengemeinderath und den Vertretern der Gemeinde Durlach ergangenen Ein— ladung, dem zur Feier der Wiederherstellung der dortigen evangelischen Kirche veranstalteten Gottesdienst anzuwohnen.
Hamburg, 11. Januar. (Wes.⸗Zta.) Heute hat, nach Ablauf von fast sechs Jahren, zum ersten Male wieder die Wahl eines Mitgliedes des Senats stattgefunden. An Stelle des seines leidenden Gesundheitszustandes halber auf eigenes Ansuchen aus dem Senat entlassenen, hochverdienten Senators Dr. Schröder wurde in verfassungsmäßiger Weise der Präses der Bürgerschaft, Dr. Gerhard Hachmann zum Senator gewählt. — Die Behörde für Handel und Schiffahrt hat beschlossen, in Cuxhaven einen großen Seehafen anzulegen.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 14. Januar. (W. T. B.) Gelegentlich der Festtafel zu Ehren der Mit—
glieder des Landes-Ausschusses hielt der Statt—
halter, General⸗Feldmarschall Freiherr von Manteuffel eine längere Rede, in welcher er auf seine früheren Reden zurückkam und hervorhob, daß, wie er schon bei früheren An— lässen auseinandergesetzt, das Reich dem Lande die vollen Ver— fassungsrechte nicht eher geben könne, bis es die Sicherheit habe, daß ihm selbst keine Schwierigkeiten dadurch entständen. Der erste Schritt, ihm diese Sicherheit zu gewähren, sei, daß Elsaß-Lothringen seine definitive Zusammengehörigkeit mit Deutschland offen und ohne Rückhalt anerkenne und sich von dem Einfluß freimache, den die französische Presse noch ausübe. Der Statthalter hob ferner hervor, wie auch ihn nur das Gebot der Selbsterhaltung gegen das chauvinistische Getreibe von jenseits der Vogesen, im Anschlusse an einzelne Protest⸗ Agitationen im Lande, zu Maßnahmen gezwungen habe, die ihm schwer geworden seien, die aber mit seiner von Anfang an befolgten Politik nicht im Widerspruch ständen. Soll— ten die wirklich veralteten Protest-Phrasen und diese Hetzereien gegen das Deutschthum nicht nach und nach aufhören, sollte die Ruhe des Landes dadurch gefährdet werden, sollte seine Pflichterfüllung gegen das Reich dabei in Frage kommen, so schrecke er auch vor keinem Extrem zurück. Abgesehen aber von diesem HZwange, den die Protest-Agitationen Einzelner ihm auferlegen, halte er unverbrüchlich fest an seiner Politik, dem Lande die Uebergangsperiode möglichst zu erleichtern.
. Statthalter ist zum Ordensfest nach Berlin ab— gereist.
Oesterreich Ungarn. Pest, 13. Januar. (Wien. Ztg.) In der heute vom Abgeordnetenhause fortgesetzten Debatte über das Budget des Handels-⸗Ministeriums wünschte Szentkiralyi, daß das Zoll- und Handels— bündniß mit Oesterreich nur in geänderter Form und nur dann erneuert werde, wenn man österreichischerseits ge— neigt sein würde, den ungarischen Rohprodukten den dortigen Markt ebenso zu sichern, wie sie den österreichischen Industrie— erzeugnissen den ungarischen Markt bisher gesichert hätten. Anderenfalls müßte zur Errichtung der Zollschranken ge— schritten werden. Im Hinblick auf die landwirthschaftliche Krisis plädirte Redner fur größere Ausdehnung der Taback— produktion. Bauszner wies auf die Gefahren der wirth— schaftlichen Invasion hin, mit welcher überseeische Länder und Rußland die mitteleuropäischen Staaten bedrohten. Als ein rasch wirkendes Schutzmittel könne nur ein mitteleuropäischer Zollbund dienen, welcher zunächst Frankreich, Deutschland und Oesterreich zu umfassen hätte. Des Weiteren befür— wortete Redner die Veranstaltung eines internationalen Abgeordneten-Kongresses zur Berathung gemeinsamer Agrar⸗Reformen.
