1885 / 106 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 May 1885 18:00:01 GMT) scan diff

tof. Dr. Hirsch, Geb. Rath Prof. Dr. Koch, Geh. Rath Prof. Dr.]

Merizinal Rath Dr. Geh. Rath Dr. Sfrzeczka,

Rath Dr. Struck, Geh. Rath Prof. Dr. Virchow, Regierungs Rath Dr. Wolffbügel, treten dies Mal außer dem jetzigen Direktor des Kaiserlichen Gesundbeitsamts, Hrn. Geb Rath Koehler, noch die Herren Geh. Rath Dr. von Pettenkofer⸗München und Geb. Rath Dr. Günther ⸗Dresden. Durch den Zutritt der letzt⸗ genannten Herren war dino frühere deutsche Cholerakommission voll⸗ ständig vertreten. Schon im vorigen Jabre war beabsichtigt, die Ein⸗ ladung allen früberen Mitgliedern derselben zukommen zu lassen; man nahm aber daron Abstand, weil man nicht glaubte, den außerhalb Ber⸗ lins wobnenden Herren die Reise auferlegen zu sollen. Um so erfreulicher und im Interesse der Sache liegend ist es, daß Beide der an sie ergangenen Einladung bereitwillig Folge geleistet haben. Als Schriftführer fungirt wiederum Hr. Prof. Dr. B. Fraenkel. Die Publikation der Verband= lungen wird auch dies Mal in der „Berl. Klinischen Wochenschrift“ und in der Deut. Med. Wochenschr.“ geschehen.

Die eiste Sitzung der neuen Serie der Verhandlungen er öffnete am Montag. den 4 d. Mts. der Vorsitzende, Hr. Virchow, mit einigen geschäftlichen Mittheilungen. Hierauf trat die Versammlung in die Verhandlung über den ersten Punkt der Tagetordnung Der- Abe lautet: Darlegung und Diskussion der neueren, seit der letzten Sitzung gewonnenen Erfahrungen Über die Cholera Bakterien mit kesonderer Berücksichtigung ihrer Dauer fähigkeit. .

Hierzu erbält zuerst das Wort Hr. Geheime Rath Professor Dr. Koch. Derselbe beginnt mit einer Besprechung der seit der letzten Sitzung der Konferenz publizirten Arbeiten. Die gegnerischen (Finkler⸗Prior, Klein, Emmerich) werden kritisch widerlegt und aus den bestätigenden der Schluß gezogen, daß der Kommabaeillus nirgendwo anders, als bei Cholera sich findet, hier aber niemals fehlt. Als eine eigene bestätigende Erfahrung erwähnt Koch die Untersuchung von Deckzgläschen, die ihm, mit dem Darminhalt von 79 Fällen von Cbolera bestrichen, aus Kalkutta zugesandt wurden. Er demonstrirt von Reinkalturen des Kommabacillus aus Frankreich, Italien und Deutschland, die alle vollkommen aleich sind. Er hält es für bewiesen, daß der Kommabacillus ausschließlich der Cholera zukomme und ron allen anderen Batterien leicht zu unterscheiden, also diagnostisch verwertbbar sei. Hierauf schildert er mit Reinkulturen angestellte, gelungene Thierexperimente. Thera⸗ peutische Versuche an den Cholerathieren haben vor der Hand nur gezeigt, daß große Dosen Kalomel oder die Anwendung von Naphtalin das Leben der Thiere um einen Tag im Durchschnitt verlängern. Der Kommabacillus wird durch Trockenheit und andere Desinfek—⸗ tions i e Abtödturasoverfahren z. B. durch Karbolsäurelösung von z Vw schnell vernichtet. Den Beobachtungen am Menschen, die wie ein Infektions-⸗Experiment betrachtet werden können (Klein, Macnamara), fügt Koch eine neue binzu. Von den 150 Aerzten, die die Cholerakurse im Reichsgesundheits-⸗Amt besuchten, bekam Einer Cholerine. In seinen Dejektionen fanden sich Kommabacillen. Unter der oben erwähnten demonstrativen Serie von Reinkulturen rührten die aus Deutschland von diesem Falle her. Ueber die Haltbarkeit des Kommabacillus zeigen angestellte Versuche, daß derselbe im Brunnenwasser 30 Tage lang, in Kanaljauche 7 Tage, in dem Inbalt einer Abtrittsgrube 24 Stunden, auf feuchter Leinewand 3—4 Tage,

Sanitäts Rath Dr. S. Neumann,

Leyden, . Generalarjzt Dr. Schubert,

; 2 ' r are eine Serte

Hr. Koch wendet sich gegen die Ausfübrungen des Hrn. von Pettenkofer. Es sei gänzlich ohne jedes Analogon, daß durch eine Krankheit ein Bacillus sekundär entflände der nur bei ihr gefunden werde. Die trockene Jahreszeit mache Kalkutta keineswegs trocken, sondern verringere nur den sehr großen Wasserreichthum dieser Stadt. Gegenüber den Münchener negativen Versuchen, ein Gift aus den Reinkulturen des Kommabacillus zu gewinnen, baben solche, die hier gemacht, aber noch nicht abgeschlossen seien, ein positives Resultat ergeben. Es sei kein Fall bekannt, daß die Cholera, wie bei Milz⸗ brand und Pocken, durch trockene Gegenstände verbreitet worden sei. So spräche auch die Erfahrung nicht für eine Dauerform des Bacillus.

Die Sitzung wurde sodann vertagt.

