1885 / 99 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Apr 1885 18:00:01 GMT) scan diff

durchaus versöhnlichen Charakter. Gourley fragte an, ob die * n versuchen wolle, die Streitfrage mit Rußland der Vermittelung des Präsidenten der Ver⸗ einigten Staaten zu unterbreiten. Der Premier Gladstone erwiderte; die Frage der Vermittelung sei im Wesentlichen schon früher von ihm beantwortet worden. Die Regierung sei sich ihrer schweren Verantwortlichkeit völlig bewußt, die sie da⸗ für trage, die Ehre Englands aufrechtzuerhalten, während es gleichzeitig ihre Pflicht sei, jedes Mittel zur Vermeidung eines Krieges aufzubieten. Auf weitere Anfragen entgegnete der Premier: Lums den habe am Sonnabend telegraphisch mitgetheilt, er habe Stephen instruirt, nach London zu gehen, um Lord Granville über die mit den Depeschen Lums dens im Zusam⸗ menhange stehenden Detailfragen und über alle die Vorgänge an der afghanischen Grenze betreffenden Umstände Informa⸗ tionen zu bringen. Die Anfrage Ritchie's: ob die Unter⸗ handlungen mit Rußland bis zum Eintreffen Stephens unterbrochen würden, verneinte Mr. Gladstone. Der Premier beantragte sodann die Einzelberathung der Vorlage wegen Bewilligung eines Kredits von 11 Millionen, bekämpfte den Unterantrag O Connors, den Kredit zu theilen, und erklärte, daß der— selbe zusammengehöre. Denn obwohl die Regierung unter keinen Umständen den für Spezialvorbereitungen bestimmten Kredit für den Sudan verwenden werde, könnte doch vielleicht ein Theil des für den Sudan bestimmten Kredits für Spezial vorbereitungen verwendet werden. Nach kurzer Debatte wurde der Unterantrag, der von der Opposition unter⸗ stützt wurde, mit 229 gegen 186 Stimmen abgelehnt und der Kredit von 11 Millionen ohne besondere Abstimmung einstimmig genehmigt.

28. April, früh. (W. T. B.) Der Premier Gladstone sagte in seiner Rede, mit der er in der gestrigen Unterhaussitzung die Kreditforderung begründete:

Wenn bei unserer Kreditforderung etwas ist, was dem Her— kommen wenig entspricht, so liegt der Grund daron in der Eigen thümlichkeit des Falles. Der Fall ist fast ohne Beispiel, denn es ist wahrscheinlich, daß ein Theil der für den Sudan geforderten 4 Millionen in einem gewissen Grade für einen anderen Zweck ver— wendet werden wird, nämlich für denselben Zweck, der den Zweck der Kroditforderung für Spezialoorbereitungen bildet. Wir schlagen diesen Modus vor, weil er wesentlich ist für die Politik, im Sudan eine große Truppenmacht dieponibel zu haben. Im Uebrigen schlagen wir Ihnen den gewünschten Kredit mit der ausdrücklichen Erklärung vor, daß der Sudan keinerlei Hindernisse bieten soll für die volle Erfüllung unserer Pflichten dem Reiche gegenüber (Beifall), und daß es unsere Absicht ist, die ganze Macht des Reichs frei zu lassen, um sie da zu verwenden, wo man deren bedürfen wird. (Beifall.) Wir ersuchen Sie, uns den Kredit zu gewähren und es unserem Ermessen zu überlassen, denselben ohne irgendwelche Hindernisse zu verwenden zu geeigneter Zeit und mit erhöhten Verpflichtungen, sobald wir es für nothwendig halten. (Beifall) (Mr. Gladstone recht⸗ fertigte demnächst die Politik der Regierung in Bezug auf den Sudan: Der Mahdi habe nicht mehr eine so bedrohliche Bedeutung, wie er sie nach der Einnahme von Khartum gehabt habe; derselbe sei von seinen Nebenbuhlern angegriffen. Gleichwohl habe die Regierung in ihren Verpflichtungen für die Vertheidigung Egyptens nicht nachge— lassen. Die Basit des Vorschlags der Regierung sei einfach und klar; es liege ihr als die vornehmste Pflicht ob, Truppenstreitkräfte im Sudan disponibel zu halten, um da für den Dienst verwandt zu werden, wohin sie durch die Pflicht und durch die Ehre der Nation gerufen werden könnten. Mr. Gladstone ging sodann auf die Forderung der Regierung im Besonderen ein und erklärte:) Ich habe mit großer Befriedigung die Versicherung der Mitglieder der Opposition gehört, daß sie gewillt seien, in jeder Weise die Bewilligung des Kredits zu beschleunigen, damit derselbe nach unserem Ermessen zur Aufrechthaltung der natio⸗ nalen und Reichspolitik verwendet werden könne. Wir sind alle einig in Bezug auf unsere Verpflichtungen Indien gegenüber. Man hat gesagt, daß in Bezug auf diese Politik die Kreditforderung von 63 Millionen eine geringfügige sei, aber, den Krimkrieg ausgenommen, ist diese Kreditforderung großer als irgend eine während der letzten 70 Jahre; sie ist auch größer als es nach dem ersten Anblick scheint, denn sie erfolgt gleichzeitig mit der großen Erhöhung des Budgets für das Heer und die Flotte und mit der beträchtlichen Vermehrung, welche wir durch den Kredit von 4 Millionen für den Sudan er— halten werden. Ganz abgesehen davon aber muß man sich vor Augen halten, daß es nur der Anfang von militärischen Vorbereitungen ist, und daß man demnächst erst die Gesammtheit der Ausgaben für die gegenwärtigen Rüstungen und auch der Ausgaben für die Kriegs vorbereitungen in Indien kennen muß um die Regierung in den Stand zu setzen, den gegenwärtigen Erfordernissen Rechnung zu tragen. (Bei—⸗ fall) Man verlangt Informationen über die gegenwärtige Lage und die Haltung der Regierung. Es ist nicht der Fall eines Kriegs, der vorliegt, wir haben auch einen augenblicklichen oder vielleicht in nächster Zeit bevorstehenden Krieg nicht vor uns, es würde schwer sein, den Grad von Gefahr, vor dem wir uns befinden, festzustellen. Wir haben an einer ehrenhaften Lösung durch friedliche Mittel gearbeitet und werden fortfahren, mit Ueberzeugung und Ernst daran zu arbeiten, ich meine damit die Eventualität eines Krieges oder des Abbruchs der Be— ziehungen zwischen zwei großen Nationen wie Rußland und England, zu beseitigen; wir werden es uns zur Aufgabe machen, diese diplomatische Kontroverse in einer Weise zu Ende zu führen, daß wenn dieselbe unglücklicher Weise mit einem Bruch oder mit einem Gewaltakt enden sollte, wir wenigstens das Urtheil der civilisirten Welt zurückweisen können, daß wir nicht alles Mögliche gethan hätten, um durch gerechte und ehren— hafte Bemühungen zu verhindern, daß sich die beiden Laͤnder in einen Krieg stürzen. (Anhaltender Beifall.) Alles, was wir gegen⸗ wärtig thun, sind Vorbereitungen, aber es ist unsere heilige Pflicht, weitere Vorbereitungen zu treffen. Die Ertheilung einer Informa⸗ tion ist im Augenblick unmöglich; die Frage ist dazu noch nicht reif. Rechnen wir nicht zu sanguinisch auf ein zu günstiges Resultat. Verzweifeln Sie aber auch nicht daran, daß die Vernunft und die Gerechnigkeit nicht auf beiden Seiten die Overhand sollten behalten können. Sehen wir uns das an, was sich zugetragen hat. Der Ausgangspunkt dabei ist unsere Ehrenverpflichtung dem Emir gegen— über. Die diesbezüglichen politischen Erwägungen sowie unsere Ver— pflichtungen gegen den Emir sind keine absoluten; wir würden nicht verpflichtet sein, ihn zu vertheidigen, wenn er der Tyrannei gegen seine Unterthanen schuldig wäre; es würde unserer Pflicht zuwider laufen, ihn zu unterstützen bei einer Politik der Thorheit, aber wir haben die Verpflichtung, ihm Unterstützung und Beistand zu gewähren, und diese Verpflichtung wird ohne jede Einschränkung erfüllt werden (an— haltender Beifall). Sie ist lediglich bedingt durch die Art seines Verhaltens und davon, ob wir dasselbe aufrichtig billigen können. Aber das gegenwärtige Verhalten des Emirs, seine Aeußerungen dem Vizekönig Lord Dufferin gegenüber und die Prinzipien, die er aus gesprochen hat, geben ihm das absolute Recht, uns dazu aufzufordern, daß wir ihm mit Rath und That beistehen, damit er seine Besitzungen und seine wohlbegründeten Rechte wahren kann. Zu di sem Zweck wurde ein Plan entworfen zur Abgrenzung seines Gebiets von demjenigen, was bisher turkmenisches Gebiet war, aber jetzt mit reißender Geschwindigkeit zu russischem Gebiete geworden ist. Gegenwärtig ist Rußland in direkte Berührung mit Afghanistan ge— treten. Das Projekt für die Feststellung der Grenze ist leider auf ein Hinderniß gestoßen, so daß es noch nicht hat zur Ausführung ge

