1885 / 123 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 May 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Auf Grund des von dem Königlichen Regierungs- Präsidenten zu Köslin genehmigten Beschlusses der städtischen Behörden daselbst vom 12 resp. 17. März 1885 wegen Aufnahme einer Schuld von [50 C00 S bekennt sich der Magistrat der Stadt Köslin Namens der Stadtgemeinde durch diese für jeden Inhaber gültige, Seitens des Gläubigers unkündbare Verschreibung zu einer Darlehnsschuld von Mark, welche an die Stadt Köslin baar gezahlt worden und mit vier Prozent jährlich zu verzinsen ist.

Die Rückjahlung der ganzen Schuld von 750 000 Mark erfolgt, nach Maßgabe des genehmigten Tilgungsplans, mittelst Verloosung der Anleihescheine in den Jahren 18 .. bis spätestens 18. aus einem Tilgungsstocke, welcher mit wenigstens 13 Prozent des Kapitals jähr— lich, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Anleihescheinen, ge—⸗ bildet wird. Die Ausloosung geschieht in dem Monate April jeden Jahres. Der Stadt bleibt jedoch das Recht vorbehalten, den Til⸗ gungsstock zu verstärken oder auch sämmtliche noch im Umlauf befindliche Anleihescheine auf einmal zu kündigen. Die durch die verstärkte Til⸗ gung ersparten Zinsen fallen ebenfalls dem Tilgungsstock zu. Die ausgeloosten, sowie die gekündigten Anleihescheine werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie des Termines, an welchem die Rückzahlung erfolgen soll, öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt fechs, drei, zwei und einen Monat vor dem Zahlungstermine in dem Dentschen Reichs und Preußischen Staats-Anzeiger“ und dem Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Köslin. Geht eines dieser Blätter ein, so wird an dessen Statt von der Gemeindever— waltung mit Genehmigung des Königlichen Regierungs- Präsidenten zu Köslin ein anderes Blatt bestimmt.

Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrichten ist, wird es in halbjährlichen Terminen, am 2. Januar und am J. Juli, von heute an gerechnet, mit vier Prozent jährlich verzinst.

Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der fällig gewordenen Zinsscheine beziehungsweise dieses Anleihescheinsz bei der Stadthauptkasse zu Köslin, und zwar auch in der nach dem Eintritt des Fälligkeitstermins folgenden Zeit.

Mit dem jzur Empfangnahme des Kapitals eingereichten An— leihescheine sind auch die dazu gehörigen Zinsscheine der späteren Fälligkeitstermine zurückzuliefern. Für die fehlenden Zinsscheine wird der Betrag vom Kapital abgezogen. . ö

Die gekündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die innerhalb vier Jahren, nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig geworden, nicht abgehobenen Zinsen verjähren zu Gunsten der Stadtgemeinde. Das Aufgebot und die Kraftloserklärung ver— lorener oder vernichteter Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der §§. 838 ff. der Civilprozeß'ordnung für das Deutsche Reich vom 36. Januar 1877 (Reichs-Gesetzblatt S. 83) bezw. nach 5§. 20 des Aus führungsgesetzes zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 24. März 1879 (Ges.⸗ S. S. 281). .

Zinsscheine können weder aufgeboten noch für kraftlos erklärt werden. Doch soll Demjenigen, welcher den Verlust von Zins— scheinen vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bei der Stadt— verwaltung anmeldet und den stattgehabten Besitz der Zinsscheine durch Vorzeigung des Anleihescheines oder sonst in glaubhafter Weise darthut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag der ange— meldeten und bis dahin nicht vorgekommenen Zinsscheine gegen Quittung ausgezahlt werden.

Mit diesem Anleiheschein sind halbjährige Zinsscheine bis zum Schlusse des Jahres ausgegeben; die ferneren Zinsscheine werden für fünfjährige Zeiträume ausgegeben werden. Die Ausgabe einer neuen Reihe von Zinsscheinen erfolgt bei der Stadthaupt— kasse zu Köslin gegen Ablieferung der der älteren Zinsscheinreihe bei— gedruckten Anweisung. Beim Verluste der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheinreihe an den Inhaber des Anleihe scheines, sofern dessen Vorzeigung rechtzeitig geschehen ist.

Zur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet die Stadt Köslin mit ihrem Vermögen und mit ihrer Steuerkraft.

Dessen zu Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.

Köslin, den 17. März 1885.

Der Magistrat.

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Provinz PwÜommern. Regierungsbezirk Köslin.

Zinsschein k ; zu dem Anleiheschein der Stadt Köslin . . . Ausgabe, Buchstabe ... M h, Mart.

Der Inhaber dieses Zinsscheins empfängt gegen dessen Rückgabe in der Zeit vom 2 Januar bezw. 1. Juli 18 . . ab die Zinsen des vorbenannten Anleihescheins für das Halbjahr vom .. ...... w mit .... M .... Y bei der Stadthauptkasse zu Köslin.

Föhn, den

Der Magistrat. Dieser Zinsschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf der Fälligkeit erhoben wird. Der Magistrat. Provinz P,öom mern. Regierungsbezirk Köslin. Anweisung zum Anleiheschein der Stadt Köslin . . . Ausgabe, Buchstabe n. ö Mark.

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem obigen Anleihescheine die., te Reihe von Zinsscheinen 'für die fünf Jahre 18. bis 18. . bei der Stadthauptkasse zu Köslin, sofern nicht rechtzeitig von dem als solchen sich ausweisenden In⸗ haber des Anleihescheines dagegen Widerspruch erhoben wird.