Im Verlag des Hofphotographen H. Rückwardt in Berlin ist soeben ein stattliches „Album von Varzin“ erschienen, das in 24 Blättern von meisterlicher Ausführung ein interessantes Bild der als Besitz des Fürsten von Bismarck bekannten Herrschaft und vor allem der zu dem Besitzer in näherer Beziebung stebenden Partien derselben bietet. Ihre Entstebung verdankt die Publikation dem Fabrikbesitzer Behrend, dem Pächter der Varziner Papiermüblen, der die photographischen Aufnabmen reranlaßte und dem Fürsten von Bismarck als Festgabe zum 70. Geburtstage ein erstes Exemplar des Albums überreichte. Daß letzteres nicht blos durch den Gegenstand der Darstellung an sich, sondern zu— gleich auch durch den künstlerischen Geschmack zu fesseln weiß mit welchem die Aufgabe erfaßt und durchgeführt ist, bedarf im Hinblick auf die bekannten tüchtigen Leiftungen des Rückwardtschen Ateliers kaum der besonderen Bemerkung. Was die Pbotographien bieten, sind durchweg anziehende Naturstudien, die auf treueste Weeder⸗ gabe der wirklichen Erscheinung ausgehen. Auf eine äußerlich effekt⸗ volle Inscenirung der einzelnen Ansichten ist ausnahmelos verzichtet; der geschickten Wahl der Standrunkte und der trefflichen Durch⸗ arbeitung der photographischen Platten gelingt es ind ß nichtsdesto⸗ weniger, die Mehrzahl der Blätter zu in sich geschlossenen Bildern ven charakteristischer Haltung abzurunden. Eine Gesammt⸗ ansicht Varzins und der umgebenden Landschaft eröffnet die Reihe der Blätter. Daran schließen sich die Ansichten des alten schmucklosen Schlosses mit dem neuen Anbau, der dasselbe Gepräge strengster Einfachheit trägt, wie es dem Beschauer weiterhin in den Interieurs des fürstlichen Arbeits- und des Sillardzimmers sowie in den an das Schloß anstoßenden Parkpartien entgegentritt. Nicht ohne malerischen Effekt sind sodann die Scenerien der alten, halb— verfallenen Dorfschmiede, der verschiedenen Papiermüblen, des Jäger hofs und der Försterei Annenhof, zu denen ferner noch die Ansichten der Dörfer Seelitz, Puddiger und Wussow sammt der Kirche des letz teren hinzutreten. Eine Reibe der trefflichsten Aufnahmen aber schildert endlich die zum Theil erst von dem jetzigen Besitzer Varzins geschaffenen Wald und Wasserpartien der Seeberge mit den durch das Radelbolz geschlagenen Durchhauen, die von stillen, abgeschiedenen Rubeplätzen aus dem Auge eine weite Ausschau über Wald und Feld gewähren. So schlicht und einfach diese Natur erscheint, so entbehrt sie doch keineswegs eines eigenartigen landschaftlichen Reizes, und ein Blick auf die vorzüglich gelungenen Blätter, in denen sie sich in voller

fast täuschenden Eindruck einer alten Arbeit hervorruft, war bereit in dem frischer getönten Mädchenkopf ein Schritt weiter dazu gethan die Farbe in ibrer ursprünglichen Lebendigkeit wirken zu lassen Auch der letzte Rest einer leisen Scheu nach dieser Seite hin ist jezt in dem neu ausgestellten Relief vollständig überwunden, und von jeder künstlichen Patinirung der angewendeten Farbentöne so unbe. dingt abgesehen, daß die Bemalung den Eindruck des eben erst fertig gewordenen Werkes hervorruft. Das belle Bian des Grundes, das Weiß, mit welchem der Pferdekopf seer⸗ zogen ist, der gelbliche Schimmer im Ansatz der Mäbne, daz braune Haar, die rothen Lippen und der klare, in der Wange biz zum Ohr binguf von wärmerem Roth durchschimmerte Fleischton des Jung. lingskopfes bringen sich in gleichmäßig unberührter Frische zur Gestun⸗ und die damit erreichte Gesammtwirkung steht an vornehmem kũnst⸗ lerischen Reiz jenen ersten Versuchen nicht im entferntesten nach Besondere Beachtung verdient die nicht mehr zu überbietende Meister— schaft, mit der in dem ungemein edlen Jünglingskopf sowohl wie in dem des Thieres das Auge behandelt, der lebendige Glan desselben zum Ausdruck gebracht, die dunklere Pupille und die belse schimmernde Iris in feiner Nuancitung des verschiedenartigen Effekt HKarakterisirt ist. Gerade in dieser Partie und in dem gesammten Fleischton, gegen dessen Wiedergabe man sich in den auf die anntk⸗ Polpchromie bezüglichen Erörterungen stets am meisten sträubte, trin die durch die Färbung erzielte Vrredlung des Materials and die mi ihr Hand in Hand gehende Erhöhung der künstlerischen Wirkung am glänzendsten zu Tage. Erhebt die besrrochene Arbeit auch nur den Anspruch, als ein weiterer Versuch betrachtet zu werden, so ist dot die Grenze des bloßen Experiments in ihr bereits überschritten und die volle Garantie dafür geboten, daß das hier bewiesene künstlerisch Können sich nunmehr auch in wirklicher Praxis mit gleichem ästbetischem Ersolg bethätigen würde.

Die Mastvieb⸗Ausstellung wurde heute, am 2. Aus stellungt⸗ tage, während der Morgenstunden in allen ihren Abtbeilungen en gebend von dem Staats . Minister Dr. Lucius besichtigt. Für Mittag 1 Uhr war der Besuch Sr. Kaiserlichen Hobeit des Kronprinzen an. gekündigt. Von dem Recht, das Vieh am zweiten Tage geschlachtet auszustellen, haben nur wenige Aussteller Gebrauch gemacht.

Im Königlichen Schauspielhause wurde gestern Goethe „Faust“ nach längerer Pause mit Neubesetzung zweier Hauptrollen aufgeführt. Die Titelrolle gab Hr. Nesper in zufriedenstellender Weise; die schöne Gestalt dieses Schauspielers und sein wohlklingen— des, mächtiges Organ passen ja zu dieser Rolle ganz ausgezeichnet, und den deklamatorischen Theil derselben löste derselbe durchaus tadellos, aber es mangelte fast vollständig die Ver— tiefung und innere Durchgeistigung des hohen Gedanken= inbalts. Hrn. Nespers Spiel war zwar durchdacht, und an einigen Stellen gewann der Vortrag auch Wärme und Innigkeit, aber der Künstler hat die die Gemüther ergreifenden, die Seelen packenden und erschütternden Töne nur selten gefunden; nichtsdestoweniger darf man hoffen, daß er bei weiterem fleißigen Studium zukünftig auch diese große darstellerische Aufgabe vollkommen lösen wird. Als „Gretchen“ sahen wir Frl. Rüb sam vom Stadttheater in Aachen,

im Hafenwasser von Marseille (nach Nicati und Rietsch) 81 Tage, auf Agar-Agar länger als 144 Tage lebend erhalten werden kann. Eine eigentliche den Sporen anderer Bacillen entsprechende Dauer—

form läßt sich aber nicht nachweisen.