langen können. Die eingetretene Verzögerung ist bedenklich und hat zur Ergreifung militärischer Maßregeln auf dem streitigen Terrain geführt, welche ernste Gefahren

für den Frieden, den guten Willen und die künftige Lösung

der Grenzfrage mit 6 bringen. Um die Gefahr abzuwenden, hatten wir am 17. März mit Rußland ein Arrangement getroffen. Dasselbe entbielt eine Verpflichtung und einen Vorbebalt Seitens Rußlands. Dieser Vorbehalt hat bei uns dasselbe Gefühl ervor- gerufen wie im Unterhause, als er von mir mitgetheilt wurde. Wir hätten das Recht gehabt, unsererseits auch einen Vorbehalt zu machen, wir waren aber in diese Verpflichtung im Sinne einer libe⸗ ralen Auslegung eingetreten. Wir meinten, daß der Vorbehalt im ehren= vollen Sinne und im guten Glauben gemacht worden sei. (Beifall) Ich bedaure nicht, sie so aufgefatzt zu haben, und sage nicht, daß diese Auffassung eine irrige gewesen sei. Was auch gescheben mag, ich werde es nie bereuen, so gehandelt zu haben. Die Abmachung war eine in aller Form abgeschlossene. Wir hatten darauf gerechnet, daß die Verpflichtung mit vollster Aufrichtigkeit übernommen sel wie nur je eine von zwei Nationen feierlich abgeschlossene Abmachung, und daß, wenn ein Irrthum vorgekommen, beide Mächte dann darin

weiteifern würden, die Ursache des Irrthumz aufjuklären und der Welt zu zeigen, wodurch derselbe veranlaßt wor⸗ den und wer die Verantwortung dafür trage. Der blutige

Zusammenstoß am 30. März war dem am 17. März geschlossenen Uebereinkommen gefolgt. Dieser unglückliche Zusammenstoß hat deut⸗ lich gezeigt, daß von Seiten eines Theiles oder beider Theile durch Uebelwollen oder durch einen unglücklichen Zwischenfall es unter— lassen worden ist, die Bedingungen des getroffenen Arrangements zu erfüllen. Wir haben es angesehen und sehen es noch an für die Pflicht beider Mächte und vor Allem für eine Ehrensache beider Mächte, zu untersuchen, auf welche Weise und durch wessen Fehler der Zusam« menstoß veranlaßt worden ist. Ich will durchaus nicht von vorn— herein als feststehend ansehen, daß wir im Recht sind, aber ich darf sagen, daß ich volles Vertrauen auf die Ehrenhaftigkeit und Intelligenz unserer Offiziere habe. Diejenigen jedoch, welche unfere Ab⸗ machung zum Scheitern gebracht haben, müssen ihrer eigenen Regierung und dem anderen Mitkontrahenten als solche kenntlich gemacht werden. Wir sind vielleicht noch nicht in voller Kenntniß aller Thatsachen, aber die Thatsachen, von denen wir wissen, erzeugen in uns einen ungünstigen Eindruck von dem Verhalten einiger von denjenigen, die zu der anderen Partei gehören. Ich will nicht von dem Prinzip der strengsten Gerechtigkeit abweichen und dem weiteren Resultat der gerechten Untersuchung nicht vorgreifen, welche wir zu verfolgen uns bemühen werden. Die Ursache des beklagens—⸗ werthen Zusammenstoßes ist vielleicht ungewiß, gewiß aber ist, daß der Angriff ein Angriff von Seiten der Russen war (Beifall; es ist wichtig, zu wissen, daß Rußland den Angriff provozirt hat. Unter diesen Umständen liegt der Fall vor, Vorbereitungen zu treffen, und ich hoffe, daß das Hauß nach meiner Rede auf einer Vertagung, der Berathung, um Zeit zur Erwägung zu erhalten, nicht bestehen wird. Ein solches Verlangen könnte nur zur Folge haben, daß hier und anderwärts der Glaube entstünde, es herrsche über diese Frage Unentschiedenheit im Parlament (anhaiten- der Beifall), während ich überzeugt bin, daß hierüber im Parlament nur ein Gefühl herrscht. Indem sich dasselbe die volle Freiheit vor— behäit, das Verfahren der Regierung nach seinem Ermeffen zu beur— theilen, wird es die Forderungen der Gerechtigkeit und Ehre' bewil— ligen. Auf diesem Wege werden wir auch für die Zwecke des Friedens arbeiten. (Lang anhaltender Beifall)

Der Kredit wurde hierauf, wie schon gemeldet, bewilligt.