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Der Magistrat.

Anmerkung für Zinsschein und Anweisung“: Die Namensunterschriften des Magistrats-⸗Dirigenten und des zweiten Magistrats Mitgliedes können mit Lettern oder Faesimilestempeln ge— druckt werden, doch muß jeder Zinsschein resp. jede Anweisung mit der eigenhändigen Namensunterschrift des die Kontrole führenden Beamten versehen werden.

Die Anweisung“ ist zum Unterschiede auf der ganzen Blattbreite unter den beiden letzten Zinsscheinen mit davon abweichenden Lettern in nachstehender Art abzudrucken:

ter Zinsschein. 1 Zinsschein. I

Anweisung.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Königliche Akademie der Künste.

Belgnntin g ch)-hun n

An Stelle des verstorbenen Senatsmitgliedes, Professors ulius Schneider ist Seitens der Genossenschaft der ordent— lichen Mitglieder der Königlichen Akademie der Künste, Sektion für Musik, der Komponist, Professor Albert Becker hierselbst zum Mitgliede des Senats bis Ende September 1888 ge⸗ wählt worden, und hat diese Wahl die Bestätigung des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Ange⸗ legenheiten gefunden. Außerdem sind die statutenmäßig mit Ende September

I) der Historienmaler, Professor Carl Becker,

2) der Historienmaler, Professor Knille,

3) der Historienmaler, Professor Fr. Geselschap,

4) der Bildhauer, Professor Encke,

5) der Architekt, Baurath und Professor Ende,

6) der Architekt, Geheime Rogierungs⸗Rath und Pro⸗

fessor Raschdorff,

7) der Königliche Kapellmeister R. Radecke, in Folge ihrer stattgehabten Wiederwahl von Neuem zu Mit⸗ gliedern des Senats der Akademie bis Ende September 1888 Seitens des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten berufen worden.

Berlin, den 23. Mai 1885. Der Präsident. C. Becker.

Justiz⸗Ministerium.

Der Rechtsanwalt, Justiz-Rath Aßmmy und der Rechts⸗ anwalt Landolf Meyer in Potsdam und zu Notaren im Bezirk des Kammergerichts, mit Anweisung ihres Wohnsitzes in Potsdam, ernannt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Do mänenè ö und Forsten.

Der Oherförster Meyer zu Duderstadt ist auf die Ober⸗ försterstelle Ebergötzen, mit dem Amtesitz zu Gr. Lengden in der Provinz Hannover, und der Oberförster von Seelstrang zu Qschersleben auf die durch Pensionirung des Oberförsters Wepler erledigte Oberförsterstelle zu Neustadt, im Regierungs⸗ bezirk Kassel, versetzt worden.

Der Forst-Assessor Wenzel ist zum Oberförster ernannt und demselben die Oberförsterstelle zu Fischbach, im Re— gierungsbezirk Trier, übertragen worden.

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2 . 1

Abgereist:; Se. Excellenz der Staate⸗Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗· Ang egen⸗ heiten, Dr.,. von Goßler, nach der Provinz Schleswig—

Holstein.

In der heutigen ö n. wird Nr. 22 der

Zeichenregister⸗Bekanntmachungen veröffentlicht.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 29. Mai. Se. Majestät der

Kaiser und König haben im Laufe des gestrigen Tages mehrere Stunden gearbeitet.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der

Kronprinz begab Sich gestern Vormittag 11 Uhr von Pots— dam nach Berlin, stattete Sr. Majestät dem Kaiser und König einen Besuch ab und kehrte um 1 Uhr nach dem Neuen

V ; ;

Palais zurück.

Nachdem im Etatsjahre 1884/85 folgende für Rech⸗

nung des Staates hergestellte Bahnstrecken:

atznick Ueckermünde, Liegnitz Goldberg, Löwenberg Greifenberg Friedeberg a. O, Braunsberg Mehlsack, Allen stein Göttkendorf Gutstadt, Zollbrück Bütow, Ortelsburg Johannisburg, Wabern Wildungen, Scharzfeld Andreasberg, Oberröblingen Querfurt, Wernigerode Ilsenburg, Die untere Werstewaldbahn, Altenkirchen Hachenburg, Siegburg Ründeroth, Wichl inghausen Hattingen, Hemer Iserlohn, Plaue Suhl, Grimmenthal —Ritschenhausen,

dem öffentlichen Verkehr übergeben worden, gelangen im laufenden öffnung:

Et atsjahre folgende Staatsbahn-Linien zur Er⸗ Bentschen Meseritz, Wormditt Kobbelbude, Sobbowitz Schöneck Berent, Quedlinburg Ballenstedt, Rothe Erde Montjoie Malmedy, Prüm Bleialf, Altenessen Essen, Speldorf Broich, Marten Dortmund, Deutz Kalk, Altenhundem Karlshütte Schmallenberg, Lennep Krebsöge Dahlerau, Kirchen Freudenberg, Aprath Wülfrath, Eichicht =Probstzella, Hundsfeld Trebnitz, Bojanows Guhrau, Trachenberg Herrnstadt. Auch für das Etatsjahr 1886/87 steht wiederum die Be—

triebseröffnung auf einer erheblichen Zahl neuer Staatsbahn⸗ strecken in Aussicht.