Nach Koch ergreift Hr. von Pettenkofer das Wort. Er Namentlich scheine ihm das Thier⸗ den Kommabaeillus nicht als den ursächlichen Erreger der Cholera ansehen, nimmt viel mehr an, daß durch die Cholera Bedingungen geschaffen werden, welche die Entwickelung des Kommabacillus begünstigen.

Die Gesetze der

sich für nicht durckaus überzeugt.

experiment wenig gelungen. Pettenkofer kann

sich sein regelmäßiges Vorkommen bei der Cholera evidemiologischen Erfahrung über Cholera gezwungen durch die Annahme erklärt

Kommabacillus die Ursache dieser Krankheit widerstand⸗z ls, werde durch Trockniß

sei.

ftige.

Organen vorhanden. Man müßte also annehmen,

weisen lassen.

heit. möge, es J ch epidemiologischen Gesetzen dargethan werden.

Wie aber auch die Entscheidung über die

könne auch der Choleraxil; nicht darüber gebieten.

Hr. B. Fraenkel erwähnt, daß das einzige Bakterium des Darmes, welches mit Kommabacillen morphologisch Aebnlichkeit habe, ein im

Munde wohnender kommaäbnlicher Vibrio sei.

könnten werden,

vernichtet, Nieder⸗Bengalen die trockene Jahreszeit gerade die Cholera begün— Auch seien die Kommabacillen nur im Darm, nicht in daß sie in dem schwer resorbitenden Choleradarm ein sehr starkes Gift erzeugten. In den Reinkulturen in München hätte sich ein solches nicht nach— Die Cbolera scheine nicht eine Kombination von In— fektion und Intoxikation zu sein, sondern eine reine Infektionskrank— Bacillen ausfallen müsse doch erst immer wieder die Uebereinstimmung mit den Wenn die Cholera kranken nicht direkt anstecken, so könne es auch der Cholerapilz nicht thun, und wenn die Cholera von Ort und Zeit abhängig sei,

erklärt in Nr. 99 d. Sl. gemeinsam

Den Vrell

So erkläre

aber nur daß der moderne Derselbe sei sie verlorene während in

seit der

Plastik das Moment

den Jünglings

herschreitend zu denken hat.

dann Zu dem erweiterten nicht unwesentliche von den Künstlern teh der Ge n auch in der

zuerst

Treue widerspiegelt, würde das Album als meisterliche Leistung der Photograpbie selbst dann der Beachtung werth erscheinen lassen, wenn es nicht überdies durch die Beziebung auf den Besitzer von Varzin ein weiter reichendes historisches Interesse gewönne.

besprochenen, ausgeführten Marmorskulptur hat sich in wischen ein drittes, etwas größeres Stück hinzugesellt, das über die beiden ersten Versuche in jeder Hin— sicht hinausgeht und noch deutlicher erkennen läßt, wie der von den beiden Künstlern eingeschlagene Weg direkt zu dem Ziele führt, an der Hand einer Rekonstruktion der griechischen Polychromie für die den

Farbe neuen Arbeit, die abermals wie das Fragment eines größeren Reliefs wirkt, erscheint die Aufgabe zunächst rein äußerlich erweitert. eines einzelnen Kopfes bietet sich der Betrachtung ein umfangreicheres Bruchstück dar, das als aus einem Festzug in der Art des Par— tbenonfrieses herstammend gedacht ist. bis zu der von karmoisinfarbenem Gewande bedeckten Schulter herab und dazu den eines Pferdes, eines mit lichtgrünem Zaumzeug aufgeschirrten Schimmels, neben welchem man ihn Die Vorstellung eines größeren Ganzen, einer breit sich entfaltenden, im vollen Schmuck der Farbe prangenden Komposition, wird dadurch in dem Beschauer angeregt und der weiter bildenden Phantasie in unmittelbarer Lebendigkeit gegenübergestellt. . Rahmen des Modifizirung desselben

ausgeführten antikem gleichsam nachgedunkelten Tönung des Fleisches den

lerin aus.

von Volkmann und

Proben farbig bemalter

Leidenschaft für der

Renaissance

Tagen der In

ĩ ugewi . wiederzugewinnen eee nen,, , e, Statt

Leistung der erneuten wie früher batten reichen

Es zeigt den Profilkopf eines

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aber ijritt eine hinzu. Neben dem bartigen Männer- der Formengebung

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Gepräge

Anerkennung; mit

Haus war

welche Dame in der That gute und schätzenswerthe Eigenschaften für die Bühne besitzt; es treffen hier offenbar ursprüngliches Talent mit ehrlichem Fleiß zusammen, beide vereinigt erst machen die Künst—⸗ In den ersten naiven Scenen traten die Vorzüge der Debütantin vielleicht wegen der natürlichen Befangenheit weniger bervor als in den folgenden dramatisch lebendigen und ergreifenden Momenten; auch gelang es der jugendlichen Künstlerin Anfangs nicht immer, die volle Herrschaft über Stimme zu behaupten; um so überraschender und wirkungsvoller geftaltete sich dieselbe in den von warmer Empfindung und ernster gesättigten die Töne wahren und tiefen Gefüblslebens mit so unwidersteblicher Wirkung, wie sie eben nur durch reiche ursprüngliche Begabung erzielt Das Anfangs zurückhaltende Publikum erwärmte sich denn auch mehr und mehr für die Künstlerin und zollte ihr nach den letzten Scenen ungewöhnlich reichen Beifall. Fr. Frieb⸗Blumauer

die Klangfarbe und Fülle der

Hier fand Frl. Rübsam

Scenen.