28. April, Vormittags. (W. T. B.) Der Prinz und die Prinzessin von Wales haben sich gestern in Larne an Bord ihrer Yacht eingeschifft, um hierher zurück— zukehren. Der Prinz hätte vorher in Earrickfergus eine Absch iedsrede gehalten, in welcher er seine hohe Befriedi⸗ gung über den ihm zu Theil gewordenen Empfang und den lebhaften Wunsch aussprach, daß die Wohlfahrt Irlands sich weiter entwickeln werde.

Heute findet hier ein Kabinetsrath statt, zu welchem auch der Lord⸗Lieutenant von Fial, . Spencer, von Dublin hierher berufen worden ist. Wie verlautet, soll die Antwort der russischen Regierung auf die englische Depesche vom 21. d., deren Text heute früh hier ermartet worden und deren ungefährer Inhalt dem Lord Granville bereits bekannt sei, den Gegenstand der Berathung

bilden.

W. April, (B. T. B.) Der Prinz und die Prinzessin von Wales sind heute Morgen hier ein— getroffen.

(A. C.) Aus Canada berichtet der amerikanische Korrespondent der „Times“ unterm 24. d.:

Ein Telegramm aus Ottawa besagt: die canadische Re⸗ gierung habe die zur Beilegung der Beschwerden der Misch— linge ernannte Nordwest-Kommisfion instruirt, daß sie die Ansprüche bezüglich des Erlöschens indianischer Landtitel dadarch be— friedigen könne, daß sie jedem Haupt einer Mischlingsfamilie, die vor dem 15. Juli 1870 außerhalb Manitoba ansäßig war, das Land, welches sie gegenwärtig bona fide hält, bis zur Ausdehnung von 160 Acres zum unbestiittenen Besitz überweisen kann. Wenn der Theil des Landes, welches ein Mischling bebaut, kleiner als 160 Acres ist, dann soll der Unterschied durch Bonds ausgeglichen werden, die zum Satz von 1 Dollars per Aere in Land einlösbar sind. Im Fall das Haupt einer in den fraglichen Territorien vor dem 15. Juli 1870 ansässigen Mischlingsfamilie kein bona fide- Landbesitzer ist, dann soll er mit Bonds befriedigt werden, die durch 160 Acres Land einlösbar sind; ferner soll jedem vor dem 15. Juli 1870 außerhalb Manitoba geborenen Mischlingskinde das Land, dessen unbestrittener Eigenthümer es gegenwartig ist bis zur Ausdehnung von 240 Aeres, oder dessen Aequivalent in Bonds, bewilligt werden.

Frankreich. Paris, 27. April, Abends. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas“ meldet, wird der diplomatische Agent Taillandier in Alexandria bleiben, aber ohne jede amtliche Eigenschaft. Die diplomatifchen Be⸗ ziehungen zu Egypten werden erst wieder aufgenommen , wenn Egypten die verlangte Genugthuung zu— gesteht.

Italien. Rom, NA. April. (W. T. B.) Das amt liche Blatt meldet: am 22. d. sei im Bezirk von Bergamo ein alter Msann an sporadischer Cholera erkrankt; es sei dies der einzige vorgekommene verdächtige Erkran— kungsfall.

Griechenland. Athen, 26. April. (Presse.) Auf die Einladung Deliyannis' antworteten die Deputirten der Opposition, daß sie ihre Rückkehr nach Athen beschleunigen⸗ würden. Die Krise dauert fort.

Türkei. Konstantinopel, 27. April. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet: Wie es heißt, hätte der diessei—tige Botschafter in Paris, Essad Pascha, in der Angelegenheit des, Bosphore égyptien“ Schritte bei dem französischen Minister des Aeußern, de Freyeinet, gethan. Letzterer habe in seiner Erwiderung sich durchaus rücksichtsvoll über die Rechte der Pforte ausgesprochen, aber bestimmt erklärt: er halte dafür, daß die Frage lediglich die Regierung des Khedive angehe, die nach den be— stehenden Firmans allein für die innere Verwaltung Egyptens verantwortlich sei.

(Presse.)

Serbien. Nisch, 26. April. ) Die Nach⸗ richt, daß Risties mit irgend einer Mission in Rußland betraut gewesen, wird als gänzlich erfunden bezeichnet.

Die Skupschtina hat den mit Belgien abge⸗

mme ö . . D 12 ; 7 3 1 ü a , /

schlossenen Handelsvertrag und die mit diesem Staate vereinbarte Kon sular⸗Konvention genehmigt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 25. April. Zufolge Königlichen Befehls vom gestrigen Tage wird unter dem Kommando des Contre⸗Admirals Virgin ein Ge⸗ schwader gebildet, welches aus folgenden Kriegsschiffen be⸗ stehen soll: Kommandoschiff „Drott“, den Panzer⸗Monitoren „Tirfing“ und „Thordön“, den Kanonenbooten „Rota“, „Skuld“, „Astrid“ und „Alfhild“, den Torpedobooten „Seid und „Rolf“, dem Torpedoübungsschiff „Ran“, der Dampf⸗Fregatte „Vanadis“ und der Dampf⸗Korvette „Balder“; letztere beiden Schiffe stoßen jedoch erst zu dem Ge⸗ schwader, nachdem sie von ihrer gegenwärtigen Expedition heim⸗ gekehrt und wieder klargemacht worden sind. Das Geschwader wird in zwei Abtheilungen formirt, zu deren Chef der Kom⸗ mandant des Monitors, Tirfing“, Commandeur⸗Kapitän Lind af Hageby, und der Kommandant des Monitors „Thordön“, Com⸗— mandeur⸗Kapitän Ulff, ernannt worden sind. Ferner sollen die früher befohlenen Schießübungen an Bord des Schulschiffes, Stock⸗ holm“ eingestellt werden und übernimmt der Chef desselben, Commandeur⸗Kapitän af Klercker, gleichzeitig das Kommando über den Panzer⸗Monitor „John Eriesson“, die Panzer

Kanonenboote „Ulff“„“, „Björn“, „Sölve“ und „Berseck“, welche letzteren Schiffe ausgerüstet werden sollen, je nachdem die nöthige Besatzungsmannschaft angeschafft

werden kann. Das Schulschiff „Stockholm“ wird auf die Rhede von Carlskrona als Wachtschiff verlegt; sämmtliche Schiffe, welche zu der Minen-Expedition bei Farösund (Insel Gothland) abgehen, sollen für zwei Monate mit Vorräthen versehen werden. Zum Chef des Personals dieser Expedition ist Kapitän Carlstedt ernannt. Die früher befohlenen Uebungs⸗Expeditionen mit den Korvetten „Eugenie“ und „Norrköping“ sowie der Schiffsjungen⸗Brigg „Snappopp“ wer⸗ den eingestellt, doch bleiben diese Schiffe wie auch die Briggs „Falken“ und „Gladan“ in Dienst. Die Maßnahmen der Kriegsverwaltung zur Sicherung der Neutra—

lität werden auch auf der Insel Gothland mit großer Energie betrieben. Alle nach dem Festlande be— urlaubten Offiziere der Gothländer Nationalwehr haben

die Ordre erhalten, sich sofort zum Dienst bei ihren Abtheilun— gen zu melden. Die Festung Enholm, belegen auf einer leinen Insel im Einlauf des Hafens von Slite, wird renovirt, und zur Armirung kommen von Carlskrona sechs

