1885 / 87 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Apr 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Lehrern und Lehrerinnen an obligatorischen Volksschulen zu Gute kommen solle.

Der Abg. Richter wies darauf hin, daß seine Partei schon seit längerer Zeit eine Regelung der Pensionirung der Volks⸗ schullehrer angestrebt habe. Sie stehe daher auch dem vor⸗ liegenden Gesetzentwurf sympathisch gegenüber. Was die Vertheilung der Lasten der Pensionirung betreffe, so werde seine Pariei in erster Linie darauf hinwirken, daß zwei Drittel der Lasten vom Staate und ein Drittel von den Gemeinden übernommen würden. Eventuell werde dieselbe aber auch dem Vorschlage der Regierung beitreten.

Der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz erklärte, daß er prinzipiell gegen eine Quotenbetheiligung des Staates und der Gemeinden keine Bedenken habe, derselben sogar den Vorzug gegeben haben würde, wenn nicht von der Kommission eine bestimmte Summe in Vorschlag gebracht wäre. Die von ihm angegebene Summe gebe übrigens die Sicherheit, daß alle Gemeinden zu den Kosten der Pensionirung mit beizu⸗ tragen veranlaßt werden würden.

4 Schluß des Blattes sprach der Abg. von Schencken⸗ dorff.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Mosberg, Dr. Gust. Wagner, Dr. Benno Remak, Dr. Schaeffer, Dr. Windels, Rob. Richter, Dr. Koehler, Dr. Czempin, Dantziger, Dr. Hollstein und Dr. Martin Schulze, sämmtlich in Berlin, Dr. Hauck in Forst und Conrad in Priebus.

Posen, 13. April. 23. Provinzial-Landtag des Großherzogthums Posen. Nach den üblichen Eröffnungs⸗ feierlichkeiten ernannte in der gestrigen ersten Sitzung der Landtags⸗Marschall die Abgg. von Zoltowski und Alberti zu Schriftführern, und den Abg. Bielefeld zum Quästor des Landtages.

In der heutigen 2. Plenarsitzung sind 4 Ausschüsse zur Vorberathung der vorliegenden Gegenstände gebildet worden: I. Allgemeine Verfassungs⸗ und Verwaltungs⸗ sowie Chaussee⸗ und Wegebausachen; II. Landarmengnwesen und Angelegenheiten der Korrektionsanstalt Kosten; III. Provinzial⸗ ständische Anstalten, wohlthätige Zwecke, Landesmeliorationen und ViehseuchenEntschädigungen; 7. Finanz! und Kassen⸗ sachen⸗Angelegenheiten der Provinzial⸗Feuersozietät. Nächste Sitzung voraussichtlich am 20. April cr.

Bayern. München, 13. April. (W. T. B.) Die von dem Reichstagsabgeordneten von Vollmar, behufs Ab⸗ legung des Rechenschaftsberichts, auf gestern in Schwabing anberaumte sozial demokratische Versammlung ist Seitens der Ortspolizei inhibirt worden.

Sachsen. Dresden, 12. April. Der König und die Königin sind, wie das „Dr. J.“ meldet, im besten Wohlsein gestern Nachmittags 5 Uhr 40 Minuten in Lugano angekommen und haben im „Hotel du Parc“ daselbst Nacht⸗ quartier genommen.

Sachsen⸗ Weimar ⸗Eisenach. Weimar, 13. April. (Th. C.) Der Erbgroßherzog und die Erbgroß⸗ herzogin, welche der Vermählung des Prinzen Wilhelm von Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach mit der Prinzessin Gerta von Isen— burg⸗Büdingen in Wächtersbach beigewohnt haben, kehren in den nächsten Tagen von dort hierher zurück.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 12. April. (Presse.) Der Kronprinz Erzherzog Rudolf und die Kronprin—⸗ zessin Erzherzogin Stephanie sind früh 6 Uhr 20 Mi⸗ nuten aus Brüssel mit einem Separatzuge der Westbahn hier eingetroffen.

Die nächste Sitzung des Herrenhauses findet am Donnerstag, den 16. d., statt; Tagesordnung: Zweite Lesung des Sprengstoff⸗-Gesetzes, der Gesetze, betreffend die An⸗ haltung in den Zwangsarbeits⸗Anstalten und zweite Lesung der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Lokalbahn⸗Gesetze. Bezüglich aller dieser Gesetze wird die Annahme der Be⸗ schlüsse des Abgeordnetenhauses beantragt. Nur in Betreff des Gesetzes über die Zulässigkeit der Anhaltung in Zwangs- arbeits- und Besserungzanstalten beantragt die Majorität der juridischen Kommission (Referent Baron Hye) Uebergang zur Tagesordnung und eine Resolution, der zufolge die Regierung eventuell einen wohlvorbereiteten Gesetzentwurf in der nächsten Session einbringen soll. Die Minorität (Beleredi, Habietinek, Fluck, Kuefstein, Walterskirchen) beantragt dagegen die An⸗ nahme des Gesetzentwurfes.

Hermannstadt, 12. April. (Presse.) Die Synode der Siebenbürger griechisch-orientalischen rumänischen Erz⸗ diözese wurde heute Vormittags vom Erzbischof, Metropo— liten Miron Roman in feierlicher Weise eröffnet. Am 15. d. M. tritt hier bie evangelische Landes-Kirchen—⸗ versamm lung Augsburger Konfession zusammen.

Pest, 12. April. (Presse.) Die liberale Partei des Reichstages nahm den Gesetzentwurf über den Ausbau der Szered-Galgocz-Liptovarer Eisenbahn⸗ linie an. Im Laufe der Verhandlung wurde der Ausbau der

elegyhaza⸗Csongrader Flügelbahn (österreichisch- ungarische

taatsbahn) zur Sprache gebracht. Hierauf wurde die Ver⸗ handlung des Gesetzentwurfs über die Postsparkassen aufgenommen und derselbe im Allgemeinen acceptirt. Die Spezialdebatte findet morgen Abend statt. Die gemäßigte Opposition acceptirte gleichfalls die Gesetzentwürfe, be⸗ treffend den Ausbau der Szered⸗Galgocz⸗Liptovarer Flügellinie der Waagthalbahn und betreffs der Postsparkassen fur Ungarn.

