Der Abg. Lauenstein hielt die Annahme des Antrags für drin gend — zumal ein einheitliches Kommunalsteuer⸗ gese . ene en noch 28 mu erhoffen sei. Er
ehle, die Vorlage en bloc anzune ⸗
66 36 Abg. ö widersprach diesem Vorschlage, obschon auch er zugeben müsse, daß die Regelung der Rommunal⸗ steue rfrage ein dringendes Bedürfniß sei. .
Nachdem sich noch der Abg. von Quast für die Annahme
des Antraegs ausgesprochen hatte, wurde die Debatte ge⸗
lossen. . ir . Schlußwort wies der Abg. Dr. Lieber (Montabaur)
die Bedenken des Abg. Zelle zurück und wandte sich alsdann geg en die e hru en des Unter⸗Staatssekretärs Herrfurth. Ein Antrag des Abg. Zelle, den Gesetzentwurf an die Gemeindekommifsion zu verweisen, wurde abgelehnt, und. das Haus trat sofort in die zweite Lesung der Vorlage ein, in welcher dieselbe nach einigen kurzen Bemerkungen des Abg. Zelle zu §. 1 und 8.7 unverändert angenommen wurde. Es folgte die erste Berathung des Antrages der Abgeordneten Graf Baudissin und Genossen auf Annahme eines Gesetzentwurfs, betreffend Ergänzung und Abänderung der Bestimmungen über die Aus⸗ sonderung des steuerartigen Theils aus den so⸗ genannten stehenden Gefällen in der Provinz Schleswig⸗Holstein. ö . Der Abg. Schütt beantragte, den Gesetzentwurf an eine verstärkte Agrarkommission zu verweisen. . Der Regierungskommissar Geheime Finanz⸗Rath Fuisting erklärte, daß die Regierung gern bereit sei, ihre Hand zur Regelung diefer Angelegenheit zu bieten; freilich müsse darauf gesehen werden, daß die Regelung auch eine definitive sei. Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg;. Seelig und Schütt wurde der Gesetzentwurf an die um 7 Mitglieder verstärkte Agrarkonemission zur Vorberathung überwiesen. Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Antrag des Abg. Letocha wegen Vorlegung eines Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Schiffbarmachung des oberen Theils der Oder und die Herstellung einer Wasserstraße von der Oder bei Fürstenberg nach der Sberspree bei Berlin. Auf Antrag des . . wurde dieser Gegenstand von der Tagesordnung abgesetzt. . Der * richt über die Ergebnisse des Betriebes der für Rechnung des preußischen Staates verwalteten Eisen bahnen im Betriebsjahre 1863/84, sowie der Bericht über die Bau⸗ ausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Zeitraums vom 1. Oktober 18383 bis dahin 1884 wurden ohne Debatte an die Budgetkommission verwiesen. Der letzte Gegenstand der Tagesordnung war die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Vertretung des Fiskus in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der k Derselbe wurde nach einer kurzen emerkung des Abg. Bödiker genehmigt. Sodann vertagte sich das Haus auf Donnerstag 11 Uhr.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Geheime Regierungä⸗Rath von Ehren stein ist hier angekommen.
— Seit einigen Tagen weilen hierselbst zwei höhere ausländische Verkehrsbeamte: Herr Reymers, Mit⸗ glied der General⸗Direktion der Kaiserlich russischen Posten und Telegraphen in St. Petersburg, und Herr Purcell, Controller of the Postage Stamp Departement of the Inland Revenue in London. Der Erstere ist hierher entsandt, um für einige Zeit dem Studium der deutschen Posteinrichtungen obzuliegen, der Letztere, um sich über die Herstellungsweise deutscher Postwerthzeichen in der Reichsdruckerei zu unter richten.
— Nach Schluß des am 1. Oktober v. J. bei der Artillerie-Schießschule begonnenen Kursus haben sich sämmtliche zu demselben kommandirt gewesenen Offiziere in ihre resp. Garnisonen zurückbegeben.
Sachsen. DresUden, 26. Januar. Wie das „Dr. Journal“ erfährt, hat der Wirkl. Geheime Rath, Haus⸗ marschall Graf Vitzthum von Eckstädt im besonderen Auf⸗ trage des Königs die Allerhöchstdemselben von dem verstorbe⸗ nen Herzog Wilhelm von Braunschweig testamenta⸗ risch vermachten Güter in Schlesien im Laufe der letzt— vergangenen Woche übernommen.
Hessen. Darm stadt, 27. Januar. (Köln. Ztg.) Die Zweite Kam mer erklärte heute die Wahl der Abgeordneten für Mainz, Falck und Schlenger, für ungültig.
Oesterreich⸗ ungarn. Wien, 26. Januar. (Wn. Abdp.) Heute tagten im Abgeordnetenhause der Budget aus schuß und der Gewerbe-Aus schuß. Auf der Tages⸗ ordnung des Budgetausschusses stand die Berathung über die Regierungsvorlage, betreffend den Nachtragskredit für den Umbau der Gewehrfabrik, dann die Berathung über das Budget der Unterrichtsverwaltung. Der Gewerbe⸗Ausschuß setzte die Spezialdebatte über das Unfallversicherungsgesetz fort.
