Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Dktober 1878.
Die Königliche Kreishauptmannschaft als Landes⸗Polizei⸗ behörde hat die nichtperiodische Druckschrift:
„An die jungen Leute.“ Von Peter Krapotkin. Aus
dem Franzöfischen übersetzt von Frau J. Schultze. New⸗
York, Verlag von Moritz Bachmann, auf Grund von 55. 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeingesährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 verboten.
Leipzig, den 31. Januar 1885.
Königliche Kreishauptmannschaft. Graf zu Münster.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 7. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute die Meldung des Obersten von Liebermann, Commandeurs des 2. Branden⸗ burgischen Ulanen⸗Regiments Nr. 11, und nahmen sodann den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, General⸗Lieute⸗ nants von Albedyll entgegen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz erschien gestern Vormittag 11 Uhr zur Mel⸗ dung bei Sr. Majestät dem Kaiser und König mit den Offi⸗ zieren des Inn r, dm „Königin“ (Pommerschen) Nr. 2, welche zu dem vorgestrigen Ballfest aus Pasewalk nach Berlin gekommen waren, und stellte dieselben sodann Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin vor.
Hierauf wohnte Höchstderselbe der Vorstellung derjenigen Kadetten vor Sr. Majestät dem Kaiser bei, welche in diesem Frühjahr in die Armee eintreten. .
Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin empfing ebenfalls die Offiziere des ge— nannten Kürassier⸗Regiments, sowie auch die Offiziere Höchst⸗ ihres 2. Leib⸗Husaren⸗Regiments Nr. 2, welche gleichfalls zu dem vorgestrigen Balle in Berlin eingetroffen waren.
Um 5 Uhr erschienen Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften sowie Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Christian zu Schleswig⸗ Holstein und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Victoria zum Familiendiner bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl.
Abends wohnte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz der Vorstellung im Deutschen Theater bei.
Um den Kronprinzlichen Herrschaften einen Besuch ab⸗ zustatten, waren im Laufe des Tages vorgefahren: Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Marie von Preußen, verwittwete Prinzessin Heinrich der Niederlande, und Se. Hoheit der Prinz Albert zu Sachsen⸗Altenburg, Kaiserlich russischer General⸗Major. Diese Besuche wurden von den Höchsten Herrschaften erwidert.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Tele— graphen hielten am Donnerstag Sitzung. Gestern versam— melten sich der Ausschuß sür Justizwesen sowie die vereinig⸗ ten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen. Heute traten die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen zu Sitzungen zusammen.
— Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzun⸗ gen des Reichstages und des Hauses der Abgeord— neten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (44) Sitzung des Reichs- tages, welcher mehrere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, begann das Haus die erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes.
Der Abg. Rintelen hielt es für einen Mangel des Gesetzes, daß demselben jede Reziprozität fehle.
Der Abg. Klemm sprach sich für die Vorlage aus. Was dieselbe wolle, stehe bereits im Gesetz; es solle jetzt also nur eine authentische Interpretation desselben erbracht werden.
Der Bundeskommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Gutbrod sprach sich in demselben Sinne aus.
Der Abg. Dr. Marquardsen glaubte, daß die Bedenken, welche der Abg. Rintelen erhoben habe, wohl berechtigt seien.
Die Vorlage wurde bei Schluß des Blattes an eine Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
— Se. Majestät der Kaiser haben hinsichtlich der Rekrutirung der Armee für 1885/86 das Nachstehende bestimmt:
J Entlassung der Reservisten. 1) Die Entlassung der zur Reserve zu beurlaubenden Mannschaften hat bei den⸗ jenigen Truppen, welche an den Herbstübungen Theil nehmen, am 1. oder 2. Tage nach Beendigung derselben, beziehungs— weise nach dem Wiedereintreffen in den Garnisonen stattzu⸗ finden. 2) Für das Pommersche Fuß⸗ALrtillerie Regiment Nr. 2 und das Schleswigsche Fuß⸗Artillerie⸗Bataillon Nr. 9 ist der 29. August, für alle übrigen Truppentheile der 29. September der späteste Entlassungstag der Reservisten. Das Nähere bestimmen die betreffenden General ⸗Kommandos, für die Fuß⸗Artillerie die General⸗In⸗ spektion der Artillerie.
neten Quoten zur v,, . können. Il. Einstellung der Rekruten.
Regiments Nr. 42, des 2. Niederschlesischen Regiments Nr. 47, des 7.
Regiments Nr. 60, des Infanterie⸗Regimenis Nr. 98, des
3) Die zu halbjähriger aktiver Dienst⸗ zeit eingestellten Trainsoldaten sind am 31. Oktober dieses , beziehungsweise 30. April künftigen Jahres zu ent— assen, die Oekonomiehandwerker am 29. September dieses Jahres. 4) Beurlaubungen von Mannschaften zur Disposition der Truppentheile haben an den Entlassungsterminen insoweit zu erfolgen, daß Rekruten nach Maßgabe der unter II bezeich⸗
1) Zum Dienst mit der Waffe sind einzustellen: bei den Bataillonen der älteren Garde⸗ Infanterie Regimenter, denen des 1. Rheinischen In⸗ fanterie⸗Regiments Nr. 25, des 5. Pommerschen Infanterie⸗ Infsanterie⸗ Brandenburgischen Infanterie⸗
8 Nr. 130, je 225 Rekruten, bei den übri⸗ gen Bataillonen der Infanterie, Jäger und Schützen je 190 Re⸗ kruten, bei jedem Kavallerie⸗Regiment mindestens 159 Rekruten, bei den reitenden Batterien mindestens je 25 Rekruten, bei den übrigen Feld⸗Batterien mindestens je 30 Rekruten, bei den Bataillonen des Rheinischen Fuß⸗A1rtillerie⸗Regiments Nr. 8 und des Fuß⸗A1rtillerie⸗Regiments Nr. 10 je 290 Re⸗ kruten, bei den übrigen Fuß⸗Aꝛtillerie Bataillonen und bei den Pionier⸗Bataillonen je 160 Rekruten, bei den Bataillonen des Eisenbahn⸗Regiments mindestens je 135 Rekruten, bei jeder Train⸗Compagnie zu dreijahriger aktiver Dienstzeit mindestens 16 Rekruten, zu halbjähriger aktiver Dienstzeit im Herbst 2 Jahres und im Frühjahr künftigen Jahres je 44 Re⸗ ruten.
