1885 / 143 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Jun 1885 18:00:01 GMT) scan diff

III. In den von Spanien in Sulu⸗ (Jols⸗) Archipel besetzten Plätzen darf die spanische Regierung Abgaben und Gesundheits⸗ und andere Reglements während der effektiven Besetzung der bezeichneten Platze einführen. Spanien ver⸗ pflichtet sich jedoch seinerseits, daselbst die für die Bedürfnisse des Handels und zur Anwenzung der gedachten Reglements nothwendigen Anstalten und Beamten zu unterhalten. ;

Es wird gleichwohl ausdrücklich bestimmt, und die spa⸗ nische Regierung, welche ihrerseits entschlossen ist, in den be⸗ setzten Plätzen keine beschränkenden Verordnungen in Anwen⸗ dung zu bringen, übernimmt bereitwillig die Verpflichtung, daß sie in diesen Plätzen keine höheren, als die durch die spanischen Tarife oder durch die Verträge und Konventionen zwischen Spanien und irgend einer andern Macht festgesetzten Abgaben und Zölle erheben wird. Auch wird sie dort ebenso⸗ wenig Ausnahmsverordnungen in Kraft setzen, welche auf den Handel und auf die Angehörigen Großbritanniens, Deutsch⸗ lands und der anderen Machte Anwendung fänden.

Für den Fall, daß Spanien andere Punkte im Sulu— (Jol⸗) Archipel effektiv besetzen sollte, indem es daselbst die für die Bedürfnisse des Handels nothwendigen Anstalten und Beamten unterhielte, werden die Regierungen Großbritanniens und Deutschlands gegen die analoge Anwendung der für die gegenwärtig besetzten Plätze vereinbarten Regeln keinen Ein⸗ spruch erheben. Um jedoch neuen Reklamationsfällen vorzu⸗ beugen, welche sich aus der Ungewißheit der Handel— treibenden in Betreff solcher Platze ergeben könnten, welche besetzt und Reglements und Tarifen unter⸗ worfen sind, wird die spanische Regierung in jedem einzelnen Falle die effektive Besetzung eines Platzes im Sulu— (Jolo⸗) Archipel den Regierungen Großbritanniens und Deutsch— lands mittheilen und gleichzeitig die Handeltreibenden durch eine entsprechende, in den amtlichen Zeitungen von Madrid und Manila veröffentlichte Bekanntmachung davon unter— richten. Die für die gegenwärtig besetzten Plätze vereinbarten Tarife und Handelsvorschriften sollen auf die später von Spanien besetzten Plätze erst nach einer Frist von sechs Mo⸗ naten, vom Tage der betreffenden Bekanntmachung in der amtlichen Zeitung von Madrid ab gerechnet, anwendbar sein.

Es wird dabei immer vorausgesetzt, daß kein Schiff oder Angehöriger Großbritanniens, Deutschlands oder der andern Mächte verpflichtet sein soll, einen der besetzten Plätze zu berühren, sei es auf der Fahrt nach oder von einem der von Spanien nicht besetzten Plätze, und daß demselben weder aus diesem Grunde noch wegen irgend einer Gattung der für einen nicht besetzten Platz des Archipels bestimmten Waaren ein Nachtheil verursacht werden ö

Die Regierung Ihrer Großbritannischen Majestät ver⸗ pflichtet sich, darüber zu wachen, daß volle Freiheit des Handels und der Schiffahrt, ohne Unterschied der Flagge, in dem Gebiet des Nordens von Borneo herrscht, welches unter der Verwaltung der „British North Borneo Company“ steht.

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Wenn die Regierungen Großbritanniens und Deutsch⸗ lands ihre Zustimmung zu dem gegenwärtigen Protokoll innerhalb einer Frist von vierzehn Tagen von heute an nicht verweigert haben, oder wenn sie ihre Zustimmung vor Ablauf dieser Frist durch die Vermittelung ihrer unterzeichneten Ver⸗ treter erklären lassen, so sollen die gegenwärtigen Deklarationen sofort in Kraft treten.

Geschehen zu Madrid, den 7. März 1885.

Graf Solms. J. Elduayen. R. B. D. Morier.