— 27. Januar. (W. T. B.) Das Abgeordneten⸗ haus hat einen besonderen Ausschuß für das Sozialistengesetz gewählt und die Vorlage wegen der Nordbahn an den Eisenbahnausschuß verwiesen. — Bei der Beantwortung einer in Betreff des Warns dorfer Hochverrathsprozesses gestelltn Interpellation wies der K die Anschuldigung, daß die frag⸗ liche Strafuntersuchung in tendenziöser Weise eingeleitet worden sei, im Interesse und zur Wahrung des Ansehens und der Unabhängigkeit des Richterstandes entschieden zurück. Er bezeichnete die Behauptung, daß in Folge der Aussagen der Angeschuldigten die Nothwendigkeit weiterer Erhebungen fort⸗ 8 wäre, als irrig und alle Behauptungen über die
chlechte Behandlung der Verhafteten während der Unter⸗ suchungshaft als vollkommen falsch. Es seien alle mit der Hausordnung zu vereinbarenden Wünsche derselben in Bezug auf Kost und Lektüre erfüllt worden und sie selbst (die Verhafteten) hätten auch keinerlei Beschwerden vorgebracht. Der a gn versicherte, daß die Regierung auf die ganze Angelegenheit keinen Einfluß geübt habe; sie sei nur insofern in Thätigkeit getreten, als sie, nach der über die Einleitung der Vorunter⸗ suchung genommenen Kenntniß, Allerhöchsten Orts die Ein⸗ stellung der Untersuchung beantragt habe. — Der Antrag des Abg. Schönerer, über die Antwort des Ministers zu debattiren,
Großbritannien und Irland. London, 26. Januar. (Allg. Corr) Die erneuten Ätten tate, welche die ärisch⸗ en hn Dynamitarden am Sonnabend im Wesi⸗ minster⸗Palast und im Tower verübten, haben nicht nur in London, sondern in ganz England die größte Aufregung hervorgerufen, und die allgemeine Entrüstung über diese Un⸗ thaten dürste die Regierung veranlassen, höchst ernste und außerordentliche Schritte zu thun, um dem verbrecherischen Treiben der amerikanischen Fenier ein für alle Mal ein Ende zu setzen. — 5 ihren Leitartikeln über die Explofionen bezeichnen die Morgenblätter als Abwehrmittel zumeist einen ener⸗ gischen Appell der englischen Regierung an die Regierung der Vereinigten Staaten, dem srevelhaften Treiben O Donovan Rossa's und seiner Spießgesellen durch ents prechende strenge Gesetze ein Ende zu machen. Die Blätter sind einstimmig darin, daß sie den Herd der Verschwörung nach Amerika verlegen. Obgleich die „Tim es“ hofft, daß die Amerikaner im Stande sein werden, Mittel zu ersinnen, um diesem schreienden Skandal ein Ende zu setzen, fährt sie dennoch fort: „Wir dürfen nicht unsere Hände falten und auf den Ausgang warten. Es ist dringend nothwendig, energische Maßregeln zu ergreifen, sowohl offen⸗ sive als defensive, gegen einen hinterlistigen, gewissenlosen, unversöhnlichen Feind, wenngleich er an Zahl wie an Cha⸗ rakter der verächtlichste ist. —
— 27. Januar. (B. T. B.) Hassan Fehmi Pascha hatte heute in Begleitung von Musurus Pascha bei der Königin in Osborne eine Audienz.
Ein Telegramm der „Times“ aus Hongkong, vom 27. Januar, meldet: Dem fran zösischen Panzerschiff „Triomphante“, welches zur Ausbesserung hier eingelaufen war, ist, um jede Verletzung der Neutralität zu verhindern, die Erlaubniß hierzu auf Befehl der englischen Regie⸗ rung von den Behörden versagt worden.
Frankreich. Paris, 27. Januar. (W. T. B.). Der
Minister⸗Präsident Ferry theilte im heutigen Minister⸗ rath mit, daß in den Verhandlungen Frankreichs
mit der Afrikanischen Gesellschaft wegen der Abgrenzung der beiderseitigen Gebiete am Kongo ein fast vollständiges Einvernehmen auf den bekannten Grundlagen erzielt worden sei. — Der
„Agence Ha vas“ zufolge hätten die Verhandlungen der Afrikanischen Gesellschaft mit Portugal noch zu keinem Ergebniß geführt. Uebrigens sei die Nachricht der „Times“ von einem Uebereinkommen Frankrei chs mit Portugal wegen des Congo unbegründet.
Eine Depesche des Generals Briere meldet, daß alle Vorbereitungen beendet seien und daß die Wiederau 5⸗ nahme der Operationen in Tong king bevorstehe. — Der „Temps“ konstatirt, daß nach dem Eintreffen der Verstärkungen die gesammten militärischen Streitkräfte, über welche General Brisre de L Isle und Admiral Courbet zu verfügen haben würden, einschließlich der annamitischen Tirailleurs 40 000 Mann betragen würden.
Die heutige Sitzung der Deputirtenkammer er⸗ öffnete der Präͤsident Brisson mit einer Ansprache, in welcher er das Haus zu dem Resultat der Senats⸗ wahlen vom 25. d. M. beglückwünschte und gleichzeitig er—⸗ suchte, die Arbeiten zu beschleunigen. Bau dry d Asson wünschte die Regierung ö. den jüngsten Mißerfolg der französi⸗ schen Truppen und über Hie Operationenin Tongkingzuinter⸗ pellire Der Minister⸗-Präsident Ferry erklaärte, die französischen Truppen in Tongking hätten keinen Miß⸗ erfolg zu verzeichnen; er ersuche die Kammer, die Inter⸗ pellation über die Operationen in Tongking auf einen Monat zu vertagen. Die Kammer stimmte diesem Wunsche bei. Im Fortgange der Sitzung wurde die Berathung des außer⸗ ordentlichen Budgets begonnen und dasjenige des Kriegs-Ministeriums angenommen.
