1885 / 91 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Apr 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Bauer verschwindet und an seine Stelle tritt der große Weide⸗ und eerdenbesier. Sollen wir solchen offenbaren Thatsachen gegen⸗ ber nicht unsere kleinen Bauern gegen die verheerende Konkurrenz

ferner Raubbau treibender Länder schützen und das Danaergeschenk

des billigen Korns von uns weisen?

In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:

Zu den Hauptargumenten, welche von den Manchesterparteilern

im Reichstage gegen die Holüzölle, resp. gegen eine Erhöhung der schon bestehenden Holzzölle ins Treffen geführt worden, gehört be= kanntlich die Behauptung, daß der um den Betrag des Zolles erhöhte Verkaufswerth des Holzes die Forstbesitzer zum Niederschlagen ihrer Hochwaldbestände verführe, mithin eine allgemeine Waldverwüstung zur Folge haben werde. ... Handelt sichs aber um schlicht geschäftliche Berechnungen in privatem Verkehr, da nimmt man freilich keinen An⸗ stand. der Wahrheit die Ehre zu geben. So findet sich in der streng freisinnig⸗ manchesterlichen, Kieler Zeitung vom letzten Freitag Morgen eine Notiz aus Schleswig, der zufolge in den umliegenden Waldungen dies Jahr wiederum jahlreiche Eichen bäume niedergelegt worden sind, deren Stämme in den Holzauktionen angekauft werden. Dann wird wörtlich weiter gesagt: Die Hölzer sind stark und sehen gesund aus, was in Verbindung mit den guten Preisen uns Schleswiger zu einer vergrößerten Eichenkultur veranlassen kann. dier gesteht der Frei⸗ sinn“ also schlankweg zu, daß gute Preise des Eichenholzes geeignet sind, zu einer vergrößerten Eichenkultur zu führen. ...

Marineverordnungsblatt. Nr. 7. Inhalt: Servis⸗ Liguidation. Seefahrtezeit von Wacht⸗ und Schulschiffen. Werftdienstordnung. Vorspannleistung. Badekurkosten. Revolver⸗Gewebr. Schlffsbücherkisten. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Ju st iz ⸗Ministerial˖˖ Blatt. Nr. 16. Inhalt: Allge—⸗ meine Verfügung vom 7. April 1885, betreffend die Ermittelung der von den Gerichts kassen erhobenen Stempelbeträge. Bekanntmachung des Reickkamts des Innern vom 21. März 1885, betreffend die Herausgabe des Handbuchs für das Deutsche Reich auf das Jahr 1885. Erkenntniß des Reichsgerichts vom 26. Mai 1884.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Verfgsser des in Nr. 86 des . Reichs⸗Anzeigers“ besprochenen Staats rechts des Herzogthums Sachsen⸗ Meiningen“ in dem Handbuch des öffentlichen Rechtes von Professor Dr. Marquardsen, Geh. Regierungs⸗Rath Dr. W. Kirchner in Meiningen, macht uns darauf aufmerksam, daß die in der Kritik vermißten vollständigen Titel der Werke von Zachariage, Luther und Reyscher auf S. 31 unter Literatur“ angeführt sind.

Briefe einer jungen ðFrau aus Indien“. Von Antonie Herf, geb. Wachter. (Preis 3,60 K. Verlag von Earl Krabbe in Stuttgart). Sieben dieser Briefe, welche die fein beobachtende Verfasserin, die ihrem Gatten im Jahre 1881 nach Indien gefolgt ist, ihren in der Heimath zurückgebliebenen deutschen Freundinnen gefandt hat, sind im verflossenen Jahre in der ‚Deutschen Rundschau“ ver— öffentlicht worden und haben so großen Beifall gefunden, daß die Verfasserin, von verschiedenen Seiten aufgefordert, diese Briefe fort⸗ zusetzen und sie in Buchform herauszugeben, dieser Aufforderung jetzt nachgekommen ist. Die neu hinzugefügten 5 Briefe aus den Jahren 1884 und 1885 schildern das Leben in der anderen Zone ebenso frisch, anschaulich und farbenprächtig, aber auch ebenso anziehend und humoristisch wie die früheren.

Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath der Actien ⸗Gesellschaft Stein salz⸗ bergwerk Inowrazlaw erläßt eine Bekanntmachung, der zufolge die auf den 24. April anberaumte ordentliche Generalversammlung aufgehoben wird, weil die Einladung der Aktionaͤre nicht auch durch den Reichg⸗ Anzeiger“ erfolgt ist, wie es nach der Gesetzes⸗ vorschrift hätte geschehen müssen. Es wird nun eine neue General— versammlung auf den 12. Mai er,. einberufen.

London, 17. April. (W. T. B.) Wollauktion. Stim— mung fest, Preise unverändert.

St. Petersburg, 17. April. (W. T. B.) Die Gesetz⸗ Sammlung“ veröffentlicht die vom Kaiser bestätigten Beschlüsse des Reichsraths, betreffend die bereits angekündigte Vergröße⸗ rung des Obligationskapitals der Südwest⸗Bahn⸗ Gesellschaft. /

New Jork, 17. Aprll. (W. T. B.) Baum wollen Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 25 660 B. Aut. fuhr nach Großbritannien 22 000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 12 000 B., Vorrath 611 000 B.

Verkehrs⸗Anftalten.

Stettin, 17. April. (W. T. B.) Die Stettiner Lloyd⸗ dampfer „Kätien und Martha“ find, ersterer von New ⸗JYork kommend, in Stettin, letzterer von Stettin kommend, in New. Jork heute wohlbehalten eingetroffen.

Bremen, 17. Äpril. (B. T. B) Der Dampfer des Rorddeutschen Lloyd ‚Rürnberg“ ist gestern in Baltimore angekommen.

New⸗York, 17. April. (W. T. B.) Der Dampfer »Pennland' der Red Star ⸗Line ist hier eingetroffen.

Berlin, 18. April 1885.