Königreich Preußen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

die Konsistorial⸗Räthe Dr. Theodor Hermann Brandi zu Osnabrück und August Nienaber zu Stade zu Regierungs- und Schulräthen,

die Seminar⸗Direktoren Friebrich Wede kin zu Hildes⸗ heim und Carl Diercke zu Stade gleichzeitig zu Regierungs⸗ und Schulräthen, sowie

den bisherigen Großherzoglich hessischen Gerichts⸗Assessor a. D. Karl Platz zum Garnison⸗Auditeur zu ernennen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Der Seminar⸗Direktor, Regierungs- und Schulrath Carl Diercke zu Stade ist an das Schullehrer-Seminar in Osna— brück, und der Seminar-Direktor Dr. Jüngling daselbst an das Schullehrer-Seminar in Stade versetzt worden.

An die mit dem 1. Juli d. J. in der Provinz Hannover in Wirksamkeit tretenden Bezirksregierungen sind überwiesen worden, und zwar:

I) in Hannover der Regierungs- und Schulrath Pabst,

2) in Hildesheim der Regierungs- und Schulrath Lever⸗ kühn und der Regierungs- und Schulrath, Seminar⸗Direktor Wedekin,

3) in Lüneburg der Regierungs und Schulrath Nie naber,

4 in Stade der Regierungs- und Schulrath Dr. Lauer,

5) in Osnabrück der Regierungs⸗ und Schulrath Dr. Brandi und der Regierungs- und Schulrath, Seminar— Direktor Diercke,

6) in Aurich der Regierungs⸗ und Schulrath Kie“.

Abgereist: Se. Excellenz der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Innern, von Putt⸗ kamer, nach der Provinz Westfalen;

Se. Excellenz der Geheime Kabinets⸗-Rath, Wirkliche Ge⸗ heime Rath von Wil mowski, nach Ems;

der Unter-Staatssekretär im Ministerium des Innern, Herrfurth, nach der Provinz Westfalen.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Prenßen. Berlin, 22. Juni. Se. Majestät der

Kaiser und König sind gestern Abend 101, Uhr mittels Extrazuges der Potsdamer Bahn über Magdeburg, Kreiensen,

Wilhelmshöhe, Gießen und Weilburg nach Ems abgereist und heute Vormittag 10 Uhr 10 Minuten im besten Wohl— sein unter dem endlosen Jubel einer unzählbaren Menschen⸗ menge daselbst eingetroffen.

Zum Empfange waren, dem, W. T. B.“ zufolge, auf dem Bahnhof anwesend: Prinz Nikolaus von Nassau, Prinzessin Schön⸗ burg-⸗Waldenburg, Herzog Georg Ludwig von Oldenburg, der Regierungs⸗Präsident von Wurmb, der Badekommissar, Kammer⸗ herr von Lepel-Gnitz, der Landrath Rolshoven, der Amtmann Schlosser, die Geistlichkeit, der Bürgermeister Spangenberg, der Polizei⸗Rath Bornheim, der Geheime Sanitäts-Rath Dr. Orth u. A. Krieger⸗ und Turnvereine sowie Schüler bildeten Spalier.

Se. Majestät der Kaiser fuhren, von dem zahlreichen Publikum enthusiastisch begrüßt, in offenem Wagen langsam durch die festlich geschmückten Straßen nach dem Kurhause.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing in Koblenz den Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Therese von Bayern, welche am Sonnabend mit Gefolge eintraf und heute die Reise rheinabwärts fortsetzt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit ber Kronprinz begab Sich, begleitet von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Töchtern, gestern Vormittag 10 Uhr zu dem Erinnerungs-Gottesdienst für weiland Se. Königliche Hoheit den Prinzen Friedrich Carl nach der St. Peters⸗ und Pauls⸗-Kirche in Nikolskoe. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin war durch Erkältung behindert, an dem Gottesdienst theilzunehmen.

Nachmittags 4 Uhr fuhr Se. Kaiserliche Hoheit der Kron⸗ prinz nach Berlin, um Sich von Sr. Majestät dem Kaiser und König zu verabschieden, und kehrte Abends? Uhr 20 Minuten von hier nach Potsdam zurück.

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Das „Armee⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht folgende, die Trauer um den verewigten General-Feldmarschall Frei⸗ herrn von Manteuffel betreffende Allerhöchste Ordre:

Gottes Fügung hat Mir, Meiner Armee und dem Vaterlande durch den Tod des General ⸗Feldmarschalls Freiherrn von Manteuffel wiederum einen sehr schweren Verlust auferlegt. Wir haben uns dem Willen des Allmächtigen Gottes zu beugen, aber unsere Herzen trauern tief und schwer um diesen, in so vielen besonders wichtigen Stellungen hochverdienten und hochbewährten Mann, den Mein wärmster Dank zu seiner letzten Rubestätte geleitet und dessen treue Dienste Ich wahrlich schmerzlich vermissen werde. Es wird den Empfindungen der Armee voll und ganz entsprechen, für ihn, der so viel für die Armee gethan, Trauer anzulegen, welche wie Ich hierdurch bestimme von sämmtlichen Offizieren der Armee und Marine 8 Tage, von den Offizieren des TV. Armee ⸗Corps, des 1. Garde⸗Dragoner⸗Regiments und des Rheinischen Dragoner - Re⸗ giments Nr. H aber 14 Tage Flor um den linken Unterarm getragen werden soll. Sie haben hiernach das Erforderliche bekannt zu machen.