Großbritannien und Irland. London, 11. April. (Allg. Corr) Der Prinz von Wales empfing gestern Vormittag in der St. Patrikshalle der Dubliner Burg die Erzbischöfe und Bischöfe der irischen Kirche sowie Deputationen der Dubliner Handelskammer, der irischen Freimqgurerloge und verschiedener anderer Körperschaften, die ihm Willkommen⸗ und Ergebenheitsadressen überreichten. Der Prinz nahm 40 bis 50 solcher Adressen ent⸗ gegen. Nachmittags legte der Prinz in Gegenwart einer glänzenden Gesellschaft den Grundstein zu einem neuen Museum für Kunst und Wissenschaft, und besuchte dann mit seiner Gemahlin und seinem Sohne die neue Universität, wo ihm der Grad eines Doktors beider Rechte und der Prinzessin der Grad eines Doktors der Musik honoris causa verliehen wurde. Auch hier wurden wieder Adressen überreicht. Die Königlichen Gäste wurden überall mit dem größten Enthusiasmus empfangen. Abends fand in der Burg ein glänzendes Ballfe st fiatt, zu welchem über 1000 Einladungen ergangen waren.

13. April. (W. T. B.) Der heutige Kabinets⸗ rath dauerte zwei Stunden. ährend desselben erging nach Liver pool die Ordre, den Dampfer „Oregon“, der als Transportschiff verwendet werden sollte, als Kriegsschiff auszurüsten. Nach der Kabinetsberathung hatte Lord Gran⸗ ville eine Besprechung mit dem Grafen Karolyi und Hassan Fehmi Pascha.

Wie das, Reutersche Bureau“ meldet, soll Lum s den die strategisch bedeutende Position Tirpul am Heri⸗Rud⸗ Fluß besetzt haben, um einen etwaigen Handstreich der Russen auf Herat zu verhindern.

Im Unterhause kündigte heute der Unter⸗Staats⸗ sekrétär Croß an: er werde den Antrag, in die Spezial⸗ berathung der egyptischen Anleihe⸗Bill einzutreten, be⸗ kämpfen und beantragen, die Weiterberathung der Vor⸗ lage auszusetzen, bis die Suezkanal-Convention dem Hause mitgetheilt worden sei. Der Premier Gladstone erklärte: der Bericht über den Mein ungsaustausch Lord Dufferins mit dem Emir von Afganistan sei einge— troffen. Einzelheiten könne er zwar nicht angeben, der Mei—⸗ nungsaustausch sei aber ein voller und gänzlich befriedigender gewesen. Der Staatssekretär des Krieges, Harting⸗ ton, beantragte eine Adresse an die Königin auf die Botschaft, betreffend die Einberufung der Reserven, und erklärte: die während der ster⸗ ferien eingetretenen Ereignisse hätten in gewissem Grade die Ansichten der Regierung über die Höhe, den Cha⸗ rakter und die Zeit der gewünschten Verstärkungen moꝛifizirt. Die Regierung kenne noch nicht vollständig die Ansichten der indischen Regierung in dieser Beziehung; deshalb sei eine ein⸗ gehende Erklärung für jetzt nicht möglich; auch sei es nicht wün⸗ schenswerth die empfohlenen Maßregeln mitzutheilen, ehe eine ab⸗ solute Nothwendigkeit für eine derartige Erklärung vorhanden sei. Das Budget werde am 23. d, die Kreditforderung für die Operationen im Sudan und die Vor⸗ bereitungen in Indien am Montag oder Dienstag näch⸗ ster Woche vorgelegt werden. Dann werde die erforderliche Erklärung erfolgen. Niemand zweifle daran, daß An— gesichts der gegenwärtigen Zustände eine Verstärkung des Heeres erwünscht sei. Da wahrscheinlich die Einberufung eines sehr bedeutenden Theils der Reserve nothwendig wer⸗ den würde, so sollten die Reserven nach den Regimentern und nicht nach den Jahresklassen einberufen werden. Labouch re beantragte ein Amendement, in welchem die Hoffnung ausgesprochen wird, daß die Verstärkung des Heeres durch den Rückzug der Truppen aus dem Sudan erzielt werde. Der Premier Gladstone perhorreszirte die Diskussion darüber, erklärte aber: aus dem jetzigen Schwei⸗ gen der Minister dürfe das Haus keine Schluͤsse ziehen. Das Amendement Labouchere's wurde darauf mit 148 gegen 39 Stimmen abgelehnt und die Adresse ange⸗ nommen. Der Unter-⸗Staatssekretär Lord Fitzmaurice erklärte: der englischen Regierung seien keine offiziellen Vorstellungen über die Unterdrückung

des „Bosphore GEgyptien“ gemacht worden; es sei ihr indessen bekannt, daß Frankreich das Vorgehen der egyptischen Regierung für un— gesetzlich erachte. Der Kanzler der Schatzkammer,

Childers theilte mit: das Haus Rothschild habe der egyptischen Regierung Vorschüsse gemacht. Es seien Arrangements getroffen, um die Steuer von dem Coupon der Preferenz Bonds und n nn Schuld am 15. d. und 1. Mai abzuziehen. Die Schuldenkasse habe das betreffende Dekret acceptirt.

