1885 / 39 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Feb 1885 18:00:01 GMT) scan diff

gepflegten Schilderung des feuchten Elements den vollen Schein der Wirklichkeit zu erreichen, in dem Festhalten der eigen thümlichsten Licht. und Läftstimmungen bis fast an die Grenze des Möglichen vorjudringen. Was der Kunst Aiwasowgkni'z aber fehlt, ist die innere Vertiefung in den Gegenstand der Darstellung und das feinere Empfinden für das intime Leben der Natur. Wie seine Schilderungen an der Ober⸗ flãche der 24 hatten bleiben, so zeigen sie eine bis zur Un— leidlichkeit gestelgerte Sucht, die Wirkung des Kunstwerks nicht auf seine ven innen heraus überzeugende Wahrheit, fondern vielmehr auf die denkbar forcirtesten äußeren Effekte zu gründen. Bei größter Mannigfaltigkeit der behandelten Motive wirkt die Produktion des Künftlers daher in hohem Grade einförmig, und dies umsomehr, als mit der reiflachenden Auffassung eine mangelnde Durchbil dung und eine manierirte Vortragäweise Hand in Hand gehe. Die so häufig gegen den genialen Ed. Hildebrandt erhobenen Vorwürfe sind hier in ungleich höherem Maße am Platz. nur mit dem Unter- schied, daß das Können oft genug hinter dem Wollen erheblich zurück⸗ bleibt. In Bezug auf rie rein melerischen Ausdrucksmittel fehlt es dem Künstler an der freien und sicheren Beberrschung der Farbe. In den heller getönten Bildern, unter denen sich die weitaus ge⸗ lungensten finden, siebt man über ihre Keaftlosiakeit am leichteflen hinweg, sofern nicht etwa, wie bei der Flotte des Terxes bei Salamis, eine grelle Buntheit den mangelnden Reichthum der Palette zu ersetzen sucht; schwer und hart wirkt sie dagegen da, wo tiefe und satte Tönungen erstrebt werden, wie etwa in der Küfte von Trapejunt mit einer aus dunklen Baumgruppen hervor ragenden Moschee. Noch empfindlicher indeß als diese kolo= ristische Schwäche ist der Mangel an Kraft der Auffassung, der da zu Tage wnitt, wo die Aufgabe die bildliche Herausgestaltung eines bedeutenderen Inhalts, die Veranschaulichung der entfesselten Gewalt der Elemente oder die Darstellung eines historischen Bor— gangs im Rabmen der landschaftlichen Scenerie fordert. Wird schon in dem Bilde eines Felssturzes die Wirkung des hochgehenden trang— parenten Wassers, auf dessen Schilderung sich der Maler am besten versteht, durch die kleinliche Bebandlung der splitternden S einmassen beeinträchtigt, so konnte dem Bilde, das die Schrecken eines Stur met im Schwarzen Meere schildert, kaum eine unglücklichere, den Ernst der Situation dürftiger ausprägende Staffage gegeben werden, als das ängstlich die Klippen emporkletternde Figürchen eines Schiff— brüchigen, das der ärinsten künstlerischen Phantasie entstammt. In ganz ähnlicher Weise fehlt es dem kolossalen Gemälde, das die Lan.˖ dung des Columbus auf San Salvador darstellt, an jedem tiefergehenden historischen Ernst der Auffassung Mit seinen theatralisch bewegten Figuren und mit dem rosigen Licht, das auf die Gruppen der Landenden und auf die weiter zurück ankernden Schiffe fällt, das die blauen Wogen streist und den Urwald der Küste durchschimmert, erzielt es eine durchaus opernhafte Wirkung, die nichts von der beabsichtigten poetischen Größe des Ausdrucks hat. An denselben Eindruck streifen, trotzdem sie in der ganzen Anlage der Komposition eines gewissen kühnen Wurfs nicht entbehren, die beiden anderen Columbusbilder, ein Schiffsbrand in dunkler durch den wolkenverhüllten Mond kaum erhellter Nacht und ein dem Schiff jähen Untergang drohender Sturm auf hoher See. Aber auch vor einfacheren architektonisch⸗landschaft⸗ lichen Scenerien, wie vor dem Palazzo Cafa Dora mit den in grünlichem Licht schimmernden Fagaden, vor der aus dunstiger Luft auftauchenden Moschee Top⸗Gane in Konstantinopel, bei dem Blick auf die von blaugrünem Mondlicht übergossene Promenade des Anglais zu Nizza zc. fühlt sich der Beschauer unwillkürlich an Bühnendekorationen erinnert, die durch gekünstelte Effekte den Ein druck der einfachen Natur zu übertrumpfen suchen. Die letztere in ihrer ruhigen, alltäglichen Erscheinung vorzuführen, un sernimmt Aiwasowsti nur selten einmal, und bei der Richtung seinet Kunst ist es nicht zu verwundern, daß er dann über eine nüchterne, inhaltleere Illustration am wenigsten hinauskommt. Um sich als Maler zur Geltung zu bringen, bedarf es des Ungewöhnlichen und Ueberraschenden, der durch inter essante Seltsamkeit frappirenden Motive, Tie er in den unter besonderen Bedingungen sich über dem Wasser entwickelnden eigenthümlichen Licht- und Luftphänomenen findet und mit auß— gesprochener Vorliebe studirt. Hier ist er auf seinem eigensten Gebiet, und hier gelingt es ihm, sofern er sich auf die Schilderung des Wassers selber ohne Staffage und reichere landschaftliche Scenerie sowie auf die Wiedergabe jener atmosphärischen Vorgänge, der seltsamen Beleuchtungseffekte unmittelbar vor und nach Sonnenauf und Niedergang, der auf den Wellen lagernden oder eben unter dem Einfluß des warmen Lichts sich lösenden Nebelschleier 2c. beschränkt, den Beschauer durch einen allerdings nicht immer rein künstlerischen, sondern zugleich stofflichen Reiz zu fesseln. In der Gruppe derartiger Bilder begegnet man denn auch ab zu zu, wie etwa in der Aussickt auf das gegen das Felsenufer fluthende Schwarze Meer mit den wie dunstiges Gewölk über die Fläche der See wallen den weißlichen Nebeln, einem Werk, das nicht blos durch die virtuose Behandlung, sondern auch durch lebendige Erfassung eines eigenartigen landschaftlichen Charakters anzieht. Nicht felten aber verwechfelt der Känstler, was freilich begreiflich genug erscheint, gerade bei solchen Motiven die Anferderungen der Studie und die der bildmäßigen Wirkung in so hohem Grade, daß er trotz der forgfältigen Durch— führung doch keineswegs ein abgerundetes, in sich selber rubendes Gemälde, sondern eben nur die Vorarbeit zu einem solchen bietet.