„Der Minister des Innern und der Finanz-Minister

haben in einem Spezial-Erlaß vom 3. März d. J. die Zu⸗ stimmung zu der von dem betreffenden Bezirks-Ausschuß aus⸗ gesprochenen Bestätigung eines Regulativs über die Er— hebung von Abs. 5 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1885 für nicht erforderlich erklärt und dabei Folgendes ausgeführt:

Bürgerrechtgeld nach Maßgabe des 5. 16

„Der für die Auslegung der Bestimmung des §. 16

Abs. 5 1. 6. vorzugsweise wichtige Bericht der Kommission des Hauses der Abgeordneten vom 29. Dezember 1860 über den in jenem Jahre dem Landtage der Monarchie vorgelegten

d. J. ausscheidenden Senatsmitglieder:

Entwurf eines neuen Zuständigkeltsgesetzes (Drucks. des Hauses

dieses Berichts allegirten Erklärungen der Vertreter der Staats⸗ regierung ergeben, daß bei den Erörterungen über die Nothwendig⸗ keit der Zustimmung der Minister des Innern und der Finanzen zu Gemeindebeschlüssen, durch welche besondere direkte oder indirekte Gemeindesteuern neu eingeführt oder in ihren Grund⸗ sätzen verändert werden, an das Bürgerrechtsgeld überhaupt nicht gedacht worden ist. Die Erhebung dieser letzteren Ab⸗ gabe ist durch ein Spezialgesetz, dasjenige vom 14. Mai 1860, besonders geregelt, an dessen Bestimmungen durch das Zu⸗ ständigkeitsgesetz vom 1. August 1883 nur der eine Punkt geändert worden ist, daß an die Stelle der im §. 2 des ersteren vorbehaltenen Genehmigung der Regierung diejenige des Bezirksausschusses tritt“.

Sigmaringen, 27. Mai. (Allg. Ztg.) Heute Vor⸗ mittag 91 Uhr wurde folgendes Bulletin über das Befinden des Fürsten ausgegeben:

Se. Königliche Hoheit haben die vergangene Nacht ruhig schlafend verbracht. Heute früh ist der Zustand wie gestern, doch haben die Kräfte noch etwas abgenommen.

Dr. Koch.

29. Mai.

(W. T. B.) Das neueste Bulletin lautet:

Seit gestern früh 9 Uhr ist ein bewußtloser Zustand eingetreten, gegen Mitternacht Unregelmäßigkeit in Athembewegungen und Herz⸗ thätigkeit, gegen Morgen natürlicher Schlaf.

El saß⸗Lothringen. Straßburg, 27. Mai. (des ⸗Itg.) Der Statthalter hat sich, einer Einladung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin folgend, mit dem um I2 Uhr 5 Minuten Mittags abgehenden Zuge nach Baden-Baden be⸗ geben und beabsichtigt, um 7 Uhr 30 Minuten Abends in Straßburg wieder einzutreffen. Ebenfalls dahin geladen sind der Staats-Minister von Hofmann nebst Gemahlin, der Koad⸗ jutor Bischof Dr. Stumpf und der Bezirks-Präsident Back.

Oesterreich Ungarn. Wien, 28. Mai. (Wien. Ztg.) Der Kaiser ist gestern Vormittag von Bruck a. d. L. hierher zurückgekehrt.

Agram, 27. Mai. (Presse. ) Nach der Sanktionirung des Landesbudgets erfolgt die Besetzung der noch vakanten Stellen der Administration und der Justiz⸗ branche.

Das Subcomits der Regnicolar-Deputation hat seine Arbeiten beendet. Das Elaborat wird lithographirt und an die Mitglieder der Deputation vertheilt werden. Mitte Juni wird die kroatische Deputatison zusammentreten. Die Berathungen der ungarischen und kroatischen Deputation werden erst im September beginnen.

Schweiz. Bern, 27. Mai. (N. Zürch. Itg) Der Bundesrath wird in der nächsten Bundesversammlung in Betreff des Baues eines Parlaments- und Verwal— tungsgebäudes noch keinen Vorschlag machen. Man will den Mitgliedern der Bundesversammlung und der öffentlichen Meinung Zeit lassen, die in den Projekten niedergelegten Bauideen sorgfältiger zu würdigen. Die imposanten Projekte von Professor Bluntschli in Zürich und Auer in Wien (auch dieser ist ein Schweizer) finden im Publikum die verdiente Anerkennung.

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Großbritannien und Irland. London, 27. Mai. (Allg. Corr. Die Admiralität hat endgültig beschlossen, in wenigen Wochen ein mächtiges Geschwader, bestehend aus fünfzehn Panzerschifsen, einer Anzahl Torpedo— booten u. s. w., in See stechen zu lassen, um die Eigen— schaften der jüngst in so großer Eile in Dienst gestellten Kriegsschiffe zu prüfen und den Mannschasten Gelegenheit zu geben, an wichtigen Evolutionen theilzunehmen. Admiral Hornby, der Kommandant der Marinestation Ports— mouth, ist zum Befehlshaber des Geschwaders ernannt worden und wird seine Flagge an Bord des „Minotaur“ aufhissen, während Contre⸗Admiral Hoskins als Zweit⸗ kommandirender an Bord des „Hercules“ fungiren wird. Das Geschwader wird in der zweiten Woche des Juni bei Portland zusammengezogen werden und alsdann eine Kreuzungs—⸗ tour um die irische Küste herum unternehmen. In Bantry⸗ Bay sollen großartige Torpedo-Uebungen ausgeführt werden. Nach der Rückkehr des Geschwaders wird voraussichtlich auf der . von Spithead eine große Flottenrevue abgehalten werden.

