, er m,, mmm,
Volk über Kolonialpolitik und auswärtige Politik überhaupt, sowie über die Art, wie ein Staatsmann von dem Verdienste Bismarckg zu behandeln sei, etwas besser bekannt geworden zu sein, auch Zeit gefunden zu baben, ein wenig im englischen Blaubuch zu lesen; kurz sie ind, nur wenige Tage dem Banne der Partei entrückt, zur Besinnung auf
4 besseres Selbst gekommen und haben gestern den 2. Din patrio⸗ sche Worte geredet und, was noch mehr, patriotische Beschlüsse gefaßt. Der Gouverneur von Kamerun und, was drum und dran,
ist genehmigt. Wir wollen es Hrn. von Hüne gerne glauben: auch die Anhänger des Centrums werden sich jeder⸗ zeit, wenn es Ernst wird, als gute Deutsche erweisen; aber warum erst warten bis zum Aeußersten, warum erst durch die eigensinnige Oppositton die Haltung und den Ruf des Vaterlands in der Welt draußen, den moralischen Kredit, von dem die Staaten we⸗ sentlich mit leben, wie der Privatmann vom finanziellen, erschüttern, bis das Austand Lust fühlt, uns auf der Nase zu tanzen oder doch uns an der Nase herumzuführen. Und der Freisinn, der immer so viele Fragen auf dem Herzen hat, der die Koloniaipolitik der Regie⸗ rung erst bis aufs Haar genau kennen möchte, ehe er einen Pfennig bergiebt, obgleich es ja im Voraus felsenfest ist, daß er stets die Kolonialpolitik billigt, welche die Regierung nicht hat, und umgekehrt — warum wartet auch dieser Freisinn immer so lange zu mit feinem Einlenken, bis es fast zu spät ift, bis das öffentliche Wesen schon Schaden genommen hat? Wir haben in Schwaben eine sprüchwört⸗ liche Bezeichnung, welche diese Art von Politik vielleicht zu charakteristren geeignet ist: erst den Kopf abreißen und dann ihn wieder aufzusetzen . Eine gute Politik ist das nicht, schön auch nicht, am wenigsten aber nützlich Denen, die sie treiben. . ..
— In der „National⸗gZeitung“ lesen wir: Von drei Selten, von den Konservativen, Freikonservativen und Nationalliberalen ist für die bevorstehende dritte Lesung des Etats im Reichstag die Wiederherstellung des Postens von 20 005 6 für einen neuen Direktor im Auswärtigen Amt beantragt worden. Das Centrum wird bei seinem ablehnenden Votum beharren; die Ent⸗ scheidung liegt daher bei den Deutsch-Freisinnigen. .. Es ist uns bekannt, daß innerhalb der deuischfreisinnigen Fraktion mehrfach zum Beharren bet dem Beschluß vom 15. Dezember auf⸗ gefordert wird mit der Argumentation, es sei zwar zweifellos, daß die Fraktion nach dem Verlauf der zweiten Lesung sehr wohl die in dieser verweigerte Summe in der dritten, sogar einstimmig, be willigen könne — aber es dürfe nach der Entrüstunge⸗ bewegung nicht geschehen, denn nun würde es den Anschein haben, als erfolge es unter der ‚Pression“ dieser. Unseres Erachtentz muß gerade die Selbstachtung, an welche mit einem solchen Raisonne⸗ ment Berufung eingelegt wird, abhalten, danach zu handeln. Denn dasselbe kommt darauf hinaus, daß nicht die Ueberzeugung von dem, was recht und zweckmäßig ist, das politische Thun zu leiten habe, sondern die Rücksicht auf den zußeren Schein, sogar die Furcht vor einem falschen Schein. Politiker, welche Grund haben, etwas auf sich zu halten, können unseres Er— achtens vielmehr nur sagen: ob Gegner, welche ohnehin in der Wahl der Waffen nicht skrupulös sind, uns der Unterwerfung unter eine Bewegung zeihen, in der aufrichtige Mißbilligung, tendenziöse Ueber⸗ treibung und Serviliemus bunt durcheinander liefen, das ist ganz gleichgültig, man stimmt bei der definitiven Entscheidung lediglich nach der Rügsicht 6 das, was für die Führung der Geschäfte des Landes und für die Geltung des Liberalismus das Angemessene ist. Insoweit bei der Entrüstungs-Bewegung auch tendenziöse Mache mit im Spiele war, kann den Ürhebern derselben von der deutsch— freisinnigen Fraktion offenbar kein größerer Dienst erwiesen werden, als wenn diese abermals die Verweigerung der 20 000 M bewirkt. Und gerade dann, wenn sie dies thut, handelt sie unter einer Pression; nur würde sie dann aus Besorgniß, man könnte ihr zutrauen, daß sie sich zu einem richtigen Votum habe drängen lassen, sich zu einem falschen drängen lassen.
Marin everordnungsblatt. Nr. 4. — Inhalt: Flaggen britischer Kolonien. — Posittonsbestimmung. — Instruktion für den Kommandanten. — Lebensversicherungsanstalt. — Personalverände⸗ rungen. — Benachrichtigungen.
Amtsblatt des Reichs-Postamtz. Nr. 7. Inhalt: Verfügung: vom 26. Februar 1885. Leitung der Briefsendungen nach Smyrna.
Ju stiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 9. — Inhalt: Allge⸗ meine Verfügung vom 20. Februar 1885, betreffend die Kontrole der Stempel zu den bei Generalversammlungen vorgelegten Vollmachten. — Allgemeine Verfügung vom 21. Februar 1885, betreffend die in Privatklagesachen von den Amtsgerichten an andere Behörden zu machenden Mittheilungen. — Allgemelne Verfügung vom 23. Februar 1885, betreffend den Erlaß einer Gerichtsvoll zie her⸗Ordnung.