Soweit Abgaben von gedienten Mannschaften als Kranken⸗ wärter beziehungsweise als Bäcker erfolgen, sind Rekruten in entsprechender Höhe über die vorstehend genannten Zahlen hinaus einzustellen. 2) An Oekonomie⸗Handwerkern haben sämmtliche Truppentheile mindestens ein Drittel der etats⸗ mäßigen Zahl einzustellen. 3) Für den Fall, daß bei einzelnen Truppentheilen eine Aenderung der vorstehenden Zahlen nothwendig erscheinen sollte, ermächtige Ich das Kriegs⸗Ministerium zu entsprechenden Anordnungen. 4 Die Einstellung der Rekruten zum Dienst mit der Waffe hat bei sämmtlichen Truppentheilen nach näherer An⸗ ordnung der diesen letzteren vorgesetzten General Kommandos in der Zeit vom 3. bis 7. November dieses Jahres zu er⸗ folgen; nur die für das Pommersche Fuß⸗AUrtillerie⸗Regiment Nr. 2, das Schleswigsche Fuß⸗Artillerie⸗Bataillon Nr. 9, die Unteroffizierschulen sowie die als Oekonomie⸗Handwerker aus⸗ gehobenen Rekruten sind am 1. Oktober dieses Jahres und die Trainsoldaten für den Frühjahrstermin am 1. Mai künftigen Jahres einzustellen.
— Der Transport von gesundheitsschädlichen Nahrungs- oder Genußmitteln, fertig zum Verkauf, zur Verkaufsstelle, um sie da feilzuhalten, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 109. Novem—⸗ ber v. J, als Versuch des Feilhaltens gesundheitsschädlicher Nahrungs⸗ oder Genußmittel aus 5§. 12 Ziff. 1 und Abs. 2 des Nahrungsmittelgesetzes zu bestrafen.
— Der Zusammentritt des Lehr-⸗Infanterie-Ba⸗ taillons findet in diesem Jahre am 16. April statt.
— Bei der Artillerie⸗-Schießschule hierselbst hat mit dem gestrigen Tage ein neuer Lehrkursus begonnen; zur
der Feld⸗ und Fuß⸗Artillerie kommandirt worden und hier eingetroffen.
Kiel, 6. Februar. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm ist hier eingetroffen und hat im Schlosse Wohnung genommen.
— 7. Februar. (W. T. B.) Heute Mittag fand auf der Kaiserlichen Werft der Stapellauf der Kreuzer⸗ korvette „G“ statt, welche Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm auf den Namen „Alexandrine“ taufte. Der Feierlichkeit wohnten Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich sowie die Admiralität und die Spitzen der Behörden bei. —
X
Württemberg. Stuttgart, 4. Februar. (Allg. Ztg.) Nach dem Vorgange Badens hat nunmehr auch die Königlich württembergische Regierung den Kammern einen Gesetz— entwurf, betreffend die Entschädigung für an Milz— brand gefallene Thiere, vorgelegt. Da in dem Reichs Viehseuchengesetz eine Entschädigung der Viehbesitzer für die Verluste, welche ihnen durch den Milzbrand und namentlich durch die vorschriftsmäßige Behandlung der Kadaver gefallener oder getödteter Thiere verursacht war, weder als noth— wendig noch als möglich vorgesehen ist, indem das Gesetz nur bezüglich der Thiere, welche auf polizeiliche Anordnung getödtet werden oder nach dieser Anordnung an einer Seuche fallen, eine Entschädigungspflicht statuirt, so war der Wunsch nach dem jetzt eingebrachten Gesetze in unseren landwirthschaft⸗ lichen Kreisen ein allgemeiner und ist auch schon mehrfach in der Kammer zum Ausdruck gekommen. Der Entwurf setzt die Entschädigung für alle nicht unter das Reichs-Viehseuchengesetz fallenden Verluste an Milzbrand und an den sogenannten Rausch⸗ brand auf vier Fünftel des gemeinen Werths der zu Grunde gegangenen Thiere fest. Zur Aufbringung der Entschädigung wird nicht ein besonderer weiterer Beitrag einzuführen sein, sondern es wird derselbe aus den auf Grund des Ausführungs⸗ gesetzes zum Reichs⸗Viehseuchengesetz von den Thierbesitzern zu leistenden Beiträgen zu schöpfen sein. Diese Beiträge be⸗ laufen sich auf 10 3 pro Stück Rindvieh, und die Ueber⸗ schüsse der württembergischen Centralkasse nach Leistung der auf Grund des Reichs-Viehseuchengesetzes zu gewährenden Entschädigungen sind so groß, daß daraus ohne Erhöhung der Beiträge die in dem neuen Gesetze ins Auge gefaßten Ent⸗ schädigungen für Milzbrandverluste geboten werden lönnen.
Mecklenburg. Neu strelitz, 5. Februar. (Meckl. Anz.) Der Erbgroßherzog hat sich heute Morgen an den Herzoglichen Hof zu Dessau begeben, wo die Erb⸗ großherzogin schon seit Sonnabend voriger Woche weilt, um den Hoffestlichkeiten beizuwohnen, welche anläßlich der Verlobung ihres Onkels mütterlicherseits, des Prinzen Albert von Sachsen⸗-Altenburg mit der verwittweten Prinzessin Heinrich der Niederlande stattfinden.
