Reuß j. L. Gera, 2. Juni. (Th. C) Gestern ist der Landtag des Fürstenthums durch den Staatg⸗Minister von Beulwitz eröffnet worden. Unter den zur Berathung 1 Vorlagen befinden sich: ein Gesetzentwurf über den etrieb des Hußsbeschlaggewerbes, ein Nachtrag zu dem Gesetz, betreffend das polizeiliche Strafverordnungs⸗ und Straf⸗ festsetzungsrecht, und ein Zusatz zu dem Gesetz über die Bezirks⸗ Ausschüsse. Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 3. Juni. (W. T. B.) Der Statthalter, General⸗Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, ist heute früh nach Karlsbad abgereist.
Ueber die In Kärnten Vino,
Oesterreich Ungarn. Wien, 2. Juni. Reichsrathswahlen meldet „W. T. B.“: wurde im Bezirk Voelkemarkt⸗Kagenfurth Minister in den drei anderen Landgemeinden von Kärnten die liberalen Kandidaten gewählt. Die mährischen Landgemeinden wählten 3 liberale und 8 konservative Ab⸗— geordnete; Minister Prazak siegte in Boskowitz, Kusy in Brünn. Die krainischen Städte wählten Hohenwart und Poklukar wieder. In den Landgemeinden von Steiermark behaupteten die Parteien ihre bisherigen Bezirke, nur in Judenburg wurde statt des bisherigen konservativen Abg. Baerenfeind der libe— rale Kandidat gewählt. Die galizischen Landgemeinden wähl— ten meist die von dem polnischen Landeswahlcomits empfohle— nen Kandidaten; 13 bisherige Abgeordnete sind wieder ge⸗ wählt, darunter der Minister Ziemialkowski einstimmig; gegen die Wiederwahl des Ruthenen Kowalski sind mehrfach Pro— teste angemeldet.
— 3. Juni. (W. T. B.) Zu Czernowitz ist der liberale Kandidat gegen den bisherigen, dem Coronini⸗Klub angehörenden, Kochanowski, gewählt worden. In Görz wurde Coronini wiedergewählt.
Schweiz. Bern, 2. Juni. (W. T. B.) Das König— reich Siam hat seinen Beitritt zu dem Weltpostver— trage vom 1. k. M. ab angezeigt.
— 3. Juni, Vormittags. (W. T. B.) Der Bundes⸗ rath hat sich für die Vornahme einer Revision der Bundesverfassung in betreff des Referendums, der Volkeinitiative, des Erfindungeschutzes, der Pflege der Land— wirthschaft und der Gewerbe, der Ausdehnung der industriellen Haftpflicht und der Unfallversicherung sowie des Banknoten— wesens ausgesprochen, alle übrigen Revisionsforderungen aber abgelehnt.
Großbritannien und Irland. wird aus Cana da berichtet:
Der „Allg. Corr.“
Ottawa, 31. Mai. General Middleton meldet dem Miliz⸗Departement, daß er heute mit drei Re⸗ gimentern Infanterie, 2 Gatling⸗Kanonen und einer
Abtheilung Kavallerie von Battleford nach Fort Pitt ab— marschirt, um den General Strange zu verstärken. Letzterer hat mit 300 Mann drei Tage hindurch den Indianer-Häuptling Big Bear und 5060 seiner Anhänger in Schach gehalten. Big Bear hat 12 Meilen nordöstlich von Fort Pitt eine feste Stellung in einer an tiefen Schluchten und breiten Strömen reichen und dicht bewaldeten Gegend inne. Am Donnerstag hatte Generel Strange mit Big Bears Streitmacht ein Gefecht zu bestehen, welches 4 Stunden dauerte, worauf die Feld— geschütze das Indianerfeuer zum Schweigen brachten; aber ein Kampf ähnlicher Art wurde am nächsten Tage erneuert.
Frankreich. Paris, 2. Juni. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer genehmigte heute in zweiter Lesung mehrere Artikel der Rekrutirungs-Vorlage.
Die Abendblätter veröffentlichen ein Schreiben des Kardinals Guibert an den Kultusminister, in welchem er gegen das Dekret, betreffend die Entkirchlichung des Pantheons, protestirt.
General Courcy ist gestern in Tongking gelandet und wird sich demnächst nach Hue begeben, dessen Garnison verstärkt werden soll. — Die Kaiserin von China hat ein neues Dekret erlassen, in welchem sie den Abmarsch der Führer der Schwarzen Flaggen und die Räumung von Tongking innerhalb der festgesetzten Frist anordnet.
— 3. Juni. (W. T. B.) Die Süuez⸗Kanal⸗Kom⸗ mission wird morgen zusammentreten, um die Mittheilung über die Arbeiten der Subkommission entgegenzunehmen.
— 3. Juni. (W. T. B.) Der Minister Goblet hat den Protest des Erzbischofs von Paris gegen die Entkirchlichung des Pantheons mit einem Schreiben be— antwortet, in welchem es heißt, daß der Protest des Erzbischofs in der Form wie in der Sache über die Rechte des Erzbischofs entschieden hinausgehe. Die von dem Erzbischof an den Tag gelegten Gefühle könnten nicht eine Sprache entschuldigen, die sich mit den amtlichen Funktionen des Erzbischofs und mit den Pflichten, die er der Regierung gegenüber habe, nicht vertrage; auch berechtigten ihn dieselben nicht, die Handlungen und die allgemeine Politik der Regierung zu diskutiren. Eine der— artige Haltung des Erzbischofs sei nicht geeignet, die Be— ziehungen zwischen Staat und Kirche friedlich zu gestalten.
Spanien. Madrid, 2. Juni. (W. T. B.) Der Senat hat die von der Deputirtenkammer bereits angenom— menen Abänderungen des deutsch-⸗spanischen Han— delsvertrages ohne Diskussion genehmigt.
Italien. Rom, 2. Juni. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ wird aus Zanzibar gemeldet: es sei der Ent— wurf zu einem Handelsvertrage zwischen Italien und Zanzibar vereinbart worden.
Mehrere hundert Mitglieder demokratischer Ver⸗ eine wollten sich heute Abend im geordneten Zuge mit Fahnen nach dem Kapitol begeben, um den Todestag Garibaldi's zu begehen. Auf dem Wege nach dem Kapitol wurde indessen der Zug wegen aufrührerischer Rufe polizeilich aufgelöst, und nur ein Theil der Demonstranten gelangte auf das Kapitol und legte dort Kränze nieder. In der Deputirtenkammer wurden wegen der Auflösung des Zuges verschiedene Interpella tionen eingebracht.
