gunst, Wissenschaft und Literatur.
Ja Rostock ist am 17. 8. M. der Senior der deutschen Botaniker und des akademischen Konzils daselbst, Prof. Dr. med. et Fiil. Jobannez Roeper, im fast vollendeten 81. Jahre gestorben. — Im Verlage von Paul Lentz in Berlin ist soeben erschienen: Aufzeichnungen über die Europäische Gesellschaft , von Georg Dablen. (circa 9 Bogen, in eleganter Ausftattung. reis: gebeftet 3 M, gebunden d Æ 25 3) — Obiges Werk ammt aus der Feder eines Publizisten, der die gesellschaftlichen, volitischen und sozialen Verhaltnisse aller europäischen Staaten sorg⸗ fältig ftudirt hat und durch seine Kenntnisse wie durch seinen scharfen Blick zu einem Urtheil über dieselben wohl berechtigt erscheint. Welcher Art seine Aufzeichnungen sind, was für ihn Veranlassung zur Veröffentlichung gewesen und in welchem Sinne der Verfasser dieselben aufgefaßt wissen will, mögen nachstehende, dem Vorworte entlehnte Zeilen erkennen lassen: „Die europäische Gesellschaft be findet sich in einer Entwickelungspbase, in welcher die Strömungen des Geistes nicht minder als die alltäglichen Reibungen in den eigent⸗ lichen Werkstätten des Staats ⸗ und Volkslebens hereits auf das . Herannghen eines neuen Zeitalters hindeuten. ohne Voreingenommenheit besbachtet, dem entgeht der sonst kaum merkbare Vorschatten nicht, den die werdenden Typen eiges ver⸗ jüngten gesellschaftlichen Daseins auf unsere gegenwärtigen er erbten Verhältnisse, wie auf die enkweise derjenigen unserer Zeitgenossen werfen, welche die Gestaltung der nächsten Zukunft beeinflussen werden. — Inmitten eines solchen Andranges sind diese Aufzeichnungen entstanden. Sie beruhen theils auf autoptischer Be⸗ obachtung, theils auf vertraulichen Mittheilungen, die dem Verfasser auf seinen verschiedenen Reisen gemacht wurden. — Die Veröffent⸗ lichung derselben erfolgte deshalb als lose Notizen, gleichsam in einer Abgerissenheit, welche an Montesquieus „Notes sur LAngleterre“ erinnern dürfte, um in Anbetracht des bunten Stoffes der Be—⸗ quemlichkeit des Lesers auf eine zweckdienliche Weise Rechnung zu tragen. Das reiche Material, welches das Buch enthält, ist nach folgenden Gruppen zusanmengestellt: J. Die Vorrechte der Geburt und die europäische Gesellschaft. — II. Aristokratie, Plutokratie und Demokratie in den europäischen Verfassungsstaaten. — III. Der w und seine Gebrechen. Fürst Bismarck und seine eilmittel. Der politische Unterricht in unseren Verfassungsstaaten. Die Männer der Wissenschaft und ihr Einfluß auf die modernen Staats verfassungen. — IV. Der altliberale Zopf und die soziale Frage. Anarchisten, Nihilisten, Dynamitmänner. Nytroglyeerinisten und die epochale Initiative des Reickskanzlers. Die Theorie von der Staatsdividende und ihre Zukunft. Nationalstaat, Kulturstaat, Brot⸗ staat und die Zukunft Europas nach den Aussichten der Manchester⸗ Schule. — V. Wissenschaft. Litteratur und Kunst in Staat und Gesellschaft. Sängerinnen, Balleteusen, frivole Romandichter, pikante Feuilletonisten, Jünger der Vagabondenliteratur und die Märtyrer
anstrengender Geistesarbeit. — II. Die Frauen. Ihre Sttten, ihre Erziehung und ihr Einfluß auf Staat und Gesell— schaft. — VII. Die russische Verfassungsfrage. Neger ⸗Emanzi⸗
pation und Pascha⸗Wirthschaft, der wunde Fleck von Europa. So freimüthig sich der Verfasser auch über Personen äußert, so sorg⸗ fältig vermeidet er doch Pikanterien und Verletzendes. Sein ethisches Ziel verliert er nie aus den Augen. Ein entschiedener Gegner des Parlamentarismus und des Manchesterthums, ist seine Auffassung der staatlichen, wirthschaftlichen und gesellschaftlichen Vechältnisse ini All— gemeinen ziemlich pessimistisch, desto wohlthuender berührt es den Leser, daß der Verfasser die Ansicht vertritt, daß in dem Deutschen Reich die Morgenröthe einer neuen besseren Zeit sichtbar set. Die aphoristische Form der Darstellung ist eigenthümlich, aber nicht unzweckmäßig, da der in dem Buche verarbeitete umfangreiche, zum Theil recht gelehrte Stoff und das darin enthaltene statistische Material in systematischen Abhandlungen bei Weitem nicht so lesbar sein würde, wie in dieser abwechselungsreichen Form.