Die vorzügliche Martha“ bedarf keiner gab Hr. Kable beiden Künstler Abends. Zu er⸗

als

Mephistopheles auch diese

Ehren des

den Auszeichnung, Antheil an den

wähnen bleibt noch die fein durchdachte Leistung des Hrn. Krause alt „Wagner“; in der That weiß dieser geniale Schauspieler aus der kleinsten wie aus der unsympathischsten Rolle immer ein abgerundete. köstliches Lebensbild zu gestalten, welches der Sympathie Aller siche seine wachsend⸗ Theilnahme, welche sich äußerlich oft und stürmisch kund gab, seine lebhafte Anerkennung für die im Ensemble schön gelungene Darstellung,

ausverkauft und bewies durch

* ; Inse

Breußischen Staats-Anzeigers: Berlin 8w., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

*

rate für den Deutschen Reichs und n, i Preuß. Staats Anzeiger und das Central⸗Handelẽ— register nimmt an: die Königliche Expedition

des Jeutschen Reichs⸗-Anzeigers und Königlich

Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.

2. Subkastationen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl.

3. Terkäufe, Verpachtungen, Submissionen ete.

4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung

Sub hastationen, Aufgebote, BVorladungen u. dergl.

2652 Aufgebot.

1) Die Buchbindergesellen⸗Krankenkasse in Er⸗ furt, vertreten durch die Buchbindermeister Bernhard Rhein und Rudolph Seidel zu Erfurt,

bat das Aufgebot des auf die Buchbindergesellen⸗ Krankenkasse in Erfurt lautenden Sparkassenbuchs der städtischen Sparkasse in Erfurt Nr. 28219 über 109,58 4,

2) der Pharmazeut Karl Lendrich in Etfurt hat das Aufgebot des auf seinen Namen lautenden Sparkassenbuchs der städtischen Sparkasse in Erfurt Nr. 67307 über noch 118 Æ 94 3 mit dem Be—⸗ merken, daß die Bücher verloren gegangen sind, be— antragt. Die Inhaber der Urkunden werden auf— gefordert, spätestens in dem auf den 23. Oktober 1885. Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer Nr. 58, anberaumten Aufgebotstermine ihre Rechte anzu⸗ melden und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunden erfolgen wird.

Erfurt, den 19. März 1885.

Königliches Amtsgericht, Abtheilung VIII.

6989 Aufgebot.

Auf Antrag des Fabrikanten Arthur Franquet zu Braunschweig, Steinweg 4, werden alle Nachlaß gläubiger und etwaigen Vermächtnißnehmer des am 3. Februar 1885 zu Amalfi gestorbenen Forft⸗ beflissenen Louis Johannes Loren; Guido von Franguet aufgefordert, ihre Ansprüche an den Nachlaß desselben spät stens in dem Aufgebotstermine ;

am 1. Juli 1885, Vormittags 10 Uhr,

bei dem unterzeichneten Gerichte

R U. s. v. von öffentlichen Papieren.

Zimmer Nr 5 anzumelden, widrigenfalls sie gegen die Benefizial⸗ erben ihre Ansprüche nur insoweit geltend machen können, als der Nachlaß mit Ausschluß aller seit dem Tode des Erblassers aufgekommenen Nutzungen durch Befriedigung der angemeldeten Ansprüche nicht erschöpft wird.

Nenhaldensleben, den 30. April 1885.

Königliches Amtsgericht. Heynacher. 71827 Das Königl. Amtsgericht München ., Abtheilung A. für Civilsachen, hat am 3. März 1885 folgendes Aufgebot erlassen:

Es sind durch Entwendung zu Verlust gegangen drei Stück 40, Pfandbriefe der baver. Hypotheken— und Wechselbank:

Lätt.ä Nr. 13908 zu 2000 A, Litt F. Nr. 35162 zu 1000 und itt G. Nr. 10808 zu 500 S, vinkulirt unterm 28. Juni 1876 auf den Namen des Georg Eberl, Paulusbauern in Ried.

Auf Antrag des Rechtsanwalts Weiß in Mübl— dorf, als bevollmächtigten Bertreters dieses Eberl, wird nun der Inbaber aufgefordert, längstens bis zum Aufgebotstermine:

Freitag, den 9. Oktober lf. Is., Vormittags 9 Uhr, im diesgerichtlichen Sitzungssaale Nr. 181. seine Rechte anzumelden und die drei Pfandbriefe vor— zulegen, widrigenfalls deren Kraffloserklärung er folgen wird.

München, den 4. März 1885.

Der geschäftsleitende Kgl. Gerichtsschreiber: (L. 8.) Hagenauer.

5. Industrielle Etablissements, Fabriken und Grosshandel.

6. Verschiedene Bekanntmachungen.

JT. Literarische Anzeigen.

S. Theater- Anzeigen.

In der Börsen-

Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des Invalidendank, Rudolf Mosse, Haasenstein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren

Annoncen · Sureaux.

R

93. Familien- Nachrichten. 6794 Bekanntmachung.

In der seeamtlichen Untersuchungssache wegen des verschollenen Loggers Mary & Jennv' . F. D. T. von Emden werden alle Diejenigen, welche über den Verbleib des in rabro genannten, am 30. Sep— tember v. J. von hier auf den Heringsfang auk— gegangenen und am 25. Oktober v. J. zuletzt ge⸗ sehenen Schiffes und seiner Besatzung Auskunft zu ertbeilen im Stande sind, hierdurch aufgefordert, dem unterzeichneten Seeamte bis zum 10. Juni d. J. desfallsige Anzeige zu machen.

Emden, den 28. April 1885.

beilage.

Johannes als Vormund über Johannes Klirpert und dessen Ehefrau, Anna Catharina, geb Lindemann dortselbst, erkennt das Königliche Amts— gericht zu Oberaula durch den Amtsrichter Kulen— kamp für Recht: Es wird die Löschung des in Artikel 438 des Grundbuchs von Oberaula unter Nr. 1 Ab— tbeilung III eingetragenen Pfandrechts wegen 34 Thlr. Kaufgeld für Conrad Hofmann und Frau Christine, geb. Splittorf von Hausen aus Vertrag vom 30. Januar 1854 verfügt. Oberaula, den 22. April 1885. Königliches Amtsgericht. Kulenkamp.