Elsaß ⸗ Lothringen. Straßburg, 6. Februar. (Ldes. Zig.) Den ersten Gegenstand der Tagesordnung der gestrigen Plenarsitzung des Landesausschusses bildete die zweite Le⸗ sung des Etats der Wasserbauverwaltung. Zu einer Debatte führte zunächst die in der Kommission angeregte Frage, ob es nicht angängig sei, für den Transitverkehr auf den Kanälen des Landes Gebühren zu erheben. Der Unter⸗Staatssekretär Dr. Ledderhose erklärte, daß dies mit Rücksicht auf die bestehenden Staatsverträge nicht thunlich sei. Im Uebrigen wurde der Etat ohne weitere Diskussion genehmigt. — Der nächste Gegenstand der Tagesordnung war die zweite Lesung des Etats der direk⸗ ten Steuern. Der Unter⸗Staatssekretär Br. von Mayr gab bei Beginn der Berathung im Anschluß an den im Kommissions⸗ bericht auegesprochenen Wunsch die Erklärung ab, daß im Oher⸗ Elsaß bereits Weisung ertheilt sei, bei Einziehung rückständiger Ge⸗ fälle gegenüber denjenigen Schuldnern, deren Leistungsfähigkeit erheblich unter den Einwirkungen der vorjährigen Fröste ge— litten hat, mit Nachsicht zu verfahren. Bei dem Titel „Steuerempfänger“ sprach der Abg. Grad den Wunsch nach einer größeren Berücksichtigung von Elsaß⸗Lothringern bei den Anstellungen aus. Der Unter-⸗Staatssekretär Dr. von Mayr
erwiderte, daß in dieser Beziehung bereits die weitgehendsten
Theilnahme an demselben ist eine größere Anzahl Offiziere
Konzessionen gemacht würden. Zu weiteren Debatten gab dieser Etat keinen Anlaß. Die einzelnen Positionen wurden der Vorlage gemäß genehmigt. — Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildeten die drei dem Landesausschuß zuge— gangenen Gesetzentwürfe, betreffend den Erwerb und die Be⸗ lastung der Grundstücke und Bergwerke, sowie die Einführung von Grundbüchern, betreffend Rechtsgeschäfte über Grund= eigenthum und Nießbrauch, sowie das Hypothekarwesen und betreffend die Ausstellung gerichtlicher Erbbescheinigungen und . der Amtsgerichte. Die Debatte wurde vertagt.
— T. Februar. (W. T. B.) Der Lan desausschuß hat die Vorlagen über das Hypothekenwesen, Erwerb und Belastung von Grundstücken und Einführung des Grundbuchs nach zweitägiger Debatte einer Spezial⸗ kommission überwiesen.
Oesterreich Ungarn. Wien, 6. Februar. (W. T. B) Das Abgeor dnetenhaus erledigte heute in zweiter Lesung die Congrua-⸗Vorlage unter Ablehnung aller gestern auf eine höhere Congrua⸗Bemessung gestellten Anträge; nur der Antrag Klaie wurde angenommen, wonach in den meisten Orten Dalmatiens, gegenüber der Regierungsvorlage, eine Congrua⸗Erhöhung um 50 Gulden eintritt. Nach dem von dem Berichterstatter befürworteten und angenommenen Antrage Beers tritt das Gesetz nicht successive, sondern in seiner Ge⸗ sammtheit am 1. Januar 1886 in Wirksamkeit. Die Resolution Vojnovic: daß die Regierung ein ähnliches Gesetz auch für den griechisch⸗-orientalischen Klerus einbringen solle, wurde angenommen.
Pest, 5. Februar. (Wien. Abdp.) Die liberale Partei des Reichstages berieth heute Abend die Vor⸗ lage, betreffend die Vermehrung der Bezirksgerichte,
und nahm dieselbe nach kurzer Debatte im Allgemeinen und
Speziellen an.
— 6. Februar. (W. T. B.) Das Abgeordneten⸗ haus genehmigte heute mit 229 gegen 140 Stimmen das Budgetgesetz für das Jahr 1885.
Großbritannien und Irland. London, 6. Februar. (W. T. B.) Ein amtliches Communiqué besagt, daß die Regierung dem General Wolseley völlige Frei⸗ heit des Handelns gebe und ihm die Zusicherung mache, daß ihm jede von ihm für nothwendig erachtete Unterstützung, sei es durch die Absendung von Truppen nach Suakin und Berber, sei es auf eine andere von ihm anzugebende Art und Weise, gewährt werden solle. Das Communiqué fügt hinzu: General Wolseley werde selbstverständlich alles Mögliche thun, um Gordon zu befreien, wenn er noch lebe.
Eine neuere Depesche des Generals Wolseley bestätigt die bereits bekannten Einzelheiten über die Mission Wil sons und fügt hinzu: auf dem Regierungsgebäude in Khart um, welches zerstört zu sein scheine, habe keine Fahne geweht. An Bord der Steamers seien nur ein Mann ge⸗ tödtet und fünf verwundet worden. Ueber das Schicksal Gor⸗ dons liefen sehr verschiedene Gerüchte um; Einige sagten, er habe sich mit einigen Griechen in einer Kirche eingeschlossen. Der Fall Khartums habe die Shukriyeh-Stämme veranlaßt, zu dem Mahdi überzugehen, beide Nilufer seien somit feindlich geworden. Ein Bote des Mahdi habe Wilson am 29. Januar eingeholt; der Mahdi habe ihn und die Engländer in seiner Begleitung auffordern lassen, sich zu ergeben und Muhamedaner zu werden, sonst werde er sie vernichten. Man sage, Farag Pascha habe den Truppen des Mahdi die Thore Khartums verrätherischer Weise ge⸗ öffnet. Von Korti her sei Zufuhr von Proviant in Gubat eingetroffen; die Streitkräfte der Aufstän— dischen in Metamineh würden auf 2000 bis 3000 Mann geschätzt. General Wolseley sende Boten aus, um Nähe— res über das Schicksal Gordons in Erfahrung zu bringen.