— (Wien. Ztg.) In der heutigen Konferenz der libe— ralen Partei des Reichstages wurden die Mitglieder des ad hoc zu wählenden Comités zur Berathung des Gesetz— entwurfs betreffend das Wasserrecht, 17 an der Zahl, landidirt. Die übrigen Mitglieder wählt die Oppofition. Schließlich wurde das Budget des Ministeriums für Kultus und Unterricht im Allgemeinen und Speziellen angenommen.
Agram, 13. Januar. (Wien. Abdpost.. Im Land— tage wurde gestern nach der längeren, wirkungsvoll en Rede des Banus Grafen Khuen-Hedervary die Generalde batte über die Indemnitätsvorlage zu Ende geführt. Miskatovie hielt die Schlußrede, worauf zur Abslimmung geschritten wurde, welche eine bedeutende Majorität für das Eingehen in die Spezialdebatte ergab.
= (Wien. Ztg.) In der Klubver sammlung der Na— tionalpartei wurden die serbischen Abgeordneten von dem Präses Vukotinovic anläßlich des Neujahrsfestes herz lich be— glückwünscht, wobei derselbe die Ueberzeugung aussprach, daß die mit den Serben vereinigte Nationalpartei stark genug sein werde, um erfolgreich zum Wohle des Vaterlandes zu wirken und alle Widerwärtigkeiten zu bekämpfen. — Der serbische Klub ernannte ein Fünfer-Eomit« zur Erstattung geeigneter Vorschläge wegen Gründung eines Kluborgans. In der längeren Debatte wurde die Noth⸗— wendigkeit betont, die Zustände in Kirche und Schule zu saniren, und das Zusammengehen mit den serbischen Abge— ordneten des ungarischen Reichstages als unerläßlich erkannt. Der Klub beschloß, an seiner bisherigen politischen Richtung festzuhalten.
Großbritannien und Irland. London, 13. Ja— nuar. (Allg. Corr) Das Kanalgeschwader stach gestern vom Plymouther Sund nach Arosa⸗Bay (Spanien) in See. . kehrt erst gegen Mitte Mai nach England zurück.
Frankreich. Paris, 14. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wünschte Raoul Du val die Regierung über die diplomatifche und militärische Aktion in Ost-Asien zu inter⸗ pelliren. Der Minister-Präsident Ferry erklärte sich zur sofortigen Beantwortung bereit. Raoul Duval hervor: der Rücktritt Campenons sei
durch die Meinungsverschiedenheiten mit seinen Kollegen über die Politik in Ost⸗Asien motivirt worden; er wünsche zu wissen, ob die Regierung beabsichtige, über das in der Sitzung vom 26. November entwickelte Programm hinauszugehen und die Operationen in Ostasien weiter auszu⸗ dehnen. Der Minister⸗Präsident Ferry erwiderte: die Kammer habe durch ihr Votum vom 27. November v. J. klar und deutlich den Wunsch ausgesprochen, die Position Frankreichs in Tongking voll zu behaupten und die vollständige Ausführung des Vertrages von Tientsin zu verlangen. Die Kammer habe serner eine energischere Aktion gewünscht. Die Regierung habe in Folge dessen ihren Feldzugsplan ändern müssen und habe nicht anders handeln können, ohne die Wünsche der Kammer und des Landes zu mißachten. Die Regierung habe daher die sofortige völlige Besetzung von Tongking beschlossen, als das einzige Mittel, die Angelegenheit mit China zu Ende zu führen; sie habe neue Verstärkungen absenden müssen und da habe Campenon geglaubt, hierbei nicht mitwirken zu dürfen. Die Trennung von seinen Kollegen sei übrigens in loyaler und freundschaftlicher Weise ersolgt, und Campenon habe niemals Befürchtungen über die militärische Lage Frank—⸗ reichs ausgesprochen. (Lebhafter Beifall Der Kriegs—⸗ Minister, General Lewal, erklärte: er sei Soldat und wolle keine Politik treiben. Der Minister gedachte rühmend seines Vorgängers, des Generals Campenon, dem er in Hingebung für Frankreich und die Republik nacheifern werde. Es sei völlig unrichtig, daß die Operationen in Tongking eine Mobilisirung irgend wie ge⸗ sährden können; es werde das, so lange er Kriegs⸗-Minister sei, niemals der Fall sein. — Nach verschiedenen weiteren Reden wurde die von Ferry verlangte einfache Tages— ordnung mit 294 gegen 234 Stimmen angenommen. Die Kammer vertagte sich sodann bis zum 27. d. M.