Berlin, den 18. Juni 1885.

Wilhelm. An den Kriegs ⸗Minister.

Auf Grund der §§. 16 und 20 des Gesetzes vom 20. Mai 1882, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten, hat der Minister für Landwirthschaft 2c. den Regierungs-Präsidenten (excl. Sig— maringen) bezw. dem Präsidenten der Finanz-Direktion zu Hannover die selbständige Bewilligung der in diesem Gesetz bestimmten Wittwen- und Waisengelder an die Hinterbliebenen der im aktiven Dienst verstorbenen und zur Zahlung von Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträgen ver— pflichtet und der Forstverwaltung angehörig gewesenen Ober— Forstmeister und Forstmeister übertragen, insofern nicht unter Nr. 18 der Ausführungsbestimmungen vom 5. Juni 1882 zu dem Gesetze anderweite Anordnung getroffen ist, oder die Bewilligung nach den Vor— schriften in dem 5. 14 des Gesetzes erfolgen soll. Die selbständige Bewilligung der Wittwen- und Waisengelder an die Hinterbliebenen der den Regierungen nachgeordneten, im aktiven Dienst verstorbenen und zur Zahlung von Wittwen— und Waisengeldbeiträgen verpflichtet gewesenen Beamten der Forstverwaltung vom Oberförster einschließ⸗ lich abwärts ist unter den gleichen Einschränkungen den , und der Finanz-Direktion in Hannover übertragen worden.

An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver⸗ brauchssteuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für das Etatsjahr 1884185 (einschließlich der kredi— tirten Beträge und verglichen mit der Einnahme des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 231 297 608 (S, ( 23 039 917 46), Tabacksteuer 9 350 793 S6 ( 1562 734 ), Rübenzuckersteuer 52 527 732 S6. (4 1 847 877 S6), Salz⸗ steuer 39 250 116 S ( 576 068 s 6), Branntweinsteuer 48 125 444 S (4 1432 636 6), Uebergangsabgaben von Branntwein 132212 M (4 15175 ½ ]), Brausteuer 19521 094 s6 ( 830415 6, Uebergangsabgaben von Bier 1 821 217 S6 (4 228 504 S6); Summe 402 026 216 Mv ( 29 532 316 MS). Spielkartenstempel 1 098 646 (C 38 974 M), Wechselstempelsteuer 6 780 849 s6 (- 15 377 6), Stempelabgabe für Werthpapiere, Schlußnoten, Rechnungen und Lotterieloose 13 767 538 S ( 515 534 S6), Post- und Telegraphen-Verwaltung 166 207 128 S (4 8016724 ), Reichs-Eisenbahn⸗Verwaltung 46729 686 6 (4 8S30 174 ().

Die zur Reichskasse gelangte Ist-Einnahme, ab⸗ züglich der Ausfuhr⸗Vergütungen und Verwaltungskosten, be⸗ trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen für das Etatsjahr 188485: Zölle 208 506167 (4 17700 865 S), Tabacků— steuer 8 361 124 S6 ( 740 764 M6), Rübenzuckersteuer 32 410 582 6 (— 5 363 874 MS), Salzsteuer 38 693 620 6 ( 759 767 6), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 39 693 478 S6 C 4182 506 46), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 18 063 407 6 (4 894 994 ); Summe 345 728 378 S (4 18915 022 M6). Spielkarten⸗ stempel 1 035 745 6 (4 23 994 (6).

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich . nr Ober⸗Steuer⸗Rath Fischer ist hier ange—⸗ ommen.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats—⸗ Minister Graf von Hatz feldt-Wildenburg, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten. Derselhe wird während seiner Abwesenheit durch den Unter⸗Staats⸗ sekretär, Wirklichen Geheimen Legations Rath Grafen von Bismarck-Schönhausen vertreten.

