derer Mitglieder der Berufs genossenschaft aufzutreten und abzustimmen? Oder darf die Vollmacht eines Unternehmers nur einem anderen stimmberechtigten Unternehmer, nicht aber einem an Stelle des Unter⸗ nehmers in Vollmacht erscheinenden Betriebsleiter über⸗= geben werden? Ferner erscheint es fraglich, ob unter Leiter des Betriebes“ z. B. ein Prokurist zu verstehen ft, der mit der technischen Leitung nichts zu thun hat, sondern nur dem geschäftlichen Theil des Unternehmens vorsteht? . ;
Zur Erläuterung dieser Anfragen bemerke ich er⸗ gebenst, daß hier am Platze z. B. eine Tuchmacher⸗ innungsfabrik besteht, deren kaufmännischer Leiter die Vertretung der Innung in Gemeinschaft mit dem Obermeister der letzteren hat. Dieser kaufmännische Leiter ist zur Vertretung der Innungsfahrik in der Genossenschaftsversammlgug ins Auge gefaßt.
Ferner hat der S. Bankverein zu B. hierorts 2 Fabriken und dafür einen kaufmännischen Leiter, welcher großes Vertrauen genießt und sowohl für die von ihm tepräsentirten beiden Fabriken als in Vertretung anderer hiesiger Unternehmer in der Genossenschafts⸗ versammlung zu erscheinen gedenkt. Endlich gehöre ich als Delegirter des Aussichtsraths zu der 12060 Arbeiter in 4 Fabriken beschäftigenden AÄktiengesellschaft , E. W.“ und bin zweifelhaft bezüglich meiner Legitimation so— wohl als Vertreter dieser Gesellschaft, als event. Be⸗ vollmächtigter anderer hiesiger Unternehmer. In letzterer Eigenschaft habe ich den bisherigen Versamm⸗ lungen beigewohnt.“
Das Reichs-Versicherungsamt hat in der Sitzung vom 21. Januar 1885 beschlossen, dem Gesuchsteller Fol⸗ gendes zu erwidern:
„Nach §. 14 Abs. 3 des Unfall versicherungsgesetzes können
sich in den Generalversammlungen behufs Bildung von Be⸗— rufsgenossenschaften abwesende Betriebsunternehmer durch einen bevollmächtigten Leiter ih res Betriebes vertreten lassen. Daraus ergiebt sich, daß die Leiter eines anderen Betriebes nicht zu Vertretern hestellt werden können und zwar auch dann nicht, wenn dieselben als Vertreter des eigenen Geschäftsinhabers an der Generalversammlung theilnehmen.
Wer als „Leiter eines Betriebes anzusehen sei, wird im
konkreten Fall nach dem bestehenden dienstlichen Verhältnisse zu beurtheilen sein. Im Allgemeinen ist der Begriff nicht zu enge zu fassen; Leiter im Sinne des Gesetzes ist nicht allein derjenige, welcher die Geschäftsführung in dem versicherungs⸗ pflichtigen Betriebe ausschließlich besorgt, sondern auch wer mit anderen an der oberen Geschäftsführung theilnimmt. Der dem kaufmännischen Betriebe vorstehende Prokurist kann hier⸗ nach in der Regel mit der Vertretung betraut werden, weil auch bei weitgehender Scheidung des kaufmännischen und des technischen Theiles eines Betriebes immerhin die Leitung des einen Theils in den des andern mit eingreift. Demgemäß würde in den angezogenen Beispielen der kausmännische Leiter der dortigen Tuchmacherinnungsfabrik, sowie der kaufmän⸗ nische Leiter der dem S. schen Bankverein gehörigen Fabriken zur Vertretung der betreffenden Etablissements in der General— versammlung befugt sein.
Dagegen sind die Mitglieder des Aufsichtsraths einer
Aktiengesellschaft als solche weder Leiter noch selbständige Ver⸗ treter des Unternehmens, da ihnen gesetzlich untersagt ist, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen (H.-G. B. Art. 2252 in der Fassung der Novelle vom 18. Juli 1884).
Ein Aufsichtsrathsmitglied kann nur, wenn es von dem
Aussichtsrath überhaupt für einen bestimmten Zeitraum zum Stellvertreter eines behinderten Vorstandsmitgliedes besiellt worden ist, in dieser Eigenschaft auch als Vertreter der Ge⸗ sellschaft an der Versammlung theilnehmen. Ein solches Auf⸗— sichtsrathsmitglied würde alsdann den „stimmberechtigten Be⸗ rufsgenossen“ gleichstehen und auch zur Vertretung anderer abwesender Betriebsunternehmer berechtigt sein.
22) Im Hinblick auf die verschiedenen in nächster
Jeit abzuhaltenden General⸗ und Genossenschaftsver⸗ sammlungen wurde der Vertreter eines größeren in⸗ dustriellen Verbandes mit folgendem Gesuche vorstellig:
„Das Verfahren über die Bildung und Konstituirung der Berufsgenossenschaften ist leider durch das Gesetz vom 6. Juli 1854 an sehr weitläufige Formalitäten ge⸗ knüpft. Zunächst werden nach §. 14 die Berufagenossen zu einer Generalversammlung zusammenberufen, um üher die Abgrenzung der zu bildenden Berufsgenossen⸗ schaft zu beschließen. Ist dieser Beschluß gefaßt, so gehen die ,, wieder nach Hause, und dieser Beschluß wird dem Bundesrath zur Genehmi⸗ gung unterbreitet. Nachdem diese Genehmigung erfolgt ist, werden die Mitglieder der Berufsgenossenschast auf Grund des §. 16 aufs Neue zu einer Generalversamm⸗ lung geladen, in welcher ein provisorischer Vorstand gewählt und die Statuten berathen und beschlossen werden. Ist dies geschehen, so wird die General⸗ versammlung wieder entlassen und die Statuten wer⸗ den dem Reichs⸗-Versicherungsamt zur Genehmigung vorgelegt.