Dem „Reuterschen Bureau“ ist aus Loan da eine Nachricht, vom 15. Januar d. J., zugegangen, der zufolge die Portugiesen die Mündung des Congo besetzt und daselbst vier Kriegsschif fe stationirt haben. Die hollän— dischen und andere Handelshäuser protestirten hier— gegen. Die englischen Kriegsschiffe „Forward“ und „Rapid“ befanden sich zur Stelle.
— 7. Februar, früh. (W. T. B.) Die Morgen⸗ blätter sprechen über den Beschluß der Regierung, dem General Wolseley völlige Freiheit des Handelns zu geben, ihre Befriedigung aus und betonen die Nothwendigkeit, Gordon um jeden Preis Hülfe zu leisten. Die Antwort des Generals Wolseley wurde Nachts erwartet. Heute findet wieder eine Kabinetsberathungz statt.
Frankreich. Paris, 5. Februar. „Temps“ bringt nachstehende Note:
(Fr. Corr.) Der „Wir glauben zu wissen, daß der Vertrag, welcher die respektiven Grenzen Frankreichs und der internationalen afrikanischen
Gesellschaft am Congo bestimmt, heute von Hrn. Jules Ferry und dem Staats⸗weinister Pirmez, dem privaten Ver⸗ treter des Königs der Belgier, unterzeichnet werden wird, Das Einvernehmen zwischen Frankreich und der Gesellschaft ist definitiv hergestellt. Die Grenze zwischen den Besitzungen Frankreichs Und der Gesellschaft geht: I) längs des Flusses Tschiloango, 2) des Höhenzuges, welcher das Becken des Tschiloango von dem des Congo trennt, 3) längs des Congo von Manyanga ab, 4 der Mittelinie von Stanleypoel, 5) des Kongo bis zu einem noch zu bestimmenden Punkte ziwbischen dent Aequator und dem 1 Grad N. B., so zwar, daß das Becken des Liona den französischen Besitzungen zufalle. Frankreich erkennt in diesem Vertrage die Gesellschaft gleich den anderen Mächten an, des Weiteren die Fahne der Gesell⸗ schaft als die eines Frankreich befreundeten Landes. Die Lösung der noch offenen Frage zwischen Frankreich und der Gesellschaft wird nur noch von der Erledigung der gleichen zwischen Portugal und der Gesellschaft bestehenden Frage ab⸗ hängen. Frankreich wird fortfahren, der Gesellschaft zu dieser Regelung seine guten Dienste zu leisten.
— 56. Februar, Abends. (W. T. B.) Das von der „Times“ gemeldete Gerücht von dem Ausbruch einer Meuterei unter den französischen Truppen vor Kelung wird von der „Agence Havas“ als unbegründet be⸗ eichnet.
, IJ. Februar. (WB. T. B) General Brière de l'Isle meldet in' einer Depesche aus Dongsong, von gestern, daß die französischen Truppen am 5. d. M. Mittags eine aus 3 Forts bestehende Béestigung, welche das befestigte Lager bei Dongfong beherrschte, angegriffen und genommen hätten. — In einer weiteren
e J —
e wird hinzugefügt, daß das ganze be⸗ Dine n gh der chine sischen Armee bei Dongsong h bie Hände der Franzosen gefallen sei. Die Chinesen seien auf die Mandarinen⸗Straße zurückgeworfen norden, und die franzoösischen Truppen besänden sich nur noch 2 Tagemärsche von Langson entfernt, seien aber ge⸗ nöthigt, Halt zu machen, um sich zu erholen und mit Lebens⸗ mitteln zu versehen. Der Verlust der Franzosen sei
nur gering. alien. Rom, 6. Februar. (W. T. B.) In der heutißen Sitzung der Deputirten kammer wurden ver⸗ schiedene Anfragen über die Verpflichtung Italiens gegenüber England, über die Lage Italiens in Folge des alles von Khartum und Aehnliches eingebracht. Der Ninister des Aeußern, Mancini, wird sich morgen äußern, zb und eventuell wann er diese Fragen beantworten wird.
Die zweite Expedition nach dem Rothen Meere, welche gegenwärtig in Vorbereitung ist, wird sich zu Neapel an Bord des „Vincenzo Floxio“ vom 9. d. M. ab einschiffen und soll am 11. d. M. in See gehen. Gleich⸗ zeitig sollen die für die erste Expedition bestimmten Trans⸗ vortlhiere und sonstiges, zur Vervollständigung der Lusrüstung gehöriges Material an Bord des „Principe Ama deo“ eingeschifft werden, ;
Der neue belgische Gesandte beim Vatikan, Baron Pit teurs, hat heute dem Pa pst in feierlicher Audienz sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Nach der offiziellen Ceremonie hatte der Papst noch eine Unterredung mit dem Gesandten, welcher später dem Kardinal-Staatssekretär Ja⸗
chbini seinen Besuch abstattete.
Rumänien. Bu kgrest. 6. Februar. (W. T. B.) Der Gesandte in Brüssel, Vacaresco, ist in gleicher Eigenschaft nach Rom versetzt worden.
Türkei. Konstantinopel, 7. Februar. (W. T. B.) Der frühere Metropolit von Erzerum, Harantiun, ist an Stelle von Narses zum Patriarchen von Armenien ge⸗ wählt worden.