— Zu sammenstellung der Faust-Schriften vom 16. Jahrhundert bis Mitte 1881 von Karl Engel. Der Bibliotheca Faustiana (pom Jahre 1874) zweite Auflage. Olden⸗ burg 1885. Schulze sche Hof⸗Buchhandlung und Hof⸗Buchdruckerei. A. Schwartz. (Vl, 764 Sr) — Es giebt zwar schon frühere Zu— sammenstellungen von Faust-Schriften, aber ein Vergleich derselben mit dem vorliegenden trefflichen Werke von K. Engel zeigt, daß in dem letzteren eine bedeutend größere Reichhaltigkeit erzielt ist; daß Irrthümer kerichtigt sind; daß überall gewissenhaft gestrebt wurde, nur Richtiges, Begründetes darzubieten; daß rastlos keine Mühe ge— scheut wurde, möglichst Vollständigkeit zu erreichen, so daß wohl kein anderer Gegenstand der Literatur, ja auch keine noch so berühmte und ausgezeichnete Persönlichkeit der Geschichte sich einer so umfassenden und gründlichen bibliographischen Arbeit zu erfreuen hat, wie Dr. Faust in dem mit großem Fleiße, lobenswerther Genauigkeit und vieler Umsicht gearbeiteten Buche von Engel. Endlich ist trotz des sehr bedeutenden Materigls, das in dem Werke zu— sammengestellt worden, doch durch die äußerst praktische Einrichtung der Gebrauch und das Aufsuchen wesentlich erleichtert. Somit kann wohl mit Recht angenommen werden, daß das vorstehende Buch dem
Forscher und Kenner auf dem Gebiete der Faustsage ein zuverläfsiger Berather, ein vorsichtiger Führer und ein sicherer Wegweiser sein wird, und auch für viele Bücherfreunde
dürfte es wohl nicht ohne Werth sein. — Was nun den Jnhalt des Werke speziell anlangt, so ist dasselbe, nach einer kurzen Sarstellung des Lebens des Dr. Joh. Faust uud der Sage über denfelben, in 15 Abschnitte getheilt. In denselben ist die Literatur zusammen⸗ 56 1) über Geschichte, Sammelwerke und Allgemeines; 2) der olksbücher, einschl. der Volkelieder; 3) über Christoph Wagner, Fausts Famulus; über Dr. Fausts Höllenzwang (Handschriften, gedruckte Werke, magische Schriften); 5) der Bühnenstäcke (das alte deutsche Volksschauspie!l von Dr. Faust, Theaterzettel aus dem vorigen Jahrhundert, Bearbeitungen des alten deutschen Volksschauspiels Faust für Puppentheater, Faust von Mar— lowe, Bühnenbearbeitungen nach 1770, Operntexte, Possen, Pantomimen und Ballette); 6) Gedichte und Fragmente; 7) Goethe's Faust (das Fragment, der erste Theil, der erste und zweite Theil, Bühnen bearbeitungen, Goethe's Faust fortgesetzt von anderen Dichtern, Ueber⸗ setzungen des Faust von Goethe, Erlauterungsschriften. Kritiken u. . w.); s) Romane, Novellen, Erzählungen, Sagen und Märchen; 9) Ver— schiedenes (Humoristisches, Mephistopheles, Vermischtes; Bücher, welche nur dem Titel, nicht dem Inhalte nach zu den Faustschriften gerechnet werden); 19) Tondichtungen (für Konzertaufführungen und zum Theater⸗ gebrauch, Opern, Trauerspiel.·Musik, Musik zu Burlesken, Gefange poffen und Parodien, Ballet Mustk, Duverturen, Lieder, Salonstücke und Tanze); 11) Bildwerke; 12) Zitschriften; 13) Seitenstücke und Verwandtes; darauf folgen 1c) ein Nachtrag, ferner 15) ein Anhang, in welchem die auszuscheidenden und zweifelhaften Werke namhaft gemacht werden, e. . se, ,, , ein Register. — uch die äußere Ausstattung des Buches, Druck und Papier,
nichts 1a nr aar, . ö — Ein sehr werthvolles und im Gebrauch bereits bewährtes Andacht buch ist das soeben im Verlage ven M. Heinsius in . in dritter Auflage erschienene, Wort und Sakrament“ von G. Ehr. Dieffen hach. Dem Verfasser schwebte bei der Conception die Alsicht vor, ein Buch zu schaffen, welches der konfirmirten Jugend eine Unterweisung sei zum rechten Gebrauch der Gnadennättel als Mitgabe fürs Leben, und diese Absicht ist dann auch in erwünschter Weise zum Ziele geführt, worden. Nicht in gesuchten schönen Worten, sondern in ruhiger, inniger, zum Herzen sprechender Vortragsweise, bei welcher Abschnitt für Abschnitt seinen selbständigen und klar gefaßten Inhalt hat, wird im ersten einleitenden Abschnitt Bie Erlösung, im jweiten die heilige Taufe, im dritten das Wort Gottes, im vierten das heilige Abendmahl, im fünften das Gebet behandelt. Die Praxis hat dann dem Buche zu mancher erfreulichen Grweiterung und Vervollstaͤndigung verholfen, so daß es in der vorliegenden dritten Auflage wohl auch als ein ausreichendes Beicht ! und 1Kommunionbuch, sowie als Gebetbuch dienen ann. Mit Pesonderer Liebe werden die pflichten dez
Wer Jahre lang
Bei der Besprechung der Taufe kommt angemessen neben den ethischen Momenten auch die Bedeutung des Pathenamtes, die Konfirmation und ihre Wirkung zur Besprechung. Das heilige Abendmahl findet eine allseitige Beleuchtung, auch in der Richtung der Hervorhebung der unterschledlichen Auffaffung, welche die verschiedenen christlichen Kirchen von dem Wesen dieses Sakraments baben. — Jeden fallg kann diese Erbauungsschrift auch in der vorliegenden neuen Gestalt christlichen Familien wieder empfohlen werden, und jwar vorzüglich im Sinne des Verfassers als ein Angebinde zur Konfirmation. — Im Verlage von Richard Preyß in Augsburg erschien eine kleine Broschüre unter dem Titel Blicke in die Lebensge— schichte des Propheten Daniel“ von Heinrich W. J. Thiersch. Der Verfasser stellt etwa in der Form einer geschriebenen Predigt das Leben des Propheten Daniel nach den Aeußerungen der Heiligen Schrift dar und knüpft hieran Betrachtungen, welche sich auf das Leben in unserer Gegenwart und auf die sittliche Entwicklung unserer Jugend beziehen. Aus den Schicksalen des Propheten führt er den Nachweis, wie auch unter den schlimmsten Verhältnissen die Ver⸗ suchung im Glauben überwunden werden und der Blick auf das Ewige erbalten bleiben kann. . — Wider den Trunk. Herausgegeben auf Veranlaffung des deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Dresden, Kommission⸗Verlag von H. Minden. 1885. Preis 59 3 — Die vorstebende Schrift will weder als eigentliche Vollsschrift gelten, noch weniger den Anspruch auf eine wissenschaftliche Leiftung erheben, sondern ist nur bemüht, für einen der wundesten Punkte des allgemeinen Wohls (die Trunksucht) die Aufmerksamkeit der weiten, dem gedruckten Worte zugänglichen Kreise der Gesellschaft in unserem Vaterlande wecken zu helfen Nachdem der Verfasser auzeinandergesetzt, daß Deutschland besondere Ursache habe, vor dem Mißbrauch geistiger Getränke auf der Hut zu sein, verbreitet er sich ausführlich über die Natur des Uebels und die nachtheiligen körperlichen, geistigen und wirthschaft⸗ lichen Wirkungen bei fortgesetztem Alkoholmißbrauch, und wendet sich schließlich zur Erörterung der Mittel, die zur Heilung des Uebels, namentlich mit Hülfe der Gesetzgebung, anzuwenden seien — Etwa ein Drittel der Schrift stützt 6 auf frühere Veröffentlichungen des Verfassers, welche s. 3. vielfach in die Tagespresse übergegangen sind. Um dieser eine derartige Verbreitung auch fernerhin zu erleichtern, wurde statt methodisch geschlossenen Ganges der Darstellung eine mehr lockere Gruppirung des Stoffes gewählt. Organe der ver⸗ schiedensten Art können so bequemer das ihnen verwendbar Erscheinende allmählich ausschöpfen, sei es als Leitartikel oder in Notizform, ebenso als Grundlage für selbständige Bearbeitungen.