In Accra ist am 25. April der britische Gouverneur der Goldküste, Sir W. A. G. Joung, am gelben Fieber gestorben.

Bombay, 25. Mai. (A. C) Der Herzog und die Herzogin von Connought traten heute an Bord des Postdampfers Sutlej / die Rückreise nach England an. Eine britische Mission, bestehend aus dem Obersten Lockhart, dem Major Woodthorpe, dem Kapitän Barrow, Dr. Giles und einer 22 Mann sstarken Eskorte, wird nach Kaschmir gesandt werden, um weitere geographische In⸗ formation über die Länder an den nördlichen und wesilichen Grenzen von Kaschmir einzuholen. Die Mission wird Chitral und die Nachbarschaft dieses Platzes besuchen und mehrere Monate abwesend sein.

Ottawa, 26. Mai. (A. C.) General Middleton kam gestern in Battleford an und wird sich morgen nach Fort Pitt begeben. Der Indianerhäuptling Ponund⸗ maker hat sich bedingunglos unterworfen. Seine An— hänger legen die Waffen nieder und strömen nach Battleford. Alle bedeutenden Häuptlinge in den unzufriedenen Distrikten haben sich unterworfen; nur Big Bear, der über 806 Streiter verfügt, erklärt: er werde bei Big Hills, zwischen dem Froschteich und Fort Pitt, Widerstand leisten.

Frankreich. Paris, 26. Mai. r, Corr, Die Wiederverweltlichung des irt Gr. . nicht durch ein Gesetz, welchem der Senat schwerlich zugestimmt hätte, sondern im Wege des Dekrets ausgeführt. Dasselbe widerruft einfach das Dekret vom Jahre 1852, welches das Pantheon der ihm unter dem ersten Kaiserreich und unter der Juli⸗Monarchie zugewiesenen Bestimmung entzog und der

Kirche zurückgab. Man fragt sich, was nach diesem BVeschlusse aus dem Cyklus der werthvollen religiösen Fresken werden soll, die auf Anordnung der bis—

herigen republikanischen Kunstverwaltungen für den Tempel

bestellt und theilweise ausgeführt worden sind, und bereits über 8 Millionen Fr. gekostet haben. In eine andere Kirche

passen sie nicht leicht hinein, sowohl wegen ihres Inhaltes Legenden der heil. Genofeva, der heil. Anna und Bilder aus

der Abg. de 1880/81 Nr. 1095) und im Besonderen die im 5. 8

er Geschichte des heil Ludwig als auch wegen ihres tlossalen Umfanges. Man wir also wohl eine eigene Kirche ie bauen müssen eine Wirkung von Victor Hugo's od, die gewiß weder er selbst, noch sonst irgend Jemand zrausgesehen hat. Die Ausstellung der Leiche des ichters unter dem Triumphbogen wird am Sonnabend Her“ Sonntag und die Beisetzung wahrscheinlich am ontag stattfinden. Der Trauerzug wird sich die ö hamps / E)lysses entlang über den Eintrachtsplatz und die Rue woll bis zum Stadthause, von da an der Notre⸗Dame-Kirche orbei durch den Boulevard St. Michel und die Rue Soufflot ach dem Pantheon bewegen. Die Notre⸗Dame⸗Kirche wird ur Erinnerung an Hugo's berühmten Roman „Notre-Dame e Paris“, dessen Schauplatz sie hauptsächlich ist, während der Beisetzung schwarz verhängt werden. Der Begräbnißausschuß ereinbarte mit dem Pariser Platzkommandanten, daß wäh⸗ rend des Tages und der Nacht der Aussetzung des Körpers Victor Hugo's die Kanonen des Mont⸗Valérien alle halbe Stunden einen Schuß und bei der Wegtragung der Leiche . Schüsse abgeben. . 28. Mai. (WB. T. B.) In der Deputirten⸗ ammer richtete heute der Deputirte de Mun eine Interpellation an die Regierung über die Dekrete etreffs Verwendung des Pantheons zu seiner früheren Bestimmung, und führte dabei aus, daß die betreffenden Hekrete eine Ungesetzlichkeit enthielten und eine Beschimpfung sowie ein Sacrilegium seien. Zu dem von der Regierung korgenommenen Akt sei ein Gesetz nothwendig gewesen; die Regierung habe aher eine öffentliche Diskussion vermeiden wollen. Der Minister Goblet bestritt, daß die Dekrete ungesetzlich seien, denn die mehrfachen Veränderungen, die in Bezug auf zie Bestimmung des Pantheon stattgefunden hätten, seien stets urch Dekrete angeordnet worden, und legte gegen den Bor— wurf de Muns, daß in dem bezüglichen Akt der Regierung ine Verletzung der Gewissen liege, Verwahrung ein. Der Minister erinnerte ferner an die Entweihung der Gräber im Pantheon, die unter der Restauration vorgekommen seien, und erklärte schließlich man habe das Pantheon der Leiche Victor Hugo's wegen, welcher die Kirche vielleicht die Aufnahme ver— schlosen haben würde, seiner ursprünglichen Bestimmung jurückgegeben. Der von de Mun gestellte Tadelsantrag wurde mit 388 gegen 83 Stimmen abgelehnt, ein von ö de Montjau gestellter, die Dekrete billigen der Antrag dagegen mit 338 gegen 90 Stimmen angenommen. Wie verlautet, beabsichtigt die Regierung, auf Grund der von mehreren Präfekten erstatteten Berichte, die Frage des ßffentlichen Gebrauchs von Emblemen generell zu tegeln, und den Kammern einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die bezüglichen Befugnisse der Regierung genau bestimmt und das Verbot des Gebrauchs von aufrührerischen Fahnen auf ganz Frankreich ausdehnt.