15. April, Abends. (WB. T. B;) Unterhaus. (Ausführliche Meldung) Auf. verschiedene Anfragen, betreffend die Vorgänge an der afghanischen Grenze, erklärte der Premier Gladstone: es sei die Pflicht Englands, auf einer eingehenden Untersuchung zu bestehen. Die H sei im Gange, und die Regierung hoffe, daß dieselb die Thatsachen vollständig aufklären werde; bis dahin sei es nicht vortheilhaft, auf Einzel— heiten einzugehen. Zur geeigneten Zeit werde der Schriftwechsel vorgelegt werden. Was den Meinungs— austausch zwischen Lord Dufferin und dem Emir von Afghanistan betreffe, auf den die Regierung unter den gegenwärtigen Umständen die größte Rücksicht nehmen müsse, so sei die Regierung im Besitz des vollständigen Berichts Lord Dufferins. Derselbe betreffe selbstverständlich auch besonders den jüngsten Konflikt, von dem der Emir von Afghanistan völlig unterrichtet gewesen sei, sowie die übrigen, jetzt schwebenden Fragen. Das Haus möge jetzt keine Details erwarten. Die zwischen Lord Dufferin und dem Emir ausgetauschten Ansichten seien erschöpfende und völlig befriedigende gewesen. Was den Bericht des Generals Komaroff angehe, so differire derselbe wesentlich von den bisher bekannten Berichten der englischen Offiziere; von Lumsden werde ein ausführlicher Bericht erwartet. Die Regierung werde ihr Möglichstes thun, die eingeleitete Untersuchung erschöpfend und vollständig zu machen. Der Zeitpunkt, wann die Antwort der russischen Regierung und Lumsdens zu erwarten sei, sei noch nicht zu bestimmen; bisher sei es nicht möglich gewesen, eine vollständige Antwort Rußlands auf die wesentlichen Punkte der Vorstellungen der englischen Regierung zu er— halten. Der Regierung sei keine Nachricht von dem Vormarsch der Russen längs des Murghabflusses zugegangen; sie habe nur gerüchtweise davon gehört. Etenso wenig habe die Regierung erfahren, daß die russische Negie⸗ rung dem Befehlshaber an der afghanischen Grenze Beloh⸗ nungen und Dekorationen verliehen habe. Der Unter⸗ Stagtssekretär Lord Fitzmauxice erklärte: Lum s— den befinde sich jetztẽ in Tripul, und es werde Alles aufge— boten, den Telegraphen zwischen Teheran und Meshed wieder herzustellen.

Im Oberhawu se erwiderte Lord Granville auf eine Anfrage des Marquis von Salisbury: er habe der jüngsten Erklärung des Premiers Gladstoöne bezüglich der Vor—⸗

änge an der afghanischen Grenze nichts hinzuzu— ügen. Der russische Botschafter, Baron Staal, habe die bereits bekannten Erklärungen Komaroffs mitgetheilt. Die Regierung habe keinen Grund, den Gerüchten, daß die Russen längs des Murghabflusses vorrücken und Herat besetzt haben, Glauben beizumessen.

14. April, früh. (W. T. 2 Die „Daily News“ erfahren, in dem gestrigen Ministerrath sei beschlossen worden, vor Ergreifung von entscheidenden Schritten die Be⸗ peschen Lumsdens über den Zwischenfall bei Pendjeh abzuwarten.

Die „Times“ will, im Gegensatz zu anderen Mitthei⸗ lungen wissen: die Gerüchte von einem Vorstoß des Ge— nerals Komaroff längs des Kuschk⸗ und Murghab— flusses seien zutreffend; unweit Zulficar werde ein Zusammenstoß der Russen und Afghanen erwartet, wenn ein solcher nicht etwa bereits stattgefunden habe. Ueber die Verhandlungen mit dem Emir von Afghanistan erfährt die „Times“: der Emir erhalte keine Extra— subsidie und habe eine solche auch nicht beansprucht. Für den Durchmarsch der englischen Truppen durch Äfgha— nistan sei eine endgiltige Abmachung nicht getroffen; wenn die Nothwendigkeit dazu eintrete, werde das Land aber England offen stehen. Lord Dufferin sei von der aufrichtigen Gesinnung des Emirs vollständig überzeugt.

14. April, Morgens. (W. T. B.) Nach einer Mel⸗ dung aus Mallow hatte sich gestern ein Haufen Natio—⸗ nalisten unter Führung ö Parlamentsdeputirten auf dem dortigen Bahnhofe versammelt, um gegen den Prin“ zen und die Prinzessin von Wales bei deren Durch— reise nach Cork eine feindselige Kundgebung zu veranlassen. Von der Polizei aus dem Bahnhof vertrieben, rotteten sich die Nationalisten darauf in der Nähe desselben zusammen und empfingen das prinzliche Paar mit Zischen und Geschrei. In Cork wurden gestern Abend von den Nationalisten die Fenster der Häuser eingeschlagen, auf welchen zu Ehren des Prinzlichen Besuches Fahnen ausgesteckt waren. Die Polizei intervenirte und machte dem Unfug ein Ende.

Dublin, 13. April. (W. T. B.) Der Prinz und die Prinzessin von Wales sind heute Nachmittag nach Cork abgereist. Tausende von Personen waren in den Straßen versammelt, um das Prinzliche Paar auf der Fahrt nach dem Bahnhofe zu begrüßen. Einige Minuten, bevor der stönigliche Wagen das Rathhaus passirte, traf der Lord—⸗ mayor O'Connor (Nationalist) dort ein und wurde von der Volksmenge mit Schreien und Pfeifen empfangen. O'Connor begab sich sodann auf die Freitreppe des Rathhauses und ver⸗ langte drei Hurrahs für Parnell. Nur einige Personen ent⸗ sprachen dieser Aufforderung; eine allgemeine Zustimmung der Menge erfolgte nicht. Als der Prinz und die Prinzessin von Wales kurze Zeit darauf vorüberfuhren, wurden sie von der ganzen versammelten Volksmenge auf das Herzlichste begrüßt.