(6795 Bekanntmachung. Der am 8. Oktober 1837 geborene Johann Gott—

wald, welcher zuletzt in Kosel bei Patschkau gewohnt

hat, im Jabre 18655 nach Amerika ausge wandert i

und unter dem 19. März 1874 aus San Franciech das letzte Lebenszeichen brieflich gegeben hat,

und dessen unbekannte Erben und Erbeserben wer den hiermit aufgefordert, sich bei dem unterzeichnet! Gericht und spätestens in dem auf

den 14. Jannar 1886. Vormittags 11 Uhr, anberaumten Termine schriftlich oder perfönlich z melden, widrigenfalls der Johann Gottwald fut todt erklärt wird, seine unbekannt gebliebenen Erben und Erbeserben aber mit ihren Erbansprüchen aut geschlossen werden.

Patschkau, den 18. April 1885.

Königliches Amtsgericht.

see, Bekanntmachung. In die Liste der bei dem hiesigen Königlicher Amtsgericht zugelassenen Rechtsanwälte ist der

Rechtsanwalt Adolf Jungmann mit dem Wohnstz

zu Lublinitz heut eingetragen worden. Lublinitz, den 4. Mai 1885. Königliches Amtsgericht.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz.) Druck: W. Elsner.

Sechs Beilagen einschließlich Börsen · Beilage).

Berlin:

—— *

. Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. Mn 1HO6.

Berlin, Donnerstag, den 7. Mai

1885.

Aichtamtliches.

Preußen. Berlin, 7. Mai. Im weiteren Verlauf der gestrigen (94.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Berichts der XI. Kommission über den der— selben zur Vorberathung überwiesenen Antrag des Abg. von Wedell⸗Malchow, betreffend Abänderung des Gefetzes wegen Erhebung von Reichs-Stempelabgaben, vom 1. Juli 1881, und des von den Abag. Dr. Arnsperger und Genossen eingebrachten Gegenentwurfs, fortgesetzt.

Die Berathung begann beim Antrage der Abgg. Richter und Kayser. Der Abg. Richter beantragte, dem Gesetzentwurf folgende Bestimmung als letzten Paragraphen (5. 327 hinzu⸗ zufügen:

„Mit dem Inkrafttreten dieses Gesctzes wird das Gesetz, be⸗ treffend den Zolltarif u. s. w. vom 15. Juli 1879, dabin abge⸗ ändert, daß für das im Zolltarif Nr. 29 aufgeführte Petrolcum (Erdöl) und andere Mineralöle anderweitig nicht genannt, roh und gereinigt, der Zollsatz aufgehoben wird.“

Der Abg. Kayser beantragte:

Dem Gesetzeniwurfe als §. 32 hinzuzufügen: 9 krafttreten dieses Gesetzes ist das Gesetz vom 12. betreffend die Erhebung der Salzsteuer, aufgeboben.

Für den Fall der Ablehnung aber zu beschließen: Aus dem Ertrage dieser Steuer wird ein Fonds gebildet, der den Namen Arbeiter⸗Invalidenfonds“ führt und welcher bis zum Erlaß eines, die Versorgung erwerbsunfähiger Arbeiter regelnden Gesetzes an— zusammeln und zinsbar anjulegen ist. Die Verwaltung dieses Fonds wird durch besonderes Gesetz geregelt.

Der Abg. Richter (Hagen) befürwortete seinen Antrag. Der Reichskanzler habe die Börsensteuer als eine Forderung moralischer Gerechtigkeit bezeichnet, wie überhaupt jetzt die

sinister stets neue Steuern mehr mit schönen moralischen als mit finanziellen Zwecken zu rechtfertigen pflegten. So habe auch kürzlich der Minister Dr. von Scholz bei den Ge— treidezöllen die wirthschaftliche Seite gegenüber der finanziellen in den Vordergrund gestellt. Gerechtigkeit sei ja eine schöne Sache; aber sie werde ebenso gut hergestellt, wenn man da, wo die Belastung zu groß sei, etwas abnehme, als wenn man da, wo sie zu klein sei, etwas zusetze. Wolle also der Reichskanzler die Belastung des Immobilien- und Mo— bilienverkehrs zu Gunsten des ersteren ausgleichen, nun, so möge der Kanzler denselben entlasten, anstatt den Mobiliar— verkehr neu zu belasten! Im Jahre 1879 habe der Reichs— kanzler über das Drückende des Pachistempels geklagt; als man den Pachtstempel aber 1881 bei Erlaß des Reichs— Stempelsteuergesetzes habe aufheben können, sei es ganz still davon gewesen. Jetzt sei eine Entlastung des Immobiliarver— kehrs nicht einmal auf den Prospekt der Steuerreform gestellt. Auch wenn, wie er mit dem Reichskanzler glaube, die Börse die Steuer abwälzen könne, würde es der moralischen Gerech—⸗ tigkeit entsprechen, eine den Erträgen dieser neuen Steuer ent— sprechende Entlastung der ärmeren Klassen zu gewähren. Venn der Abg. von Helldorff seinen Antrag gestern unor— ganisch genannt habe, so finde er den Antrag doch z. B. viel orga— nischer, als den Antrag Huene; denn sein Antrag wolle direkt beim Reich, wenn dieses Mehreinnahmen aus neuen Steuern er— halte, auf der anderen Seite einen Steuererlaß, während der Antrag Huene das Geld erst vom Reich an die Einzelstaaten, von diesen an die Kreise, von diesen an die Gemeinden über— weisen lassen wolle, wobei natürlich zuletzt nicht viel mehr von Steuererleichterung übrig bleiben könne. Sein Antrag wolle verhindern, daß im Namen der Gerechtigkeit die Steuer— schraube fortwährend schärfer angezogen werde, gleichzeitig die Vertheuerung des Lichts, welches für Familie und Werkstatt gleich unentbehrlich sei, für die Zukunft beseitigen und den fiskalischen, fortwährend auf Steuererhebungen gerichteten Bestrebungen entgegentreten.