Nachdem diese ertheilt ist, findet die dritte General⸗ versammlung statt, in welcher der definitive Vorstand gewählt wird. Es ist von selbst einleuchtend, daß bei Berufsgenossenschaften, welche das ganze Deutschland umfassen, die Abhaltung dreier Generalversammlungen mit großen Belästigungen für die Industrie verknüpft ist, und es würde sich deshalb fragen, ob es nach den Bestimmungen des Gesetzes nicht angänglich wäre, diese drei Generalversammlungen auf zwei zu reduziren. Nach dem unmaßzeblichen Dafürhalten, wie es in ver⸗ schiedenen Industriezweigen laut geworden ist, dürfte dies wohl thunlich sein.
In Folge der höchst dankenswerthen und vorzüglichen Anleitung, welche das Reicht⸗Versicherungsamt durch sein definitives Normalstatut für, die Abfassung der Spezialstatute gegeben hat, haben in mehreren Berufs- zweigen weitläufige Vorberathungen über das Statut stattgefunden, und verschiedene Genossenschaften werden in der Lage sein, schon in der ersten Generalversamm— lung ein fertiges Statut vorzulegen, welches voraus—⸗ sichtlich die ungetheilte Zustimmung aller anwesenden Berufsgenossen finden wird. Selbst wenn Abänderungs⸗ anträge gestellt werden sollten, würde ein Ausschuß zu wählen sein, mit der Befugniß, diese Anträge zu prüfen und eventuell das Statut anzunehmen. Nachdem dies geschehen, würde dann das Statut vor der zweiten Generalversammlung an das Reichs-Versicherungsamt
i ü 1 2 —
einzureichen sein mit der Bitte, dasselbe zu prüfen, eventuell zu genehmigen und den Kommissarius, welcher die zweite Generalversammlung abhält, zu ermäch⸗ tigen, in dieser zweiten General versammlung, nachdem das Statut dort Annahme gefunden hat, die Ge⸗ nehmigung desselben im Namen des Reichs⸗Versiche⸗ rungsamts auszusprechen. .
Hiermit könnte wenigstens für alle diejenigen In⸗ dustrien, welche für die Wahl ihres Genossenschafts⸗ vorstandes den gesetzlichen Modus in 5§. 14 Nr. 2 in ihr Statut aufgenommen haben, sofort zur Wahl des definitiven Vorstandes geschritten werden, und damit wäre die dritte Generalversammlung erübrigt.
Ich erlaube mir hiernach ganz ergebenst anzufragen, ob das Reichs⸗Versicherungsamt mit den vorstehenden Ausführungen einverstanden ist, und ob für alle die⸗ jenigen Genossenschaften, welche dies beantragen, unter den gedachten Modalitäten die Reduzirung der drei Generalversammlungen auf deren zwei angänglich wäre.
Einer geneigten Entscheidung ꝛc.“
Das Reichs⸗Versicherungsamt beschloß in der Sitzung vom 21. Januar 1885 den folgenden, dem Gesuchsteller eröffneten Bescheid:
Es kann dahingestellt bleiben, ob es gesetzgeberisch mög⸗ lich gewesen wäre, die für die endgültige Errichtung der Berufsgenossenschaften erforderlichen drei Generalversammlun⸗ gen auf zwei zu reduziren. Jedenfalls ist diese Anzahl ein Erforderniß logischer Folgerichtigkeit. Denn eine Beschlußfassung über das Statut kann erst von einer genehmigten oder nach 5§. 15 des Unfallversicherungsgesetzes errichteten Genossenschaft bewirkt werden, so daß eine Zusammenlegung der ersten und zweiten Generalversammlung nicht angängig gewesen wäre. Ebenso kann aber auch die Wahl des Vorstandes erst nach erfolgter Genehmigung des Statuts stattfinden und deshalb zur Wahl erst geladen werden, wenn das Statut ge⸗ nehmigt ist. Die Ladung zur Beschlußfassung über das Statut muß daher noch vom Reichs-Versicherungsamt aus⸗ gehen, während die Ladung zur endgültigen Wahl der Ge⸗ nossenschaftsorgane von dem provisorischen Vorstand vorzu⸗ nehmen ist. Hieraus folgt weiter, daß auch die Vereinigung der zweiten und dritten Versammlung ohne sinnwidrige Unzu⸗ traͤglichkeiten nicht füglich hätte angeordnet werden können.
Wie man aber auch de lega ferenda denken mag, jetzt liegt ein vollzogenes Gesetz vor und das Reichs⸗Versicherungs⸗ amt ist nicht in der Lage, die Bestimmungen desselben auf einem Umwege hinfällig zu machen.
Um jedoch den an sich sehr erklärlichen Wünschen der betheiligten Kreise möglichst entgegen zu kommen, will das Reichs-Persicherungsamt, sobald in der ersten General⸗ versammlung ein das Vertrauen der Berufsgenossen besitzender Ausschuß zur Vorberathung über das Statut gewählt worden ist, mit diesem gern in Verbindung treten und schon vor der zweiten Generalver— sammlung Stellung zu dem vonn ihm ausgearbeiteten Sta⸗ tutenentwurf nehmen. In Folge dessen würde es an⸗ gängig sein, daß die Betheiligten, zumal wenn sie sich schon bei der Berathung in der ersten Versammlung an der Hand der vom Reichs-Versicherungsamt bezeich⸗ neten, auf jedem Einladungsschreiben abgedruckten elf Hauptfragen über die wesentlichsten Punkte des Statuts verständigt haben, was bereis in vielen Fällen geschehen ist, von dem persönlichen Erscheinen in der zweiten Versammlung Abstand nehmen und statt dessen einen er⸗ giebigen Gebrauch von der Bevollmächtigung z. B. der Mit⸗ glieder des mit der Berathung des Statuts beauftragten Aus⸗ schusses machen. Dann würde diese zweite Versammlung sich nur auf wenige Mitglieder beschränken können und einen äußerst schnellen Verlauf nehmen. Die dritte Versammlung mürde aber auf Einladung des provisorischen Vorstandes (5. 16 des Ges.) wiederum das ganze Interesse der Berufs—⸗ genossen beanspruchen dürfen.“
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 21. Februar. In der gestrigen (54.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats⸗Minister von Boetticher, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß an Vorlagen eingegangen sei: ein Gesetzentwurf, betr. die Ergänzung des 8. 72 des Reichs⸗ Beamtengesetzes vom 31. März 1873 (betr. die Disziplinar⸗ bestrafung).