(A. C.) Ueber den Aufstand in Manitoba (Canada) berichtet der amerikanische Korrespondent der Lon⸗ doner „Times“ unterm 10. d. ferner:

Sämmtliche von der Pacifie⸗Eisenbahn nach Westen zu beför— dernden Truppen haben in Winnipeg Halt gemacht und ein Lager bezogen, um weitere Befehle abjuwarten. Dies wurde gestern von dem General Middleton angeordnet und hat den Zweck, vor dem Vorrücken der Truppen die weitere Entwicke⸗ lung der Ereignisse abzuwarten. Es verlautet, die canadische Regierung verfolge eine versöhnliche Politik und werde eine Kommission entsenden, die mit den aufständischen Mischlingen unterhandeln und deren Beschwerden Abhülfe schaffen soll. Von der Front liegen keine neuen Nachrichten vor, aus— genommen daß der Dampfer „Northeote“ zur Truppenbeförde⸗ rung den Sashatchewan hinab in Bereitschaft gesetzt worden ist. Der Premier⸗Minister Macdonald konstatirte gestern Abend im Parlament: er sei außer Stande, die Meldung zu be— stätigen, daß amerikanische Indianer die Grenze überschritten und sich den Blooes angeschlossen hätten. General Terry, der auf ame⸗ rikanischer Seite befehligt, telegraphirt: er habe die Meldung, daß Indianer die Grenze überschritten, untersucht, aber nicht be— gründet gefunden. Battleford ist von 1060 Indianern um zingelt, aber sie haben bis jetzt die Baracken nicht angegriffen. Die Indianer haben in Saddle⸗Lake, unweit Edmonton, einen Ein—⸗ fall gemacht und die Vorräthe im Regierungs Magazin erbeutet. Die (anadische Regierung hat sich neuerding“ bemüht, in New-⸗NJork eine Anleihe herauszubringen, aber ihre dorthin gesandten Beamten kehrten ohne Erfolg zurück.

ISerankreich. Paris, 11. April. (Fr. C.) Den Blättern ist von der „Agence Havas“ folgende neue Note zu⸗ gestellt worden:

„Wir meldeten gestern, daß behufs Durchführung der am 4. April in Paris unterzeichneten Friedens prätiminarien ein Kaiserliches Dekret, welches das Uebereinkommen von Tientsin ratifizirt, in Peking erlassen und in gebührender Form dem französischen Konsul in Tientsin mitgetheilt worden ist. Heute sind wir in der Lage, die Haupt— bestimmungen der Friedenspräliminarien, die in einem Protokoll und einer diesem beigefügten erklärenden Note niedergelegt sind, wiederzugeben. Einerseits willigt China darein, das Uebereinkommen von Tientsin zu ratifiziren, und andererseits erklärt Frankreich: es verfolge kein anderes Ziel als die vollständige Durchführung dieses Vertrages. Unver— züglich nach der Bekanntmachung des Kaiserlichen Dekrets, welches die Durchführung. des Uebereinkommens von Tientsin verfügt und den in Tongking befindlichen chine⸗ sischen Truppen befiehlt, über die Grenze zurückzugehen, müssen alle militärischen Operationen suspendirt und die Blokade von Formosa und Pakoi aufgehoben wer⸗ den. Um die regelmäßige Durchführung dieser Klausel zu sichern und jedem Mißverständnisse zuvorzukommen, ist die Abrede getroffen, daß die Einstellung der Feindseligkeiten, der Beginn und, der Abschluß der Räumung Tongkings zu ab⸗ gestuften Fristen im Monat April, Mai und dis AÄnfang Juli stattfinden sollen. Zur gleichen Zeit, da die chinesischen Truppen Befehl erhalten, über die Grenze zurückzu— gehen, muß der französische Gesandte sich nach Tientsin oder Peking begeben, um mit den Bevollmächtigten des Kaisers von China einen endgültigen Friedens-, Freundschafts; und Handelsvertrag abzuschließen. Dieser Vertrag wird das Datum der Räumung Formosas durch die französischen Truppen bestimmen. Ist derselbe unterzeichnet und durch Kaiserliches Dekret genehmigt, dann werden die Hindernisse, welche die französischen Kreuzer dem Transport der Kriegskontrebande nach Nord⸗China in den Weg legen, be⸗ seitigt werden; die französische Regierung wird ihre Flotte heimberufen und China dem sranzösischen Handel seine See⸗

häfen öffnen.“

12. April. (Köln. Ztg.) Die Befehle betreffs der Einstellung der Feindseligkeiten wurden vorgestern an den General Briere und den Admiral Courbet gesandt. Zugleich erhielten dieselben Weisungen, um einen Zwischenfall wie den von Bacls zu vermeiden. Schwierigkeiten, die etwa entstehen, sollen durch Abgeordnete der beiden Hauptquartiere gelbst werden. Auf der Seite von Kuang⸗Si erwartet man keinen Zwischenfall, aber man befürchtet, daß Luh⸗-Pinh-⸗Phuoc, der Ober-Befehlshaber der Schwarzen Maßen, den Befehlen aus Peking nicht folgen werde. Die

eisung, Tongking zu räumen, wird durch einen Boten des

Vize⸗Königs von Kanton eintreffen, welcher ermächtigt werden soll, über französisches Gebiet zu gehen; es ist jedoch zweifel— hast, ob Luh-Vinh-⸗Phuoc der Weisung Rechnung tragen wird, weil er unter dem direkten Besehl des Vice⸗Königs von Münnan steht. Der französische Botschafter in London, mr, ist auf kurze Zeit nach Paris gekommen.

15. April, Abends. (W. T. B.) Eine Depesche des Generals Brisere de l'Isle zeigt an, daß der Be⸗ ehl zur Einstellung der Feindseligkeiten nun⸗ mehr eingegangen sei, und theilt zugleich mit, daß umfassende Naßregeln getroffen seien, um Ueberraschungen oder Mißver⸗ standnisse zu vermeiden. .

