jedes Stempelgesetzes aufgegeben hahe. Während man früher die Urkunde versteuert habe, solle man jetzt das Geschäft ver⸗ steuern, insoweit es aus der Urkunde erkennbar sei. Natürlich suche der Geschäftsmann sein Geschäft zu verstecken, während der Stempelfiskal in jedem unverfänglichen Schriftstück ein Geschäft zu entdecken sich bemühen werde. Dazu würden die großen Schwierigkeiten treten, welche der Beschreitung des Rechtsweges entgegenständen, die preußischen Ge⸗ richte hätten sich in der Frage des Rechnungsstempels für inkompetent erklärt, die Geringfügigkeit der Beträge es fast unmöglich mache, die Sache vor das Reichsgericht zu bringen, und es entstehe dadurch ein geradezu unhaltbarer Zustand. Wenn er sich die Motive des Abg. von Wedell be⸗ trachte, so vermisse er in denselben leider nur zu sehr die nöthige Sachkenntniß. In Allem spreche sich eine gewisse Feindseligkeit gegen die Börse aus. Nun, letztere sei allerdings nicht so gut, aber auch nicht so schlecht, wie sie gemacht werde, sie sei eben so gut und eben so schlecht, wie das Publikum, welches sie besuche. Die Börse sei aber anerkannt doch ein unent⸗ behrliches Institut, an welchem die Gütervertheilung über⸗ wacht werde, an welchem die Schwankungen in den Werthen ausgeglichen würden. Je größer die Börse, desto sicherer das Geschäft. Es liege aber auch in der Börse eine große politische Kraft. Sobald sie es namentlich dahin bringe, daß ein großer Theil des Auslandes seine finanziellen Bedürfnisse bei ihr befriedige, so erwerbe sie damit auch einen großen politischen Einfluß und vertheidige die volkswirthschastlichen Interessen im Frieden ebenso gut, wie die Armee die nationalen und wirthschaft⸗ lichen Interessen im Kriege. Der Abg. von Wedell⸗Malchow meine, die von demselben vorgeschlagene Besteuerung sei gering, die Umsätze würden aber in gar keinem Verhältniß zu der Steuer stehen, die man ihnen auferlege. Es sei sicher, daß ein erheblicher Theil des Geschäfts diese Steuer nicht werde tragen können und das Ausland werde aufsuchen müssen. Nun liege es aber doch wahrlich im Interesse Deutschlands, gera8e jetzt Berlin nicht von dem Standpunkt, den es einnehme, nämlich einen Centralpunkt des Welthandels, herab— zustürzen, gerade jetzt, wo man doch das überseeische Geschäft heranzuziehen allen Grund habe. Wenn man einerseits an Kolonien und Welthandel denke, und andererseits solchen engen Standpunkt einnehme, so sei das doch ein Widerspruch in sich selbst. Nun sei aber auch der Abg. von Wedell über einen Punkt, der mit der wichtigste sei, sehr leicht hinweggegangen, das sei nämlich die Kontrole betreffs der Erhebung der proponirten Steuer, und die Kon— trole der Erhebung sei gerade das Schwierigste bei der ganzen Steuer. Die Erhebung liege dazu noch, das möge der Abg. von Wedell bedenken, in den Händen von Unterbeamten, deren Integrität gegenüber den Versuchungen, die auf diesem Ge— biete an sie herantreten dürften, in schwere Gefahr gerathen würde. Uebrigens würden gerade die Herren, die die Steuer eigentlich bezahlen sollten, keinen Pfennig davon bezahlen. Alle Diejenigen, die finanzielle Ausgleichungen zu voll— ziehen hätten, würden doch den Centralpunkt, den die Börse darbiete, aufsuchen müssen, und auf sie würde die Steuer abgewälzt werden, da sie gegenüber diesem einen centra— lisirten Punkt geradezu wehrlos seien. Die Steuer schädige aber ferner auch weite Kreise auf dem Gebiete der Arbitrage. Letztere habe schon bei der jetzt bestehenden Börsensteuer ganz außerordentlich abgenommen, und doch habe dieses Geschäft geradezu in Bezug auf die Ausgleichung der Währung, in Bezug auf Ausgleich zwischen Import und Export sehr große Verdienste und biete mit eine starke Garantie für die deutsche Währung. Eine Hemmung der Arbitrage müsse nohwendig zu einer Diskontoerhöhrung führen, die dem Verkehr weit mehr schaden würde, als die ganze Steuer einbringe. Die deutsche Ration habe etwa 13 bis 15 Milliarden — genau lasse sich die Ziffer nicht angeben — an Effektenbesitz. Etwa 8 Milliarden davon seien in festen Händen, aber auch von dem Rest werde man durch die vorgeschlagene Steuer nur einen kleinen Theil heranziehen können. Die Steuer würde gerade nur das Publikum am meisten belästigen und übrigens manchmal für denselben Gegenstand drei his
viermal bezahlt werden müssen, gerade aber nicht von der Es habe z. B. ein Privatmann in Schlesien Bedarf
Börse. zum Umsatz oder Erwerb eines Werthpapiers. Derselbe wende sich nun an den nächsten Bankier, vielleicht in Glatz, dieser könne den Auftrag nicht ausführen und wende sich nun an einen Bankier in Breslau, welcher in vielen Fällen auch erst auf Berlin deswegen werde rekurriren müssen. Die Steuer werde also ebenfalls dreimal bezahlt werden müssen, und zwar von dem ursprünglichen Urheber des Geschäfts, der sonst mit der Börse garnichts zu thun habe. Gerade die Rechte werde in dieser Beziehung sehr oft unangenehme Er⸗ fahrungen machen, und man könne glauben, wenn man jetzt den von Wedellschen Entwurf durchbringen würde, so werde die Rechte nach zehn Jahren selbst die Erste sein, die die Aus⸗ hebung des Gesetzes beantragen werde.