Italien. Rom, 27. Januar. (W. T. B:) . In der Seputirtenkammer antwortete heute der Minister Mancini auf die Interpellation in Betreff der Kolonialpolitik: daß die früheren gegen die Kolonial— politik gerichteten Theorien angesichts der modernen Ent⸗ wickelung und der kolonialen Ausdehnung aller Mächte nicht mehr haltbar seien. Italien könne in dem Kampf der Civi— lisation gegen die Barbarei nicht unthätig bleiben. Die Re— gierung sei entschlossen, innerhalb bescheidener Grenzen eine koloniale Politik zu betreiben, vorausgesetzt, daß dieselbe für die ökonomische wie für die politische Entwickelung von Nutzen sei. Sie werde ferner die bestebenden Rechte anderer Nationen respektiren, um jede Komplikation zu ver— meiden; sie rechne außerdem auf die thätige Mithülfe Seitens des Handelsstandes. Die zu machenden Versuche würden durchaus im Verhältniß zu den Kräften Italiens stehen. Schon seit langer Zeit sei der Weg nach dem Rothen Meere als für das Gedeihen Italiens sehr wichtig anerkannt worden. Der Minister widerlegte die hiergegen gemachten Einwände und wandte sich dabei namentlich gegen die Annahme, daß Italien eine gefährliche Eifersucht Englands hervorrufen könne. Es sei das Verdienst des Kabinets, daß es, ohne der Allianz mit den Centralmächten untreu zu werden und ohne ein großes Risico und große Opfer zu übernehmen, eine Freundschaft mit Eng⸗ land herzustellen gewußt habe, die sich auf eine Gemeinsamkeit der Anschauungen und der Aktion im gegenseitigen Interesse stütze. Diejenigen, welche fürchten, daß Italien von seiner Stellung am Mittelmeer abgezogen würde, müßten an⸗ erkennen, daß Italien am Rothen Meere den Schlüssel zum wirksamen Schutz des Gleichgewichts am Mittelmeer finden dürfte. Die Regierung werde den status quo am Mittelmeer respektiren. Wenn aber eine andere Macht hier Aenderungen hervorrufen sollte, welche die Sicher⸗ heit und die Rechte Italiens bedrohen, so werde Italien sich dagegen zur Wehr setzen und das Gleichgewicht wiederherzustellen suchen. Die Expedition nach dem Congo sei nur für einige Wochen aufgeschoben. Die Regie⸗ rung bedürfe der warmen Unterstützung der Kammer für ihre Kolonialpolitik; andernfalls würde die Regierung sich Beschlüssen, die durch ein entgegenstehendes Votum gefaßt würden, zu fügen wissen. — Auf eine von Crispi estellte Anfrage, in Betreff der Nachricht über die zwischen Fin und England hergestellte Uebereinstimmung, erklärte der Minister sich morgen äußern zu wollen. — Der Kriegs-⸗Minister Ricotti führte aus, daß nach seiner Anficht die erste Expedition genügen würde. Sollte eine weitere Expedition in das Innere nöthig werden, so werde noch ein Bataillon nach Assab geschickt wer⸗ den. Der Minister wies schließlich auf den in der Armee wie
der Nation nicht erloschen sei. — Die Deputirtenkammer ge⸗ nehmigte sodann die Sisenbahnkonventionen bis Ar⸗ tikel 41 und erklärte sich mit 165 gegen 92 Stimmen gegen das auch von der Regierung abgelehnte Amendement Baccarini's über den Ankauf des Materials der Gesell⸗ schaften beim Austausch der Konventionen. .
Aus Port Said, vom heutigen Tage, wird gemeldet, daß die Dampfer „Vespucci und „Gottardo“ heute früh von dort nach dem Rothen Meere abgegangen sind.
Nußland und Polen. Kiew, 27. Januar. (W. T. B.) Die Universität ist gestern wieder eröffnet worden. Der Kurator des Lehrbezirks hielt eine Ansprgche, in welcher er dem Bedauern über die Vorfälle, welche die Schließung der Universität hervorgerufen hätten, Ausdruck gab und gleichzeitig die Hoffnung aussprach, daß die Männer der Winenschaft sich in der Universität künftig ausschließlich den Interessen der Wissenschaft hingeben und daß diese Interessen Ordnung und Ruhe in der Universität einbürgern würden.
Dänemark. Kopenhagen, 27. Januar. (W. T. B.) Im Finanzausschuß des Folkethings haben die Mit⸗ glieder der Linken das von der Regierung vorgelegte Budget um 7i bis 8 Millionen herabgesetzt. Die Rechke will nur einer Herabminderung um 2 Millionen bei⸗ stimmen. Die Abstriche erstrecken sich auf alle Zweige der Staatshaushaltung. Ein provisorisches Finanzgesetz wird als wahrscheinlich angesehen.
Amerika. New⸗York, 27. Januar. (W. T. B.) In den Legislaturen der Staaten New⸗York und Pennsylvanien sind Anträge auf Regelung der Anfertigung und des Verkaufs von Dynamit ein⸗ gebracht worden.
Afrika. Egypten. (W. T. B.) General Wolseley meldet aus Korti: er habe am 26. Januar von dem General Earl einen Bericht erhalten, wonach der Marsch seiner Truppen den Nil stromaufwärts glücklich von Statten gehe. ⸗ — (W. T. B.) Unter dem 28. Januar telegraphirt General Wolseley, daß Metammeh genommen ist. Oberst Stewart sei schwer verwundet. Wilson habe sich an Bord eines Dampfers nach Khartum begeben.
Zeitungs stimmen.
Rücksichtlich der Reichstagsdebatte über die Adressen⸗ bewegung wird der „Magdeburgischen Zeitung“ von einem „Mitgliede der nationalliberalen Partei, das aber außer⸗
halb der parlamentarischen Kreise stehr“, geschrieben:
Es war vorauszusehen, daß die Majorität vom 15. Dezember, gegen welche sich die Adressenbewegung im Volke richtete, die Gelegen⸗ heit ersehen werde, an dieser Bewegung Kritik zu üben und womög—⸗ lich sich ins Recht, die Urheber und Theilnehmer der Bewegung ins Unrecht zu setzen. Das ist denn nun in der Sitzung des Reichs tages vom 23. Januar geschehen.
Zunaͤchst ist die Spontanität jener Bewegung angezweifelt, es ist versucht worden, dieselbe als eine „offiziös gemachte“, künstliche darzustellen. Beweise dafür sind nicht erbracht worden. Alles, was man vorbringen konnte, war, 1) daß der konservative Reichsbote“ eben dies behauptet habe, 23) daß in der „Nationallibe⸗ ralen Correspondenz! zu Entrüstungsadressen aufgefordert wor- den sei. Ich weiß nicht, ob der Reichsbote. That⸗ sachen für seine Behauptung angeführt hat, glaube es aber nicht, weil sonst wohl der Redner, der sich auf den Reichs boten. berief, diese Thatsachen gleichfalls erwähnt haben würde. Was die „Nat. lib. Correspondenz! betrifft. so hat der dermalige Führer der Nationalliberalen im Reichstage, Hr. von Benda, persichert, daß der betreffende Artikel (der Übrigens, so viel ich mich erinnere, eine „Aufforderung zu Entrüstungs⸗Adressen⸗ keineswegs enthielt, sondern nur den Ausspruch, daß der Beschluß vom 15. Dejember das Gefühl des Volkes verletzen müsse) „nicht aus der parlamentarischen Partei hervorgegangen sei. Da es bei dieser Sache auf bestimmfe Thatsachen ankommt, so will ich hiermit kon⸗ statiren, daß u. A. an meinem Wohnorte ich selbst sofort nach dem Beschlusse vom 15. Dezember aus völlig freiem Antriebe die An⸗ regung zu einer Adresse gegeben habe. Nun nehme ich aber weder eine offizielle noch eine offiziöse Stellung ein. Auch habe ich, wie mir die verehrliche Redaktion bezeugen wird, niemals in dem Geruche gestanden, mich von offiziellen oder offiziösen Stellen aus beeinflussen zu lassen. Eine zweite An⸗ regung ähnlicher Art erfolgte fast gleichzeitig von ganz anderer Seite aus. Die Adresse selbst erhielt in wenig Tagen so viel Unterschriften, daß dieselben nahezu der Mehrheit aller bei der jüngsten Reichstags⸗ wahl in dem betreffenden Wahlkreis abgegebenen Stimmen
gleich kamen. Es wäre nun doch merkwürdig, wenn so viele Tausende von Personen, und zwar zum allergrößten Theile sehr angesehene und ihren bürgerlichen Stellungen
nach völlig unabhängige Personen, auf, ein Kommando von oben“ oder auch nur von einzelnen Parteiführern einen solchen Eifer des Unterschreibens bethätigt hätten. .