Der Kaiserliche Gesandte in Athen, Freiherr von den Brincken, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Kaiser— liche Legations⸗Sekretär, Prinz von Thurn und Taxis, als interimistischer Geschäftsträger.

Der Inspecteur der 1. Fuß-⸗AUrtillerie⸗Inspektion, General⸗Lieutenant Wiebe, hat sich mit mehrwöchentlichem Urlaub nach Süddeutschland und der Schweiz begeben.

Potsdam, 21. Jum. (W. T. B.) Die Gedächtniß— feier für Se. Königliche Hoheit den verewig— ten Prinzen Friedrich Carl fand heute Vormittag in der St. Peters- und Pauls-Kirche zu Nikolskoe statt.

Unter Vorantritt des Hofmarschalls Grafen von Kanitz betraten um 10 Uhr Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich Carl führend, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Wilhelm nebst Gemahlin, Prinz Friedrich Leopold, die Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe, ferner Ihre Königlichen Hoheiten der Herzog von Connaught, der Erbgroßherzog von Oldenburg, Se. Durä— laucht der Prinz Albert von Sachsen-Altenburg nebst Gemah— linnen, und Se. Hoheit der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-⸗Schwerin die Kirche und nahmen in den Logen auf dem Chore Platz. Außerdem waren die Adjutanten der Höchsten Herrschaften, viele Offiziere der hiesigen Garnison, der ganze Hofstaat und sämmtliche Beamte des Verewigten, sowie viele Bewohner der Umgegend in der Kirche anwesend. Nach dem Gesange des Chorals: „Was Gott thut, das ist wohl gethan“ durch die Gemeinde verlas Hossprediger Dr. Rogge die Epistel und das Evan— gelium. Der Kirchenchor, unter Leitung des Kantors Schur, sang das Lied: „Wie sie so sanft ruhn, alle die Seligen“, und die Gemeinde sodann den Choral: „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende!“ Hierauf bestieg Hofprediger Dr. Rogge die Kanzel und hielt die Gedächtnißrede, welcher er den Bibeltext II. Samuelis 7, Vers 9 „Ich bin mit Dir gewesen, wo Du hingegangen bist“ zu Grunde legte. Nach dem Schluß— choral: „Wenn ich einmal soll scheiden“ erfolgten der Segen und das Gebet. Die FHöchsten Herrschaften begaben Sich hierauf nach der Gruft und verließen nach kurzem Aufenthalt daselbst die Kirche.

Topper, 21. Juni, Nachmittags. (W. T. B.) Die feierliche Beerdigung der Leiche des verewigten Feldmarschalls Frhrn. von Manteuffel hat hierselbst heute zwischen J und 2 Uhr in würdigster Weise stattgefunden. In dem auf des Verstorbenen Anordnung neuerbauten, von ihm aber noch nicht vollendet gesehenen Saale war der Sarg aufgebahrt; auf demselben lagen der lorbeerumkränzte Helm, der Säbel, die Schärpe, die Epaulettes und das Band des Schwarzen Adlerordens. Der Sarg war über und über bedeckt von kostbaren Blumenspenden von Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin, dem Kaiser von Oesterreich, dem König von Sachsen, von der Stadt Straßburg und mehreren Vereinen der Reichslande, von dem XV. Armee-Corps und zahlreichen einzelnen Truppentheilen des letzteren, sowie des Garde— Corps. Das russische Dragoner⸗Regiment Nr. 10, dessen Chef Feldmarschall Freiherr von Manteuffel gewesen, hatte durch seinen Commandeur einen silbernen, mit den Bän— dern des Georgs-Ordens reich gezierten Lorbeerkranz nieder— legen lassen. Rings um den Sarg, auf neun Tabourets, waren der Feldmarschallstah und die Orden niedergelegt. Nach 12 Uhr trafen die der Begräbnißfeier beiwohnenden Deputationen ein. Im Auftrage Sr. Majestät des Kaisers und Königs war der General-Adjutant Graf von der Goltz, im Auftrage Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen der Hofmarschall Graf Radolineki anwesend. Ferner waren erschienen die Deputation des XV. Armee— Corps unter den Generalen von Heuduck und von der Burg, der kommandirende General des III. Armee⸗-Corps, Deputationen verschiedener Truppentheile und zahlreiche Offiziere, sämmtlich in Paradeuniform; endlich die von Straßburg gekommenen Vertretungen der Landesverwaltung, unter Führung des Staats-Ministers von Hofmann, des Landesausschusses, der Universität und der Stadt Straßburg. Außerdem waren der Ober⸗Präsident von Ostpreußen von Schlieckmann, der Ober-Präsident von Brandenburg, Staats— Minister Dr. Achenbach, die Generalität von Frankfurt a. Oder und zahlreiche andere Personen von Rang anwesend.