Besteuerungsgesetze müsse der Regel nach von der Regierung ausgehen. Seine Partei sei auch nur durch die Einbringung des von Wedellschen Entwurfes zu einem Gegenentwurfe veranlaßt worden. Es sei kein glücklicher Wurf gewesen, jenen Entwurf wieder einzubringen, der in der vorigen Session von der Reichsregierung ausgearbeitet, aber, kaum im Bunbesrath und Reichstag eingebracht, von ihr auch schon wieder aufgegeben worden sei. Die allgemeine Entrüstung des Handelsstandes habe die Regierung auch veranlaßt, den Entwurf nicht von Neuem einzubringen. Dies sei ein vernichtendes Urtheil über den Entwurf. Seine Ansicht von der Bedeutung und Auf— gabe der Börsengeschäfte decke sich mit der des Vorredners, während der Entwurf des Abg. von Wedell nicht blos in der Börse, dem wichtigsten Faktor des wirthschaftlichen Lebens, die Ehre der Kaufleute verletze, sondern auch die wichtigsten Interessen der Börse tödtlich treffe. Nur insofern treffe er mit diesem Antrag zusammen, als er das Gesetz von 1881 für dringend revisionsbedürftig und eine Vermehrung der Ein— nahmen des Reichs für nothwendig halte. Dabei solle aber die Börse nur so besteuert werden, daß das legitime Geschäft dadurch nicht geschädigt werde. Die prozentuale Besteuerung bringe eine Unklarheit, er möchte sagen, eine Unmöglichkeit der Berechnung bei kleinen Stufen von 1000 S mit sich. Zweitens sei der Satz so hoch gegriffen, daß derselbe wichtige Theile des Geschäfts, namentlich das Arbitragegeschäft, das Emissionsgeschäft und dergleichen geradezu unmöglich mache. Derselbe beruhe auf der Verkennung des Umstandes, daß kein Zusammenhang zwischen Gewinn und Umsatz bestehe und der Verkennung der Thatsache, daß das kleinere Geschäft an der Börse, und das größere, Arbitrage, Emission und
höhere Spekulation, in ihren Erträgen vollständig verschieden seien. Einen Schlußnotenstempel, den das kleinere Geschäft, das Kommissionsgeschäft ꝛc, tragen könne, könnten die höheren Geschäfte dieser Art unmöglich vertragen. Es sei dies in den Denkschristen der Frankfurter Handelskammer, der Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft und des Berliner Vereins zur Wahrung u. s. w. unwiderleglich nachgewiesen. Der Abg. von Wedell habe dann aber Recht, daß nicht sowohl die hohe Besteuerung, sondern die mit dieser Steuerreform nothwendig verbundene Kontrole, welche eine Einsicht in die innersten Geheimnisse des kausmännischen Geschäfts zur Folge habe, berühre, und zugleich die Ehre des Kaufmannsstandes es sei, welche die Kaufmannschaft so aufgeregt habe. Er glaube nicht, daß diese Kontrole etwas helfen würde. Man habe in Berlin zweitausend eingeschriebene Börsenbesucher und dazu sünftausend in die Firmenregister eingeschrie⸗ bene Kaufleute, von denen ein wesentlicher Theil eben— falls abgabepflichtige Geschäfte betreibe. Wenn nun die Steuerbehörde, die jeden Monat nach Hunderttausenden zäh⸗ lenden Auszüge erhalte, wo einfach Nummer, Betrag und Betrag der Steuer notirt sei, was habe sie da für eine Kontrole? Eine wirkliche Kontrole würde sie nur ausüben können, wenn sie — was nur als Ausnahme gestaͤttet sei — regelmäßig nicht bloß die Steuerbücher, sondern auch die kauf— männischen Bücher sich vorlegen lasse. Sein Entwurf wolle einen Weg auffinden, auf dem einerseits der jetzige Steuer— ertrag erhöht werde und andererseits die jetzige Steuerabwäl— zung von Seiten der Börse auf die Kommittenten eingeschränkt werden könne, so daß wenigstens ein Theil des Steuerertrags von der Börse selbst durch internen Verkehr der⸗ selben aufgebracht werde. Die Definition, die der Ent— wurf von den „Verpflichteten“ gebe, daß dies näm— lich jeder nach §. 21 des deutschen Handelsgesetzbuches zur Führung der Bücher verpflichtete, im Inland wohnhafte Kaufmann sei, der diese Geschäfte gewerbsmäßig betreibe, scheine ihm eine sehr bestimmte zu sein, soweit überhaupt auf diesem schwierigen Gebiete eine bestimmte Fassung sich geben lasse. Er glaube damit der Aufgabe, Klarheit zu schaffen und Hinterziehungen, die bisher nicht sowohl in bösem Willen als vielmehr in der Unklarheit des Gesetzes ihren Grund gehabt hätten, ein Ziel zu setzen, näher gekommen zu sein, als das jetzt bestehende Gesetz und der Antrag des Abg. von Wedell. Sein Entwurf beruhe auf dem Schlußnoten— zwang. Die Prinzipien hingen auf diesem Gebiete mit der Höhe der Steuersätze zusammen. Wenn der Abg. von Wedell im Jahre 1883 blos die Zeitgeschäfte habe besteuern wollen, also z. B. ein Geschäft von 100 000 M mit 10 S, und die Kassageschäfte freizulassen beab⸗ sichtigt habe, dann würde der Handel sofort Wege gefunden haben, die Zeitgeschäfte in Kassageschäfte umzuwan— deln und sich der Besteuerung zu entziehen. Etwas Anderes sei es, wenn man die Differenzen so gering greife, wie er es in seinem Antrage thue. Wie sich die Zeitgeschäfte von den Kassageschäften unterschieden, sei von dem abstrakt juristischen Standpunkt schwer zu bezeichnen. Auf der Börse aber ließen sie sich unterscheiden, und seine Definition, die Abg. von Wedell so unklar finde, stütze sich auf die Autorität der Dele— girtenkonferenz der sämmtlichen deutschen Handelskammern, welche durch ihre Handelsjuristen und Sachverständigen diese Fassung habe feststellen lassen; dieselbe setze jedenfalls den Handelsstand in die Lage, zu unterscheiden, was ein Haupt— geschäft sei ind was nicht. Indem er sodann die jetzt fünf— fach höhere Besteuerung der Zeitgeschäfte gegenüber den Kassageschäften auf die doppelte Höhe ermäßige, schließe er sich ebensalls an Gutachten von Sachverständigen an. Der Schlußnotenzwang nun im Gegensatz zum Registerzwang habe den außerordentlichen Vortheil, daß derselbe sich an eine Form anschließe, die sich an der Börse schon einigermaßen eingebürgert habe. Es während die Schlußnoten bisher fakultatio ausgestellt seien, sie jetzt obligatorisch würden. Dies sei derjenige Vorschlag, der sich am raschesten, am sichersten und einfachsten in das kaufmännische Leben einführen werde. Die Polemik der Or— gane des Handelsstandes habe sich auch gegen alles Andere eher als gegen diesen Modus der Bestimmung gewendet; sie hätten alle erklärt, daß derselbe mit den kaufmännischen In— teressen und der kaufmännischen Ehre wohl vereinbar sei. Was den Vorwurf einer mangelnden Bestimmung über die Kontrole in seinem Gesetzentwurfe betreffe, so halte er diesen Mangel gerade für einen Vorzug desselben gegenüber dem von Wedellschen Entwurfe. Er glaube nämlich, daß die Kon—⸗ trole, wie sie nach 8s§8. 27 und 28 des jetzigen Gesetzes gehand— habt werden dürfe, völlig ausreiche. Er wolle eben der Steuer— behörde nicht das Recht geben, in das innere Gebiet der kauf— männischen Geschäfte Einsicht zu nehmen. Irrthümer möchten jetzt zahllos vorgekommen sein; Hinterziehungen, die eine so scharfe Kontrole nothwendig machen wurden, seien gewiß nur in sehr geringem Umfange vorgekommen. Das Resultat
. 97 )) jahrelanger Untersuchungen sei ein so winziges, daß selbst diese Der Abg. Oechelhäuser bemerkte, die Initiative für alle
Kontrole vollständig überflüssig sei. Und beim Schlußnoten— zwang würden noch besondere Verhältnisse hinzutreten, um sie überflüssig zu machen.