Gewerbe und Handel.
Der Polizei-⸗Präsident von Berlin hat auf Grund des §. 1006 Ziffer 3 der Reichs- Gewerbeordnung für den Bezirk der Barbier⸗ und Friseur⸗ Innung zu Berlin bestimmt, daß diejenigen Arbeit geber, welche ein in dieser Innung vertretenes Gewerbe betreiben und selbst zur Aufnahme in die Innung fähig sein würden, gleichwohl aber der Innung nicht angehören, vom 1. Juli 1885 an Lehrlinge nicht mehr annehmen dürfen.
— Der Verwaltungsrath der Preußischen Hypotheken“ Versicherungs⸗Aktiengesellschaft hat, nachdem die Rech⸗ nungen für das Jahr 1884 fertig gestellt und revidirt sind, die vor— gelegten Abschlüsse und die Voischlaͤge der Direktion bezüglich der Gewinnvertheilung genehmigt. Danach wird bei der General versammlung der Antrag gestellt werden, eine Dividende von 50 des eingezahlten Aktienkapitals zur Vertheilung zu bringen. Die Kapital⸗ reserve erhöht sich durch die statutenmäßigen Zuweisungen um 24 903 M auf 1001 374 A6 — ca. 26,0 50 des baaren Aktien kapitals. Außerdem fließt den Reserven der beim Verkauf det Gesellschaftsgrundftücks erzielte Gewinn von 184750 M zu.
— Dem Geschäftsbericht der Frankfurter Hypotheken bank pro 1884 entnehmen wir Folgendes: Das Geschäftsjahr 1884 war ein besonders lebhaftes; es brachte die Konvertirung der 450, 9igen Pfandbriefe und trotz der damit verbundenen Rückzahlung eines Theil betrags, eine Erhöhung des Gesammtumlaufs der Pfandbriefe um 8 867 600 * und des Hyxpothekenbestandes um 7 862 578 M6 Die Kon⸗ pertirung der 440 /igen Pfandbriefe ließ sich auf die Dauer nicht hintan halten, wenn nicht die Differenz zwischen dem Durchschnitts-Z3insfuß der Hypotheken und demjenigen der Pfandbriefe unter das im Inter— esse des Geschäftsbetriebs nöthige Maß herabgedrückt werden sollte. Die Bank beschloß die ganze Summe auf einmal zu konvertiren, dafür aber den konvertirenden Inhabern die Fortdauer der 450 igen Verzinsung bis 1. Oktober 18585 noch einzuräumen. Der weitaus größte Theil der Inhaber machte hierbon Gebrauch. In Verbindung hiermit machte sich eine weitere Aktieneinzablung nothwendig. Dieselbe wurde im Januar 1885 in Höhe von 209 „S pro Aktie in der Weise ausgeschrieben, daß die Zahlung in der Zeit vom Tag der Ausschrei— bung bis zum 1. Mai 1885 erfolgen kann. Das eingezahlte Kapital wird hiernach 7 509 000 M (5000 Aktien à 1000 Fl. mit je 1505 M — 8 zoo Einzahlung) betragen. — Der Reingewinn beträgt 461 123 4 Hiervon kommen zunächst in Abzug: 4, des eingezahlten Aktienkapitals von 6 500000 M mit 260 6570 M, sodann von dem Rest von 201123 M. 12/9 für den Reservefond mit 24 135 , 10,9 als Tantisme des Verwaltungsraths mit 20 112 S, 5 9 als Tantieme der Direktion 6034 „S6, die Gratifi= kationen der Beamten 9500 6, zusammen 59 789 M6; hiernach bleiben 141 342 „, wozu der Gewinnvortrag aus dem Jahr 18835 mit 29 281 6 tritt, so daß noch 170 6235 M zur Vertheilung ver⸗ bleiben. Es wird vorgeschlagen, hiervon 130 0600 46 oder 200 des eingezahlten Aktienkapitals als weitere Dividende zu vertheilen und somit insgesammt 6 G auszuzahlen, 92165 A dem Beamten ⸗Pensions⸗ fond zu überweisen, wodurch derselbe sich auf 25 009 M erhöhen würde und 31 407 46 auf Gewinn und Verlustkonto pro 15865 zu . 20 M X. *
res lau, 20. März. (W. T. B.) Nach dem Bericht der „Schlesischen Zeitung“ ließ sich der Roheisenmarkt f Tr der Umsätze rubiger an; derselbe weist auch, nachdem der Export nach den polnischen Filialwerken eingestellt ist, eine Verschlechterung der Preise auf. Der Preis für Puddelroheisen beträgt 5 bis 5. 15 4. je nach der Größe der Abschlüsse. In den meisten Eisenwalzwerken ist die Thätigkeit eine befriedigende. Die Verzögerung im Eingange der Spezifikationen ist eine Folge der am 1. April d. J. eintretenden Frachtermäßigung. Flußeisen⸗ und Bessemereisen Industrie sind gut beschäftigt. Der Grundpreis für Walzeisen beträgt 106.50 bis 11 0 51 ö Zinkfarben hatten regeren Versandt; Rohzink N bis Frankfurt a. M., 19. März. (W. T. B.) Der Verwaltungs⸗ rath der Deutschen Vereinsbank beschloß, der auf den 23. n , , Generalversammlung eine Dividende von 49 9 vor⸗ zuschlagen.
London, 19. März. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll auktion waren Preise unverändert. Bradford, 19. März. (W. T. B.). Wolle belebter, Preise unverändert, in Garnen mehr Geschaͤft, Preise anziehend, Stoffe geschäftslos.