Es ist ferner den Theilnehmern an jener Adressenbewegung vor— geworfen worden, sie hätten den Sinn des Beschlusses vom 15. De⸗ zember entstellt und dadurch den Reichstag, der einen solchen Beschluß gefaßt, in den Augen des In und Auslandes verunglimpft. Nun, daß jener Beschluß vom 15. Dezember zu sehr ernsten Bedenken vom patriotischen und nationglen Standpunkte aus Anlaß gab, daß er uns Deutsche gerade vor dem Auslande in kein besonders günstiges Licht stellt, daß haben sogar die meisten und angesehensten Blätter der deutsch freisinnigen Partei, die sden Beschluß mit gefaßt hatte, direkt, die anderen wenigstens indirekt dadurch anerkannt, daß sie die Bedeutung des Beschlusses abzuschwächen suchten; nur ganz vereinzelte wagten es, ihre Schadenfreude über „die Niederlage, die der Reichskanzler erlitten“, offen auszusprechen; grade dadurch aber bekannten sie (was jetzt die Vertheidiger des Beschlusses abzuleugnen suchen), daß min— destens ein Theil der Majorität vom 15. Dezember nicht aus bloßen Sparsamkeitsrücksichten / so . hatte, wie er gethan.
Aber man geht weiter, man will in den Kundgebungen gegen den Beschluß vom 15. Dezember ein Attentat auf den Reichstag selbst erblicken Die „Autorität“ des Reichstages, sagt man, sei angetastet, „das Volk fei gegen seine geordnete Behörde gehetzt worden. Ich
laube, hier ist wohl zu unterscheiden. Wäre diese Gelegenheit enutzt worden, um den Reichstag als nationale Insti⸗ tution herabzufetzen. um die alte Streitfrage zwischen Absolutismus und Parlamentarismus zu Ungunsten des letzteren aufzugreifen und zuzuspitzen, so wäre das gewiß zu beklagen und sofern einzelne Andeutungen etwas dergleichen enthalten haben follten, so würde ich für meine Person dies höchlichst mißbill igen und würde eine solche Adresse niemals unterschrieben haben. Allein der Reichstag als Institution und ein einzelner konkreter Reichstag sind nicht dasselbe. Den letzteren für unfehlbar und über jeder Kritik stehend auszugeben, wäre doch . bedenklich und möchte am aller⸗ wenigsten dem Reichstage als Institution, dem Prinzip des Parlamentarit⸗ mus zu Gute kommen. Es wird im vernünftig regierten Staate nicht als ein Majestäts verbrechen oder auch nur als eine Ehrerbietungs⸗ n g f angesehen, wenn die Unterthanen im Wege der Bitte, der Vorstellung „von dem schlechtunterrichteten an den besser zu unterrichten⸗
im ganzen Lande herrschenden Enthusiasmus hin und schloß
wurde mit 141 gegen 101 Stimmen abgelehnt.
daraus, daß die Begeisterung für große Unternehmungen in
den Monarchen“ appelliren, und es sollte ein Majestätsverbrechen sein, wenn das Volk seinen Vertretern gegenüber seine von denen dieser abweichen⸗
den Ansichten ausspricht, zumal wenn, wie im vorliegenden Falle, die Volkevertretung selbst noch nicht ihr letztes Wort gesprochen hat, also eine Nemedur des gefaßten Beschlusses möglich ist! Wo bliebe da das Recht der Petition, welches doch sehr häufig gerade in dem Sinne und zu dem Zwecke geübt wird, um einen entweder zu besor⸗ genden oder vielleicht in erster Lesung gefaßten Beschluß des Reichs ⸗ tages in sein Gegentheil zu *in.
Man kann vielleicht darüber streiten, ob nicht etwa der korrekter Weg, statt jener Adressen an den Reichskanzler, der Weg eben der Petition an den Reichstag gewesen wäre. Allein der Beschluß vom 15. Dezember war — nach den vom Reichskanzler wiederholt gege⸗ benen allerbestimmtesten Erklärungen darüber, daß die Verweigerung der von ihm geforderten Hülfskraft ihm die Möglichkeit oder doch Freudigkeit eines fortgesetzten ungeschwächten Wir⸗ kens auf dem bochwichtigen Gebiete der auswärtigen Politik raube, dieses für die Sicherheit und Größe Deutschlands so unentbehrlichen Wirkens — ein so direkter Schlag gegen diesen Mann selbst und gegen das, was er der Nation ist, daß das Gefühl des Volkes wohl nicht irre ging, wenn es das Bedürfniß empfand, dem gegenüber dem großen leitenden Staatsmanne recht augenfällig
kundzugeben, daß wenigstens ein sehr großer und nicht der schlechteste Theil der Nation in der auswärtigen Politik zu ihm stehe. Ja, eine solche öffentliche Kundgebung war um so nothwendiger gerade in einem Augenblick, wo der
Reichskanzler einen der kühnsten, aber auch für die nationalen In—2— teressen sicherlich nicht am wenigsten heilsamen Akte seiner aus wärtigen Politik zu vollziehen im Begriffe stand, die entschiedene Geltendmachung der Rechte Deutschlands auf Theilnahme am Kolonialbesitz in fremden Welttheilen gegenüber den übertriebenen Ansprüchen des seebeherrschenden Englands. Mit Recht hat Fürst Bismarck gesagt: eine Kolonialpolitik im großen Stile zu betreiben, werde für ihn nur dann möglich, wenn er sicher sei, daß die Nation hinter ihm stehe. Durch den Beschluß vom 15. Dezem⸗ ber konnte diese Voraussetzung in den Augen des Auslandes leicht entkräftet werden, es galt daher, so schnell als möglich diesen Ein⸗ druck zu verwischen, und das ist durch die Adressenbewegung (wie die Stimmen der auswärtigen, namentlich auch der englischen Presse be—⸗ zeugen) auf das Wirksamste geschehen.