Das Haus trat sofort in die zweite Berathung des Ent⸗ wurfs eines Gesetzes, betr. die Abänderung des Zoll⸗ tarifgesetzes vom 15. Juli 1879, 8. 2 Nr. 5 f (Malz), ein; (bisher 1620 S, nach der Vorlage 3 , nach dem Antrag der freien Vereinigung 240 S, nach dem Antrag Zeitz 2, 25 MS, nach dem Antrag Lenzmann 2 69.
Der Abg. Lenzmann befürwortete seinen Antrag im Interesse der Konsumenten des Bieres. Der Landwirthschaft könne dieser Zoll nichts nützen, derselbe sei ein reiner Finanz- zoll, ebenso wie der Gerstenzoll. Diese Zölle sollten lediglich den Säckel des Staates füllen und wiederum den Staattz⸗ absolutismus um ein Stück vergrößern. Der Brauer würde ebensowenig wie das Ausland den höheren Malzzoll zu tragen haben, sondern allein der Konsument, denn der Brauer werde den höheren Zoll auf den Bier⸗ wirth wälzen und dieser auf den Gast. Es werde hier also wieder das Bier des armen Mannes vertheuert, während einer Vertheuerung des Branntweins von der Rechten stets Widerstand entgegengesetzt werde. Daß die Konservativen einen hohen Malzzoll haben wollten, sei nicht verwunderlich, aber daß auch das Centrum dieser Vertheuerung eines noth⸗ wendigen Lebensmittels zustimmen wolle, sei doch sehr über⸗ raschend und könne leicht dahin führen, daß statt der glaubens⸗ starken Junker aus den Rheinlanden in Zukunft glaubens⸗ starke Bürger gewählt würden. (Der Redner entfernte sich so⸗ weit von dem Gegenstande, daß er vom Präsidenten zur Sache gerufen werden mußte.)
Der Bundeskommissar, Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Thiel erklärte sich zu Gunsten des von der freien Vereinigung empfohlenen Zollsatzes von 2,40 S, der dem beschlossenen Gerstenzoll von 1 6 entspreche. Gersten⸗ und Malzzoll müß⸗ ten in fester Proportion zu einander stehen, entsprechend dem Verhältniß, daß 1 Ctr. Gerste etwa 75 Pfd. Malz gebe. Eine Vertheuerung des Biers sei nicht zu befürchten, vielmehr werde sich der inländische Gerstenbau und damit die Malz⸗
fabrikation in Norb⸗ wie in Süddeutschland außerordentlich heben, eine Auffassung, die auch der Abg. von Kardorff theile
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, gutes Malz produ— zire man in Deutschland nicht genügend, man müsse auglän— disches einführen, wenn das deutsche Bier sich nicht verschlech⸗ tern und der Bierexport nicht leiden solle. Man schädige aber durch Erhöhung des Malzzolles dieselbe Brauerei, der man durch Dampfersubventionen den Absatz erleichtern wolle. Wenn man doch nur ein Zehntheil jenes Wohlwollens dem Bierexport durch mäßige Bemessung des Malzzolles zuwenden wollte! Und sei denn nicht die Bierindustrie unvergleichlich wichtiger als das Bischen Malz, das hier in Betracht komme? Aber das Prinzip der jetzigen widerspruchsvollen Wirthschaftspolitik sei jn die gesunden Beine auszureißen, um dafür künstliche einzusetzen. Alz er sich im Jahre 1879 gegen einen Malzzoll von 1A, 20 ge⸗ wehrt habe, sei ihm u. a. vom Bundegrathstische entgegen—⸗ gehalten worden, der deutsche Bierexport betrage ja nur 772000 Centner; die Statistik habe aber inzwischen den Nach⸗ weis geliefert, daß es 1332090 Doppelcentner seien. Der Abg. von Kardorff sage nun, die Erhöhung des Malzzollez auf 2.40 S sei nur die Konsequenz des erhöhten Gersten— zolles. Nach seiner Rechnung sei die Konsequenz davon nur ein Zoll von kaum 2 S Aus 109 kg Gerste würden 75 kg Mal gemacht, das Verhältniß sei also 4: 3. Danach rechtfertig ein Gerstenzoll von 11M einen Malzzoll von 1,336 Bisher habe nun ein Gerstenzoll von 50 g bestanden, dem entspreche ein Malzzoll von 67 33 der Malzzoll habe aber thatsaächlich 1,20 6 betragen; also sei schon ein Schutzzoll von 53 vor⸗ handen gewesen. Rechne man diese 53 3 zu 1,33 M6 hinzu so komme man auf 1,86 M, wenn man den bisherigen Schutzzoll gewähren wolle; was man darüber gewähre, sei ein Schutz für die Malzfabrikation als solche. Es sei dann die Er⸗ höhung mit dem Hinweis auf die Transportkosten gerechtfer—⸗ tigt worden. Solle denn der Schutz so bemessen werden, daß es an den entlegensten Stellen des Reiches noch mög— lich sei, eine Malzfabrik anzulegen? Nach den Angaben des Kommissars käme man übrigens für Berlin inkl. der Fracht immer erst auf 2,13 6, welcher Satz hinter dem von dem Abg. Zeitz beantragten doch noch zurückbleibe. Bei diesem Punkte stehe auch nicht die Landwirthschaft gegen die Industrie in Frage, sondern Industrie gegen Industtie; es stehe die große Brauerei⸗Industrie der kleinen Malzindustrie gegenüber. Die Brauereien, die selbst Mälzereien hätten, ver⸗ langten ja auch gar keinen Schutzzoll; und diese verarbeiteten allein 7 Millionen Centner Gerste. Er meine deshalb, daß das Haus über den Zoll von 2 , wie denselben der Abg. Lenzmann beantrage, nicht hinausgehen solle.
