und gemeint, die Kaufleute würden wohl im Stande sein, die Verwaltung und Regierung selbst zu führen. Das sei etwas, was er nicht in allen Fällen für möglich halte. In Kamerun, wo außer deutschen bereits sechs englische Firmen existirten, sei es unmöglich, weil man nicht in der Lage sei, diese zur Zahlung von Steuern und Abgaben heranzuziehen; wollte man das, so würde man immer den Schutz einer civilisirten Regie⸗ rung dabei nöthig haben. Wo aber die Abgaben nicht bloß von deutschen, sondern auch von englischen Firmen be⸗ zahlt werden sollten, da sei die Einrichtung einer re— gulären Verwaltung nöthig. Die Verwaltungskosten wür⸗ den auch nicht übermäßig groß werden, und der Handel würde sie zahlen können. Zunächst sei es aber am richtigsten, durch Exportzölle die Kosten zu decken, ge⸗ rade deshalb, um die Anstellung eines großen Heeres von Beamten zu vermeiden. Wie der Export jetzt stattfinde, wo der Handel Tauschhandel sei, sei es das Einfachste, Export⸗ zölle zu erheben, indem man die Waare nach Gewicht pro Centner besteuere. Der Zoll werde namentlich Palmöl und Palmkerne treffen. Der Handel werde übrigens noch mehr als 2 Proz, die auf die Dauer nicht genügen würden, zahlen können. Das System von Borneo passe nicht auf die deutschen kolonialen Verhältnisse. Dort existire eine größere Gesellschaft, die ihre besonderen Vortheile habe, indem sie von den Leuten, die dorthin gekommen seien, Abgaben erhebe, den Boden be⸗ bauen lasse u. dgl. Die ostindische Compagnie habe auch ein Monopol für das Geschäft und durch die Erhebung von Zöllen und Abgaben gleichfalls Vortheile gehabt. Das Syn⸗ dikat sei nicht so sehr eine Petitions⸗ als eine Auskunsts⸗ behörde. Es solle auch keine Verwaltungsbehörde sein. Es sei bei der Einrichtung desselben genau so verfahren, wie zur Zeit, als England die Goldküste in Besitz genommen habe. Das Syndikat sei eine Art Handelskammer Der Abg. Richter sage, von den Kaufleuten in Kamerun sei bisher nichts geschehen, um die Regierung auszuüben. Der Kaufmann und seine Agenten seien aber gar nicht im Stande, eine geordnete Verwaltung einzurichten. Diese Behörden ein⸗ zurichten, solle eben Aufgabe des Deutschen Reiches sein. Eingangszölle, z. B. auf Schnaps, einzuführen, möge richtig sein, wenn der Tauschhandel einem Handel gegen Geld Platz gemacht habe. Dann werde natürlich das jetzt vorgeschlagene System, Exportzölle auf Produkte zu erheben, nicht mehr ganz durchführbar sein; dann werde es nöthig und möglich sein, Import⸗ zölle zu erheben, weil sich hoffentlich bis dahin auch der Gesammt— handel, die Gesammtausfuhr und die Gesammteinfuhr bedeu— tend gehoben haben werde. Wenn den Eingeborenen in der ersten Zeit von deutscher Seite die Vielweiberei verboten werden sollte, dann würden die Fälle von Krieg, Empörung u. s. w. in sehr viel schärferem Maße eintreten, und wenn man den Negern das Schnapstrinken verbieten wollte, so würde man auf die Schwierigkeit stoßen, wo man die Grenze ziehen solle. Sollte der Handel mit Schnaps dorthin aufhören, so würde aber ein großer Theil des deutschen Exporthandels geschädigt. Wenn der Abg. Richter meine, man solle doch solche Kolonien erwerben, wo sich bereits mehr Deutsche befänden, so stimme er dem ja zu; aber wo seien denn solche Plätze zu finden? Solche Handelsnieder— lassungen, wie an der Westküste Afrikas, seien gar nicht so sehr zu verachten. Sie beschäftigen schon jetzt eine Anzahl von etwa 300 Deutschen, die sich in wenigen Jahren verzehn⸗ fachen könne. Der von Deutschland eingeschlagene Weg sei sehr richtig, derselbe sei nicht nach französischem System, das auf Ehrgeiz und Eroberungslust hasire. Die Aufgabe, die tropischen Länder dort zu kultiviren, sei eine so dankbare, daß da das Deutsche Reich voll und ganz mithelfen könne. Die in Afrika angestellten Beamten müßten theilweise juristische Bildung haben; die Gehaltsverhältnisse schienen durchaus angemessen zu sein. Die Kosten könne man von den Kaufleuten erst aufbringen, wenn geordnete Verhältnisse geschaffen seien, für diese müsse das Reich die Kosten tragen. Wenn der Abg. Richter aber über die Nützlichkeit der Anstellung der Personen selbst etwas gesagt habe, so möchte er darauf hinweisen, daß der Gouverneur und Generalkonsul für Kamerun zugleich als Generalkonsul für die ganze Westküste bestimmt jei, Es werde nothwendig sein, daß derselbe einen Kanzler habe, welcher die juristischen Fälle beurtheile und Recht spreche, und es werde auch nothwendig sein, diesen beiden Personen einen Sekretär zu geben. Die Gehälter seien seiner Ansicht nach mit Rücksicht auf das ungünstige und schlechte Klima nicht zu hoch. Er möchte doch bemerken, daß gerade in Bezug auf diesen Punkt vielfach übertrieben werde. Der Prozentsatz der Sterhefälle unter den Angestellten seiner Firma betrage etwa 3 bis 4 Proz. Gegen die Ausdehnung des Haftpflichtgesetzes auch auf die Angestellten an der westafrikanischen Küste würden die betreffenden Kauf— leute nur wenig einzuwenden haben. Er möchte aber dem Abg. Richter erwidern, daß der Fall, den er besonders im Auge gehabt habe, wo eine Entschädigung an die hinterbliebene Familie zu zahlen sei, außerordentlich fell sei. Man schicke von vornherein unverheirathete junge Leute hinaus, die auch mit dem Gedanken fortzögen, entweder in der Fremde vorwärts zu kommen oder nicht wieder zurüchzu— kehren. Es liege die Sache also dort etwas anders als bei den Arbeitern, welche hier angestellt würden, und es würde sehr schwer sein, auf solche Fälle ein Unfallversicherungs⸗ oder Haftpflichtgesetz zu begründen, weil die Angestellten der Kauf— mannsfirmen in Westafrika im Erkrankungsfalle immer von ihrem Prinzipal, verpflegt würden, wie das auch schon in ihrem Kontrakt bemertt sei; wenn sie dann, ohne Familie zu hinterlassen, gestorben seien, so sei das, wie er glaube, nicht von großer Bedeutung. Was die Forderungen für einen Kommissar und Sekretär in Togo betreffe, so würde diese Position für sich selbst sprechen, dasselbe sei mit der auf Angra. Pequena bezüg— lichen der Fall. Mit der Forderung für ein Gefängniß, das der Abg. Richter berührt habe, gehe es wie mit allen anderen Ausgaben. Es müßten erst geordnete Zustände ge— schaffen werden, und alsdann könne man anfangen Abgaben zu erheben. Die Totalsumme der Kosten sei Übrigens in keiner Weise höher als das, was für Konsularvertretungen an vielen anderen Plätzen verlangt und bewilligt sei. Er er— innere nur an die Konsulate in China und an Gesandt— schaften an Plätzen, wo der Handel Deutschlands weder jetzt noch in der Zukunft die Bedeutung haben werde wie der Handel Deutschlands an der westafrikanischen Küste. Er bitte deshalb, die Forderung schon jetzt ohne Kommission anzu⸗ nehmen, damit desto eher geordnete Verhältnisse eintreten könnten, wie das auch der Abg. Richter wünsche, damit desto eher die Kaufleute zu einem Beitrag zu diesen Kosten heran— gezogen werden könnten.
