1885 / 27 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 31 Jan 1885 18:00:01 GMT) scan diff

diese Zablen eine Abnahme der Subhastationen ersichtlich machen, so ergeben sie doch immer noch eine erschreckende Höhe der jäbrlichen 36. und gewähren einen Einblick in die Bedrängnisse, in denen sich

die Landwirthschaft befindet. Gine weitere Vervollständigung der

Subbastationsstatistik in der Richtung, daß auch die Besitzklassen und

die Ursachen der Subhastation ermittelt werden, bat sich bei den entgegenstebenden Schwierigkeiten bis jetzt nicht ausführen lassen. Endlich ist noch der Statistik der hypothbekarischen Verschuldung zu erwähnen. Die bezüglichen Ermittelungen haben sich bisher nur versuchsweise auf einzelne Bezirke erstrecken können, und zwar auf 50 Amtègerichte und auf eine Fläche von ungefähr 6 des Staatsgebietes; sie lassen daber einen zuverlässigen Schluß auf den Stand der bypothekarischen Verschuldung in der Gesammt⸗ monarchie nicht zu. Das Gesammtergebniß dieser Ermittelungen ist von dem Geheimen Regierungs⸗Rath Dr. Meitzen in den Verhandlungen des Königlichen Landes Oekonomie ⸗Kollegiums (Supplementheft 1 der landwirthschaftlichen Jahrbücher für 1884) veröffentlicht worden. Es er⸗ giebt sich darnach, daß bei Fideikommissen der Grundsteuer⸗Reinertrag 6,2 fach, bei großen Gütern 28.1 fach, bei Bauerhöfen 18 fach, bei bäuerlichen Stellen 18,7 fach und beim Kleinbesitz 46,1 fach von der Realverschuldung überstiegen wird. Nachdem so der statistischen Erhebungen gedacht ist, welche über

die Lage, in der sich die preußische Landwirthschaft befindet, äußerst wichtige und zum Theil ganz neue Aufsch üsse geben, wendet der Be— richt sich nunmehr dahin, die Gesammtergebnisse der preußischen r in den Jahren 1881, 18827 und 1883 zusammen⸗ zufassen.

Gewerbe und Handel.

Die Generalversammlung der Spiritus-, Sprit⸗, Preß⸗ befe⸗, Stärke⸗ und Essig Industriellen und der Mol kereibesitzer fand am 29. Januar, Vormittags 10 Uhr, im Architekten hause hierselbst statt, und zwar zum Zweck der Bildung der Be⸗ rufsgenossenschaft für Unfallversicherung der Arbeiter. Der Präsident Boediker eröffnete die Versammlung und forderte nach einigen einleiten den Worten zur Buteauwehl auf, aus der der Oekonomie⸗Rath Kiepert Marienfelde als Vorsitzender hervorging. Dieser übernabm die Leitung der Versammlung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Die Bitte des Präsidenten Boediker, die bereits zu rückgezogenen Anträge auf Bildung von engeren Genossenschaften für Westpreußen resp. Westdeutschland nicht wieder einzubringen, da ihnen voraus sichtlich dech die Bestätigung durch den Bundes rath versagt werden würde, fand die Zustimmung der Versammlung. Es wurde somit einstimmig die Bildung einer das ganze Deutsche Reich um— fassen den Genossenschaft der Spiritus⸗, Sprit-, Preßhefe⸗. Stärke⸗ (Stärkezucker ,, Stärkesyrup⸗, Dextrin ;) und Essig⸗Industrie und des Molkereibetriebes beschlossen. Hierdurch sind demnach auch die Alkohol⸗ Essigfabrikanten dieser Berufsgenossenfchaft angeschlossen, während die Holz- Essigfabrikanten der Genossenschaft der chemischen Industrie zu⸗ gewiesen weden. Nachdem somit die Hauptaufgabe der Versamm⸗ lung erledigt war, wurde zur Vorberathung der wichtigsten Punkte des Statuts geschritten, um der zur Ausarbeitung gewählten Kom mission eine Direktive zu geben. Eine prinzipielle Einigung wurde erzielt über folgende Punkte: 1) Die Genossenschaft wird in Sektionen getheilt, deren Abgrenzung und Zahl die Kommission bestimmt. 2) Die Sektionen haben einen noch festzusetzenden Theil des Risikos zu tragen. 3) Die Wahl, von Vertrauensmännern ist nothwendig. 4) Die Genossenschafts versammlung besteht aus Delegirten; jeder Beruffgenosse hat das Recht, berathend an den Genossenschafts⸗ versammlungen Theil zu nehmen. 5) Jeder Delegirte hat in der Genossenschastsversammlung eine Stimme. 6) Die Zusammensetzung des Voꝛrstandes bleibt. der Kommission überlassen. I) Die Feststellung der Entschädigungen für geringere Unfälle wird jeden⸗ falls den Vertrauent männeyn, übertragen. 8) Alle Beamten, gleichgültig wie hoch ihr Gehalt ist, sind versicherungspflichtig. 9) Die Unternehmer können sich für ihre eigene Person bis zu cinem gewissen Maximalsatz selbst versichern. 106 Die Angehörigen der Unternehmer und sonstige Personen sind von der Versicherung vor— läufig autgeschlossen. 11) Zu Aenderungen des Statuts ist die ein⸗ fache Majorität der Genossenschaftsversammlung erforderlich unter der Bedingung, daß mindestens ein Drittel der Delegirten anwesend ist. Die zur Ausarbeitung des Statutes gewählte Kommission besteht aus 16 Mitgliedern aus allen Theilen Deutschlands und wird sich durch Kooptation vervollständigen. Die Beschlüsse entsprechen in allen wesentlichen Punkten denjenigen, welche in einer vom „Verein der der Spiritusfabrikanten' zum Abend vorher einberufenen Vorversamm⸗ lung gefaßt worden waren.

Wien, 30. Januar. (W. T. B.) Der Verwaltungerath der Lem berg-⸗Czernowitzer Eisenbahn beschloß in seiner heutigen Sitzung, Delegirte nach Bukarest zu entsenden behufs Wiederaufnahme der Verstaatlichungs⸗Verhandlungen.

Antwerpen, 309. Januar. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten 1997 Ballen Laplata⸗Wollen, davon 1229 Ballen ver— kauft. Belebt, Preise festgehalten.