Der Grundstein der Kirche zum Heiligen Kreuz ist heute in Gegenwart Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und der Vertteter der Staate, Tirchen, und Stadtbehörden feierlich geweiht worden. Der Zohannistisch prangte im reichsten Flaggenschmuck, und auf dem Bauplatz war ein Baldachin für die Höchsten Herrschaften errichtet. Punkt 2 Uhr nahm die Feier ihren Anfang. Nach⸗ dem die versammelte Festgemeinde den Choral „Lobe den Herrn“ intonirt hatte, nahm Pfarrer Stage das Wort. Der Stein, so begann er, den wir heute einfügen in den begonnenen Bau, ist ein Stein des Dankes gegen Gott, der unsere Bitte erhört, gegen die Menschen alle, die dazu geholfen, daß es soweit gekommen; gegen den geliebten Schirmherrn unseres Volkez, gegen die Staats- und Kirchenbehörden und die Vater ver Stadt, die nach verschiedenen Seiten das Gedeihen des Baues gefördert. Wir danken vor Allem aber auch dem Durchlauchtigsten Kronprinzen, dem wir die erste Anregung zu diesem schönen Bau schulden, daß Er in Stellvertretung Sr. Majestät diesen Stein weihen will! Im weiteren Verlauf der Ansprache erinnerte der Geistliche alsdann daran, daß auch für diesen Bau das Wort gelten solle: Wo der Herr nicht das Haus baut, da bauen umsonst, die daran bauen.“ Mit Worten des Gebets schloß die Rede. Der Chorgesang Die Himmel rühmen des Ewigen Ehren leitete dann zu dem Akt der Grundsteinlegung selbst über. Im Namen der Gemeindekirchen⸗ behörden verlas Geh. Kanzlei-⸗Rath Fritze die Urkunde, die eine Ge⸗ schichte der Gemeinde und des Kirchenbaues giebt. Wir ent⸗ nehmen derselben folgende Angaben: Die 1866 neu begründete Gemeinde benutzte zuerst zu ihren Gottesdiensten eine am Planufer 1 gelegene Kapelle und durfte am 5. Oktober 18657 in di für ihre Gottesbienste erbaute Interimskirche einziehen. Der neue Bau wird insgesammt 453 000 . erfordern; 198 795 4M fallen davon dem Königlichen Patronat zu, 45 152 ½ hat Se. Majestät der Kaiser und König als Gnadengeschenk überwiefen, 005 M wurden vom Ron siftorium als Verkaufssumme der Gertraudtenkirche auf dem Spittelmarkt überwiesen, 30 000 M schenkte die Start, und der Restbetrag von 60 000 MS wurde aus einer Anleihe gedeckt.

In die Kapsel, in welche die Urkunde gelegt wurde, kamen außerdem die auf den Bau bezüglichen Urkunden, ein Verzeichniß der gegen—⸗ wärtigen Kirchenältesten und Gemeiadevertreter und Exemplare des Evangelisch Kirch lichen Anzeigers. des Neuen evangelischen Gemeinde boteng ·. der. Neuen evangelischen Kirchenzeitung, der Kreuzzeltung“, der Vossischen Zeitung“ und der „Nationalzeitung“, sowie der Kaiser⸗ Festzeitung vom 22. März und ein Programm der Feier. Nac dem die Urkunde verlesen worden war, trat Prof. Joh. Otzen auf das Podium, um den Bauspruch zu halten. Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz schritt sodann die Stufen herab und that die ersten drei Hammerschläge; Ihm folgten die übrigen Ehrengäste und die Bauleute. Gesang, Gebet und Segen schlossen die Feier.

Im Lichthof des Kun stgewerbe⸗Museunms ist gegenwãrtig eine ansehnliche Kollektion von Givsabaüssen figürlicher und ornamentaler Theile des in Eichenholz geschnitzten Brüggemannschen Altars aus der Domkirche zu Schleswig zu einer in hohem Grade bemerkens⸗ werthen Ausstellung vereinigt. Ihre Entstehung verdanken diefe Nach= bildungen der don der Kgl. Staatsregierung dem bekannten Bildhauer H. Sauermann zu Flensburg übertragenen Restauration des großartigen Altarwerks und der gleichzeitig ertheilten Genehmigung, die Originale bei dieser Gelegenhest abjzuformen und durch den Gips⸗ abguß zu vervielfältigen. Von einer Abformung des ganzen Altars, der bei einer Tiefe von 0,8 Metern nahezu 15 Meter in der Höhe und Meter in der Breite mißt. mußte im Hinblick auf diese Dimensionen abgesehen werden; die zur Nachbildung ausgewählten Theile gewähren indeß im Verein mit der ihnen zugesellten photographüchen Aufnahme der Gesammt⸗Komposition eine nach jeder Seite anschauliche Vorftellung des ausgezeichneten Werkes, das als hervorragendste Leistung der nord⸗ deutschen Holibildhauerei bisber noch lange nicht nach Gebühr gekannt und gewürdigt ist. In den Jahren 1514—1521 von dem aus Husum gebürtigen Hans Brüggemann für das damals blühende holsteinische Kloster Bordesholm angefertigt, aus dem er 1666 in den Dom zu Schleswig überführt wurde, fesselt der Altar durch den Reschthum künstlerischer Erfindung nicht weniger als durch die vollendete Meister⸗ schaft der Holzschnitzerei, die in der Behandlung des Figürlichen ebenso bewunderungswürdig erscheint wie in dem reich und glänzend entfalteten Ornament der zierlichen und phantasievollen fpätgothischen Architektur, welche die einzelnen Scenen umrahmt und zu einem wirkfam gegliederten Aufbau zusammenfaßt.