Der Abg. Kayser erklärte, er verstehe nicht, wie der Abg. Richter, der doch grundsätzlich gegen die Börsensteuer sei, gleich— wohl einen Verwendungsantrag dieser Steuer stellen könne. Der Abg. Richter habe wohl nur seinem (des Redners) Antrage Kon— kurrenz machen wollen. Weshalb habe der Abg. Richter sich sonst nicht mit seiner Partei für die Aufhebung der Salz— steuer verbunden? Seine Partei treibe in ihrer Gegnerschaft gegen die Börse nicht etwa die Politik des Reichskanzlers, wie dieser es gestern anscheinend angenommen habe; im Gegentheil, die Regierung habe oft mit der Börse in naher Verbindung gestanden; seine Partei aber vertrete eine Volksströmung und treibe durchaus eigene Politik. Seine Partei könne der Re⸗ gierung schon deshalb keine neue Steuer auf Diskretion bewil— ligen, weil sie dann fürchten müßte, ihre Erträge hauptsächlich für Kolonialpolitik und Marine verwendet zu sehen. Die Herren von der Rechten hätten seit Jahren Steuererleichterungen ver— sprochen; solche aber hätten bis jetzt nicht stattgefunden. Er schlage nun die Aufhebung der Salzsteuer vor, weil kaum eine indirekte Steuer so sehr wie diese gerade den armen Mann treffe, für den die einzige Würze seiner Speisen das Salz sei. Sein Eventualantrag wolle bewirken, daß endlich die ins Stocken ge⸗ rathene Sozialreform mit der Alters- und Invalidenversorgung der Arbeiter fortgeführt werde. Früher sei man am Bundes— rathstische noch penibel gewesen, wenn es sich um den Willen des Kaisers gehandelt habe; jetzt müsse er trotz der Kaiser— lichen Botschaft, worin die Sozialreform versprochen sei, dem Minister zurufen, er möge fleißiger arbeiten, damit die Sache endlich beginnen könne. Aber freilich, Kolonial— politik und dergleichen andere Dinge hätten die Regierung von ihren sozialen Projekten bereits völlig zurückgebracht. Einer Regierung der Ausnahmegesetze, die erst kürzlich wieder gegenüber den Arbeitern an einem Orte den Belagerungs⸗ zustand verhängt habe, könne seine Partei nicht das Ver— trauen schenken, welches in der Bewilligung von Mehrein— nahmen ohne gleichzeitiges Verwendungsgesetz liegen würde. Seine Partei müsse daher, wenn ihre Verwendungsanträge abgelehnt würden, gegen das ganze Gesetz stimmen.

Hierauf ergriff der Staatssekretär des Reichs⸗-Schatzamts von Burchard das Wort:

Meine Herren! Nach der kurzen Begründung, welche die Herren Antragsteller ibren hochwichtigen, für die Lage der Reichsfinanzen so bedeutung vollen Anträgen gegeben haben, darf ich mich auf einige

kurze Bemerkungen beschränken.

Die Tendenz beider Anträge gebt dahin, die Mehrerträge aus dem vorliegenden Gesetzentwurf erwachsen werden, anderweitiger indirekter Abaaben ju verwenden. Diese Te denz ftebt in schneidendem Widerspruch zu den Zielen, welche die Steuerreform seit dem Jabre 1878 verfolgt bat, nämlich dem Reiche aus den indirekten Steuern neue Einnabmen zuzufübren, welche dazu verwandt werden sollen, den Druck der direkten Steuern in den ECinzelnstaaten und kommunalen Verbänden zu erleichtern. Das ist der Gegensatz zwischen den Anträgen der Herren Antragsteller und zwiscken der Steuerreform, wie sie im Jahre 1878 eingeleitet ist und die Zustimmung der Majorität des jetzigen Reichstages und auch des früheren gefunden hat.

Der Hr. Abg. Richter sagt, es würden bloß neue Steuern auf— erlegt; eine Erleichterung des Druckes resultire daraus nicht. Das ist doch wobl eine ganz falsche Vorstellung. Die Mittel, die das Reich zur Erfüllung seiner Aufgaben verlangt, werden etatsmäßig festgestellt; sie werden zunächst aufgebracht durch eigene Einnabmen des Reiches, soweit aber diese eigenen Einnahmen nicht reichen,. aben die Einjelstaaten in Form der ular⸗ beiträge Zuschüsse zu leisten. Den Einzelstaaten ist die nãne der indirekten Abaaben im Wesentlichen si üss vorwiegend die Mittel durch direkte

entzogen; si borwiegend. D urch d Abgaben brian Soweit also die Matrikularbeiträge in Anspruch genemme

e auf

n werden, resultiren sie aus direkten Abgaben, und je mehr die Einnahmen des Reichs aus indirekten Abgaben erhöht werden, um so mehr vermin— dern sich die Matrikularbeiträge und vermindert sich damit auch der Druck der direkten Steuern in den Einzelstaaten. Schon von diesem Standpunkt aus würde der Antrag des Hrn. Abg. Richter und auch der Prinzipalantrag des Hrn. Abg. Kayser, glaube ich, vollständig unannehmbar sein.

Es kommt aber hinzu, daß beide Anträge viel weiter geben, als daß sie einen Ersatz einer indirekten Abgabe durch eine andere in Aussicht nebmen. Die Erträge der Saljabgabe beziffern sich auf un—= gefähr 41 Millionen, die Erträge des Fetroleumzolles auf über 22 Millionen. Wie boch die Mehrerträge aus der jetzigen Reform der Börsensteuer sich stellen würden, das ist annähernd faum zu überschlagen. Aber ich glaube, keine Berechnung geht so weit, daß auch nur annäbernd ein Mehrertrag von 22 Millionen aus der Reform der Börsensteuer in Aussicht genommen wird. Es würde also bei Annahme eines dieser Anträge nicht bloß der Mehrertrag der Börsensteuer zum Erlaß anderer indirekter Abgaben verwandt werden, sondern es würde auch darüber hinaus noch eine Läcke geschaffen werden in den Einnahmen aus den indirekten Abgaben, dien wieder ausgefüllt werden müßte durch Steigerung der Matri beitrãge.