Bayerisches Gewerbemusenm Nürnberg.

Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen.

Zu den anziehendsten und interessantesten Partien der am 15. Juni zu eröffnenden internationalen Ausftellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen in Nirnberg wird sicher die historische Abtheilung gehören, die eine alle Erwartungen übertreffende Ausdehnung und Bedeutsamkeit gewonnen hat. Schon der Raum, in welchem dieselbe hauptsächlich untergebracht wird, der große Mit⸗ telraum des Ausstellungsgebäudes, wird durch Zusammenwirken der Edelmetallschläger, Blattmetall⸗, Bronze und Bronzefarbenfabrikanten Nürnbergs eine an Glanz und Farbenpracht asse übrigen Räume über⸗ ragende Ausstattung erhalten; er wird als „goldener Saal“ an sich ein Gegenstand der Bewunderung sein. Roch ungleich werth⸗ voller und sehenswerther aber wird der Inhalt dieses gol⸗ denen Saales werden. Hier wird man auf einem ver haltniß⸗ mäßig engen Raume Alles beisammen finden, was die verschledenen Völker und Zeiten aus den edlen Metallen und Legi⸗ rungen zu gestalten wußten, angefangen von der prähistorischen Zeit bis herauf zu unseren Tagen, Dank dem freundlichen Entgegenkommen Seitens der Vorstände öffentlicher Sammlungen, Seitens der Ge⸗ nossen schaften, Seitens vieler Privaspersonen und Antiquare. Eine Auffäblung des Einzelnen würde zu weit führen; es genüge vorläufig ein summarischer Ueberblick, und dieser muß sich für heute auf die Gegenstände aus privaten und öffentlichen Sammlungen beschränken. Zu dem Sehenswerthesten werden die Gegenflände aus der Silber⸗ kammer des Großherzogs von Hessen gehören, ferner die Emaille⸗ und türchlichen Gegenstände aus dem 11. Eis 16 Jahrhundert, welche Fürst Carl Friedrich zu Oettingen ⸗Walleistein ausstellen wird; die Silber⸗ und Goldgefäße aus dem Besitze des Frhrn. Wilh. von Löffelholz, des Oberst Frhrn. von Löffel holz, de Freiherren von Tucher und von Haller, des Regierung Rathes von Braun, des Landgerichts⸗Rathes Dr. Cnopf, jämmtlich in Nürnberg; ferner die Emaille, Kupferarbeiten, Bronzen, Silbergefäße und Goldschmiede⸗Probirnadeln des Domvikarß Schnitgen in Cöln, die antiken Schmuckgegenftände des Baronz Spinelli in Neapel, die chinesischen Bronzen, welche vom deutschen Konsulat in Canton gusgestellt werden. Au ßerordentlich zahlreich und mannig⸗ faltig ist sodann die Betheiligung der Museen, öffentlichen Sammlungen, Kirchenverwaltungen. So wird das Museum in Aachen römische und merovingische Schmuckzegenstaͤnde, rö— mische Bronzen und Renaissance Messingarbeiten bringen. Das Museo Civigo in Bologna wird durch etruskische Bronzen ver⸗

inn⸗ und Kupfergeschtrre aus dem 16. Jahrhundert, das mährische

ewerke Museum in Brünn durch Silber-, Kupfer-, Bronze und Zinngefäße der Renaissance, daz Herjogliche Mufeum in LGotha durch äaußerst inter ssante Silbergefäße und Geräthe, die theilweise mit Email und Edelsteinen besetzt find, sowie durch Schmuckgegenstände der Renaissance und hervorragende Arbeiten von Dinglinger. Der Kunstgewerbeverein in Graz bringt Goltfiligran,, Schmuck und Bron er, Zinn und Silberarbeiten, die Landesgewerhbehalle in Karlsruhe egyptische und indische Schmuckgegenstande, die Lübecksche Gewerbekammer 13 Silbergegenstän de, theil— weise mit Emgil geschmückt, aus dem JI2. bis 18. Jahrhundert, und 12. Gegenstände aus Messing, Kupfer und Bronze, welche namentlich für die Geschichte der nordischen Metalltechnik interessant sind. Die ethnographischen Sammlungen in Firn e, werden mit prähistorischen Alterthümern aus alten Indianergräbern und bayerischen Pfahlbauten, ferner mit arabischen, indischen, chinesischen und japanischen Bronzen erscheinen. Kirchliche Geräthe und Gefãße werden die siebenbürgischen Kirchen durch den Superintendenten Pr. von Teutsch in Hermannstadt und die Verwaltung des proteftantischen Kirchen vermögen ausstellen lassen. Die protestantische Kirchen verwaltung in Nördlingen wird das Kleinod der Meistersinger und Brorjjeschilde bringen, die württembergischen Staatssammlungen werden durch Silbergegen⸗ stände, das Großherzogliche Musenm in Weimar durch Silber und Bronzegrbeiten, das orientalische Museum in Wien durch eine Reihe orientalischer Metallarbeiten, die Fürstlich Liechtensteinschen Samm— lungen in Wien durch vorzügliche Bronzen, Emalllen und bronze montirte orientalische Porzellanvasen und endlich das von Wagnersche Kunstinstitut in Würzburg durch 23 Bronzen und Emaillen des Mittelalters und der Renaiffance vertreten sein. Nicht minder intersssant ist, was verschiedene Genossenschaften und dle große Zahl der Privaten und Antiquare ausstellt.