Den Gegenstand der Darstellung bildet in dem eigentlichen Körper des Altars die Passion Christi. Das hohe und breite Mittelfeld wird von der Scene der Kreuztragung und der oherhalb derselben ohne trennendes architektonisches Zwischenglied angeordneten sich kompositionell gus der unteren Darstellung entwickelnden Kreuzigung eingenommen. Von Sonne und Mond umgeben, schwebt darüber das Bild Gott⸗ vaters, während auf dem abschließenden Baldachin die wieder von einem kleineren, den oberen Bogen ausfüllenden Baldachin überragte Gestalt der Maria als Himmelskönigin ihren Platz gefunden hat. In zusammen vierzehn Bogenfeldern, von denen zehn auf die beiden Flügel des Altars entfallen, sind zu beiden Seiten dieses Mittelbildes die übrigen Einzelscenen der Passion, die Himmelfahrt und die Aus—⸗ gießung des heiligen Geistes geschildert, in zwei auf die äußersten oberen Ecken der Flügel aufgesetzten kleineren Feldern, die bei ge—⸗ schlossenem Altar den oberen Theil der hohen Mittelnische decken, schließlich noch die Figuren der Apostel Petrus und Paulus angebracht. Die Predella, deren Mitte ein vergittertes Reliquiarium einnimmt, fügt hierzu die auf den Bund mit dem Herrn bezüglichen vier Dar⸗ stellungen des Abraham und Melchisedech, der Einsetzung des Abend⸗ mahls, eines Liebesmahls der ersten Christen und der Stiftung des Passahlammtz. Die über den geschlossenen Altarschrein hoch aufragende Bekrönung endlich, die in schlan ke Fialen und zierliche Ornamente ausläuft, zeigt eine Gruppirung von Einzelgestalten, die auf das jüngste Gericht hindeuten und unter denen die in dem obersten Bogenfeld thron ende Figur des Weltrichters, die zu beiden Seiten des Mittelbildes aufragenden nackten Figuren des Adam und der Eva, sowie zwei von frei empor⸗ strebenden Säulen getragene Engel mit den Marterwerkzeugen besonders hervortreten. Der Fülle von hunderten von Figuren, die in dieser Komposition des Altars vereinigt und zum großen Theil in voller Rundung, in den malerisch angeordneten Reliess frei neben⸗ und hintereinander stehend, herausgearbeitet sind, gesellen sich dann noch vierzig kleine Statuetten von Heiligen und Engeln, Aposteln und Propheten 2c, die in den Umrahmungen der einzelnen Felder auf kleinen Säulchen unter zierlichen Baldachinen ihren Platz erhalten haben; zu dem Bildwerk des Altars selber aber treten schließlich die ansehnlichen, zu den Seiten desselben auf zwei Säulen aufgestellten Porträtgestalten König Christians II. und seiner Gemahlin Isabella hinzu.

Schon von Friedrich Eggers, der sich in den sechziger Jahren wiederholt und eingehend mit dem Brüggemannschen Altar beschäftigte, ist auf den Einfluß Dürerscher Kunst, der sich in dem Werke bekundet, hingewiesen worden. Verschiedentlich tritt in einzelnen Motiven der Komposition eine so unverkennbare Uebereinstimmung mit Dürers Kleiner Passionꝰ zu Tage, daß an einer Einwirkung der letzteren auf die Schöpfung Brüggemanns kaum zu zweifeln ist. Der Meister aber, der hier durch Dürers Zeichnungen mehrfache Anregang erfuhr, zeigt sich zugleich in dem, was seiner eigenen Erfindung angehört, als einer der bedeutendsten und selbständigsten feiner Zeit. Mit einer außerordentlich frischen und lebendigen Phantasie verbindet er einen Ernst und eine Größe der Auffassung, die sein Werk auch innerlich der Dürerschen Kunst verwandt erscheinen läßt, mit der Meisterschaft der Komposition, die in der Anordnung der dichtgruppirten Figuren der Passionsseenen zu bewundern ist, eine Ausbildung des Formensinns und Schönheitsgefühls, die ihn weit über die Menge der Zeitgenossen empor hebt. Die höchste Höhe aber erreicht seine Kunst nach der Seite des Charakteristischen hin. In der phystognomischen Schilderung wie in der sprechenden Bewegung seiner Gestalten lebt eine Kraft und Wahrheit des Ausdrucks und offenbart sich eine Schärfe in der Beob⸗ achtung der Natur, die schlechterdings nicht mehr zu überbieten sind. In dem Realismus dieser Kunst, die ganz und gar in der Wirklichkeit des umgebenden Lebens wurzelt, beruht denn auch neben dem künst⸗ lerischen Werth ein ungewöhnliches kulturgeschichtliches Interesse des umfangreichen Werkes, das als ein treuet Spiegelbild seiner Zeit, ihres geistigen Inhalts wie ihrer kostümlichen Erscheinung, auch nach dieser Seite hin des eingehendsten Studiums werth ist. Pie Nach⸗ bildung einer Auswahl hervorragender Theile des Altars darf somit in mehr als einer Hinsicht die eingehendste Beachtung von Samm⸗ lungen und Unterrichts anstalten, von Künstlern und Kunstfreunden be⸗ anspruchen, und dies umsomehr, als die Sauermannschen Abgüsse in Bezug anf vollendete Feinheit und Treue der Wiedergabe den höchsten Ansprüchen genügen. Sie reproduziren das gefammte Schnitzwerk im Figürlichen wie im Ornamentalen mit einer Präzision und Schärfe, die selbst die Texiur des Holzes zum Ausdruck bringt und das genaueste Detailstudium der technischen Behandlung ermöglicht; in einer trefflich gelungenen, die Feinheiten der Form nirgends beeinträchtigenden Färbung im Ton des Eichenholzes rufen sie vollends den täufchenden Eindruck der Originale hervor, fo daß sie in diefer Geftalt nicht blos für Studienzwecke, sondern auch als vornehm wirkende künstlerische Schmuckstücke zu dienen geeignet sind. ;