— Die „Mecklenburgischen Anzeigen“ schreiben über den „Normalarbeitstag“:
Ohne Zweifel ist es ein berechtigtes Verlangen der arbeitenden Bevölkerung, daß eine übermäßig lange Arbeitszeit vermieden werde. ..
An sich freilich scheint die wirthschaftliche Weltlage andere Auf⸗— gaben näher zu legen, als die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit. In England belaufen sich die Aufwendungen der Gewerkvereine feiernden Genossen schon auf Paris und Lyon hat der Mangel an Arbeit den Charakter einer öffentlichen Gefahr an—
Deutschland ist es, zu einem großen
für die Unterstützung ihrer Millionen, in und Verdienst
genommen. In
Theile, Dank der unseren Verhältnissen entsprechenden Zoll und Hanxelspolitik, bisher gelungen, von den Arbeitern ähn⸗ liches Mißgeschick in der Hauptsache fern zu halten. Hätten wir
jetzt, wie nach 1873, das ungeschützte Deutschland zum Ablagerungs⸗ platz fremder Ueberproduktion gemacht, so könnten wieder Hundert tausende fleißiger Arbeiter sich vergebens nach Arbeit umsehen, die Frage des Normalarbeitstages würde vor der Frage nach Arbeit von selbst von der Tagesordnung verschwinden. Deshalb ist gerade vom Standpunkte der Arbeiter unter den jetzigen allgemeinen wirthschaft⸗ lichen Verhältnissen die Frage der Erhaltung der Arbeitsgelegenheit und des Arbeitsverdienstes ungleich wichtiger und dringlicher, als die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit.
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 4. — In—⸗ halt: Konsulatswesen: Todesfall. — Exequaturertheilung. — Heimath⸗ wesen: Zusammenstellung über die Geschäfte des Bundesamts für das Heimathwesen während des Geschäftsjahres vom 1. Dezember 1883 bis dahin 1884. — Handels⸗ und Gewerbewesen: Ausführung der Nummer 3 des Schlußprotokolls zu der deutsch italienischen Literar⸗Konvention vom 20. Juni 1884. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 4. Inhalt: Verfügungen: vom 21. Januar 1885. Postpacketverkehr mit Por⸗ tugal. — Bescheidungen: vom 20. Januar 1885. Unjulässigkeit der Bezeichnung „Portopflichtige Dienstsache' bei den portopflichtigen un⸗ frankirten Briefen der Orts⸗Krankenkassen.
Justiz ⸗Ministerial-Blatt. Nr. 4. — Inhalt: Allge⸗ meine Verfügung vom 13. Januar 1885, betreffend die Verrechnung der für verstorbene Gefangene angesammelten Arbeitsverdienstantheile. — Allgemeine Verfügung vom 14. Januar 1885, betreffend die Auf⸗ hebung des kollegialischen Schöffengerichts zu Feldkirch. — Allgemeine Verfügung vom 14. Januar 1885, betreffend die Erweiterung des Bezirks der Strafkammer bei dem Amtsgericht in Siegen. — All⸗ gemeine Verfügung vom 17. Januar 1885, betreffend die Ausführung des Gesetzes vom 20. Mai 1882.
Eisenbghn-⸗Verordnungs⸗Blgtt. Nr. 3. — Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 13. Januar 1885, betreffend Uebertragung der Verwaltung und Betriebsleitung der Verbindungsbahn von Station Bockenheim (M. W.), einerseits nach Station Louisa (M. N.) andererseits nach Station Rebstock der Strecke Höchst- Frankfurt a. M. an das von der Königlichen Eisen⸗ bahn; Direktion zu Frankfurt a. M. ressortirende Königliche Eisenbahn⸗ Betriebsamt zu Wiesbaden. — vom 14 Januar 1886, betr. Berech⸗ nung der Dienstzeit der beurlaubten Kapitulanten der vormaligen Hannoverschen Kavallerie — vom 21. Januar 1886, betr. Aenderung des Reglements für die Berechnung der Nebenemolumente der Be⸗ amten des Fahrdienstes. — vom 22. Januar 1885, betr. Aufstellung der Betriebsetats. — Nachrichten.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 4. — Inhalt: Amtliches: Bekanntmachung. — Personal-Nachrichten. — Nicht- amtliches: Die Wasserversorgung und der Wasserthurm des Central-⸗ bahnhofs in Straßburg i. E. — Die Begründung eines Verbandes der „Architekten des Westens' in Nordamerika. — Die Erweiterung des Suezkanalt. — Die Kanalisation von Berlin. (Schluß.) — Versammlung zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsarten für Bau⸗ und Konstruktionsmgterial. — Vermischtes: Preisbewerbung um die Ausführung eines Wandgemäldes im Rathhause in Berlin. — Neu⸗ bau des amtsgerichtlichen Geschäftz . und Gefängnißgebäudes in
Kappeln. — Elektrische Beleuchtung der Königlichen Theater in München. Statistische Nachrichten. Die Bewegung der Bevölkerung in Frankreich
und Canada. (Journal of the Statistical Society) — In Frank⸗ reich ist die natürliche Berölkerungszunahme auf ein Minimum herabgesunken; im Jahre 1883 betrug sie, wie wir schon neulich be—⸗ richteten, nur 986 843 Köpfe. Die Zahl der Geburten bleibt seit einiger Zeit beständig dieselbe; sie belief sich im Jahre 1881 auf 2937 057, 1882 auf 935 566 und 1883 auf 937 944 Köpfe. Dagegen hat sich leider die Zahl der außerehelichen Geburten in dem vier- jährigen Zeitraum 1880-83 um nahezu 9pCt. vermehrt.