London, 30. Januar. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert. Ton fest.

New⸗YJork, 30. Januar. (W. T. B.) Baum wollen. Wochenbericht. . in allen Unionshäfen 75 000 B., Aus suhr nach Großbritannien 60 900 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 31 000 B., Vorrath 885 000 B.

Submissionen im Auslande.

J. Maxok ko.

Bis 9. Mai. Die Marokkanische Regierung beabsichtigt, die Ausbeutung eines Antimontumbergwerks im Gebiet von Anjaräh für 19 Jahre zu verpachten. Die näheren Bedingungen sind in der Expedition des ‚„Deutschen Reichs Anzeigers“ einzusehen.

II. Italien.

I) 10. Februar, 2 Uhr. Spezia. Direktion der Ausrüstungen des J. Seedepartements. Stearinlichte. Voranschlag: 81 610 66 Lire.

Kaution; 8200 Lire.

2) 11. Februar, Mittags. Venedig. Schiffsbau ⸗Direktion des III. Serdapartements. Tannenbalken und Bretter. Voranschlag: 76 712 Lire. Kaution: 7700 Lire.

3) 12. Februar, 10 Uhr. Spezia. Artillerie, und Torpedo⸗ direktion des J. Seedepartements. Lederne Treibriemen. Voranschlag: 33 990,75 Lire. Kaution: 3509 Lire.

Nähere Bedingungen an Ort und Stelle,

sowie im Marine⸗ Ministerium in Rom.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Portugal.

Dutch eine unterm 20. Januar 1885 veröffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriumz des Innern sind nunmehr auch die sämmtlichen spanischen Häfen für frei von Cholera erklärt, ebenso ist die Quarantäne, sowohl für Schiffe, als auch für Reisende, welche zu Lande kommen, aufgehoben worden.

Süd Amerika.

Die La Plata⸗Regierungen haben, mit Rücksicht auf die bezüglich des Erlöschens der Cholera, speziell in Marseille und Genua, sich bestätigenden Nachrichten angeordnet:

D daß alle Schiffe, welche die gedachten Häfen nach dem 18. November 1884 verlassen haben, in den Häfen der La Plata Staaten zuzulassen sind, nachdem eine Zeit von mindestens 50 Tagen seit ihrem Auslaufen verflossen, ohne daß ein verdächtiger Krankheits- fall am Bord vorgekommen ist;

2) daß alle Schiffe, welche die gedachten Häfen nach dem 1. De⸗

besteht.

Alg eigentliche Tholerabhäfen, gegen welche die Häfen der La Plata. Staaten geschloffen sind, gelten nur noch Neapel und Nantes, mit denen aber nur ein geringer und gar kein direkter Verkehr

Berlin, 31. Januar 1885.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der heute

171. Königlich preußischer Llassenlotterie fielen: 1 Gewinn von 90 000 M auf Nr. 41 086.

80 336.

11 650. 21 778. 47 412. 52 458.

11889. 27741. 47 639. 53 072.

16214. 16594. 27 955. 27 971. 32 808. 47957. 48611. 48 663. 54 230. 54 839. 58 964. 67 672. 75 846. 75 992. 77175. 79 882. 85 031. 87 044. 89 823. 90 292. 91 208. 71 Gewinne von 1500 S6 auf Nr. 5223. 5831. 6130. 6393. 8908. 11053. 16980. 17 679. 20 572. 22 974. 23 132. 26 310. 28 275. 30 058. 30 562. 30 992. 33152. 35 317. 34 627. 84847. 35791. 38 314. 38 537. 39 466. 39736. 47598. 49 118. 49 533. 49 952. 54 112. 54 849. 55 351. 58 350. 63 276. 63466. 68019. 70 555. S8S0 396. 82 672. 85 314. S6 766. 92 201. 93 832. 94191. Gewinne von 550 MS auf Nr. 3569. 7445. 11 505. 13139. 15715. 16693. 19264. 19 820. 22751. 23 425. 25 360. 29 609. 29973. 32391. 32 584. 32 744. 35 533. 36 434. 42 486. 42 544. 46 407. 50 692. 52 283. 53 553. 54444. 57 5659. 61 701. 63 265. 64 372. 65476. 66 992. 71 867. 71 909. 71 964. 74319. 74 713. 80 249. 81 119. S6 521. 87 906. 90 007. 91 408. 92733. 94 308. 94383.

17 363. 18584.

36 926. 50 451. 59 141. 83 476. 93 629. 94130. 562. 2129. 3279. 11420. 16199. 23 353. 24558. 32131. 32 574. 37 966. 38 012. 40030. 40104. 50 690. 50 792. 59 618. 60039. 74 272. 74 589. 88 502. 89 378.

62. 422. 2635. 18 421. 19134. 25 592. 29 330. 33 130. 33 659. 48936. 50 478. 58 269. 59 851. 69 570. 71186. 78 350. 79576. 90 153. 90732.