Wie schwierig die Abformung war und mit welchem außer⸗ ordentlichen Geschick sie bewältigt wurde, läßt schon ein flüchtiger Blick auf die in der Ausstellung vereinigten Stücke erkennen. Am imposantesten hebt sich unter ihnen die große, figurenreiche Gruppe der Kreuztragung mit der in dem Bewegungsmotiv an Dürer er⸗ innernden Figur des unter der Last zusammenbrechenden Erlösers und mit dem in den Reitern und Kriegsknechten meisterbaft zum Ausdruck gebrachten Vorwärtsstreben des ganjen Zuges hervor. Von den kleineren Scenen der Passion gesellen sich hierzu die des „Ecce homo“ und die der Geißelung Christi in welcher die Figur des Gepeinigten ebenso edel und hoheite voll wirkt, wie die Gestalten der Schergen in ihrer rohen Brutalität mit unvergleichlicher realistischer Schärfe charakterisirt sind. Aus der Predella ist sodann die Begegnung des Abraham und des Melchisedech abgeformt, eine Gruppe, deren völlig porträtartige Gestalten die Tradimion rechtfertigen, daß der Künstler hier die Bildnisse der zu dem Kloster Bordesholm und dem ihm gewordenen Auftrag in Beziehung stehenden Personen angebracht und

neben ihnen sich selber und seine Gehilfen dargestellt habe. Kurt erwähnt seien daneben von einzelnen Stücken das ernst und würdevoll aufgefaßte Bild Gottvaters in der Glorie, die dig der Maria mit dem Christuskinde, der edle Crucifirus aus der reuzigung, die der Beweinung Christi entnammene, groß und ruhig wirkende Gruppe der Pietä, die charaktervollen Gestalten der Apostel Paulus und Petrus, die knieenden des Johannes und der Marla aus der Be⸗ krönung des Altars, die des Adam und der Eva, die das tüchtigste Studium des Nackten bekunden und durch die ungejwungen freie Bewegung fesseln, sowie eine Auswahl der schönsten Staondfiguren aus den Umrahmungen der verschiedenen Felder und schließlich die auch lostümlich sehr interessanten Porträsstatnen Chrissians II. und der Isabella nebst den gesondert geformten Büsten derfelben. Auf meh⸗ reren Tafeln sind dazu noch etwa vierzig der bemerkenswerthesten Charakterköpfe der einzelnen Scenen vereinigt, die in der Mannig⸗ faltigkeit der Typen und des Ausdrucks das reichste Studien material bieten. Vornehmlich für Unterrichtsanstalten und für Künftlerateliers sind, dann auch die Abformungen einer größeren Zahl ornamentaler Theile bestimmt, Sie bieten u. a. die vollständigen Umrahmungen zweier Bogenfelder der Passion, verschiedene Details der oberen Bekrönung des Altars, ein Stück des durchbrochenen gotbischen Blatt. werks aus der breiten Hohlkehle jwischen der Predella und dem oberen Altarschrein, sowie eine Probe der am Sockel der Predella in schöner, reich ornamentirter Zeichnung angebrachten Inschrift: „Opus hoc insigne conpletum est anno incarnacionis domini 1571 ad Dei honorem.“

Das Kloster Loccum eröffnet mit dem 16. Juni auf der No rdsee⸗ Insel Langegog sein vorzugsweise für Gesstliche, Lehrer, Beamte und deren Angehörige bestimmtes Hospiz mit 56 für die Aufnahme von etwa 80 Personen eingerichteten Zimmern. Die Anstalt bezweckt, Mitgliedern der gedachten Berufekreise einen ruhigen, behaglichen Bade⸗Aufenthalt am Nordseestrande zu gewähren, wo dieselben in zwangloser Weise im Kreise gleichgesinnter Berufsgenossen ihrer leiblichen und geistigen Erholung leben können. Einfachheit in Lebensweise und Fernhaltung jedes Luxus werden bei allem Komfort einen guten Kurerfolg sichern. Postagentur und Telegraphenstation befinden sich auf der Insel; für Anwesenheit eines Arztes während der Badesaison wird Sorge getragen. Die Verwaltung des Seebades Langeoog ist vom Kloster Loccum übernommen; eine Kurtaxe wird nicht gezahlt. Die Bade saison beginnt am 16. Juni und schließt mit dem 30. September, wird aber event. bis Mitte Oktober verlängert. Der Preis eines Bades beträgt 69, 40 resp. 26 J. Die Aufnahme in das Hospiz geschiebt nur mit völliger Penston und in der Regel auf volle Kurzelt (große Kur 28 Tage, kleine Kur 2 21 Tage), jedenfalls nicht unter einer Woche. Die billiasten Zimmer werden bei Benutzung eines Bettes mit 8 „, die theuersten Unter gleicher Vor⸗ aussetzung mit 18 16 pro Woche, jedes Bett mehr mit 3 6 berechnet. De regelmäßige Beköstigung besteht aus 1) dem Frühstück (nach Wahl Kaffee, Thee, Kakao ober Milch- mit reichlicher Beigabe von Gebäck und Butter, 2) dem Mittagessen (Suppe, zwei Gänge, Kaffee), 3) dem Abendessen (nach Wahl entweder Thee mit kaltem Aufschnitt oder einem Fleischgericht, und wird mit 20 M pro Person (Kinder billiger) und Woche berechnet. In obigem Preise ist die Vergütung für die hausordnungzmäßige Bedienung eingeschlossen. Die Annahme von Trinkgeldern ist dem Dierstperfonal des Hoepizes untersagt. Getränke werden zu mäßigen Preisen verabreicht. Wein oder Bier⸗ zwang bhesteht nicht. Die Reise nach der Infel Langeoog erfolgt am besten entweder über Oldenburg⸗Jever oder über Emden auf der ost⸗ friesischen Küstenbahn nach dem Bahnhofe Eseng und von dort mittels Wagen (Omnibus) nach dem Hafen von Benserstel in ca. 25 Minuten, von dort erfolgt täglich Ueberfahrt per Fährschiff. Von der Lange⸗ ooger Rhede erreicht man zu Wagen das Dorf in 10 —= 15 Minuten. Anträge auf Aufnahme in das Hospiz sind an die Direktion der Bade. und Hospizverwaltung zu Händen des Hrn. Oberst z. D. Klefeker bis 26. Mai in Berlin W, Kulmstr. 3, später auf der Insel Langezog, frankirt zu richten.