Während sich die Bevölkerung Frankreichs nach diesen Angaben im Niedergange befindet, sind die Nachkommen der alten französsschen Rasse in Canada auf dem besten Wege, in friedlicher Weise diesen Theil der neuen Welt zu erobern. Aus den 11 660 französischen Kolonisten aus der Normandie und Bretagne sind nach der letzten Volkszählung (1881) 1298 929 Individuen geworden; sie machen über 30 pCt. der Gesammtbevölkerung jenes Landes aus. In der Provinz Quebec bildeten die 1073 520 Einwohner französischen Ursprungs im Jahre 1881 fast 80 pCt. der Bevölkerung, welche fich auf 1359 027 Personen belief. Alle Gemeinden um Montréal,
zu neun Zehnteln aus Franzosen. In den Ost-Kantonen dieser Pro— vinz verdrängen sie friedlich aber unaufhaltsam die Bewohner anderer Nationalitäten. Im Provinziallandtage von Quebeg giebt es nicht ein Mitglied, das des Französischen nicht kundig wäre. Im Repräͤ⸗ sentantenhaufe zu Ottawa (der Hauptstadt der Canadischen Con föde⸗ ration) ist von zwei Abgeordneten einer immer französischen Ursprungs, und mehr als 100 englische Mitglieder dieses Parlaments lesen französisch und vermögen einer Diskussion in dieser Sprache zu folgen. Die Stadt Ottawa selbst bat einen französischen Bürger meister, und die Mehrzahl ihrer Bewohner ist französisch. Bei jeder Zeitung giebt es einen des Französischen mächtigen Redactenr.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Allgemeine Deutsche Wech selordnung und Wechsel⸗ stempelsteuer⸗Gesetz, erläutert durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des vormaligen Reichs ⸗Ober⸗Handelsgerichts von J. Basch, Landrichter a. D., Rechte anwalt bei dem Landgericht I zu Berlin. Zweite, verbesserte Auflage. Verlag von H. W. Müller in Berlin. Taschenformat, kartonnirt Preis 0.75 M — Das Werkchen bietet den Text der Wechselordnuna und des Wechselstempelsteuer⸗ Gesetzes in ihrer jetzt geltenden Fassung, ferner das Reichs ⸗Einfüh⸗ rungsgesetz vom 5. Juni 1869 und das Gesetz, betr. die Aufhebung der Schuldhaft, vom 29. Mai 1868, die Bestimmungen des Gerichts⸗ verfassungs⸗Gesetzes und der Civil⸗Prozeßordnung über die Kammern für Handelssachen und über den Wechselprozeß, sowie schließlich eine Zusammenstellung der verschiedenen Fälle der Wechselklagen. Der Wechselordnung sind die in zahlreichen Entscheidungen der höchsten Gerichtshöfe enthaltenen Grundsätze, dem Gesetze über die Wechsel⸗ stempelsteuer die Bekanntmachungen des Reichskanzlers über Ver⸗ wendung der Stempel marken, über Umrechnung ausländischer Wäh⸗ rungen, über Ersatzanspruch für verdorbene Stempelmarken ze. bei⸗ gegeben. Ein ausführliches Sachregister erhöht die Brauchbarkeit des gut ausgestatteten, handlichen Werkchens.
— Von dem „Correspondenzblatt des Gesammt— Vereins der deutschen Geschichts- und Alterthums—⸗ Vereine“ (herausgegeben von dem Verwaltungs⸗Ausschuß des Gesammtyereins in Frankfurt a. M. unter Redaktion von Ernst Wörner in Darmstadt) ist soeben die November⸗Nummer (11) des 32. Jahrgangs 1884 versandt warden. Den größeren Theil dieser Nummer nimmt ein Beitrag von Georg Humann über den Westbau der Münsterkirche zu Essen ein. Die gründliche Untersuchung über die Zeit der Entstehung des Baues bietet kunstgeschichtlich mancherlei Interessantes. Die durch viele urkundliche Beigaben illustrirte Geschichte der Herren und Grafen von Heusenstamm Gperfaßt von Friedrich Ritsert) wird auch in dieser Nummer fortgesetzt. Von den literarischen Besprechungen betrifft eine die ‚Fundstatistik der vorrömischen Metalljeit im Rheingebiet! von E. Frhrn. von Tröltsch, Württembergischen Major a. D. — Am Schluß wird mit⸗ getheilt, daß, nachdem der Verein für die Geschichte Berlins die ihm von der Generalversammlung des Gesammtvereins zu Meißen ange⸗ tragene Vorortschaft für das Jahr 1385 angenommen habe, mit dem Januar 1885 die Geschäftsleitung des Gesammtovereins an den ge⸗ nannten Berliner Verein übergehen werde.
Gewerbe und Handel.
Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Koheisenpro—⸗ duktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Deibr. 1884 auf 295 6is t, darunter 168 593 t Puddelroheisen, 10069 t Spiegeleisen, 36 329 t Bessemerroheisen, 40 730 t Thomas roheisen und 37097 t Gießereiroheisen. Die Produktion im Dezember 1883 betrug 292 129 t. Vom 1 Januar bis 31. Dezember 1884 wurden produzirt 3 572 155 1 gegen 3 380788 t im Vorjahr.
— In der ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Getreide ⸗Maklerbank, in welcher 1324 Stück Aktien mit 263 Stimmen vertreten waren, wurden Seitens des Vorstandes der Ge—⸗ schäftsbericht und die Bilanz für das Geschäftsjahr 1884 vorgelegt, letztere unter 3. der Dividende auf 190 ½ für dasselbe geneh⸗ migt und dem Vorstande durch Akklamation Decharge ertheilt. Das statutengemäß ausscheidende Aufsichtsrathsmitglied, Hr. Oecar Roth⸗ schild, die bisherigen Revisoren, Herren C. F. W. Adolphi und P. Alexander, sowie der Revisor⸗Stellvertreter, Hr. Ad. Bernstein, wurden durch Akklamation wiedergewählt. In der darauf folgenden außerordentlichen Generalversammlung wurden die dem neuen Aktien- gesetz entsprechenden Statutenänderungen ohne Diskussion angenommen.
Nürnberg, 24. Januar. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Die Tendenz des Marktes hat sich etwas abgeschwächt und sind Mittelsorten in Folge Nachgiebigkeit der Eigner einige Mark billiger erhältlich. Verkauft wurden in der zweiten Hälfte dieser Woche eg. 400 Ballen, zugefahren ebensoviel, Export kauft kleine Quantitäten leichte Hopfen, zahlt aber nur in seltenen Fällen über 60 M. Es notiren: Primawaare 90– 100 ½', gut Mittel 80 — 85 M Mittel 68–- 75 A.