Hierauf ergriff der Bevollmächte zum Bundesrath, Staats⸗ sekretär des Reichs⸗-Schatzamts von Burchard das Wort:
Wenn ich an die letzten Worte des Herrn Vorredners anknüpfen darf, so gehen sie, glaube ich, von einer irrigen Meinung über unsere Stellung und die Stellung der verbündeten Regierungen aus. Wir können hier nicht lediglich unsere persönliche Anschauung ver— treten, sondern sind gebunden an die Auffassung der verbündeten Regierungen und würden unrecht handeln, wenn wir eher, als die verbündeten Regierungen zu einer Frage Stellung genommen haben, hier in bestimmter Weise uns zu einem Vorschlage äußern wollten. Ich füge aber gleich hinzu, daß die Vertreter der Re⸗ gierungen und ihre Kommissarien sich mit der größten Hingebung an der Berathung dieses Gegenstandes auch in der Kommission betheiligen werden, und daß jede Auskunft, die gewünscht wird, soweit es in den Kräften der Regierung liegt, bereitwilligst von ihr ertheilt werden wird. Die verbündeten Re⸗ gierungen werden es — das glaube ich bestimmt annehmen zu müssen — ihrerseits mit Freuden begrüßen, wenn es bei der Berathung in der Kommission und im Hause gelingen möchte, eine Verständigung herbeizuführen, die diese wichtige und schwierige Aufgabe der Gesetz⸗ gebung ihrer Lösung entgegenführen könnte.
Ich möchte weiter bemerken, daß sowohl der Hr. Antragsteller von Wedell, als auch die Herren, die für den Antrag Arnsperger ge⸗ sprochen haben, über die Stellung der Regierung von einer mißver ständlichen Auffassung ausgegangen sind, der erstgenannte Herr inso⸗ fern, als er gesagt hat, die Regierung stände ja auf dem Boden seines Vorschlags, dieser lehne sich nur an das an, was die Regierung ihrerseits selbst vertrete, und der Hr. Vorredner Oechelhäuser insofern, als er gesagt hat, die Regie⸗ rung hätte den vorjährigen Entwurf schon aufgegeben, sich von ibm losgesagt. Meine Herren, Beides trifft nicht zu. Grstens stehen
bestehe nur der Unterschied, daß,
formell die Regierungen nicht mehr auf dem Standpunkt des Ent⸗ wurfs vom vorigen Jahr, sie sind ja nicht verpflichtet darauf zu stehen — ich brauche das nicht weiter auszuführen. Aber auch materiell können sie die Stellung des vorjährigen Ent wurf jetzt nicht ohne Weiteres einnehmen. Ich erinnere daran, daß die Situation sich inzwischen wesentlich verändert hat. Abgesehen da⸗ von, daß wir vor einem neuen Reichstage stehen, und abgeseben da— von, daß Steuervorlagen, die gleichzeitig oder vor dieser Vorlage der verbündeten Regierungen im vorigen Jahre eingebracht sind, nicht zur Annahme gelangt sind, so hat sich auch im Lande beim Bekanntwerden des vorjährigen Regierungsentwurft eine sehr lebhafte und sehr beachtenswerthe Opposition von mannig- fachster Seite gegen die Vorschläge der Regierung erhoben. Der Hr. Abg. Oechelbäuser und auch der Hr. Abg. Siemens haben dem ja heute einen lebhaften Ausdruck gegeben: sie erkennen in den Vor— schlägen eine Feindseligkeit gegen die Börse, sie halten sie für letal, für vexatorisch, und in dieser Weise haben sich auch andere sehr beachtenswerthe Stimmen über den Entwurf ausgesprochen. Meine Herren, die verbündeten Regie⸗ rungen werden ja ihrerseits auf diese von so vielen beachtenswerthen Stellen gefallenen Aeußerungen großes Gewicht zu legen haben. Die Regierungen halten es für ihre Aufgabe, das wirthschaftliche Leben auf allen Gebieten zu fördern, soweit sie dazu im Stande sind, und wenn sie zu der Ueberzeugung kommen, daß einzelne Bestimmungen des Ent⸗ wurfs nach dieser Richtung hin das Unrichtige getroffen haben, daß sie dazu beitragen würden, das wirthschaftliche Leben namentlich an der Börse und in anderen Erwerbekreisen zu schädigen, so würden sie keineswegs anstehen, zu anderen Vorschlägen sich zu bekennen und diese Vorschläge fallen zu lassen.