Kanonen. Mehrere Kanonenboote sind bereits in Faröfund stationirt. Amerika. New⸗YHork, 27. April. (W. T. B.) Nach

einem Telegramm aus Panama haben die amerika— nischen Truppen in Folge eines mit dem General Aizpurn und dem französischen Konsul getroffenen Abkommens, wonach der Befehlshaber der Aufständischen Bürgschaft für die Auf— rechterhaltung der Ordnung übernommen hat, die Stadt am Sonnabend Abend wieder geräumt.

Afrika. Egypten. Suakim, 23. April. (Allg. Corr.) Nach einer heutigen Besprechung unter den australischen Offizieren in Handub wurde beschlossen, daß das australische Kontingent auch zur Dienstleistung nach Indien gehen solle, wenn dies verlangt werde.

Dem „Reuterschen Bureau“ sind von seinem Korre— spondenten die nachstehenden Telegramme zugegangen:

Suakim, 24. April. General Graham begab sich heute früh in Begleitung seines Stabes mit der Eifen— bahn nach Handub, von wo die Reise nach Tambuk zu Pferde fortgesetzt werden soll. Die Bahn ist jetzt 3 Meilen über Tambuk hinaus fertig gestellt, und es wird noch immer weiter gebaut.

Zeitungs stimmen.

Die „Danziger Zeitung“ bestreitet, daß aus den von der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ und der „Danziger Allgemeinen Zeitung“ kürzlich mitgetheilten und erörterten Ziffern über den Postverkehr ein Aufschwung des Danziger Handels in Folge der neuen Wirthschaftspolitik gefolgert werden könne, Hiergegen bemerkt die „Danziger Allgemeine Zeitung“:

Diese Fortentwickelung des Danziger Handels folgern wir keines wegs aus der Steigerung des Postverkehrs allein, sie ergiebt sich auch mit Evidenz aus den Jahresberichten des Vorsteheramts unserer Kaufmannschaft.

Da die „Danziger Zeitung“ soviel mit Ziffern um sich geworfen hat, sei es auch uns gestattet, einige anzuführen.

Die Zahl der eingekommenen Schiffe betrug:

1875 1669, Tonnengehalt 525 264 1876 1646, !. 514 573 1877 1117. ö 610986 1878 1999, ö 679 592 1379 1740, . 632 777 1380 1894, ö 662 738 1881 1640, ö 615 254 1882 2123, ö. 805 634 1383 2043, ö 867 382

Die Zahl der ausgegangenen Schiffe betrug: 1875 1645, Tonnengehalt 517 555

1876 1710, . 545 619 1 . 60d 584 1878 2029, 9 665 960 1879 1754, ö 632 164 1880 1876, ö 63 614 . 645 488 1882 2080, ö 86 551 1883 2063, ö S 75 hb

Für das Jahr 1884 liegt noch keine Statistik vor. Den hier mitgetheilten Ziffern zufolge überstieg der Tonnengehalt der einge— kommenen Schiffe in den vier Jahren nach Einführung des Zoll— tarifs (1880 83) den der in den letzten vier Jahren vor der Ein— führung des Zolltarifs eingekommenen Schiffe um nicht weniger als 620 593 Tonnen und für die ausgegangenen Schiffe ergiebt sich in den Jahren 1880 83 sogar ein Plus von 627599 Tonnen.

Die Werthe der seewärts eingekommenen Waaren betrugen

1875 44 321 000 A4 1880 53 056 000 Me 1876 46 499 000 18381 460520090 ,

1877 38 981 900 . 1882 50716000 . 1878 44351 0009 , 1883 57057000 , Sa. 179 579 000 4 Sa. 205 961 000 6

mitbin in den ersten vier Jahren nach Einführung des Zolltarifs ', A6 mehr als in den letzten vier Jahren vor dessen Ein— führung.

Die Werthe der seewärts ausgegangenen Waaren betrugen:

1875 52 052 0900 46 1880 58 491 50) 1876 45666 990 . 1881 61 9570900 1877 70510000 . 1882 92752000 . 1878 78 488 0900 , 1883 92741 000.

Sa. NS 7 d I Sa. v dd T bod Plus für die Jahre 1880 33: S—6 59 135 500 M

Gern hätten wir in derselben Weise auch die Werthe des ge⸗ sammten Waareneinganges und Aueganges verglichen, leider reicht aber für den Waarenverkehr zu Lande die Statistik nur bis zum Jahre 1882. Wir können daher nur je drei Jahre vor und nach der Einführung des Zolltarifs in Vergleich stellen.

Der Werth des gesammten Waareneinganges betrug:

876 128 750 000 4 1880 138 787 500 4 1877 154 186 090 , 1881 146 966 000 1878 1683 482 0090 1882 184 714000 .

Sa. 451 118 000 Sa. 470 497 500 Plus für die drei Jahre nach Einführung des Zolltarifs 15679 500

Der Werth des gesammten Waarenausganges betrug:

1876 110 545 000 4 1880 128 287 000 6 1877 122 110000 , 1381 127 426000 1878 140 455 020 , 1882 160 803000 .

Sa. 373 I9s G55 . Sa. 16 516 006 4

Der Wermh des Waarenausganges war also in den ersten drei Jahren nach Einführung des Zolltarifs 433 Millionen höher als in den letzten drei Jahren unter der Herrschaft des Freihandels systems. Wer nach. Betrachtung solcher Ziffern noch in Zweifel ist über die Unrichtigkeit der Behauptung, daß Danzigs Handel seit Einführung des Zolltarifs sich in schreckenerregendem' Rückzange befinde, dem vermögen wir nicht zu helfen.