Gisenbghn⸗Verordnungs-⸗Blatt. Nr. 4. — Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 26. Januar 1885, betr. Ausführungsbestimmungen zum Wittwen⸗ 2c. Pensionz⸗ gesetz vom 20. Mai 1882, — vom 27. Januar 1885, betr. Verwen⸗ dung von Papier im Amtègebrauch nach Normalformaten, — vom 2. Februar 1885, betr. Aenderung der Uniform der Zugführer, — vom 13. Februar 1385. betr. Auslegung des §. 5 der Allerhöchsten Verordnung vom 30. Oktober 1876, betreffend die Tagegel der und Reise⸗ kosten der Beamten der Staate eisenbahnen 2c, — vom 21. Februar 18865, betr. . der Vertretung der den Königlichen Eisenbehn ⸗Betriebs⸗ ämtern unterstellten, nicht zu den Hülfearbeitern der Betriebsämter gehörenden höheren technischen Beamten, — vom 22. Februar 1885, betr. Einholung der Genehmigung zur Veräußerung von Grundstücken. — Nachrichten.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 9. — Inhalt: Samtliches: Personalngchrichten. — Nichtamtliches: Ueber die Roth⸗ wendigkeit technischer Beauffichtigung bei Schulheizungen. — Amts. gerichtsgebäude für Balve in Westfalen. — Die Regulirung der Weser zwischen Münden und Karlshafen. — Die St fkk der Bau⸗ Unterhaltungskosten. — Vermischtesz: Amtliche Bekanntmachung. — Eisenkahnfachwissenschaftliche Vorlesungen in Preußen. — Preis⸗ bewerbung für Entwürfe jum neuen Reichsgerichtshaus in Leipzig. — Preisbewerbung für Entwürfe zu einem naturgeschichtlichen . seum in Hamburg. — Neue Drucklüftungsanlage im Königlichen Wilhelm ⸗Gymnasium in Berlin. — Neubau am Gengd'armenmarkt in Berlin. — Erweiterung des Suejkanalg. — Hydrgulische Kraft- leitung in London. — Gisenbahnfähre mit Seilbetrieb über die Meer⸗
enge von Messina. — Preisbewerbung um ein Denkmal für Robert dee in Richmond. — Technische Hochschule in Darmstadt. — Bücherschau.
Landtags Angelegenheiten.
Bei der im n e Wahlbezirk, Eisleben, statt⸗
nr . Ersatzwahl ist der zum Ober⸗Berghauptmann und Ministerial⸗
e ann , , Dr. 7 h f 5 in Berlin e Re artei) m mmen zum tglied des
der Abgeordneten wiedergewählt worden. .
Statiftische Nachrichten.
Im Mongt Februar 1885 wurden bei der All emeine Unfgll⸗Versicherungs⸗Bank in Leipzig 14 er es 4 , , Verletzungen, 6 Unfälle, die ihrer Natur nach eine gänzliche oder theilweise Invalidität erwarten laffen, und 1115
Kunft, Wifsenschaft und Literatur.
Von J. V. von Scheffels „ Gaudeamug!“ wird eine neue Ausgabe in Großoktav mit fämmtlichen in der Prachtaus—⸗ gabe desselben Werkes enthaltenen Illustrationen von A. von Werner und einigen neuen Liedern, die noch in keiner Samm- lung bis jetzt veröffentlicht sind, im Laufe des März bei Adolf Bonz u. Comp. in Stuttgart erscheinen.
— . Weltpost, Blätter für Auswanderung, Kolonisation und Weltverkehr. Herausgegeben von Richard Oberlaͤn der. — Von dieser Wochenschrift liegen die Nummern 2 und 3 vor. Der der Länder⸗ und Völkerkunde! gewidmete Theil des Blattes bringt unter der Ueberschrift. Deutschland über dem Meeren eine Serie fesselnder Artikel, welche den Lesern mit deutschen Kolonien, in Nummer 2 und 3 speziell mit Kamerun und dem Gebiete des Gabun, vertraut machen. Der Text wird durch hübsche Illustrationen erläutert. Unter der Rubrik Auswanderung und Kolonisation⸗ finden wir die Artikel: Kolonialfieber. Kolonialschwindel. Deutsche Kolonifation an der amerikanischen Westküste. Die deutsche Gesellschaft in New⸗ Jork. Deutsche Borneo⸗Gesellschaft. Ein neues Feld der Aus⸗ wanderung. Zentralgesellschaft für Cinwanderung in Rio de Janeiro. Ungntastbarer Besitzstand eines Schuldners in den Vereinigten Staaten. — Nicht minder reichhaltig sind die Rubriken „Handel und Wandel“ und „Weltverkehr und Statistik, die Bücherschau‘ und der allen Lesern zur Verfügung stehende „Briefkasten“Y.
Gewerbe und Handel.
Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im Februar er. 985 628 800 M abgerechnet worden, gegen 1 185 532 300 4 im Januar d. J.
— In der gestrigen Sitzung des Verwaltungeraths der hiesigen Diskonto⸗Gesellschaft wurde über die Bilanz des abgelaufenen Geschäfts jahres berichtet. Einschließlich des Reservevortrages aus der vorhergehenden Bilanz stellt sich der Gewinn auf 10936 026 1. Hiervon gehen ab 11093 684 M für Verwaltungskosten und 24900 000 4. für die auf die Kommanditantheile bereits bezahlte Abschlags- dividende von 409 und aus dem Restgewinn soll den Komman⸗ ditären eine Superdividende von 7660 gewährt werden. Als Reservevortrag verbleiben 1622 2566 Mα½, Nach Anhörung der Bilanz Revisionskommission erklärte sich der Verwaltungsrath mit diesen Vorschlägen einverstanden und setzte den Termin der ordent“ lichen Generalversammlung guf den 4. Mat d. J. fest. Die Bilanz⸗ vorlage des abgelaufenen Jahres ergiebt als Zinsenertrag der Platz. und anderen Pariwechsel 1109 441 M gegen 12179010 M in 1885, als Ertrag aus dem Courswechselverkehr nach Abzug der Zinsen 202 659 S6 gegen 225 366 „M in 1883, als Nettoertrag aus den eigenen Werthpapieren und dem Reportgeschäft nach Abzug der Zinsen 4189 469 S gegen 3 134237 M in 1883, als Provision aus den laufenden Rechnungen 1 862472 6 gegen 1948 105 60 in 1883. als Ertrag aus dem Zinsenkonto 1976 978 M gegen 2262 377 in 1883. Von dem Gewinn aus nicht börsengängigen Effekten sind
396 815 66 auf den rerbliebenen Bestand abgeschrieben worden. Es betragen die Kassen⸗ und Wechfelbestände 8 328 846 Ss gegen 60 359 243 S in 1883, die Reports
45 061 077 46 gegen 18222 514 4 in 1883, der Gesammtbestand der eigenen Werthpapiere einschließlich der Konsortial- Engagements 36 533 727 4 gegen 42193 266 ½ in 1883, die Accepte stellen sich auf 15 545 872 S½ gegen 14722213 4 in 1883. Nach Abzug des Eingangs aus früher abgeschriebenen Forderungen belaufen fich die Verluste aus dem Kontokorrent⸗Verkehr auf 6569 M6. Die Allgemeine Reserve, welche die statutmäßig vorgeschriebene Höhe bereits über⸗ schritten hat, stellt sich unverändert auf 12 530 890 S.