Die verbündeten Regierungen haben nach dieser Richtung hin eine Prüfung noch nicht angestellt und ich glaube, sie werden sich das Recht durchaus vorbehalten wollen, in eine solche Prüfung einzutreten. Ich kann deshalb über die Stellung der verbündeten Regierungen zu der Vorlage des Hrn. Abg. von Wedell Malchow, die ja im Wesentlichen identisch ist mit der vorjährigen Regierungs— vorlage, keine Erklärung abgeben. Der Herr Reichskanzler seinerseits ist vollständig bereit anzuerkennen, daß die im vorjährigen Re— gierungsentwurf vorgeschlagene Kontrolmaßregel zu weit geht, er meint, daß es doch eine zu hohe Anforderung an den Handelsstand und den einzelnen Kaufmann enthalten würde, wenn man von ihm fordern wollte, daß er fortlaufend in akuratester Weise ein Register führen sollte, für das er durch hohe Strafen verantwortlich ge— macht werde, durch Strasen, welche in der That unter Umständen seine Existenz gefährden könnten. Der Herr Reichskanzler glaubte, daß in dieser Beziehung die vorjährigen Vorschläge jedenfalls einer Modifikation zu unterwerfen sein würden. Es ist allerdings außerordentlich schwierig, Kontrol⸗ maßregeln zu finden, welche eine erhöhte Steuer sichern, denn an der Auffassung werden die verbündeten Regierungen auch jetzt festhalten, daß eine wesentlich höhere Heranziehung des mobilen Kapitals zu den finanziellen Bedürfnissen des Reichs, eine gerechtere Vertheilung als sie bisher im Reichs ⸗ Stempelsteuergesetz erreicht worden ist, und zugleich eine Beseitigung der bei dem jetzigen Gesetz hervor⸗ getretenen Unzuträglichkeiten und Zweifel unbedingt anzustreben ist.
Der Hr. Abg. Dr. Arnsperger hat die Einführung eines Schluß— notenzwanges in Vorschlag gebracht; diese Frage ist auch schon früher hier wiederholt zur Erörterung gebracht. Die verbündeten Regierungen haben bei der Ausarbeitung ihrer Vorschläge vom vorigen Jahre sich der Ansicht zugeneigt, daß man von einer Einführung des Schlußnotenzwanges absehen solle und zwar deswegen, weil ein folcher Schlußnotenzwang nicht durchzuführen und zu kontroliren sei ohne sehr strenge Strafen, ohne eine peinliche Kontrole, eine Kontrole, die in Wirklichkeit nicht laxer sein dürfte als die Kontrole, die sie vor— geschlagen haben. ;
Der Antrag Dr. Arnsperger sucht nun diese Schwierigkeit dadurch zu beseitigen, daß er die Handelskammern mitwirken lassen will bei der Erhebung und Kontrolirung der Abgaben. Ich muß diesen Ge— danken prinzipiell als einen durchaus zu berücksichtigenden bezeichnen. Ob der Vorschlag sonst in dieser Beziehung das Richtige getroffen hat, ist allerdings eine Frage, die einer eingehenden Erwägung zu unter⸗ werfen sein wird. Auf der einen Seite ist es außerordentlich schwierig, das Institut der Handelskammern einzufügen in den Organismus der Steuererhebungsbehörden. Die Handelskammern sind nach ganz andern Grundsätzen zusammengesetzt als alle anderen Behörden; sie unter⸗— liegen nicht der unmittelbaren Einwirkung der vorgesetzten Behörden, und es wird gewiß außerordentlich schwierig sein, eine Mitwirkung derselben in richtiger Weise eintreten zu lassen.
Auf der andern Seite scheint mir der Entwurf aber nicht weit genug zu gehen. Ich glaube, daß es nothwendig sein wird, wenn man die Steuererhebung gehörig sichern will, daß man bei einer höheren Anspannung der Börsensteuer auch in weiterem Maße, als hier vorgesehen ist, eine Bethätigung der Handelskammern wird in Anspruch nehmen müssen. Diese Frage wird, wenn man an die nähere Prüfung des Arnspergerschen Entwurfs herangeht, noch genau zu erörtern sein.
Ich sehe davon ab, auf alle Einzelnheiten des Entwurfs einzu— gehen. Ich glaube, daß er allerdings nach manchen Richtungen hin, wenn man sich auf ihn stellen will, der Verbesserung auch im Ein⸗ zelnen bedürfen wird. Wenn ich schon jetzt einige Punkte streifen darf, namentlich die Tarifnummer 4, die das Maß der Belastung be⸗ trifft, so will der Eatwurf die Mitte wandeln zwischen Fixstempel und prozentualem Stempel, indem er Klassen der Besteuerung vor— schlägt, und sich dabei an diejenigen Vorschläge anlehnt, welche im Jahre 1881 die verbündeten Regierungen ihrerseits gemacht haben.
Es ist, wie der Hr. Abg. Oechelhäuser auch hervorgehoben hat, sehr schwer, sich ein richtiges Bild über die Höhe der Besteuerung und über das zulässige Maß zu machen. Wenn ich
diese Klassen näher ins Auge fasse, so beläuft sich der Stempel für
die Geschäfte bis 1000 M auf mindestens 710 pro Mille, aber er
erreicht bei höheren Geschäften, bei Geschäften von 100 060 AM und
mehr nur den Betrag von 130 pro Mille. Ich glaube in der That, daß dieses Maß der Besteuerung doch nicht Demjenigen entspricht, was von der Börse verlangt werden kann, und ich glaube, daß die verbündeten Regierungen geneigt sein werden, eine weitergehende Be— laftung der Börse in Anspruch zu nehmen.