Der Verein für das Wohl der aus der Schule ent— lassenen Jugend hielt gestern Abend unter dem Vorsitz des Rektors Geßler seine 18. Jahretsversammlung ab. Der Verein, der es sich zur hauptsächlichsten Aufgabe stellt, die aus der Schule Entlassenen in tüchtigen Lehr⸗ und Dienstverhältnissen unterzubringen, hat auch im letzten Jahr eine reich gesegnete Thätigkeit entfalten können. Die Schwierigkeit, stets geeignete Lehrmeister zu finden, wird freilich, wie der Vorsitzende konstatiren mußte, von Jahr zu Jahr größer. weil durch die Spezialitäten, in welche sich die einzelnen Handwerke zer— legen es kaum noch möglich ist, einen Meister zu finden, der im Stande ist, den Lehrling allseitig auszubilden. Ber Verein hat sich deshalb an die hiesige Gewerbe⸗Deputation gewendet und um deren Unterstützung nachgesucht, und die Gewerbedeputation hat denn auch sämmtliche Innungen auf den Verein aufmerksam gemacht. Die erfreuliche Folge war, daß sich 124 Handwerksmeister neu den Be— strebungen defselben angeschlossen haben Im Taufe dis Jahres mel⸗ deten sich 938 Knaben behufs Unterbringung in Lehrstessen, gegen 741 im Vorjahr; es scheint somit, als ob der Wunsch, in das Hand⸗ werk einzutreten, wieder reger wird. 600 stellten sich persönlich dem Vorstande vor. Von den Gemeldeten wünschten 167 Tehrstellen bei Schlossern, 77 bei Mechanikern, 44 bei Gürtlern, 41 bei Graveuren, 39 bei Buchbindern, ebensoviel bei Lithographen und 36 bei Tischlern. Für die kaufmännische Karriere hatten sich 48 entschieden, während sich 92 Kaufleute behufs Ueberweisung von Lehrlingen an den Verein gewendet hatten. Beim Handwerk lag das umgekehrte Verhältniß vor. Die Gesammtzahl der Lehrherren betrug nämlich nur 256, aller⸗ dings 66 mehr als im Vorjahr, aber immer noch lange nicht ge⸗ nügend, um allen Anforderungen zu entsprechen. Die Dienstver⸗ mittelung für Mädchen hat sich im letzten Jahre nicht günftiger ge⸗ staltet als früher; vor Allem sind es die Eltern der Mädchen, bie sich dagegen sträuben, ihre Kinder in Dienst zu geben, da ihnen Fabrikarbeit u. dgl. nutzbringender erscheint. Im Ganzen waren es nur 47 Mädchen, die durch Vermittelung des Vereins vermiethet wurden, gegen 59 im Vorjahr. Recht erfreulich ist dagegen das Be— streben des Vereins aufgenommen worden, denjenigen Mädchen, die nach der Konfirmation im Elternhause verbleiben, den unentgelt⸗ lichen Besuch der Fortbildungsschule zu ermöglichen. Im Laufe des Jahretz wurden 37 Mädchen dieser Vergünstigung theilhaftig. Das gemeinsam mit der Diesterweg Stiftung erlaffene Prei ausschrei⸗ ben für eine die Wahl des Beruss erleichternde Schrift hat die Ein—⸗ sendung von 22 Arbeiten veranlaßt. Den Preis erhielt die Schrift des Ingenieurs v. Fragstein „Was soll der Junge werden?“ Das Vereinsorgan „Haut und Schule erscheint jetz in zwanglosen Heften. Die Zahl der Mitglieder ist auf 390 angewachsen, die Einnahmen des Vereins beliefen sich auf 2032 Die Ausgaben erreichten eine Höhe von 965 é; es verbleiben somit 1067 Ueberschuß gegen 680 M im Vorjahre. Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder wur⸗ den wiedergewählt, Bildhauer Wenzel trat neu in den Vorstand.