Italien. Rom, 28. Mai. (W. T. B.) Die Tech—⸗ nische Kom mission der Internationalen Sanitäts— on ferenz beschloß die von dem Delegirten Pro ut bean— tragten Maßnahmen wegen Reinigung und Desinfektion von Gegenständen, sowie wegen Beaufsichtigung von Fersonen vor dem Abgang und während der Durchfahrt ines Schiffe s. Zur Vorberathung des in Bezug auf die Desinfektion speziell für das Rothe Meer zu treffenden Maßnahmen wurde eine Subkommission ernannt.

Bulgarien. Sofia, 26. Mai. (Wien. Ztg.) Der Bau der bulgarischen Eisenbahnen Vacarel-Sofia⸗ Saribrod wurde um den Betrag von 16990000 Fr. dem ,, Vertreter einer bulgarischen Gruppe, Grosein, zuerkannt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 29. Mai. W. T. B.) Wie verschiedene Blätter mittheilen, ist dem Reichsrath das von der Judenkommission unter dem Vorsitz des Grafen Pahlen ausgearbeitete Regulativ zu— zegangen, welches den Eintritt derj nigen Juden, die das Fymnasium absolvirt haben, in die Universität betrifft. r die Berathung des Regulativs ist die Dringlichkeit kantragt worden.

Amerika. New-Hork, 26. Mai. (Allg. Corr) Die Regierung der Vereinigten Staaten hat es mit kinem ernsten Indianeraufstande in Arizona zu thun. Mehrere feindselige Banden plündern und morden in den Hrenzansiedelungen. Der Kriegssekretär hat die Militär— behörden in den in Rede stehenden Distrikten angewiesen, eine Anstrengung zu scheuen, um diesen Ausschreitungen tin Ende zu setzen. 500 Mann Truppen sind nach Ari— na und dem westlichen Neu⸗Mexiko gesandt worden, um die lokalen Streitkräfte zu verstärken. Geronimo, der Häuptling der Apachen, ist der Führer der feind— eligen Indianer. Er hält sich in den Bergvesten des west— lichen Neu-Mexiko verborgen und macht gelegentlich Ein— sälle in die Ansiedelungen auf mexikanischem Gebiet. Ein Telegramm aus Lordsburg in Arizona meldet, daß die Truppen die Indianer am Blauflusse am Montag an— Friffen, aber mit drei Verwundeten zum Rückzuge ge⸗ i,. wurden. Ein anderes Gefecht soll am Freitag m Mogallongebirge unweit Alma stattgefunden haben, Ü welchem die Indianer den Kürzeren zogen. Die Truppen

. . * 3 .

erfolgen die Indianer, und es wird ein weiterer Zusammen⸗ erwartet.

Süd⸗Amerika. Peru. Lima, 28. Mai. (W. T. B.) ie Regierungstruppen haben über die Truppen on Caceres bei Huancayo einen großen Sieg davon— tragen, Caceres ist verwundet.

Afrika. Egypten. Kairo, 26. Mai. (A. C) Das L. Bataillon des Berkshire⸗Regiments ist von Suakim hier angekommen. Oberst Duncan weilt in Wady-Halfa, um Vorkehrungen für die Aufnahme der Flüchtlinge . Dongola, von denen bereits 1700 unterwegs sind, zu

reffen. Die Garde⸗Brigade ist in Alexandria zeit⸗ weilig ausgeschifft worden.

Zeitungsstimmen.

In einer Correspondenz der deutschen „St. Peters⸗ burger Zeitung“ aus Mitteldeutschland: über die letzte Reichstagssession, lesen wir:

. Dieser siegreiche Kampf des leitenden Staatsmannes mit iner ihm grundsätzlich feindlichen und stets mißwilligen Mehrheit kietet ein überaus interessantes Schauspiel, das in mehr als einer Beziehung lehrreich ist. Man wird in dem Streben, die Gründe zu

erkennen, die bewirken, daß es dem Kanzler gelingt so schwierige Ver⸗ hältnisse zu meistern, aber nicht bei der außerordentlichen Begabung des Mannes, bei seiner Befähigung, jeden Fehler des Gegners auszu⸗ nutzen, stehen bleiben dürfen. Bas diplomatische Genie reicht nicht aus, um solche Aufgaben zu lösen. Der Schlüssel auch zu den parlamen« tarischen Erfolgen Bismarcks ist doch zuletzt darin zu suchen, daß seine Politik in ihren Ausgangs⸗ wie in ihren Zielpunkten eine wahrhaft nationale ist. Deshalb ist ein Widerstand gegen dieselbe im Reichstag auf die Dauer nicht möglich gewesen, wie sich dies eben auch in der verflossenen Session wieder gezeigt hat. Die Gegner des Kanzlers freilich wollen das nicht gelten lassen; wenn sich immer

wieder zeigt, daß das deutsche Volk im Wesentlichen das nationale Moment in den Plänen des Fürsten Bismarck wohl erkennt und deshalb mit ihnen einverstanden ist, so

wollen sie darin

parlamentarische Angelegenheiten handelt, der stärkste Träger des nationalen Baues; er bildet den Ver— einigungspunkt für alle Elemente, die die gleichen Ziele anstreben. Man denke sich ihn hinweg und eine trübe Perspektive öffnet sich vor unseren Augen, eine Perspektive auf einen Reichstag, in dem das Fraktions⸗ und Fraktiönchenwesen wuchert, dem die gewaltige staatsmännische Kraft eines Bismarck, die die zentrifugalen Elemente immer wieder zu neutralisiren weiß, verloren ist. Gerade der Verlauf der letzten Session regt zum Nachdenken in dieser Richtung an, und es wäre nur zu wünschen, daß die deutschen Wähler die Ergebnisse beherzigen, zu denen sie dies Nachdenken bringen muß, damit sie, wenn sie einmal wieder an die Urne berufen werden, dafür sorgen, daß in dem Reichstage eine feste geschlossene Mehrheit sei, die wie heute der Kanzler in den Ausgangs. und Zielpunkten ihrer Politik auf nationalem Boden steht.