Der Abg. Uhden erklärte, die Mälzerei sei seit 1879 in Deutschland erheblich zurückgegangen. Abhülfe sei deshalb geboten. Man müsse der deutschen Brauerei Gelegenheit geben, möglichst deutsches Malz zu verwenden. Der Malzzoll sei mit dem Gerstenzoll nahe verwandt und verlange eine ent— sprechende Erhöhung. Der. Malzzoll werde auch zur Ver— schlechterung des Bieres nicht beitragen; denn ein Centner 23 ergebe 200 1 Bier und dieser solle 1,A20 66 Zoll ragen.
Der Abg. Frhr, von Gagern erklärte, es sei schwer, die rechte Höhe sür den Zoll zu finden, da dieselbe in verschiedenen Landestheilen nach den abgegebenen Gutachten verschieden be— rechnet worden sei. Würde der Malzzoll im Verhältniß zum Gerstenzoll gering sein, so würden die ein heimischen Brauereien nicht Gerste einführen, um selbst zu mälzen, sondern gleich Malz beziehen. Wenn die Malzfabrikation ins Ausland ge— trieben würde, so würde auch ein Ausfall in der Gewerbe— steuereinnahme eintreten, und dadurch nicht blos der Staat, sondern auch die Gemeinden geschädigt werden. Dasselbe gelte von den Eisenbahneinnahmen.
Der Abg. Zeitz bemerkte, die deutsche Gerste sei mit die beste, auch der mährischen vorzuziehen, wenn die letztere auch ausgiebiger sei. In Bayern werde zunächst die deutsche auf⸗ gebraucht, die dem Bier jenen eigenthümlichen Geschmack gehe; dann erst wende man sich zu der mährischen. Der Petition von einem kleinen Theile der Mälzer ständen Petitionen der gesammten deutschen Brauer gegenüber. Ein Schutzzoll für Malz bestehe bereits, denn 1878 und 1879 sei die Einfuhr mährischen Malzes bedeutender gewesen, als jetzt.
Hierauf wurde nach Ablehnung des von der Regierung beantragten Malzzolles der Antrag der freien Vereinigung an⸗ genommen (der Centner 2, 40 Mh).
Nunmehr kam der Antrag des Ahg. Racke zur Diskussion, der den Positionen der Getreidezölle folgende Anmerkung geben will: „Der Bundesrath ist befugt, die für Weizen, Roggen, Hafer, Buchweizen, Hülsenfrüchte 2c. aufgeführten Zollsütze im Falle einer Theuerung entsprechend zu ermäßigen event. voll⸗ ständig außer Kraft zu setzen.“
Der Abg. Racke befürwortele seinen Antrag. Sei die Er— höhung der Getreidezölle im Interesse der Landwirthschaft ge⸗ boten, so sei es andererseits eine unabweisbare Pflicht, Vorsorge für Fälle der Noth zu treffen, indem man dem Bundesrath die Befugniß einraͤume, die jetzt gefaßten Be= schlüsse ganz oder theilweise außer Kraft zu setzen. Man könne gegen seinen Antrag einwenden, daß demselben die Skala fehle, nach welcher betreffenden Falls die Zoll herabsetzungen einzutreten hätten, und er habe sich auch überlegt, ob es nicht besser sei, eine solche Skala aufzustellen, als die Ermäßigung des, Zolls dem Be⸗ lieben der Regierung anheimzustellen. Allein er halte dieselbe für nicht durchführbar. Der Begriff „Theuerung“ sei ver⸗ schieden je nach der Zeit, man müsse also der Regierung eine gewisse Latitude einraumen. Er möchte sich auch nicht darauf einlassen, den Reichstag mit der Entscheidung dieser Frage zu befassen; das würde nur zu Wenn rü führen. Nach reiflicher Ueberlegung habe er deshalb seinen Antrag in der Fassung eingebracht, in welcher derselbe jetzt vorliege. Der⸗ selbe sei der Zustimmung seiner politischen Freunde sicher, et hoffe aber, daß alle Parteien seinen Antrag im Interesse der ärmeren Volksklassen annehmen würden.
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staalssekretär des Reichs ⸗-Schatzamts von Burchard das Wort:
Meine Herren! Die Gründe, welche den Herrn Antragsteller geleitet haben, sind ern an sich durchaus berechtigte. Ich lann auch hinzufügen, daß ein ähnlicher Antrag — wenn auch nicht in die st Kürze — im Bundesrath bei der Gestaltung der Zolltarifnovelle Berathung gefunden hat. Der Bundesrath hat sich aber dafür ent schieden, einen solchen Zusatz in das Gesetz nicht ausfu. nehmen. Zunächst erscheint es nicht nothwendig, eine solche Delegation für den Bundesrath in dem Gesetze auszusprechen. Es ist einmal kaum abzusehen, daß in naher Zeit eine Theuerung eintreten sollte, Zuruf: Na, nah. — das ist wenigstens die Ansicht der verbündeten Negierungen gewesen, wie das die Motive näher darlegen.