Der Abg. Stolle erklärte, die Kolonialpolitik sei über den für sie vom Reichskanzler anfänglich bezeichneten Rahmen be⸗ reits weit hinausgegangen. Für eine Kolonialpolitik nach englischem Muster, von der der Abg. Woermann gesprochen habe, könne seine Partei sich aber keineswegs erwärmen. Alle Reichthümer, die England durch seine Kolonien erworben habe, seien lediglich den Nabobs zugefallen, während der eng⸗ lische Arbeiter auch nicht den geringsten Vortbeil davon ge— habt habe. Auch Frankreich habe in Tunis und Tongking ur⸗ sprünglich nur in beschränktem Rahmen Kolonialpolitik treiben wollen, sei dann aber gleichfalls zu äußerst kostspieligen Expe⸗ ditionen genöthigt und sogar zu einem Kriege mit China ge⸗ drängt worden. Auch im Einzelnen habe die Vorlage für seine Partei Bedenken. Man habe kein Material, um beuriheilen zu können, ob die für die Kolonialbeamten vorgeschlagenen Gehäl⸗ ter den Verhältnissen entsprächen und ob sie nicht viel zu hoch seien. Am wenigsten könne seine Partei aber die für ein Gefängniß in Kamerun geforderten 10 000 MS bewilligen. Wolle man denn die große deutsche Kolonialpolitik mit der Errichtung von Gefängnissen anfangen? Nach welchen Gesetzen wolle man überhaupt Bestrafungen dort eintreten lassen? Das Haus sei dem ganzen Reich verantwortlich dafür, daß die vom Reichs⸗ tage bewilligten Ausgaben nothwendig und zweckmäßig seien. Des halb sei zum Mindesten eine Kommissionsberathung dieses Nachtragsetats unbedingt erforderlich.
Der Bundeskommissar Geheime Legations-Rath von Kusserow erwiderte, er erlaube sich noch einmal das Wort zu nehmen, um gegen die Unterstellung des Vorredners Ver⸗ wahrung einzulegen, daß er (Redner) zugegeben hätte, diese Vorlagen überschritten bereits das von dem Reichskanzler hier verkündigte Kolonialprogramm. Das sei nicht der Fall. Wenn der Abg. Stolle zur Begründung dieser Behauptung gesagt habe, der Reichskanzler hätte früher nur von Angra Pequena gesprochen, so handele es sich bei dem Vorredner anscheinend nur um das Quantum von Ko—⸗ lonien. Er bemerke in dieser Hinsicht, daß der Reichskanzler in derselben hier zitirten Rede gesagt habe, die Herren würden hoffentlich durch die Blätter sehr bald noch einige angenehme Ueberraschungen in dieser Richtung erhalten; der Kanzler sei augenblicklich jedoch nicht in der Lage gewesen, diejenigen Punkte zu bezeichnen, wohin weitere Kolonialunternehmungen gerichtet seien. Dann möchte er (Redner) dem Vorredner noch auf die Bemerkung antworten, daß das Deutsche Reich ja seine Kolonialpolitik gleich mit einem Kriege hätte beginnen müssen. Der Abg. Stolle sei im Irrthum, wenn derselbe glaube, daß derartige Vorkommnisse wie in Kamerun nicht Pereits der Geschichte angehörten, ehe man hier an die Kolonialpolitik gedacht habe. Er erlaube sich, daran zu erinnern, daß Deutsch⸗ land in dem letzten Jahre schon zweimal in Westafrika und wiederholt in der Südsee in der Lage gewesen fei, an Küsten, wo keine geordnete Regierungsgewalt bestanden habe oder auf Inseln, die ebenfalls geordneter Verhält⸗ nisse noch entbehrt hätten, sich selbst zu seinem Rechte verhelfen zu müssen. Also in dieser Beziehung bestehe gar kein Unterschied. Deutschland würde bei Rechtsstreitigkeiten gegen Deutsche in Kamerun mit seinen Kriegsschiffen ebenso eingeschritten sein wie jetzt, wenn dieses Gebiet auch unab— hängig geblieben wäre. In diesem Augenblick sei die Pflicht, die Kaiserliche Flagge, die dort aufgepflanzt worden sei, in Ehren zu halten, noch zu der Pflicht, deutsche Angehörige gegen Gewaltakte zu schützen, hinzugekommen; aber die Krafi— anstrengungen Seitens der deutschen Marine wären ganz genau dieselben gewesen wie jetzt. Was das Gefängniß an⸗ lange, so könne er den Vorredner beruhigen, daß es fich hierbei hoffentlich niemals um Weiße handeln werde; aber die Vorgänge in Kamerun hätten bewiesen, daß man' eines Gefängnisses dort nicht entbehren könne, um die Neger, welche sich derartige Exzesse erlaubt hätten, überhaupt zu bestrafen; und Negergefängnisse gebe es dort nicht. Dem Vorredner werde es auch nicht unbekannt sein, daß mit den meisten Konfulaten in überseeischen Ländern Gefängnisse verbunden seien, weil es sonst gar nicht möglich wäre, eine geordnete Konsulargerichtsbarkeit auszuüben. Was die Unterlagen für die einzelnen Posten anbelange, so müsse er dem widersprechen, daß diefelben eventuell nicht genügen würden, um im Plenum Beschlüsse zu fassen; denn die geforderte Summe bleibe weit zurück hinter dem, was Konsuln in anderen Gebieten erhalten hätten, und zwar obgleich für die Regierung erwiesen sei, daß der Lebensunterhalt in den fraglichen Kolonialgebieten, weil einst⸗ weilen Alles dorthin geschafft werden müsse viel größere Aus⸗ gaben erfordere als bei vielen anderen Konsulaten, und ob⸗ wohl es an und sür sich billig gewesen wäre, den Beamten durch höhere Gehälter gewissermaßen einen Ersatz für die größeren Entbehrungen zu verschaffen, denen ein Beamter dort entgegengehe. Es sei hierauf aber keine Rücksicht genommen worden. Also die Unterlagen für eine Beschluß⸗ ann im hohen Hause schienen ihm vollständig erbracht zu sein.