Was nun insbesondere den Erlaß des Petroleumjolles betr so, glaube ich, dieser Antrag zum olltarif stellt werden müssen, t bier. Es ist ja auch bei zweiten Berathung der Zolltarifnorelle im Hause ein, wenn auch nicht so weit gebender, doch ähnlicher Antrag gestellt worden, dea Petroleumzoll auf die Hälfte berabzusetzen. Der Antrag ist damals von dem Antragsteller nicht näher begründet worden, und auch der Herr Abg Richter hat ihm nur wenige Worte gewidmet; er ist ab— gelehnt worden. Jetzt steht nun in dem Beschluß der zweiten Be—⸗ rathung zum Zolltarif Petroleum mit 6 M verzeichnet. Soll eine Aenderung herbeigeführt werden, dann muß sie, glaube ich, in jenem Gesetz berbeigeführt werden und nicht als Antrag zum Bör sensteuer« gesetz.

Ich will auf die Gründe für und wider den Petroleumzoll hier nicht näher eingehen; im Jahre 13579 sind sie eingehend diskutirt worden, und ich glaube, wenn ein Finanzoll sich bewährt hat, so ist es in der That der Petroleumzell. Die Befürchtungen, daß sich um den Petroleumzoll die Preise steigern würden, sind nicht eingetroffen; die Preise des Petroleums sind immer mehr herabgegangen, das Angebo auf dem inländischen Markt hat sich außerordentlich vermehrt, nach dem auch Rußland mit seinem Petroleum in Konkurrenz getreten ist. Der Zoll wirkt nicht vorzugsweise belastend für die minder Wobl⸗ habenden, sondern vertheilt sich nach Maßgabe der Woblhabenbeit, indem unzweifelhaft die Wohlhabenderen mehr Petroleum brauchen, als die weniger gut Situirten. Meine Herren, es sind das materielle Gründe, die ich aber nicht weiter diskutiren möchte; ich glaube, daß,. was diesen Antrag des Hin. Abg. Richter betrifft, er sich der Zustimmung der Majorität des hohen Hauses nicht zu erfreuen haben wird.

Was dann die Aufhebung der Salßjsteuer betrifft, so ist diese Steuer seit dem Jahre 1867 in der jetzigen Weise in Kraft; sie trat an die Stelle des Salzmonopols. Ob die Aufhebung des Sali— monoxpols ein guter, von wohlthätigen Folgen begleiteter Schritt war, kabe ich bier nicht zu untersuchen; jedenfalls jeßige Salzsteuer eingelebt. ie ist eine die Regierung ein Uttheil über fällen kann, in keiner Weise drückend eingewirkt Eine rollständige Aufhebung der Salzsteuer kann ja auch nach dem von mir Bemerkten gar nicht in Frage kommen; es könnte sich nur darum handeln, ob etwa eine Verminderung der Salzabgaben in Betracht zu zieben sei. Nach den einge benden Untersuchungen, die im Jabre 1873 vom Bundesrath ver⸗ anlaßt worden sind, ist aber anzunehmen, daß eine solche Verminde⸗ rung der Sal;steuer sich in keiner Weise als zweckmäßig erweisen würde; sie würde finanüiell sebr schwerwiegende Einbußen schaffen, ohne doch, wenn die Verminderung der Abgabe nicht eine sehr bemerkenswerthe wäre, zu einer wesentlichen, fühlbaren Verminderung des Salzpreises zu fübren. Es würde also dadurch der Zweck nicht erreicht werden, den der Hr. Abg. Kapser will.

Was endlich den Eventualantrag des Hrn. Abg. Kapser betrifft, aus dem Ertrage der Börsensteuer einen Fonds zu bilden mit dem Namen „Arbeiterinvalidenfonds“, in dem die angesammelten Kapi— talien zipsbar angelegt würden, so hat der Hr. Abg. Kayser zur Be— gründung dieses Antrages die Bebauptung aufgestellt, die verbündeten Regierungen oder die Reichsverwaltung ließen den Plan einer weiteren Ausgestaltung der sozialen Arbeitergesetzgebung vollständig ruhen. Das ist ein Grundirrthum; die verbündeten Regierungen baben es von jeber als eine ihrer vornehmsten Aufgaben aner— kannt, auf diesem schwierigen Gebiete eine Erleichterung des Looses der Arbeiter herbeizuführen. Ihnen Allen sind die großen Schwierigkeiten bekannt, die gerade in dieser Materie ruhen. Es ist aber nach eingehenden Bemühungen gelungen, sie wenigstens auf zwei Gebieten zu keseitigen: es sind die Gesetze, be—⸗ treffend die Krankenversicherung und die Unfallversicherung, zu Stande gekommen; ich kann auch hinzufügen., daß die Regierungen es fort⸗ dauerd als eine ihrer wichtigsten Aufgaben anseben, nun auch den Schlußstein dieser Gesetzgebung ins Werk zu setzen: die Altersver—⸗ sorgung der Arbeiter.

Soweit meine Kentnisse reichen, sind die Arbeiten auch im besten Fortgang, und sie versprechen in kürzester Zeit zu einem Re⸗ sultate zu führen. Gelingt es, diese ebenso schwierige wie bedeutsame Aufgabe zu lösen, dann werden auch die Mittel, welche das Reich beizusteuern hat, um diese Zwecke zu verfolgen, gewiß nicht ein Hinderniß bieten können. Die Rücksicht auf die Finanzen wird unzweifel⸗ haft zurücktreten müssen gegenüber den hochwichtigen Zielen, die bet dieser Gesetzgebung verfolgt werden. Dann ist es aber vollstãndig unzweck . mäßig und auch unnöthig, jetzt etwa einen solchen Fonds zu bilden und die Erträge der Börsensteuer zu thesguriren, damit sie eventuell den bezeichneten Zwecken dienen sollen. Es ist das doppelt auf dem

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bat sich seitdem die Steuer, die, soweit

sig im Hinblick auf den innigen hEsfinanzen mit den Finanzen der aus diesen Gründen die

Gebiet der Reichs finanzen unzweckmä Zusammenhang, in welchem die Rei Einjelstaaten steben. Ich kitte Sie also, Anträne sãmmilich abzulehnen.