Vor ungefähr sechs Jahren wurde in den Kreisen der Stenographen der Gedanke angeregt, dem Erfinder jener Kunst, welche es ermöglicht, das gesprochene Wort im Fluge zu fesseln und der Vergessenheit zu entreißen, dem Erfinder der Stenographie, Franz Faver Gabels? berger, in seiner Geburtsstadt München ein Denkmal zu setzen. Zur Verwirklichung dieses Gedankens wurde ein Ausschuß aus Männern aller deutschen Gaue sowie anderer Nationen niedergesetzt. Nachdem nun die GCrrichtung des Denkmals gesichert ist, erläßt das CTomits an die Künstler die Einladung zu einer freien Konkurrenz um dieses Denkmal. Dem ausführenden Gomits ist anheimgegeben, je nach den verfügbaren Mitteln Geldpreise für beste Leistungen zu ertheilen. Die Prüfung und Begutachtung der eingesandten Entwürfe nimmt die Königlich bayerische Akademie der bildenden Künste im Vereine mit Mitglie⸗ dern des ausführenden Comités zur Errichtung eines Gabelsberger⸗ Denkmals vor. Letzteret Comité beschließt über die endgültige Zu⸗ theilung der Arbeiten zur Ausführung. Das Denkmal soll als Standbild in Erz den Erfinder der Stenographie porträt⸗ ähnlich wiedergeben. Das Denkmal wird in München an der Kreuzung der Otto., und. Barerstraße aufgestellt. Für die Modelle ist ein solcher Maßstab zu wählen, daß die Stand⸗ figur eine Höhe von 50 em erhalt. Außerdem ist eine Porträtbüste Gabelsbergers mindestens in. Lebensgröße einzusenden. Bie Modelle und die, eventuell dazugehörigen Skizzen und Zeichnungen sind bis längstens 1. Juli 1885 unter Beigabe eines Möito an das ausführende Comits in München einzusenden; diesetz Motto ist als . einem zwesten verschlofsenen Schreiben anzufügen, welches den Namen und Wohnort des Künftlers enthält. Letzteres Schreiben wird erst nach Fällung des Urtheils der Prüfungskommission geöffnet. Der Einsendung des Modells ist zugleich ein deraillirter Kostenvoran⸗ schlag beizufügen. (Erdaushub, Fundament, Sockel. Erz, Guß, künst . lerische Thätigkeit für Herstellung des Modells, für Herstellung des Standbildes in seiner wirklichen Größe c ). Je nach Möglichkeit wird nach Schluß der Konkurrenz eine öffentliche Ausstellung der ein—⸗ gesandten Entwürfe stattfinden. Das Comité trägt die Haftung für die eingesandten Entwürfe vom Tage des Eintreffens bei ihm bis zur Absendung und für entsprechende sichere Verpackung. Die Kosten der Zusendung der Modelle mit Zubehör hat der Einsender zu tragen; die Kosten der Rücksendung werden von der Denkmals kasse über⸗ nommen. Bis längstens 1. Januar 1886 erfolgt die Zutheilung der Ausführung des Denkmals an den durch das ausführende Comits mit derselben betrauten Künstler. Bis längstens ]. August 1889 muß das Denkmal vollständig fertig auf dem genannten Platze aufgestellt sein. Für die Ausführung des Denkmals werden eirea 30 000 SM aufgewendet werden. Weitere Auskunft, insbesondere über den für das Denkmal bestimmten Platz ertheilt das aus führende Gomités in München, Frauenhoferstraße 28/3.

Augustin Hirsvogel als Töpfer.“ Seine Gefäß⸗ ent würfe, Oefen und Glasgemätde. Von Carl Fried⸗ rich, Bibliothekar am Bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg. Dieses Werk, welches bald nach Sstern erscheinen soll, wird, dem darüber ausgegebenen Prospekt zufolge, zunächst eine viel Neues ent⸗

treten sein, dasz Museum schlestscher Alterthümer in Brezlan durch

Monographie Augustin Hirsvogels darbieten. Dann abe guch die Werke diefes hervorrggen den Künstlers, nachdem sie Il e en lang der Vergessenheit anheim gefallen waren, wieder anz Tageslicht gebracht und gezeigt werden, wie viel gewöhnliche Tõpferarbeit biz fälschlich unter seinem Namen verbreltet wurde. Besondert soll 233 2 unn 36 neff 4 iꝰ fan lab ation 16 e von nachhaltigstem Einfluß au e Kreussen z in dustrie erscheinen. Es würden uns in 88 dels ganz neue, böchst interessante Resultate Aber es soll uns den Meister auch noch in einer anderen Richtun thätig zeigen, indem es zum ersten Male eine Reihe hervorragend Glatgemälde Augustin Hirsvogels an das Licht bringt, die dem Künstler eine ganz andere Bedeutung vindiziren, als man ihm bisher zugesteben wollte!. Das Buch wird eine reiche il lu stratkr Au gz. stat tung erhalten, behufs welcher der Verfasser smmtliche Gefaß· entwürfe Hirsvogels (u. a. sogar die im britischen Museum in die Glasgemälde, die ra⸗

werden.

London aufbewabrten), ferner dirten Ornamentzeichnungen für Goldschmiede, die landschaft⸗ lichen und figürlichen Zeichnungen des Künstlerg gesammelt hat

r Verfasser verspricht also, ung den vielseitigen Meister in allen Zweigen seiner Thätigkeit vorzuführen, und zwar in Wort und Bild Auch will er darin manche andere Fragen, wie z. B. Über die An. wendung des Zinn ⸗Fmails, über den Meister J. S. P, über das Ge⸗ burtsjahr des Künstlers und seine Reife nach Venedig, zu löfen oder doch deren Lösung zu fördern suchen, und hat andererseits, wie er bebauptet. Irrthümer und Fabeln, welche über Hirs vogel verbreitet waren, ein für alle Mal, abgethan. Der Verfaffer hofft, daß sein Buch bei Künstlern, Kunstgewerbetreibenden und Kunstfreunden Interesse finden werde, damit ihm die Herausgabe möglich sei und Der Name Augustin Hirsvogel in seinem vollen Glanze am Sternenhimmel deutscher Kunst wieder aufgehen könne.“ Er eröffnet daher eine Subskription darauf und macht bekannt, daß das Buch in Quartformat erscheinen und mehr als 40 Tafeln mit Ab= bildungen enthalten soll. Der Preis ift, damit die Ausstattung würdig und der Bedeutung des Künstlers entsprechend hergestellt werden kann, auf 20 ƽ für das Exemplar festgesetzt. Die Lifte ber Subskribenten soll dem Buche beigegeben und' bat letztere nur in

einer der Zahl der Unterzeichner entsprechenden Auflage gedruckt werden.