Der Abg. Richter (hagen) bemerkte, er habe sich keineswegs enen die Interessen des Handelsstandes erklärt oder Handelsz— odlonien prinzipiell als etwas schlechtes bezeichner. Im Gegentheil, er sei der letzte, der den Werth des uͤberfeeischen i, unterschätze; und er gerade sei zu Zeiten, wo die
gierung dazu weniger das Bedürfniß gefühlt habe, für die Ehre und die Interessen des Handelsstandes, besonders auch des hanseatischen Handelsstandes, eingetreten. Aber gegen⸗ wärtig handele es sich um eine NUebertreibung der Bedeutung der Handelskolonien in Westafrika, wenn man sich so aus⸗ spreche, als ob von der Zukunft der dortigen Faktoreien das Wohl und Wehe der gesammten Arbeiter abhänge. Der Abg. Woermann selbst meine, daß gegenwärtig an der ganzen Westküste, also einschließlich der nicht deutschen Kolonien, nur 320 bis 350 Deutsche beschäftigt seien; in den deutschen Kolonien also wohl höchstens 106. Da sei es doch eine wunderbare Vorstellnng, wenn man glaube, daß diefe Kolonien den ganzen Ueberschuß der dentschen Vevölkerung, sei es auch nur der gebildeten, aufnehmen könnten. Selbfst wenn die Zahl wirklich in zehn Jahren von 350 auf 35060 steigen sollte, würde das noch nicht erheblich ins Gewicht fallen. Zunächst gebe es immer noch für die meisten Tech⸗ niker und Beamten in Deutschland bessere Stellen, als gerade in Westafrika; und was die Arbeiter betreffe, die dorthin ge⸗ gangen seien, so zeigten die Verträge, welche z. B. die bel⸗ gische Assoziation mit jungen Kommis abgeschlossen habe, daß für die Faktoreien Arbeiterschutzgesetze wohl am latze und daß die Leute zu bedauern seien, die so völlig in die Hände der Arbeitgeber gegeben seien. Drei bis vier Prozent dieser Personen stürben jährlich. Das sei allerdings ein sehr hohes Kontingent. Wie viele den Keim des Todes mit— bringen, wenn sie zurückgekehrt seien, das sei nicht zu fagen.
Nissionsinspeltor Fabri habe sich über, den deutschen Handel in Angra⸗Pequena dahin geäußert, daß derselbe nur da diene, Branntwein und die übrigen Handelsartikel dort bil — einzuführen, um den englischen Zoll zu ersparen. Er 8 sich, daß aus den Erklärungen des Abg. Woermann heli gehe, daß die interessirten Kreise die Kosten, die in ron, kom]mmen wärden, ganz tragen würden. Er wünsche nun 6 diese Erklärung eine Formulirung, welche Mißverstin dn st ausschließe, und dazu sei die Kommissionsberathung unent⸗ behrlich. Der Abg. Woermann meine dann, daß die Aufgabe des Syndikats nur in der Begutachtung zu bestehen hab Das sei doch nicht ganz richtig; im Gegentheil sei eine Drga⸗ nisation der betheiligten Kaufleute mindestens auf dem Gebiete des Innern, des Handels u. s. w. ins Auge gefaßt. Das Aufkommen für die etwaigen Schullasten sei z. B. Sache der Interessenten allein. Schließlich werde die Kolonial⸗ politik um so weniger ehrgeizig sein, je mehr in den Kolonien bereits dentsche Bevöllerung vorhanden sej und wenn der Abg. Woermann sage: „Wenn man nur solch Plätze wüßte!“ so müsse man doch nicht unter allen Umständen Kolonien haben. Wenn ein Stamm deutscher Ansiedler ni t da sei, wenn die Sache nicht aus sich selbst herauswachse dann verzichte er lieber auf solche Kolonien, weil er ihr. Nachtheile für größer halte, als ihre Vortheile.
Der Abg. von Benda erklärte sich für die Berathung der Vorlage in der Budgetkommission.
Der Abg. Woermann bemerkte, das Syndikat für West⸗ afrika solle allerdings zunächst nur eine begutachtende Behörde sein, der naheliegende Gedanke aber solle zur Aus sührung kommen, daß man z. B. in Kamerun eine Selbst verwaltung der dort etablirten Kaufleute einrichten und diese das Mim' sterium des Innern und des Handels, wenn er so sagen dürfe, übernehmen werde, das aber eben so gut auz den erhobenen Zöllen gedeckt werden solle. Ob daß von den Kaufleuten selbst oder im Namen dez Neichs geschehe, sei ein sehr geringer Unterschied. Unter allen Umständen werde das Syndikat auch die Vor— schläge der dort etablirten Kaufleute zu begutachten haben. Wenn Deutschland auf den Erwerb von Kolonien bedacht sein solle, wo etwas anderes als Spirituosen, Pulver, Gewehre und Taback verkauft werden könne, so erwidere er, daß heute schon über 50 Prozent des deutschen Exports aus zum Theil recht guten Manufakturwaaren beständen — die Kameruner hätten für Muster u. dergl. einen feinen und guten Ge— schmack. — daß ferner Eichen- und Messingwaaren in ziem— lichen Quantitäten dorthin ausgeführt würden.
. Die Vorlage wurde darauf der Budgetkommission über—
wiesen.
Hierauf vertagte sich das Haus um 5 Uhr auf Donnerstag 1 Uhr.