Dem „Hannoverschen Courier“ wird aus Berlin geschrieben:

Soweit sich die deutsch-freisinnige Presse mit Wahlbetrachtungen abgiebt, geschieht es in recht elegifcher und resignirter Stimmung. „Wir gehen den Landtagswahlen ohne Illusionen entgegen, sagte die „Kieler Ztg vor einigen Tagen; „es ist nicht zu hoffen, daß die freisinnige Partei in denselben eine Stärkung erfährt. Wir verhehlen uns nicht, daß sich der Menge des Volkes eine große Erschlaffung bemächtigt hat, die in dem Gefühle wurzelt, daß anscheinend doch Alles vergeblich ist. Wir hoffen weder auf einen Mandatszuwachs der freisinnigen Partei, noch auf eine sonstige Ver— schiebung der Parteiverhältaisse zu unferen Gunsten. Das ist die Grundstimmung, die durch alle fortschrittlichen Blätter geht, welche ehrlich sind und nicht sich selbst und ihr Publikum über die Situation zu täuschen für gut finden. In der Frankfurter Zeitung“ war dieser Tage ausgeführt, daß selbst in der Reichs ⸗Hauptstadt die deutsch-frei⸗ sinnigen Mandate gegenüber den Konservativen, den neuerstandenen Nationalliberalen, vielleicht auch den Sozialdemokraten ernstlich gefährdet seien. Fortschrittliche Blätter haben diese Betrachtungen ohne oder mit sehr kleinlautem Widerspruch abgedruckt. In der ganzen Presse dieser Richtung wird über Erschlaffung und Indolenz der Wähler geklagt. „Vor einem halben Jahrhundert, als Niemand an einen augenblicklichen Erfolg dachte, noch denken konnte“, so ruft die Breslauer Zeitung aus, „wurde die politische Arbeit weit ernster und tiefer erfaßt als heute. Ueberall ging die Erörterung von ein— fachen, unbestreitbaren Prinzipien aus, aus welchen die Konsequenzen dann naturgemäß und folgerichtig herauswuchsen. Das Volk wurde mit Ideen erfüllt, welche mit Begeisterung verfochten und mit nahezu fatalistischer Gläubigkeit als die ewigen Sterne am Himmel der Geschichte gefeiert wurden. Die politische Bildung, welche in die Massen getragen wurde, hatte eine solide, gediegene Unter— lage von Dauer. Heute ist die ganze Agitation unvergleichlich klein⸗ licher, in tausend wechselnde und vorübergehende Detailfragen ver— zettelt, in zabllose Guerillakämpfe aufgelöst. Die freisinnige Partei hat, zumal bei den Ersatzwahlen, durch konzentrirte Agitation manchen überraschenden Sieg erzielt, allein ein altes Wort besagt: „Erobern kann der Deutsche leicht, bebalten aber schwer. Wie gewonnen, so überraschend sind viele Wahlkreise wieder verloren worden überraschend nur dem, dessen Blick nicht unter die Oberfläche zu dringen veimag. Nur wenn die Nation wieder zur Höhe der poli— tischen Idee emporgezogen, wenn sie wieder mit Gedanken und Grundsätzen erfüllt wird, welche heute so gut wie nach hundert Jahren Geltung beanspruchen, wird der Liberalismus seine siegreiche Kraft zurückgewinnen.“ Es ist eine überaus schneidende und bittere Kritik, die hier ein angesehenes und charaktervolles fortschrittliches Blatt an dem heutigen „entschiedenen' Liberalismus übt, wie er unter der Führung seiner jetzigen Größen entartet und herabgekommen dasteht. .. Er hat das Volknicht mehr hinter sich, er versteht die Zeit und ihre Bedürfnisse und Aufgaben nicht, er weiß nirgends mehr Begeiste— rung und Vertrauen zu erwecken, denn er hat keine Idee und kein Ideal. Das ist der Grund und Sinn der allseitig zugestandenen Er— schlaffung, Gleichgültigkeit oder offenen Abwendung in den ehemals fortschritilichen Massen. Wir haben nur reproduzirt, was in deutsch⸗ freisinnigen Blättern selbst wörtlich oder dem Sinne nach zu lesen ist. Eine Armee, die mit solcher Stimmung in den Kampf zieht, ist schon vor der Schlacht geschlagen.

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 22. Inhalt: Zoll⸗ und Steuerwesen: Bekanntmachung, betreffend Zoll— Tarasätze; Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll und Steuerstellen. Konsulatwesen: Ernennung. Polizei wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.

Statistische Nachrichten.