Schweden und Norwegen. Christiania, 3. Fe⸗ bruar. Die bei der Eröffnung der 34. ordent⸗ lichen Storthingssession von dem Kronprinzen verlesene Thronrede hat folgenden Wortlaut:
Gute Herren und norwegische Männer! Unser Verhältniß zu den fremden Mächten ist andauernd das beste. Der Friede, dessen Erhaltung Gegenstand der Bestrebungen der Mächte ist, hat gemein schaftlich Arbeiten zur Förderung cipilisatorischer Unternehmungen gestattet. In diesem Sinne habe ich eine Einladung erhalten, welche die Kaiserlich deutsche Regierung nach Uebereinkunft mit der Regterung der französischen Republlk zu einer Konferenz, be⸗ treffend Maßnahmen zur Beschützung des Handels und der Schiffahrt auf den großen Flüssen Westafrikas, hat er⸗ gehen lassen. Es sind auch Verfügungen getroffen wor⸗ den, denen gemäß die vereinigten Reiche an den Verhandlungen Theil nehmen werden, welche wichtige internationale Verbindungen vollständiger und fruchtbringender zu machen bezwecken.
Es gereicht meinem Herzen zur Befriedigung, Ihnen mitzu—
theilen, wie lief ich die Zunahme des Familienglücks empfinde, das mir und meinem Hause seit unserm letzten Beisammensein durch die Geburt eines geliebten Enkels beschieden ist. . Die Bedingungen sind schwer, unter denen unser Volk sich zu immer vollkommneren Gesellschaftszuständen emporarbeiten muß. Es sst aber meine feste Hoffnung, daß die Schwierigkeiten durch gegen seitiges Vertrauen und dadurch werden überwunden werden können, daß das Land durch seine Repräsentanten dazu seinen Beistand ge— währt. Ich rufe diesen an.
Mehrere Angelegenheiten erfordern gesetzliche Regelung. Ent— würfe werden zu diesem Zwecke dem Storthing vorgelegt werden. Durch dieselben wird bezweckt, einem gleichmäßigen Fortschritt in ver schiedenen Richtungen mit Anschluß an das Bestehende und mit be— rechtigtem Glauben an die Zukunft, die Wege zu bereiten.
Ich richte die Aufmerksamkeit auf einen Entwurf zu einem Gesetz wegen Errichtung einer Postsparbank, eingerichtet in wesentlicher llebereinstimmung mit ähnlichen Anstalten in andern Ländern, die glücklich die Probe bestanden haben.
Der Entwurf zu einem neuen vollständigen Gesetz, betreffend das Hafen⸗, Seezeichen⸗ und Läutewesen, welcher im vorigen Storthing nicht zur Behandlung kam, wird wieder vorgelegt werden.
Zur Begutachtung der ruhenden Fragen, betreffend die Armee— organisation und die Dienstpflicht, habe ich cine Kommission nieder- gesetzt. Diese arbeitet fortgesetzt. Es wird ein Eatwurf zu einem Besetz, betreffend die Dienstpflicht und die Ansschrelbung, vorgelegt werden der in seinen Haupipunkten begründet ist auf einem Beschluß des 30. ordentlichen Storthings, betreffend ein Gesetz über denselben Gegenstand, mit den Abänderungen, wozu später stattgehabte Erwä⸗ gungen veranlassen möchten.
In der Thingversammlung wird gleichzeitig ein Königlicher Vor⸗ schag eingebracht werden können, betreffend die durch Gesetz zu ge— währende Ermächtigung zur successiven Errichtung von Pensionskassen
für Beamte, sowie für Bedienstete.
Von einer Kommission ist ein Entwurf zu einem Gesetz, be⸗ treffend das Gerichtsverfahren in Strafsachen, ausgearbeitet. Ein so bedeutungtvolles und in die Verhältnisse tief eingreifendes Gesetz⸗ gebungswerk erfordert forgfältige Erwägung, und etz ist mein Wunsch, daß diese Frage nach reifer Vorbereitung unter dem Zu⸗ jammenwirken beider Staatsmächte eine für das Vaterland glückliche Lösung erhalten möge.
-. Zur Beförderung der Entwickelung des Landes werden mehrere neue Bewilligungsvorschläge dem Storthing unterbreitet werden. Es sind die Forderungen für die fortschreitende Aufklärung und die Aushülfe der Erwerbszweige, welche hier in den Vorder⸗ srund, treten. Außerdem hat die Rücksicht auf die Wehrkraft des Landes und seine Stellung in der Union es mir zur pllicht gemacht, die Billigung verschiedener Veranstaltungen auf dem Gebiete des Vertheidigungswesens zu fordern. Einzelne andere Fragen, auf die das Interesse der Allgemeinheit sich gerichtet hat, namentlich wegen einer planmäßigen Entwickelung des Kommunikationswesens in seinen wichtigeren Verzweigungen ö. nur zur vorbereitenden Behandlung gebracht werden können, um päter die Lösung mit Zustimmung des Storthings in der Auedeh— nung zu versuchen, wie ihre Bedeutung für die Ällgemeinheit es er⸗ erfordert und datz Vermögen deß Landes gestattet. . Die finanzielle Lage des Staates ist gut; trotz der theilweise bwierigen Verhältnisse, in welchen einzelne unserer Erwerbszweige befinden, gestattet dieselbe, daß wir getrost an unsere Arbeit gehen können. Die Kraft des Landes wird nicht weniger als seine nstitutionen mit Gottes Beistand den Aufgaben gewachsen sein, welche wir uns stellen müssen. ble Ich erflehe den Segen des Herrn über Ihre Thätigkeit und ver ⸗ . Ihnen, gute Herren und norwegische Männer, mit aller König en Huld und Gnade wohlgewogen. Gegeben Schloß Stockholm, den 28. Januar 18865. 8 O scar.