Dem „Allgemeinen Holzverkaufs- Anzeiger“ wird aus Paris berichtet:

Der „Allgemeine französische Holzhändler-⸗Verein‘, welcher erst seit einiger Zeit gegründet ist, hat am 8. März d. J. unter dem Vorsitz des Herrn Thomas hier eine Versammlung abgehalten. Nach einer kurzen Eröffnungsrede drückte der Präsident zunächst seine be— sondere Freude darüber aus, daß die Zahl der Vereinsmitglieder sich wesentlich vermehrt habe; hierauf ging dersel ve zu der wichtigen Taagetfrage über, ob Einfuhrzölle für fremde Hölzer, mit Rücksicht auf die in Frankreich vorliegenden wirthschaftlichen Verhältnisse, zweck= mäßig seien, wobei er hervorhob, daß die noch für 6 Jahre gültigen Handelsverträge keine Aenderung der Zölle gestatten, daß aber deffen ungeachtet sich empfehlen würde, während des genannten Zeitraumes auf folgende Schutzmaßregeln Bedacht zu nehmen: 1) Man solle nur französische Hölzer bei allen Staatsbauten und Lieferungen für die Regierung zulassen und 2) würde es rathsam sein, die ausländischen Hölzer in allen Städten, in welchen Octroiabgaben stattfänden, angemessen zu besteuern. Hierauf sprach Herr Ricard den Wunsch aus, daß der Staat auf die Eisenbahn ⸗Gesellschaften seinen Einfluß ausüben möchte, um dieselben zu veranlassen, daß die französischen Hölzer gegen die fremden bevorzugt würden; diese Frage wurde einer besonderen Kommission zur Prüfung überwiesen. . ..

Der ganze Gang der Verhandlungen, welche wir hier im Auszug mitgetheilt haben, weist darauf hin, daß in dem französischen Holz⸗ händler -⸗Verein die Ansichten über die Zweckmäßigkeit der Schutzzölle überwiegend vertreten sind, Ansichten, welche wir im Interesse unserer wenig rentablen Waldwirthschaft und Noth leidenden Industrie voll ständig theilen ..

Deutsches Handels-Archiv. Aprilheft. Inhalt: Erster Theil: Gesetzgebung und Statistik. Gesetzgebung. Deutsches Reich: Kaiserlicher Schutzbrief für „die Gesellschaft für deutsche Kolo— nisation“, für deren Gebietserwerbungen in Ost⸗Afrika. Abänderung der Tarasätze für Wollengarne. Tarasätze für Mühlenfabrikate aus Getreide und Hülsenfrüchten. Bekanntmachung, betreffend das Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen. Zollfreie Einlassung von Holz, welches das Aus— sehen des gewöhnlichen Brennholzes besitzt. Einfuhr von Roggen aus einem meistbegünstigten Lande über das Zollausschlußgebiet von Geestemünde bezw. von Altona. Ausstellung von Ursprungs— zeugnissen bei der Einfuhr von Roggen. Deutsches Reich und Griechenland: Handels und Schiffahrts vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Griechenland. Vom 9. Juli 1884. Italien: Zeitweilige Ein- und Ausfuhr. Niederlande: Zollbehandlung von Tinte. Rumänien; Erhöhung des Ausfuhrzolls auf Hadern und Abfälle, sowie auf Makulatur und Papierreste. Dominikanische Republik: Zolltarif für die Dominikanische Republik und Tarif der Munizipalabgaben auf Liköre ꝛc. für den Bezirk von Santo Domingo. Spanien; Zollbehandlung verschiedener Artikel. Zollbehand⸗ lung von Waaren aus Vertragsländern bei der Durchfuhr durch Portugal. Spanien und Großbritannien: Deklaration zum Pro— tokoll vom 1. Dezember 1883 bezüglich der Vereinbarung eines Handelsvertrages. Großbritannien: Aenderungen des Zolltarifs für Ceylon. Rußland: Bestimmungen über Hafenabgaben in Odessa und anderen russischen Seeplätzen. Erhebung einer Prozent und Repartitionssteuer von Handels, und Industrie⸗ Unternehmungen. Finnischer Eingangszoll auf Chilesalpeter. Griechenland: Der staatliche Verkauf von Chininsulfat. Meru Zolltarif für die Jahre 1885 und 1886. Oeffnung des Hafens von Ancon für den fremden Handel. Columbien: Schließung von Häfen für den Handel. Argentinien: Verbot des Feilhaltens ge— gvpster Weine in Buenos ⸗-Aires. Türkei: Zollmaßregeln auf Cypern. Frankreich: Zolltarif für Réunion. Kriegs contrebande⸗ artikel während der Feindseligkeiten mit China. . Zollbehandlung von gejwirntem Baumwollengarn. Unterscheidung von Fil; für Pianinos und Maschinen und von Tuchfilz. Vertretung der Schiffe vor den Zollbehörde. Quaiabgabe in St. Pierre (Reunion). Zoll⸗ behandlung von stählernen oder verstählten eisernen Baumscheeren. Vereinigte Staaten von Amerika: Zolltarifentscheidungen des Schatz amts. Venezuela und Salvador: Freundschafts⸗, Handels. und Schiffahrts vertrag zwischen beiden Ländern vom 27. August 1883 Stanstik. Türkei: Ergebniß der Ein⸗ und Ausfuhr während der Finanziahre 18753, 1878, 1880 und 1881. Rußland: Uebersicht Über den Ertrag der Rübenernte in den Jahren 1883 und 1884. 4 Uruguay: Auswärtiger Handel und Schiffahrt im Jahre 1882 im Vergleich mit früheren Jahren. Dänemark: Dänemarks Umsatz in landwirthschaftlichen Erzeugnissen in dem Landwirthschaftsjahre vom 1. Oktober 1883 bis 30. September 1884. Frankreich: Han⸗ del und Schiffahrt Frankreichs mit seinen Kolonien während der Jahre 1878 bis 18823. Der Außenhandel und die Schiffahrt Frank reichs im Jahre 1883. Zweiter Theil. Berichte über das Ausland.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 17. Inhalt: Amtliches: Personal⸗Nachrtchten. Nichtamtliches: Das Schwimm thor des Wiener Donaukanals. Zur Bestimmung der Festigkeits⸗ Toeffieienten für Eisenbauten. Vorrichtung zur Prüfung der Gat⸗ leitung in öffentlichen Gebäuden. Die Grundsteinlegung bei der Kirche zum Heiligen Kreuz in Berlin. Die Vorbildung der Architekten und die Einrichtung der Hochbauverwaltung in Frankreich. (Schluß.) Vermischtes: Die Frage des Schutzes der Personen in öffentlichen Versammlungsräumen. Das neue amtsgerichtsliche Geschäfts und Gefängnißgebäude in Kappeln a. d. Schlei. Die Schinkespreisentwürfe für den Emdener Seehafen. Ausnutzung des Wehrgefälles der Seinewehre bei Paris. Werth der Zerreißprobe. Schiffahrt auf den nordamerikanischen Binnenseen. Dr. Eitel⸗ berger von Edelberg 4. Bücherschau.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ sind in der 15. Jahreswoche von je 1009 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 21,6, in Breslau 29,4, in Königsberg 35,3, in Köln 3636, in Frankfur a. M. 204, in Hannover 22.7, in Kassel 17.9, in Magdehurg 26,2, in Stettin 29,6, in Altona 275, in Straßburg 30 0, in Metz 247, in München 343, in Nürnberg 30.0, in Augsburg 21,9, in Dres den 23,57, in Leipzig 234, in Stuttgart 23,), in Braunschweig 268,

in Karlsruhe 17.3, in Hamburg 26,5, in Lübeck in Wien 30.1, in Budapest in Prag 325, in Triest in Krakau 46,3, in Basel 37,9, in Brüssel 27,2, in Amsterdam 25.2, in Paris 254 * London 21.8, in Glasgow N. 2, in Liverpool 23 2, in Dublin 33,7, in Edinburg 1835, in Kopenhagen 265, in Stockholm 254, in Chri⸗ stiania 171. in St. Petersburg 38.0. in Warschau 232, in Ddessa 33,5, in Rom 240, in Turin 26, 9, in Bukarest 29.4, in