Verkehrs⸗Anstalten. Köln, 18. März. Heute Abend 74 Uhr ist der von de Badischen Schraubendampfschiffabrts⸗ Herr e af
Mannheim“ erbaute erste Seeflußdampfer . Industrie“ auf seiner ersten Fahrt von London im Zollhafen hier eingelaufen. An Bord desselben befand sich eine Anzahl von geladenen Gästen aus Köln, die dem Schiffe auf einem festlich geschmückten Dampfer der Mühlheimer Gesellschaft bis Monheim entgegen gefahren waren. Es waren darunter neben hervorragenden Vertretern des Handels—⸗ und Großgewerbestandes, durch deren Kapitalbetheiligung das Unter- nehmen hanptsächlich zu Stande gekommen ist., der Regierungs. Praäͤsident und der Provinzial-Steuerdirektor von Köln. Das maäͤchtige neue Schiff, so berichtet die Köln. Itg.“ kam gegen 5 Uhr in Sicht und wurde sowohl von der Festgesellschaft als von den zahlreich an die Ufer herbeigeeilten Bewohnern der Rheinortschaften mit kräftigen
Christen und die Aufgaben eines chriftlichen Lebeng behandelt.
Hochrufen und mit Böllerschüssen begrüßt. Vie gleiche Theil nahme
Erscheinung eines hochragenden Seeschiffes sich auf der weitern Fahrt desselben e seine beiden elektrischen Schiffs« laternen aufjzog und mit drei Kanonenschüssen die alte Rhein stadt begrüßte, für welche es, wenn die auf seine Erbauung gesetzten Hoffnungen sich erfüllen, den Beginn eines neuen Verkehrt⸗ abschnittes bedeutet. Ueber das nach der höchsten Schiffeklasse von Lloyds durch L. D. van Quverbeck auf den Werften L Smits und Zoonen in Kinderdyke vollständig aus Eisen erbaute Fahrzeug herrschte unter den großentheils sachverständigen Theilnehmern der Festfahrt nur eine Stimme der Bewunderung und Anerkennung. Der Kom merzien. Rath Langen gab der freudigen Genugthuung über das für Köln hochwichtige Ereigniß durch ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser Ausdruck, und der Vorsitzende der Kölner Handelskammer, Kommerzien. Rath Leyendecker, feierte den Vorsitzenden des Aufsichtsraths der Gesell= schaft, Hrn. Wahl in Rotterdam, als den Vater des so glücklich aus= geführten Gedankens. Das Schiff liegt morgen im Zollhafen, um seine Ladung zu löschen, geht am Freitag nach Mülheim, um Ladung einzunehmen, und kehrt am Sonnabend in den hiesigen Hafen zurück, um dieselbe zu vervollständigen. Es bat mit demselben Tiefgang, welchem es auf dem Rhein hatte, bei ruhigem Wetter die Fahrt nach und von London gemacht. Dem Vernehmen nach beabsichtigt man, demnächst eine dee Zahl solcher Dampfer zu bauen, um den regel mäßigen Frachtverkehr zwischen den Rbeinstädten, den englischen und den Astseehãfen einzurichten.
Triest, 19. März. (W. T. B.) Der Lloyd da mpfer Aurora! ist aus Konstantinopel hier eingetroffen.
Reval, 19. März. (W. T. B) Die Rhede ist noch auf 7 Werst weit mit Treibeis bedeckt, das Thauwetter verhindert aber ein Zusammenballen und Festsetzen desselben. Heute sind 4 be⸗ ladene Dampfer mit Hülfe von Bergungsdampfern ausgelaufen, ein Dampfer gelangte ohne Bergungsdampfer herein, mehrere andere Dampfer forciren den Hafen mit Hülfe von Bergungödampfern.
ungewohnte auf dem Rheine zeigte bis nach Köln, wo dasselbe
für die
Berlin, 20. März 1885.
Schlagwetter-Explosion.
Ein erschütternder Unglücksfall, wie ihn in solchem Um— fange die Geschichte des preußischen Bergbaues seither nicht kennt, hat sich in der Nacht vom 17. zum 18. März in den Camphausen⸗ Schächten des fiskalischen Stein kohl en bergwerkes Dudweiler bei Saarbrücken ereignet.
Gegen Mitternacht erfolgte auf dem 3. Flötze der genannten Schächte in der 496 m tiefen J. Bausohle eine Explosion schlagender Wetter, deren vernichtende Wirkungen sich fast auf die gesammten, in einigen Tausend Metern Länge sich aus deh⸗ nenden Baue jener Sohle erstreckten.
Zur Nachtschicht waren am Abend vorher überhaupt 219 Bergleute in die Schächte eingefahren. Davon hatten 16 kurz vor der Explosion ihre Wiederausfahrt bewerkstelligt, so daß bei Eintritt der Katastrophe sich noch 203 Mann in der Grube befan⸗ den. Die sofort zu ihrer Rettung begonnenen Arbeiten wurden leider längere Zeit nicht nur durch die theilweise Beschädigung der Schächte sel bst und die alles bekannte Maß übeisteigende Zer⸗ trümmerung des eisernen Streckenausbaues, sondern auch durch stark entwickelte giftige Nachschwaden aufgehalten. Erst nach und nach wurde es den die Arbeiten leitenden Beamten und den NRettungs mannschaften möglich, weiter in den Hauptstrecken vor⸗ zudringen. Bis zum frühen Morgen (6 Uhr) des 15. war es nach fast 30 stündigen Anstrengungen zwar gelungen, 51 der Ver— unglückten lebend zu retten, daneben waren aber auch bereits 100 Leichen zu Tage gebracht; weitere 36 Leichen folgten bis zum Nachmittage. Die noch ferner vermißten Arbeiter werden zweifellos leider auch nur als Leichen zu Tage kommen. Die Aufräumungsarbeiten schreiten unter Leitung der Lokal— und Provinzial⸗Bergbehörden mit Aufbietung aller Kräfte ununterbrochen fort.
Ueber den eigentlichen Entstehungsherd der Explosion und die unmittelbare Veranlassung der letztern ist bei den seit⸗ herigen Arbeiten noch keinerlei Anhalt tzewonnen. Unzweifel⸗ haft hat aber bei der ganzen Katastrophe der leicht entzünd⸗ liche Kohlenstaub, welcher die Baue der durchgängig völlig trocknen Grube erfüllt, neben den entzündeten Schkagwettern die verheerendste Rolle gespielt.