Die im Kunstgewerbe⸗Museum gegenwärtig stattfindende Austellung der Arbeiten, die auf. das Konkurrenzausschreiben für den Entwurf eines im Wesentlichen in Gußeisen auszuführenden Nähmaschinen-Gestells eingegangen sind, beansprucht ein um so größeres Interesse, als die Konkurrenz einen ersten Schritt auf ein von den heutigen kunstgewerblichen Bestrebungen bisher völlig unberührt gebliebenes Gebiet bezeichnet und den für das gesteigerte künst⸗ lerische Bedürfniß unserer Zeit jedenfalls höchst charakteristischen Ver⸗ such macht, für eines der nüchternsten Produkte gerade derjenigen modernen Fabrikation, die der frei schaffenden Kunst am feindlichsten gegenübersteht, den Reiz künstlerischer Erscheinungsform zu gewinnen. Wie die Kon struktion der Maschine selber auf rein mechanischen Gesetzen beruht, so begnügte man sich bei der Gestaltung des Gestells mit der Rück sicht auf hinreichende Tragfähigkeit auf der einen und auf die auch um der leichten Beweglichkeit willen gebotene möglichste Material⸗ ersparniß auf der anderen Seite. Daß die Forderung, mit diesen beiden unumgänglichen Gesichtspunkten den der künstlerischen Durch— bildung zu verbinden, auf weite Kreise anregend wirkte, beweist die ungewöbnlich lebhafte Theilnahme an der von 67 Einsendern beschickten Konkurrenz; ein Ueberblick über die eingegangenen Arbeiten aber, von denen viele durch ein sehr bemerkenzwerthes Geschick der zeichnerischen Darstellung fesseln, lehrt zugleich, daß die gestellie Aufgabe keineswegs so leicht und einfach war, wie es auf den ersten Blick scheinen mag Häufig sich wiederholende Mißgriffe sind es, die bald die geforderte Ausführung in . und die dadurch bedingte Formengebung außer Acht lassen, bald durch unnöthige Stärke der Profile die Beweglichkeit der Maschine erschweren, bald wieder durch eine Ornamentirung mit frei vorspringenden Spitzen und Ecken den damit in Berührung kommenden Kleidern Gefahr drohen und damit gegen die in dem Programm ausdrücklich bervorgehohenen nothwendigsten praktischen Rücksichten verstoßen. Doch betreffen diese Mängel mehr die Durchbildung im Einzelnen als die Erfindung als solche. In Bezug auf letztere ist es zu betonen, daß weder eine unwesentliche Variation in den Linien der bisher gewohnten dürftigen Gestelle oder eine äußerliche Anheftung verzierender Zuthaten an dieselben, noch auch ein in sich völlig selbst— stäͤdiger, mehr oder minder passend aus dem reichen Vorrath der beute üblichen Ornamentik, mit mannigfachem Schmuck bekleideter Aufbau, in den schließlich die Maschine selber wohl oder übel einge—⸗ hängt ist, als eine wirkliche Lösung betrachtet werden kann. Bie Mehrzabl der autgestellten Arbeiten neigt indeß nach einer dieser beiden Seiten hin, und verschwindend klein ist daneben die Reihe der Entwürfe, die nicht gleichsam von außen her, sondern von innen heraus die Aufgabe in der Weise angefaßt haben, daß der Aufbau des Gestells durch die Konstruktion der Maschine bedingt erscheint und in seiner ganzen Gestaltung dieses Verhältniß zu prägnantem Ausdruck bringt. Auch unter den drei prämiirten Entwürfen des Architekten Jacob Mittelsdorf in Hanau, des Architekten Paul Gründling in Leipzig und des Modelleurs Moritz Weid⸗ lich in Berlin, sowie den überdies angekauften Zeichnungen der Ärchitekten Carl Richter, B. Schaede und Ernst Sputh in Berlin, Felix Genzmer in Straßburg und Carl Timler in Jena treten nur die von Mittelsdorf und Sputh durch eine in dieser Hin⸗ sicht originelle und selbständige Lösung hervor. Sie geben die her⸗ gebrachte, sich in den Linien symmetrisch entsprechende Form der Seitenwand des Gestells auf, um dafür von den Punkten auszu— gehen, an denen das Zapfenlager des Schwungrades und das des Trittbretts einsetzen, und erzielen auf diese Weise einen Aufbau, der in einer nach beiden Seiten hin sich entsprechend verschieben— den und durch die Vertheilung der Massen doch wieder sein Gleich⸗ gewicht gewinnenden Komposition nicht blos seine Funktion deutlich autspricht, sondern auch eine ebenso eigenthümliche wie energische Belebung erhält. Die flott gezeichnete, in der ornamentalen Durch⸗ bildung im Rengissancecharakter gehaltene Arbeit von Mittelsdorf fesselt dabei durch eine mit wenig Mitteln bestimmt und kräftig wir⸗ kende künstlerische Phantasie, während die von Sputh, die in der Verbindung der geschwungenen Eisenstäbe untereinander sich allerdings mehr im Charakter der Schmiede, als der Gußtechnik bewegt, unter Verzicht auf fast jedes dekorative Beiwerk in ihren Linien nur den konstruktiven Gedanken klar auszuprägen sucht. Die prä⸗—

miirten Arbeiten von Gründling und Weidlich halten an dem übli⸗

chen symmetrischen Aufbau des Gestells fest und rerzichten damit

allerdings auf. den Vorzug einer scharf in den Kern der Aufgabe ein

dringenden Lösung, bieten aber innerhalb dieser Beschränkung zwei in

jeder Hinsicht bemerkenswerthe Leistungen. Durch wohl abgewogene,

klare und verständige Gliederung, die den Eindruck solider . .

des ganzen Gestells hervorruft, und durch Formen, die bei aller Ein

fachheit doch reich und stattlich wirken, zeichnet sich der Entwurf von

Gründling, durch eine mit ungewöhnlichem Geschick durchgeführte zierliche

Auflösung der Massen in ein graziös bewegtes Linienspiel und durch das

dabei ohne jeden überflüssigen orngmentalen Aufwand mit feinem

Verständniß in der ganzen Komposition durchgeführte Gepräge des

zember 1884 verlassen haben, nur der allgemein angeordneten zwei⸗ tägigen Beobachtung zu unterwerfen sind.

beendigten Ziehung der 4. Klasse

4 Gewinne von 6000 M auf Nr. 6910. 39200. 47724.

45 Gewinne von 3000 MS auf Nr. 4774. 9318. 10 899. 20757. 44 803. 51 492. 67 044. 83 526.

Eisenguß im Auge behält. Von den weiterhin angekauften Arbeit vermögen die ziemlich abstrakt, obne Hinblick auf Material = Zweckbestimmung, in , , , ü durchgeführten ibn nn von Timler am wenigsten zu befriedigen. Nicht ohne kunft. lerischen Rei ist dagegen der aus den. Koenstruktionz. bedingungen allerdings kaum zu rechtfertigende Aufbau mit

der ganzen Komposition freilich nur in Schmiedeeisen denkbar ist, der Eleganz der Zeichnung aber und in der schwungvollen, rhythmisch ausklingenden Bewegung der Linien ein sehr feinfühliges Talent ver⸗ räth, präsentirt sich endlich in dem von Genzmer elngesandten, auch in der Farbengebung besonders gelungenen Entwurf. Ueberwiegt im Ganzen selbst wenn man die auch in einzelnen der ohne Aus. zeichnung gebliebenen Arbeiten sich darbietenden bemerkenswertheren Versuche ins Auge faßt. die Zahl der verfehlten Ent würfe ohne Frage diejenige der in dieser oder jener Hinsicht ge⸗ lungenen, so darf doch mit Sicherheit angenommen werden, daß durch die Konkurrenz, ganz abgesehen von ihrem positiven Ergebniß, in höherem Grade als durch manche andere eine Anregung gegeben wor— den ist, die sich für ein weites Gebiet, der modernen Produktion fruchtbar zu erweisen und damit den Leistungen derselben eine ge⸗ steigerte Beachtung zuzuwenden geeignet ist.