Die Technische Kommission der Sanitäts— konferenz genehmigte einstimmig den Antrag Prousts, wonach die aus verseuchten Ländern kommenden Packet e. eine Dampfbadestube zu Desinfektionen an Bord haben ollen.
Türkei. Konstantinopel, 31. Mai. (Allg. Corr.) Eine hier eingegangene Depesche aus Sa mos meldet die daselbst erfolgte Ankunft Karatheodori Paschas, des
neuen Fürsten und Gouverneurs der Insel. Es wurde ihm von den Einwohnern ein enthusiastischer Empfang bereitet. — Sir Peter Lumsden kam heute hier an und stieg in der britischen Botschaft ab, wo er der Gast Sir William White's ist. Am nächsten Dienstag setzt er die Reise nach London sort. Der Ministerrath erörterte gestern Abend bis in die späte Nacht hinein abermals Lord Gran⸗ ville's Note, welche vorschlägt, daß türkische Truppen Suakim und andere Punkte der Küste des rothen Meeres be⸗ setzen sollen. Es ist nicht bekannt, ob irgend ein Entschluß gefaßt wurde.
— 2. Juni. (W. T. B.) Savas Pascha ist zum Gouverneur von Kreta ernannt worden und gestern da⸗ hin abgereist.
Afrika. Egypten. Alexandria, 1. Juni. (Allg. Corr) Ein englischer Korrespondent brachte aus Suakim die Nachricht, daß mehrere freundliche Stämme sich zum Anschluß an Osman Digma anschicken, deren Chefs er⸗ klären: sie könnten sehen, daß Osman ein wahrer und kein falscher Prophet sei, da seine Worte genau in Erfüllung ge—
gangen seien, während die großen Versprechungen der Briten ihnen nichts gelassen hätten als die Feind—
schast des Mahdi. Andere Stämme zaudern noch. Emissäre des Mahdi treiben sich täglich in Suakim umher. Der Mahdi soll 10 Kanonen an Osman Digma gesandt haben, und Letzterer erwartet auch im Laufe des Monats andere Waffen und Munition. Die Anzahl der Kranken in Sugkim wächst täglich, selbst die indischen Truppen leiden. Der Feind nimmt seine Angriffe wiederum auf.
— Q Var sgntere Bataillon, welches am letzten Freitag aus Suakim eintraf und an Bord des Transportdampfers verblieb, um weitere Befehle der englischen Regierung zu erwarten, ist heute aus— geschifft worden und wird im Palais Raseltin einquartirt werden.
Zeitungsstimmen.
Die Köstritzer Generalversammlung Thüringer Bauern hatte an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck am 27. v. M. folgende Adresse gerichtet:
Die von vierzehnhundert Thüringer Bauern besuchte General⸗ versammlung in Köstritz brachte soeben Ew. Durchlaucht ein donnern— des Hoch und spricht im Namen des Thüringer Bauernstandes tief— innigen Dank für Ew. Durchlaucht Wohlwollen aus. Die Versamm— lung ist sich bewußt, daß der erhöhte Getreidezoll dem Reich und den Kommunen erhöhte Einnahmen schaffen und der schwer darnieder— liegenden deutschen Landwirthschaft einige Hülfe bringen wird, wie sie auch überzeugt ist, daß nach allen Börsenberichten das Ausland diesen Zoll trägt. Durchgebende Besserung kann aber nur eintreten, wenn die Goldwäbrung beseitigt wird, die alle produktive Arbeit schädigt und die Zölle fast wirkungslos macht. Ew. Durchlaucht als Schirmherr der Arbeit möge recht bald das Geld des kleinen Mannes, das Silber, wieder zu Ehren bringen durch schleunige Ein— führung der Doppelwährung in Gemeinschafst mit den maßgebenden Kulturstaaten, und die deutsche Arbeit vor der ausländischen Kon— kurrenz wirksam sichern. Vorstehende Adresse wurde mit allen gegen eine Stimme angenommen. Der Bauerntag in Köstritz, den 27. Mai 1885. Im Auftrage: Zersch ⸗Köstritz. . ;
Wie die „National-Zeitung“ mittheilt, ist auf diese Adresse nachstehende Antwort ergangen:
Berlin, den 30. Mai 188 Das Telegramm vom 27. d. M. habe ich mit verbindlichem Danke erhalten und bitte den Ausdruck desselben allen denjenigen, welche mich durch diese sympathische Kund— gebung erfreut haben, übermitteln zu wollen. Die Frage der Ein— führung der Doppelwährung unterliegt zur Zeit der Prüfung Seitens der zuständigen Behörden.
von Bismarck.
e. — — 2
— Der „Germania“ wird aus Augsburg, 31. Mai, geschrieben:
Der dem Ministerium erstattete Jahresbericht der schwäbischen Handelskammer für 1884 sagt in seinem gutachtlichen Theil, daß im Allgemeinen unverkennbare Symptome einer immer weiter um sich greisenden Ueberproduktion zu erkennen sind. Weit seltener als
in den früheren Jahren tritt das Bestreben zu Tage, für die vorhandenen Mißstände die allgemeine Handelspolitik ver— antwortlich zu machen. Zwar fehlt es auch heuer nicht an größtentheils berechtigten Wünschen und an kegründeten
Klagen auf dem Gebiete der Zölle; diese Beschwerden haben sich aber in erheblichem Maße gemindert, und Aeußerungen Platz gemacht, welche nicht selten als ein unumwundenes Geständniß der vorhan—
denen Ueberproduktion sich darstellen. Wir muüͤssen deshalb den Versuch, das unleugbar vorhandene Mißbehagen zu einem Angriffe gegen die seit dem Jahre 1879 inaugurirte Handelspolitik zu verwerthen, als gänzlich unberechtigt erklären.
Vielmehr verdanken wir es zum größten Theile nur dieser, den aus— ländischen Antheil an der vorhandenen Ueberproduktion wenigstens einigermaßen eindämmenden und regulirenden Politik, wenn die Ge— sammtlage trotz unbedachtester Konkurrenz immer noch als eine erträg— liche bezeichnet werden darf.“ ..
Statistische Nachrichten.
Nach den Mittheilungen des Kaiserlichen Statistischen Amts ergiebt ein Vergleich der Preise von Weizen und Weizenmehl, Roggen und Roggenmehl in den 4 ersten Monaten dieses Jahres Folgendes: es kosteten 100 kg Mark
im Januar Februar März April eteen 15,655 1691 , Weizenmehl. 24 86 25.28 25,50 26,04 Roggen 13,53 13,81 1373 13,93 Roggenmehl 19.70 20.08 20065 19,95
Diese Preise sind bei Weizen und Weizenmehl für die 6 Plätze: Breslau, Halle, Köln, Lübeck. München, Posen; bei Roggen und Roggenmehl für die beiden Plätze Berlin und Posen aus den Monats— Durchschnittspreisen bestimmter Sorten im Großhandel nach den An— gaben der betr. Handelskammern berechnet. Nur für die genannten Plätze werden Nachweise sowohl für Körner als für Mehl gegeben.