Der Erwerb und Vexlust der Reichs und Staats- angehörigkeit im preußischen Staate 188 (Stat. Corr.) Nach den in derselben Weise wie im Vorjahre erfolgten statistischen Aufnahmen haben im preußischen Staate während des Jahres 1884 4518 Personen die Staatsangehörigkeit erworben (bezw. wieder er— worben) und 15 473 Personen dieselbe verloren. . ;

Der Erwerb der Staatsangehörigkeit erfolgte bei 1417 Personen, welche aus anderen deutschen Staaten kamen, durch Ertheilung von Aufnahmeurkunden, bei 2220 Personen, welche Reichs ausländer waren, durch Ertheilung von Vaturalisationsurkunden, bei 646 Personen, welche ihre preußische Staatsangehörigkeit durch zehnjährigen Auf⸗ enthalt im Auslande verloren hatten, durch Wiederverleihungsurkunden gemäß Abs. 4 S. 21 des Bundesgesetzes vom 1. Juni 1879, und endlich bei 235 Personen, welche ihre deutsche Reichsangehörigkeit auf

dieselbe Weise verloren und sich nunmehr im Gebiete des preußischen!

Staates niedergelassen hatten, durch Wiederverleibungsurkunden gemäß Abs. 5 5. 21 a. a. O. Was insbesondere die Naturalisationen be⸗ trifft, so entfielen von den 914 bezüglichen Urkunden auf die Regierungsbezirke Düsseldorf 184. Schleswig 142 und Aachen 68, während die Bezirke Stettin, Stralsund und Sigmaringen dergleichen Fälle gar nicht außzuweisen hatten. Von den 2220 Personen, auf welche sich die Urkunden erstreckten, waren 1422 ledig und 761 ver⸗ beirathet; 1210 gehörten dem katholischen, 747 dem evangelischen und 256 dem israelitischen Glaubensbekenntnisse an. Das stärkste Kon⸗ tingent von Naturalisirten stellten die Niederlande mit 757, dem⸗ nächst Oesterreich⸗Ungarn mit 461, Dänemark mit 295, Rußland mit 242 und die Vereinigten Staaten von Amerika mit 220. Unter den naturalisirten Niederländern waren 79 Evangelische, 665 Katholiken, 11 Juden; unter den Oesterreichern: 55 Ewangelische, 350 Katholiken, 53 Juden; unter den Russen: 5 Evangelische, 40 Katholiken, 143 Juden (fast 60 Prozent) und unter den Bürgern der Vereinigten Staaten: 127 Coangelische, 69 Katholiken und 20 Juden; die naturalisirten Dänen waren sämmtlich evangelisch.

Der Verlust der Staatsangehörigkeit erfolgte durch Ectheilung von Entlassungsurkunden “*), die sich auf 385 Personen, welcke die Staatsangehörigkeit eines anderen deutschen Bundesstaates erm erben wollten, und auf 15088 Personen, welche ins Ausland zu geben beabsichtigten, erstceckten. Die letzteren erhielten im Ganzen 3477 Entlassungsurkunden, von denen wie im Vorjahre auf den Regierungsbezirk Stade die meisten, nämlich 1009, ferner auf die Bezirke Kassel 836, Schleswig 694, Osnabrück 513, Minden 476 und Stettin 450 fielen, während in den Bezirken Gumbinnen nur 14, Königsberg 26 und Marienwerder 28 derartige Fälle vorkamen. Von den 15 038 Personen, auf welche sich die Entlassungsurkunden erstreckten, waren 11 618 ledig und 3293 verheirathet. 11058 evangelisch, 3552 katholisch und 260 israelitisch; als Ziel der Auswanderung gaben 12717 die Vereinigten Staaten von Amerika, 784 die Niederlande, 444 Oesterreich⸗Ungarn, 201 Australien, 185 Großbritannien und 174 Belgien an. Dem Berufe nach gehörten die meisten Empfänger von Eatlassungsurkunden der Klasse der Tagelöhner und Dienstboten sowie der Gewerbe und Handlungsgehülfen bezw. Fabrikarbeiter an.

Außer den urkundlich aus dem Staatsverbande entlassenen sind im Jahre 1884 noch 40 915 Personen ohne Entlassungsurkunde aus- gewandert, von denen 22 550 dem männlichen und 138 565 dem weib⸗ lichen Geschlechte, 26 540 dem evangelischen, 13 154 dem katholischen und 951 dem jüdischen Glaubensbekenntniß angehörten. Das größte Kontingent stellten die Bezirke Marienwerder mit 5524, Bromberg mit 4869, Schleswig mit 4333 und Köslin mit 3951 Personen. Es darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß diese Zahlen insofern nicht ganz zuverlässig sind als sie zweisellos viele Personen mit einschließen, die ihren Heimathsort nur verlassen haben, um ihn mit einem anderen innerhalb des preußischen Staates bezw. des Deutschen Reichs ge— legenen zu vertauschen. Und auch von denen, die wirklich ins Reichs- ausland gegangen sind, ist noch nicht ohne Weiteres anzunehme, n daß sie die bisherige Staats- bezw. Reichsangehörigkeit verlieren werden. .