Im Inseratentheil der heutigen Nummer des R. A. indet sich ein Kon kurrenz⸗Ausschreiben zur Einreichung von Ent— würfen zu einem Denkmal für Martin Luther in Berlin.

Bei der vierhundertjährigen Gedächtnißfeier des Geburtgtaget Dr. Martin Luthers ist bekanntlich der Beschluß gefaßt worden, dem großen Reformator und seiner Geist'sthat in Berlin ein Denkmal zu setzen. Das zur Ausführung dieses Werks zusammengetretene Comite fordert daher alle deutschen Bildhauer zur Einreichung von Entwürfen auf Grund eines Programmes auf, dem wir Nachstehendes entnehmen:

Das Denkmal soll bestehen aus einem Standbilde des Refor⸗= mators mit entsprechenden Nebenfiguren, jedoch Enter Ausschluß allegorischer oder symbolischer Gestalten. Zur Ausführung ist nur Bronze und harter Stein (Granit oder Shwänit) zu verwenden Der Entwurf ist durch ein Modell des ganzen Denkmals in 1s der beabsichtigten Größe darzustellen. Die Modelle nebst kurzem Kosten— anschlag sind vom 15. September ah his spätestens den 1. Oktober 8. an die Königliche Akademie der Künste zu Berlin, zu Händen des Inspeltors, Rechnungs⸗Rath Schwerdtfeger, einzusenden und müssen ebenso wie alle Anlagen mit einem Motto versehen und von einem versiegelten Couvert begleitet sein, welches außen dasselbe Motto trägt und den Namen und die Adresse des Künstlers enthält. Die Kosten des Hin und Rücktrant ports trägt das Komite, die für die Ver— packung der Künstler. Die Beurtheilung der bis zum 1. Oktober 1885 eingegangenen Entwürfe erfolgt, nachdem dieselben mindestens zwei Wochen lang öffentlich autgestellt gewesen sind, bis spätesteng den 15. Norember durch ein Preisgericht, bestebend aus den Herren: Generaldirektor der Königlichen Museen. Geh. Ober-Regierungsrath Lr. Schöne, Geh. Ober. Baurath Adler, Stadt Baurath Blankenstein. Bildhauer Professor Siemering, Bildhauer Professor Wilh. Wolff, Geschichtsmaler Professor Geselschap. Geb. Regierungs⸗Rath Professor Dr. Hermann Grimm, Hofprediger Dr. Frommel, Prediger P. Cisco und den beiden Vorsitzenden des Ausschusses, Kammergerichts-⸗Rath Schroeder und. Geh. Regierungs⸗Rath Spinola, welchen noch je ein Kommissarius des Kultus- Ministers und des Magistratz von Berlin in den Personen der Herren Geh. Regierung ⸗Rath Dr. Jordan und Stadt⸗Schulrath Dr. Bertram hinzutreten werden. Die prämiirten oder honorirten Entwürfe werden Eigenthum des Comitès, welches sich die Freiheit der Entschließung für die Ausführung des Denkmals vorbehält. Die übrigen Entwürfe werden den Verfertigern auf die von ihnen angegebene Adresse zurückgesandt.

Im Deutschen Theater wird morgen, Sonntag, ‚Der Weg zum Herzen? und am Montag „Romeo und Julia“ gegeben. Im Uebrigen bringt das Repertoire der nächsten Woche, außer den Wieder— holungen von „Fiesko“, noch ‚Die Welt, in der man sich langweilt,“ Der Weg zum Herzen“ und „Pitt und Fox“.

Im Wallner-⸗Theater wird heute die Pohlsche Posse „Klein Geld‘ zum letzten Mal gegeben; an ihre Stelle . morgen, Sonntag, neu einstudirt und in neuer Besetzung der Hauptrollen, die immer gern gesehene Posse von A. L'Arronge und G. v. Moser, „Der Registrator auf Reisen“.

Belle ⸗Alliance⸗ Theater. In dem dreiaktigen Luftspiel „Hotel Blancmignon,, welches morgen zum ersten Male gegeben wird, sind von den Gästen des Wallner⸗Theaters Fr. Earlsen, Fr. Schmidt, Frl. Meyer, Frl. Odillon, Frl. Wenck und die Herren Kurz, Ottbert, Blencke und Guthery in den Hauptpartien beschäftigt, welche sie schon am Wallner ⸗Theater innehatten.

In der Sing-⸗Akademie gab vorgestern Hr. Bernhard Stavenhagen ein eigenes Concert, in welchem sich der junge, in der Königlichen Hochschule gebildete Künstler nicht nur wiederum als ein Klavierspieler von feinem Geschmack, sondern auch als ein recht Tüchtiges versprechender Musiker auswies. Schon sein Vortrag des D-dur Coneerts von Mozart (mit dem Philharmonischen Orchester ließ den künstlerischen Ernst, welcher ihn erfüllt, in erfreulichem Maße erkennen: da war nichts von vordringlichen Effekten oder leerem Virtuosenthum zu merken, sondern Alles schlicht, keusch und frei von jener. Vergewaltigung, wie sie sich alte Meister von modernen Pianisten so häufig gefallen lassen müffen. Kurz, man hatte einen ganz ungetrübten. wahrhaft künstlerischen Genuß an dieser vortrefflichen Leistung. Dieselben Vorzüge traten, noch gehoben durch klangschöne Tonbildung, in dem übrigen, sorg— fältig gewählten Programm zu Tage. Besonders reizvoll und schön spielte der Congertgeber die schwierigen Variationen über ein Thema in B.dur von Schubert und mit prachtvollem, singendem Anschlage den Trauermarsch von Chopin. Den technisch gruͤndlich gebildeten Pianisten bezeugte er in der H-moll⸗Rhapfodie von Brahms und zwei Etüden von Chopin. Auch an allen diesen Vorträgen konnte man eine rechte Freude haben und sich einmal davon überzeugen, wie viel mehr Werth diese Art der Kunstübung hat als das herkömm⸗ liche, Kopf und Herz leer lassende Virtuosenthum. Wenn wir etwas zu erinnern haben, so ist es der allzu häufige Gebrauch des Pedals. Das Klavier Concert (O-dur) eigener Komposttion, welches Hr. Stavenhagen am Schluß mit dem Philharmonischen Orchester zur Aufführung brachte, zeigte ihn auch als Komponisten, der namentlich seinen Beethoven mit großem, fast herbem Ernst studirt hat. Alle drei Sätze boten viel Interessantes, wenn sie auch die volle Einheit⸗ lichkeit der Konzeption und Durcharbeitung noch vermissen lassen; das liegt aber nur an einem Zuvkel, und der strebsame Kuünstler wird das nöthige Maß wohl noch zu finden wissen. Das Philharmo—⸗ nische Orchester entledigte sich unter Leitung, des Prof. Klindworth seiner Aufgabe in beiden Concerten in ausgezeichnet präßiser Weise.