14. April. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ bezeichnet die Meldung des „Petit Journal“, wonach das Kabinet den definitiven Frieden mit China nur unter der Bedingung abschließen werde, daß die Fischer⸗ inseln bei Frankreich verbleiben, als unrichtig, mit dem Bemerken: die Regierung sei fest entschlossen, sich hinsichtlich des definitiven Friedens innerhalb der Bestimmungen der Frieden spräliminarien zu halten, wie solche am 4. d. Mts. unterzeichnet worden sind.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. April. (B. T. B.) Der militärische Mitarbeiter der peutschen „St. Petersburger Zeitung“ sagt in einer Besprechung der Komaroffschen Depesche: „Diese De⸗ pesche ist augenscheinlich die Antwort auf die von St. Peters⸗ burg verlangte Rechtfertigung der Handlungsweise Koma— roffß. Seine Erklärungen haben um so höheren Werth, als sie sich mit denen des Gegners decken. Siehe die letzte Depesche Lumsdens.) In neutralen zonen besetzt man keine vortheilhaften Stellungen; thut man es, so risquirt man, aus diesen verjagt zu werden. Aus der Depesche Komaroffs geht jedoch hervor, daß ein von afghanischer Seite systematisch geplanter Angriff vorlag. Was waͤre geschehen, wenn die Afghanen das russische Detachement umzingelt und vermöge ihrer Ueberzahl einen Waffenersolg davongetragen hätten? Die sofortige Kriegserklärung Seitens Rußlands wäre unvermeidlich gewesen.“

14. April. (W. T. B.) Die Ernennung des bis⸗ herigen Commandeurs des Garde⸗Corps, Grasen Paul Schuwaloff, zum Botschafter am Berliner Hofe und zum Gesandten bei dem Mecklenburg⸗Schweriner und Strelitzer Hofe, sowie des Prinzen Alexander von Oldenburg zum Commandeur des Gar de-Corps ist nunmehr erfolgt.

Der montenegrinische Archimandrit Ban ist hier zur Bischofsweihe, welche am 15. d. M. stattfindet, eingetroffen.

Afrika. Egypten. Suakim, 10. April. (Allg. Corr.) General Graham erließ eine Proklamation, welche die Rebellen auffordert, sich zu unterwerfen und Lebensmittel sowie Vieh in das englische Lager zu senden, wofür sie baare zahlung erhalten würden. Im Weigerungsfalle würde es ihnen schlecht ergehen. Die Eisenbahn ist jetzt bis Station Rr. I fertig gestellt worden. Das Berkshire-⸗Regiment und die Seetruppen rücken morgen nach dem Endpunkt der Eisenbahn vor. Von Kassala sind bis zum 30. v. M. reichende Nachrichten eingegangen, denen zufolge die Garnison noch aushält, obwohl sie von den Rebellen hart bedrängt wird.

„Norddeutsche Allgemeine Zeitung“

Die bemerkt:

Die Einsicht, daß billige Getreidepreise kein Glück für ein Land und auch nicht für den Handel und Industrie treibenden Theil seiner Bevölkerung sind, sondern daß der Hauptgrund für den Rückgang der Geschäfte in vielen Ländern gegenwärtig gerade in dem Umstande zu suchen ist, daß die Getreidepreise zu niedrig sind, und das Haupt⸗ gewerbe, die Landwirthschaft, keinen Verdienst mehr abwirft, bricht sich immer weiter Bahn. ö .

Zum Beweis hierfür lassen wir weiter unten einige Stellen aus dem im „Pester Lloyd! vom 9. d. M. erschienenen Bericht der ungarischen Kaufmannshalle folgen, in welchem der „Geschäftsgang im Jahre 18842, und zwar in der Manufakturenbranche, besprochen und von kaufmännischer Seite selbst das rapide Weichen der Getreide⸗ preise als eine Kalamität auch für das Manufakturgeschäft bezeichnet f. Wir wollen nachstehend den „Pester Lloyd“ selbst sprechen assen:

Der Geschäftsgang war schon in den Monaten Juni-Juli schleppend, der Waarenabsatz geringer als in der gleichen Periode des Vorjahres gewesen, und man hatte Kenntniß davon, daß die Ge⸗ schäftslage in der Provinz allenthalben keine besonders günstige für das Wintergeschäft zu werden verspreche. Das rapide Weichen der Getreidepreise jedoch, welches damals noch nicht in Kombination ge⸗ zogen werden konnte, wirkte dermaßen lähmend auf die Entwickelung des Geschäftsverkehrs, daß selbst die verhältnißmäßig geringe Zahl der anwesend gewesenen Kunden dadurch zur Zurückhaltung im Kaufe, eine beinahe eben so große Anzahl von Kunden aber veranlaßt war, den Markt überhaupt nicht zu besuchen. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir demzufolge das Hauptmotiv für den un⸗ erwartet schlechten Ausgang des Marktes in der für das Manufaktur geschäft geradezu eine Kalamität gewordenen Entwerthung des Ge⸗ treides suchen.

Die Wirkung dieser Kalamität blieb bis zum Jahresschlusse an⸗ haltend und für den weiteren Geschäftsverlauf maßgebend.

Den gleichen Verhältnissen ist das schlechte Inkasso und zum größeren Theile auch die abnorme Zahl der vorgekommenen Insol—⸗ venzen zuzuschreiben.

Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ schreibt:

Als sich vor wenigen Wochen in den Schächten der Grube Camphausen“ das große Unglück zutrug, welchem 179 Menschenleben zum Opfer fielen, wurde allenthalben mit Dankbarkeit und Genug⸗ ihuung anerkannt, daß wir jetzt im Besitz eines Unfallversicherungs—« gesetzes sind, welches geeignet ist, die Hinterbliebenen wenig— stens vor den schweren materiellen Folgen einer solchen Kata strophe sicher zu stellen. Das Gesetz ist allerdings noch nicht in Kraft getreten und streng genommen würde dasselbe auf diefen großen Unfall noch keine Anwendung finden können. Es würde dies für die Hinterbliebenen ein schwerer Schlag sein. Das ist denn auch von allen Seiten, selbst von denen empfunden worden, welche die Prinzipien des Unfallversicherungsgesetzes bis zuletzt auf das Leidenschaftlichste bekämpft haben. Deshalb wurde auch von ihnen befürwortet, daß der Staat Gnade für Recht er— gehen lasse und die Wohlthaten des Gesetzes schon auf die Opfer jener Katastrophe anwenden möge. Und als der Minister für öffent⸗ liche Arbeiten im Abgeordnetenhause erklärte, daß der Staat sich der Hinterbliebenen anzunehmen verpflichtet sei und daß dies auf dem Boden des Unfallversicherungsgesetzes geschehen solle, wurde ihm von allen Seiten des Hauses dankender Beifall zu Theil.