— Tie Städtische Bank zu Breslau bat im ver— gangenen Jahre inklusive des Uebertrags aus 1883 mit 61 194 M0 und inklusive eines durch Verkauf eines Grundstücks erzielten Gewinnes von 4300 M an Provisionen und Zinsen auf den einzelnen Conten in Summa 410983 M Einnahmen zu verzeichnen. Davon gehen eingezahlte Depositen und Diskontzinfen ab 90 479 S6, die Ver= waltungskosten betragen 31 359 , und für noch zu zahlende Zinsen sind 51 942 S zu reserviren, so daß ein reiner Ueberschuß von 236 294 6 verblelbt. Von diesem erhielten nach Abzug von 48 0i0 Zinsen für 3 000090 Stammkapital mit 135 060 4 die beiden ersten Beamten an Tanttme 3039 S, auf Deleredere⸗Conto werden S255 übertragen und der verbleibende Rest mit 25 666 6 wird an die Breslauer Stadthauptkasse abgeführt.
— Im Verlagsdebit der Jaegerschen Buchhandlung in Frank.
furt a. M. erschien soeben eine für alle Finanzkreise werhvolle Uebersicht, nämlich. Statistik der deutschen und öster⸗ reichisch⸗ungarischen Aktiengesellschaften, heraus
gegeben von der Redaktion des Frankfurter Aktionärs“ sPreitz 1 ). Neben einer kurzen Einleitung enthält diese klare Uebersicht: 1) Name der Aktiengesellschaft, 2) Aktien kapital. 3 Betrag der Aktie. — 4) Dividende der Jahre 1880 bis 1883.
— Was verdienen die englischen Arbeiter? — Professor Leone Levi hat schon zweimal, in den Jahren 1867 und 1879, auf Wunsch des großen Brauereibesitzers Baß Untersuchungen über englische Arbeiter õhnungen angestellt, welche zwar keine ganz zuver= lässigen Ergebnisse hatten, aber doch bisher das beste Ma— terial zur Beurtheilung der Lage der englischen Induftrie— arbeiter boten. Neuerdings hat der genannte Gelehrte müt Unterstützung des. Sohnes jenes Großindustriellen, Sir Arthur Baß, eine Privatenquete über dieselbe Frage veranstaltet, welche nach dem Journal des Economistes“ Folgendes ergab. Im Jahre 1881 waren im Vereinigten Königreiche rund 12 2665660 Är— beiter vorhanden gegen 11018 690 in 1867, ihre Zahl hatte sich alfo um ungefähr 11 9 vermehrt. Seit 1867 stieg das durchschnittliche Einkommen eines englischen Arbeiters von 38 Kauf 42 R 14 8h im Jahre 1884, was einer Zunahme ron 12.400 entspricht. Das Jahreseinkommen der höheren und mittleren Klassen der Bevölkerung hat augenscheinlich in noch höherem Maße zugenommen als das der Arbeiter; für die ganze Nation wird dasselbe in 1884 von Prof. Levi auf eine Milliarde Pfd. Sterl. geschätzt. New⸗Yort, 2 März. (W. T. 3 Weizenverschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 48 609, do. nach Frank⸗ reich 11 900, do. nach anderen Häfen des Kontinents 265 006, dh. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 56 00, do. nach an—= deren Häfen des Kontinents — Orts.
— . 3. März. (W. T. B.) Der Werth der Produkten aus fuhr in der letzten Woche betrug 5 869 006 Dollars.
Verkehrs⸗Anstalten.
Stettin, 4. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Stettiner Lloyd „Martha“ ist gestern von New-Jork via Gothenburg nach Stettin abgegangen.
New⸗JYJork, 3. März. (W. T. B.) Der Dampfer Weste rnland' der Red Star Line ist hier eingetroffen.
Berlin, 4 März 1885.
Im Königlichen Museum ist in der Abtheilung der neueren Bildwerke seit Kurzem eine Marmorgruppe in reichlich halblebensgroßen Figuren ausgestellt, die von Frau Leonie Kästner in Erinnerung an ihren verstorbenen Gatten, den Komponisten Pr. Georg Käftner in Straßburg, Sr. Majestät dem Kaifer bargebracht und von Allerhöch tdemfelben den Königlichen Museen überwiesen wurde. Es ist eine Darstellung der von pollo ver⸗
Unfälle von voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbtzunfähigkeit der Verletzten, zusammen 1134 Unfälle . sen.