— Im weiteren Verlauf der gestri gen (14) Sitzung des Hauses der Abgeordneten bemerkte bei fort gesetzer erster Berathung des Gesetzentwurfs, be— treffend die Pensionirung der Volksschullehrer, der Abg. Dr. Hänel, die neue Parteikoalition, welche der Abg. Windthorst mit diesem Antrage zum ersten Male auf— treten sehe, sei zwar vorhanden, basire aber auf ganz anderen Verhältnissen und sei gerade bezüglich der Lehrerdotationsfrage überaus künstlich zusammengeleimt. Daß der Antrag auf die Wahlen berechnet sei, liege auf der Hand; weshalb hätte man es wohl sonst vermieden, die deutsch⸗freisinnige Partei zur Mitunterzeichnung aufzufordern, die diese Fragen von allem Anfang an in Fluß erhalten, die zuerst ein umfassendes Unterrichtsgesetz zu Stande zu bringen gehofft habe, ein Traum, der durch den Kulturkampf vernichtet worden sei, die in immer wiederholten Resolutionen zuletzt wenigstens ein Pensionsgesetz für die Lehrer verlangte. Jetzt kämen die ,, die jetzt führende Fraktion, und legten einen ormulirten Gesetzentwurf gleicher Tendenz vor. Auch dieser habe im Augenblicke nur den Werth einer verstärkten Re⸗ solution, denn er sei in seinem finanziellen Effekt unüber— sehbar und nehme z. B. auf die nassauischen Lehrer, welche schon jetzt besser ständen, als der Entwurf sie stellen könnte, gar leine Rücksicht. Sollte aber aus dem Antrag wirklich ein Gesetz werden, so betrachte seine Partei dasselbe lediglich als Provisorium, als Nothgesetz im eigentlichen Sinne des Wortes, ohne jede Konsequenz für das umfassende Dotationsgesetz, namentlich ohne jede Konsequenz für das Verhältniß von Schule und Gemeinde. Die Schule sollte der Gemeinde bleiben; denn kommunale Selbstverwal⸗ tung ohne verantwortliches Tragen der Lasten sei einfach Unsinn, dann lieber gar keine Selbstverwaltung! Außerdem mache seine Partei den Vorbehalt, daß nicht durch legisla— torische Verschönerungen die materielle Lage der Lehrer gegen den heutigen Zustand verschlechtert werde. Unter diesen Vor— 6 wünsche auch er, daß der Antrag in Bälde Gesetz werde.
Der Abg. Dr. Enneccerus erklärte, der Vorwurf, daß das Vorgehen der Nationalliberalen ein blos auf die Wahlen berechnetes sei, sei derartig, daß man darüber nicht einmal recht in Entrüstung gerathen könnte, hätten doch gerade die Nationalliberalen und zuletzt noch Hr. von Bennigsen auf diesem Gebiet wiederholt die Initiative ergriffen. Das von denselben im Entwurfe vorgelegte Gesetz werde keine unerfüllbaren Hoffnungen erregen, sondern sei bestimmt, längst gehegte Hoff⸗ nungen zu erfüllen. Daß der Abg. Windthorst die Schule für die Gemeinde erhalten wolle, sei doch auffallend; sonst rekla— mire er die Schule doch für die Kirche! Mit der Konversion hänge der Entwurf nicht zusammen, er stehe ganz selbständig da, und von einer neuen Koalition könne erst recht keine Rede sein. Bei einem guten Antrag sei den Nationalliberalen jede Bundesgenossenschast recht. Nach dem Abg. Reichensperger sollte die Regierung vorangehen; wenn sie es aber nach den vielfachen Nesolutionen doch nicht thue, so müßten die Nationalliberalen von ihrem Recht der Initigtive wieder Gebrauch machen. Ueber das Bedürfniß, über die Noth der älteren Lehrer herrsche im ganzen Hause kein Zweifel; diesem Bedürfnisse und zugleich der Ueberlastung der Kommunen in einem nicht unbeträcht⸗ lichen Maße helfe der Entwurf ab. Wie hoch die Belastung des Staates sich stellen werde, ließe sich allerdings nicht genau ausdrücken, ein Grund gegen den Antrag oder gegen dessen Ueberweisung in eine Kommission könne aber daraus nicht her⸗ ie, werden. Auch er habe ja einzelne Bedenken gegen en Entwurf; die Kommission könnte event. die Frage prüfen, ob nicht auch die Wittwenpensionen mit in das Gesetz ein⸗ bezogen werden sollten. Ein Nothgesetz sei es auch für die Nationalliberalen, nicht aber blos eine verschärste Resolution. Sie forderten die Regierung auf, sofort mit ihnen in die Arbeit einzutreten, und hofften, daß diese Arbeit schon in
dieser Session Frucht tragen, nicht eine bloße Anregung bleiben werde, die man nach den Wahlen vielleicht vergesse.
Der Abg. Rickert war der Ansicht, prinzipiell wäre es gewiß richtiger, wenn die Regierung auf dem in Rede stehen⸗ ben Gebiete nach den so . aus dem Hause gekommenen Anregungen mit einem Gesetzentwurf vor das Haus gekommen ware; da dieses gleichwohl nicht geschehen sei, und es sich um eine wirkliche Nothlage, um ein dringendes Bedürfniß han⸗ dele, so halte er nunmehr auch das Haus für legitimirt, die gesetzgeberische Initiative zu ergreifen. Er hoffe mit den Antragstellern, daß es der Kommission gelingen möge, noch in dieser Session den entscheidenden Schritt zur endlichen Beseitigung dieser Nothlage mit der Regierung zu thun!
Die Diskussion wurde geschlossen, und der Gesetzentwurf auf Antrag des Abg. von Schorlemer-Alst einer besonderen Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen.
Es folgte die Berathung des folgenden Antrags Lassen:
Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: Die Gesammt⸗ größe der im Kreise Sonderburg, besonders in der Stadt Sonderburg, in Düppel und Umgegend im Jahre 1864 entstandenen, noch nicht bezahlten Kriegsschäden auf Grund lage des darüber in jener Zeit gesammelten Aktenmaterials zu ermitteln, dann auch die weiteren nothwendigen Schritte zu ver— anlassen, um die Ansprüche auf Ersatz aus Staatsmitteln zu be⸗ friedigen, welche den in Betracht kommenden Bewohnern, sei es auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder aus völkerrechtlichen und Billigkeits ruͤcksichten zustehen.“
Nachdem der Antragsteller Abg. Lassen seinen Antrag be⸗ gründet hatte, beantragte der Abg. Graf Baudissin den Uebergang zur Tagesordnung und motivirte diesen Vorschlag mit dem Hinweis darauf, daß die s. 3. gezahlten Entschädi⸗ gungen völlig ausreichend gewesen seien, und daß Rechts⸗ oder Billigkeitsansprüche der Betroffenen als berechtigt nicht mehr anerkannt werden könnten.