Madrid =, in Alexandria 369 Ferner in der Zeit vom 2 bis 28. März; in New Jork 269, in Philadelphia 234. in Chicago —, in St Louis —, in Cincinnati -, id San Franzisko

28,7, in Kalkutta 26,9, in Bombav 330, in Madras 41, .

Während der Berichtswoche berrschten in Berlin, Köln, München und Karlsrube östliche und nordöstliche, in Berlin auch nördliche Luftströmungen, die in Köln am 14. nach Südwest, in den letzten Tagen der Woche jedoch wieder nach Ost zurückdrehten. An den übrigen Stationen überwogen ju Beginn der Woche nordwestliche Winde, die in Heiligenstadt schon am 13, in Konitz, Breslau, Bremen erst am 16. nach Ost gingen und bis an das Ende der Woche aus diesen Richtungen webend blieben. Die Temperatur der Luft entsprach in Berlin der normalen, in Konitz und Bremen lag sie etwas unter, an den übrigen Beobachtungestationen etwas über derselben. Leichte Nachtfröste wurden aus Konitz, München, Heiligen⸗ stadt und Berlin gemeldet. Niederschläge erfolgten selten und nicht ergiebig. Aus München wird vom 15. der Niedergang eines Gewitters gemeldet. Der beim Wochenbeginn niedrige Druck der Luft nahm an den meisten Stationen im Laufe der Woche stetig zu, nur an den süddeutschen Stationen und in Köln sank der Luftdruck am 14. und 15. erheblicher, stieg jedoch auch hier wieder vom 18. an bis zu Ende der Woche.

Im Allgemeinen waren die Sterblichkeitsverhältnisse in der Be— richtswoche günstigere als in der vorhergegangenen Woche. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 25, von 25,9 der vorbergegangenen Woche (spro Misse und Jahr berechnet). Insbesondere war der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit ein geringerer, während die Sterblichkeit in der Altersklass. über 60 Jahre erheblich gesteigert war. Von 10 0600 Lebenden starben aufs Jahr berechnet 76 Saͤuglinge gegen 78 der Vorwoche; in Berlin 55 in München 128.

Unter den Todesursachen haben von den Infektionskrankheiten Masern, Scharlach, Keuchhusten und Unterleibstydhus weniger, Diph⸗ therie, Kindbettfieber, epidemische Genickstarre und in außerdeutschen Städten auch Pocken mehr Sterbefälle hervorgerufen. Auch Darm- katarrhe der Kinder wurden häufiger Todesveranlassung, während akute entzündliche Prozesse der Athmungsorgane seltener zum Tode führten. Die Zahl der Sterbefälle an Masern hat in Liegnitz, Köln, Wien, Amster dam, Paris, Glasgow, Manchester, Stockholm abgenommen, während in München, Berlin, Wiesbaden, Hanau, London, Liverpool, Kopenhagen die Zahl etwas größer wurde. Das Scharlachfieber zeigte sich allgemein milder, nur in Mülheim a. Ruhr ist noch keine Abnahme der Sterbefälle ersichtlich. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Königsberg, Stettin, Stolp. Brom⸗ berg, Plauen, Berlin, Potsdam, Hamburg, Barmen, Elberfeld, Wien, Paris, Stockholm, Christiania noch immer esne größere, in München, Dresden, St. Petersburg. Warschau, Odessa sank die Zahl der Opfer. Der Keuchhusten rief in Greiz, Köln, Vortmund, Bochum, Wien, Manchester, Edinburg mehr, in Berlin, London weniger Todes fälls hervor. Die Zahl der Sterbefälle an Unterleibstyphus war im Allgemeinen eine beschränkte, nur in Berlin, Paris und St. Petersburg stieg die Zahl derselben. Todessälle an Flecktyphus kamen aus Madgeburg, Krakau, Amsterdam, St. Petersburg je 1, aus London 2 zur Mittheilung. Aus deutschen Städten kamen 22 Sterbefälle an Kindbettfieber zur Anzeige. Die Zahl der gemeldeten Todesfälle an epidemischer Genickstarre stieg auf 10, von denen je 1 auf Eßlingen, Nordhausen, Breslau und Lipzig, je 2 auf Danzig, Berlin und Dortmund entfallen. Einzelne Todesfälle an Pocken wurden aus Graudenz, Prag und Genf berichtet, mehrfache aus Zürich, Liverpool, Manchester, Alexandrig, Paris, Rom, Venedig, Turin, St Petersburg, Warschau, Odessa, Basel. In großer Ausdehnung herrschen Pocken in Wien und in London. In der spanischen Provinz Valencia sind um die Mitte des Monats April mehrfache der Cholera verdächtige Er— krankungen vorgekommen, doch war der Verlauf angeblich meist ein günstiger. In Bombay und Kalkutta war die Zahl der Sterbefälle an Cholera in der Mitte resp. in der ersten Woche des März eine größere, in Madras eine kleine.

Die Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landes statistik Nr. 331 u. 332 haben fol⸗ genden Inhalt: Verzeichniß der Gemarkungen und Gemeinden mit An⸗— gabe der ortsanwesenden Bevölkerung nach der Zählung vom 1. De— zember 1880, der Fläche nach dem Stand des Haupt-Centralkatasters für 1881 82 und des Viehstands nach der Aufnahme vom 10. Januar 1883. Berichtigungen. Betrieb der Wanderlager im Großherzog thum Hessen 1884. Vorläufige Ergebnisse des Betriebs der Eifen⸗ bahnen Februar 1885. Meteorologische Beobachtungen zu Darm stadt Februar 1885. Meteorologische Beobachtungen zu Schweins berg Februar 1885. Vergl. meteorologische Beobachtungen Fe⸗ bruar 1885. Sterblichkeitsverhältnisse Februar 1885. Anzeige.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, in besonderer Beziehung auf das preußische Recht mit Einschluß des Handels- und Wechselrechts. Begründet von Dr. J. A. Gruchot. Herausgegeben von Rassow, Reichs- gerichts⸗ Kath, und Küntzel, Kammergerichts⸗Rath. Dritte Folge. Neunter Jahrgang. 2. u. 3. Heft. (Der ganzen Reihe der Beiträge XXIV. Jahrgang). Berlin, 1885. Verlag von Frz. Vahlen. Die beiden vorliegenden Hefte enthalten zunächst 7 juristische Ab- handlungen und zwar: 1) Beiträge zur Geschichte und Dogmatik der Pfandbriefsysteme nach preußischem Recht (Fortsetzung von Nr. 2 dieses Jahrgangs), von Prof. Dr. v. Brünneck; 2) die Umbildung des handelsrechtlichen Indossaments zu einer allgemeinen Vollzugs⸗