Derselben Quelle (den Monatsheften zur Statistik des Deutschen Reichs) entnehmen wir aus dem Nachweis der Zuckerpreise, daß in Magdeburg 100 kg Robzucker J. Predukt, Kornzucker, 960 Pola—⸗ risation und 100 kg Raffinade ff. Melis (Brod) kosteten im Monat
Januar Februar Mãrz April Rohzucker 39,66 42,27 43,77 44,45 6 Raffinade 51,90 54, 62 56,20 66 235.
— Im Jahre 1884 waren in den Restantenlisten des J. bis XV. Armee Corps 12109684 Militärdienstpflichtige aufgeführt (512 521 20jährige, 373 758 21jährige, 266 397 22jährige und 58 008 altere). Von diesen blieben 33 586 unermittelt, 111 027 waren ohne Entschuldigung im Termine ausgeblieben, 259 52 anderweitig gestellungspflichtig geworden, 450 685 wurden zurückgestellt, 11465 aus—⸗ geschlossen, 57 665 ausgemustert. 81 344 der Ersatzreserve 1, 465 520 der Ersatzreserve Il, 4338 der Seewehr II überwiesen und 124495 ausgehoben. Davon für das Heer zum Dienst mit der Waffe
118575, ohne Waffe 3427; für die Flotte 1020 aus der Land—⸗ und 1473 aus der seemännischen Bevölkerung. 15 945 Stellungepflichti blieben überzäblig. 18309 waren freiwillig eingetreten. Wegen un. erlaubter Auswanderung waren verurtbeilt 1020 aus der Land. und 1473 aus der seemännischen Bevölkerung, noch in Untersuchung 12 265 bzw. 453. 9
In den Ersatzbezirken des Königreichs Bayern waren nach den Restantenlisten 114969 Gestellungspflichtige (58 664 20 jãhrige 30 848 21 jährige, 18 975 22 jährige, 6482 ältere). Von diesen waren unermittelt 4773, ohne Entschuldigung ausgeblieben 6638, ander. wärts gestellungepflichtig geworden 24 574, zurückgestellt 32 1603, uz. geschlofsen 135, ausgemustert 10115, der Ersatzreserve 1 wurden Sol überwiesen, der Ersatzreserve II 5519. Ausgehoben wurden 18026 (17517 zum Dienst mit der Waffe, 509 zum Dienst ohne Waffe). Freiwillig eingetreten waren 1661, überzählig blieben 3459 Im Jahre 1884 wurden wegen unerlaubter Auswanderung gerichtlich verurtbeilt: J. Armee ⸗ Corps 256 Mann, II. 1137 Mann, zusammen 1393 Mann. Wegen desselben Vergehens befanden sich am Schluffe des Jahres noch in gerichtlicher Untersuchung: J. Armee-Corpz 190 Mann, II. 385 Mann, zusammen 575 Mann.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Protokolle des Verfassungsausschusses im öster— reichischen Reichstage 1348 — 1849. Herausgegeben und ein— geleitet von Anton Springer, Leipzig, Verlag von S Hirzel 1835. gr. 8. S. L. u. 386. — Diese von einem eifrigen und einflußreichen Mitglied des Verfassungsausschusses des ersten österreichischen Reichs tages vom Jahre 1948 genau genommenen Abschriften der vollstän— digen Protokolle wurden dem berühmten Geschichtsschreiber — gleich— zeitig ausgezeichnet als Kenner urd Historiker der Kunst — Anton Springer, Professor der mittelalterlichen und neueren Kunst— geschichte an der Universität Leipzig — mit dem Wunsch übergeben, dieselben weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Für die Ausführung des einem so urtheilsfähigen und unterrichteten Manne anvertrauten Auftrags kann man nur dankbar sein, weil diefe Protokolle zu den wichtigsten Urkunden der neueren österreichischen Geschichte gehören. Die Protokolle des Verfassungsausschusses sind nach der Versicherung des Herausgebers der wahre Leuchtspiegel der österreichischen Völker, in welchem sie ein offenes Geständniß ihrer Wünsche, Hoffnungen und Pläne ablegten. Hierauf berubt, abgesehen von ihrer historischen Wichtigkeit, ihr politischer Werth. Die Protokolle von 43 Sitzungen — vom 22. Januar bis 4. März 1849 — sind nach den vorgelegenen Abschriften wortgetreu abgedruckt. Da dieselben Parteien wie vor einem Menschenalter jetzt sich wieder gegenüber stehen, schärfer fast als jemals die nationalen Leidenschaffen auf einander schlagen, so dürfte auch jetzt noch in den Wirren die Erkenntniß klärend und erläuternd wirken, wie damals in einem ähnlichen Falle Versöhnung gesucht und gefunden wurde. Zur Lösung der Fragen: ob rie Einführung einer dauernden Srd— nung an der geringen Weisheit der Gesetzgeber oder an dem üblen Willen der Völker gescheitert sei? ob äußere Schwierigkeiten oder innere unvereinbare Widersprüche den Abschluß des Verfaffungsstreits bisher verhindert haben? giebt der Herausgeber einen eben so ruhigen als einsichtsvollen Rückblick auf die Verfassungs kämpfe seit dem Jahre 1848. Die von Springer auf Grundlage langjähriger genauer Kenntniß der inneren Zustände des Kaiserreichs gegebene AÄusein— andersetzung der Verfaßsungsentwickelung dürfte wesentlich zur Be— festigung klarer, vorurtbeilsfteier Einsicht bei Fernerstehenden beitragen.