Es wird Jetzt Welzen in großen Ländergebieten nicht blos in Gurepa, sondein auch in Amersta, Asien und Australien pro- ußsirt, und die Produktionsgebiete sind noch einer großen Erweiterung fäbig; es ist also kaum anzunehmen, daß ein Neißwachs des Weiieng, die gewöbnliche Ursache der Theuerung, zu= gleich in allen diesen Ländern eintreten würde, oder auch nur in einer großen Zahl. dieler Länder, und daß daraus ein erhebliches Steigen es? Pries für Weigen sich herausstellen würde. Wenn aber die Weisenpreise aller Vorgussicht nach in der nächsten Zeit nicht auf eine ungemessene Höbe lommen werden, muß naturgemäß dies auch auf die Roggen preise Einfluß üben, da, sobald sich die Nachfrage
nach Weizen in Folge niedriger Preise mehr steigert, die Nachfrage nach
Roggen naclafsen wird, und in Folge, dessen der Roggen selbst bei Mihzernten nicht so sich im Preise erhöhen wird, daß eine Theuerung ju befürchten ware. Aber ganz abgesehen davon liegen die Ver⸗ hältniffe jetzt so: Wenn wirklich ein Notbstand einträte, wenn die Frage zu erwägen wäre: müssen die Getreidezölle aufgehoben oder rmößigt werden, dann besteht gar kein Anstand, den Reichstag ein- zuberufen und eine Beschlußnahme des Reichstages zu ver anlassen.
Der Antrag würde unzweifelhaft wichtig genug sein, um zu dieser Maßregel zu schreiten. auch wenn die Zeitverhältnisse in dieser Beziehung gerade ungünstig wären, also im Semmer oder zu Weih⸗ achten, wenn der Reichstag nicht, versammelt ist. Die verbündeten Regierungen können auch nicht wünschen, Lie Verantwortlichkeit für ane so weitgehende Maßregel allein auf ihre Schultern zu nehmen, sie wünschen dabei 3 das Votum des Reichstags mit in Be⸗ ĩ igung zu ziehen. tückssttighg rn senenzuch nicht zweckmäßig sein, eine solcke Be— stimmung in das Gesetz aufzunehmen; denn das würde dahin wirken, daß die Spekulation sich zu Ungunsten der Preisgestaltung des Gegenstandes bemächtigte. ĩ —
Es wäre ja ganz naturgemäß, die Tendenz der Spekulation, wenn der Bundesrath in gewissen Fällen bei eintretender Theuerung die Zölle ermäßigen oder aufheben darf, daß die Spekulation den Preis bis an die geiogene Grenze zu treiben sucht, und wenn dann die Wirkung eintritt, wenn die Zölle aufgehoben werden, daß dann die Spefulation zu verhindern sucht, daß die Preise wieder zurücksinken, damit der Zoll nicht wieder eingeführt wird. Es würde also bloß ganz ungesunden und verderblichen Speku⸗ lasionen Nahrung gegeben werden, wenn der Bundesrath von vorn⸗ herein mit der Aufgabe betraut, sei es ermächtigt oder gar auch ver⸗ pflichtet würde. Also auch nach dieser Richtung hin empfiehlt sich eine solche Bestimmung nicht.
Was nun die Fassung des Antrags anbetrifft, so glaube ich, würde doch diese Fassung, wenn man selbst dem Antrage näher treten wollte, nicht ausreichend sein; man würde doch wohl näher fixiren müssen, wann eine Theuerung als bestehend anzuerkennen ist. Das ist aber wieder mit großen Schwierigkeiten verbunden. Wir haben in Deutschland die Preise namentlich für Weizen in ganz außerordentlichem Umfange verschieden. Wir haben in Breslau im Durchschnitte des vorigen Jahres einen Preis von 154 S6, in Lindau einen solchen von 277 S gehabt. Das sind also ganj außerordentliche Differenzen. Welche Preise sollen nun maßgebend sein? Der Durchschnittspreis wieder zwischen allen den Turchschnittspreisen? Das ist außer⸗ ordentlich schwer zu bestimmen und namentlich ist es sehr schwer, mit Schnelligkeit ein Urtheil darüber zu gewinnen, wie sich die Preisver⸗ hältnisse im Durchschnitte gestalten.
Peine Herren, ich will nach der kurzen Begründung, die der Herr Antragsteller seinem Antrage gegeben hat, davon abfehen, auf Hie Verhälmiffe, wie sie früher im Zollverein lagen, näher einzugehen. Ich behalte mir das vor für den Fall, daß etwa auf. diese Verhält⸗ niffe in der Diskussion näher zurückgekommen werden sollte.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Antrag Racke scheine ihm das Produkt einer Art von Gewissensbedrängniß innerhalb der Majorität; er möchte nur wünschen, daß der Antragsteller damit Recht behalte, daß die Annahme dieses Antrages mindestens in der Centrumspartei selbstverständlich sei. Die Centrumspartei genüge ja schon, um dem Antrag eine Mehrheit zu schaffen. Woher wisse der Staats⸗ sekretär, daß eine Theuerung in naher Zeit nicht eintreten werde? Man sei allerdings jetzt in Bezug auf Wetterprophe⸗ zeiungen fehr weit vorgeschritten, aber für die Prophezeinn—⸗ gen auf längere Zeit hinaus sei die Meteorologie noch nicht so ganz ausgebildet. Was solle un ter Theuerung verstanden werden? Man habe in den letzten Jahren nach den Korn⸗ zollerhöhungen von 1879 einen Roggenpreis von 20, Weizen⸗ preise von 22 bis 23 6 gehabt. Bereits zu Zeiten des Zoll⸗ vereins habe man einen Roggenpreis von 19 666 schon als eine Theuerung betrachtet, bei der die Zollschranke von selbst fallen müffe. Der Preis hänge auch nicht blos vom Wachs— thum, sondern auch von der Fracht ab. Je entfernter die Zu⸗ fuhr sei, je mehr sie als Faktor der Preisbildung auftrete, desto mehr komme die Seefracht in Betracht, und allseitig werde zugegeben, daß diese Seefracht jetzt so ungewöhnlich billig sei, daß die Rhederei dabei auf die Dauer nicht werde bestehen können. Im Jahre 1879 habe man ebenso billige Frachten gehabt; sehr bald nach der Annahme der Kornzölle seien sie ganz beträchtlich in die Höhe gegangen. Jetzt, bei ungewöhn⸗ lich billigen Getreidepreisen, könne es ja scheinen, als ob eine Theuerung in weiter Ferne liege und als wenn die Mehrheit ganz unbeforgt sein könne. Aber daß die Dinge sich doch sehr leicht andern könnten, das finde er in einem Centrumsorgan, dem „Westfälischen Merkur“, sehr anschaulich ausgeführt. Dort habe es jüngst geheißen, die Reden von Rickert und Genossen würden eine ganz andere Bedeutung und Beachtung finden, wenn Mißernten in großem Maßstabe unerfüllbare Anforberungen an das Budget des kleinen Mannes stellen würden; wäre nach 1879 Mißernte und Theue rung ein⸗ getreten, so würde bereits die doppelte Zahl von Deutschfrei⸗ sinnigen im Reichstage sitzen; würden jetzt Mißernten eintreten, fo würde bei der nächsten Wahl die Rechte halbirt und die Linke verdoppelt werden. Es liege also der wunderbare Zu⸗ stand vor, daß die Zusammensetzung des Reichstages, von dem unerschütterlichen Thurm des Centrums abgesehen, vom Ernte⸗ ausfall, d. h. vom Wetter abhange, Wenn man also schlechtes Wetter bekomme, so werde die Nechte aus dem Hause ent⸗ fernt. Einer von der Rechten sei schon gestern über Bord gegangen. Die Konservativen müßten sich aljo mit dem Barometer in der Hand uͤber ihre Zukunft orientiren. Rapoleon habe auch eine große Macht gehabt, aber dessen Regierung habe auch sehr nach dem Wetter sehen müssen und Napoleon sei schließlich gefallen. Seine Partei wolle gern in diesem Falle der Regierung allein die Vollmacht geben, Maßregeln zu treffen. Seine Partei wünsche also, das sehe man hier, wo es sich wirklich um das Wohl des Volkes handele, nicht die parlamentarische Regierung als Selbstzweck. Durch eine Zusammenberufung des Reichstags würde im Falle einer Theuerung die Spekulation noch vielleicht 14 Tage hingehalten und die Zufuhr zurück⸗ gehalten, weil man ja in der Zwischenzeit im Ungewissen Über die Getreidepreise sei. Der Reichskanzler seinerselts halte eine Zollherabsetzung nicht für nützlich, weil deshalb doch nicht mehr Getreide wachse. Es könne nicht leicht eine falschere Auffassung geben; freilich wachse nicht mehr Getreide, aber die Vertheilung werde eine andere: das Getreide könne bei geringerem Zoll oder zollfrei in größeren Mengen aus Amerika, aus Ostindien und, wenn man erst die subven⸗
tionirten Linien haben werde, auch aus Australien zur Theuerung nach Deutschland geführt werden. der Zweifel des Reichskanzlers wegen halte daß eine derartige Bestimmung in das Gesetz Die Bevölkerung werde sich dann daß die Majorität, welche Werde der ie Anschauung im daß es eine Partei der Brodver⸗ die auch in dieser Beziehung keine Rücksicht kenne. Wernigerode führte aus, der gestrigen Nachwahl Man wisse da werfe sich
Milderung der Aber gerade er es sür besser, selbst aufgenommen werde. beruhigen und eher voraussetzen, daß die Zölle erhöhe, ein gutes Herz für sie Antrag abgelehnt, dann sür Volke an Boden gewinnen, theuerung gebe, Der Abg. Udo Graf zu Stolberg⸗ daß der Ton des Vorredners wegen in Mecklenburg außerordentlich gewachsen sei. wie es bei soichen Nachwahlen hergehe, ͤ Fortschrittspartei in den Wahlkreis. lerdings eine bessere Organisation Aber wenn die liberale Partei sich der all⸗ r befinde, so falle doch die des Antrags Racke sei ihm ssen bestehe, wie der Abg. Siemens neulich die wirthschaftliche Bedeutung des Börsen⸗ chwankungen und
chte er, werde d
der ganze Generalstab der Die Liberalen hätten ja a für die Wahlen. gemeinen Volksstimmung gegenübe Sache anders aus. sympathisch. ausgeführt habe, verkehrs darin, daß derselbe große Preiss das Eintreten wirklicher Vertheuerungen verhindere. Theuerung sei daher nicht zu befürchten. des Antrages sei für ihn nicht präzis genug.
Der Abg. Rohland erklärte sich für den Antrag Racke, Nachdem einmal die Kornzölle angenommen seien und damit gerade den ärmsten Volksklassen das Leben vertheuert sei, müsse man wenigstens so viel Herz haben, bei eintretender Theuerung sosort die Zölle beseitigen zu können.
Der Abg. Dr. Buhl hielt den Antrag für höchst ge⸗ fährlich. Derselbe werde gerade dem Handel die Möglich— keit nehmen, zu Zeiten der Noth für die Verproviantirung des Volkes zu sorgen; denn der Handel werde in solchen Zeiten wegen der Gefahr, daß die Zölle plötzlich aufgehoben werden könnten, nicht Getreide zu importiren wagen. Man könne die ganze en, indem man entweder auf die gleitende Skala der in Fällen der Theuerung den Reichstag der dann eine Ermäßigung der Zölle be—⸗ Er stelle anheim, den Antrag der Zollkom⸗
Die Tendenz
Auch die Fassung
Frage nur lös zurückkomme, o
schließen könne. mission zu überweisen.