form für die Uebertragung verbriefter Forderungsrechte (Schluß von Nr. 3 dieses Jahrgangs, vom Amts⸗ richter Stanitzti; 3) muß das Leben und der Tod

bewiesen werden? von Dr. H Sturm; H) Die Ehefrau als Prozeß⸗ partei im Gebiete der Preußischen Allgemeinen Landrechts, von Land⸗ gerichts⸗ Direktor Boas; 5) Anerkenntniß und Geständiß im Verfahren in Ehesachen, von Rechtsanwalt Dr. Ld. Fuld; 6) Die Anbringung des Antrages auf vorläufige Einstellung oder Aufhebung der Zwangs- vollstreckung in den Fällen der §5§. 686 - 690 der Civilprozeßordnung, von Amtsrichter Dr. A. Peters; 7) Die Vollziehung des Arrestes gegen Schuldner, deren Aufenthaltsort unbekannt ist, von Land gericht Direktor Hagemann. Auf diese Abhandlungen folgen unter der Ueberschrift Aus der Praxis“ Urtheile und Entscheidungen des Reichsgerichts bei mehr als 20 einzelnen Rechtsfällen, theils voll⸗ ständig, tbeils im Auszuge. Den Schluß bilden mebr oder weniger ausführliche Besprechungen von 19 verschtedenen juristischen Schriften der Gegenwart, sowie zwei kurze und vorläufige Anzeigen juristischer Werke. . .

Großer Generalstab, Kriegsgeschichtliche Einzel⸗ schriften' Heft V: ‚Das Tagebuch des. Generals der Kavallerie, Grafen von Nostitz“. II. Theil. Branden⸗

burg-⸗Preußen auf der Westküste von Afrika“. 1681 bis 1721. Mit einer Uebersichtskarte und fünf Skizzen. (2,0 S6. G. S. Mittler und Sohn, Königliche Hofbuch⸗

handlung, Berlin) In dem soeben ausgegebenen sechsten Hefte seiner Kriegsgeschichtlichen Einzelschriften! veröffentlicht der Große Generalstab die Memoiren des Generals der Kavallerie Grafen von Nostitz während des Feldzuges von 1815. Die Gestalt des Feld⸗ marschalls Blücher tritt darin in heldenhafter Größe hervor. Mit bewundernswerthem Scharfblick und mit einer Thatkraft ohne Gleichen beherrscht er die Ereignisse; sein schwerer Unfall in der Schlacht von Lignyg, wo er, vom Pferde gestürzt, in größter Gefahr war, in Gefangenschaft zu gerathen, hindert

ibn nickt, sogleich zur Vereinigung mit Wellington in der Schlacht von Belle · Alliance aufjubrechen, und im Siegeslauf eilt er dann bis in die französische Hauptstadt. Seine edle und derbe Offenheit, seine leidenschaftliche Vaterland liebe sein verehrungswürdiger Charakter überbauyt prägt sich während seiner Besetzung von Paris in einer großen Anzabl von Maßnahmen und Aeußerungen aus und tritt auch in seinem schweren Konflikt mit dem Staatskanzler von Hardenberg bezeichnend hervor. Die zweite Hälfte des Heftes bringt unt r dem Titel: Brandenburg ˖ Preußen auf der Westküste von Afrika 1681 121. eine für die gegenwärtig herrschenden Interessen bochbedeutende Mittheilung: eine urkundliche Geschichte der vom Großen Kurfürsten gegründeten und von König Friedrich J. möllichst lange behaupteten Kolonien an der Küste von Guinea und von Ärgien, fädlich der Ca— narischen Inseln. Unter dem Cindruck der glänzenden Erfolge, die eine kraftvolle und zielbewußte Staatekunst eben jetzt auf überseeischem Gebiet uns errungen hat, erscheint die kühne Kolonialpolitik, die be—⸗ reits vor zwei Jahrhunderten der Vorfahr auf dem Hohenzollernthrone gewagt und befolgt hat, um so großartiger und genialer. Die Erlasse des Großen Kurfürsten, die hier zum ersten Mal publizirt werden, und seine wiederholt nach Afrika ausgerüsteten Expeditionen bezeugen seine Entschlossenbeit und Umsicht, den Machtbereich des Staateg auch jenseits des Meeres fest zu begründen. Zur richtigen Würdi⸗ gung der heutigen Bestrebungen kann nichts mehr beitragen als die Kenntniß jener ersten Periode deutscher Kolonifation, deren bis jetzt größtentheils noch unbekannte Geschichte sich durch die umfangreichen archivalischen Forschungen, auf denen dieser Aufsatz beruht, mit über⸗ raschender Genauigkeit uns darstellt. Zahlreiche Karten geben eine Uebersicht der einstigen brandenburgischen Besitzungen und Abbildungen der einzelnen Forts.