Vaterländischer Frauenverein. Nach Allerböchster Be—= stimmung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin findet die diesjährige Generalversammlung des Vaterländischen Frauenvereins am Mittwoch, den 25. März d. J, Abends 63 Uhr, im Adler⸗Saale des Königlichen Palais, Eingang durch das ehemals Niederländische Palais, Unter den Linden 36 statt, wozu wir die Mitglieder des Dauptvereins und der Zweigvyereine hierdurch freundlichst einladen.
Zur Legitimation beim Eingange dient die Mitgliedskarte.
Zugleich bemerken wir, doß nach 5. 5 und 6 des Verein statuts zur Aufnahme in den Verein als ordentliche Mitglieder unbescholtene Frauen und Jungfrauen ohne Unterschied des Glaubeng und Standes befähigt sind, welche für die Dauer ihrer Mitgliedschaft sich ver— pflichten, einen Beitrag von monatlich mindestens 50 3 zur Vereins kaffe zu zahlen und weibliche Handarbeiten für die Zwecke des Vereins un⸗ entgeltlich auszuführen oder sonst für den Verein nach Maßgabe der Umstände thätig zu sein.
Außerordentliches Mitglied des Vereins wird ein Jeder, der einen regelmäßigen Geldbeitrag zur Vereinskasse zu zahlen sich verpflichtet. ,, 86 , ,, ge. in den 6 mit Angabe des u enden Geldbeitrages bitten wir an unser Bureau, Wilhelm⸗ straße 73 hierselbst, zu richten. 36
Berlin, den 253. Februar 1885.
Der Vorstand des Vaterländischen Frauen⸗Vereins. Charlotte Gräfin von Itzenplitz.
In den Räumen der Central-⸗Turnanstalt in der Friedrich⸗ straße sand heute Nachmittag um 1 Uhr das i , * im letzten Sommer ausgebildeten Civil-(Eleven ftatt., das durch das Erscheinen Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen ausgezeichnet wurde. Höchstderselbe wurde von dem Geheimen Ober ⸗Regierungs⸗Rath Wätzoldt und den Lehrern der Än— stalt empfangen und äußerte wiederholt während der Prüfung Seinen 661 gf die er lt 6 . n. Der inter⸗
nten Prüfung wohnten u. A. auch der Staats⸗Minister von Goßler, Ministerial · Direktor Greiff bei. . ;
Die hl d * f 1 1 an. 5h 5 Fim und Badegäste in Burtscheid betrug bis
Im Neuen Friedrich ⸗Wilhelmstädtischen Theater wird am Geburtttage Sr. Majestät des Kaisers der Vorstellung der ,,, die Jubelouverture von Carl Maria von Weber
en.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Scholy. Druck: W. El ner.
Fünf Beilagen (einschlleßlich Börsen · Beilage).
Berlin:
.
M GS.
Aichtamtliches.
Preußen. Berlin, 20. März. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (71.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1679 (Holzzölle) auf Grund des Berichts der XVII. Kom⸗ mission mit der Position 130 1 und 2 (Bau⸗ und Nutzholz ꝛc.) fortgesrtzt.
Der Bundeskommissar, Landforstmeister Donner erklärte,
der Abg. Dirichlet habe sowohl im Eingange wie im Schluß der Rede die oft gehörte Behauptung wiederum aufgestellt, daß die Erhöhung der Holzzölle dem kleinen Manne nicht zu Gute kommen würde. Es sei gestern schon ausgesührt worden, daß etwa die Hälfte des deutschen Waldbesitzes sich in den Händen des Staates, der Gemeinden und wohl⸗ thätiger Stiftungen befinde. Von den übrigen etwa 7 Millionen Hektar seien 2 bis 3 Millionen in den Händen der kleineren Besitzer. Es sei dann ferner ge⸗ sagt, daß diese kleineren Besitzer ja überhaupt kein Nutzholz hätten; auch das müsse er auf das Entschiedenste bestreiten. Der Abg. Dirichlet habe selber schon darauf aufmerksam ge⸗ gemacht, daß in Westfalen sehr bedeutende Holzvorräthe zu finden seien, und zwar nicht nur in einem kleinen, sondern recht bedeutenden Theile der Provinz, ebenso auch in Han⸗ nover. Der kleine Grundbesitzer sei von Nutzholzerzeugung in keiner Weise ausgeschlossen. In Hannover habe man eine große Zahl von bäuerlichen Kiefernwaldungen, welche nach Westfalen und zum Theil nach Eng⸗ land Holz lieferten. Den außerordentlichen Bemühungen der Forstverwaltung sei es allerdings gelungen, die Einnahmen zu steigern, namentlich dadurch, daß man mit dem alten Verfahren gebrochen habe, das Holz in Lizitationen lediglich in kleinen Partien zur Versteigerung zu stellen. Man nehme jetzt ganze Schläge, und darin wesentlich sei der Grund der gesteigerten Einnahmen zu finden. Das Faktum sei ja ein ganz erfreuliches, und der Minister sür Landwirthschaft betone es in dem an Se. Majestät erstatteten Bericht mit Recht. Aber wie stehe es nun mit den Reinerträgen? Diese hätten keineswegs mit den Bruttoerträgen gleichen Schritt ge— halten, sie seien im Vorjahr noch zurückgegangen. Man habe dabei immer noch drei Fünftel der ganzen preußischen Holz⸗ erzeugung für das Brennholz disponibel. Der Abg. Kroeber habe der bayerischen Regierung den Vorwurf gemacht, sie gehe mit der Ausnutzung der Hölzer zu weit; das müsse er auf das Entschiedenste zurückweisen. Der Abg. Kroeber habe sich auch abfällig über den Nutzholzertrag der Buchenwaldun⸗ gen geäußert und habe, glaube er, 31½ Millionen Doppel⸗ centner genannt. Diese Zahl sei keineswegs eine übertriebene, er wolle aber hoffen, daß man diese Zahl noch verdoppeln und verdreifachen werde. Die mit der Buche angestellten Ver⸗ suche, namentlich an der Rheinbrücke bei Köln z. B. seien außerordentlich günstig ausgefallen. Die Frage des Buchen⸗ nutzholzes fübre ihn noch auf die Frage der Herabsetzung des Zoll satzes für Felgen. Er warne auf das Entschiedenste, einem dahin zielenden Antrage stattzugeben. Wie stehe es denn mit den Holz—⸗ käufen, die von den großen Importgeschäften Deutschlands im Auslande, in Ungarn und Galizien, gemacht würden. Es sei ihm mitgetheilt, daß dabei nur das Nadelholz und auch nur das stärkste wirklich bezahlt werde. Was das Buchenholz betreffe, so bleibe es dem Käufer überlassen, ob derselbe es mit verwerthen wolle oder nicht. Ermäßige man den Zollsatz auf Felgen, so sei die einfache Folge die, daß diese Holzhändler schleunigst Felgenhauer in die Waldungen schicken und Deutschland mit diesem Produkt überschwemmen würden, welches man in deutschen Waldungen in ungemessener