Der Abg. Racke erklärte sich mit der Verweisung an die Kommission einverstanden.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, wenn das richtig wäre, was der Abg. Buhl meine, dann müßte man ausdrück— stimmen, daß gerade bei hohen Getreide⸗
lich im Gesetz be 4 Beim An⸗
die Fölle nicht ermäßigt werden dürften. cke dleibe der Zeitverlust außer Betracht, den eine veranlassen müßte. Antrag solle eine Waffe gegen inländischen Wucher und Monopolisirung der Preise sein, Gutsbesitzern. Beziehung Er stimme dem Antrag Racke missionsberathung habe er nach den Arbeiten der Holzkom—⸗ Wenn er sich heute übrigens etwas je mehr seine Partei chten desto schwerer werde, zu vertheidigen, und daß die Rechte in der Debatte zeren ziehe. Die Konservativen im Verein mit dem Centrum hätten wohl die Majorität, aber ihre Autorität Für die Nachwahl in Mecklen⸗ seiner Partei als bei der ersten Wahl in demselben Kreise. ber seien so unvorsichtig gewesen in ihren dieser Nachwahl zu verkünden: „Jetzt gelte es b Bismarck oder Richter!“ — nicht zu eigen mache. b Kornzölle oder nicht,
Einberufung Reichstages gegenüber spekulirenden in dieser
mission kein Vertrauen. gehobener fühle, so komme es daher, daß, in diese Materie eintrete, es der Re sich sachlich
immer den Kür
lasse viel zu wünschen übrig. von Seiten mehr geschehen, Die Konservativen a Flugblättern bei zu entscheiden, o übrigens, die er sich durchaus sei vielmehr das Stichwort: o be ein Erbpächter gesiegt, der vom Lande und von allen Städtern unterstützt worden sei.
Der Abg. Dr. Windthorst wünschte für den Antrag Racke eine andere Fassung und deshalb nähere Prüfung in der
Nichter auch Phrasen wie i' sollten von der sachlichen Diskussion Die mecklenburger Wahl solle gezeigt Partei mit ihrer Politik gehabt ber Bord. Nun, bei den letzten n des Abg. Richter 40 über konservativer Seite darüber ngeschrei angestimmt sei, so sei das ge⸗ daß die Stimmen nicht In Mecklenburg sei weil die Nationalliberalen Das werde in Zukunst anders uchte den Redner, endlich zur Sache tzt dem Bundesrath die rlassen wolle, so liege darin t die Verantwortlichkeit auf Getreidezoll, der im Interesse der Land⸗ schaft beschlossen worden sei, herabzusetzen. Die Debatte wurde geschlossen. Heine konstatirte, Schluß der Debatte die Möglichkeit benommen sei, sichten seiner Partei klar zu legen. Der Antrag Racke wurde hier
eine Parole
Nachwahl und es ha
Konimission. Der Abg. von Köller glaubte, daß der Abg heute nur Agitationsreden gehalten habe. Brotvertheuerungsparte fern gehalten werden. haben, welche Erfolge seine habe; schon wieder sei einer ü Wahlen seien von den Freunde Bord gegangen und doch nicht ein Freude schehen, weil man gewußt habe, sondern zu wägen seien. Wilbrandt gewählt, denselben gestimmt hätten. Präsident ersucht Wenn die Linke je
wenn von
zu zählen,
zu sprechen.) die Lin bsetzung der Getreidezölle übe die Anerkennung, da aden wolle, den
ß man nich
durch den
auf an die Kommission ver⸗
ing der Position „Anis, Koriander, ie Regierung will den Zoll auf 4466 Abg. vor Kar⸗
Es folgte die Berathr Kümmel“. D freie Vereinigung auf 38 , der Anis und Kümmel einen Zoll von 3 Koriander und Fenchel einen Zoll von 3 (66 vor.
Der Abg. Ackermann erkl Fabrikanten ätheris inländischen Anis und Kü land angewiesen seien, 2 466 ermäßigen. besonderen Antrages ab Vereinbarung ni
Fenchel und erhöhen, die dorff schlägt für
arte, er würde im Interesse der die wegen des geringwerthigen mmels auf die Zufuhr vom Aus⸗ Anis und Kümmel den Zoll auf ssen sehe er von der Einbringung eines da gegen das Kompromiß der freien cht aufzukommen sei.
Der Abt. Broemel hob hervor, Erhöhung dieser Zölle sich dar daß diese Artikel theurer als seien das Papier nicht Frage sei doch die, ob erwiesen habe. statistische Tabelle fest, nichts verändert habe.
cher Oele,
daß die Motivirung der auf beschränke, zu konstatiren, Getreide seien. dem sie gedruckt seien. Die der bisherige Zollsatz sich als zu niedrig stelle die der Zolltarisnovelle beigegebene daß an den Quanten der Einfuhr sich
Es sei daher eine gerechte Forderung
werth, auf
der Industrie, daß an den Zöllen für diese Artikel nichts ver⸗ ändert werde. .
Der Abg. Kalle bat, es bei dem bisherigen Zollsatz zu belassen. Die Zollerhöhungen würden der ndwirthschaft nichts nützen, aber der Industrie erheblichen Schaden zufügen.
er Abg. Dr. Meyer (Halle) beantragte für Kümmel und Anis Zollfreiheit und fuͤr Fenchel und Koriander Vei⸗ behaltung des bisherigen Zolls. Trotz der höheren Preise sei der Anbau dieser Artikel nicht fortgeschritten; und die Fa⸗ brikaion ätherischer Oele habe sich nach Nußland gezogen. Als Schutz ;zölle seien die Zölle auf Kümmel und Anis schädlich, als Finanzzölle zu geringfügig. .
Die Vorschläge der freien Vereinigung wurden ange⸗ nommen.
Ein Vertagungsantrag wurde angenommen.
Der Abg. Dr. Windthorst erklärte zur Geschäftsordnung, er beabsichtige, nachdem in der morgigen Sitzung noch die Positionen „Mehl“ und „Champagner“ erledigt worden seien, eine Vertagung auf eine Woche, bis Montag über acht Tage, zu beantragen. Das gegenwärtige Zusammentagen der Par⸗ lamente bringe auch viele Abgeordnete in ihren häuslichen Geschäften zurück; und eine Vertagung auf kurze Zeit könne auch nur im Interesse einer gründlichen Erledigung der vor⸗ handenen Arbeiten liegen.
Der Abg. von Kardorff wünschte unter allen Umständen die Positionen zu erledigen, die eventuell noch unter das Sperrgesetz fallen könnten, namentlich Mühlenfabrikate und Schaumweine. .