6i Afrika. Egypten. Kairo, 6. Februar. (W. T. B.) n Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet;
eber die Einzelheiten bei der Befetzung von Beilul verlautet, daß die Italiener die egyptifchen Truppen entwaffneten und auf einem italienischen Dampfer nach Ras⸗
— —
sovah schickten. An Bord des Dampfers wurden den Egyp⸗ tern die Waffen zurückgegeben und überreichte der italienische Befehlshaber dem egyptischen eine schristliche Erklärung, durch welche der Empfang eines von dem egyptischen Be⸗ fehlshaber gegen die Besetzung gerichteten Protestes bestä⸗
tigt wird.
— (Allg. Corr.) Die bekannte Depesche des Gene⸗ rals Wolseley wird durch folgenden Bericht der „Pall Mall Gazette“ ergänzt: „Sir Charles Wil son begab sich mit einer auserlesenen Anzahl von Begleitern von Me⸗ tammeh am 24. Januar in drei Dampfern Gordons nach Khartum. Er kam vor der Stadt an, nur um erfahren zu müssen, daß dieselbe zwei Tage vor seiner Ankunft in die Hände des Mahdi gefallen sei. Da Sir Charles Wilson Metammeh am 24 verließ, und Khartum auf dem Wasserwege in 36 Stun⸗ den erreicht werden kann, so scheint es, als ob Khartum un⸗ gefähr an jenem Tage, als General Gordons Dampfer in der Nähe von Shendy recognoscirten, in die Hände des Feindes gefallen sei. Ob dies durch Verrath oder offenen Angriff geschah, hat bisher noch nicht ermitttelt werden können. Sir Charles Wilson fand Khartum durch eine ungeheure Masse von Arabern besetzt, deren heftiges Feuer es den Dampfern unmöglich machte, sich der Stadt zu nähern. Er war daher außer Stande, Nachrichten in Bezug auf das Schicksal des Generals Gordon einzuziehen. Bei der Rückfahrt, den Fluß hinab, strandeten zwei der Dampfer auf einer Insel, wo Sir Charles Wil— son mit der Mannschaft und“ der kleinen Eskorte in einem verschanzten Orte zurückgelassen wurde, während sie jedoch zu gleicher Zeit den Angriffen des Feindes von beiden Seiten ausgesetzt waren. Oberst Stuart Wortley brachte die Unheilsnachricht nach Metammeh, worauf sofort ein Dampfer abgesandt wurde, um Sir Charles Wilson und seine braven Kameraden heimzuholen.“
— (W. T. B.) Eine dem „Reuterschen Bureau“ aus der Nähe von Metammeh, vom 28. v. M., zugegangene Depesche meldet: General Wolseley hat am 23. Januar folgende Proklamation an die Notabeln und die übrigen Einwohner von Metammeh und den benachbarten Ortschaften erlassen: Die englische Regierung hat mich mit einer Armee entsandt, um den Frieden herzustellen, nicht um Steuern zu erheben oder Jemandem irgend etwas Böses zuzufügen. Ich werde alle Lebensmittel, die ich nöthig habe, bezahlen und die Versprechungen Gordons ausführen. Wir werden nur die⸗ jenigen strafen, welche es verdienen, und wir fordern alle auf, sich zu unterwerfen und nicht auf böswillige Rathgeber zu hören. Kommet in mein Lager, um meine Offiziere zu be— suchen; es wird euch Niemand mißhandeln, weder beim Kommen noch beim Gehen!
Zeitungsstimmen.
Dem Reichskanzler ist, wie die „Norddeutsche All⸗ gemeine Zeitung“ mittheilt, aus Querfurt folgendes K zugegangen:
„Der heute zahlreich versammelte landwirthschaftliche Verein für Querfurt und Umgegend beehrt sich, Ew. Durchlaucht wärmsten ehr⸗ erbietigsten Dank auszusprechen für die in Aussicht gestellte Erhöhung der Zölle zum Schutz der gefährdeten Landwirthschaft.“ .
— Ueber die Getreidezölle äußern sich die Preußischen Jahrbücher“ in folgender Weise:
„Der deutsche Grundbesitz ist bei der bei uns vorherrschenden Art der Vererbung nothwendig zum sehr großen Theil mit Geld— schulden behaftet. Er kann sie tragen, wenn die Bedingungen, unter denen diese Schuldverhältnisse geschaffen sind, dieselben bleiben. Er kann es nicht, wenn sie sich zu seinen Ungunsten verändern. Hat Letzteres denn nun thatsächlich stattgefunden? Es kann darüber kein Zweifel bestehen. Die Wollproduktion, die früher eine Haupt⸗ einnahme bildete, ist schon seit einiger Zeit durch die Konkurrenz Australiens ruinirt, der Weizen, als dessen normaler Engrospreis für die Tonne ehedem etwa 200 „ galt, kostet jetzt 150 „, trotz des Zolles von 10 0 Der Spiritus, der noch vor einiger Zeit 60 . kostete, als dessen Normalpreis etwa 55 υ angesehen wurde, gilt jetzt 42 46; noch frappanter wird der Niedergang, wenn man, wie es geschehen muß, die 15 M Steuer, die in diesen Preis einge⸗ schlossen sind, abzieht; dann ergiebt sich ein Rückgang von etwa 40 V6 auf 27 M, also um ein Drittel. Noch stärker ist es beim Zucker: er ist zurückgegangen von 32 auf 20 oder nach Abzug von Fz „ Steuer von 24 auf 12. also auf die Hälfte. Einen auch nur annähernden Ersatz durch Mehrproduktion oder andere Objekte, Fleisch und Handelsgewächse hat sich die Landwirthschaft nicht ver⸗ schaffen können. Einiges ist selbstverständlich in dieser Richtung ge⸗ schehen, aber bei Weitem nicht genug. Im Gegentheil, die bedeutende Steigerung der Arbeitslöhne, das Steigen der Kommunallasten hat noch die Produktionskosten vermehrt. Ein Nothstand ist also un⸗ zweifelhaft vorhanden. Die Frage ist: Soll der Staat sich ein mischen, oder Personen, die sich unter den neuen Verhältnissen nicht zu halten vermögen, untergehen lassen, damit neuere stärkere Wirthschaften an die Stelle der alten