— (Fr. Corr.) EZu den bereits gemeldeten aufrühre⸗ rischen Vorgängen in Cam bodscha und dem Angriff auf den französischen Posten Sambor bringt der „Temps“ fol⸗ gende nähere Mittheilungen: „Da eine Bande von Piraten in einiger Entfernung von diesem Punkte signalisirt worden war, so machte sich der den Posten kommandirende Ofssizier allein auf den Weg, um die Stellung der Rebellen zu rekog— nosciren. Er erschien nicht wieder. Der Posten wurde kurze Zeit darauf angegriffen, und die Besatzung, welche sich durch überlegene Streitkräfte bedroht sah, hielt die Position für gefährlich und zog sich auf den Fluß zurück, nachdem sie den Posten niedergebrannt hatte. Nichts beweist, daß der König von Kambodscha bei dieser Affaire mitbethei⸗ ligt ist. Die Ruhe ist in Pnumpenh wie in den Provinzen, die an Cochinchina und Siam stoßen, eine vollständige. Der Zwischenfall hat denselben Charakter wie diejenigen, welche jedes Jahr von den Nord- und Nordostgrenzen Kambodschas gemeldet werden.“ — Sambor ist ein sehr wichtiger Marktplatz, Hauptort eines der Kreise der Provinz von Kratie und 50 Meilen nordöstlich von Pnumpenh gelegen. Die Franzosen hatten da— selbst einen Posten von 25 Mann anamitischer Tirailleurs. Bezüglich der allgemeinen Ursachen jener aufrührerischen Be⸗ wegung giebt man Zweierlei an. Der Posten in Sambor wurde s. 3. eingerichtet, um der Seeräuberei auf dem Flusse Mekong, welche den ganzen Handel der nördlichen Provinzen von Kambodscha sowie der angrenzenden Provinzen von Siam brandschatzte und hinderte, ent— gegenzutreten, und es war dies in der That wirksam ge— lungen. Wollten daher die Seeräuber ihr Gewerbe fortsetzen, so mußten sie vor Allem den französischen Posten in Sambor aus dem Wege räumen, und sie haben dies nun gethan, unterstützt von Sivotha, dem Bruder des Königs Norodom und dessen Gegner. Hierzu kommt dann zweitens, daß der Vertrag vom 17. Juni tief einschnitt in den konstitutionellen und sozialen Zustand Kambodschas, indem er den Mandarinen ihren Einfluß nahm, und so wurde auch ein Theil dieser unzufriedenen Mandarinen in die Reihen der rebellischen Bewegung geführt. In den hiesigen offiziellen Kreisen mißt man den ganzen Vorgängen jedoch keine zu große Bedeutung bei, wenngleich es nöthig sein dürfte, gewisse Vorkehrungen zu treffen und das Okkupationskontingent in Kambodscha zu ver— stärken. Der Gouverneur von Cochinchina, Thomson, hat sich übrigens sofort mit Truppen nach Pnumpenh begeben.
Griechenland. Athen, 12. Januar. (Wien. Ztg.) Prinz Waldemar von Dänemark ist gestern nach Kon— stantinopel abgereist.
Nußland und Polen. Helsingfors, 15. Januar. (W. T. B.) Der finnländische Landtag ist heute eröffnet worden. Zum Landmarschall ist Frhr. von Troil, zum Vize-Landmarschall Frhr. von Boije, zum Wortführer des Priesterstandes der Erzbischof von Reval, zum Vize— Wortführer der Bischof von Knopio, Johannson, und zum Sekretär des Bauernstandes der Helsingforser Justiz-Bürger⸗ meister Sohlmann ernannt worden.