Der Abg. Richter (Hagen) machte darauf aufmerksam, daß außer für diese beiden Ärtikel eine Sperre nicht eintreten könne, da die anderen noch, ausstehenden Artikel, bis jetzt zollfrei seien. Die Positionen „Mühlenfabrikate“ und „Schaumweine“ würden auch morgen noch von 2 Uhr ab er⸗ ledigt werden können. .
Der Präsident schlug deshalb vor, diese beiden Petitionen morgen vorab zu erledigen.
Der Abg. Rickert wünschte, daß während der Vertagung die Kommissionsberathungen, die jetzt mehrfach übers Knie gebrochen würden, ein langsameres Tempo annehmen und gründlicher werden möchten.
Die Abgg. Udo Graf zu Stolberg⸗Wernigerode und von Helldorff bestritten entschieden, daß die Kommissionsberathungen überhastet würden. -
Hierauf vertagte sich das Haus um 6 Uhr auf Sonn⸗ abend 2 Uhr.
— Im weiteren Verlauf der gestrigen (28) Sitzung des Haufes der Abgeordneten bemerkte bei fortgesetzter Beralhung des Etats für das Ministerium der geist⸗ lichen, Anterrichts- und Medizinal⸗Angelegen⸗ heiten der Abg. Dr. Windthorst, die Angriffe des Abg. von Eynern gegen die katholische Presse seien unberechtigt; die vorgelesenen Aeußerungen seien ihm alle als wahr und zu⸗ treffend vorgekommen. Jede Zeitung schreibe in dem Tone, der in ihren Leserkreisen Üblich sei, und in Bochum und Elberfeld müsse eine sehr deutliche Sprache gesprochen werden. Das Bild, welches der Abg. von Eynern von der katho⸗ lischen Presse entworfen habe, sei ganz frappant das Bild der „Koͤlnischen Zeitung“: was die Gemeinheit erfinden, was“ die Verlogenhit lügen könne, das sei von diefer Zeitung geleistet worden! Auch in den Wahlauf⸗ rufen für den Abg. von Nauchhaupt in Potsdam und anberswo seien Aeußerungen über die katholische Kirche zu Tage getreten, die das Centrum tief bedauere. Im Wahl⸗ kampfe habe dasselbe gerade der konservativen Partei that⸗ kräfligste Hülfe geleistet; nicht unterstützt habe es die Mittel⸗ partei, die unter Führung der Regierung das Centrum an die Wand habe drücken sollen. Der Wurm krümme sich eben, wenn er getreten werde. Feste echte Konservative habe das Centrum überall unterstützt (Rufe rechts: Wagner); der habe sich als ein fester Konservativer nicht bewährt (große Heiterkeit), er sei Kulturkämpfer ge⸗ wefen! wenn das Centrum dazu nicht in der Lage gewesen sei, dann habe es Freisinnige unterstützt und werde das mit oder ohne Erlaubniß ferner immer da thun, wo es Hülfe gegen den Kulturkampf zu finden hoffen könne. (Ruf rechts: Löwe!) Gerade der sei es gewesen; der Abg. Löwe habe während der ganzen Dauer des Kulturkampfes in der Minder⸗ heit seiner Fraktion mit dem Centrum gegen die Maigesetze gestimmt. Das Zeugniß gebe er ihm hier öffentlich, deshalb habe das Centrum für ihn gestimmt und werde ferner für ihn stimmen. Es gehe seiner Partei ja nicht mit allen Freisinnigen so, sie müsse hier gerade jo wie bei den Konserva⸗ tiven Unterschiede machen. Der Abg. von Rauchhaupt zweifle daran, daß das Centrum konservativ sei; seine (des Abg. von Rauchhaupt) Fraktion wolle die konserva⸗ tiven Grundsätze unentwegt, hochhalten; derselbe ver⸗ wechsele einfach gouvernemental und konservativ. Der päpst⸗ lich Erlaß, den der Abg. Stöcker citire, sei blos gegen die sich breitmachende Agitation in Rom gerichtet gewesen. Das Centrum werde die Anträge des Abg. Stöcker erwarten und sachlich prüfen, aber diese Prüfung müsse sich an das bestehende Necht halten. = .
Der Abg. Dr. Frhr. von Schorlemer⸗Alst erklärte, die Konservativen hätten dem Centrum bei den Wahlen nicht vergolten, was dieses ihnen sür Dienste geleistet habe; sie seien mit Sozialdemokraten, ja sogar mit Nationalliberalen gegen das Centrum zusammengegangen! Sie beklagten sich, baß das Centrum ihnen feindlich entgegenstehe; hätten ene etwa ohne Hülfe des Centrums etwas von Schutzzöllen 1879 und 1885, irgend etwas auf dem Gebiete der sozialen Frage erreicht? Einen Einfluß auf die katholische Presse habe er nie gehabt; wenn der Abg. von Eynern das nicht nach⸗ weisen könne, dann werde er ihn hier vor dem ganzen Hause beschuldigen müssen, die Unwahrheit und eine wissentliche Verleumßung ausgesprochen zu haben! (Große Unruhe. Der Präsident von Köller rief den Redner zur Ordnung, nahm aber den Ordnungsruf wieder zurück, nachdem er über die hypothetische Form der Beschuldigung sich vergewissert hatte)
Der Äbg. von Gerlach konstatirte, daß die Nachricht vom Zusammengehen des Centrums mit dem Fontschritt in den Wahlen bei allen Konservativen die tiefste Verstimmung er⸗ zeugt habe, daß es schmerzlich empfunden worden fei, daß das Centrum Albert Träger, Ludwig Löwe und derartige Herren gewählt habe. Redner zog die Reichs⸗ tagsverhandlungen vom 3. Dezember vorigen Jahres an, welche denselben Gegenstand beträfen, und fragte, ob denn das Centrum vom Abg. Träger, vom Abg. Löwe Hülfe er⸗ warte, wenn es. gelte, die Legitimität zu wahren? Nedner ging dann auf den Kulturkampf, diesen Kampf gegen die