treten. Die Konjunkturen sind den Konsumenten günstig, warum soll der Staat sie diese Gunst nicht genießen lassen, sondern sie zwingen, die alten Preise den Produzenten weiterzuzahlen? Wir sagen: er soll es deshalb, weil nicht blos die Produzenten, sondern auch die Konsumenten von einer solchen Umwälzung viel mehr Schaden als Nutzen leiden würden. Ja, wenn mit einem Schlage alle Landwirthe, die ihr Anwesen nicht mehr zu halten vermögen, beseitigt wären und andere Besitzer an ihre Stelle getreten, so möchte die Frage zweifelhaft erscheinen. Auch dann würde man immer noch sagen müssen, daß ein hohes politisches Interesse vor⸗ handen sei, nicht Tausende, sondern Hunderttausende von Familien, in denen gewisse Sitten und Anschauungen forterben, untergehen und andere an ihre Stelle treten zu lassen, in denen ein bestimmter, sich selbst und dem Volke Halt gebender Sinn eist gebildet werden soll. Aber rein wirth⸗ schaftlich müßte man vielleicht sagen: was die Einen verlieren, haben die Anderen gewonnen, der Nationalwohlstand ist derselbe geblieben. So vollziehen sich aber in der Wirklichkeit solche Umwälzungen nicht. Durch Einschraͤnkungen von allen Seiten, erst im eigenen Konsum, dann auch in den Aufwendungen auf seinen Betrieb, sucht der einzelne Landwirth sich so lange als möglich zu halten in der Hoff— nung auf bessere Zeiten. Dieser sich durch viele Jahre hinziehende Todes kampf eines großen, des größten aller unserer Stände würde auch auf die anderen Produktionszweige eine vernichtende Rück wirkung ausüben. In dem Augenblick, wo die Landwirthe zurück- gehen, leiden auch Industrie, Handwerk und Kaufmannschaft mit einziger Ausnahme des Exports. Wo ist nun also der Konsument, der von der großen Verbilligung der agrarischen Produkte Vortheil hat? Dieser Konsument ist, sofern er nicht Rentier ist, seinerseits wieder Produzent und auf den Landmann als seinen Konsumenten angewiefen. Jede starke Verschiebung an einer Stelle wirkt störend auf den ganzen Zusammenhang. Werden die Lebensmittel zu billig, dann hat der Arbeiter, der seine Arbeit verliert, größeren Schaden davon als der Landmann. Diese populäre Argumentation ist durch- aus richtig und nur deshalb von der alten freihändlerischen Schule verkannt worden, weil diese die Dinge immer in abstracto, sozusagen im luftleeren Raume betrachtete, ohne die Friction der Wirklichkeit zu beachten, welche oft einen stärkeren Einfluß ausübt, als
das Prinzip. Die alte Freihandelsschule sagte sich: verdient der Landmann weniger, so verdlenen Andere darum um so viel mehr und sind darum besser daran, z. B. bat der Arbeiter alle seine Bedürf nisse so viel billiger. Ce wird also um ebenso viel konsumtiongs⸗ fähiger, als der Landmann schwächer wird in der Konsumtion. Die anderen produzirenden Stände haben höchstens den Nachtheil davon, in den Gegenständen ihrer Produktion nach der wechselnden Abnahme eine entsprechende Aenderung vorzunehmen. Das ist prinzipiell richtig. In der Praxis ist die Sache aber ganz anders, weil sie sich unter starker Reibung vollzieht. Der Landmann schränkt sich zunächst ein und entzieht dadurch der Industrie so viel, macht so viele Arbeiter brotlos, daß der allgemeine Notbftand da ist, ehe der Kapitalist und der Zwischenhändler, die an sich vielleicht gewianen, zu der verstärkten Konsumtion gelangen, die den Ausfall bei den Landwirthen ersetzen soll. Mit der Zeit würde ja sich das auegleichen, aber diese Uebergangszeit würde allen Ständen so große Nachtheile bringen, daß sie thatsächlich besser dabei fahren, wenn sie sich ent⸗ schließen, freiwillig dem Landmann die alten höheren Peeise weiter zu zahlen, und eine solche Vereinbarung heißt in Gesetzesform: Schutz zoll. Ganz dieselbe Argumentation ist gegen den Satz, man vertheuere durch agrarische Zölle nothwendige Lebensbedürfnisse, ins Feld zu führen. Es handelt sich nicht um Vertheuerung, sondern um das Verhindern einer Verbilligung Das ist ein sehr großer Unterschied. Zunächst kommt bei sehr starken Preisniedergängen nur ein Theil davon dem Publikum zu Gute. Ein guter Theil bleibt bei den Zwischenhändlern hängen, da das Publikum naturgemäß bei den schon billigen Preisen nicht so genau darauf achtet, ob sie wirk⸗ lich ganz so tief heruntergehen, wie sie müßten. Aber selbst wenn Alles dem Publikum, den Konsumenten zu Gute käme, so wäre es ganz etwas Anderes, ihm diese Vortheile vorzuenthalten, oder ihm durch Vertheuerung einen positiven Nachtheil zuzufügen. Letzteres wäre ein ebenso schwerer wirthschaftlicher wie politischer Fehler. Vertheuerung heißt: Verschiebung der Einkommen ⸗ und Besitzverhältnisse großer Klassen, und jede solche Verschiebung be⸗ deutet Umwälzung und Stockung in einer Reihe von Produktionen und damit große Verluste am Nationalvermögen. Dag höchste sozial⸗ politische Ziel der wirthschaftlichen Gesetzgebung muß sein: hinzu—⸗ wirken auf möglichste Erheltung (unter gleichmäßig fortschreitender Besserung) der bestehenden Besitz. und Einkommensverhältnisse. Dazu gehört auch Verhinderung einer zu starken Verbilligung auch der gewöhnlichen Lebensbedürfnisse. Dies und nicht mehr wird auch in der That, zum Wenigsten von der Regierung erstrebt“.