An diesem einen Beispiel hat sich in recht deutlicher Weise ge⸗ zeigt, was wir dem Unfallgesetz zu verdanken haben und welchen Nachtheil es haben würde, wenn das Reich die Arbeiterversicherung nicht in Angriff genommen hätte, Es hat sich aber hierbei auch gezeigt, wie wenig berechtigt die Opposition gegen die Versicherungs⸗ gesetzgebung war und wie sehr auch die Gegner den Segen derselben anerkennen, sobald das Gebiet der parlamentarischen Kämpfe ver— lassen ist und es sich um die praktische Welt der Dinge handelt.

Zeitungsstimmen.

In den „Berliner Politischen lesen wir:

Bei der Besprechung, welche dem jüngst veröffentlichten und von uns auszugsweise wiedergegebenen Weißbuche, betreffend die Vor⸗ verhandlungen über die afrikanische Konferenz, in der Presse zu Theil geworden ist, konnte man mehrfach der Bemerkung begegnen, daß der Inhalt dieser Sammlung diplomatischer Aktenstücke zum Theil von minder aktuellem Interesse sei, sofern darin Dinge behandelt würden, die, in ihren allgemeinen Umiissen wenigstens, nicht mehr neu seien. Es ist leider eine sich fast taglich wiederholende Erscheinung, ej eine gewisse Preßkategorie von bekannter tendenziöser Richtung der Praxis huldigt, alle öffentlichen Angelegenheiten, auch solche, welche die innersten Lebensfasern der Nation berühren, nur vom neuigkeits krämerischen Standpunkte aus zu betrachten und sie nur soweit zu taxiren, als sie sich sensationell verwerthen lassen. Dieser Art von Presse genügt es schon, daß die in dem neuesten Weißbuche behandelte Materie nicht mehr ganz nenn ist, um mit einigen oberflächlichen Redensarten darüber hinweg zu gleiten. Es ist das dieselbe Presse, welche den ihr angedeihenden Partei⸗ und Fraktionsweisungen gehorchend, der Reichsregierung ‚agrarische! Bestrebungen in die Schuhe schiebt und in ihrem Leserpublikum den Glauben hervorzurufen sich be— müht, als laufe die witthschaftliche Politik unserer maßgebenden Instanzen eigentlich nur darauf hinaus, das Gros der erwerbsthäti⸗ gen Kräfte des deutschen Volkes zu Gunsten und zum Nutzen eines relativ kleinen bevorzugten Interessentenkreises eben der. Agrarier“ in Kontribution zu setzen.

Angesichts solcher Insinuationen und solcher publizistischer Ge⸗ pflogen heiten kann die aufmerksamste Lektüre des jüngsten deutschen Weißbuches gar nicht eindringlich genug empfohlen werden. Wenn irgend etwas, so ist sie geeignet, Bresche zu legen in das von berech⸗ neteter Opposition in vielen Köpfen aufgebrachte Vorurtheil, als sei der Agrarier' so zu sagen das Schooskind, der Handelsstand hin— gegen das Aschenbrödel des bei uns herrschenden wirthschaftlichen und sozialpolitischen Systems. Hier haben wir auf jeder Seite die denkbar unanfechtbarsten Beweise für das ernste, bahnbrechende Streben der Reichsregierung, dem deutschen Handel die Bedingungen Mu einer ersprie ßlichen, weltumspannenden Entwickelung zu verschaffen.

ir sehen, wie der weitverzweigte Apparat des auswärtigen Dienstes n Bewegung gesetzt wird, um allüberall ein offenes Auge auf die Entwickelung des überseeischen deutschen Handelsverkehrs zu richten, wie man Seitens der Reichsregierung den reellen Interessen unferer ordsee · Emporien auf halbem Wege entgegenkommt, wie man ein schweres und langwieriges diplomatisches Ringen mit rivalisirenden, ja überlegenen Kolonial und Hanbelsmächten nicht scheut, damit der kauf⸗ männische Unternehmungsgeist des deutschen Vaterlandes im inter- nationalen Wettbewerb Wind und Sonne nicht zu seinem Nachtheile bertheilt finde, bis der Plan einer völkerrechtlichen Regelung des Problems der handelspolitischen Erschließung von Mittelafrika, speülelQl des Kongobeckens, aus den Nebeln' der diplomatischen Er⸗ zrterungen immer heller und greifbarer hervortritt, um endlich in dem usammentritt der Berliner afrikanischen Konferenz seiner Verkörpe—⸗ tung zugeführt zu werden.