— Ums Nordkap. Eine Sommerfahrt von O. von Stock— horner, Heidelberg C. Winters Universitäts buchhandlung. 1885. Zo. S. 112. — Der Verfasser dieser, laut eigener Aeußerung unge— schmückten Reiseberichtes, wünscht Lurch deren Veröffentlichung dem Leser eine Anregung zu geben, die Nor dlandsfahrt wenigstens bis Hammer⸗ fest und bis zum Nordkap zu unternehmen. Für einen geistig und körper⸗ lich erfrischenden Ausflug empfiehlt er die groß wie eigenartigen Schön— heiten der norwegischen Meeresküste. Namentlich wer aus Gesundheits— rücksichten den Wunsch hegt, längere Zeit in Seeluft zu weilen, dürfte einen vortheilhafteren Tausch eingehen, wenn er statt mehrere Wochen in einem Seebade zu sitzen, während dieser Zeit in der Nordsee und dem Eismeer kreuzt. Die Kosten einer Reise von Hamburg nach Drontheim und dem Nordkap sind mit einigen Rathschlägen in der Cinleitung genau spezifizirt. Der Verfasser, aus dem Großherzogthum Baden gebürtig, erzählt seine Erlebnisse leicht wie gefällig und ent— wirft eine anschauliche Beschreibung des nordischen Landes, aus dem schwerlich Jemand unbefriedigt zurückkehren werde. Das Nordkap ist nichts mehr und nichts weniger als eine in jähem Absturze ins Meer vorgeschobene, steile schwarze Schieferfelswand von 255 m Höhe. Sie macht allerdings einen stärkeren Eindruck von majestätischem Einste und kühnem Trotze, als dies bei ihrer Höhe zu vermuthen wäre. Dies kommt wohl davon her, daß sie unmittelbar von dem Meere aus gerade aufsteigt und eine ununterbrochene Wand ohne Absätze bildet. Bergen ist eine der schönsten Städte, die der Ver— fasser auf der ganzen Reise sah. Zu beiden Seiten einer schmalen Bucht gelegen, von Höhenzügen eingeschlossen, die bis zu 642 m ansteigen, zieht sie sich terrassenförmig gegen die Höhen hinan und bietet einen wunderschönen Anblick. Von der Berührung mit dem norwegischen Volke wird gerühmt, daß schwerlich in irgend einem Lande der Fremde freundlicher aufgenommen werde, als in Notwegen. Natur und Menschen Norwegens sind prächtig; was die Annehmlichkeit und Bequemlichkeit anlangt, muß man zur Zeit noch auf Manches verzichten, ganz besonders, wenn wan im Innern des Landes reist und gar noch des Norwegischen unkundig ist. Besserung wird kemmen und wohl mit dem Wachsthum des Besuchs gleichen Schritt halten. Daß aber Norwegen dereinst noch ein reiches Touristengebiet wird, steht für den Verfasser, welcher seine großartige Natur und die Biederkeit seiner Bewohner kennen gelernt hat, außer Zweifel. Auf seine Autorität sei dagegen nach vorhergegangener In— formation aus der kleinen anziehenden Schrift, welcher allerdings nicht sehr lichtvolle Photographien vom Rordkap, der nördlichsten Stadt der Erde, Hammerfest, und dem Städtchen Vadsöe beigegeben sind, eine Reise empfohlen.
— Agrippa d' Aubigné. Eine Hugenottengeftalt von Arnold
von Salis, Pfarrer in Liestal Baselland. Hei elberg C. Winters Universitätsbuchhandlung. 1885. S0. S. XVI. u 28. — Diese
Blätter führen zum ersten Male in Deutschland das getreue Bild Agrippa d'Aubigneé's einem weiteren Publikum vor, dessen Geftalt eine wahre Herzstärkung für Jeden ist, welcher Sinn für Geistes“ und Charaktergröße, weß Stammes er auch sei, hat. Geboren 1551, ein Nachkomme jener hugenottischen Adligen Frankreichs, welche gleichbedeutend in ihren wissenschaftlichen wie militärischen Leistungen sich ausgezeichnet hatten in dem Heere der Protestanten, wird er von dem Verfasser als einer der außerordentlichsten Männer seiner Zeit, wenn nicht jeder Zeit nach den einzelnen Vorgängen in seinem Leben ebenfo wahrgetreu wie lebendig geschildert. „Denn 54 Jahre Soldat sein, 50 Jahre Hauptmann, 44 Jahre Bürgermeister und 32 Jahre Feld— marschall, dazu Ingeni ur, Gelehrter Geschichtsschreiber, Dichter, und auf jedem dieser Gebieie wieder äußerst reich, vielseitig und produkli, — das geht doch wahrlich weit hinaus über das, was zu allen Zeiten, auch zu den besten, Mittelmäßigkeit heißt, und ist eben Genie“ Die Biographie hat zum ersten Male die sämmtlichen Werke dieses an Jahren und Ehren reichen, treuesten aller Pro— testanten Frankreichs berücksichtigt. Aber alles das wurde in den am Schlusse des Textes folgenden Anmerkungen untergebracht, was, im Texte selbst verwerthet, den Gang der Erzählung oder das Deutsch der Darstellung in störender Weise hätte unterbrechen müssen, und was doch an sich, wie zur genaueren Würdigung d'Aubigné's von Werth ist. Die Anmerkungen bezeugen uns gleichzeitig das gewissenbafte, umsichtige Studium des Verfassers und geben über manche interessante Einzelheiten aus dem Leben des Hugenotten von altem Schrot und Korn erfreuenden Aufschluß. Hoffen wir, daß die Durchsict dieser klar und gefällig abgefaßten Schrift über die ehrwürdige Hugenottengestalt vielen Lesern einen wohlthuenden Eindruck und gerechte Achtung vor dem Mann zurückläßt, von dem schon 1622 gesagt wurde, ‚Selbst würdig, beschrieben zu werden, hat er geschrieben, und Selbst würdig, besungen zu werden, hat er gesungen.“
zus jenen für die neueste
Das
— Das Juniheft der Deutschen Rundschau' ist angefüllt mit interessanten, um Theil bedeutenden Aufsäßen. Ein neues und war zum erften Mal ein klares Licht wirft auf eine der wichtiasten Perioden von Fritz Keuters Leben Paul Bailleu's Artikel: Fritz Reuters Universitäts. und Festungszeit'. Nach den Akten des Geheimen Staatg⸗Archivs erhalten wir hier in fesselnder Form eine uthentische Darstellung der Tbeilnahme Reuters an der Burschen⸗ schaft, seiner Arrestation wie seiner Untersuchungs! und Festungsbaft. Ein anonymer Artikel über die „Ungarische r ellschaft⸗ giebt einen Einblick in Die ungarische Gesell⸗ scast und Politik. In scharfen Umrissen werden die Ver onen, die Cbaraktere, die Thaten und Aufgaben der leitenden unga ichen Persönlichkeiten gezeichnet. — Eine, liedenswürdige Kauserie st Otto Gildemeistere Beitrag: . Ueber Höflichkeit — Ueber . Politik und Staatswissenschaft! verbreitet sich Professor Gustar Cobn, der dem Ausspruch entgegentritt. daß die Politik nicht, wie die Professoren meinen, eine Wissenschaft, sondern eine Kunst sei. — Alexander KRosche⸗ lews Denkwürdigkeiten, machen uns mit den letzten Dezennien des Lebens jenes russischen Patrioten bekannt und theilen das Bedeutendste 2. ü ste russische Geschichte wichtigen Memoiren mit. — Den belletristischen Theil des Junihefts der. Deutschen Rund ˖ schau' füllt die Fortsetzung des Romans: „Glor a victis“! von Ossip Schubin, der in immer höherem Maße Beifall findet. und eine poesievolle, deutungsreiche Prosadichtung von Ernst von Wildenbruch: Märchen von den zwei Rosen? aus. — Die Thätigkeit der Ferliger Theater während der letzten Wintersaison kritisirt Karl Frenzel eingehend, und der Herausgeber der Deutschen Rundschau?, Julius Rodenberg, widmet dem fern der Heimath dahingeschiedenen Freunde Gustbv. Nachtigal einen tief empfundenen und bewegenden Nachruf. — Die „Politische Rundschau“, literarische und biblio⸗ zraphische Notizen fchließen das gehaltvolle, abwechselungsreiche Heft ab. Gewerbe und Handel.
Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende M ai 1385 1 293 900 Mp. 390 ige, 19 09 300 AM. 4 ige, 44 350 800 . o gige und 9 396 000 66 5. Mcige, zusammen 74 850 00 α Pfand-=
briefe ausgegeben, wovon noch 1293 900 66. 34 ige, 19 212 600 M
40oige, 35 222 60 M 44 0jͤige und 6 O13 800 S 5 Y6ige, zusammen 59 742 909 S Pfandbriefe verzinslich ö Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 113 100 „M6, im Laufe des Monats Mai 153535 angemeldet 2 Grundstücke mit einem Feuerversicherungswerthe von 562 000 . ; . St. Petersburg, 3. Juni. (W. T. T.) Die Nowosti widersprechen der Meldung der Börsenzeitung-, wonach die Divi⸗ dende der Großen Russischen Eisenbahngesellschaft pro 13884 bis auf Weiteres nicht ausgezahlt werden solle. — Der „Neuen eit‘ zufolge ist der Kapitalrentensteuer, Entwurf vom isn; geprüft worden und soll vorbehaltlich der Kaiserlichen Sanktion am 1. Juli in Kraft treten. Dasselbe Blatt erfährt: der
Reichsrath habe sich am letzten Montag mit dem Gesetzentwurf be—
schaͤftigt, wonach die meisten Artikel des Einfuhrzolltarifs um 20 0, einige derselben ausnahme weise um 10 erböht werden sollen.
New⸗JPort, 1. Juni. (W. T. B.). Weizen verschif⸗ fungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver—
einigten Staaten nach Großbritannien 30 009, do. nach Frank-
*
; Backsteinmauerwerk ausgeführten Lorenzkirche Marienkirche,
reich 2000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 5000, do., von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 45000, do. nach an— deren Häfen des Kontinents — Qrts.
— Q . 7 Meng aus fuhr in der vergangenen Woche betrug 5 436 0090 Doll., derjenige
der Waaren⸗
der Waareneinfuhr 6240 000 Doll., unter der letzteren befanden sich für 1173 000 Doll. Wäsche und Weißwaaren.
New⸗York, 2. Juni (W. T. B.) Die Zahl der negen Lohn⸗ reduktion strikenden Arbeiter in und bei Pittsburg beträgt augenblicklich gegen 13 000
Submissionen im Auslande. Niederlande. ;
1) Dienstag, den 9. Juni. Direktion der ‚Nederlandsche Rhyn⸗
spoorweg“ in Utrecht, . . . die Lieferung von 5 eichenen Querschwellen in zwei Loosen und 1840 Stücken Eichenholz für Weichen in rier Loosen.
Bedingungen an den Eisenbahn⸗Hauptstationen. .
2) Freitag, den 19. Juni 1885, 2 Uhr Nachmittags, im „Ryks- Maga yn van Gneesmiddelen im Haag,
die Lieferung von 200 kg Salphas Chinini. Auskunft und Bedingungen an Ort und Stelle. Rumänien.
25. Juni, 3 Uhr. Bukarest. Generaldirektion der rumänischen
Eisenbahnen. Nordbahnhof. Bau einer eisernen Brücke über den Buzeu. Verkehrs⸗Anfstalten.
. , Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „‚Weser “ ist gestern Abend 6 Uhr in
New-NYork eingetroffen. . Hamburg, 3. Juni. (W. T B.). Der. s Hamburg ⸗Amerikanischen
Frisia“ . hrt ⸗Aktiengeselischaft hat, von New Vork *
Bremen, 3. Juni.
Postdampfer Packet⸗ kommend,
stern Abend 6 Uhr Seilly passirt.
Berlin, 3. Juni 1885.
IX. Sitz ung der Historischen Kommission der Provinz;
Ssachsen zu Salzwedel am 22 und 23. Mai. — Die Kommission
reicher
gefunden,
und
dortigen
hatte bereits im vorigen Jahre ihre Plenarversammlung in der Haupt— stadt des mit der diesseitigen Provinz vereinigten Theiles der alten Markenlande, der als Wiege des preußischen Königsstaates eine welt— historische Bedeutung erlangt hat, abzuhalten beabsichtigt, doch hatte der Plan in letzter Stunde aufgegeben werden müssen gelangte nunmehr erst in diesen Tagen zur Aus— führung. Der Berathung ging eine Besichtigung der hochinteressanten Baudenkmäler, der sogenannten Burg Albrechts des Bären, der noch fast ganz im romanischen Stile in und der stattlichen an der sich die Entstehung des sxäteren gothischen Erweiterungsbaues auf romanischer Grundlage in äußerst lehr t. Weise rerfolgen läßt, sowie eine Durchmusterung der an überaus eigenartigen prähistorischen Alterthümern reichen Samm— lung des Altmärkischen Geschichts vereins voraus; auch wohnten den Sitzungen der augenblicklich in Salzwedel weilende, mit anthro—
pologischen und linguistischen Studien beschäftigte russische General- Lieutenant v. Erckert, sowie der Landrath des Salzwedeler Kreises Freiherr v d.