Im Königlichen Opernhause gelangte am gestrigen Abend eine aͤltere italienische Oper neu einstudirt zur Aufführung, und zwar Norma“ von Bellini, welche seit längerer Zeit nicht mehr gegeben worden war. Der Grund hierfür liegt wohl in dem veränderten Geschmack unserer Tage, welcher an der süßlichen italienischen. Musik keinen Gefallen mehr findet und anderen Richtungen huldigt Wenn von einem Erfolge der Neu— belebung dieses ziemlich in Vergessenheit gerathenen Tonwerks die Rede sein kann so ist derselbe wohl hauptfächlich auf Rechnung der Trägerin der Titelrolle zu setzen, welche gestern in den bewährten Händen des Frl. Lehmann lag. Die Anforderungen, welche die Norma an die Künstlerin stellt, sind immerhin recht bedeutende, da intbesondere die Koloraturen eine gediegene Kraft erfordern. Dieselben gelangten nun durch eine so tüch⸗ tige Sängerin, wie Frl. Lehmann ist, mit allen Schönheiten und Feinheiten zu vollendetem Ausdruck und trugen dersel ben die, verdiente Anerkennung in reichlichem Maße ein. Diese prächtige Ausführung des vokalen Theils der Rolle wurde auf das Trefflichste unterstützt durch die edle Darstellung, in welcher die Dame die gallische Prieferin gab, doch häte vielleicht eine etwas größere Leidenschaftlichkeit in einzelnen Augenblicken zu gewaligerer Wirkung beigetragen, die weibliche Ratur durfte nicht so sehr von der strengen nde der Priesterin erdrückt werden. Bot nun die Norma einen hohen Kunstgenuß, so läßt sich das von der Adalgisa, welche von Frl. Hoffmann gespielt wurde, leider nicht sagen; weder in Gesang und Spiel entsprach die Dame den Anforderungen, welche selbst an diese geringere Rolle gestellt werden müssen, Hr. Rothmühl spielte und sang' den Sever recht gefällig. Die Chöre entledigten sich ihrer Aufgabe in recht zufrieden⸗ stellender Weise, und auch das Orchester that feine Schuldigkeit, so daß die Aufführung als gut gelungen bezeichnet werden darf.

Im Deutschen Theater tritt, wie schon angekündigt, Fr. Nie⸗ mann nach ihrer Rückkehr vom Urlaub am nächfien Dienstag zum ersten Mal wieder in Ohnets Hüttenbesitzer auf. Außerdem bringt das Repertoire der nächsten Woche Aufführungen von „Prinz Friedrich von Homburg“, „Hamlet“, „Die große Glocke, „Ber Weg zum ee. und „Die Journalisten“. Morgen, Sonntag, werden die brei

eyse'schen eingktigen Stücke: „Ehrenschuldeñ. Im Bunde der Dritte“ und „Unter Brüdern“ gegeben.

Theaters findet Promenaden, Concert unter rn. Herold statt.

Hr. Harry Linden wird heute im Concerthause das Finale aus der zweiten großen Sonate seines Lehrers, des Königlichen Musik⸗ Direktors Otto Dienel, auf der Orgel spielen.

Zum Besten einer Klein- Kinder-Bewahr⸗Anstalt giebt Frl Henriette Liebert am Mittwoch Abend 77 Uhr in der Luisen-Kirche ein Concert, dessen Programm reichhaltig und interessant ist, Es wirken mit die Sänger Sskar Koch und August Hensel, der Violinist, Königize Kammermusikus H. Meyer, der Kapell meister W. Finsterbusch, Mitglied des Kaiser ˖ Cornet · Quartetts, 9 sel Tr toe Harry Linden und der Königliche Musit- Direktor

ienel.

Redacteur: Riedel.

Berlin: . Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Els ner.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗ Beilage).

zum Deutschen Reichs⸗-Anzeiger und König

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Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 18. April

8E.

Königreich Preußen.

Privilegium wegen eventueller Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleibescheine des Kreifes Leobschütz bis zum Betrage von 1000000 . Reichswährung.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.

Nachdem von der Vertretung des Kreises Leobschütz beschlossen worden ist,

zur Bestreitung der Kosten der Erweiterung des Kreis⸗Chaussee⸗ Neßes ein Darlehn von 1000 000 Reichsmark aus dem Reichs ˖ Javalidenfonds zu entnehmen, wollen Wir auf den Antrag der gedachten Kreisvertretung, zu diesem Zwecke auf Verlangen der Verwaltung des Reichs⸗ Invalidenfonds bezw. dessen Rechtsnachfolgers auf jeden In= haber lautende, mit Zinsscheinen verfehene, sowohl Seitens der Gläubiger, als auch Seitens des Schuldners unkũndbare Anleihescheine in einem Gesammt ⸗Nennbetrage, welcher dem noch nicht getilgten Betrage der Schuld gleichkommt, also höchstens im Betrage von 1500 000 M ausstellen zu dürfen, da sich hiergegen weder im Interesse der Gläubiger noch des Schuldners etwas zu erinnern gefunden hat, in Gemäßheit des 5 2 des Gesetzes vom 17. Juni 1833 zur Aus⸗ stellung von Anleihescheinen zum Betrage von höchstens 1 000660 S, in. Buchstaben einer Million Mark Reichswährung, welche in Abschnitten von 5000, 2000, 1660, 500 und 265 M. nach der Be⸗ stimmung des Darleihers bezw. dessen Rechtsnachfolgers über die Zabl der Schuldscheine jeder dieser Gattungen nach dem anliegenden Muster auszufertigen, mit Vier Prozent sährlich zu verzinsen und nach der durch das Loos zu bestimmenden Folgeordnung vom Jahre der Aus— gabe der Anleihescheine ab mit jährlich mindestens Einem und höchstens Sechs vom Hundert des Nennwerths der ursprünglichen Kapitalschuld, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldbeträgen zu tilgen sind, durch gegenwärtiges Privilegium Unsere landesherrliche Ge⸗ nehmigung mit der rechtlichen Wirkung ertheilen, daß ein jeder In⸗ haber dieser Anleihescheine die daraus hervorgehenden Rechte geltend zu machen befugt ist, ohne zu dem Nachweise der Uebertragung des Eigent hums verpflichtet zu sein.