Der Antrag hält dann fest an dem Unterschied zwischen Zeit⸗ geschäften und Komptantgeschäften, indem er die Zeitgeschäfte höher belasten will als die Komptantgeschäfte. Der Vorschlag der ver— bündeten Regierungen in Uebereinstimmung mit dem Antrage von Wedell hatte geglaubt, diesen Unterschied fallen lassen zu müssen und zwar aus praktischen Bedenken. Wenn Zeitgeschäste und Differenz⸗ geschäfte identische Begriffe wären, so wäre nichts gerechtfertigter und angezeigter, als die Zeitgeschäfte höher zu treffen als die Komptant⸗ geschäfte. Das ist aber nicht der Fall. Denn grade die solidesten Geschäfte vollziehen sich in der Form der Zeitgeschäfte. Ich erinnere daran, daß Spiritusverkäufe, zum Theil auch Getreideverkäufe, im wesentlichen als Zeitgeschäfte behandelt werden, und es würde unge— recht sein, wenn man grade diese Geschäfte mit einer höheren Abgabe treffen wollte, als die Effektengeschäfte.
a Auch die Definition des Zeitgeschäfts, die hier im §. 8 an— gegeben ist, scheint zu Bedenken wesentlichen Anlaß zu geben. Jetzt ist das Zeitgeschäft im Stempelgesetz bezeichnet als ein auf Zeit abgeschlossenes Geschäft. Das ist eine sehr äußerliche Bezeichnung, die zu manchen Ungerechtigkeiten geführt hat, aber es ist wenigstens ein für die Steuererhebung erkennbarer und jweifelloser Begriff. An Stelle dieser Definition will nun der 8 eine Definition setzen dahin, daß ein Zeitgeschäft ein solches ist, „wenn die Erfüllungszeit etwas dergestalt Wesentliches ist, daß nach Absicht der Kontrahenten eine spätere Leistung nicht mehr als Vertragserfüllung angesehen werden soll!“. Dies mag wohl für die Börse eine klare Bestimmung sein — sie lehnt sich an an eine Ent— scheidung des Ober ⸗Handelsgerichts, wenn sie diese Entscheidung auch nicht genau wiedergiebt — aber für die Steuererhebung ist der Begriff absolut nicht zu gebrauchen; denn Sie können von Keinem, der die Steuer festsetzen soll, verlangen, daß er in eine Beurtheilung
darüber eintreten soll, ob in einem speziellen Geschäft die Zeitbestim⸗ mung etwas Wesentliches ist oder nickt. Sie würden durch Einfüh— rund dieses Begriffs eine Quelle großer Zweifel und Verschieden⸗ beiten schaffen, und ich glaube, man sollte sich bemühen, diefel ben möglichst zu beseitigen und nicht neue zu schaffen.
; Was dann die Befreiung vom Tarif anbetrifft, so will ich auf die Einzelheiten nicht näher eingehen. Eine Verschiedenheit enthält die Befreiung unter 1 insofern, als das Waarengeschäft nicht, wie es Hr. von Wedell vorgeschlagen hat, bis 10000 SY von der Abgabe befreit sein soll, sondern nur bis 5000 . Erwägt man nun, daß gerade die Geschäfte mit Spiritus und Getreide sich bis zu dieser Grenze von 19000 A vorzugweise bewegen, so scheint es doch recht bedenklich, die Grenze, welche die verbündeten Regierungen ihrerseits vorgeschlagen haben: bis auf 10070 Æ, nunmehr auf die Höhe von 500M M0 zu beschränken. Jedenfalls bedürse dirse Veränderung des Gesetzes einer sehr eingehenden Erläuterung.
Nun möchte ich auf einen Punkt kommen, den der Hr. Abge ordnete Oechelhäuser in seinem Vortrage, glaube ich, auch näher be— rührt hat, nämlich auf den §. 24 des Ärnspergerschen Entwurfs. Es heißt da, daß die Civilklage allgemein zulässig sein soll gegen die Höhe des Stempelbetrages. Dieser Vorschlag enthält eine Neuerung gegen den bisher bestehenden Zustand.
Die verbündeten Regierungen sind davon ausgegangen, daß der Reichsstempel die nächste Verwandtschaft mit dem Landes stempel habe und daß das, was in dieser Beziehung rücksichtlich der Ciyvilklage für den Landesstempel bestimmt ist, für den Reichsstempel zu gelten hat und umgekehrt, daß es zu einer Beeinträchtigung der Landezinteressen führen würde, wenn für das Reich in dieser Beziehung weiter ge— gangen würde als für den Landesstempel. Ist eine Verände— rung in dieser Beziehung nothwendig — und ich verkenne gar nicht, daß es in mancher Bezichung wünschenswerth ist „ so wird der Weg der Landesgesetzgebung zu beschreiten fein, und zwar nicht nur für die Reichs⸗Stempelabgaben, fondern auch für die Landes— Stempelabga ben. Aus diesem Grunde, glaube ich, wird diese Frage nicht den Reichstag zu beschäftigen haben, sondern, wenn namentlich in Preußen eine Erweiterung dieses Rechtsweges gewünscht wird, den preußischen Landtag. Aber auch der Vorschlag, daß solche Civilklagen gegen den Reichsfiẽ kus anjustrengen sind, steht im Widerspruch mit der ganzen Olganisation und Verwaltung der Reichs-Stempelabgaben. Die Stempelst uer wird von den Einzelstagten erhoben und erst nach— ber wird sie an das Reich abgeiührt. Wenn man nun vorschlagen wollte, daß gegen jeden Strasbescheid eines Haupt er Reichsfiskus als Ver⸗ klagter sich stellen und die Vertretung übernehmen sollte für die Ent— scheidung des Hauptamtes, so würde dabei vollständig der Zusam⸗ menhang zwischen Reich und Einzelstaaten verschoben; die Höheren Instanzen der Einzelstaaten würden num ihr gutes Recht, im einzelnen Falle zu prüfen und zu entscheiden, kommen, und der Reichéfiskus würde in die Stelle geschoben werden zu einem zeit⸗ punkt, wo naturgemäß noch gar nicht die Stelle ist, an welche Diese Frage herantritt. Ich sehe dabei ganz ab von der näheren Erörterung der Belastung, die damit dem Reichsfiskus erwachsen würde. Ich glaube, es kann keinem Zweifel unterliegen daß in Bezug auf die Zahl der Beamten in der Reichs Finanzrer—
waltung eine ganz erhebliche Vermehrung stattfinden müßte, wenn alle diese Prozesse beim Reiche geführt werden müßten. Ich glaube, daß auch nach dieser Richtung sich der Vorschlag nicht wird ver— treten lassen.
k—— schließe mit den Worten, mit denen ich angefangen habe, daß die verbündeten Regierungen es nur begrüßen können, wenn es gelingen wird, zu einer Verständigung Über die Frage hier im Haufe u kommen, und daß wir bereit sind, hier und in den Kommissions⸗ herathungen jede Aufklärung zu geben, so weit wir dazu im Stande sind.