Zahl beschaffen könne. Auch seien gerade diese Hölzer sehr leicht transportirbar, so daß sehr wohl der Ueberschuß in einer Gegend dem Mangel in einer anderen abhelfen könne. Der Abg. Dirichlet habe gesagt, der Minister Lucius habe sich kühl gegenüber der Anregung verhalten, Ermittelungen anzustellen bezüglich der Preisbewegung des Holzes, getrennt nach ein— 5 Sortimenten. Er könne das nicht finden, der Minister habe nur erklärt, das lasse sich augenblicklich nicht machen, derselbe habe aber sofort die Initiative ergriffen, um die Sache einzuleiten, und würden die Berichte veröffentlicht werden. Es sei ferner der Antrag gestellt, das Grubenholz in einer besonderen Zollposition zu vereinigen. Was heiße denn Grubenholz? Nach dem Sprachgebrauch sei es das⸗ jenige Holz, welches in Gruben verbraucht werde. Da seien aber sehr werthvolle Hölzer und sehr wenig werth⸗ volle zur Verwendung gekommen und, wer wolle es denn dem Holze an der Grenze, wenn es eingeführt werde, ansehen, ob es zum Grubenbau bestimmt sei oder nicht? Es sei ja richtig, daß in einzelnen Gegenden Deutschlands das Wort Grubenholz eine spezifische Bedeutung habe, wie in einigen Theilen Hannovers. Er meine, daß die Seitens der Kom⸗ mission des Reichstages gemachte Konzession, die schwächeren Hölzer mit einem geringeren Zollsatze zu belegen, völlig genüge, um alle Interessen der Grubenbesißer ausreichend zu wahren. Betreffs der Faßdauben müsse er den Abg. Dirichlet noch daran erinnern, daß die Regierung in ihrer Vorlage lediglich den Beschlüssen der Kommission vom Jahre 1883 gefolgt sei und daß es gerade die Partei des Abg. Dirichlet gewesen sei, die diese durchzusetzen gewußt habe.
Der Abg. Frhr. von Wendt bemerkte, das große Zahlen⸗ material, mit welchem die Gegner der Holzzölle ihre Reden angefüllt hätten, habe für seine Partei gar keinen Werth. Die Statistik stehe ja Jedermann zum Studium zur Ver⸗ fügung; es seien bei diesem Studium sehr viele verschiedene Fa ktoren gleichzeitig zu würdigen. Ob das die Redner, die hier mit so viel Zahlen gekommen seien, wirklich gethan hätten, könne man absolut nicht beurtheilen, weder beim bloßen An⸗ hören der Reden, noch später beim Durchlesen. Wenn Hr. Danckelmann gesagt habe, als reicher Mann würde derselbe sein Geld im Wald anlegen, so verstehe er dies dahin, daß derselbe meine nur ein reicher Mann könne das thun; nur ein solcher, der auch bei ver⸗ hältnißmäßig geringer Rente seines Kapitals immer noch genug zu leben habe; und nicht ein solcher, der trachten
Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Freitag, den 20. März
müsse, von seinem Geld möglichst hohe Zinsen zu erzielen. Es sei gesagt worden, die Seestädte und der Handel würden durch die Holzzölle geschädigt. Die Seestädte müßten sich aber dem fügen, was im Interesse der Gesammtheit liege; und für den Handel könne es, wenn derselbe nur nicht übertrieben spekulire, ganz gleichgiltig sein, wie hoch die Holzpreise seien; der Handel werde seine Prozente doch stels gewinnen. Das Reich thue andererseits sehr viel für den Handel der See⸗ städte; zum Schutz des Handels habe es die ganze Flatte. gegründet, treibe es jetzt Kolonialpolitik und. suhven⸗ tionire Dampferlinien. Da könnten die Seestädte auch ein— mal für die Interessen der Forstwirthschaft ein kleinks Opfer bringen. Seine Partei wolle keineswegs ein Recht auf höhere Waldrente proklamiren; sie thue mit den Holzzöllen ganz dasselbe, wie mit den Getreide⸗ und Industriezöllen; d. h. sie verschaffe einem großen Theil der Bevölkerung lohnende und angemessene Arbeit. Wenn man ferner erwäge, daß gerade die kleinen Waldbesitzer vorzugsweise Nutzen von den Zöllen haben würden und das Ausland die Zölle zu bezahlen habe, so werde man sich nicht bedenken, den Kommissions⸗ beschlüssen zuzustimmen und die Amendements abzulehnen.
Der Abg. von Benda erklärte, auf die Interessenten nehme
er bei der vorliegenden Frage keine Rücksicht; ihm liege allein am Herzen, welchen Einfluß die Erhöhung der Holzzölle auf den deutschen Wald haben werde, und aus Liebe zum deut⸗ schen Walde werde er mit dem größeren Theile seiner poli⸗ tischen Freunde gegen die Erhöhung stimmen. Die Waldfrage sei keine Rentenfrage, sondern eine Kulturfrage. Man dürfe nicht jeden Baum darnach taxiren, wie viel Groschen Rente derselbe wohl bringe. Diese Auffassung habe erst in den siebziger Jahren in Deutschland Platz gegriffen; erst da habe man den Wald als Das schätzen gelernt, was der— selbe sei, und von dieser Zeit datirten erst die großen Verwendungen für unseren Wald. Aber auch die Rente habe (wie Redner ziffernmäßig nachwies) sich nicht vermindert, zumal dann nicht, wenn man berücksichtige, daß auch sür das Kapital der Zinsfuß von 5 auf 4 Proz. in den letzten 15 Jahren zurückgegangen sei. Sei nun diese gesunde und gute Entwickelung des deutschen Waldes nicht durch die geforderten Holzzölle gefährdet? Es möge zweifel⸗ haft sein, ob man darauf antworten könne, daß der Baum⸗ bestand keinen Schaden leiden werde. Aber daß die Antwort auch nur zweifelhaft sei, sei für ihn schon Grund genug, um gegen den Zoll zu stimmen. Wirthschaftliche Autoritäten hätten behauptet, daß die höheren Zölle im Gegentheil u einer höheren Waldkultur führen würden. Er halte das fur einen Irrthum. Der Ankauf von Oedländereien zur Forst— kultur sei ein so unrentables Geschäst, daß die Gefahr größerer Abholzung in Folge höherer Holzpreise nicht durch die vermehrten staatlichen Ankäufe zum Zwecke der Aufforstung ausgeglichen werde. Ja, wenn das Holz den doppelten Werth vielleicht erhalten würde, dann könne man zugeben, daß die Forstkultur sich erweitern würde, aber daß dieser Zoll einen solchen Einfluß ausüben könne, müsse er auf das Entschiedenste bestreiten. Die Anschauungen, die in Preußen zu so erfreu⸗ licher Förderung des Waldes geführt hätten, würden mit eben so viel Grund heute gegen die vorgeschlagenen Holzzölle sprechen.