Afrika. Egypten. Kairo, 12. Januar. (Allg. Corr.) General Grenfell wird zum Befehlshaber der egyptischen Armee ernannt werden, wenn Sir Evelyn Wood beim Schluß des Feldzuges im Sudan von jenem Posten zurücktritt.
Den „Daily News“ wird aus Kairo, vom 12. d., ge—⸗ meldet: Aus Suakim ist hier die Nachricht eingegangen, daß Osman Digma, da es ihm nicht gelungen ist, Ver— stärkungen von den Stämmen zu erhalten, auf deren Bei—⸗ stand er gerechnet hatte, sich zum Rückzuge nach den Hügeln vorbereite, sobald er die Meldung von der Ankunft der britischen Heeresmacht in Shendy erhält.
Zeitungsftimmen.
Dem Reichskanzler sind, der „Nord deutschen Allge⸗ meinen Zeitung“ zufolge, anläßlich des Reichstags votums vom 15. Dezember v. J. folgende weitere Zustimmungen zu⸗ gegangen:
aus Merseburg von 178 Frauen und Jungfrauen, .
aus Glogau von 2500 reichstreuen Männern des Kreises und der Stadt,
aus Nimptsch von 2098 Wählern des 5. Breslauer Wahlkreises aus Stadt und Kreis,
aus . (Baden) mit ca. 1600 Unterschriften aus Stadt und
reis,
aus Nordhausen mit 4318 Unterschriften,
autz Mülheim a. Ruhr, Nachtrag mit über 1300 Unterschriften,
aus Bockenheim von 622 Reichstagswählern in Stadt und Amt,
aus Stendal mit 709 Unterschriften,
aus Moringen mit zahlreichen Unterschriften,
aus Weener mit zahlreichen Unterschriften,
aus Mülheim a. Ruhr von 521 Reichstagswähblern, — Land⸗ wirthen, Gewerbetreibenden, Handwerkern und Bergarbeitern —,
aus den Städten Windecken und Orb, sowie aus den Gemeinden Seckbach, Langenselbold und Langendiebach mit ca. 400 Unter⸗ schriften,
aus Graudenz mit 150 Unterschriften,
aus Ploen mit 130 Unterschriften,
aus Smyrna von der dortigen gesammten deutschen Kolonie,
aus Remscheid von Privatpersonen,
aus Berlin von Privatpersonen,
aus Berlin vom konservativen Centralcomit mit ca. Unterschriften,
aus Gruezno von den Landwirthen des Kreises Schwetz,
aus Stralsund von Privatpersonen,
aus Neisse mit über 1100 Unterschriften,
aus Coblenz mit ca. 1500 Unterschriften, .
aus Tübingen mit 5189 Unterschriften aus dem württembergischen Wahlkreise,
aus Simmern am Hunsrück mit 1531 Unterschriften, ö
aus Oberftein und Idar, Oldenburg, mit eirea 390 Unterschriften reichstreuer Bürger der beiden Gemeinden,
aus Neuburg a. Rh., bayer. Rheinpfalz, mit 119 Unterschriften,
aus Braunschweig von Privatpersonen, ;
aus Künzelsau, Laßbach, Kocherstetten, Marsbach, Hermuthausen, e . und Buchenbach, Eberbach mit ca. 150 Unter⸗ schriften,
aus Grünberg i. Schl. und Freystadt von 2401 Wählern des Grünberg⸗-Freystädter Wahlkreises;
ferner aus Halle a. S. das nachstehende Telegramm:
„Die heute hier durch 105 Deputirte vertretenen 3000 Mitglieder des Bauernvereins für Regierungsbezirk Merseburg haben mich ein— stimmig ermächtigt, Ew. Durchlaucht unterthänigst folgenden Be— schluß mitzutheilen: Der Bauernverein sagt Ew. Durchlaucht den herzlichsten Dank für die Ermunterung an die Bauernvereine, durch welche ausschließlich das Wachs thum hervorgerufen ist; derselbe be⸗ vollmächtigt mich aber gleichzeitig, die herzlichste Bitte auszusprechen: Ew. Durchlaucht wollen auch ferner für Interessen der Landwirth⸗ schaft und insbesondere des Bauernstandes hochgeneigtest eintreten. In tiefster Ehrfurcht, Dankbarkeit und Treue. Der Bauernverein für die Provinz Sachsen, Abtheilung Merseburg.