Um 1 Uhr trat die Trauerversammlung in der Halle, in welcher der Sarg aufgebahrt war, zusammen. Die beiden Adjutanten des Verewigten stellten sich mit gezogenem Säbel zu Häupten, die Commandeure der nichtpreußischen Regimenter des XV. Armee-Corps, die Offiziere des Generalkommandos und der russische Oberst mit den Ordenskissen zu beiden Seiten des Sarges auf; der Chef des Stabes trug das Kissen mit dem Feldmarschallstabe. Nach dem Erscheinen Sr. König⸗ lichen Hoheit des Prinzen Albrecht, Höchst⸗ welcher zu Ehren des Verstorbenen die Uniform des 1. Garde⸗-Dragoner-Regiments angelegt und schon nach Seinem Eintreffen aus Schlesien in längerem Besuch bei den Hinterbliebenen verweilt hatte, begann die Trauerfeier mit einem Sesange der Gemeinde. Während desselben traf von Posen der kommandirende General des V. Korps, v. Stiehle, mit einer Deputation des 2. Leibhusaren-⸗Regiments ein. Nach einer Ansprache des Ortsgeistlichen wurde der Sarg unter Glocken⸗ geläut und unter den Klängen eines von den Trompetern des 3. Uanen-Regiments geblasenen Chorals von Haus- und Forst— beamten auf den Schultern zur Kirche getragen. Vor dem Altar sprach der Ober⸗Hofprediger D. Kögel aus Berlin herzbewegende Worte. Er schilderte die Berufsfreue des verstorbenen Feld— marschalls, welchem Königsdienst Gottesdienst gewesen, und als dessen hervorragender Charakterzug Wohlwollen zu be⸗ trachten sei; daher die Klage aus Elsaß Lothringen, daß der Mann geschieden, der nicht Wunden habe schlagen, sondern heilen wollen. Nach Einsegnung der Leiche wurde der Sarg auf den Gottesacker hinausgetragen, wo zur Seite der dem Verewigten im Tode voraufgegangenen Gemahlin im Schatten uralter Eichen die letzte Ruhestätte bereitet war. Nach der Einsenkung und einem Gebet des Dorfgeistlichen streute Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht, sichtlich tief ergriffen, drei Hände voll Erde

auf den Sarg, küßte dann der Tochter des Verstorbenen die

Hand und umarmte und küßte beide Söhne dreimal.

Nachdem die Feier beendet war, wurden im Schlosse den Trauergästen Erfrischungen dargeboten. Alsdann fuhrte ein Extrazug dieselben nach Frankfurt a. O. zurück.

Hannover, 20. Juni. (Hann. Cour.) In der heutigen (12) Sitzung des 19. hannoverschen Provinzial⸗-Land⸗ ages erfolgte die Berathung der Gewerbekammervorlage nebst Kommissionsanträgen. Nach Schluß der General— diskussion erläuterte der Referent von Hammerstein den Vor— schlag der Kommission, sechs Gewerbekammern zu errichten.

Zunächst wurden die beiden ersten Nummern der Kom— missionsvorschläge mit großer Majorität genehmigt (die Be— willigung der 9000 S4 wurde von der Erfüllung folgender Wünsche und Voraussetzungen abhängig gemacht), 1) daß, da der Provinzial-Landtag sich von der Zweckmäßigkeit der Errich— tung einer Gewerbekam zer für die ganze Provinz nicht über— zeugt habe, für jeden Regierungsbezirk eine Gewerbekammer errichtet werde, 2 daß als Sitz der Gewerbekammer der Sitz der betreffenden Regierung bestimmt werde.