London, 14. Februar. (W. T. B) Der Tunnel unter dem MerseyFlusse, welcher Liverpool mit Birkenbead ver · bindet, ist gestern eröffnet worden.

Philadelphia, 13. Februar. (W. T. B.) Bei dem Brande des hiesigen Armen-Irrenhau ses sind, nach den bisherigen Er⸗ mittelungen 28 Personen ums Leben gekommen.

Das Königliche Schauspielbaus brachte gestern den Tar⸗ tuffe“ von Molisre neu einstudirt zur Aufführung. Die heitere Muse des großen französischen Komödiendichters hat bei ihrem gestrigen Er⸗ scheinen nach so langer Unterbrechung wieder eine große Wirkung ge⸗ habt; fast gewann die Vorstellung in Bezug auf das? Benehmen des Publikums den Charakter einer dramatischen Novität. Vor gefülltem Hause, welches von dem reichen Beifall der Zuschauer nach jedem Aktschluß widerhallte, wurde die lustige Satire in gebotenem schnellem Tempo abgespielt. Die Darstellung war eine recht gute; in der schwierigen Rolle des scheinheiligen Heuchlers „Tartuffe“ zeigte Hr. Kahle feine schauspielerische Originalitat in ganzem Umfange. Er zeichnet die Figur in weichen Fontouren und vermeidet durch seine fein pointirte und doch gemäßigte Darstellung die häufig sehr nahe liegende Klippe der Karrikatur. Schon äußerlich deutet er durch das lang herabwallende Haar, durch die weiche, blasse Maske mit den selten erhobenen, oft nur verstohlen aufblitzenden Augen den glatten salbungsvollen Heuchler an. Daß der Künstler bei dem Allem sich vor Uebertreibung hütete, macht mit fein größtes Verdienst aus. Die übrigen Mitwirkenden boten ebenfalls durchweg treffliche Leistungen. Hr. Oberländer (Orgon) zeichnete den umgarnten Ehe⸗ mann und Vater mit kräftigen und frischen Pinselstrichen; seine liebenswürdige Partnerin, Fr. Kahle ⸗Keßler (Elmire) spielte die leb⸗ hafte und intrfguirende junge Frau mit Geist und Diskretion. Eine allerliebste Leistung war die des Frl. Conrad als „Dorine“. Die Künstlerin gab das schelmische und kluge Kammermädchen so gefällig und anmuthig, wie es dem Dichter nur vorgeschwebt haben kann. Die heitere Laune, der bei jeder Gelegen— heit in unerschrockenen Reden zu Tage tretende gesunde Menschen⸗ verstand standen ihr allerliebst zu Gesicht. Auch die kleineren Rollen kamen durch die Damen Fr. Frieb⸗Blumauer (Mad. Pernelle) und Frl. Abich (Marianne) und Durch die Herren Hellmuth-Bräm (Kleanth)., Dehnicke (Damis), Müller (Valere) und Krause (Loyal) vollkommen zur Geltung. Das Publikum unterhielt sich trefflich und gah seiner Anerkennung für die gelungene Darstellung durch wieder⸗ holten warmen Belfall Ausdruck.

Das Deutsche Theater veranstaltet am nächsten Dienstag, den 17., einen ‚Heyse⸗Abend“. Zur Aufführung gelangen 3 einaktige Stücke von Paul Heyse. Zwel derselben, namlich das Trauerspiel Ehrenschuldenꝰ und das Lustspiel „Unter Brüdern“ erscheinen als Novitäten, während das sich anschließsende Lustspiel ‚Im Bunde der Dritte“, bereits in der vorigen Saison mit Erfolg gegeben wurde. Der Dichter ist bereits gestern Abend hier eingetroffen und wird den letzten Proben beiwohnen. In der morgen, Sonntag, stattfindenden Aufführung des „Fiesko« wird Hr. Sommerstorff zum ersten Male die Titelrolle spielen. Am Montag werden auf vielfachen Wunsch „»Die Räuber“ gegeben. Im Uebrigen bringt das Repertoire der nächsten Woche außer den Wiederholungen des Heyse⸗Äbends noch Wiederholungen von „Flesko“ und „Der Weg zum Herzen“.

Im Walhalla⸗Operetten⸗Thegter hat der Feld prediger“ bereits die sechsunddreißizste Wiederholung erlebt, ohne an Zugkraft nur im geringsten eingebüßt zu haben. Die frische, von patriotischem Geist getragene Handlung verleiht dieser Operette einen eigenen Reiz, der durch die gefällige Millöckersche Mufst noch erhöht wird; es ist erfreulich, statt der in diesem Kunstgenre leider oft stark vorherrschenden Frivolität, hier einem ernsteren Gedanken Ausdruck gegeben zu sehen, und die glückliche Löfung der Aufgabe, welche sich die Autoren, gestellt hatten, beweist, daß auch Speretten edleren Zwecken dienstbar gemacht werden können. Die Glanzpunkte B's vortrefflich inscenirten Stückes finden nach wie vor die lebhafte Anerkennung des Publikums; insbesondere ruft der Schluß des zweiten Aktes mit seinem prächtigen Bilde stetz die allgemeine Bewunderung hervor, und trägt der künstlerischen Leitung des Etablissements jeden Abend neue Anerkennung ein. Die Béfetzung der Rollen ist im Wesentlichen dicselbe geblieben. An Stelle des Frl. Jenny Stubel als Rosetta ist Frl. Lehmann getreten, welche durch graziöses Splel und hübschen Vortrag sich allgemeinen Beifalls zu erfreuen hat, was sich in gleicher Weise von Frl. Erdösy als Minna sagen läßt. Hr. Link und Hr. Steinberger wirken nach wie vor als Amtmann und Gemeindediener zusammen und erzielen an jedem Abend durch ihre. drastische Komik neue Lach erfolge; der Vorwurf., daß Beide ein wenig übertreiben, kann ihnen jedoch nicht erspart bleiben. Die gefällige Operette dürfte noch lange das Repertoire des Walhalla⸗Operetten⸗-Theaters beherrschen und dle 5 durch ein volles Haus reichlich für ihre Änstrengungen be— ohnen.