Von diesem Standpunkte aus betrachtet, darf das jüngste deutsche Veihbuch für ein ebenso glänzendes als beweiskräftiges Plaidoyer zu Gunsten derjenigen Richtung unseres wirthschaftlichen Systems er⸗ hart werden, die Seitens eines nicht ganz geringen Bruchtheils der tion der schiefsten Beurtheilung preisgegeben dasteht. Das Weiß— lis über die Vorgeschichte der afrikanischen Konferenz entkräftet, efinitiv möchten wir agen, die Unterstellung, als sei man in den

reisen der Reichsregierung den Interessen unserer handeltreibenden dine minder gewogen, als jenen der Industrie und Landwirth⸗

Nachrichten“

Eisenahn-Verordnungs⸗Blatt. Nr. 8. Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 20. Mär; 1885, betreffend Gewährung von Remunerationen aus Baufonds; vom 27. März 1885, betreffend Uebertragung der Bau- und Betriebk⸗ leitung der Bahnstrecke Grünebach Daaden an das Königliche Eisen— bahn⸗Betriebsamt zu Köln und der Bahnstrecken Hadamar Wester— burg ==-Hachenburg und Altenkirchen Au an das Königliche Eisenbahn—⸗ Betriebtamt zu Neuwied; vom 30. März 1885, betreffend Gewährung von Reisekostenvergütungen; vom 2. April 1885, betreffend Einrich⸗ tung einer Auskunftstelle der dreußischen Staatseisenbahn. Verwaltung in Frankfurt a. M.; vom 5 April 1885, betreffend Inreststellung von Ausgabebeträgen beim Jahresschlusse. Nachrichten.

Neichstags⸗ Angelegenheiten.

Dem Reichstage ist folgender Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vorgelegt worden:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛg. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Artikel 1.

J. Nach 5§. 29 des Gesetz vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Reichs ⸗Gesetzblatt Seite 153), werden folgende n . eingefügt:

29a.

11. Das Kennzeichen verdaͤchtiger Thiere.

Dasselbe darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich vorgesehen sind, und muß durch den be- amteten Thierarzt oder unter dessen Aufsicht ausgeführt werden.

II. Im 5§. 18 Absatz 1 und im 5. 30 Absatz 1J desselben Gesetzes tritt an Stelle der Einschaltung ‚(68. 19 bis 29) die Einschaltung (55§. 19 bis 29a). .

III. Im 5§. 66 Nr. 4 desselben , tritt an Stelle der Ein⸗ schaltung (88. 19 bis 28, 88, 51)“ die Einschaltung „(68§ 19 bis 28,

Wa, 38, 51). Artikel 2.

An Stelle des §. 45 desselben Gesetzes treten folgende Bestim⸗ mungen: 8 66

Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gutachten des beamteten Thlerarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere an- zuordnen und kann auch die Tödtung verdächtiger Thiere anordnen.

Ist der Ausbruch der Seuche festgestellt, so müfsen alle ver⸗ 2 Thlere mit einem dauernd haftenden Kennzeichen versehen werden.

Die Landesregierungen sind ermächtigt, für den ganzen Umfang ihres Staatgebiets oder für Theile desselben die Inpfung sämmtlicher Rinder in dem Gehöfte oder in der Ortschaft, wo dle Lungenseuche ausgebrochen ist, anzuordnen.

Artikel 3. I. An Stelle des 5§. 57 desselben Gesetzes treten folgende Be⸗

timmungen: f 3 §. 57.

Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach dieser Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere, sowie für die in Folge der auf polizeiliche Anordnung ausgeführten Impfung (8. 45) einge

angenen Rinder . vorbehaltlich der in diesem Gesetz bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung gewährt werden.

II. An Stelle des §. 59 desselben Gesetzes treten folgende Be⸗

stimmungen:

§. 59.

Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier da⸗ durch erleidet, daß es mit der Seuche behaftet ist oder in lebendem Zustande behaftet war. Ebensowenig soll der Minderwerth berück⸗ sichtigt werden, welchen das eingegangene Rind in Folge einer durch Impfung (G6. 45) herbeigeführten Krankheit erlitten hat. Bei den mit der Rotzkrankheit behafteten Thieren hat jedoch die Entschädigung drei Viertel, bei dem mit der Lungenseuche behafteten oder in Folge der Impfung eingegangenen Rindvieh vier Fünftel des so berechneten Werths zu betragen.

Auf die zu leistende Entschädigung werden angerechnet:

1) die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme, und zwar bei Rotz zu drei Viertel, bei Lungenseuche oder einer durch Impfung herbeigeführten Krankheit des Rindviehs zu vier Fünftel, in allen anderen Fällen zum vollen Betrage;

2) der Werth derjenigen Theile des getödteten Thieres, welche dem Besitzer nach Maßgabe der polizeilichen Anordnungen zur Ver⸗ fügung bleiben.

Ferner folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die

Steuervergütung für Zucker: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt: Einziger Paragraph.

Die Geltungsdauer des Gesetzes vom 7. Juli 1883, betreffend die Steuervergütung für Zucker (Reichs ⸗Gesetzblatt Seite 157), wird um ein Jahr dergestalt verlängert, daß an die Stelle des im §. 2 daselbst bezeichneten Endtermins der 1. August 1886 tritt.

Begründung.

In dem unterm 15. Juni 1884 dem Reichstage vorgelegten Ent⸗ wurf eines Gesetzes, die Besteuerung des Zuckers betreffend, war eine Reform dieses Steuerzweiges durch Erhöhung des Steuersatzes der Rüben von 1,60 MS auf 1,80 S für 1 Doppelcentner in Ver⸗ bindung mit einer Neuregulirung der Steuervergüätung in Aussicht genommen. Nachdem der Gesetzentwurf in der damaligen Reichstagssession nicht mehr zur Verhandlung ge⸗ kommen war, ist inzwischen die Zaͤckerproduktion aller Länder durch einen unerhörten Niedergang der Zuckerpreise von einer schweren Krisis betroffen worden. Einer bezüglichen näheren Darlegung bedarf es hei der Notorietät der in Betracht kommenden Thatsachen um so weniger, als auch bereits im Reichstage bei den Verhandlungen über den Reichshaushalts-Etat von 1885/86 das derzeitige Vorhandensein einer tiefgreifenden Kalamität der Zuckerproduktion im Allgemeinen und insbesondere der deutschen Kübenzuckerindustrie allseitig anerkannt worden ist. Die Krisis dauert noch fort, wenngleich sich die Preise in neuester Zeit etwas gehoben haben

Unter diesen Umständen erscheint der gegenwärtige Augenblick nicht als geeignet, um bereits die endgültige Beschlußfassung in der Zuckersteuerfrage herbeizuführen. Andererseits ist es für unsere Rüben zuckerindustrie von Werth, rechtzeitig Gewißheit darüber zu erlangen, welche Steuerverhältnisse für die nächste Betriebsperiode 1885/86, mit deren Beginn das durch das Gesetz vom 7. Juli 1883, betreffend die Steuervergütung für Zucker, angeordnete Provisorium abläuft, maßgebend sein werden. Bei dieser Sachlage empfiehlt es sich, zu⸗ nächst nur das vorgedachte Provisorium, wie der vorstehende Gesetz⸗ entwurf vorschlägt, um ein Jahr zu verlängern.