Der Bundeskommissar, Königlich bayerische Ministeral⸗Rath Ganghofer erwiderte, wenn der Abg. von Benda den Wunsch habe, den deutschen Wald erhalten zu sehen, so stehe er mit demselben auf dem gleichen Boden. Er fürchte aber nicht, daß man bei steigenden Preisen zu größerer Abholzung kom⸗ men würde. Die meisten Waldungen seien ja in den besten Händen, in denen des Staates und der Gemeinden; nur 25 Proz. seien in der Hand privater Besitzer. Der Preis⸗ stand habe allerdings auf die Forstkultur einen Einfluß. Eine statistische Zusammenstellung der Waldausstockungen und Anlagen in Bayern zeige deutlich, daß der Rückgang der Preise einen Mangel an Kulturlust zur Folge habe. Bei höheren Holzpreisen sei eine Menge von Flächen, welche nicht gerade Oedland seien, die aber höchstens der Viehweide dienen könnten, aufgeforstet worden, was jetzt nicht mehr geschehe. Auch der Staat rechne mit dem Preisrückgang. Man habe in Bayern ohnehin so viel Wald, daß man bei schlechtem Preisstand von Neukulturen absehen müsse. Die Forstpolizeigesetze seien nur ein schwaches Mittel für die Er⸗ haltung des Waldes. Daß viel Holz den Wäldern entnommen werde, sei an sich nicht schlimm; der Wald wachse ja dazu, daß derselbe niedergeschlagen werde. Die Hauptsache sei nur, daß der Wald auch wieder aufgeforstet werde. Auch in den Gemeinden greife der Gedanke aber immer mehr Platz, daß der Wald eine Rente bringen müsse. Er fürchte, es werde mit den Holzzöllen gehen wie den sibyllinischen Büchern; je länger man damit zögere, desto höher würden sie sein.
Der Abg. von Gramatzki erklärte, der Holzzoll entspringe aus der Nothwendigkeit, den Preis des Holzes so zu reguliren, daß derselbe die Produktionskosten decke und noch einen kleinen Ueberschuß lasse. Alle Holzproduzenten hätten sich auch für die Zollerhöhungen ausgesprochen. Im Osten und Nordwesten des Reiches werde der Zoll gewiß von den Importeuren, von dem Auslande ausschließlich getragen werden. Denn Rußland sei gezwungen, sein Holz in Deutschland abzusetzen. Im Uebrigen glaube er allerdings, daß der Betrag des Zolles ganz auf den Preis aufgeschlagen werde, aber gerade dieser Zoll treffe vornämlich die Besitzenden, da die ärmeren Leute verhältnißmäßig weniger Holz brauchten. Denen, die den deutschen Wald erhalten wollten, empfehle er besonders die Annahme der erhöhten Zölle; sonst gerade laufe man Gefahr, 1. die Zölle verhindern wollten, den Wald zu Grunde zu richten. Der Abg. Stolle bemerkte, die Holzzölle würden damit motivirt, daß der Staat verpflichtet sei, eine gewisse Garantie für die Grundrente zu übernehmen. Warum ziehe man aber nicht die Konsequenz, auch des Arbeiters einziges Kapital, dessen Arbeitskraft, durch den Staat zu schützen? Der Schutz der nationalen Arbeit werde auch wieder ins Feld geführt, aber, als seine Partei bei der Dampfervorlage gewünscht
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Zunächst bestreite er nun, daß der Wald nicht ge⸗ nügende Rente abwerfe. Preußen ziehe freilich geringere Erträge daraus als Sachsen, wiewohl die Holzpreise hier nicht höher seien als dort. In Sachsen habe man dazu keine Wasserwege, der größte Theil der Hölzer müsse per Bahn oder per Achse befördert werden; die Elbe werde für die sächsischen Staatsforsten wenig in Anspruch genommen, im Gegentheil, sie führe Sachsenm noch die böhmischen Hölzer zu.
Preußen aber habe viele Wasserwege, die das Holz vom Osten
nach dem holzarmen Westen bringen könnten. Anch der Hin⸗ weis darauf, daß die Hölzer in den Industriegegenden theurer seien, gebe keinen genügenden Grund für die geringen Er⸗ träge in Preußen, denn die preußischen Wasserstraßen führten das Holz unmittelbar in das Herz der Judustrie hinein. Auch die privaten Waldungen hatten gleich günstig ßewirthschaftet. Da müsse doch in der preußischen Forstver⸗ waltung irgend etwas mangelhaft sein. Der Abg. Kroeber habe schon auf die unfreundliche Behandlung der Käufer hin⸗ gewiesen, aber es müßten noch andere Gründe vorliegen. In den letzten Jahren erst sei man zu einem freihändigen Ver—⸗ kauf übergegangen, und in Folge dessen seien die Erträge auch schon gestiegen. Bei dem früheren Verfahren habe man die Produkte zu einem annehmbaren Preise nicht absetzen können. In Sachsen betrage der Nettobetrag pro Hektar 40 M6, in Preußen nur 8 M6 In Sachsen arbeite man auch mehr Prozent Nutzholz aus dem Walde heraus als in Preußen, er glaube aber nicht, daß im preußischen Staate weniger Absatz fär Nutzholz sei, als in Sachsen. Für die er⸗ höhten Zölle mache man dann geltend, daß die Konkurrenz des Auslandes sehr stark sei, und daß Deutschland mit aus⸗ ländischen Hölzern überschwemmt würde. Deutschland hätte aber die Aufgabe, die nationale Arbeit zu schützen, und es könnte selbst so viel Holz produziren, daß man das Ausland nicht mehr brauche. Wie reime sich aber damit, daß bei ge⸗ wissen Submissionen die Bedingung gestellt werde, daß ausz⸗ ländische Hölzer geliefert werden müßten? Wolle man damit das Zugeständniß machen, daß die deutsche Forstverwaltung nicht im Stande sei, ebenso gutes Material zu liefern? Wenn nun aber der Staat die Aufgabe habe, dafür zu sorgen, daß der Forstbestand erhalten werde, so meine er, es sei dann für den Staat überhaupt nicht nothwendig, sich darum zu kümmern, ob der Forst eine Rente bringe oder nicht. Das stehe jedenfalls fest, daß eine ganz bedeutende Anzahl von Industrien durch diese Erhöhung der Holzzölle geschädigt werde. Dann sei auch zu bedenken, daß durch eine Vertheuerung des Holzes die Gefahr in den Bergwerken eine größere werde, denn alle polizeilichen Vorkehrungen in dieser Hinsicht würden gegen den Eigennutz der Einzelnen nichts helfen. Aus diesen Gründen bitte er dringend, die Zoll⸗ erhöhung abzulehnen.