Gegen den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung ergriff nochmals der Abg. Lassen das Wort; die Majorität ent— schied sich im Sinne des Antrages des Abg. Grafen Baudissin.
Das Haus wendete sich hierauf zur weiteren zweiten Be⸗ rathung des Etats, und zwar zunächst für das Ministerium des Innern, einmalige und außerordentliche Aus—⸗ gaben. — Ohne Debatte trat das 36 den von dem Re— ferenten Abg. Kieschke kurz motivirten Vorschlägen der Budget⸗ kommission bei. ;
Bei Kap. 8 „Strafanstaltsverwaltung“ bemerkte der Abg. Imwalle, daß die Zunahme jugendlicher Verbrecher sich auf die mangelhafte religiöse Erziehung zurückführen lasse, nach⸗ dem die religiösen Orden vertrieben seien. Die Position im Etat würde die vorliegende Höhe nicht erlangt haben, wenn diese Orden ihre segensreiche erzieherische Wirksamkeit auf die heranwachsende Jugend hätten fortsetzen können. Redner plaidirte schließlich für konfessionell getrennte Strafanstalten.
Das Kapitel wurde genehmigt.
Es folgte das Extraordinarium des Etats der landwirth⸗ schaftlichen Verwaltung. Hierzu lag ein Antrag der Abgg. von Risselmann und Gen. vor, dem Kap. 11 folgenden Titel als Tit. 13 hinzuzusetzen: Tit. 13: Zur Ausführung von Vor⸗ arbeiten zum Zwecke von Regulirungen im Ueberschwemmungs⸗ gebiet der unteren Oder, sowie zur versuchsweisen Vornahme umfassender Baggerungen 130 000 M6
Der Referent Abg. Wüsten beantragte Namens der Budgetkommission: 1) den Antrag von Risselmann abzuleh⸗ nen; 2) die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, zur Aus⸗ führung von Vorarbeiten zum Zwecke von Regulirungen im Ueberschwemmungsgebiet der unteren Oder im Etat für das Jahr vom 1. April 1886/87 Mittel zur Verfügung zu stellen.
Der Abg. von Risselmann erklärte, er habe in der That
gehofft, daß man in der Budgetkommission zu einem anderen
Beschlusse kommen würde. Leider müsse er sich bescheiden, und er werde den Antrag auch bei der dritten Lesung nicht wieder einbringen, zumal der zweite Theil des Kommissionsbeschlusses ihn sehr erfreut habe; denn da⸗ durch werde der bedrängten Bevölkerung wieder ein Jahr lang Hoffnung gegeben. Wenn aber die Kom— mission glaube, daß Baggerungen nichts nützten, so stehe ihrer Anschauung diejenige der betheiligten Bevölkerung diametral gegenüber. Letztere sei nämlich fest davon überzeugt, daß solche Arbeiten viel hülfen, sie müßten nur alljährlich wiederholt werden. An den Minister richte er deshalb die dringende Bitte, alles zu veranlassen, um der in der That hart bedrängten Bevölkerung zu Hülfe zu kommen, sie er— warte diese Hülfe zuversichtlich. Auch damit wäte schon viel gewonnen, wenn Vorarbeiten, Nivellirungen und Vermessungsarbeiten vorgenommen würden. Leider sei der Dispositionsfonds des landwirthschaftlichen Ministers, auf welchen der Vertreter der Regierung früher hingewiesen, total erschöpft. Es erübrige ihm daher nur, Namens der in Noth und Gefahr befindlichen Bevölkerung die Bitte an die König— liche Staatsregierung zu richten, möglichst noch in diesem Jahre zu helfen, und, falls dies nicht thunlich, in den nächsten Etat eine verstärkte Summe zu setzen, wie es die Budget⸗ kommission vorgeschlagen hätte. Er bitte also nochmals herzlich, man solle helfen. ;
Der Unter⸗Staatssekretär Meinecke erklärte, der Antrag der Kommission entspreche den Intentionen der Staats— regierung. Die Annahme des ersten Theiles der Resolution könne er dem Hause nur dringend empfehlen; für den zweiten liege ein Bedürfniß nicht vor, doch habe er keine Ver⸗ anlassung, ihm zu widersprechen. Ob mit den beantragten Mitteln die Vorarbeiten würden begonnen werden können,
werde geprüft werden. der Staats⸗Minister Dr.
Hierauf ergriff das Wort 3
eine Herren! Es bedarf keiner besonderen Versicherung, da die Wünsche der Bevölkerung in der Oderniederung von den fe Wasserkalamitaͤten befreit zu werden, meinerfeits jede Förderung sinden werden. Ich muß aber dem warmen Appell gegenüber, den der Hr. Abg. von Risselmann an mich gerichtet hat, doch darauf hinweisen, daß meinem Ressort in dieser Beziehung ziemlich enge Grenzen gesetzt sind. Ressortmäßig bin ich Flos mit' den Flußläufen befaßt, die nicht schiffbar find, bezüglich der schiffbaren Ströme blos mit den Strecken, die nicht schiffbar sind. Ebenso gehören die be—⸗ treffenden technischen Kräfte, welche in jenem Stromgebiete wirksam u 6 . dem Arbeits⸗Ministerium, nicht dem landschaftlichen
erium.