Von dem großen Deutschen Wörterbuch der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm (fortgesetzt von Dr. Moriz Heyne, Dr. Rudolf Hildebrand, Dr. Matthias Lexer und Dr. Karl Weigand; Verlag von S. Hirzel in Leipzig) liegt wieder eine neue Lieferung vor, nämlich des VI. Bandes 14. Lieferung, bearbeitet von Pr. M. Heyne, und die Artikel Mönchung“' bis . Mündigkelt“ entbaltend. Das Heft umfaßt eine ganze Anzabl wichtiger und ihrer Eiymologie und Entwickelungsgeschichte nach sehr interessanter Abschnitte. Zu diesen gehört besonders der umlängliche Artikel Mond“. Die Abstammung dieses Wortes haf man bis auf die ur— alte sanskritische Wurzel ma zurückverfolgt, welche den Begriff messen enthält, woraus sich alfo die Bedeutung eines Zestmessers ergeben würde, als welcher der Mond ja auch stets den Völkern gedient hat. An die große Reihe der Composita, welche die Wichtigkeit des Mendes für das menschliche Leben illustriren, schließt sich der Artikel Montag! Aus diesem nicht minder anregenden Abschnitt greifen wir den Passus über die Entstehung und Bedeutung des „blauen“ Montags heraus. Es war danach früher Brauch bei einzelnen Handwerken, den Gesellen den Montag zur Arbeit für sich selbst zu lassen; allgemeiner aber nahmen die Gesellen und dann die Handwerker insgemein den Montag als Nachfeier des Sonntags. Die farbige Bezeichnung aber erhielt der Tag von dem Montag vor Aschermittwoch, an welchem die Altäre in den Kirchen mit eigem blauen Umhang geschmückt wurden. Es folgen dann die Artikel Moor, Moos, Mops (ursprunglich Be—⸗ zeichnung eines stumpf aussehenden Menschen, dann erst auf die Hunderasse übertragen) mit interessanten etymologischen Nachweisen und Belegen, weiter Moral, Morast, Mord und Morgen mit den zahlreichen zusammengesetzten Worten. „Morgengabe“ war die Ent- schädigung der neuvermählten Jungfrau für ihre frühere Würde, während die wiederverheirathete Wittwe eine Abendgabe erhielt. Morgenroth“ und „Morgenröthe“ sowie die anderen verwandten Composita sind, wie die vielen Döchterstellen beweisen, besonders gern poetisch verherrlicht worden. „Morsch“ scheint von dem Bergmann erfunden und, an das Lateinische anknüpfend, Mörser“ und „Mörtel? damit verwandt zu sein. Das Wort „Moschus“ wird bis auf das santkritische Wurzelwort zurückgeführt; im Deutschen war dafür übrigens noch im 17. Jahrhundert die Bezeichnung „Bisam“ im Gebrauch. „Most“ ist aus dem lateinischen mustum herüber⸗ genommen. Die Redensart: „Er weiß schon, wo Barthel den Most holt“, hat mit dem Wort Most nichts gemein; sie entstammt viel- mehr, wie Heyne sagt, aus dem Juden und Gaunerdeutsch, wo Bartel (aus Barzel, Eisen), Schoberbarthel das Brecheisen bezeichnet; Most aber ist verändert aus Mos, Geld. Die Etymologie von

Motte. ist noch nicht, aufgeklärt; vielleicht hängt es mit Made“ zusammen; zufrühest erscheint das Work übrigens niederdeutsch, was zu Gunsten dieser Erklärung spricht. . Mucke,“

„Mücke“ sind wahrscheinlich beide auf mugire, brummen, zurückzu— führen. Mucker, müde, Muff, mühen, Mühle reihen sich an. Das gute auf althochdeutsche Abstammung zurückreichende Wort Muhme“ (ursprüglich nur der Mutter, dann auch des Vaters Schwester) ift jetzt fast vergessen. Auf Mühsal, mühsam und andere ähnliche Zu⸗ sammensetzungen folgt „Müller“ mit seinen Verwandten. Mumie“ ist ein persisch«arabisches Wort und entstanden aus dem Worte müm, mom, Wachs, bedeutet also eigentlich sowohl die balsamirte Leiche wie die Substanz, mit der die Leichen geschützt werden. Für die Herkunft der Bezeichnung Mumme“ für das früber so berühmte Braunschweiger Bier fehlt es an einem sicheren Anhalt; daß der Name von einem Christian Mumme als Erfinder herrühre, ist unwahrscheinlich. Die ‚Mummenschanz“ war ein Glück spiel mit Würfeln, das zur Fastnachtszeit von Masken gespielt wurde, welche in die Häuser gingen und dem Hauswirth oder seinen Gästen stumm und blos mit Zeichen den Wurf anboten und, nachdem sie ge⸗ wonnen oder verloren, wieder davongingen. Daran reiht sich die Mum⸗ merei'*, die Fastnachts⸗Maskerade. . Mund ! erscheint in nicht weniger als 20 verschiedenen Anwendungen, die durch zahlreiche Citate in Poesie und Prosa belegt sind. Eine Verwandte ist „die Mund“, ein schon im Althochdeutschen vorkommendes, dann von der Rechtsprache vererbtes Wort mit der Bedeutung Schutz, Schirm, Gewalt; davon Mündel“, einer der der Mund“, dem Schutz, eines Anderen befohlen ist und „Mündig“, der Gewalt hat, sich selbst zu vertreten. Wie die Verlagsbuchhandlung über den Fortgang des Wörterbuches mittheilt, befinden sich des IV. Bandes J. Abtheilung II. Hälfte 7. Lieferung (G6), des VI. Bandes 16. (Schluß.) Lieferung (M) und des VII. Ban- des 7. Lieferung (O) bereits im Druck. Zur Geschichte der Ent- stehung des Grimmschen Wörterbuches, über die erste Anregung dazu und die Art des Zusammenarbeitens der beiden Brüder giebt der von Eduard Ippel herausgegebene . Briefwechsel zwischen Jakob und Wilhelm Grimm, Dahlmann und Gervinus“„ (Berlin, Ferd. Dümmlers Verlags⸗Buchhandlung), wovon der erste, die Correspondenz zwischen den Brüdern Grimm und Dahlmann enthaltende Band vorliegt, mancherlei interessante Aufschlüsse. Vollständig sind nunmehr folgende Bände des Wörterbuchs: J. Band (A, B), bearbeitet von J. Grimm, mit dem Porträt von J. und W. Grimm; II. Band (B D), bearbeitet von J. und W. Grimm; III. Band (EC Forsche) bearbeitet von J. Grimm und K. Weigand; IV. Band, 1. Abtheilung, 1. Hälfte (Forschel Gefolgs-⸗ mann) bearbeitet von K. Weigand und R. Hildebrand; 2. Abtreilung (H I), bearbeitet von M. Heyne; V. Band (K), bearbeitet von R. Hildebrand. ;

Die „Altpreußische Monatsschrift * (neue Folge, der Neuen Preußischen Provinzial⸗Blätter“ vierte Folge), berausgegeben von Rudolf Reicke und Ernst Wichert (Verlag von Ferd. Beyers Buchhandlung in Königsberg i Pr.) beginnt mit dem soeben cusge⸗ gebenen Doppelheft 1 und 2 für die Monate Januar bis Mär; 1885 ihren 22. Band (der Provinzialblätter 88. Band). Das Heft bringt zunächst eine Arbeit von Dr. Richard Petong über die Gründung und älteste Einrichtung der Stadt Dirschau. Zwei autographirte Karten veranschaulichen den Plan der Stadt und ihr Gebiet zur Zeit der Gründung. Als Beilage ist die Gründungsurkunde im lateinischen Ur⸗ text und der deutschen Uebersetzung angehängt. Dieselbe datirt vom Jahre 1260 und ist von Herzog Sambor II. von Pommern; ausge- stellt. Dann folgt eine Untersuchung von Adolf Rogge über die Gobotiner, welche nur in einer einzigen Stelle von Dusburgs Chronik erwähnt werden. Otto Ungewitter handelt über die im Jahre 1546 in Königsberg publizirte Abhandlung „De ratione componendi cantus, autore Thoma Hornero Egrano'. Biographische Notizen über den Verfasser