fol 6 en und unter seiner Berührung sich in den Lorbeerbaum verwandeln den Dap hne, die in der ganzen Anlage wie in den verschiedenften Details
und der sie eben einholenden männlichen Figur, sowie in der Art und Weise, wie die beginnende ——— * veranschaulicht wird, sofort an die bekannte Gruppe des Bernini erinnert und fast als eine freie, mehr ins Zarte und Liebenswürdige gestimmte Wiederholung derselben bezeichnet werden v. Nach linkshin in der Komposition unklar und unübersichtlich, fesselt die Gruppe, die der Sammlung ein interessantes Beispiel der späteren französischen Skulptur des achtzehnten Jahrhunderts zuführt, in der rechten Seiten. und in der Vorderan icht trotz des barocken, völlig unplastischen Motivs durch ein graziöses Spiel der Linien und durch eine feine und weiche Durchbildung der Formen. Bei dem früheren Befißer galt sie als ein Werk des berühmten Jean Baptiste Pigalke, von dem das Museum die prächtig bewegte, lebensgroße Marmor⸗ figur eines sitzenden Merkur aus dem Jahre 1748 sein eigen nennt. — 46 andere Vermehrungen durch Ankäufe und Geschenke, in
rbeiten aus Marmor, in Hozschnitzereien, in Elfenbeinrellefs, in der kleinen italienischen Bronze eines Pferdes von Lionardoschem Typus und in einer stattlichen Reihe bemalter Stuckreliefs bestehend, haben den durch Hinzunahme eines dritten Kompartiments des römischen Saales erweiterten Raum der Abtheilung bereits wieder vollstãndig gefüllt. Von besonderem Interesse sind unter diesen Erwerbungen die zum Theil auch in der Färbung trefflich erhaltenen r m mn fen zumeist Darstellungen der Madonng mit dem Kinde, daneben aber auch solche der Kreuzigung und einer Pietä, die als gleichzeitige Nachbildungen theilweise verlorener Originalwerke hervorragender Meister der ita⸗ lienischen Renaissance eine nicht geringe künstlerische und kunst⸗ geschichtliche Bedeutung beanspruchen und in den für die Berliner e n erworbenen Stücken mehrfach auf Donatello zurückzu⸗ ühren sind.
In der letzten zwanglosen Sitzung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe hielt, nach Erledigung verschiedener geschäftlicher Angelegenheiten, der Architekt Walls einen Vortrag uͤber Archi= tektur und Kunstgewerbe'. Der Redner wies darin die mehrfach ausgesprochene Ansicht, daß das Kunstgewerbe sich möglichst von der Leitung der Architekten emanzipiren müsse, zurück und zeigte an den Beispielen hervorragender Architekten, wie Schinkel, Semper u. A. daß von diesen eine außerordentliche Hebung des Kunstgewerbes au— gegsngen sei. Ein Zusammen wirken der Kunsthandwerker mit den Architekten werde stets nöthig sein und werde auf der Basis gegen—= seitigen Vertrauens gute Resullate haben. Der anregende Vortrag gab zu einer längeren lebhaften Diskusston Veranlassung.
Ausgestellt waren Entwürfe und ausgeführte Glasgemälde des Glasmalers Birkmeyer in München; zwei große und zwei kleinere ie sn, mehrere einzelne Scheiben 2c, mit figürlichen Dar⸗ tellungen von außerordenflicher Schönheit der Erfindung und in vollendeter Technik gemalt; — ferner eine Anzahl neuer, trefflicher Radirungen von Mannfeld, dem bekannten Meister in dieser Kunft: das Rathhaus zu Breslau, die Albrechtsburg zu Meißen (mit dem akademischen Preise gekrönt), die bei Amsler u. Ruthardt hier er schienenen Briefbogen mit radirten Ansichten von Berlin u. a. m. Der Regierung ⸗Baumeister Andres legte eine Reihe fehr gelungener, von ihm in Aquarell ausgeführter Aufnahmen von Wanddekoratlonen aus Italien, einen Zeitraum von zweitaufend Jahren umfassend, vor, Geheimer Regierungs-Rath Dr. Reuleaux das soeben erschienene „Spanische Album“.
.Der Brandenburgische Provinzialverein zur Be— kämpfung des Vagabondenthums hielt gestern Abend unter Vorsitz des Grafen Zieten⸗Schwerin im Evangelischen Vereins hause die zweite Generalversammlung ab, der Mitglieder aus allen Theilen der Provin; beiwohnten. Der Bericht, den der Vorsitzende erstattete, gewäbrte einen interessanten Einblick in jene Bestrebungen, die sich gerade in letzter Zeit überall so mächtig geltend gemacht haben. Seine Hauptthätigkeit hat der Verein von Bestehen an der Kolonie Friedrichswille zugewendet, in der im letzten Jahre 607 Mann auf⸗ genommen wurden. 135 von diesen waren Arbeiter, 54 Tuchmacher, 38 Schuhmacher, je 22 Kaufleute und Schlosser und 21 Bäcker. 346 waren aus Brandenburg, 99 aus Schlesien, 50 speziell aus Berlin, 428 waren ledig, 112 verheiraihet, 50 verwitiwet, 17 geschieden, der Religion nach waren 527 evangelisch, 4 reformirt, 73 katholisch und 3 jüdisch, dem Alter nach 14 unter 20, 532 zwischen 20 und 56 und 60 über 50 Jahre. Abgewiesen wurden wegen Ueberfüllung 498 Per⸗ sonen. Entlassen wurden 456 und zwar 264 in Folge des Eintritts in Arbeit, 215 auf eigenen Wunsch und 20 wegen Verstoß gegen die Haußordnung, 16 sind entlassen und einer verstarb. Die 456 entlassenen Kolonisten haben 25 893 Arbeitstage gehabt und war 6022 ohne Vergütung und 19 871 Tage mit ins gesammt 4773 Vergütung. 114 wurden mit einer Schuldforderung an sie von l077 “ entlassen. Davon haben 84 Mann 792 ½ zurückgezahlt, während die Schuld bei 30 Mann noch offen steht. Durchschnitztkich sind die entlassenen Kolonisten 72 Tage verpflegt worden. Das Be⸗ tragen der Kolonisten war fast durchweg ein musterhaftes. Auch die Verpflegungsstationen haben segensreich gewirkt. Ihr Erfolg ist am Besten daraus zu erkennen, daß im 1. Semester 1884 die Anträge auf Bestrafung von Landstreichern sich um 2421, die Zahl der Korrektionssträflinge um 1553 gegen das Vorjahr vermindert hat. Die Gesammteinnahmen des Vereins haben bisher betragen 2568 815, die Ausgaben 249 910 4, so daß ein Defizit von 11 096 6 verblieb. Pastor Kockel ke, Reppen berichtete sodann über die innere Einrichtung der Kolonie Friedrichswille.