Endlich beschränken sich die Mittel für Flußregulirungen auf die beiden Fonds, die hier schon bei der Ctatsberathung erwähnt, und guch heute wieder berührt worden find. Das ist einmal' der Z56 6h06 M Vorarbeits kosten fonds im Ordinarium, und der 500 009 M If, regulirungsfonds im Extraordinarkum. Der Erstere aber muß so vielen Zwecken dienen und ist so belastet, daß der Hinweis auf diesen
onds mir fast wie eine Ironie scheint, oder blos von Selten 3mmen kann, die über die regelmäßige Verwendung dieses Fonds . genau unterrichtet sind. Bieser Fonds ist zunächst belastet mit
en gesammten Ausgaben für das Moorwesen, welche 156 669 bis
80 jährlich absorblren, also fast die Hälfte dieser ganzen r . t 24 . bekanut, daß im Emegebiet ausgedehnte Kanalbauten stattgefunden baben, die zur Bildung einer Genossen⸗ schaft geführt und jetzt einen vorläufigen Abschluß gefunden haben, die aber noch auf Jahre hinaus ungefähr denselben Aufwand von Mitteln erfordern werden, jur Weiterführung und Instandhaltung keätglhlagz ' rtl Ten lbhrh gen Rbeilen bie ses zöd Zöd . Fondz find im Jahre 1884585 158 Projekte unterstützt worden. Schon aus dieser großen Zahl sehen Sie, a . immer blos kleine Beträge sein können, die asso in Form von Bewilligungen für Vorarbeitskosten verwendet werden, die sich in Summen ron 1000, 15 000, 20000 und höch tens 30 600 . wenn es sehr hoch kommt, bewegen. Diese Fonds sind in der Weise vertheilt worden, daß in Ostpreußen 16 Projekte, in Westpreußen 5, in Posen 2, in Schlesten 10, in Pommern 12, in Brandenburg 6, in Sachsen 9, in Schleswig Holstein 9, in Hessen Nassau 9, in der Rheinprovinz 26, in Weft— alen 17. in Hannover 19 Projekte aus diesem Fonds f worden sind. Aus dieser Thatsache geht hervor, daß die Mittel fo beschränkt sind, daß dieser Fonds für einen so großen Aufwand, wie er hier erforderlich ist, um von irgend welchem Erfolg zu sein, nicht in Anspruch genommen werden kann, sondern daß diese Bewilligung blos in Form des Extraordinariums erfolgen kann. .
Ich muß ferner darauf hinweisen, daß ich ressortmäßig nur ge— wissermaßen als Vertreter der Landeskultur und, ich möchte sagen, in einer unparteiischen Stellung in diese ganze Angelegenheit hinein— gezogen worden bin. Es ist aus den Interessentenkreisen wiederholt die Klage aufgetaucht und vorgetragen, daß die Schiffahrtsinteressen eine wesentlichere Förderung durch, Zuwendung größerer Staatsmittel finden als wie die Landeskulturinteressen. Ich kann das auf dem Gebiet des Wasserbaues leider nicht in Abrede stellen.
Ich stehe allerdings als Vertreter der Landeskulturinteressen auf dem Standpunkt, daß ich wohl der Meinung bin, daß die Förderung der Landeskulturinteressen denjenigen der Schiffahrtsinteressen voll⸗ ständig ebenbürtig ist. .
Ich kann außerdem den Gedankengang auch als vollständig zu: treffend nicht anerkennen, als ob es sich bei jeder Schiffahrts⸗, bei jeder Kommunikationsanlage um ein öffentliches Interesse handele, während es sich bei Meliorationsbauten nicht um öffentliche Inter⸗ essen handele. Oeffentliche Interessen sind weiter nichts, als eine Summe von Privatinteressen, und wenn wir größere Meliorations⸗ anlagen unternehmen, welche die Steuerkraft großer Landestheile beben, so ist das meines Erachtens auch ein öffentliches Interesse. Wir knuͤpfen damit lediglich an die grroßen Hohenzollerntraditionen früherer Jahrhunderte an; ich erinnere besondert an das vorige Jahr⸗ hundert: fast keine der großen Lasdesmeliorationen, die wir heute noch besitzen, ist damals ohne wesentliche Förderung und direkte Ein⸗ wirkung geblieben Seitens Friedrichs des Großen und der anderen Regenten des Hohenzollernstammes. Wenn wir dazu kommen würden für Meliorationszwecke, besonders auf dem wasserbaulichen Gebiet im Landeskulturinteresse größere Mittel zu verwenden, so können Sie versichert sein, daß diese Bestrebungen jedenfalls im landwirthschaft⸗ lichen Ministerium ihre Unterstüßzung jederzeit finden werden. .
Der Abg. Frhr. von Minnigerode wendete sich gegen die Ausführungen des Unter⸗Staatssekretärs Meinecke, zog jedoch seine Bemerkungen zurück, nachdem er sich überzeugt, daß er sie in Folge Mißverständnisses gethan habe. .
Die Diskussion wurde geschlossen und das Extraordinarium des landwirthschaftlichen Etats im Sinne der Budgetkommission erledigt.
Schließlich wurde das Extraordinarium der Gestüt— verwaltung ohne jede Debatte nach dem Kommissionsantrage genehmigt. ;
Damit war die Tagesordnung erschöpft. .
y vertagte sich das Haus um 31!“ Uhr auf Freitag 11 Uhr.
Reichstags ⸗Angelegenheiten.
Dem Reichtage sind folgende Ergänzungen zum Etat für das Auswärtige Amt auf das Etatsjahr 1886/86 vor⸗ gelegt worden: ⸗
1 Fortdauernde Ausgaben. Besoldungen der Beamten in den überseeischen Schutzgebieten. Kamerun. Gouverneur und General⸗ Konsul 30 000 Æ, Kanzler 12 000 „ , Sekretär 6000 S6 — 48 000 . (Sämmtliche Beamte haben freie Wohnung.) Togo. Kommissar 1200016, Sekretär 6000 A — 18 000 (Beide Beamte haben freie Wohnung.) Angra Pequena. Kommissar 17 900 6, Sekretär 6000 MÆ — 18 000 60 (Beide Beamte haben freie Wohnung.) Zu Titel 95 a bis 5 9. Das persönliche, pensionsberechtigende Gehalt beträgt: a. für den Gouver⸗ neur und General⸗Konsul 000 46, b. für den Kanzler und die Kom missare 3000 M bis 6000 M, im Durchschnitt 4500 M, e. für die Sekretäre 2100 bis 42001, im Durchschnitt 3150 6 Zu Remu⸗ nerationen und Tagegeldern an Unterbediente bei den Behörden in den überseeischen Schutzgebieten 12000 S6. Die sächlichen und ver⸗ mischten Ausgaben bei den Behörden in den überseeischen Schutz⸗ gebieten werden aus Titel 96 bis 190 bestritten. Summe 96 000 46,
2) Einmalige Ausgaben. Zur Errichtung von Dienstgebäuden nebst Wohnräumen für die Beamten in Kamerun, Togo und Angra Pequena, sowie zur inneren Einrichtung dieser Gebäude 1652 000 S606
Hierüber bemerkt eine Denkschrift: .