Durch vorstehendes Privilegium, welches Wir, vorbehaltlich der Rechte Dritter, ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Anleihescheine eine Gewährleistung Seitens des Staates nicht über⸗ nommen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Ge geben Berlin, den 18. März 1885.

(L. 8.) Wilhelm.

von Puttkamer. von Scholz.

Regierungsbezirk Oppeln. Anleiheschein des Kreises Leobschütz. lte Ausgabe, Buchstabe ... Nummer .. über

Provinz Schlesien.

Privilegiumß vom iglichen Regierung zu Oppeln 188, . Nr. . . . Seite. .. und Gesetz⸗Samm⸗ lung für 188. Nr. . .. Seite.. 9).

Auf Grund des von dem Bezirksrath zu Oppeln unterm 38. Juni, 1883 bestätigten Beschlusfes des Kreistages des Kreises Leobschütz vom 36. April 1883 wegen Aufnahme einer Schuld von Einer Million Mark aus dem Reichs ⸗Invalidenfonds bekennt sich der Kreisausschuß zu Leobschütz Namens des Kreises deobschütz durch diesen, für jeden Inhaber guͤltigen, sowohl Seitens des Gläubigers als auch Seitens des Schuldners unkündbaren Anleiheschein zu einer Darlehnsschuld von Mark Reichs⸗ währung, welche an den Kreis Leobschütz baar gezahlt worden und mit vier Prozent jährlich zu verzinsen ist.

Die Rückzahlung der ganjen Schuld von einer Million Mark erfolgt vom Jahre 18865 ab aus einem zu diesem Behuf gebildeten Tilgungsstock von Einem Prozent des Nennwerths des ursprüng⸗ lichen Schuldkapitals jährlich, unter Zuwachs der Zinsen von den gRtilgten Schuldbeträgen. Dem Kreise Leobschütz bleibt jedoch das Recht vorbehalten, den Tilgungsstock durch größere Ausloosungen um böchstens Fünf vom Hundert des Nennwerths des ursprünglichen Schuldkapitals für jedes Jahr zu verstärken. Die durch die verstärkte Tilgung ersparten Zinsen wachfen ebenfalls dem Tilgungsstock zu. Die jahrlichen Tilgungsbeträge werden auf 500 beziehungsweise 20 4 abgerundet.

Die Folgeordnung der Einlösung der Anleihescheine wird durch das Loo bestimmt.

Die Ausloosung erfolgt vom Jahre 18. . ab im Monat Juni jeden Jahres, die Auszablung des Nennwerths der ausgesoosten Stücke an dem auf die Ausloosung folgenden 1. Januar.

Die ausgelooften Anleihescheine werden unter Bezeichnung ihrer

Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termins, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt spätestens sechs, drei, zwei und einen Monat vor dem Faälligkeitstermine in den! Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats—⸗ Anzeiger“, in dem Ämtsblatte der Königlichen Regierung zu Oppeln, in dem amtlichen Organ der Kreisbehörde zu Leobschütz, sowie in einem in Breglau erscheinenden öffentlichen Blatte. Sollte eines dieser letztgedachten Blätter eingehen, so wird von der Vertretung des Kreises deobschütz mit Genehmigung des Königlichen Regierungs⸗ Praͤsidenten zu Oppeln ein anderes Blatt bestimmt und die Veränderung in dem Deutschen Reichs und Königlich Preußischen Staats Anzeiger“ bekannt gemacht. . Vurch die vorbezeichneten Blätter erfolgen auch die sonstigen diese Anleihe betreffenden Bekanntmachungen, insbesondere die Be—⸗ zichnung der Einlöfestellen für die Zinsscheine und die ausgeloosten Anleihescheine. a Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in balbsährigen Terininen am 2 Januar und am L. Juli, von heute an gerechnet, mit vier Prozent jährlich in Reichs⸗ münze verzinsi.

Die Ausjahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der fällig gewordenen Zingscheine bezw. dieses An⸗ leihescheins in Leobschütz bei der Kreis-Kommunalkasse und in

erlin und Breslau bei den in den vorbezeichneten Blättern bekannt gemachten Einlösestellen, und zwar auch in der nach dem Eintritt des Fälligkeitẽtermins folgenden Zeit.

Mit dem zur Eipfangnahme des Kapitals eingereichten Anlelhescheine sind auch dle dazu gehörigen Zinsscheine der spä— teren Fälligkeit stermine zurückzuliefern. Für die fehlenden Zins. beine wird der Betrag bom Kapftal, abgäzogen ? Pie durch Aus bosung zur Rückzahlung bestimmten Kapftalbeträge, welche inner⸗ halb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die innerhalb vier Jahren, vom Ablauf des Kalender⸗

jahres der Fälligkeit an gerechnet, nicht erhobenen Zinsen verjähren zu Gunsten des Kreises Leobschütz.

Das Aufgebot und die Traftloserklärung verlorener und vernichteter Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der S5§. S38 u. ff. der Civilprozeß- ordnung für das Deutsche Reich vom 35 Januar 18977 R- G. Bl. S. 83 bezw. nach S. 2 des rn, zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 24. März 1879 G. S. S. 281.