Das Ostseebad Heiligendamm, welches im Jahre 1793 von dem Herzoge (nachmaligen Großherzoge) Friedrich Franz von Mecklenburg Schwerin als das erste deutsche Seebad gestiftet wurde, ist in einer kürzlich in Berlin gehaltenen Generalversammlung der Aktiengesellschaft Heiligendamm, an welche es vor 12 Jahren von dem verewigten Großherzoge Friedrich Franz II. veräußert ward, an Hrn. Gantzlin, dem bisherigen Direktor der Badeverwaltung, und den Hotelbesitzer Upplegger in Rostock verpachtet. Die Pachlung umfaßt das ganze Seebad mit Aueschluß der Wal drestauration. Bie jähr= liche Pacht beträgt 60 000 46 und der Pachtkontrakt ist, wie ver⸗ lautet, auf 12 Jahre abgeschlossen.
London, 3. März. (W. T. B.) In einer Kohlengrube bei Usworth unweit Neweastle wurden in der vergangenen Nacht 36 Grubenarbeiter durch schlagende Wetter getödtet.
Das Benefiz. des Hrn. Well hof, welcheß am Freitag im Friedrich Wilhelmstädtischen Theater die 160. Vorstellung von . Gatparone“ bringt, wird auch in diesem Jahre sich zu einem jener intimen Theaterfeste gestalten, welche den innigen Rapport jwischen Darsteller und Publikum beweisen. Schon jetzt zeigen sich in, zahlreichen Billetbestellungen die Sympathien, deren ö. der Künftler erfreut.
Belle ⸗Allian ge⸗Theater. Die Aufführungen der lustigen Posse „Ein gemachter Mann“ werden für zwei Tage (Sonnabend und Sonntag) unterbrochen, da Hr. Direktor Theodor Lebrun sich bereit erklärt hat, dem allgemeinen Wunsch des Publikums. nachzu⸗ kommen und an diesen beiden Tagen als „Boktor Klaus‘ in L'Arronge's gleichnamigem Lustspiel aufzutreten.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Eypeditton (Scholz). Druck: W. Gisner- Sechs Beilagen (einschließlich Börsen · Beilage).
Berlin:
der Komposition, in der Bewegung der fliehenden wesblichen
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
—
Er ste Beilage
Berlin, Mittwoch, den 4. März
1885.
W 54.
Personalver änderungen.
Königlich Preußische Armee. — Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. m aktiven Heere. Berlin, 24. Februar. Graf v. Schlieben, ec. Lt. vom J. Garde ⸗Regt. zu Fuß, in das Inf. Regt. Nr. 85 versetzt. v. Leszezynski, Hauptm. und Comp. Chef von der Haupt ⸗Kadettenanstalt, dessen Kommando zur Dienstleist. bei dem Rebenetat des Großen Generalstabes bis ult. März er. verlängert, — 26. Februar. Zimmermann, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. J8, unter Stellung à la snite dieses Regts.;, als Lehrer zur Kriegsschule in Metz verfetzt. v. Wunsch, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 98, zum Hauptm. und Comp. Chef, v. Bro nikowski, See. Lt. von dems. Regt, zum Pr. Lt. befördert. v. Spoenla, Sec. Lt. vom Ulan. Regt. Nr. 10, in das Drag. Regt. Nr. 14 versetzt. . Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 24. Februar. Weiß, Pr. Lt. von der 1. Ingen. Insp., der Abschied
bewilligt. XII. (Königlich Sächsisches) Armee⸗Corps.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen— Im aktiven Heere. 22. Februar. Baumann, Hauptm. und Intend. Rath im Kriegs-⸗Ministerium, als Comp. Chef zum Inf. Regt. Nr. 1096 versetzt Weber, Oberst Lt, und etatsmäß,. Stabs⸗ offiz. des Inf. Regts. Nr. 105, mit der Führung des Inf. Regts. Rr. 103 beauftragt. Frhr. v. Reitz enst ein, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 105, ein Patent seiner Charge verliehen.
chr. vx. Müller, Pr Lt. vom Garde⸗Reiter ⸗Regt., zum Rittm. u.
scadr. Chef, vorläufig ohne Patent, befördert. v. Mangoldt⸗— Reiboldt, charakteris. Pr. Lt. vom Garde⸗-Reiter⸗Regt., zum etats⸗ mäßigen Pr. Lt. mit einem Patent vom Tage der Charakterisirung ernannt. v. Metz sch, See. Lt. vom 1. Ulanen-Regiment Nr. 17, zum Garde⸗Reiter ⸗Regt. versetzt. v. Seydlitz, Pr. Lt. vom Feld⸗ Art. Regt. Nr. 28, zum Hauptm. und Battr. Chef im Feld-Art. Regt. Nr. 12 befördert. Sander, charakteris. Pr. Lt. vom Feld ⸗ Art. Regt. Nr. 28, zum etatsmäß. Pr. Lt. mit einem Patent vom Tage der Charakteris. ernannt. Brunner, Sec. Lt. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 12, zum Pr. Lt. befördert. Mehlhorn, Sec. Lt. vom Fuß ⸗Art. Regt. Nr. 12, der Char. als Pr. Lt. verlieben. Rück ⸗ beil, Nötzel, Sec. Lis. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 2, Meisl, Sec. Lt. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 28, zum Fuß⸗Art. Regt. Nr. 12 versetzt. Vieweg, Pr. Lt. vom Pion. Bat. Nr. 12, zum Hauptm. und Comp. Chef, Krahl, Sec. Lt. von dems. Bat., zum Pr. Lt., befördert. .
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 17. Fe⸗ bruar. v. Süßm ilch, gen. Hörnig, Oberst und Commandeur des Inf Regts. Nr. 193, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches, unter Verleihung des Charakters als General- Major, mit Pens, und der Erlaubniß zum Tragen der Generalsunif. mit den ,,,, Abzeichen, zur Diep. gestellt. — 22. Februar. v. Elterlein, Pr. Lt. vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 12, diesem unter Verleihung des Charakters als Hauptm., Kirchgeßner, Sec, Lt. vom Train⸗Bat. Nr. 12. mit Pens. und der . zum Tragen der Armee Uniform der erbetene Abschied bewilligt. Apel-⸗Pusch, Major z. D., in Genehmigung seines Gesuches, unter ortgewährung der gesetzlichen Pension und mit der Erlaubniß zum Forttragen der Unif. des Garde⸗Reiter⸗Regiments, mit den vorgeschriebenen Abzeichen, der Abschied bewilligt. .