Antwerpen, 27. Januar. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten 1475 B. Laplata⸗Wollen, davon 885 B. verkauft. Ziem⸗ lich belebt, schöne neue Buenos⸗Ayres Wollen 5 Cts. niedriger, alte ganz vernachläfsigt.
London, 27. Januar. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll auktion waren Preise unverändert.
St. Peters burg, 28. Januar. (W. T. B) Die Gesetz⸗ Sammlung veröffentlicht einen vom Kaifer sanktionirten Beschluß des Minister⸗ , welcher die Einfuhr ausländischer Rasseschweine gestattet.
Die Gesellschaft der Russischen großen Eisenbahn“ hat in Paris mit dem Crédit mobilier«“ (Pereire K Hottinger) ein Uebereinkommen abgeschlossen, durch welches der vom Credit mobilier, von Pereire und Hottinger gegen die Gesellschaft der Russischen Eisenbahn angestrengte Prozeß gütlich beigelegt wird. Den Gründern der Gesellschaft wird ein Antheil von 6cso am Reingewinn der Nikolaibahn vom 1. Januar 1885 ab zugebilligt, während für 1884 dieser Antheil an die Gründer und die drei Kläger zu gleichen Theilen, also mit Zo o für jeden, vertheilt werden soll. Auf alle Reklamationen, die sich bis zum Dezember 1883 erstrecken, wird Verzicht geleistet. Die Gesellschaft wird zur Ersetzung der jetzigen Titres 10 000 neue ausgeben, in welchen beson⸗ ders erwähnt wird, daß im Falle des Ankaufs Seitens der Regierung die Inhaber der Gründer⸗Antheile dieselben Vortheile genießen sollen wie die Besitzer von Jouissancen. Für das Uebereinkommen ist die Zustimmung der Jahaber der Gründer ⸗Antheile und die Genehmi⸗ gung der Generalversammlung erforderlich. New⸗Jgork, 26. Januar. (W. T. *. Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 100 006, do. nach Frank⸗ reich —, do. nach anderen Häfen des Kontinents 22 000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 96 000, do. nach an⸗ deren Häfen des Kontinents — Orts.
New ⸗ Jork, 27. Januar (W. T. B.) Der Werth der in vergangener Woche aus geführten Produkte betrug 6 883 000 Doll
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 27. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer des Vorddeutschen Lloyd „Main“ ist heute Morgen 8 Uhr in Southampton angekommen.
Berlin, 28. Januar 1885.
Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der heute sortgesetzten 3 der 4. Klasse 171. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen: 3 Gewinne von 15 000 S auf Nr. 18 358. 35 162.
schreibt die „éforme Sociale“ nach einer dortigen Quelle, bestehen
7h 527.
5 Gewinne von 6000 6 auf Nr. 18985. 36 032. 38 383. 73 390. 78 420. ) 41 Gewinne von 3000 S auf Nr. 1563. 2159. 3329.
3343. 8371. 9108. 9490. 9532. 21 506. 21 891. 22 248. 22 370. 22 809. 23 575. 25 147. 27 215. 28 390. 28 96582. 32529. 33 0652. 33 430. 34296. 36 947. 37 5056. 38 267 39 204. 46 818. 47 0765. 66 258. 66 392. 67161. 67863 70 071. 75 862. 79 114. 81 165. 82 696. 84 602. 89 0865
90797. 92938. 50 Gewinne von 1500 M auf Nr. 2494. 3893. 4786.
7442. 8365. 8597. 8800. 9316. 13 328. 15724. 16990. 19 841. 21 494. 21 521. 21 524. 21 593. 21 997. 23 302. 23 640. 23 678. 24 567. 29 121. 31717. 37517. 37 852. 39 554. 50 951. 52 823. 54 106. 55167. 57 455. 58136. 58 445. 62 619. 63 024. 64 443. 65 022. 66401. 68 678. 71 584. 73 135. 74 029. 78 206. S0 0653. 87 580. 87 889. 90 145. 90 518. 92 430. 94 202
76 Gewinne von 550 S6 auf Nr. 533. 3147. 3714.
5770. 6561. 7112. 9992. 10 599. 12618. 13 085. 14536. 186013. 18 665. 20724. 20 766. 21 587. 22 359. 25 547. 25 666. 25 779. 26454. 30 805. 31 995. 32 496. 32 972. 33 414. 34103. 35 080. 35 521. 35594. 38961. 39 879. 40757. 42 621. 43 075. 43 390. 43 632. 45 909. 48 412. 48932. 49 638. 52 250. 53 931. 55 737. 56 371. 57 242. 60 384. 61 968. 62 276. 66 241. 67 214. 68 001. 68 992. 69 346. 70 689. 71 233. 71 239. 71 659. 74 604. 76 502. 78 180. 82236. 83447. 85 046. 85 839. S6 839. 88018. 88 736. 88 989. 90 004. 90 697. 90 g06. 91 651. 91 711. 94 239. 94 906.
Friedrich der Große nach Catt's „Memoiren“. (Schluß.)