Zinsscheine können weder aufgeboten noch für kraftlos erklärt werden. Doch soll Demjenigen, welcher den Verlust von Zins⸗ scheinen vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bei dem Kreis= ausschuß zu Leobschütz anmeldet und den stattgehabten Besiß, der Zinsscheine durch Vorzeigung des Anleihescheines oder sonst in glaub⸗ hafter Weise darthut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der angemeldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zinsscheine gegen Quittung ausgezahlt werden.

Mit diesem Anlelhescheine sind zehn halbjährliche Zinsscheine bis zum Schlusse des Jahres ausgegeben; die ferneren Zing⸗ scheine werden für fünfjährige Zeiträume ausgegeben werden. Die Ausgabe einer neuen Reihe von Zinsscheinen erfolgt bei den mit der Zinsenzahlung betrauten Stellen gegen Ablieferung der der alteren Zinsschesnreihe beigedruckten Anweisung. Beim Verluste der Anweisung erfolgt die Aus händigung der neuen Zinsscheinreihe an den Inhaber des Anleihescheins, sobald dessen Vorzeigung rechtzeitig ge⸗ schehen ist.

Zur Sicherung der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen baftet der Kreis Leobschütz mit seinem gesammten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen und mit seiner Steuerkraft.

Dessen zur Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.

gon hn, , nennen,,

Der Kreisausschuß des Kreises Leobschütz. Anmerkung. Die Anleihescheine sind außer mit den Unter schriften des Landraths und zweier Mitglieder des Kreisausschusfes mit dem Siegel des Landraths zu versehen.

Provinz Schlesien. ö Regterun gzbetrt Oppeln.

Erster (bis .. .) Zinsschein (lie) Reihe . zu dem schein des Kreis

Mark Reichs Mark.

Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen ö. Rückgabe in der Zeit vom 2. Januar (bezw. 1. Juliz 18. . ab die Zinsen des vorbenannten Anleihescheines für das Halbjahr vom . . ten? ... i mit fin Buchstabens Mark bei der Kreis— Kommunalkasse zu Leobschütz und bei den bekannt gegebenen Einlöse⸗ stellen in Berlin und Breslau.

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Geldbetrag nicht ß des betreffenden

eln gedruckt ,. Namens⸗

Provinz Schlesien. Regierungsbezirk Oppeln. Anweisung zum Anleiheschein des Leobschütz'er Kreises 1. Ausgabe, Buchstabe .. Nr. . .. über.. ...... Mark Reichswährung.

Der Inhaber dieser Anweisun zu dem Anleiheschein des Nr. ... über die .. te Reihe Zinsscheir ö

chuß des Kreises Leobschütz. Die Namensunterschriften der Mitglieder des n mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt jede Anweisung mit der eigenhändigen Namenz. rolbeamten versehen werden. Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreit— unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehenender Ärt abzudrucken:

1. Zinsschein.

Anweisung.

2. Zinsschein.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 18. April. Im weiteren Verlaufe der gestrigen (79) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be⸗ treffend die Abänderungdes Zolltarifges etzess vom 15. In li 1879, fortgesetzt.

Die Berathung begann bei Position 15 (Butter).

Der Zollsatz für Butter beträgt zur Zeit 20 6 Die freie wirthschaftliche Vereinigung (Frhr. von Schorlemer⸗Alst und Genossen) beantragte, für natürliche Butter diesen Zollsatz beizubehalten, ihn aber für künstliche Butter auf 30 zu erhöhen. .

Die Abgg. von Hülst und Vissering wollten für Oleo⸗ margarin, dessen . die Vorlage von 2 S auf 10 M er⸗ höhen will, einen Hollsatz von 20 Sg.

Der Abg. Schelbert erklärte, für die südbayerischen Ge⸗ birgsdistrikte sei die Molkerei, Käse⸗ und Butterwirthschaft der Haupterwerbszweig der kleinen Landwirthe und es werde dort anerkannt vorzügliche Butter produzirt. Er selbst verkaufe seine Butter an die höchsten Herrschaften. Aber die gesammte Butterproduktion seiner Heimath befinde sich zur Zeit in einer schweren Bedrängniß durch die Konkurrenz aug⸗ ländischer Kunstbutter von sehr zweifelhaftem Werth, die in Tausen den von Centnern iniportirt werde, Deshalb ständen zur Zeit die Butter- und Käsepreise so niedrig, wie seit Jahr⸗ zehnten nicht. Es komme darauf an, was man unter Butter verstehe; Butter und Buiier sei ein Unterschied. Mit den Butterschmierern könne die Landwirthschaft nicht konkurriren.

lich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1885.

Er nenne diese Butterschmiererei Betrug. Es sei Betrug, wenn man Jemandem Kunst⸗ oder Mischbutter vorsetze, den⸗ selben über ihren wahren Charakter nicht aufkläre und sie sich theuer bezahlen lasse. Dabei brauche man die aus ländische Kunstbutter durchaus nicht; denn Deutschland sei ein Land, wo zwar nicht Milch und Honig, aber doch Milch und Butter fließe. Er bitte, zum Schutz der Produktion von natürlicher, unverfälschter Butter, die vorgeschlagenen Zollerhöhungen an⸗

kunehmen.