— Der „Schlesischen Zeitung“ wird aus Oppeln geschrieben:
. Seitens des Oppelner land. und forstwirthschaftlichen Vereins ist die Absendung nachstehender Adresse an den Fürsten Reichskanzler beschlossen worden:
„Ew. Durchlaucht haben wie schon früher, so besonders auch in der Reichstagssitzung vom 8. Januar d. J., die wahren Interessen der deutschen Landwirthschaft mit so warmem Herzen verfochten und die Auslassungen gegen die zur Förderung dieses wichtigsten Gewerbs⸗ zweiges theils schon gethanen, theils noch geplanten Schritte, welche ihre Erklärung nur in völliger Verkennung der that sächlichen Verhältnifsse finden können, in so glänzender Weise widerlezt und in ihr Nichts zurückgewiesen, daß dies vie Herzen aller Landwirthe in den weiten deutschen Landen mit Freude und Dank erfüllen muß. Gestatten Ew. Durchlaucht den unterzeich⸗ neten Mitgliedern des Oppelner land.! und forstwirthschaftlichen Vereins, ihrerseits diesen Gefühlen der Freude und des Dankes Aus- druck zu verleihen, mit der Versicherung, daß sie den Ausführungen Ew. Durchlaucht in der gedachten Sitzung Über die Lage und die Bedürfnisse der Landwirthschaft aus vollster Seele zustimmen und mit dem tiefgefühlten Wunsche, daß auch der deutschen Landwirth⸗ schaft durch Gottes Güte die Fürsorge Ew. Durchlaucht noch lange Jahre erhalten bleiben möge.“
Neichstags⸗ Angelegenheiten.
Die XIV. Kom mission des Reichstages zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend den Beitrag des Reichs zu den Kosten des Anschlusses der freien Hansestadt Bremen an das deutsche Zollgebiet, hat sich wie folgt kon⸗ stituirt: Staudy, Vorsitzender; Frhr. von Huene, Stellvertreter des Vorsitzenden; Dr. Witte, Schriftführer; Brömel, Stellvertreter des Schriftführers; Gebhatd, Gielen, von Kardorff, Meier (Bremen), Dr. Meyer (Halle), Erbgraf zu Neipperg, Reindl, Ahlimb, Frhr. von Schele, Graf von Schlieffen.
von Saldern⸗
Landtags⸗Angelegenheiten.
Am 5. d. M. ist der Schloßhauptmann von Schwedt, König⸗ liche Kammerherr Alexander von Buch, auf Schloß Stolpe bei Angermünde gestorben. Derselbe war in das Herrenhaus am 2. Januar 1871 auf Präsentation des Verbandes des alten und des befestigten Grundbesitzes im Landschaftsbezirk Uckermark berufen worden.
Die XII. Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Veräußerung und hypothekarische Belastung von Grundstücken im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts hat sich folgender maßen konstituirt: Dr. Reichensperger (Olpe), Vorsitzender; Dr. von Cuny, Stellvertreter des Vorsitzenden; Westerburg, Schriftführer; Lehmann, Schriftführer; Simon von Zastrow, Dr. Andrge, Korsch, Menken, Gescher, Broekmann, von Eynern, von Bismarck (Flatow), Dr. Martinius, Jensch.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 25. Januar bis inel. 31. Januar d. J. zur Anmeldung gekommen: 200 Eheschließungen, 944 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene und 615
Sterbefälle. Land⸗ und Forstwirthschaft.
Zur Ergänzung der in der Dienstags⸗Nummer nach der Neuen Preußischen Zeitung“ gegebenen Rotiz über die auf Anregung meck!en⸗ burgischer Landwirt he an den Reichstag abgesandte Petition, betreffend Erhöhung der Getreidezölle, mag noch bemerkt werden, daß dieselbe 15 609 Unterschriften aufzuweisen hat. Sie ift unterschrieben aus 407 domanialen resp. städtischen oder Kloster⸗ Bauerndörfern, aus 361 Rittergütern, 215 Pachtungen, sowie aus 27 Städten und Flecken. Beachtenswerth ist dabei, daß die Petition nicht etwa von konservativen Parteiführern und mecklenburgischen Großgrundbesitzern, sondern von Pächtern und Schulzen angeregt und gefördert worden ist, und zwar durchaus spontan und ohne Agitation. Ueberreicht wurde die Petition durch den Abg. Landdrosten von Wrisberg.
Gewerbe und Handel.
St. Petersburg,. 2. Februar. Der „Regierungs⸗ Anzeiger vom heutigen Tage enthält nachstehende amtliche Bekanntmachung über die Aenderung des Zolltarifs:
„Der Reichsrath hat nach Prüfung einer diesbezüglichen Vorlage des Finanz⸗Ministers sich gutachtlich dahin geäußert, daß in Ab- änderung einiger der bisher bestehenden Zolltarifsätze fortan zu be⸗ steuern seien: ö
J. a. Häringe,. gesalzene und geräucherte, Stockfisch und jeder andere getrocknete oder an der Luft gedörrte Fisch — mit 22 Kopeken
Gold pro Pud Brutto.