Schließlich sei noch erwähnt, daß die Zahl derer, welche die Staatsangehörigkeit erworben, sowie derer, welche sie verloren haben, und nicht minder derjenigen, welche ohne Entlassungsurkunde aus- gewandert sind, im Jahre 1884 gegen die drei vorhergegangenen Jahre nicht unerheblich zurückgeblieben ist.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Haftpflicht der Eisenbahnen, Bergwerke u. s. w. für die bei deren Betriebe herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen. Erläuterungen des Reichsgesetzeß vom 7. Juni 1871 von Dr. W. Endemann, ordentlicher Professor an der Universität zu Bonn. Dritte Auflage. Berlin und Leipzig. Verlag von J. Guttentag (D. Collin). 1885. (X, 225 S.) Die 3. vorliegende Auflage des Werkes von Endemann über die Haftpflicht kann als eine Neubearbeitung desselben bezeichnet werden. Hierbei betrachtete der Verfasser es als seine Hauptaufgabe, das reiche Material, das sich theils in den Werken anderer, namentlich dem Kommentar Eger's, der geschickten Zusammenstellung Genzmers und der systematischen Darstellung Westerkamps, sodann aber in den Entscheidungen des Reichs-Ober⸗Handels und des Reichsgerichts vor⸗ findet, zu berücksichtigen. Legtere sind bis zum 10. Bande der offiziellen Sammlung benutzt worden. Die Entscheidungen anderer Gerichte dagegen sind nicht mit herangezogen. Des Verfassers Urtheil hinsichtlich des Gesetzes überhaupt ist seit der früheren Auflage seines Buches, wie er in der Vorrede sagt, zwar dieselbe geblieben, jedoch ist manche polemisirende Bemerkung derselben in der vorliegenden 3. Auflage fortgelassen worden. Die kommentarische Form ist geblieben. Doch hat der Verfasser gestcebt, in dieser vorliegenden neuen Be- arbeitung der systematischen Ausführung wenigstens näher zu kommen. Was nun den Inhalt des Buches speziell anlangt, so enthält dasselbe zunächst eine Einleitung, welche von der Entstehung der Haftpflicht, dem Inhalt und Charakter des Gesetzes, der Auslegung des Gesetzes und det rechtlichen Natur und der Grundlage der Haftpflicht handelt und zugleich die wichtigere Literatur anführt. Auf diese Einleitung folgen sodann die Erläuterungen des Gesetzes, und zwar beschäftigt sich der Verfasser in sieben Abtheilungen eingebend mit der Haftpflicht (der Eisenbahnunternehmung und anderer Unternehmungen), dem vermöge der Haftpflicht zu leistenden Schadenersatz, der Unbeschränkbarkeit der gesetzlichen Haftpflicht, der Geltendmachung und Zuerkennung des Schadenersatzes, der Verjährung der Haftpflichtforderungen, dem Verhälmisse des Hast flichtgesetzes zu den Landesrechten und der Ge⸗— richtszuständigkeit in Haftpflichtsachen.

Das deutsche Reichsstrafrecht für die Auf gaben der Strafzumessungslehre, der Kriminal⸗ statistik und der Rerision des Strafgesetzbuchs, systematisch geordnet von Dr. Rudolf Medem, Landgerlchts⸗Rath

und Privatdozent bei der Königlichen Universität Greifswald. Berlin 1885. R. v. Deckers Verlag, G. Schenck. gr. 80. geheftet.

S. 162, Preis 5 S6 Der Verfasser hat, im Glauben, daß das bisher adoptirte Deliktssystem an verschiedenen Bedenken leide, unter Voranschickung einiger einleitenden Worte über die allgemeine, formelle wie materielle Entwickelung der Strafzumessungslehre, des Strafgesetzez und der Statistik, woran er Vorschläge für die Er⸗ hebung letzterer knüpft, ein eigenes System aufgestellt, für dessen oberstes Eintheilungsprinzip er aus prakiischen Gründen die Person des Verletzten wählt, um diese große Gruppe von Delikten in vier Abtheilungen, solche gegen die Rechtsgüter des Einzelnen, des Publi— kums, Staates und gegen die Religion zu scheiden. In einer fünften Abtheilung, welche die Betheiligung an Vergehungen Anderer und Bereitwilligkeit zu Vergehungen umfaßt, stellt er die Delikte sekun⸗ därer Natur denjenigen primärer entgegen. Sämmtliche Abtheilungen zerfallen wieder in weitere Kapitel und diese wieder in Artikel, je nach den verletzten Rechtsgütern, und zwar sind in den Artikeln die in Klimax geordneten Strafbestimmungen und demnächst die Straf- paragraphen in ihrer einzelnen Reihenfolge aufgeführt. Der Ver⸗ fasser will damit Anregung zur Umformung des bisherigen Systems geben und de lege ferenda die Bahn für Fortschritte ebnen.

Unter dem Titel Die Zahlentotterie in Preußen“ hat Dr. Otto Warschauer, Dozent der Staatswissenschaften an der Universität zu Leipzig, eine interessante Broschüre erscheinen lassen, welche den ersten Theil einer „Geschichte der preußischen Staats⸗— lotterien' bilden soll. Da eine Geschichte unserer Staatslotterien in ausreichendem Maße und auf Grund von Quellenstudien in der That

noch nicht vorhanden ist, erwirbt sich der Verfasser mit dieser unter Benutzung aller vorliegenden amtlichen Quellen zu Stande gekommenen und ihren Gegenstand allseitig beleuchten

den Arbeit ein nicht unbedeutendes Verdienst. Der Verfasser will einen genauen Ueberblick über die Entstehung, Entwickelung und finanzwissenschaftliche Bedeutung der Zahlen“, Klassene, Quinen⸗ Güter, Kleine Geld., Kleine Staats-, Große Staats- und Courant

*) Die anderen im 8 13 des Bundesgeseßes vom 1. Juni 1870 aufgeführten Gründe kommen für diese Statistik nicht in Betracht.