Demnächst nahm der Staats-Minister von Boetticher das Wort:

Ich böre, daß der Herr Vorredner aus dem Hause sich in Ausführungen auch mit mir beschäftigt hat, und er insbesondere an die Bebauptung, daß die Sozialreform vollst ins c gerathen sei, die Bemerkung geknüpft bat, d wesend gewesen sein würde, er mir den Rath

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j n sich d d vergegenwärtigt haben würde, so würde er, glaube ich, seinen Vorwurf zurückgehalten haben. Meine Herren, mit Redenhalten ist wirklich die kranke Zeit noch

niemals gebeilt worden und sie wird auch jetzt dadurch nicht gebeilt werden. Dazu gebört eben ernste

und aufrichtige Arbeit, und wenn der Hr. Abg. Kavser und seine Freunde diese ernste und aufrichtige Arbeit so intensio leisten wollen, wie ich mir bewußt bin, so werden wir dem Ziele, das er auch als das seinige binstellt. ob mit Recht oder Uarecht, lasse ich dahingestellt sehr viel näber kommen, als durch seine Exvektorationen gefördert wird.

Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Abg. Kyaser be— haupte, sein Antrag wolle nur dem des Abg. Kayser Kon— kurrenz machen, aber er habe schon 1881 die Aufhebung des Petroleumzolls als Aequivalent für die Einführung der neuen Stempelsteuern verlangt. Eher sei also umgekehrt der Abg. Kayser durch seine (des Redners) damaligen Ausführungen zu der heutigen Stellungnahme veranlaßt worden. Sein An— trag sei auch bereits in voriger Woche in einer Fraktione— sitzung beschlossen worden. Der Abg. Kayser habe die merk— würdige Aeußerung gethan, wer eine Steuer nicht bewillige, den gehe auch ihre Verwendung nickts an. Das wäre doch nur richtig, wenn Diejenigen die Steuer zu zahlen hätten, welche sie hier bewilligen würden. Da aber die Steuern, die hier von der Mehrheit bewilligten, vom ganzen Lande getragen werden müßten, so seien die Abgeordneten vom Standpunkt der allgemeinen Volksvertretung aus auch be— rechtigt, bei der Verwendung der allgemeinen Steuern mitzu— sprechen. Vom Standpunkt des Abg. Kayser aus müßte sich die sozialdemokratische Partei überhaupt zurückziehen, weil sie ja dem jetzigen Regime grundsätzlich keine Steuern bewilligen wolle. Wenn der Minister gemeint habe, soviel neue Ein— nahmen, wie der Reichstag sie dem Reich bewillige, soviel könnten die Einzelstaaten an direkten Steuern erlassen, so höre sich das ganz schön an; es werde nur leider nichts er— lassen. Preußen habe z. B. aus den höheren Zöllen über 60 Millionen Mark vom Reich überwiesen erhalten und nur 20 Millionen erlassen. Auch würde ein weiterer Erlaß direkter Steuern in den Einzelstaaten vorzugsweise den besser Situirten zu Gute kommen, während die indirekten Steuern, die im Reich erlassen werden sollten, als Kopfsteuer wirken und auf den Armen am stärksten drücken würden.

Der Abg. Leuschner erklärte, wenn man sich vergegen— wärtige, welches der Zweck der Börsensteuer sei, so müͤsse in erster Linie hervorgehoben werden, daß es sich nicht blos um eine Vermehrung der Einnahmen des Reiches handele, sondern um einen Prozeß ausgleichender Gerechtigkeit. Die Börsen— steuer werde, so weit man es bis jetzt beurtheilen könne, zur Ausführung kommen und werde auch wohlthätig wirken, wenn es eben gelingen würde, die Produzenten von der Steuer frei zu lassen und die Geschäfte, die die Börse im Interesse des allgemeinen Wohles mache, das Arbitragegeschäft, möglichst schone. Aber was die Börsensteuer bringen werde, das wisse heut zu Tage lein Mensch. Es würde nach seiner Auffassung die Börsensteuer, die er in dem von ihm beschränkten Sinn für nützlich halte, vollständig in Frage stellen heißen, wenn man an dieselbe diejenigen Bedingungen knüpfe, die von den beiden Antragstellern hier geltend gemacht seien. Aus dem Grunde seien seine politischen Freunde der Meinung, daß beide Anträge, Kayser und Richter, pure abzu— lehnen seien. Es habe ihn sympathisch berührt, gestern vom Abg. Kayser zu hören, daß derselbe und dessen Parteigenossen der Börsensteuer gegenüber eine sympathische Stellung ein— nehmen würden. Er sei aber ebenso überrascht, von dem Abg. Kayser vorhin gehört zu haben, daß diese Sympathie, die derselbe im Allgemeinen der Steuer entgegenbringe, doch mehr oder weniger in ein Nichts zerfließen werde, wenn der Abg. Kayser an den Bedingungen festhalte, die derselbe gestellt habe. Der Erlaß der Salzsteuer, ganz unabhängig von der Frage an sich betrachtet, würde überhaupt der weniger begünstigten Klasse des Volkes, den Arbeitern, gar nicht in vollem Umfange zu Gute kommen. Der Salzkonsum beziffere sich auf 71 bis 8 Kilo pro Kopf. Dieses Quantum der Durchschnittsberech⸗ nung sei aber durchaus nicht das, was der Mensch direkt durch den Kauf des Salzes zu sich nehme. Man tönne annehmen, daß vielleicht die größere Hälste desselben von den Konsumenten in Form von Brot, Fleisch ꝛc. aufgenommen werde. Der Er⸗ laß der Salzsteuer werde also lediglich Bäckern, Fleischern und einer Reihe anderer Personen nützlich sein. Außerdem habe die Rechte schon wiederholt die Anschauung hier hervorgehoben, daß das System der indirekten Steuern durchaus weiter aus⸗— gedehnt werden müsse und daß die direkten Steuern, die man hier in einer Ausdehnung habe, wie fast in keinem anderen Kultur⸗ lande, erheblich reduzirt werden müßten. Die Bedürfniße Deutschlands seien nach allen Richtungen hin große, man brauche ja gar nicht ängstlich zu sein, was mit den eventuellen Ueberschüssen von Neuem gemacht werden solle. Seine Partei stehe nicht auf einem theoretischen Standpunkte, sie stehe mitten im praktischen Leben, und durch alle Reduktion von

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