In der nächsten Woche finden zwei sehr beachtenswerthe Con“ certe statt. Am Montag veranstaltet Hr. Pablo de i . in der Philharmonie, und am Donnerstag Hr. Emil Sauer (auf einem Flügel von Rud. Ibach Sohn in Barmen und Cöln) in der Sing⸗Akademie ein Concert.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Els ner. Fünf Beilagen

Berlin:

Barockstyls der gefällig anmuthende Entwurf von Weiblich aus, der noch strenger als jener andere für jedes Detail die Ausführung in

leinschließlich Börsen⸗Beilage).

tischartig gestaltetem Obertheil von Schaede und eine Arbeit, die in

. 27.

Erste Beilage ͤ zun Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗AUinzeiger.

1885.

Berlin, Sonnabend, den 31. Januar

Per sonalver änderungen. Königlich Preußische Armee.

bei V des , . Inf. Brig. r 9 ann Hauptleuten befördert. rag. Regt. Nr. IO. in das Drag. Regt. Nr, 20 versetzt.

Abschiedstewilligun gen. Im aktiven Oeere. Ber⸗ lin, 24. Januar. Graf v. Key serlingk-Reusta dt, Sec. Lt. pom Regt. der Gardes du Corps, der Abschied bewilligt.

Im Sanitäts, Corpz. Berlin, 24. Januar, Dr. Gollmer, Assist. Arzt 1. Kl. vom Inf. Regt. Nr. 66, mit Pension der Abschied bewilligt. Bartel, Assist. Arzt 2. Kl, vom Feld Art. Regt. Nr. 18 der Abschied aus allen Militärverhältnissen ertheilt.

XII. (Föniglich Sächstsches) Armee⸗Corps. Ernennungen, Beslsörderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 23. Januar. v. Raben horst, Hauptm. In Generalstabe, zum Major befördert. v. Meerh eim b, See. 3. ja Suite des Inf. Regts. Nr. 1035, in das. Jaf. Regt. Nr. 196, unter gleichzeitiger Beförderung zum Pr. Lt., einrangirt. v. Donat, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 134, Noack J., See. Lt. vom Inf: Regiment Rr. 133, za Premier ⸗Läeutenants. vorläufig ohne Pa- tent befördert. v. Oppen⸗Huldenberg, Premier · Lieutenant vom' Infanterie Regiment Nr. 135, zum Grenadier⸗ Regiment Nr. 100 versetzt. v. Schweingel, Oberst und Commandeur des Feld Art. Regtö. Nr. 12, zum Commandeur der Art. Brig. Nr. 12 ernannt und ' la. suité genannten Regtz. gestellt. Groh, Oberst · Lt. und Abtheil. Commandeur im Feld⸗Art. Regt. Nr. 12, unter Stellung ja suite dieses Regts., mit der Führung genannten Regts. beauftragt. Sander, See. Lt. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 28, Brehm e, Ser. Lt. vom Fuß. Art. Regt. Nr. 19, der Charakter als Pr. Lt. varliehry. v. Pawel ⸗Rammingen, Sec. Lt. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 12, z r. Lt. befördert 6. 24 . 23. Janugr. Schenkel, Pr. Lt. Son der Res. des Fuß⸗Art. Regts. Nr. 12, zum Dauptm. der Res. befördert. Graf v. Rer. Sec. Lt. von der Landw. Kav. des 1. Batz. Landw. Regts. Nr. 1094, zu den Offizn. der Res. des Garde⸗ Reiter Regts. zurückversetz. Steinbach, Sec. Lt. von der an dw. Inf. des J. Bats, Landw. Regts. Nr. 101. zum Pr. t der Landw. Inf, Rohde, Sec. St. von der Landw. Kav. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 106, zum Pr. Lt. der Landw. Kav., Teichmann, Sec. Lt. von den Landw. Pion. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 105, zum H. Lt. der Landw. Pion. befördert. ; . Äbschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 13 Ja⸗ nuar. v. Schubert, Gen. Major und Commandeur der Art. Brig. Nr. 12, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches unter Ge währung der gesetzlichen Pension und mit der Erlauhniß zum Fart. tragen der Uniform der Generalität mit den vorgeschtiebenen Ab⸗ zeichen, zur Disp. gestellt, unter gleichzeitiger Verleihung des Charak⸗ zers als Gen. Lt. 23. Januar. Scheffel, Hauptm, und Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 105, v. Po fern, Rittm. und Escadr. Chef jm Garde Reiter -Regt., diesem unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Major, in Genehmigung ihrer Abschiedsgesuche mit der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Regts. Unif, mit den vorgeschriebenen Abzeichen, zur Disp, gestellt. Im Beurlaubtenstande. 23. Januar. Gilbert See. Lt. don der Res. des Gren. Regts. Nr. 109, Herold, Buhl, Sec. Lts. von der Res. des Schützen-Füs. Regts. Nr. 198, Höckn eg Sec. t. von der Res. des Feld. Art. Regts. Nr. ö von der Landw. Inf. des 2. Bats. Landw. Regts. Ni, 102, Köttnitz, Pr. Lt. von der Landw. Inf. des 14. Bats, Landw. Regts. Rr. 166, der erbetene Abschied bewilligt. Georgi, Pr. Lt. der Landw. Inf. a. D., die Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee⸗ iform ertheilt. . ö ,,, 6. Januar. Dr. Jacobi, Ober⸗ Stabßarzt 2. Kl. und Regts. Arzt des Gren. Regts. Nr. 100. zum Ster Stabzarzt 1. Kl. befördert. 16. Januar. Dr. v. Man⸗ goldt, Br. Thier sch, Pr. Pohl. Unteraäͤrzte der Resß vom 1, Bat. Tandw. Regts. Nr. 106, zu Assist. Aerzten 2. Kl. der Res. befördert.

XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps.

Grnennungen, Beförderungen und. Berleßungen. Im aktiven Heere. 19. Januar. Pfist er, Major und Bats. Commandeur im Gren. Regt. Nr. 119, mit der Stellung als elatsmäßiger Stabsoffizier im Inf. Regt. Nr— 126 beauftragt. v. Hilker, Major im Inf. Regt. Nr. 120, als Bats. Commandeur in das Gren. Regt. Nr. 19, v. Schertlin, Hauptm, und Comp. Chef im Inf. Regt. Nr. 126, in die erste Hauptmannsstelle des Inf. Regts. Ni. 120, v. So nntgg, Pr, Lt. im Ulan, Regt. Nr. 20, in das Train. Bat. Rr. 13, v. Schm el ing, überzähliger Prem. Lt. im Drag. Regt. Rr. 26, in das Ulan. Regt. Nr. 20 versetzt.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 31. Januar. In der gestrigen (3838) Sitzung des Reichstages wurde zuerst die Inter⸗ peltation des Abg. Freiherrn von Hammerstein verlesen. Dieselbe lautet:

Haben die verbündeten Regierungen von dem Bruch, der „Deusschen Grundkredit-Bank' in Gotha. und von dem Seitens der Generalverfammlung dieser Aktiengesellschaft unter dem 28. No⸗ vember 1834 beschlosenen Sanirungeplan Kenntniß?

Was gedenken die verbündeten Regierungen zu thun, um

a. gegenüber einem von der Verwaltung der Deutschen Grund⸗ kredit⸗Bank bei der Herzoglich sächsischen Regierung zu Gotha be⸗ antragten sogenannten Kuratorengesetz das Interesse der Pfandbrief⸗

e ützen? ;

. tze ie Hire r teh ähnlicher Vorkommnisse, wie sie jetzt bei der Deutschen a ,. in Gotha zu Tage getreten sind, in Zukunft möglichst zu verhüten? . ;

Nachdem der Staatssekretär des Reichs- Justizamts, Dr, von Schelling, sich zur Beantwortung der Interpellation bereit er⸗ klärt halte, begründete der Abg. Freiherr von Hammerstein dieselbe. Der Antragsteller führte aus, die deutsche Grund⸗ krebit-Fank habe jahrelang gute Geschäfte gemacht, erst das Bestreben, diese Geschäfte noch mehr zu erweitern, habe zu der Katastrophe geführt. Die Verwaltung sei eine so sorg⸗ lose gewesen, daß die Situation allmälig habe ge⸗ fährdet erscheinen müssen. Es sei eine Vertrauens⸗

lung am 28. November 1884 einen Sanirungsplan beschlossen,

in dem u. A. eine Reduzirung des Zinsfußes bei den Pfand—

briefen festgestellt sei. Es sei durch diese Reduktion zu Gunsten

der Aktionäre das Interesse der Pfandbriefbesitzer in hohem

Maße geschädigt worden. Gegen ein solches Verfahren ständen

die Beiroffenen nun ganz wehrlos da und daraus folgere

der zweite Theil seiner Anfrage an die Regierung. Es sei

doch ein anomaler Zustand, daß die weithin über das ganze

Reich sich ausdehnenden Interessen der Pfandbriefgläubiger

von der Gesetzgebung eines kleinen Einzelstaates abhängig und

ihr gegenüber völlig wehrlos seien. Deshalb habe er an die

verbündeten Regierungen die Frage gerichtet, was sie zu thun

gedächten, um gegenüber dem von der Verwaltung der

Bank bei der Herzoglich sächsischen Regierung zu Gotha be⸗

antragten Gesetze das Interesse der Pfandbriefbesitzer zu

schützen. Wenn zwei Drittel in die Konvertirung gewilligt

hätten, so sei dies gewiß vornehmlich durch die Drohung mit

dem Konkurs geschehen. Davor hätten aber die Pfandbrief⸗

gläubiger nicht so sehr zurückzuschrecken gebraucht, da sie nach

§. 26 des Statuts das Faustpfandrecht besäßen. Daß der

Sanirungsplan im Interesse der Aktionäre liege, könne man

deutlich daran erkennen, daß seit sechs Wochen, seitdem also

die Zahl der zur Konvertirung bereiten Gläubiger bedeutend ge⸗

stiegen fei, die Aktien an der hiesigen Börse um einige zwanzig

Prozent, die Pfandbriefe nur um 4 bis 5 Prozent gestiegen

seien. Die Regierung zu Gotha sollte daraus Veranlassung

nehmen, den Antrag der Verwaltung der Bank einer ernsten

Prüfung zu unterziehen, inwieweit derselbe einer Abänderung

bedürftig fei. Was die Kompetenz des Deutschen Reiches be⸗

treffe, so sei durch das Aufssichtsrecht, welches in Art. 4 der

Verfassung dem Bundesrath über das Bankwesen beigelegt sei, es möglich gemacht, hier schützend einzugreifen. Das

Interesse der Gesammtheit, welches in Frage komme, sollte

diesem Artikel eine weitere Interpretation zu geben ge—

statten. Wenn in Egypten eine Reduktion des Hin⸗

ses der öffentlichen Schuld in Aussicht stehe, da hätten die europäifchen Mächte im Interesse ihrer Unter⸗ thanen intervenirt, und doch handele es sich dabei nur um gewagte Unternehmungen der haute sinance, wo ein ent—