Der Abg. Dr. Porsch erklärte, daß seine politischen Freunde dem Antrage von Wedell sympathisch gegenüber— ständen und hofften, es werde endlich in dieser Seffion ein zweckentsprechendes Börsensteuergesetz zu Stande kommen. Diese Hoffnung sei bisher durch diejenigen Redner, welche sich ablehnend erklärt hätten, nicht abgeschwächt worden. Es sei angemessen, daß nicht vorzugsweise der Grundbesitz und die arbeitenden Klassen die Steuerlast tragen müßten, sondern daß vor allen Dingen das stets wachsende bewegliche Ver—
reichend besteuert worden sei und sich in vielen Punkten geradezu der Steuerfreiheit erfreue. Nicht aus Haß gegen die Börfe, welche ja auch ihre Lichtseite habe, werde seine Partei eine Börsensteuer votiren, sondern nur, weil das Centrum sie für zweckmäßig und gerecht halte. Das Vorhandensein einer Börsenordnung erscheine ihm übrigens außerordentlich wün— schenswerth; es würde das die ganze oder theilweise Kontin— gentirung der Börsensteuer ermöglichen. Mit der kommissari— schen Berathung der Vorlage sei er einverstanden.
.Der Abg. Kayser erklärte, seine Partei stehe zur Börse keineswegs in einem freundlichen Verhältniß. Schon Lassalle habe darauf hingewiesen, daß gerade bei der Börfe die wirth⸗ schaftliche Ausbeutung der Schwächeren durch die Starken am
deutlichsten in die Erscheinung trete, und daß es sich hier am
meisten zeige, daß nicht die Arbeit, sondern das Kapital, der mühelose Erwerb, ohne jede persönliche Tüchtigkeit, allein alle Reichthümer einheimse. Seine Partei kenne ganz gut die wirthschaftlichen Zustände an der Börse, wenn sie auch nicht sachverständig sei. Der Kapitalismus habe an der Börse seinen eigentlichen Sitz, und an der Börse gebe es gewisse Hechte, die alles wegschnappten, was sie irgend in ihr Bereich ziehen könnten. Er mache auf das Buch des Professors Kohn in Zürich aufmerksam, welcher ausführe, daß schon der Name „Börse“ von symptomatischer Bedeutung sei; das Wort be— deute nämlich ursprünglich ein abgezogenes Fell. Die Börse habe sogar ihre Geheimsprache: in den Kursherichten fänden sich Worte, die nur den Eingeweihten verständlich seien; man spreche z. B. von Minen und Contre— minen, was übrigens ganz außerordentlich kriegerisch klinge.
Verbindung steh
nicht einzusehen. Die Börse wende das bewegliche Kapital nicht den soliden Unternehmungen zu, nicht der gediegenen Industrie, sondern den Spielpapieren, den Schwindelunter⸗ nehmungen. Wenn man die Börse besteuern wolle, was er an sich nur für gerecht halte, so müsse man, um sie wirksam zu treffen, die prozentuale Besteuerung anwenden. Diese halte er für die einzig richtige. Je größer die Summen seien, über welche Geschäftsabschlüsse gemacht würden, desto größer sei der Geschäftegewinn und die Börsenmänner dürften volks⸗ wirthschaftliche Gesichtspunkte dabei erst in letzter Linie im Auge haben. Und gerade die meisten und höchsten Gewinne würden im Differenzspiel gemacht. Mit leichter Mühe würden da in Spekulationen, bei denen aller— dings die Mächtigsten und die Kapitalkräftigsten die meisten Chancen hätten, Millionen gewonnen. Die Diskonto⸗Gesell⸗ schaft zahle trotz der hohen Beamtengchälter, trotzdem sie eine Million für Tantiemen ausgebe, eine Dividende von 11 bis 12 Proz., während die Reichsbank nur etwa 3 bis 4 Proz. zahle. Bei den Börseninstituten sei in dieser Beziehung gleich— sam eine Herzverfettung zu konstatiren. Der agrarische Kampf gegen die Börse entspringe wohl nur einem gewissen Neide; solche Gewinne, wie sie an der Börse erzielt würden, habe eben Jeder gern. Eine Menge von Unternehmungen an der Börse geschähen nur zum Zweck der Täuschung des Publikums, wie auch ein Blick in die Börsenorgane lehre. Da spreche man offen von Courstreibungen ꝛ2c., es bildeten sich unter den Finanzgrößen ganz bestimmte Gruppen, die zu— sammen operirten. Diese Geldmächte hätten den be— deutendsten Einfluß auf Angebot und Nachfrage, und alle diese Dinge würden durch das „Wolffsche Telegraphen⸗ Büreau“ bestens gefördert, vorzugsweise befinde sich das Wolffsche Büreau in den Händen des Barons von Bleich— öder, der im Besitze der meisten Aktien dieses Bureaus sei. Die Börsenmänner hätten für ihre Mittheilungen durch dieses Bureau statt einer positiven, bestimmten Form eine bedingungs⸗ weise, unbestimmte eingeführt, die den Spekulationen einen vortrefflichen Vorschub leiste. (Redner verlas einige Depeschen des „Wolffschen Telegraphen-Büreaus“, welche die Interessen der Börse gegenüber dem Privatpublikum verfochten. Warum wolle nun der Abg. von Wedell⸗Malchow eine Emissions— steuer? Die Berliner Handelsgesellschaft wolle bei Ünter— bringung der Emissionen auch ihren Vortheil ziehen, sie habe
2 B. die serbische Anleihe aufgelegt mit 62 Proz., auf den
̃ Milliarden jeden serbischen
Markt sei
seien darauf
sie mit 72 Proz. gekommen; 6 ei if. gezeichnet worden, auf Einwohner seien also 20 000 M6 gekommen. Hätte die ser— Regierung. das auszunutzen verstanden und Zeichner berücksichtigt, so wäre sie schön herausgekommen.