Redacteur: Niedel.

Verlag der Expedition (Scholy. Druck: W. Elsner.

Sechs Beilagen leinschließlich Börsen · Beilage).

Berlin:

haltende, die Gang und Gaͤbe gewordenen Irrthümer korrigirende“

.

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Erste Beilage

Berlin, Sonnahend, den 14. Februar

1885.

N der Einnahme an Wechselstempelsteuer im Deutschen Reiche f

Deutsches Reich.

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g ; . ür die Zeit vom 1. April 1884 bis zum Schlusse des Monats Januar 1885.

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Ober ⸗Post⸗Direktions⸗Bezirke.

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Einnahme im Monate Januar

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Hierzu Einnahme in den Vormonaten.

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Einnahme in dem⸗ selben Zeitraum In 1884/5 des Vorjahres (Spalte c).

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Summe JI.

I Banern III Württemberg.

522 004 24212

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56 9054 24 085 5 9 464

5 O67 205 435 994 201 587

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Berlin, im Februar 1885.

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Haupt⸗Buchhalterei des Reichs⸗Schatzamts. Biester.

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Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 14. Februar. (8) Sitzung des

Berathung des von dem

In der K Reichstages begann das Haus die erste . Lenzmann eingebrachten Gesetz—⸗

entwurf, betreffend die Entschädigung für verurtheilte und n e eh ,, nn freigesprochene

Personen.

Der Abg. Lenzmann befürwortete seinen Antrag. Der

Gegenstand, den sein Antrag betreffe,

habe das Haus bereits

mehrfach, ja derselbe habe die gesammte Kulturwelt schon seit . beschästigt. Deutschland sei in der legis lato⸗ zischn Entwickelung dieser Frage hinter den meisten Kultur⸗ staaten zurückgeblieben; es liege dies theils an der Vorliebe der Deutschen für bloße theoretische Erörterungen. theils auch an der ablehnenden Haltung des Reichskanzlers und des preußi⸗ schen Justiz⸗Ministers. Daß zunächst die moralische Pflicht des Staates zur Entschädigung unschuldig Verurtheilter und Ver⸗ hafteter vorhanden sei, werde Niemand bestreiten, zumal in zer heutigen Zeit, wo mehr und mehr die Verpflichtung des Staates gefetzlich fixirt werde, solche Personen, die im öͤffent⸗

lichen Interesse Nachtheile erlitten hätten, halten. In dieser tische Gesetzgebung des Reiches.

dafür schadlos zu

Ri ege sich die ganze sozialpoli⸗ ichn n Riu 36 C fh Adels⸗

blatt“ habe sich ganz kürzlich in seinem Sinne ausgesprochen, es habe . 6. sich hier um einen ritterlichen Kampf. Er hoffe deshalb, die ritterlichen Herren von der Rechten

würden seinen Antrag unterstützen. eines siichhaltig; überwinden lassen. digungspflicht dazu zu verhüten, so

die vorhandenen

beitrage, . würde das nur ein

unnöthige

Die von . ? eltend gemachten Gründe seien nie . ; Schwierigkeiten müßten sich Wenn die Festsetzung der Entschä⸗

Verhaftungen

Gewinn

sein;

allerdings werde der Richter vorsichtiger werden, wo es sich Um , n handele; andererseits werde aher kein Richter so figkalisch denken, um eine nothwendige Verhaftung wegen der eventuellen Entschädigungspflicht des Staates zu unter—⸗ lassen. Betrügerischen Manipulationen Seitens Verurtheilter,

ie man befürchte, wenn sein Antrag Gesetz würde man leicht du rch geeignete Maßregeln vorbeugen; könne kein Gesetz ganz vollkommen sein; irgend welche

könnte

übrigens Um⸗

gehungen würden immer vorkommen, aber man müsse vor Allem die dringendsten Mißstände beseitigen. Daß die Re⸗

gierung stets erklärt habe,

finanzielle Bedenken ständen

einem Antrage nicht entgegen, erfülle ihn mit Genugthuung;

enn zur Entschäbigung i groß . Nation Geld übrig haben. verdrecherisches Gewerbe verurtheilen zu lassen ei umsoweniger zu befürchten,

urch andere Verbrechen viel, beguemer sich Geld vers önnten, als auf jenem umständlichen und gefährlichen Wege.