Im Beurlaubtenstande. 22 Februar. Graf v. Wall- witz, Hauptm. von der Res. des Schützen-Füs. Regts. Nr. 108, diesem mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee ⸗Uniform, Gruner, Pr. Lt. von der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 106, der erbetene Abschied bewilligt.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 24. Februar. Frhr. v. Hügel, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 122, v. Ra ben, Pr. Lt. im Inf. Regt. Nr. 121, unter Beförderung zu Hauptleuten und Comp. Chefs in das Inf. Regt. Nr. 126, Roos, Pr. Lt. im Fuß -Art. Bat. Nr. 13, in das Feld · Art Regt. Nr. 27), He in burg, Sec. Lt. im Feld ⸗ Art. Regt. Nr. 13, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Fuß ⸗‚Art. Bat. Nr. 13, versetzt. Lebret, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 125, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Inf. Regt. Nr. 122 versetzt. Ruthardt, See. Lt. im Inf. Regt. Nr. 121, zum Pr. Lt, Böhringer, Sec. Lt. im Inf. Regt. Nr. 120, unter Vorbehalt der Patentirung, zum Pr, Lt., befördert. Sch weizerbarth, außeretatsmäß. Sec. Lt. im Feld⸗ Art. Regt. Nr. 29, zum Art. Offiz. ernannt.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 4. März. Im weiteren Verlauf der gestrigen (657.) Sitzung des Reichstages nahm das Haus die Berichte der Wahlprüfungs-Kommission entgegen.
In Bezug auf die Wahl des Abg. von Winckelmann (10. Breslau) beantragte die Kommission:
1) die Wahl für gültig zu erklären;
2) die auf Herrn von Winckelmann gefallenen 1551 Stimmen, welche mit Unrecht für ungültig erklärt sind, weil aus den abge⸗ gebenen Stimmzetteln die Person des Gewählten nicht unzweifel⸗ haft zu erkennen sei, für gültig zu erklären.
Der Abg. von Grävenitz befürwortete als Referent den Antrag der Kommission. Bei der Stichwahl im Walden⸗ burger Kreise habe Fürst Pleß 7714, Hr. von Winckelmann 9573 Stimmen erhalten. An der Gültigkeit der Wahl sei von keiner Seite Zweifel erhoben worden, wohl aber habe sich die Kommission überzeugt, daß von verschiedenen Wahl⸗ vorständen 16551 Stimmen zu Unrecht für ungültig erklärt seien, da in Bezug auf die Identität hes Gewählten gar keine Zweifel haben entstehen können. .
Der Abg. Schrader bemerkte, im Wahlkreise Waldenburg habe die Wahl das überraschende Resultat gehabt, daß ein ganz unbekannter Kandidat über den langjährigen Vertreter gesiegt habe. Daß so viele Stimmen bei der Wahl für un⸗ gültig erklärt worden seien, habe seinen Grund darin, daß die Stimmen auf den Hrn. von Winckelmann abgegeben ge⸗ wesen seien, der Landraih aber, der zugleich Wahlkommissarius gewesen sei, am Tage vor der Wahl den Wahl⸗ vorständen bekannt, gemacht habe, daß Hr. von Winckel⸗ mann nicht berechtigt sei, den Adel zu führen. Das sei aber nicht der Fall. Hr. von Winckelmann sei berechtigt, den coburgischen Adel zu führen. Die auf den Namen von Winckelmann abgegebenen Stimmzettel seien deshalb mit Un⸗ recht für ungültig erklärt worden.
Der Abg. von Köller entgegnete dem Abg. Schrader, daß jenem Landrath eine böswillige Absicht mit seiner Bekannt⸗
machung jedenfalls fern gelegen habe, und daß die Vorgänge bei jener Wahl genügend in der Kommission gewürdigt seien. Auch werde wohl das Versehen bereits rektifizirt sein.
Der Antrag der Kommission wurde angenommen.
Die Wahlen der Abgg. Rickert (8. Potsdam), Halben (6. Schleswig), von Vollmar (2. Oberbayern), Äckermann (6. Sachsen), Antoine (14. Elsaß⸗Lothringen), Oetker 1. Cas⸗ ieh und von Alten (13. Hannover) wurden für gültig erklärt.
Bezüglich der Wahlen der Abg. Dr. Lotz (2. Cassel) und Payer (6. Württemberg) wurden auf Antrag der Kommission die Anstellung weiterer Ermittelungen beschlossen. .
Die Wahl des Abg. Dr. Hänel (7. Schleswig⸗Holstein) beantragte die Kommission für gültig zu erklären und außer⸗ dem Ermittelungen zu beschließen. .
Der Abg. von Vollmar erklärte, am 5. Februar hätten auch Wahlprüfungen vorgelegen, bei denen es zu einem möglichen Konflikte zwischen Reichstag und Regierung hätte kommen können. Der Beschluß vom 5. Februar sei einem möglichen Konflikte aus dem Wege gegangen. Er gehöre nicht zu Den⸗ jenigen, die einem Konflikt aus dem Wege gehen würden, namentlich wenn derselbe von der Rechten etwa vom Zaune gebrochen sei. Es sei empfunden, daß gar keine Veranlassung vorgelegen habe, bei dieser Gelegenheit nun plötzlich Seitens der Regierung ein Recht des Reichstages in Frage zu ziehen. Würde damals der Beschluß gefaßt sein, daß man einfach in der alten Weise vorgehen und dann abwarten wolle, was die Regierung thun werde, so würde er dem vollkommen haben beistimmen können. Man habe es für besser erachtet, einem Konflikte dadurch aus dem Wege zu gehen, daß man das Pressionsmittel des Reichstages, die Waffe, wodurch der Reichstag in der Lage sei, unter allen Umständen nach der Verfassung Ermittelungen anstellen zu lassen, nicht aus den Händen gelassen habe. Nachdem dieser Beschluß gefaßt sei, erfordere es die Konsequenz, daß das Haus heute ganz ebenso beschließe. Die Regierung erkläre, wenn sie es für angemessen erachte, werde sie die Ermittelungen veranlassen, sie halte sich aber nicht für verpflichtet, es unter allen Umständen zu thun. Es entspreche nicht der Würde des Reichstages, wenn die Kommissionen erst lange Zeit debattirten, ob solche Ermittelungen nothwendig seien oder nicht, und die Regierung sage dann einfach, darüber habe sie die oberste Entscheidung zu treffen. Das Haus müsse auch hier die Gültigkeitserklärung der Wahl aussetzen; man müsse dieses Mittel anwenden und sich nicht dem guten Willen der Regierung anheimgeben. Auch für die Betroffenen sei das keine so große Strafe, der Abgeordnete habe Sitz und Stimme, und er glaube sehr wohl, daß ein einzelner Wahlkreis es auf sich nehmen könne, wenn es sich um ein Recht des Reichstages handele. Er begnüge sich damit, daß er dem Hause seinen Antrag empfehle, welcher mit dem des Abg. von Heereman vom 5. Februar genau parallel laufe und dahin gehe, daß für die genannten drei Wahl—⸗ prüfungen die Gültigkeitserklärung ausgesetzt und die Regie⸗ rung ersucht werde, die beantragten Erbebungen zu veran⸗ lassen, sowie bem Reichstage von deren Ergebniß Mittheilung zu machen. .