Ganz ähnliche Verhältnisse seien bei den russischen Anleihen zu Tage getreten. Auf die letzte russische Anleihe sollten nicht weniger als 30 Milliarden gezeichnet worben sein. Solche Erscheinungen verdienten doch wahrlich in Betracht gezogen zu werden. Sehr bedauerlich sei auch die Haltung der Presse gegenüber dem Treiben an der Börse, und zwar hätten viele Zeitungen, welche sonst auf dem Parteistandpunkte der Rechten, welche diesen Entwurf eingebracht hätten, ständen, in dieser Beziehung vor den anderen Zeitungen nichts voraus. Von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ heiße es, daß sie in ihrem vorderen Theil dem Reichskanzler ein Stück weißes Papier zur Verfügung stelle, aber es scheine auch, daß sie von dem hin— teren Theil mindestens ein ebenso großes Stück der Börse zur Verfügung gestellt habe. Redner sprach sich sodann gegen den Antrag Oechelhäuser aus, der zwar das Huhn sschlachten wolle, aber nicht wolle, daß Blut dabei fließe. Seine
ö Partei stehe dem Entwurf des Abg èWedell⸗Malchon mögen herangezogen werde, welches bisher noch nicht aus aon . . / bog von Weßell⸗ Malchow
sympathisch gegenüber und habe nur Bedenken bezüglich der Verwendung der Steuer. Er wolle nämlich eine diskretionäre Verwendung der Regierung, welche seine Partei mit Bruta— lität behandele, nicht überlassen. (Der Präsident rief den Redner wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung.) Seine Partei würde noch viel weiter als der Antragsteller gehen und zum Bei— spiel auch eine Kapitalrenten- und Dividendensteuer beantragen. Im Lande umherziehende konservative Agitatoren hätten‘ es vielfach ausgesprochen, daß seine Partei mit der Börse in
he, die Stellung, welche seine Partei zu dem vorliegenden Entwurfe einnehme, widerspreche schon der an und für sich unhaltbaren Behauptung. Die Börse sei in den weitesten Kreisen so unbeliebt, weil die Leistungen ihrer Be— sucher in gar keinem Verhältnisse ständen zu dem von ihnen erzielten Gewinn; letzterer sei viel zu groß. Auch wollten die Börsianer eine weit über ihre Verhält— nisse und ihre Leistungen hinausgehende Stellung einnehmen. Diesem Streben entspringe z. B. die Bezeichnung „Börsen— sfürst“ und andere von Ueberhebung zeugende Ausdrücke. So— bald er die Garantie habe, daß der aus der Börsensteuer sich ergebende Ertrag in guter und zweckmäßiger Weife verwendet werde, werde er der Besteuerung zustimmen. Er meine aber, daß hierin Vorsicht geboten sei, weil er die vielen drohenden Steuern nicht vermehren wolle, ohne daß davon ein Gebrauch in seinem Sinne gemacht werde. Sehr auf— fällig erscheine es, daß die Regierung ihren früheren Ent— wurf habe fallen lassen, besonders auch deshalb, weil diese Regie⸗ rung sonst recht beharrlich in Einbringung eines und desselben Ent— wurss zu sein pflege. Es habe den Anschein, als stehe die Regie—
Die Nothwendigkeit und den Nutzen der Börse vermöge er
diese Forderungen nicht habe
Interesse an
rung der Börse überhaupt nicht gerade unsympathisch gegenüber.
Daß die Börse nach politischer Macht strebe, sei ja bekannt und finde unter Anderem eine Illustration dadurch, daß der Verein mit dem langen Namen es versucht habe, Leute in den Reichstag zu bringen, welche seine Zwecke daselbst fördern sollten. Im Allgemeinen sei es der Standpunkt der Regierung, daß sie neue Steuern haben wolle, woher dieselben genommen werden sollten, sei ihr mehr oder weniger gleichgültig. Er fasse seine Aus⸗ führungen in dem Satze zusammen, daß ein gerechter Aus⸗ gleich zwischen Arbeitsleistung und Arbeitslohn unter der jetzigen staatlichen Ordnung nicht möglich sei und erst ein⸗ treten werde, wenn diese Ordnung durch die sozialistische ab⸗ gelöst werde.
Der Abg. Gamp wünschte auch, daß es gelingen möchte, diese Geschäfte zu Gunsten des Reiches zu belasten, sofern nicht die berechtigten und nothwendigen Geschäfte der Börse darunter leiden würden. Wenn seine Partei gerade wie gegenwärtig das Initiativporgehen des Abg. von Wedell⸗ Malchow unterstütze, so liege der Grund dazu für sie in der ungünstigen Finanzlage des Reiches. Es sei von allen Seiten anerkannt worden, daß der Etat mit größter Sparsamkeit aufgestellt sei, und gleichwohl hätten Forderun⸗ gen, deren Berechtinung und Dringlichkeit in der Kommission anerkannt seien, zurückgestellt werden müssen. Wenn man bewilligen können, sollte Steuerquelle, wie die vorliegende, Erschließung gesordert werde. Daß der frühere Entwurf nicht zur An—⸗ nahme gekommen sei, begrüße it beson Freude. Damals habe sich in Folge gnisse der siebenziger Jahre eine gewisse Animosität gegen die Börse herausgebildet, und die Herren, die den
man nicht auf eine verzichten, deren
Interessen der Börse nahe gestanden hätten, hätten denselben von einen betrachtet. Jetzt hätten sich die Anschauungen geänzert. Der Abg. Siemens habe anerkannt, daß der Wunsch seiner (des Abg. Siemens) Partei dahin gehe, diese f Hörse auf⸗ zulegen und die Herren von der sfreisinnigen Partei würden viei— leicht auch eine Aenderung ihrer Ansichten vorgenommen haben. Bei den früheren Berathungen hätte die freisinnige Partei einen ganz erheblichen Grad von Wohlwollen den Interessen der j
Börse entgegengebracht. Diejenigen, welche der Besteuerung
der Börse das Wort geredet hätten, dürften nicht so hingestell werden, wie es neulich vom Abg. Rickert geschehen sei, als ob
CO 1 9e