Schulenburg als Gäste bei. Von den Mitgliedern hatten sich der Vorsitzende, Professor Dümmler aus Halle, der Stell⸗ vertreter desselben, Symnasialdireklor Schmidt aus Halberstadt, der Bevollmächligte des Provinzialausschusses, Bürgermeister Dr. Brecht aus Quedlinburg, der Schriftführer, Professor Schum aus Halle, und die Mitglieder, Professor Groeßler aus Eisleben, Dr. Hertel aus Magdeburg. Archirrath Dr. Jacobs aus Wernigerode, Professor Klopfleisch aus Jena, Professor Opel aus Halle, Bauinspektor Sommer aus Wernigerode, Ober Regierungsrath Freiherr Dr. von Tettau aus Erfurt und Bürgermeister Zechlin aus Salzwedel ein so daß nur der Senior der deutschen Kunsthistoriker, D. Dr. Heinrich Otte aus Merfeburg, dem körperliches Befiaden eine
so weite Reise nicht gestattẽte, fehlte
Zur Beratbung standen neben dem Etat für 1885/86 und an— deren Angelegenheiten der inneren Organisation und Verwaltung die mannigfachsten Fragen aus den fort und fort in Ausdehnung be— griffenen sechs Hauptarbeitsgebieten. Die erste Stelle unter den— selben nahm, wie immer, so auch jetzt wieder die Herausgabe der, provinzielle'n Geschichtequellen. ein. Allerdings ist aus diesem Gebiete im abgelaufenen Geschäftsjahre nur ein Band druck sertig gestellt und der Oeffentlichkeit übergeben worden: die von
rofessor Kawerau in Magdeburg besorgte Ausgabe eines
L Tbeiles des Briefwecksels des hallischen Reformators Justus Jonas; der anscheinende Ausfall wird indeß schon in allernächster Zeit ausgeglichen werden, indem drei andere Bände: ein 2. Theil der Jonas⸗Correspondenz, ein 1. Theil der Briefe des Humanisten Mutian, von Dr. Gillert in Barmen bearbeitet, und die Chronik des Klosters Windesheim, der sich die Schilderung der Einfübrung der von diesem Kloster im 15. Jahrhundert ausgehenden Reform in den Klöstern der Provinz Sachsen, von Dr. Grube in Hildesheim redigirt, anschließen wird, im Druck bereits sebr weit vorgeschritten sind, sodaß ein baldiges Erscheinen derselben zu gewärtigen ist. Daneben lagen das rom Archiv. Assistenten Dr. Krühne in Magde-⸗ burg eingelieferte Manuskript eines Urkundenbuches der Mans felder Klöster, sowie die vom Direktor Schmidt aus Halberstadt während des letzten Winters im vatikanischen Archive auf Ver— anlassung der Kommission gesammelten Abschriften und Auszüge von Aktenstücken, die sich auf die Geschichte der geistlichen Stiftungen in der Provinz in der Zeit von 1300 bis 1350 bezieben und überaus werthrolle Aufschlüsse über deren Beziehungen zu Rom und Avignon bringen, ror und konnte deren demnächstige Drucklegung be— schlofsen werden; ein Gleiches wurde betreffs der Ausgabe der Thü— ringisch⸗Erfurtischen Chronik des Hartung Kammermeister, an der Dr Reiche in Königsberg i /N. schon seit längerer Zeit arbeitet, und betreffs des Registerbandes zu den vom Prof. Dr. Weißenborn in Erfurt herausgegebenen dortigen Universitätsakten in Aussicht genommen, falls die einschlägigen Manuskripte zu den von den Bearbeitern angegebenen Terminen in diesem Sommer und Herbst eingeliefert werden. Mit nicht minderer Befriedigung durfte man auch auf den Stand der noch in der Vorbereitung befindlichen Aus— gaben blicken, wie auf die des Eichsfeldischen Ürkundenbuches von Dr. Jäger in Duderstadt, des von der Kommission unterstützten Urkundenbuches der Stadt Goslar von Staatsanwalt Bode in Holsminden des Urkundenbuches der Stadt Nordhausen ron Dr. Rackwitz und Lehrer Meyer daselbst, des Uckundenbuches der Stadt Erfurt vom dortigen Stadt⸗-Archivar Dr. Bever, Urkunden buches der Stadt Wernigerode vom Archiv ⸗Rath Jacobs, des Urkunden— buches der Stadt Langensalza und des Klosters Homburg vom Real— Progymnasiallehrer Wenzel, des Urkundenbuches des Stiftes Naum— burg durch Archivar Dr. Mitzschke in Weimar und des 2. Theiles der Hallischen Schöffenbücher von Dr. Hertel in Magdeburg. Zur be— sonderen Freude gereichte es den Anwesenden, daß auch die seit einiger Zeit ins Stocken gerathene Bearbeitung des Pfortaischen Urkunden buches nunmehr wieder in Gang gekommen ist und daß sich die Aus— sicht bietet, für die Herausgabe der Urkunden des Merseburger Bisthums, die durch das Ableben des früher damit Be— auftragten unterbrochen worden war, eine neue Kraft zu ge— winnen. An die Vorlagen über die Nordhäuser und Erfurter Diplomatare schloß sich zugleich die Erörterung mehrerer prinzipieller Fragen üser die Editionsmethoden und die Begrenzung der gestellten Aufgaben: die von Ober⸗Regierungs⸗Rath Frhr. v. Tettau vor— geschlagene Herausgabe des Erfurter liber Iudaeorum muß daher noch vertagt werden, bis es sich ermöglichen läßt, die rechts- und ver— fassungsgeschichtlichen Denkmäler dieser Stadt in einer besonderen Veröffentlichung zusammen zu fassen; leider mußte bei diesem Umfange der ertheilten und allmählich der Vollendung entgegengehenden Aufträge es die Kommission sich versagen, dem Thuͤringischen Geschichts— Vereine in Jena die für eine Reihe von Jahren und in ziemlicher Stärke erforderliche Beihülfe zur Herausgabe eines Thüringischen Urkunden⸗Repertoriums zu gewähren; dagegen hat in dankenswerther Weise der Goslarer Magistrat einen außerordentlichen Zuschuß zur Beifügung von Kunstbeilagen zum 1. Bande des dortigen Urkunden— buches der Kommission zur Verfügung gestellt. Die von Dr. Hertel angeregte besondere Herausgabe der den einzelnen Bänden der Geschichts quellen beigegebenen Siegeltafel mußte die Versamml eng auf Grund der bestehenden Verlagsverträge in das Belieben des Ver— legers stellen.
893 Led
Aus der Zahl der von der Kommission veranlaßten dar— stellenden Publikationen hat eine vom Direktor Dr. Nasemann in Halle als Neujahrsblatt für 1885 herausgegebene Schilderung
Schriften zu befestigen und zu fördern; zur Uebernahme der ein— schlägigen Arbeit für 1886 erklärte sich auf Wunsch der Versammlung Dr. Hertel bereit, mußte sich indeß die Auswahl eines Themas aus der Magdeburgischen Geschichte noch vorbehalten. Ueber die von ver— schiedenen Seiten angeregte Beifügung einer Jahreschronik über die für die geistige und materielle Entwickelung der Provinz wichtigen Ereignisse konnten bestimmte Beschlüsse diesmal noch nicht gefaßt werden, mußten vielmehr bis nach Abschluß in Aussicht genommener Erhebungen über die Beschaffungsweise des Materials aufgeschoben werden.