unschuldig Verurtheilter

müsse

Daß sich ein

herausbilden könnte, sich unf uͤnd dann Entschädigung zu sordern, als Betrüger und Spitzbuben chaffen

chuldig

Indererseits hätten sich die Fälle, wo Unschuldige zu lang⸗ . Zuchthaus⸗ und Gefängnißstrafen verurtheilt seien, sortwährend gemehrt; seit einem Jahre seien wieder 13 Fälle vorgekommen, nachdem in den beiden vorhergehenden Jahren in 18 solchen Fällen zusammen auf 80 Jahre Frei⸗ heitsstrafen erkannt worden sei. Aus der in voriger Session in der Kommissionsberathung gegebenen Statistik habe sich ergeben, daß innerhalb zweier Jahre nicht weniger als 268 Verurtheilungen stattgefunden hätten, die später als unberechtigt erkannt worden seien. In diesen. Fällen würde die spätere Freisprechung ja oft eingetreten sein, wenn, zum Beispiel beim ersten Verfahren der Angeklagte nicht erschienen sei. Was nun seinen Antrag betreffe so wünsche er nichts sehnlicher, als daß derselbe in keiner Kommission geprüft und dann womöglich noch in dieser Session erledigt werder, Es sei zum dritten Male, daß er diesen Antrag einbringe, Alles inzwischen erhaltene Material habe er eingehend geprüft und seinen Antrag danach modifizirt. Was er dem Hause jetzt als seinen Antrag vorlege, sei nichts Anderes, als die Beschlüsse der Kommission. der vorigen Session. Die Motive, welche für diese Kommissions⸗ beschlüsse maßgebend gewesen seien und die in dem Kom⸗ missionsbericht niedergelegt seien, mache er sich sämmtlich zu eigen. Sein Antrag wolle jetzt nicht mehr die Entschädigung unschuldig Verhafteter, sondern nur die Entschädigung un⸗ schuldig Verurtheilter. Auch die Verhaftung Unschuldiger könne den Beireffenden Nachtheil und Schaden bringen, aber doch nicht in dem Maße, wie die Verurtheilung. Der Ent⸗ schädigung unschuldig Verurtheilter stelle sich, wie es in der Kommission in voriger Session geheißen habe, auch die Regierung sympathisch gegenüber. Aber einen Unterschied machen zwischen vollständiger Und unvollständiger Freisprechung, wie die Abgg. von Schwarze und Hartmann verlangt hätten, das gehe doch nicht an. Wer freigesprochen sei, gelte als unschuldig. Ebenso müsse eine Entschädigung eintreten, wenn die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Anwendung eines milderen Strafgesetzes oder bei einer Gesammtstrafe zu einer theilweilen Frei⸗ sprechung geführt habe und die nunmehr erkannte Strafe ge⸗ ringer sei als die bereits vollstreckte. Um dem Einwurfe der Regierung zu begegnen, setze 8. 3 seines Antrages fest, . dem Verurtheilten, der seine Verurtheilung absichtlich . geführt habe, ein Anspruch auf Entschädigung nicht zustehen folle. Dem Vorschlage der Regierungsvertreter, die . gung auf dem Gnadenwege erfolgen zu lassen, könne er nich zustlinmen. Er wolle nicht Gnade, sondern Necht. Es dürfe doch nicht ö ö , . . nertheilun 0 mitsprechen en, k 6 nl he des Betreffenden den Ausschlag . und diese moralische Würde oft nach dem e, e, m. politischen Standpunkt gemessen werde, Auch dem Vorschlage,

übersehen werden,

zweckmäßiger, den Anrag an das im Wiederaufnahme⸗

verfahren erkennende Gericht zu richten. Er wolle durch den 3 im Plenum die Regierung zwingen, aus ihrer Reservestellung heraus zu treten. Denn die letztere habe erklärt, daß sie erst zu positiven Gesetzes vorschlägen übergehen werde, wenn ein Beschluß des Plenums vorliege. Erinnere man sich ber Königlichen Worte Ludwig XVI, der sich seinem Minister gegenüber gewundert habe, daß in seinem Königreich kein Gesetz bestehe, welches die humane Pflicht der Ent⸗ schädigung unschuldig Verurtheilter erfülle. Die Gesammtheit des Staates sei ebenso verpflichtet, Gerechtigkeit zu üben, als der Einzelne. Er bitte, diese Pflicht durch Annahme seines Antrages anzuerkennen.

Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundeszrath, Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. von Schelling Wort: 3 . . Meine Herren! Das Gefühl, aus welchem der gegenwärtige An- trag hervorgegangen ist, wird auch von den verbündeten Regierungen getheilt. Dieselben begen evenso sehr wie das hohe Haus den Wunsch, daß etwaige Irrthümer der Strafjustiʒ an dem unschuldigen Opfer derselben nach Möglichkeit wieder gut gemacht werden. Sie sind auch meines Wissens, wenn sie im einzelnen Falle die Ueber⸗ zeugung von der Unschuld eines Verurtheilten erlangt haben, nach Möglichkeit bemüht gewesen, demselben eine Entschädigung zu ge: währen, so weit die zu diesem Zweck zur Disposition stehenden Mittel das gestatien. Wenn nun an die Stelle des freien Ermessens, welches bisher auf diesem Gebiet waltet, feste Rechtssätze hingestellt werden sollen, so ist ja dieses Streben im Allgemeinen als ein berechtigtes anzusehen; aber es wird doch bei allem Interesse für den unschuldig Verurtheilten, bevor man sich zu einer solchen Einrichtung entschließt, immerhin die Rückwirkung nicht aus den Auzen gelassen werden dürfen. welche eine solche Einrichtung auf die Strafrechts pflege im Allgemeinen zu äußern geeignet ist. Ich fürchte daß nach dieser Richtung hin dem Aatcage Beden ken im Schoße des Bundesraths entgegentreten werden. Ich habe ins · besondere darauf aufmerksam zu machen, daß der nothwen dige Zufammenhang, in welchen die Herren Antragsteller die Entschã⸗ digung mit der Thatsache der Freisprechung im Wiz dergufnahm rer. fahren bringen, über das Ziel hinausgeht. Das Wiederaufnahme⸗ verfahren kann eingeleitet werden nicht blos, wenn neue ,. hervortreten, sondern schon dann, wenn geeignete neue Beweismltte neu erbracht werden. Ist aber das Wiederaufnahmeverfahren ein geleitet, dann hat der Richter in dem neuen Verfahren nach seinem eigenen Ermiessen zu entscheiden. Das frühere Urtheil, die destste lung deffelben, existirt dann für ihn nicht mehr. Der Richter des Wie⸗ deraufnahmeverfahrens muß freisprechen, wenn er nach age ö. vor ihm stattgehabten Verhandlung die Ueberzeugung von der Schu des Berurtheilten nicht mehr zu theilen dermag. Nun, meine, Herren, liegt es doch in der Natur der Sache, daß die Umrißte deg Beweis · verfahrens in dem neuen Verfahren mit geringerer Deutlichkeit er scheinen als in dem ersten. dieat etwa gar ein , von mehreren Jahren oder von Jahrzehnten dazwischen, so stei. gert sich diese Undeutlichkeit bis zur Lückenhaftigkeit; die . lastungszeugen sind verstorben; sie sind ausgewandert oder ae verschollen; in dem Gedächtniß der noch vorhandenen Zeugen ist der Vorfall vielleicht bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Ein 6 nach Jahren wieder aufgenommenes Verfahren wird in häufigen . ö. einer Freisprechung führen. Kann nun daraus, daß der neue Rich er zu der Ueberzeugung von der Unschuld des Angeklagten nicht hat ge. langen können, gefolgert werden, daß das vor 106 oder 20 Jahren gefällte Strafurtheil nach Maßgabe der damaligen ö, gerecht gewesen sei? Kann sonach die Freisprechung in Folge der 9. deraufnahme des Verfahrens keine Garantie, dafür gewähren, daß . Freigesprochene wirklich unschuldig sei, so läuft man, wenn , ie Voraussetzung der Entschädigung so formalisirt, wie im . Äntrag geschehen ist, Gefahr, daß die Entschädigung auch solchen Verurtheilten zu Theil wird, von deren Unschuld die Volkemeinung keineswegs überzeugt wird, die vielleicht im Kreise ihrer ,, . und nächsten Freunde immer noch für schuldig gehalten werden. Da wäre eine arge Schädigung des Rechts bewußtseins. . a. Ich habe geglaubt, diese Bedenken besonders hervorhe . sollen; doch ist es nicht mine Meinung gewesen, damit die möglie en Bedenken des Bundesraths zu erschöpfen; ich glaube, den ,, gen des Herrn Vorredners gegenüber dies hervorheben zu . * bin ja heute nicht in 2 ö Motive des Bundesraths irgen ĩ inden oder zu beschränken. . . . schließlich das statistische , ö Vorre ewünscht he wird dasselbe, n de , er n, . , . Bereitwilligkeit zur

an eine w . ügung gestellt werden. ; .

, Lerche bemerkte, er sei mit dem Antrage ein⸗ verstanden, namentlich auch deswegen, weil derselbe die ö derung der Entschädigung auf die unschuldig Verurthei ten beschraͤnke. Prinzipiell würde er allerdings auch einer , Ausdehnung der Entschädigung auf die 3 1 Haft gutgeheißen haben, aber man wisse, daß ein so . . trag die Zustimmung der verbündeten Regierungen ö erlangt haben würde. Trotzdem werde der Antrag n ee. vorliegenden Form wohl nicht eine Grundlage für die . . Berathung im Plenum bilden können. Der Antrag . e einmal an formellen Mängeln, die nur von einer Fachkom⸗ mission zu beseitigen seien. Dann fehle noch, 6 ; . hauptsächlich Gewicht lege, eine Bestimmung ü 366 schlimmsten Fall, wo Jemand unschuldig zum Tode verur . 1 und hingerichtet sei. Derartige traurige Falle . e. nicht oft vorgekommen, aber so lange die Todes . 2 haupt noch im deutschen Strafgesetzhuch stehe, wür 6 . Fälle nicht ganz zu vermeiden sein. Der , , 4. 61 wolle ein Recht der Entschädigung nur. far hen ve hei ; selbst feststellen. Von dem österreichischen Abge ordne 5 e fei die Bestimmung zum Gesetz erhoben, daß . Fa 2 wo Jemand unschuldig hingerichtet sei, die alimentations⸗ berechtigten Angehörigen einen Anspruch auf . haben follten. Er glaube, daß das Rechts bewußtsein auf J. Tiefste verletzt werden würde, wenn das Haus nicht in das jetzt vorgeschlagene Gesetz eine gleiche Bestimmung hinein⸗ schreiben wolle. Allerdings werde das eine Aufgabe, diffiziter Natur sein. Er schlage deshalb vor, den Antrag Lenzmann an dieselbe Kommission zu verweisen, die bereits mit der 2 rathung des Sele tent ue n, . k des Ge⸗

ich ̃ etzes, befa ö richt ge m , n erklärte, der Abg. Lenzmann sei mit dieser Vorlage einen Schritt zurückgegangen, J, . glaube, daß der Abg. Lenzmann damit der Sache, die derselbe vertrete, einen guten Dienst geleistet habe. Allerdings fordere

der Antrag auf Entschädigung bei dem Reichsgerichte an⸗ . 23 solle, könne er nicht zustimmen; es erscheine

derfelbe auch jetzt noch so viel, daß eine große Anzahl von