sie gegen die Interessen des kaufmännischen Verkehrs über— haupt seien. Dem müsse er die Anerkennung versagen. Er glaube, man erweise dem Kausmannsstand einen schlechten Dienst, wenn man die Interessen der Börse vollständig mit denen des kaufmännischen Verkehrs identifizire. Er müsse sagen, daß er in den weitesten Kreisen den Wunsch habe theilen hören, die Ausscheidung der Börse aus dem Steuer⸗ system zu verhindern und sie zu einem erheblichen Steuer— objekte zu machen. Wenn man seiner Partei hier Vorwürfe mache, so frage er: Wer sei denn der Pionier auf diesem Gebiete gewesen? Das sei der Abg. Lasker gewesen, der sich gegen die Ausschreitungen der Börse erklärt habe. Daß der gewerbsmäßigen Spekulation gleichzeitg auf dem Wege der Börsensteuer entgegengetreten werde, sei nach seiner Meinung ganz selbstverständlich und keine Parteifrage. Er wolle eben eine Börsensteuer und keine Geschäftssteuer; er wünsche den Waarenverkehr durchaus anders be— handelt zu sehen als den Geldverkehr, die Fondstrans— aktionen und die reine Spekulation. Der Waarenverkehr solle steuerfrei bleiben, nur die Waarengeschäfte auf Zeit und mit fungibeln Gegenständen der Steuer unterliegen. Im Uebrigen mache er sich die neulichen Ausführungen des Abg. von Maltzahn über die Börsenspekulationen in Getreide völlig zu eigen und halte sie gegen den Abg. Rickert durchweg aufrecht. Die Börse habe selbstverständlich dasselbe s schwankenden, wie der wirklich produktive Handel und Verkehr an festen, stabilen Preisen, und trotz— dem der Abg. Rickert es leugne, wirke das Börsenspiel mit⸗ bestimmend auf die Preise ein. Er sei ferner sür eine pro⸗ zentuale Besteuerung, da diese den Rücksichten der Gerechtig— keit und Billigkeit am meisten entspreche. Daß der Abg. Siemens gerade so entschieden gegen prozentuale Besteuerung auftrete, könne er sich gar nicht erklären. Es habe sich schon kurz vor Weihnachten hier in Berlin ein sogenannter elcher bezwecke, die in Folge der Kon— kurrenz so sehr gefallenen Sätze für Abschlußprovisionen und dergleichen wesentlich zu erhöhen; unter 1 Prozent Provision solle bei hohen Konventionalstrafen keine Geschäftsvermittelung mehr stattfinden. Unter den Mitgliedern des Vereins befinde sich auch die Deutsche Bank; nun, wenn das Publikum eine solche Erhöhung tragen könne, dann würden die Bankiers auch dafür sorgen, daß auch die prozentuale Steuer noch auf das Publikum abgewälzt werde; die Berechnung sei dann schließlich nur noch eine Kleinigkeit. — Redner kritisirte hierauf noch den nationalliberalen Börsensteuer⸗Entwurf und erklärte das Einverständniß der Reichspartei mit kommis— sarischer Berathung der beiden Anträge. ie Diskussion wurde geschlossen, und nach dem Schluß— wort des Antragstellers Abg. von Wedell-Malchow überwies das Haus beide Anträge einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern. Hierauf vertagte sich das Haus um nerstag 1 Uhr.
51 ½ Uhr auf Don⸗
2 —
**
Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central ⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition des Arutschen Reichs-Anzeigers und Königlich Rreußischen Ktants- Anzeigers:
w Berlin 8w., Wilhelm - Straße Nr. 32. ü *
Steckbriefe und Untersuchungs- Sachen. ls, . (63594 Steckbriefs⸗ Erneuerung. vn ö
Der gegen den Kaufmann David Fleischmann, am 27. Juli 1853 zu Sierdabely in Ungarn geboren, wegen Betruges von dem Untersuchungsrichter des früheren Königlichen Stadtgerichts zu Berlin in den Akten L. R. I. 225. 82, jeßzt J. II. C. 455. 81 rep. unter dem 28. Februar 1882 erlassene und unter dem 4. Januar 1883 erneuerte Steckbrief wird nochmals erneuert.
Berlin, den 14. Januar 1885. Staatsanwaltschaft beim Königlichen Landgericht J.
abzuliefern.
Beschreibung:
Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.
2. Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.
3. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.
4. Verloosung, u. 8. w. von öffentlichen Papieren. 9. Familien- Nachrichten.
unten Friedrich Adolph Schwarz, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen versuchter Erpressung und wissentlich falscher Anschuldigung in den Akten U. R. II. 986. S4 verhängt.
Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in das Untersuchungsgefängniß
Berlin, den 19. Januar 1885. Der Untersuchungsrichter bei dem Königlichen Landgericht J.
233 5E 3 2 * , x Inserate für den Deutschen Reichs. und Königl. E ent !! 2 nzeiger. ö ö die Ervediti d 3 Inserate nehmen an: die Annoncen -⸗Expeditionen de
Grosshandel
7. Jiterarische Anzeigen.
Amortisation, Zinszahlung S. Theater- Anzeigen
Steckbrief.
beschriebenen Schuhmacher
Nase lang, Mund gewöhnlich,
zu Alt Moabit 11,12, Narbe und Arm blau tätowirt.
(63595 Johl. Alter 27 Jahre, geb. 4. 11. 57 zu
5. Industrielle Etablissements, Fabriken und 6. Verschiedene Bekanntmachungen.
In der Börsen- beilage.
Kl. Trampken, Kr. Danzig, Größe 1376 m, Statur kräftig, Haare braun, Stirn schmal, hoch, Bart brauner Vollbart, Augenbrauen braun, Augen braun, Zähne vollständig, Gesicht länglich, oval, Gesichtsfarbe gesund, Sprache deutsch. Besondere Kennzeichen: Kehlkopf links eine graue Warze, Magengegend rechts eine bohnengroße
Steckbriefs ⸗ Erledigung. Der gegen den Arbeiter Wilhelm Nickel zu Born⸗ städt, Katharinenholzstraße Nr. 1, unterm 20. Juli
„Invalidendank“, Rudolf Wosse, Haasenstein
& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte,
Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen ⸗Bureaux.
1883 in Sachen A. 51. 80 Fall 851 und A. 56. 80 Fall. 948 a. erlassene Steckbrief ist erledigt. Potsdam, den 15. Januar 1885. Königliches Amtsgericht, Abtheilung V.
ü J 1884 hinter den Webergesellen Hermann Hoffmann aus Neu ˖ Coschitz erlassene Steckbrief ist durch dessen Ergreifung er⸗ ledigt.
Potsdam, den 20. Januar 1885. Königliche Staatsanwaltschaft.