Auch die von der Kommission geleitete Herausgabe der schreibenden Darstellung der älteren provinziellen Bau. und Kunst— denkmäler hat diesmal recht bedeutende und erfreuliche Fortschritte aufzuweisen; vor allem ist der die Denkmäler der Stadt Halle um fassende Band in einer von der früher eingehaltenen Form abweichen— den Ausführlichkeit mit ebenso viel technischem Geschick als wissen— schaftlichem Urtheil von dem demnächst als Privatdozent nach Han—
be⸗
nover Übersiedelnden Architekten Schönermark Halle bearbeitet, nunmehr erschienen, und ist eine reiche Ausstattung desselben mit Abbildungen neben den von der Kommission auf— gewendeten erbeblichen Mitteln besonders noch einem von der Stadt Halle bereitwilligit gewährten Zuschuß zu danken; druckfertig liegen außerdem noch die Denkmälerbeschrei⸗ bungen des Saalkreises, gleichfalls von Schönermark bearbeitet, und
die des Kreises Kalbe, von Dr Hertel und Bauinspektor Sommer in Gemeinschaft hergestellt, vor, während die architektonischen Vor— arbeiten für die Kreise Aschersleben, Oschersleben, Querfurt, Heiligen⸗ stadt, Worbis, Ziegenrück vollendet sind; ferner wird an der histo—
rischen Ueberarbeitung solcher Vorlagen gearbeitet von Direktor Schmidt für Halberstadt. Dr. Hertel für Wanzleben und Wolmirstedt, Professor Groeßler für Mansfeld, Dr. Julius
Schmidt für Nordhausen, und für die Gewinnung des grundlegenden Materiales ist Pastor Burkhardt aus Blösien für Stendal, Pastor Fischer aus Hohenleipisch für Liebenwerda, Bauinspektor Werner für Naumburg, Architekt Schönermark für Bitterfeld, Delitzsch, Schweinitz, Torgau und Wittenberg thätig; Bauinspektor Sommer übernahm es, hierzu selbst im Laufe des begonnenen Geschäftsjahres die Vorarbeiten für die Kreise Gardelegen und Neuhaldensleben zu liefern; da auch in Erfurt inzwiscken die Arbeiten nicht geruht haben, so ist nur noch ein kleiner Bruchtheil der Provinz vorhanden, der noch nicht auf diesem Arbeitsgebiete Berücksichtigung er— fahren hätte. . ö
Auf dem Felde der prähistorischen Forschungen ist freilich letzter Zeit eine geringere Thätigkeit entwickelt worden, namentlich hat Prof. Klopfleisch seine Arbeitskraft seit v. J. ganz der Baudenkmäler— beschreibung in den Thüringischen Herzogthümern widmen müssen und konnte jetzt erst die Wiederaufnabme der Herausgabe der Berichte über die von ihm für die Provinz ausgeführten Aus— grabungen zusichern; dagegen hat Oberst a. 8 5 Boꝛries inzwiscken einige re bt erhebliche Ausgrabungen in Kuckenburg, Giebichenstein und Liebenwerda geleitet, auch über dieselben eingehend berichtet, so daß einer baldigen Veröffentlichung über die hier gewonnenen Resultate nichts entgegensteht. V .
Ein um so wichtigerer Abschluß ist inzwischen in der Organisatign des Provinzial⸗Museums zu Halle durch Ernennung des Oberst a. D. v. Borries zum Direktor und durch die Einsetzung eines bejonderen Verwaltungsausschusses eingetreten; der letztere hat innerbalb seiner Kompetenz durch Abhaltung zweier Sitzungen, sowie durch nahl⸗ reiche Umläufe eine selbständige rege Thätigkeit entfaltet; vor allem hat er die Neueinrichtung von vier Zimmern im Museumsgebaude veranlaßt, in denen durch die Mühewaltungen des Direktors nunmehr saͤmmtliche Bestände an Alterthümern in gleicher Ordnung wie die schon früher zugängliche Sammlungsabtheilung Aufstellung gefunden haben; für cine Reihe weiterer Angelegenheiten hat der Ausschuß Anträge an das Plenum der Kommission gelangen lassen, die in
gegenwärtiger Sitzung zur Erledigung kamen: so die Genehmigung zum Ankaufe der umfangreichen prähistorischen Sammlung des Kauf⸗ manns H. Potzelt in Halle und zum Erwerbe der überaus alten, aus Kloster Walbeck stammenden Glocke der Gemeinde zu Diesdorf, zur Beschaffung einer Handbibliothek und zur Ergreifung von Maß— nahmen, um das noch immer nicht allzu rege Interesse der Provinzial angehörigen für das Museum zu wecken; nach letzterer Seite hin wird Sorge getragen werden, daß die vierteljährlichen Geschäfts— berichte des Museumsvorstandes in allen Zeitungen der Provinz ver—⸗ öffentlicht werden; noch ist die Existenz und der Zweck des Museums in der Prooinz nicht genügend bekannt und gewürdigt; namentlich kann es den Kirchengemeinden nicht genug ans Herz gelegt werden, die in ibrem Besitze befindlichen, aber nicht mehr gebrauchten alten und bei Seite gestellten Altäre. Schnitzereien, Bilder, Geräthe u. a. m. unter Vorbehalt ihres Eigenthumsrechtes dem Museum zu über⸗ lassen; noch immer werden vorgeschichtliche Grabstätten entdeckt und von unkundiger Hand ausgebeutet, so daß weder die gefundenen Alterthümer dem Museum zukommen, noch, falls dies nach vielen Bemühungen der Verwaltung geschieht, die rechte wissenschaftliche Verwerthung erfolgen kann.
Endlich wird im Auftrage der Kommission in der Stille, aber unter stetigem Fortschritte an einem 6. Unternebmen gearbeitet, dessen Früchte erst nach Erreichung des Abschlusses für einen größeren Be— zirk an die Oeffentlichkeit gelangen werden: an der Vorbereitung eines provinziellen Geschichts⸗Atlasses; die hierzu erforderlichen Erhebungen in den General -Kommissions-Archiven und deren kartographische Neu Zusammenstellung ist durch den Kataster⸗Controleur a. D. Herbers in Stendal für den Regierungsbezirk Magdeburg nahezu vollendet, während der Königl. Archivar Dr. Geisheim in Magdeburg mit der Sammlung aller Orts, und Flurnamen, namentlich solcher, die auf ebemalige, jetzt verschwundene Wohnplätze und Niederlassungen sich beziehen, für das gleiche Gebiet mit gutem Erfolge unablässig tbätig ist; der Abschluß dieser Arbeit für den Nordthüringgau steht in der Kürze bevor.