Hierauf ergriff der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗Minister von Boetticher das Wort:
Der Herr Vorredner hat ja in seiner Weise sehr milde ge⸗ sprochen und hat in mir den Eindruck hervorgerufen, daß es seine Absicht sei, möglichst ohne eine ernstere Differenz aus der gegenwärtigen Frage herauszugehen. Er hat sich aber doch nicht enthalten, mir vorzuwerfen, daß ich den Konflikt, um den es sich möglicherweise handeln könne, vom Zaun gebrochen habe, und gegen diese Auffassung muß ich mich wenden und den Herrn Vorredner an die historische Entwickelung der Debatte vom 5. Februar erinnern.
Nicht ich habe den Zweifel, ob der Antrag der Wahlprüfungs⸗ kommission ein korrekter sei, aufgeworfen, sondern das ist aus der Mitte des Hauses von Hrn von Kardorff geschehen, und erst nach⸗ dem Hr. von Kardorff diesen Zweifel angeregt hatte, habe ich mich veranlaßt gesehen, die Auffassung der Regierung über die Frage der Korrektheit des Antrags der Wahlprüfungskommission kundzugeben. Ich hatte um so mehr Veranlassung, mich auch über diese Frage zu äußern, als nicht aus meiner Initiative heraus die Zweifel über die Berechtigung solcher Anträge aufgeworfen sind, sondern als aus dem Schooß der ver⸗ bündeten Regierungen die Frage an uns herangetreten ist, ob der Reichstag nicht in der Aufforderung, Erhebungen zu veranlassen über die Vorgänge bei einer bestimmten Wahl, nachdem er die Wahl selbst für gültig erklärt habe, über die ihm durch Lie Verfassung beigelegten Rechte hinausgehe. Ich erinnere aber auch den Herrn Abgeordneten weiter daran, daß ich damals ausdrücklich betont habe, es liege mir das Bedürfniß, irgend eine ernstere Differenz hervorzurufen, durchaus fern, ich wolle nur kein Hehl daraus machen, wie die Frage von Seiten der verbündeten Regierungen beurtheilt wird. Man kann mir also wirklich den Vorwurf, den auch der Hr. Abg. Richter in einer Verhandlung nach dem 5. Februar zu einem Ausfall gegen mich benutzt hat, zu einer Zeit, wo ich hier nicht gegenwartig war, nicht aufrecht erhalten; ich babe meinerseits nichts weiter thun wollen, als die Gründe
der Interpretation, wie sie die Regierung an den betreffenden Ver⸗ fassungsartikel legt, hier vorzutragen. .
Was die Sache selbst anlangt, so habe ich ja dem hohen 6 selbstverständlich anheimzustellen, wie es beschließen will, ob es die Wahl fur gültig erklaren oder die Frage der Gültigkeit der Wahl aussetzen will. Weder in dem einen noch in dem anderen Falle wird ja dem verfassungsmäßtigen Rechte der Regierung, des Bundesraths und des Herrn Reichskanzlers irgendwie präjudizirt. Hat der 6. Reichskanzler das Recht, die ihm angesonnene Erhebung abzulehnen und die Auskunft, die der Reichstag fordert, zu versagen, so wird es ihm durch einen solchen Beschluß nicht genommen, obwohl ich wiederholen darf, was ich schon neulich gesagt habe; daß, wenn der Reichttag einen solchen Beschluß faßt, es der Höflichkeit und Konvenienz ent spricht, demselben, so weit nicht gewichtige Bedenken entgegenstehen, stattzugeben. Ich wiederhole, ich halte es für korrekt, wenn der Reichstag diejenigen Thatsachen, die auf die Gültigkeit der Wahl keinen Einfluß haben, ohne deren Eruirung er also das Wahl⸗ prüfungsgeschäft vollziehen kann, einfach der Regierung zur Kenntniß bringt und es der Exekutive überläßt, was an Remedur diesen That sachen gegenüber zu verfügen ist.
Meine Herren! Sie können auch auf dem anderen Wege — und ich sage das wiederum nicht, um irgendwelche Differenzen hervor ⸗
urufen — nicht weiter. , Wie gesagt: hat der Herr Reichskanzler das Recht, die Auskunft
abzulehnen, so wird es ihm durch einen Beschluß des Reichstages
nicht genommen, und es könnte sogar — ich mache wieder den Vor⸗ behalt, daß ich keine Differenzen hervorrufen will — die Frage auf⸗ geworfen werden in casu eonereto, ob, wenn die Entscheidung über die Gültigkeit vorbehalten bleibt, und gleichwohl eine Erhebung be⸗ antragt wird, die auf die Frage der Gültigkeit absolut keinen Einfluß hat, der Herr Reichskanzler in solchem Falle auch auf Grund des e. Verfassungsartikels gehalten wäre, die Erhebung zu ver⸗ anlagen.
Also, meine Herren, ich halte es für das Korrekte, wenn Sie die Aufmerksamkeit der Regierungen auf die Unregelmäßigkeiten, die bei den Wahlen vorgekommen sind, hinlenken. Die Regierungen haben nicht minder das Interesse wie Sie, dafür zu sorgen, daß die Reichstagswahlen sich dem Gesetze gemäß vollziehen. Es ist nirgends ein Parteiinteresse dabei in medio; denn wo es sich um Verstöße gegen das Gesetz und die Verfassung handelt, da sollten doch alle Parteien mit uns darin einig sein, daß solche Verstöße abgestellt werden müssen, und die Regierungen werden nicht die letzten sein, die da, wo es sich um solche Verstöße handelt, auch bereit sind, die bessernde Hand anzulegen.