Nachdem die deutschen Erwerbungen an der Westküste von Afrika unter den Schutz Sr. Majestät des Kaisers gestellt worden sind, ist das Bedürfniß hervorgetreten die Mitwirkung des Reichs in Anspruch zu nehmen, um Ruhe und Ordnung unter der Bevölkerung jener Gebiete aufrecht zu erhalten und eine geregelte Rechtspflege zu er⸗ möglichen.
In Betracht kommen zunächst die Besitzungen in Kamerun, im Togogebiet, und in Angra Pequena bezw. dem Gebiet zwischen dem Oranjefluß und Kap Frio.
Für Kamerun ist entsprechend der Ausdehnung und Wichtigkeit
der dort unter deutsche Schutzherrschaft gestellten Gebiete die Ein⸗
setzung eines Gouverneurs in Aussicht genommen, welcher als Kaiser⸗ licher Ober⸗Kommissar und General ⸗Konsul für den ganzen Golf von Guinea zu fungiren haben würde, Demselben ist zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ein juristisch gebildeter Kanzler beizugeben. In Togo und Angra Pequena dürfte vorläufig die Anstellung eines Kommissars, der auch die richterlichen Geschäfte wahrzunehmen haben wird, aus⸗ reichend erscheinen. Für alle drei Gebiete sind zum Zweck des k je ein Sekretär und das erforderliche Unterpersonal vorgesehen.
Bei Bemessung der Besoldungen dieser Beamten sind Mitthei⸗ lungen des westafrikanischen Syndikats in Hamburg und des Herrn Lüderitz in Bremen über die Theuerungsverhältnisse an der west⸗ afrikanischen Küste und über die den dortigen kaufmännischen Ange stellten gezahlten Gehalte berücksichtigt. Außerdem sind für die Be—⸗ soldungen sowie für die Festsetzung des persönlichen Gehaltes der ge⸗ dachten Beamten, ihrem dienstlichen Rangverhältnisse entsprechend, auch die Durchschnittsbesoldungen der Kaiserlichen Konsularbeamten in überseeischen Ländern in Betracht gezogen.
Die öitlichen Verhältnisse bringen es mit sich, daß in allen drei Schutzgebieten besondere Dienstgebäude errichtet werden müssen, und daß den dort anzustellenden Reichsbeamten freie Wohnung zu ge— währen ist. An Kosten sind veranschlagt:
a. zur Errichtung eines Dienstgebäudes in Kamerun mit Wohn⸗ räumen für den Gouverneur, den Kanzler, den Sekretär und denn 60 000
zur inneren Einrichtung des Dienstgebäudes. 10000
„ zur Herstellung eines Gefängnisses in Kamerun. 10000
zur Errichtung eines Dienstgebäudes in Togo mit
Wohnräumen für den Kommissar, den Sekretär und den Amtsdiener, sowie mit den nöthigen
Haft nn 30 000
6 000 4
e. zur inneren Einrichtung des Dienstgebäudeg , f. zur Errichtung eines Dienstgebäudes in Angra equena mit Wohnräumen für den Kom missar, den Sekretär und den Amtsdiener, sowie mit
den nöthigen Hastjellen. 30009
g. zur inneren Einrichtung des Dienstgebäudes 6 000 Summe 1567 000 4 Den angesetzten Kosten für diese Bauten liegen Berechnungen und gutachtliche Aeußerungen der an der westafrianischen Füste an⸗ sässigen deutschen Firmen zu Grunde. Es empfiehlt sich, die Summe als Pausckquantum zu bewilligen, damit die einzelnen Ausgabeyosten, welche nach Lage der Verhältnisse immerhin nur annähernd haben veranschlagt werden können, gegenseitig übertragbar sind. Es bedarf schließlich kaum des Hinweises, darauf, daß bei der Neuheit der Verhältnisse und der Schwierigkeit, zuverlässige Infor= mationen über die in Betracht kommenden finanziellen und technischen Punkte zu erhalten, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß die im vorliegenden Nachtrags⸗Etat geforderten Beträge, durch welche nur für die nothwendigsten Einrichtungen Fürsorge getroffen werden soll, sich nicht nach allen Richtungen hin als ausreichend erweisen werden.
Sollte eine genauere Prüfung an der Hand der Erfahrung er⸗ geben, daß dies nicht der Fall ist, wird die Bereitstellung weiterer Mittel für die Aufgaben, welche das Reich in jenen Schutzgebieten übernehmen muß, in einem späteren Etat erbeten werden.
3) Ferner Ergänzung zum Etat für das Reichsamt des Innern auf das Etatsjahr 1885,86. Einmalige Ausgaben. Erwerbung eines Grundstücks für die Erweiterung des Dienstgebäudes des Stati⸗ stischen Amts und erste Baurate 295 750
Eine Denkschrift motivirt diese Ausgabe, wie folgt:
Das Dienstgebäude des Kaiserlichen Statistischen Amts. Lützow ⸗ ufer Nr. 7 und 8, hat schon lange den steigenden Bedürfnissen dieser Behörde nicht mehr genügt. Als es im Jahre 1876 bezogen wurde, zählte die Behörde in Allem 49 Beamte; gegenwärtig sind es 210, wozu im nächsten Etats jahre noch 22 Hülfsarbeiter kommen werden: 140 Beamte sind allein in der Abtheilung für den Waarenverkehr beschäftigt. Für diese Abtheilung hat schon seit Jahren ein eigenes Haus, über 1 Em weit vom Hauptgebäude ent⸗ fernt, Ziethenstraße 12, gemiethet erden müssen; das wachsende Bedürfniß hat die weitere miethweise Beschaffung von noch zwei Etagen in der Schwerinstraße erforderlich gemacht, so daß an Mieihe bereits jährlich 21 450 ½ aufgewendet werden. Inzwischen ist auch im Hauptgebäude für die daselbst verbliebenen Dienstzweige, namentlich seitdem vor 2 Jahren zur Bearbeitung der Kriminalstatistik noch 20 Personen haben angenommen wer⸗ den müssen, für Registratur, Bibliothek und Kommissionszimmer der Raum dermaßen beengt worden, daß noch mehr Lokale zu beschaffen sein werden, für welche ein weiterer Aufwand von mindestens 4000 M erforderlich sein wird. Danach ist be⸗ reits für das nächste Jahr der Miethsbedarf auf 25 500 „ zu ver⸗ anschlagen. Das Auseinanderliegen der Lokale führt noch andere Mehr⸗ ausgaben mit sich, welche sich aus dem dadurch bedingten umständ—⸗ licheren Geschäftẽgang, Vermehrung des Schrelibwerks u. s. w. er⸗ geben. Dazu kommt, daß die Baulichkeiten, in denen der Dienst⸗ betrieb mit einem unersetzlichen Material miethweise untergebracht ist, gegen Feuersgefahren genügende Sicherheit nicht bieten. Endlich fällt ins Gewicht, daß bei der gegenwärtigen Vertheilung des Per sonals der Behörde die bei seinem zahlreichen Bestande und nach der Natur der demselben obliegenden Arbeiten besonders gebotene Straff⸗ heit im Dienstbetriebe schwer aufrecht erhalten und auf die Dauer kaum gewährleistet werden kann.