Im Auftrage: Der Tages⸗Präͤsident.“
— In der „Deutschen Volkswirthschaftlichen Correspondenz“ lesen wir:
Während die deutsche Geschäfts, und Erwerbslage wesentlich unter dem Schutze der Tarifreform des Jahres 1879 sich fortgesetzt zu einer leidlich günstigen und befriedigenden gestaltet hat, kommen aus den meisten anderen Ländern und gerade aus solchen, welche ehe⸗ dem Deutschland überlegen schienen, zunehmende Klagen über Krifen und Stockungen in Industrie und Handel nicht allein aus den Ver— einigten Staaten von Nordamerika, aus Oesterreich, aus Rußland und Polen, sondern ganz besonders aus England und Frankreich. Zur Illustration des wirthschaftlichen Rückganges von England und Frankreich mögen nachstehend einige Angaben dienen:
Nach dem neuesten Board of Trade hat sich Englands Auslands— handel vom 1. Januar bis 1. Dezember 1884 gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres um nicht weniger als 42 Mill. Pfd. Sterl. (— 840 Mill. Mark) vermindert und es dürfte diese Verminderung bis Ende 1884 auf 46 Mill. Pfd. Sterl. steigen. Es belief sich
nämlich Englands Einfuhr vom 1. Januar bis 1. Dezember 1884 auf 89 579 E, . ö. K ö 13636 35991 615 801 Englands Ausfuhr vom 1. Januar bis 1. Dezember 1884 auf 215089 472 E, ö. ö . ö. 1533 200 858 647
Weniger eingeführt nach England wurden hauptsächlich Weizen, Mais, Vieh, Kartoffeln und Rohstoffe für verschiedene Industrie⸗ zweige. Unter den Ausfuhrartikeln zeigten eine Abnahme namentlich Garne und Textilfabrikate, Metallwaaren, Maschinen und landwirth⸗ schaftliche Geräthe. An Eisen⸗ und Stahlwaaren allein wurden für 80 Mill. Mark weniger exportirt. Hieraus erklärt sich die gegen— wärtige industrielle Krisis in England zur Genüge.
Ebenso ist auch Frankreichs Auslandshandel im Rückgang begriffen, wie aus den nachstehenden amtlichen Zahlen hervorgeht. Es belief sich:
vom J. Januar — 1. Dezember
13000
reichs treuen
1884 1883 Frankreichs Einfuhr auf 40911980090 4307 5920090 5 Ausfuhr . 3 001478000 3 140 698000 Auslandshandel auf 7092 595 066 7 448 290 000
In Folge der guten Ernte hat sich zwar Frankreichs Einfuhr an Nahrungsstoffen erheblich um 141 Mill. Fr.) vermindert. Allein ungleich schwerer ist der Rückgang in der Ausfuhr von Fabrikaten von 1659 auf 1545 Fr. ins Gewicht gefallen, und es hat die fran— zösische Industrie unter diesem Minderabsatz von 116 Mill. Fr. fühl bar gelitten. Alle französischen Zeitungen bestätigen durch ständige Rubriken über Arbeitslosigkeit und Arbeiterelend die bedauerlichen Folgen dieser Erscheinung. .
Auf solche Geschäsftsstockungen und Krlsen im Auslande wird in Deutschland hinzuweisen sein, wenn die bestehenden Erwerbsverhält— nisse nicht vollauf befriedigende sind, resp. wenn es die Tarifreform von 1879 nicht Allen recht gemacht hat.