Hierauf nahm der Bevollmächtigte Staats⸗Minister Dr. Lucius das Wort:
Meine Herren! So empfänglich ich dafür bin, Anregungen anzu⸗ nehmen, die dahin gehen, in der preußischen Forstverwaltung für eine tüchtige Geschäftsverwaltung und fur eine tüchtige praktische und theore⸗ tische Ausbildung der Königlichen Forstbeamten zu sorgen, so glaube ich doch, daß der Herr Vorredner durch seine Bemerkungen nicht bewiesen hat, daß er in diesen Verhältnissen genau genug orientirt ist, um gute Rathschläge zu geben.
Er hat sich in seiner Beurtheilung der preußischen Verhältnisse die Aufgabe sehr leicht gemacht, indem er Verhältnisse verglichen hat, die eben nicht vergleichbax sind. Eine große Verwaltung, die mit Millionen von Hektaren operirt, mit Tausenden von Beamten, muß der Natur der Sache nach etwas schwerfälliger sein wie eine größere Privatverwaltung oder auch wie nur eine kleinere Staatsverwaltung, wo die erste und letzte Instanz in der Person des leitenden Beamten oder des Besitzers sich vereinigen. Ebensowenig ist der Vergleich zutreffend, den er angezogen hat zwischen den Verhältnissen des Königreichs Sachsen und des Königreichs Preußen. Die Ver—⸗ hältnisse des Königreichs Sachsen sind höchstens vergleichbar mit denen einer preußischen Provinz, etwa der benachbarten Provinz Sachsen, oder sie sind vergleichbar vielleicht mit einem einzelnen Regierungsbezirke; aber das Königreich Sachsen in seinen einheitlichen Verhältnissen zu vergleichen mit der großen Mannigfaltigkeit, wie sie Preußen in seiner großen räumlichen Ausdehnung bietet, das sind ganz inkommensurable Größen. Zunächst hat das Königreich Sachsen durchweg einen sehr guten Waldboden, die sächsi⸗ schen Forsten sind sozusagen mit Servituten kaum noch belastet, das Königreich Sachsen erfreut sich der dichtesten Bevölkerung in Deuisch⸗ land, es ist im Besitz einer außerordentlich hoch entwickelten Indu⸗ strie, es ist im Besitze eines sehr dichten Eisenbahnnetzes, es ist außerdem begünstigt durch die natürliche, vorzüg⸗ liche Wasserstraße, welche die Elbe bietet; das ist eine Summe von günstigen Verhältnissen, die das Königreich Preußen in seiner Totalität gar nicht bieten kann, die es nur in seinen bevorzugtesten Bezirken etwa bieten kann ich will sagen, etwa im Regierungsbezirk Düsseldorf. In diesem Regierungsbeztrke sind wir auch in den letzten Jahren auf Nutzholzprozente gekommen, die denen des Königreichs Sachsen gleichkommen oder selbst über⸗ treffen, indem hier der Satz von 8000 Nutzholjausbeute erreicht wurde. Ich glaube also, daß man in Berücksichtigung dieser Umstände doch sagen kann: von den Bemühungen der Forstverwaltung allein sind dergleichen Erfolge nicht abhängig, sondern von der Summe der Verhältnisse und Faktoren, mit denen eine große Verwaltung zu rechnen und zu thun hat. Um das noch weiter nachzuweisen, weise ich noch darauf hin, daß die Königlich sächsischen Forsten etwa das öfache relativ an Fichten boden und Fichtenwaldungen haben wie Preußen. Nun ist auch wieder Leuten, die mit den Forstverhältnissen vertraut sind, bekannt, daß keine andere Holzart einen größeren und schnelleren Nutzen gewährt wie die Fichte. Nehmen Sie dagegen die preußischen Staatsforsten, wo ca. 62 0s0 der gesammten Staatswaldfläche besteht aus Kiefernboden, also einem Boden der nicht entfernt die Zuwachs⸗ prozente haben kann und auch gar nicht dasselbe Material produziren kann, wie es bei n, im Königreich Sachsen durchschnittlich der Fall ist. Was die Bemerkungen betrifft in Bezug auf das Gruben⸗ holj, so ist die Verwaltung unausgesetzt bestrebt, gerade den Absatz diefer leichteren, schwächeren Hölzer, die im Uebermaß bei uns produzirt werden, zu begünstigen und zu befördern; allein das liegt doch auf der Hand, daß ein so geringwerthiges Produkt wie die leichten Gruben bölzer keinen weiten Transport vertragen, etwa von der russischen Grenze bis in die Industriebezirke von Schlesien, oder von Westfalen und der Rheinprovinz; wo Konsument und Produzent vielfach so weit auseinander liegen, wie das im Königreich Preußen der Fall ist, walten naturgemäß vollständig andere Verhältnisse ob, als wie in
zum Bundesrath,
habe, daß nur neue und deutsche Dampfer eingestellt würden, da hhbee sich die Rechte ablehnend verhalten.
einem engbegrenzten, hochentwickelten Industriebezirke, wie ihn das
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