Der Abg. France hielt es nicht für angezeigt, eine spruchreife Sache zu verzögern, um damit auf die Regierung einen Druck auszuüben, und bat, die Kommissionsvorschläge anzunehmen.
Der Abg. von Köller befürwortete einen Antrag dahin, dem Reichskanzler unter Mittheilung des Kommissionsberichts anheimzugeben, die bezüglichen Erhebungen zu veranstalten und dem Reichstage von dem Ergebniß Mittheilung zu machen.
An der weiteren Debatte betheiligten sich noch die Abgg. von Vollmar, Parisius und Dr. Marquardsen; in der Ab⸗ stimmung wurde der Antrag von Vollmar, die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl auszusetzen, angenommen; der Kommissionsantrag war damit beseitigt.
In derselben Weise wurde bezüglich der Wahl des Abg. Dr. Virchow (2. Berlin) beschlossen.
Die Berichte über die Wahlprüfungen der Abag. Witte (2. Sachsen⸗Meiningen) und von Estorff (17. Hannover) wurden auf Antrag des Abg. von Köller an die Wahlprüfungs⸗ kommission zurückverwiesen.
Bezüglich der Wahl des Abg Zeitz (1. Sachsen⸗Meiningen) wurden Ermittelungen über Vorgänge beim Wahlakt vom Hause gewünscht.
Die Denkschrift über die Ausführung der seit 1875 erlassenen Anleihegesetze wurde ohne Debatte durch Kenntniß⸗ nahme für erledigt erklärt.
Es folgte die erste und event. zweite Berathung der Novelle zum Reichs⸗Militärgesetz vom 2. Mai 1874.
Der Entwurf wurde nach einem Antrage des Abg. Freiherrn von Maltzahn⸗Gültz in folgender Fassung ange⸗ nommen:
Der 5§. 30 des Reichs ˖Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 erhält unter Nr. 3a und b folgende Fassung?
3) Die mit den ständigen Geschäften der Heeresergänzung be⸗ trauten Behörden sind:
a. für den Aushebungsbezirk die Ersatzkommission, bestehend aus einem Offizier, in der Regel aus dem Landwehr⸗Bezirks ⸗ Com- mandeur und aus einem Verwaltungsbeamten des Bezirks, oder wo ein solcher Beamter fehlt, einem besonders zu diesem Zwecke be⸗ stellten bürgerlichen Mitgliede,
b. für den Infanterie⸗Brigadebezirk die Ober ˖ Ersatzkommission, hestehend in der Regel aus dem Infanterie⸗Brigade⸗Commandeur und aus einem höheren Verwaltungsbeamten.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Ergänzung des §. 72 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 will diesem Paragraphen folgenden Wortlaut geben:
Ein Reichsbeamter, welcher die ihm obliegenden Pflichten ver⸗ letzt, 3 6 ein Dienstvergehen und hat die Disziplinarbestrafung verwirkt.
Wegen Handlungen, welche ein Reichsbeamter vor seiner An⸗ stellung im Reichsdienste begangen hat, ist ein Disziplinarverfah⸗ ren dann zulässig, wenn jene Handlungen die Entfernung aus dem Amte begründen.
War der Beamte vorher im Dienste eines Bundesstaates an⸗ gestellt, so unterliegt er wegen aller in diesem Dienstverhältnisse 3 Dienstvergehen den Vorschriften des gegenwärtigen
esetzes.
Der Abg. Dr. Hartmann erklärte sich mit der neuen Fassung im Wesentlichen einverstanden, beantragte aber zur Behebung einiger Zweifel die Niedersetzung einer Kommission von 14 Mitgliedern zur Vorprüfung des Entwurfs.
Der Abg. Kayser bemerkte, nach den Verhandlungen, die jüngst im preußischen Abgeordnetenhause gepflogen seien, müsse es etwas Befremden erregen, daß dem Hause ein Gesetzentwurf wie der vorliegende vorgelegt worden sei. Auch seine Partei vertrete die Ansicht, daß eine Rehabilitation zulässig sei, wünsche deshalb aber auch, daß nicht zu sehr nach der Vergangenheit der Beamten geforscht werde, und zwar solle das für alle Beamten gelten, nicht nur für die, welche in der Lage seien, Leute gesund zu machen. Seine Partei könne deshalb dem vorliegenden Gesetze nicht zustimmen und habe ein Gleiches auch von der Rechten vor⸗ ausgesetzt, die ja aus religiösen Gründen die Rehabilitation erst jüngst noch im Abgeordnetenhause vertreten habe. Er halte aber die Vorlage auch nicht für nöthig Man könne doch nicht sagen, daß bis jetzt, wo der⸗ artige gesetzliche Bestimmungen gefehlt hätten, viel un⸗ reine Clemente in den Beamtenstand eingedrungen seien. Der einzige Effekt des Gesetzes würde sein, daß auch die Beamten im Reich immer mehr à discretion der Regierung
estellt würden. Deshalb sage er, was dem Professor recht ei, sei dem Reichsbeamten billig. .
Der Gesetzentwurf wurde an eine Kommission von 14 Mitgliedern verwiesen.
Ein Vertagungsantrag wurde angenommen. .
Ueber den Vorschlag des Präsidenten, morgen mit der dritten Berathung des Etats zu beginnen, entspann sich eine längere Geschäftsordnungsdebatte. .
Der Abg Kayser bat, statt dessen morgen einen Schwerinstag abzuhalten. Das von seiner Partei vorgeschlagene Arbeiterschutz⸗ gesetz könne sonst leicht nicht mehr zur Erledigung kommen, ebenso die Anträge Ackermann und von Kardorff. Der Etat dagegen werde noch sehr wohl bis zum 1. April fertig, wenn derselbe auch erst am Donnerstag auf die Tagesordnung ge⸗ setzt werde. Außerdem sei den Mitgliedern des Hauses die Zusammenstellung des Etats nach den Beschlüssen der zweiten