— Die „Thüringische Correspondenz“ schreibt:
Das Ergebniß der Sonnabend-Debatte im Reichstage ist in den weitesten Kreisen Thüringens freudig willkommen geheißen worden. Gerade solche, die zur freisinnigen Partei neigen, machen aus ihrer Befriedigung über den Beschluß zu Gunsten einer deutschen Kolonialpolitik kein Hehl.
— In einer Correspondenz der „Kölnischen Zeitung“ aus Karlsruhe lesen wir:
Im 12. badischen Reichstagswahlkreise hat die konservative Partei eine Petition an den Reichstag in Umlauf gesetzt, in welcher die Forderung, daß die Eingangszölle auf Getreide und Oelsämereien so erhöht werden sollen, daß deren Anbau wieder lohnend wird, dahin näher festgestellt ist: 1) Es solle mindestens ein Zoll von 3 M vom Doppelcentner auf ausländischen Weizen und Roggen gelegt werden, welcher Satz dem inländischen Weizen und Roggen einen mittleren Preis von 20 ½ für den Doppelcentner ermöglichen wird; der Mehl— zoll wäre danach auf 9 S zu erhöhen; 2) die Tabacksteuer solle zu—⸗ nächst so geordnet werden, daß dem einheimischen Taback durch einen Zoll von 1265 M vom Doppelcentner auf ausländischen Taback ein Durchschnittspreis von 30 „S für den Centner gesichert werde. .
— Dem „Berliner Tageblatt“ wird aus Mann— heim berichtet; - .
Die niedrigen Tabackpreise erregen bei unseren Tabackbauern große Sehnsucht nach dem Monopol. Es sind bereits in mehreren landwirthschaftlichen Versammlungen dahingehende Beschlüsse gefaßt und dem Reichstag unterbreitet worden.
— Dem „Hamburgischen Correspondenten“ wird aus Lübeck, u. d. 12. Januar, geschrieben:
An der Lübecker Börse wurden auf Veranlassung der deutsch—⸗ freisinnigen Partei Listen zur Unterzeichnung ausgelegt, welche den Zweck haben, eine Petition gegea die Erhöhung der Getreidezölle zu unterstützen. Die Petition ist von einer namhaften Anzahl von Firmen schon unterschrieben, indeß fehlen noch viele Namen, von denen man eine Unterschrift erwartete. Wie man hört, hat u. A. der bedeutendste Lübecker Mühlenindustrielle seine Unterschrift ver⸗ weigert, da seiner Ansicht nach die Mühlenindustrie durch Erhöhung der Zölle keinen Schaden erleiden werde. Auch Getreidemakler
zögern mit ihrer Unterschrift, und der hiesige landwirthschaftliche 1 beschloß, eine Pesnition für Erhöhung der Kornzölle zu unter⸗ zeichnen.
Das Januar⸗Februar-⸗Heft des Centralblatts für die esammte Unterrichts verwaltung in Preußen enthält die ersonalien der Verwaltung und die Prüfungstermine.
Neichstags⸗ Angelegenheiten.