In der Annahme, daß aus der Lage der Rübenzuckerindustrie alsdann ein unabweisliches Bedenken sich nicht ergeben wird, besteht die Absicht, die anderweitige Regelung der Zuckersteuer schon vom August 1886 ab eintreten zu lassen und eine diesbezügliche Gesetzes vorlage spätestens im Anfang der nächsten Reichstagssession ein⸗ zubringen.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 13. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorb en gemeldet: in Berlin 21,1, in Breslau 264, in Königsberg 33,3, in Köln 3436, in Frankfurt a. M. 24,6, in Hannover 20,7, in Kassel 27, in Magdeburg 301, in Stettin —, in Altona 26,58, in Straßburg 32,7“, in Metz 29,1, in München 32.0, in Nürnberg 31,1, in Augsburg 28, in Dreg⸗ den 24,2, in Leipzig 240, in Stuttgart 23,4, in Braunschweig 262, in Karlsruhe 27,0, in Hamburg 25,4, in Lübeck —, in Wien 32,7, in Budapest —, in Prag 33,8, in Triest —, in Krakau 41,7, in Basel 29,5, in Brüssel 26,0, in Amsterdam 2A,l, in Paris 26,?, in London 21,B7, in Glasgow 31,6, in Lixerpool 24,4, in Dublin 33,6, in Edinburg 17,0, in Kopenhagen 17,5, in Stockholm 42, l, in Chri⸗ stiania 19,9, in St. Petersburg 3434, in Warschau 28,6, in DOdessa 34,5, in Rom 29,0, in Turin 28,5, in Bukarest 34,8, in Madrid —, in Alexanbria 31,7. Ferner in der Zeit vom 8. bis 14. März: in New⸗Hork 29,æ, in Philadelphia 25,9, in Chicago —, in St Louis —, in Cineinnati —, in San Franzisko 21,4, in Kalkutta 34,9, in Bombay 29,6, in Madras 41,2.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche herrsch⸗ ten an den deutschen Beobachtungsorten schwache bis mäßige nördliche und nordöstliche, in Heiligenstadt, Berlin und Bremen bis nach Nord⸗ west laufende Luftströmungen, die am 1. April an den meisten Stationen, mit Ausnahme von München und Karlsruhe, wo östliche bezw. nordöstliche Windrichtungen vorwiegend blieben, nach Südost, in den letzten Tagen der Woche jedoch wieder nach Nord und Nordost zurückdrehten, in Heiligenstadt, Bremen und Köln unter vorüber gehendem Wechsel mit Nordwest. Die Temperatur der Luft lag über 1 bis 2 Grad Celsius unter der normalen. Leichte Nachtfröste kamen zu Anfang der Woche aus Bremen und Köln, um die Mitte der Woche aus Konitz, Breslau, München und Berlin zur Meldung. Niederschläge erfolgten selten und spärlich. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft stieg zwar am 30. März an allen Stationen, nahm am 31. ab, sank bis zum 3. April, wo der Luft⸗ . zwar etwas zunahm, vom 4. jedoch von Neuem abzunehmen

egann.

Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche nur in einem Theile der Großstädte abgenommen, aus den südlich und westlich gelegneren deutschen und aus den englischen Städten werden vielfach höhere Sterblichkeitsziffern gemeldet. Die allgemeine Sterblichkeits verhält⸗ nißzahl für die deutschen Städte ging auf 260 herab von 264 der Vorwoche (pro Mille und Jahr berechnet). Der Antbeil des Säug⸗ lingsalters sowohl wie derjenige der Altersklasse über 60 Jahre an der Sterblichkeit war etwas gesteigert. Von 10 990 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 8 Säuglinge; in Berlin 63, in München 132.

Unter den Todesursachen haben die Infektionskrankheiten meist etwas weniger, nur Masern und Genickstarre, die sich in mehreren Orten epidemisch zeigte, mehr Todesfälle als in der Vorwoche hervor⸗ gerufen. Auch Darmkatarrhe der Kinder führten häufiger, akute ent⸗ zündliche Prozesse der Athmungsorgane seltener zum Tode. Masern wurden in Liegnitz, München, Berlin, Köln, Wiesbaden, Hanau, Paris, London, Glasgow, St Petersburg und ganz besonders in Stockholm häufiger, in Potsdam und Liverpool seltener Todes veranlassung. Das Scharlachfieber zeigte in Danzig, Greift. wald, Warschau, Stockholm, Christiania eine Steigerung, in Berlin, Bromberg eine Abnahme der Sterbefälle. Die Sterblich⸗ keit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Leipzig, Hamburg, Wien, St. Petersburg, Warschau, Amsterdam, Christiania eine kleinere, in Danzig, Stolp, Breslau, München, Stuttgart. Augsburg, Dresden, Magdeburg, Hannover, Barmen, Frankfurt a. M, Straß⸗ burg, Paris, Stockholm eine größere. —das Vorkommen von Unter leibẽtvphus blieb ein beschränktes, nur in St. Petersburg stieg die Zahl der durch dieselben hervorgerufenen Sterbefälle. An Fleck⸗ twphus kam kein Sterbefall zur Meldung. Der Keuchhusten forderte in Koburg, Berlin, Düsseldorf, Koblenz, Amsterdam,

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