Der König rühmte sich seiner Menschenkenntniß, und wir wissen, daß seine Zeitgenossen seinem geistigen Auge gleiche Schärfe beimaßen wie seinem Blick, den Niemand ertragen konnte. — „Ich kenne die Menschen! ich habe sie zwanzig Jahre hindurch in der Nähe studirt: man soll mich nicht betrügen! Ich durchschaue die Rapporte, welche man mir abstattet: wehe! wenn man mich täuschen wollte!“ (S. 368). — Sein Bruder der Prinz Wilhelm, sagt der König, sei das Opfer der teuflischen Umtriebe jener höllischen Kreaturen‘ ge— wesen, die durch ihre Ohrenbläsereien sein edles Herz gegen den König verbittert hätten. Warum hat er sie gehört! Ohne sie lebte er viel= leicht noch! Herzensgüte ist ohne Zweifel eine große Tugend für einen Fürsten; aber wenn sie nicht mit Charakterstärke gepaart ist, wenn sie uns den Einflüsterungen eines jeden Quidam preisgiebt, wenn sie uns ohne Prüfung gefährlichen Verbindungen überliefert, wenn . sie uns zum Spielball unserer Höflinge macht — dann, mein Freund, wird diese Herzensgüte schlimmer als Tyrannei, oder wenn Sie das Wort zu hart finden, schlimmer als die größte Herzenshärtigkeit!“ . Der König hat das Treiben der Höflinge genugsam kennen gelernt, um seiner Umgebung zu zeigen, daß man bei ihm durch Angebereien und Intriguen nichts ausrichten könne, daß er Manns genug sei, um selbst zu sehen, und unerschütterlich in seinen Plänen!“ ... Durch die Erkenntniß von dem ,Blendwerk der menschlichen Tugenden“ habe er für sich selbst zwar nichts gewonnen, aber für das Wohl des Staatz! Sapperment! Festigkeit, und brave und ehrliche Leute um einen Fürsten! — oder alles geht stromab!! .. . Anknüpfend an seine Bemerkung über Kaunitz: wer ihn bei seiner Toilette sähe, würde sich von ihm wenig versprechen, belehrt der König Catt über die Kunst, die Menschen zu beurtheilen: ‚Sie sehen daraus, mein Lieber, daß man die Menschen nicht oberflächlich beurtheilen, nicht leichtfertig über ihre Fähigkeiten absprechen darf: Das ist ein sehr wichtiger Punkt, von dem ich mich nie entferne. Oft, wenn ic die Menschen prüfe, — das ist mein Privatstudium, — oft lerne ich an einfachen Kleinigkeiten sie aus dem Grunde kennen, und ich erblicke diesen Grund in den unwichtigsten Dingen, während Anderen, die für die Beobachtung nicht geschaffen sind, diese unwichtigen Dinge als nichts bedeutende Nebensachen erscheinen. — Catt schätzt die Menschenkenntniß des Königs nicht ganz so hoch; sein Urtheil erscheine oft durch vorgefaßte Meinungen getrübt, und er lasse sich durch den ersten Eindruck beeinflussen. — „Se. Majestät erging Sich ziemlich umständlich über dieses Thema. Aber ich konnte Ihre Behauptung nicht mit der Beobachtung vereinbaren, welche ich oft genug zu⸗ machen in der Lage war, daß Se. Majestät nämlich mitunter die Menschen nicht so ansah, wie sie wirklich waren, sondern nach der Idee, welche Sie Sich von ihrem Charakter und Talenten in den Kopf gesetzt hatte.“ — Nun führt er Beispiele für seine Behauptung an, darunter den General Wedell, und schließt: „Jedesmal wenn ich sah, wie Se. Majestät Sich von Ihren Vorurtheilen für Jemand hinreißen ließen, ihn über alle Maßen erheben sah, jedesmal sah ich Sie wieder ge— zwungen, nachzulassen und einzugeftehen — letzteres freilich selten —, Sie habe Ihr Urtheil durch den ersten Eindruck zu voreilig zu Gunsten der Person stimmen lassen. Der Marquis d'Argens hatte mir wohl bei meiner Ankunft in Breslau gesagt: ‚Wenn der König bei seinem Flötenspiel sagt, daß Sie Geist haben, dann behalten Sie den Geist, man mag reden und thun, was man will; urtheilt er das Gegentheil, so bleiben Sie ohne Geist Ihr Lebelang?. — Der Marguis traf in seinem Urtheil manchmal das Richtige, in diesem Punkte war, nach meiner ganz sicheren Wahrnehmung daran etwas auszusetzen '. — Die Neigung des Königs zur Voreingenommenheit für Talente und Charaktere hätten sich gewandte Leute zu Nutze ge⸗ macht: Wehe dem, der diesen Leuten ihr Talent und ihre Recht- schaffenheit streitig zu machen gewagt haben würde!“ —
Aeußerst merkwürdig sind zwei Stellen der Memolren', welche den von dem Könige gehegten Plan einer Thronentsagung (retraite) behandeln. Nach dem Tode des Prinzen Wilhelm klagt der König Catt: „Was mich ganz besonders den Tod dieses so zärtlich und aufrichtig geliebten Bruders ewig beklagen läßt, ich betheuere es Ihnen! das ist die Zerstörung eines Planes, der mir lieb geworden war; ich wollte mich zurückstehen, diesem guten Bruder die Zügel der Regierung lassen und ein ruhiges Leben führen; ja, mein Freund, mich zurückziehen: nicht um als Katholik in dem modernen Rom zu leben, nicht um mich zum Abbs von Saint ⸗ Germain ⸗des-⸗Prẽs installiren zu lassen — sondern um als Weiser den Tod durch einen Zwischenraum von allem diesem Wirrwarr zu trennen. Mein Körper hat vielleicht noch zehn oder zwölf Jahre Leben in sich, das ist alles. Warum sollte ich nicht, wenn alles dieses aufhört, der Ruhe im Schooße der Gesellschaft einer kleinen Zahl aufgeklärter und von mir auserlesener Freunde ge⸗ nießen? Und diesen Plan durchkreuzt dieser bekla zenswerthe Todes⸗ fall! Im Vertrauen: ich könnte ihn doch in einer Zeit der Minorität sseines Neffen) niemals verfolgen... ich liebe mein Volk zu sehr, Gott ist mein Zeuge, um es noch größeren Leiden auszusetzen. .. Mit mehr Ausführlichkeit unterbaͤlt der König Catt Über seinen Plan eines Zurücktritts von der Regierung bald nach der Affatre von Maxen: „Und, mein Freund, wenn ich dann eines Tages all diesem schrecklichen lrrwarr entfliehen kann, sehen Sie, dann würde ich den Rest meiner Tage so hinbringen: Ich, würde mir eine. Provinz vorbehalten, deren Einnahmen 1090 990 Thaler jährlich erreichten; ich wählte mir einige rechtschaffene Freunde .... ich würde die zu große Nähe einer Stadt vermeiden: man könnte sich da der Idee von meinem Königthum (royauté) und der Ehrfurchtsbezeugungen doch nicht ent⸗ schlagen; — Zwanglosigkeit, und daß jeder mit mir als Freund spräche und umginge, wäre unverbrüchliches Gesetz — ich für meine
. würde gewiß ein zärtlicher, verträglicher und treuer Freund ein. Jeder Fremde, wenn er nur gesellig, von gutem Ruf, ein Mann von Geist und sonst bekannt wäre, fände bei mir offene