sprechend hoher Gewinn dem Risiko gegenüberstehe. Hier aber handele es sich um den Schutz des solide Anlage suchen⸗ ben Kapitals und häufig um die geringen Ersparnisse der Wittwen und Waisen. Es stehe außerdem nicht blos das in⸗ dividuelle Interesse der Pfandbriefgläubiger, sondern auch das allgemeine Interesse in vollstem Maße in Frage. Wenn das allgemeine Vertrauen, welches den Pfandbriefinstituten bisher beigewohnt habe, erschüttert werde, so könne die Rückwirkung auf Kreditnehmer und Kreditgeber nicht ausbleiben, und man könne einem großen Krach in dem ganzen Realkreditwesen entgegengehen. Die Tragweite dieser Frage führe ihn zu dem zweiten Theil seiner Interpellation. Es könne nicht genügen, im einzelnen Fall einzugreifen, sondern es müßten ernste Er⸗ wägungen statifinden, ob und nach welcher Richtung solchen Vorkommnissen vorgebeugt werden könne. Die Nothwendigkeit dazu sei ja bereits vor Jahren von den verbündeten Negie⸗ rungen anerkannt worden. Er bemerke hierbei, daß das Faust⸗ pfandrecht allein nicht genüge, denn in dem vorliegenden Falle bestehe es und habe doch nicht verhindern können, daß die Interessen der Pfandbriefgläubiger auf das Tiefste geschädigt seien. Durch die einseitige Gesttzgebung, welche eine gewisse staatliche Kontrolle über biese Institute bestimme, werde den⸗ selben ein Nimbus gegeben, der ihnen nicht gebühre. Schon Lasker habe auf eine allgemeine Regelung des Hypothekarkredits gedrängt. Es liege nahe, nach der Erfaheung die Form der Altiengesellschaften als solcher für völlig unzureichend zur Vermittelung derartiger Kredite anzusehen, und er stehe nicht an es auszusprechen, daß er hoffe, die Prüfung dieser Materie werde dazu führen, die Aktiengesellschaften von diesem Gebiete der Thätigkeit aus⸗ zuschließen und die ganze Hypotheken- und Realkreditvermit⸗ telung an Genossenschaften, seien es kommunale, seien es pro⸗ vinziale, überzufüͤhren. Aber die Aktiengesellschaften beständen in einem Umfang, daß, wenn sie nicht schonend behandelt würden, schädliche Rückwirkungen auf alle betheiligten Kreise nicht ausbleiben könnten. Deshalb müßte zur Zeit von einer so radikalen Umgestaltung Abstand genommen werden, Die Ausgabe von Pfandbriefen müsse aber jedenfalls mit stärkeren Kautelen umgeben und der schädlichen Verquickung von Im— mobiliar⸗ und Mobiliarkredit, von Hypothekenbank—⸗ und an⸗ deren Bankgeschäften vorgebeugt werden. Er wüunsche, daß seine Interpellation zur Beschleunigung der gesetzlichen Rege⸗ lung dieser wichtigen Materie Anregung geben werde.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staalssekretär des Reichs-Justizamts Dr. von Schelling das Wort:

Die finanzielle Nothlage, in welche die Verwaltung der Grund⸗ kreditbank zu Gotha gerathen ist, und welche der Herr Vorredner in feinem Vortrage eingehend geschildert hat, namentlich aber die Vorschläge, welche zur Beseitigung dieser Nothlage von der General⸗ versammlung gemacht wurden, sind geeignet, zahlreiche Interessen in allen Theilen Deutschlands in Mitleidenschaft zu ziehen; diese Vor. gänge haben daher nicht verfehlen können, die ernste Aufmerksamkeit der betheiligten Regierungen auf sich zu lenken. Wenn nun aber der Herr Vorredner, zu a, seiner Interpellation in seinen mündlichen Aeußerungen von den verbündeten Regie⸗ rungen ein unmittelbares Eingreifen von Reichs wegen erwartet, so bedauere ich, darauf erwidern zu müssen, daß das Reich keine Hand⸗ habe besitzt, um die als bedroht bejeichneten Interessen der Pfand. briefbesttzer zu schützen. Allerdings hat die Verfassung in Art. 4 Nr. 4 die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen unter die Aufsicht und Gefetzgebung des Reichs gestellt, von dieser Gesetz⸗ gebungsbefugniß ist aber in Betreff der Hypotheken banken noch kein Gebrauch gemächt worden. Die Verhälmnisse dieser Banken sind reichsrechtlich nicht geregelt, die Aufsicht des Reichs auf diesem Gebiet ist daher zur Zeit noch gegenstandslos, die Landesgesetzgebung hat ihre freie Verfügungsgewalt behalten.

Wenn also, wie in der Interpellation vorausgesetzt ist, die Ver waltung der Gothaer Grundkreditbank sich an die Landetregierung mit dem Antrage auf Erlaß eines e , gewendet hat, so ist die Herzoglich sächsische Regierung in der Prüfung dieses Antrages

stehen will, und welche Gestaltung desselben sie vertreten in können glaubt. Das Reich sst nicht in der Lage, auf diese Erwägungen, sei es fördernd, sei es hemmend, einzuwirken.

Was sodann die auf die Zukunft abzielende Frage zu h anlangt, so gestatte ich mir im Anstbluß an das von dem Herrn Vorredner Bemerkte daran zu erinnern, daß die verbündeten Regierungen bemüht gewesen sind, die Reichsgefetzgebung nach der angedeuteten Richtung in Fluß zu bringen. Sie haben wiederholt im Jahr 1879 und 1880 dem damaligen Reichstage einen Gesetzentwurf, betreffend das Faust⸗ pfandrecht an Pfandbriefen und ähnliche Forderungen vor- gelegt, die Vorlage ist jedoch in beiden Sessionen nicht über das Stadium einer Durchberathung in der Kommission des Reichstages hinausgekommen. Dessen ungeachtet geben die ver⸗ bündeten Regierungen die Reform des Hypothekenbankwesens nicht auf; sie behalten sich vielmehr die Erneuerung ihrer früheren Vor⸗ schlaͤge vor, und es ist nicht ausgeschlofsen, daß der frühere Entwurf dabei eine Ecweiterung erfährt durch Aufnahme von Bestimmungen, welche die Sicherung der Pfandbriefbesitzer auch nach der wirthschaft⸗ lichen Seite zu vervollständigen suchen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt aber sind sich die verbündeten Regierungen der Ansprüche, welche fie an die Thätigkeit des Reichstages durch andere Vorlagen gemacht haben, zu sehr bewußt, um daran denken zu können, auch cuf diesem Gebiet mit Anträgen vorzugehen. .