Der Abg. Vissering befürwortete seinen Antrag. Das Oleomargarin sei ein nicht sehr reinlicher Stoff, der bei der Talgfabrikation gewonnen, meist aus Amerika importirt und vorzugsweise zur Kunstbuster verwendet werde. Unter den bisherigen Zollsätzen seien bereit; 32 Kunstbutterfabriken in Deutschland entstanden; eine solche Fabrik in Berlin produzire allein wöchentlich 5000 Centner. Diese Fabrikation werde, wenn das Oleomargarin nicht mindestens eben so hoch verzollt werde, wie Kunst⸗ und Naturbutter, zum Schaden der Produktion natür—⸗ licher Butter noch zunehmen, und das wolle sein Antrag ver⸗ hindern.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, er produzire nicht Butter, wie die Vorredner, aber er esse Butter und sei um so mehr veranlaßt, im Namen der Produzenten zu sprechen, als hier von Herren, die im Interesse ihres Geldbeutels oder dessen, was sie produzirten, geredet hätten, wie nie zuvor Be⸗ hauptungen aufgestellt seien, die im schroffsten Widerspruch mit den Thatsachen ständen. Es sei absolut falsch, daß die Butterpreise seit Jahrzehnten nicht so niedrig gewesen seien, wie heute. Nach dem amtlichen Bericht des preußischen Land⸗ wirthschafts⸗Ministers, der selbst ein Schutzzöllner sei, habe der Durchschnittspreis der Naturbutter in Preußen pro Kilogramm 220 3 im Jahre 1880 betragen; der Preis fei 1881 auf 227 8, 1882 auf 228 8 und 18383 auf 230 Z gestiegen; und es heiße im Bericht, daß gerade die Molkerei und Butter— produktion in Deutschland sich überaus gehoben habe. Glaube man, das wäre geschehen, wenn das Ge— schäft sich nicht rentirt hätte? Auch was der Abg. Schelbert über den Import sage, sei falsch. An Natur und Kunstbutter zusammen seien 1884 in Deutschland nur 48 000 Doppelcentner ein., dagegen 125 000 ausgeführt worden. Die Rechte ärgere sich über die Kon⸗ kurrenz der Kunstbutter und sei dabei über die Natur ihres Konkurrenten nicht einmal unterrichtet. Nicht die verschwin⸗ dend geringe Einfuhr ausländischer Kunstbutter schädige die Landwirthschaft, sondern die, gerade durch den Butterschutzzoll von 1879 erst großgezogene Fabrikation inländischer Kunst⸗ butter. Im Regierungsbezirk Düsseldorf beispielsweise, wo vor 1879 nur zwei Kunstbutterfabriken gewesen seien, gebe es jetzt deren zwölf; und ähnlich sei es anderwärts. Der Abg. Schelbert habe dann die Kunstbutter doch gar zu ver⸗ ächtlich behandelt. Im erwähnten landwirthschaftlichen Bericht heiße es: „Täuschungen bes Publikums in der Art, daß Kunstbutter als natürliche verkauft werde, scheine nur selten vorzukommen.“ Das sei genau das Gegentheil von dem, was der Abg. Schelbert ge⸗ sagt habe. Auch bestimmten die meisten Marktordnungen, daß alle Kunstbutterverkäufer ihre Waare durch deutliche Aushängeschilder kenntlich machen müßten. Die Kunstbutter sei sehr wohl verwerthbar als Kochbutter, ferner zum Backen und zur Schiffsverproviantirung. Er zweifle nicht daran, daß der Abg. Schelbert seine Butter an die höchsten Herrschaften verkaufe, wohl aber zweifle er, ob Jemand, weil derselbe gute Butter zu machen verstehe, auch gute 86 machen könne. Zölle, welche nur von den höchsten Herrschaften getragen würden, würde er gern bewilligen; der Kunstbutterzoll aber schädige gerade die ärmsten Klassen der Bevölkerung. Man thue damit noch einen Schritt über den Petroleumzoll hinaus; und gerade das Centrum sollte hier doch vorsichtig sein, denn seine Wählerkreise würden am meisten von diesem Zoll betroffen werden. Erst habe man die Naturbutter, dann das Schmalz für den armen Mann vertheuert; jetzt wolle man auch die geringe Fett⸗ nahrung der Kunstbutter theurer machen. Gerade in den dichtest bevölkerten Industriebezirken des Westens werde die meiste Kunstbutter verbraucht; 3. B. im Stadtkreis Bochum monatlich 4000 Kilo; im Landkreis Dortmund das Dreifache des Verbrauchs von Naturbutter. Nachdem die Majoritãt dieses Hauses durch ihre Zollpolitik die ärmsten Bevölkerungt⸗ klassen benachtheiligt habe, wolle fie nun eine Industrie, die sie selbst durch jene Politik großgezogen habe, vernichten, blos einigen Herren zu Liebe, die an die höchsten Herrschaften ver— kauften, und der Gipfel dieser Art von Zollpoliti sei der Vorschlag Vissering, der sogar einen Rohstoff höher verzollen wolle. Er hoffe indessen noch, das Haus werde sich heute wenigstens besinnen, ehe es die Anträge annehme.

Der Bundeskommissar, Geheime Regierungs⸗Rath Kraut entgegnete, das Zurückdrängen der künstlichen Butter werde man durch eine Zollerhöhung für dieselbe nicht erreichen, denn die Fabrikation des Auslandes, welche man zurückhalten wolle, werde in das Inland verlegt werden. Die einzigen Maßregeln, welche hier nützen und der Naturbutter zu ihrem Rechte verhelfen könne, seien polizeiliche Maßregeln, die dahin gehen müßten, daß die Qualität der Butter deklarirt und so eine Täuschung des Publikums unmöglich gemacht werde. Er möchte also bitten, den vorgeschlagenen Zollerhöhungen nicht zuzustimmen.

Der Abg. Günther erklärte, es handele sich hier darum, durch die Zollerhöhung die Viehzucht vor der Konkurrenz den Auslandes zu schützen, ebenso wie man den Getreidebau durch die Getreidezölle schütze. Dadurch, daß der Abg. Richter und seine Partei auch hier widersprochen hätten, hätten sie be⸗ wiesen, daß sie gar kein Herz für die Landwirthschaft hätten. Die landwirthschaftlichen Zölle seien für die Partei Richter nur ein Agitationsmittel den ärmeren Volksklassen gegenüber. Sie rechne auf die Zustimmung der großen Menge, wenn sie

sage, daß die Zölle, die der gesammten Landwirihschaft zu

Gute kommen würden, nur einzelne Großgrundbesitzer bevor⸗ een würden. Aber die Partei Richter schädige durch ihre

pposition die Arbeiter, indem sie denselben die Beschãftigung bei der Landwirthschaft unmöglich mache.