Möchte die Kommission. wenn sie im nächsten Jahre in Nord hausen zusammentritt, auf gleiche erfreuliche Ergebnisse ihrer Be— mühungen zurückblicken können.
er feiert am 5. Juli d. J. in Niederschlesischen Infan⸗
Der Verein ehemaliger 47 Hirschberg das 25jährige Bestehen des 2. terie⸗ Regiments Nr. 47. Weimar, 2 Juni, (Tb. C.) Mit dem 1. Oktober tritt in der Leitung der hiesigen Kunstschule ein Wechsel ein. Der bis— herige Direktor, Proftssor Brendel, ist um seine Entlassung ein— gekommen. An seine Stelle tritt Graf Emil Görtz zu Schlitz, Sohn des Präsidegten der Ersten Kammer der hessischen Landstände. Das Grab Friedrich Prellers, des berühmten Schöpfers der Odhssee-Bilder, auf dem hiesigen Friedhofe, ist von der Familie durch ein in diesen Tagen vollendetes, wahrhaft künstlerisches Denk⸗ mal geschmückt worden. Dasselbe, von dem Architekten Grundling in Leipzig entworfen und ausgeführt, zeigt eine Stele, in deren Fries der Name des Verewigten steht; darunter ein von Donndorf ent— worfenes, in Erzauß ausgeführtes Medaillonporträt Prellers, um— geben von einem Lorbeerzweige und mit einem Goethe'schen Verse.
London, 2 Juni. (W. T. B.) Depeschen aus Bombay, von heute, melden: Am Sonntag sei ein Theil der Provinz Kaschmir von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht worden. In Srinagar betrage die Zahl der Getödteten gegen 50, und noch größer sei die Zahl der Verwundeten.
Bom bay, 2. Juni. (W. T. ) . daß das Erdbeben in Kaschmir zwar ein heftiges gewesen,
die stattgehabten Verluste jedoch zuerst übertrieben worden seien.
B.) Neuere Meldungen besagen, daß
Stolze 'scher Stenographen⸗Verein. Hauptversammlung: Donnerstag, den 4. Juni, Abends 8 Uhr, im Restaurant Kur fürstenkeller, Poststr. 5, Hof, J. p. Tagesordnung: I) Vortrag des Hrn. Adelberg über: Die Stenographie im Staatsdienst. 2) Vereins angelegenheiten (Bericht der Statutenkommission ꝛc.). 3) Referat des Hrn. Bäckler über die neuesten Vorgänge auf stenographischem
Gebiet.
Im Krollschen Theater eröffnete gestern Fr. Carlotta Grossi, vom Publikum aufs Freundlichste begrüßt. ihr Gastspiel als „Gilda“ in Verdi's ‚Rigoletto“. Die Künstlerin steht bei unserem Publikum in bestem Andenken und in hoher Gunst; ihre Gesangs— kunst hat übrigens an Vollendung nichts eingebüßt und die Kraftfülle der Stimme ist unvermindert. Es tritt das besonders in den oberen Lagen hervor, wo die Töne klar und mit wohlthuender Leichtigkeit gebildet werden, ohne daß Innigkeit und Wärme des Vortrages verloren gehen. Zur Entfaltung der großen Koloraturfertigkeit, über welche die Sängerin gebietet, gab die Liebesarie des zweiten Aktes willkommene Gelegen— heit; die Schwierigkeiten dieser Aufgabe überwand sie mit Leichtigkeit und entzückte durch die Akkuratesse und erstaunliche Reinheit der weichen und doch glockenhellen Stimme, so daß reicher Beifall natür⸗ lich hervorbrach und die üppigen Blumenspenden, welche dargebracht wurden, wohl verdiente waren. — Neben dieser Gastin ist an erster Stelle die Leistung des Hrn. Heine zu erwähnen, welcher alle Partien lebensvoll zu gestalten pflegt und auch dieser eigentlich wenig sympathischen Figur des „Rigoletto“ eine ansprechende Seite abzu—⸗ gewinnen wußte. Warmes Lebens, Empfindung und Leidenschaft durchdringen die gesangliche Leistung des Künstlers und geben der— selben stets ein charakteristisches Gepräge. Die weniger bedeutende Partie des Herzogs war Hrn. Martens übertragen, dessen Stimme zwar ausreichende Kraft und Umfang besitzt, aber eine gewisse Trockenheit im Klange zeigt. Sehr gut gelang das Quartett im vierten Akt, ar welchem Fr. Grossi, Frl. Baader und die Hrn. Heine und Martens theilnahmen. Das in Anbetracht der ungünstigen Witterung gut besuchte Haus spendete nach jedem Aufzuge und am Schluß der Vorstellung reichen Beifall
Krolls Theater. Das Zusammenwirken von Fr. Carlotta Grossi und Hrn. Heinrich Bötel in Meyerbeers „Hugenotten“ dürfte diese Aufführung, welche für Freitag angesetzt ist, besonders inter— essant gestalten. Fr. Grossi singt die Königin von Navarra, Frl. Jung die Valentine, den Pagen Frl. von Flottwell, Hr. Bötel den Raoul, Hr. Heine den St. Bris — Am Sonnabend steht eine fernere Wiederholung des ‚Trompeter von Säckingen“ in Aussicht.
Bäder ⸗Statistik
Personen
Augustusbad bis Ende Mi. . 69 Baden⸗Baden bis zum 29. Mai (Fremde)l J . . 11549 Burtscheid bis zum 28 Mai (Kur- u. Badegäste) =. 317
Elster bis zum 22. Mai (nebst 10 Durchreisend) (203 Nrn.) 255
Ems bis Ende Mai (nebst 735 Durchreisenden) (Kurgäste) . 1 N85 Karlsbad bis zum 28. Mai (5473 Parteien). .... 7059 Feen b , , mai; (Nrn.) 679
Marienbad bis Ende Mai.. J 1716
Münster a. Stein bis zum 29. Mai (Nrn.) 202 Neuenahr bis zum 30. Mai (Fremde) 244
DOeynhausen bis zum 29. Mai (nebst 927 Durcreisenden (Nrn.) 723 Reichenhall bis zum 28. Mai (nebst 715 Passantenparteien) (107 Kurparteien) ,,, Schandau bis Ende Mai (nebst 2591 Durchreis.) (Kurgäste) 284 Teplitz⸗Schönau bis Ende Mai (nebst 45165 Durchreisenden;
d j Warmbrunn bis zum 29. Mai (nebst 394 Erholungsgästen
und Durchreisenden) (216 Kurparteien) J Wildungen bis zum 22. Mai.. ö (I188 Nrn.) 2290 JJ 40