Auf eine mit der Zeit sich ergebende Erweiterung des Sta—⸗ tistischen Amts wurde bereits im Jahre 1875 Rücksicht genommen, als eine, auch für die Arrondirung des Grundstücks wünschenswerthe Fläche Hinterland zugekauft wurde. Mit der Bebauung dieses Terrains ist bisher nicht vorgegangen worden, weil insbesondere die Ausbil⸗ dung, welche die Waarenverkehrsstatistik seit dem Jahre 1880 erfahren, in Verbindung mit anderweiten dem Statistischen Amt ge⸗ stellten neuen Aufgaben, Zweifel darüber entstehen ließen, ob das Terrain auf die Dauer dem Bedürfnisse genügen würde. Heute kann es nicht mehr fraglich sein, daß der Raum für die Er⸗ richtung entsprechender Baulichkeiten bei Weitem nicht ausreicht. Es mußte deshalb auf, ein vergrößertes Terrain Bedacht genommen wer⸗ den. Nach mehrseitig gepflogenen Verhandlungen ist jetzt eine Par⸗ zelle des Nachbargrundstücks Dörnbergstraße 6, welche sich dem Grund⸗ stücke Lützowufer 7 und 8 zweckmäßig anschließt, dem Reich zum Kauf angeboten worden. Der Preis ist für 2076 m 145 750 6 und muß für an⸗ gemessen erachtet werden. Der Ankauf dieses Grundstücks, womit dem Raumbedürfniß des Statistischen Amts vollständig und auf absehbare Zeit genügt sein wird, empfiehlt sich umsomehr, als eine Versaäͤumniß dieser Gelegenheit eine zweckentsprechende Erweiterung der fraglichen Dienstlokalitäten überhaupt in Frage stellen würde. Die Entscheidung ist dringlich, weil der Besitzer sich nicht geneigt gezeigt hat, über den L April d. J. hinaus an seine Kaufofferte sich zu binden. Ist das Terrain erworben, so empfiehlt sich aber weiter im finanziellen wie im dienstlichen Interesse, mit der Bauausführung nicht zu zögern. Der Bau, welcher in den einfachsten Verhältnissen herzustellen ift, wird nach einem vorläufigen Anschlage höchstens 505 000 „S erfordern. Für das erste Baujahr dürften nicht mehr als 150 000 „S½ zur Ver⸗ wendung kommen. Nach der Fertigstellung der Räume wird mit dem endgültigen Wegfall jeder Miethlast sich der finanzielle Effekt annähernd begleichen. In der Förderung der Geschäfte, der Geschlossenheit und erhöhten Sicherheit der Gesammtinteressen des Amtes aber wird der Hauptgewinn für das Reich liegen.
4) Für die Verwaltung des Reichsheeres sind im Nach⸗ tragsetat für Preußen 10000 S6, und zwar zur Projektbearbeitung für Verlegung des Culmer Kadettenhauses nach Stolp in Pommern und Neubau eines Kadettenhauses daselbst in dem Nachtragsetat ge⸗ fordert. Zur Erläuterung dieser Forderung wird gesagt: ;
Die Räumlichkeiten des Kadettenhauses zu Culm entsprechen in ihrer jetzigen Verfassung in räumlicher und sanitärer Beziehung nicht mehr den Anforderungen, welche an eine Erziehungsanstalt zu stellen sind. Da die angestellten Untersuchungen ergeben haben, datz die Fundamente des Kadettenhauses einen Aufbau bezw. das Auffetzen eines weiteren Stockwerks nicht gestatten, so würde, um das Institut für Zwecke des Kadetten⸗Corps angemessen neu einzurichten, ein um⸗ fassender Um- und Erweiterungsbau nothwendig werden, welcher nach dem aufgestellten Projekt einen Kostenaufwand von ungefähr 850 000 6 erfordern dürfte. . .
Da es gleichzeitig ein dringendes Bedürfniß ist, daß der in Culm garnisonirende Truppentheil (Pommersches Jäger ⸗Bataillon Nr. 2), welcher zum Theil in sehr mangelhaften Bürgerquartieren daselbst untergebracht ist, künftighin kasernirt werde, und da ferner ausweig⸗ lich der angestellten Ermittelungen die Gebäulichkeiten des Culmer Kadettenhauses als Truppenkasernements vollständig ausreichen, bezw. hierzu unter Aufwendung von ungefähr 5000 „ leicht eingerichtet werden können, während der Neubau einer Kaserne daselbst den Be⸗ trag von ungefähr 700 000 M in Anspruch nehmen würde. so ist die Verlegung des Kadettenhauses in Culm nach Stolp in Pommern in Aussicht genommen worden. , .
Die mit letzterer Stadt dieserhalb eingeleiteten Untersuchungen haben ergeben, daß der Militärverwaltung für Zwecke eines Kadetten hauses ein hinreichend großes Areal unentgeltlich zur Verfügung ge⸗ stellt werden kann. ;
Unter diesen Umständen erfordert der Neubau eines Kadetten hauses in Stolp in Poũ8Gmmern nicht annähernd den Kostenaufwand, welchen der Umbau des Culmer Instituts nebst Neubau eines Truppen⸗ kasernements daselbst nothwendig machen würde. .
Hierzu kemmt noch, daß Stolp in Pommein für Zwecke des Kadetten ⸗Corps ungleich günstiger gelegen ist, als das in der Nähe der Grenze befindliche Culm, welches zudem einer direkten Eisenbahn⸗ verbindung mit den meisten umliegenden Landstrichen, namentlich den⸗ jenigen westlich der Weichsel, entbehrt.
Da die Frage der Kasernirung der Gulmer Garnison eine er dringende ist, so liegt es im Interesse der Militärverwaltung, daß die