Demnächst nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath. Großherzoglich sachsen⸗weimarische Staatsrath Dr. Heerwart das Wort: . . P

Die Herzoglich gothaische Regierung, welche ich bier nar sub⸗ sidiär vertrete, hat von dieser Interpellation wahrscheinlich erst in diesem Augenblick Kenntniß erhalten. Sie ist deshalb nicht in der Lage gewesen, mich mit einer Information für die heutige Verhandlung zu versehen. Ich würde auch gar keinen Anlaß haben, mich an der Debatte zu Fetheiligen, wenn nicht eine Aeußerung des Herrn Interpellanten mir doch die Pflicht auferlegte, eine Verwahrung ein zulegen dagegen, daß hier als eine unbestreitbare Thatsache hingestellt wurde, daß an dem beklagenswerthen Ergebniß der Bankverwaltung ein Theil der Schuld auf die Herzogliche Regierung fiele. So viel mir von der Sache bekannt ist, ist die Herzogliche Regierung statuten⸗ mäßig und nach der dortigen Gesetzgebung nicht in der Lage, auf die Geschäftsgebahrung, die zu diesem Resultat geführt hat, einen Ein⸗ fluß zu nehmen. Dieser Einfluß durch den Regierungskommissar war mehr formaler Natur, und ich muß daher erklären, daß die Behauy⸗ tung, daß die Herzoglich sächsische Regierung einen Theil der Schuld trägt, vollständig unbegründet ist. .

Damit war die Interpellation erledigt.

Das Haus trat sodann in die erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs über die Ausdehnung der Unfall- und Krankenversicherung. . .

Der Abg. Graf von Dönhoff Friedrichstein erklärte, die deutsch⸗ konservativ. Partei könne dies Gesetz nur mit Freuden begrüßen da es völlig auf dem Boden der Allerhöchsten Botschaft vom 17. No⸗ vember 1881 stehe und eine weitere Anerkennung des Prinzips, daß der Staat den wirthschaftlich Schwachen zu schützen be⸗ rufen sei, enthalte. Seine Partei verkenne die Schwierigkeiten bei einer Ausdehnung der Unfallversicherung nicht; aber wie schon bei dem ersten Unfallgesetze anfänglich unüberwindlich scheinende Hindernisse durch ausdauernde Arbeit sich hätten bewältigen lassen, so werde es auch bei der weiteren Gesetzgebung auf diesem Gebiete der Fall sein. Ihm Ganzen charakterisire sich die Vorlage als ein weiterer Schritt vorwärts, wenn auch im Einzelnen hier und da noch Unklarheiten vorhanden seien. Daß bei den Staats⸗ betrieben der Staat an Stelle der Berufsgenossenschaften trete, halte er für richtig, zumal es gerade bei diesen Be⸗ trieben vielfach auf die Geheimhaltung gewisser Prozeduren ankomme. Ebenso sei er einverstanden mit der gleichzeitig im Gesetz projektirten Ausdehnung der Krankenversicherung. Er beantrage, die Vorlage einer besonderen Kommission von 28 Mitgliedern zu überweisen. Die Kommiffion werde Gelegenheit haben, alle Einzelheiten gründlich zu prüfen; seine Partei wolle den Gegenstand in keinem Stadium der Berathung übers Knie brechen; er wünsche, daß volles klares Licht über alle Einzelheiten verbreitet, andererseits aber auch, daß die Sache mit ebensoviel Wärme behandelt würde.

Der Abg. Frhr. von Wendt bemerkte, dem Antrage des Abg. Grafen Dönhoff auf kommissarische Berathung schließe seine Fraktion sich an. Auch das Centrum halte die Kombi⸗ nirung der Krankenversicherung mit der Unfallversicherung und die übrigen Abweichungen, die diese Vorlage gegenüber den früheren Gesetzen enthalte, für gerechtfertigt durch die Eigenart der Betriebe, die hier in Betracht kommen, und der das Gesetz sich möalichst anpassen solle. Im Allgemeinen seien also seine politischen Freunde geneigt, den. Boden der Vorlage zu betreten; über etwaige Bedenken bei den Detail⸗ bestimmungen werde man sich in der Kommission verständigen können. VJ Der Abg. Kräcker erklärte, man gehe hier in diesen Dingen nach Analogie der englischen Arbeitergesetzgebung nur sehr schritt⸗ und stückweise vor. Auch die gegenwärtige Vorlage erfülle ebenso wie das vorjährige Unfall versicherungsgesetz nur sehr wenig von dem, was der Arbeiter in Wirklichkeit ver⸗ langen könne. Er vermisse zunächst die Ausdehnung der Ver⸗ sicherung auf alle bei Bauten beschẽftigten Arbeiter. Der Klempner, der auf einem Neubau die Dachrinne befestige, der Maler, der eine Fassade mit Oelfarbe streiche, also ersonen. die sehr leicht bei ihrer Hantirunz verunglücken könnten, fielen nicht unter das Gesetz. Auch daß die kleinen Betriebe, die weniger als zehn Arbeiter beschäftigten, noch immer nicht in die Versicherung einbegriffen seien, fei ein wesent⸗ licher Mangel. Ferner würden die Arbeiter noch immer zu sehr zu den Beiträgen für die Krankenoersicherung Heran⸗ gezogen; die Karenzzeit sei zu groß; kurz, keiner der von seiner Partei als Fundamentalsehler des vorjährigen Gesetzes be⸗ zeichneten Mängel sei in dieser Vorlage bescitigt. Er ver— lange ferner, daß die Arbeiter bei Betriebsun allen voll und ganz und nicht nur in geringen Prozent sätzen entschädigt wür⸗ ben. Die Unternehmer seien dazu kapitalkräftig genug. Was sodann für Privatbetriebe Recht sei, das müsse auch für Staatsbetriebe billig sein; insbesondere müßten die Arbeiter auch bei den Staatsbetri eben überall da gehört werden, wo es sich um Vorschriften zur Unfallverhütung handele. Das gelte namentlich vom Eisenbahnbetriebe; z. B. beim Erlaß neuer Rangirordnungen 2c. Die Regierung gehe aber leider auch hier davon aus, daß die Behörden unfehlbar seien; eine An⸗ schauung, die durch die Erfahrung nur zu oft widerlegt werde.

kommission eingesetzt worden, welche ein Einnahmedefizit konstatirt habe und daraufhin habe die Generalversamm⸗

durchaus unbebindert. Sie allein hat zu erwägen, ob sie sich zur Vorlegung eines solchen Gesetzentwurfs an die Landesvertretung ver⸗

Er glaube also nicht, daß diese Vorlage die Arbeiter besonders