In der gestrigen Kom missionssitzung des Reichstages zur Berathung der Dampfer subventionsvorlage wurde die Zweiglinie der dentsch⸗australischen Linie, welche von Sidney nach den Tonga / und Samoa ⸗Inseln führen soll, erörtert. Der Abg. Dr. Bam⸗ berger verlangt zunächst Auskunft darüber, von wem diese Linie beantragt sei, da er glaube, daß nur eine Firma daran Interesse habe. Der Geheime Legations⸗Rath von Kusserow beantworsete die Frage dahin, daß der Reichskanzler schon durch die unter Nr. 200 der Drucksachen von 18851 vorgelegte Denkschrift aus Anlaß der diplomatischen und konsularischen Berichte die Anregung zur Errich⸗ tung dieser Zweiglinie ebenso wie der Hauptlinie nach Australien und derjenigen nach Ostasien gegeben habe, ohne mit Rücksicht auf die Ablehnung der Samoa ⸗Vorlage sich zu einer Initiative in dieser Richtung selbst ermuthigt zu finden. Diese Zweiglinie habe außer der handelspolitischen Bedeutung, deren nähere Begrün— dung Seitens anderer Regierungsvertreter zu erwarten sei, auch ein Interesse im Sinne unserer überseeischen Politik. Sie würde ein Mittel sein zur Verhinderung der Annexions⸗ bestrebungen Anderer, auf welche jüngst auch im Reichstage unter Erwähnung eines Telegramms aus Neuseeland hingewiesen worden sei. Hierauf bewegte sich die Diskussion längere Zeit auf dem Ge⸗— biet der handelspolitischen Bedeutung der Vorlage, welche regierungẽe— seitig namentlich von General⸗Konsul Dr. Krauel und dem Direktor Sachse übernommen wurde Ersterer wies an der Hand der australischen und Südsee⸗Statistik die Bedeutung und Entwickelungs⸗ fähigkeit dieser Inselgebiete nach, indem er besonders auf die schnelle und den Engländern zum Vortheil gereichende Entwickelung der Fidjiinseln exemplifizirte. — Von Seiten der Abgeordneten traten gegen die Vorlage besonders die Herren Dr. Bamberger und Broemel ein, während die Herren Menzer und Woermann dieselbe vertheidigten. Dr. Bamberger machte gelegentlich eine Aeußerung, welche dahin zu verstehen war, als ob seine in der Budgetkommissionssitzung vom 27. Juni v. J. ausgesprochene Vermuthung über einen Zusammenhang der Dampfervorlage mit einer Transaktion der deutschen Handels und Plantagengesellschaft in Hamburg beziehungsweise einer Betheiligung hiesiger Firmen hieran und mit einem Unternehmen nach Neu⸗Guinea im Kausalnexus stehe. Dies veranlaßte den Geheimen Legations-Rath von Kusserow zu einer Darlegung des damaligen Vorganges. Er erinnerte daran, wie es dem Dr. Bamberger nicht gelungen sei, die⸗ sen Zusammenhang nachzuweisen. Im Gegentheil sei festgestellt worden, daß ein solcher Zusammenhang gar nicht bestehen konnte und zugleich auch, daß Berliner Firmen an dem Aktienankauf jener Gesellschaft überhaupt nicht ketheiligt gewesen seien. Was Neu-Guinea anbelange, so habe damals auf die Frage des Abg. Dr. Bamberger, ob den Regierungsvertretern von einem solchen Unternehmen etwas bekannt sei, der Staatssekretär des Reichs ⸗Postamts diese Frage bona file verneinen können. Ebenso hätten auch die übrigen Regierungsvertreter auf die an sie erneut gerichtete Anfrage desselben Abgeordneten bona fide schweigen können. Er aber, dem das schon im Jahre 1880 geplante Unternehmen be— kannt gewesen sei, würde, wenn er nicht geschwiegen hätte, entweder zu einer Unwahrheit genöthigt gewesen sein, oder sich eines Ver— trauensbruchs als Privatmann schuldig gemacht haben und zugleich des Verraths eines Dienstgeheimnisses, für welches er Dienstentlas⸗ sung zu gewärtigen gehabt hätte. Hr. von Hansemann, der s. 3. die Finanzirung der Samoavorlage übernommen, habe in Folge seiner kolonialpolitischen Studien sich überzeugt, daß Neü Guinea ein vorzügliches Kolonisationsobjekt für Deutschland sei. Seinen Plan, an dem übrigens Hr. von Ohlendorff und damals überhaupt Hanseaten nicht betheiligt gewesen seien, sondern nur Landratten, habe Hr. von Hansemann dem Reichskanzler überreicht, aber einen Bescheid erhalten, der ungefähr dahin ergangen sei, daß sich mit SamoaMajoritäten eine aktive Kolonialpolitik nicht machen lasse. — Der Plan sei seit damals im sekreten Aktenschrank des Aus⸗ wärtigen Amtes liegen geblieben. Als aber, begünstigt durch die all— gemeinen Verhältnisse und den erfreulichen Umschlag in der öffent⸗ lichen Meinung, es möglich erschienen sei, Hrn. Lüderitz für die von ihm beabsichtigte Niederlassung auf einem unabhängigen Gebiet von Südwest ⸗Afrika den Schutz des Reiches zuzusagen, sei auch jener Plan wieder aufgenommen worden. Hr. von Hansemann habe zur Ausfüh⸗ rung desselben den durch einen jährigen Aufenthalt in dem westlichen Theile der Südsee hierzu geeigneten Reisenden Dr. Finsch engagirt. Das Unternehmen sei in aller Stille vorbereitet worden und würde, ohne das vorsichtige und gleichzeitig schnelle Vorgehen des Auswär⸗— tigen Amtes mit Hülfe der Kaiserlichen Marine, durch die unvor— sichtigen Aeußerungen Dr. Bambergers, welche durch den Telegraphen nach Australien getragen wurden, wahrscheinlich vereitelt worden sein. Jetzt würde sich wohl die Mehrzahl der Kommission wie die Majo⸗ rität des Reichstages und die begeisterte Mehrheit der Nation dar⸗ über freuen, daß Se. Majestät der Kaiser über diesem Unternehmen die Fittige des Reichsadlers habe ausbreiten lassen können. Er glaube sogar, daß der Abg. Dr. Bamberger manchmal bedauern werde, durch seine damaligen Aeuße rungen ein solches nationales Unternehmen gefährdet zu haben. Er freue sich für diesen, daß sich an dessen Namen außer der Ablehnung der Samoavorlage für alle Zeiten nicht auch die Ver eitelung dieser deutschen Erwerbung geknüpft hätte. — Der Abg Dr. Bam⸗ berger äußerte seine Genugthuunng über die versöhnliche Sprache des Herrn Regierungsvertreters, meinte aber, daß die Gefahr, das Unter⸗ nehmen durch seine damaligen Mittheilungen zu vereiteln, wie der Erfolg beweise, nicht so sehr groß gewesen sei, und wenn dennoch das Unternehmen nicht zu Stande gekommen wäre, so würde dies von seinem Standpunkte aus als Gegner der ron der Reichs. regierung namentlich in der Südsee befolgten Kolonialpolitik kein Unglück gewesen sein. Schließlich glaubte Pr. Bamberger aus einer jüngsten Mittheilung der Köln. Ztg.“, wonach die Hamburger Plantagengesellschaft an der Ausführung des Neu⸗Guinea⸗ Unternehmens betheiligt sei, den Schluß ziehen zu dürfen, daß dennoch die Mittheilungen seines Gewährsmannes vom vorigen Jahre nicht ganz unbegründet gewesen seien. (Die dieser Bemerkung zu Grunde liegende Thatsache hängt offenbar damit zusammen, daß ein Versuch, das Unternehmen mit Hülfe einer Hamburger Firma, die dem Gewährsmann des Abg. Dr. Bamberger nahe steht, auszuführen, miß⸗ lang, und daß infolge dessen die Handels- und Plantagengesellschaft zum Leidwesen jener Firma hierzu aufgefordert worden ist. Anm. der Red) — Die Kommission vertagte sich demnächst, um der Sub— kommission, welche in der vorletzten Sitzung mit Prüfung der an die deutschen Postdampfer zu stellenden Anforderungen und der sich hieraus ergebenden Kosten betraut wurde, Zeit zu ihren Vorschlägen zu lassen.
Statistische Nachrichten.
Summarische Uebersicht über die Zahl der Stu⸗ direnden auf der Königlichen Albertus-⸗Universität zu Königsberg i. Pr. im Wintersemester 1884/85. Im Sommer⸗ semester 1884 sind immatrikulirt gewesen 925, nachträglich sind immatrikulirt 2 Theologen, 1 Jurist, 3 Mediziner, 4 Philosophen, in Summa 10, also insgesammt immatrikulirt 935, davon sind abge⸗ gangen 196, es sind demnach geblieben 739; dazu sind in diesem Se⸗ mester gekommen 148, die Gesammtzahl der immatrikulirten Studi⸗