Der dritte Sotz lautet, daß die Zahl der Mitglieder jeder Gewerbekammer auf 16, namlich je 3 Vertreter a. der Land— wirthschaft, b. der Indusirie und des Bergbaues, e. des Han⸗ dels, d. des Handwerks, e. der Schiffahrt und der Fischerei festgesetzt, daneben jedoch bestimmt werde, daß in den⸗ jenigen Bezirken, in welchen Schiffahrt und Fischerei eine hervorragende Bedeutung nicht hätten, diese Gruppe eine besondere Vertretung nicht erhalte, dagegen die Gruppen der Landwirthschaft, der Industrie und des Bergbaues, des Handels oder des Handwerks entsprechend särkere Vertretung erhalten sollten. Der Referent empfahl diesen Antrag, der in der Kommission gegen eine Stimme beschlossen sei. Der Ober-Präsident habe sich in der Kommission über— zeugt, daß eine Besetzung jeder Kammer mit 20 Mitgliedern Annahme nicht finden würde, und deshalb in der Kommission beantragt, daß die Gewerbekammern in den drei Bezirken Aurich, Osnabrück und Stade aus je 15, in den drei übrigen Distrikten aus je 18 Mitgliedern bestehen müßten. Da auch dieser Vorschlag Beifall nicht gefunden, so sei der Antrag der Kommission als Kompromiß aufzufassen, das er zur An— nahme empfehle. .

Nach längerer Diskussion über die Fassung wurde Nr. 3 genehmigt. Nr. 4: „daß, soweit möglich, den einzelnen Gewerksgruppen für die von dem Pro— vinzial-Lanbtage vorzunehmenden Wahlen ein Vorschlags— recht eingeräumt werde“ wurde genehmigt, ebens ohne Diskussion Nr. 5, „daß Bestimmung dahin getroffen werde, daß alle zwei Jahre je ein Mitglied aus jeber Ver— tretungsgruppe ausscheidet“, und Nr. 6, „daß Bestimmung dahin getroffen werde, daß der Etat jeder Gewerbekammer von dieser für jedes Jahr vorgelegt und von dem Provinzial— Landtage festgestellt wird.“

Der zweite Absatz dieser Nummer, lautend: „Auch sei der Provinzal-Landtag bei seiner Beschlußfassung von der ferneren Voraussetzung ausgegangen, es würden die Gewerhekammern nur einmal im Jahre berufen werden“, wurde genehmigt.

Ferner beantragt der Ausschuß: „Für sechs Gewerbe— kammern der Provinz in den Finanz-Etat für 1886 den Beträg von 9000 Se pro maximo mit der Bestimmung einzustellen, daß nach Ablauf des Jahres Seitens der Gewerbekammern über die von ihnen verwendeten Summen dem Provinzial— Landtage Rechnung gelegt werde.“ Der Satz wurde gleich— falls genehmigt.

Weiter beantragte der Ausschuß, im Begleitschreiben aus— zusprechen: „Im Anschlusse an die Beschlüsse des achtzehnten Landtages sei der gegenwärtige Landtag auch seinerseits bereit, die nach den Bestimmungen über die Gewerbekammern den Provinzialverbänden zu übertragenden Rechte und Pflichten in Beziehung auf die Provinz Hannover bis auf Weiteres zu übernehmen. Der Landtag habe Anstand nehmen müssen, dem Wunsche der Regierung gemäß einen Etat für Gewerbe— kammern der Provinz festzustellen, da es zur Zeit nicht mög⸗ lich erscheine, die erforderlichen Aufwendungen im Einzelnen zuverlässig zu veranschlagen. Dagegen habe der Landtag in den Finanzetat der Provinzialverwaltung für 1886 für sechs Gewerbekammern der Provinz Hannover den als Maximal⸗ aufwendung bezeichneten Betrag von 9000 M eingestellt.“ Der Antrag fand Annahme. ;

Ein anderer Ausschußantrag lehnte die Aufnahme des Kreises Rinteln in den Bezirk einer Gewerbekammer der Pro⸗ vinz ab, womit das Haus ohne Weiteres einverstanden war. Durch Annahme eines weiteren Antrages erklärte der Land— tag, keine Bedenken zu haben, sein Wahlrecht für 1686 dem Provinzial-Ausschusse zu delegiren. Die Petition der Göt⸗ tinger Handwerksmeister wurde für erledigt erklärt, Die Vorlage als Ganzes wurde genehmigt. Die Debatte über die Schreien des Ober-Präsidenten, die Abänderung der land⸗ schaftlichen Verfassungen von Hoya-Diepholz und Lüneburg anlangend, wurde vertagt.

Württemberg. Stuttgart, 20. Juni. (StA. f. W) Der König ist heute früh mit Extrazug nach Ulm abgereist, um die Truppen daselbst zu mustern und sich von dort zum Sommeraufenthalt nach Friedrichshafen zu begeben.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 20. Juni. C. T. B) Aus Elsaß Lothringen nehmen an der Begrabnißfeier in Topper Theil: der Staatssekretär, Staats-Minister don Hofmann, der Unter-Staatssekretär von Mayr, die Ministerial⸗ Räthe Dursy und Pavelt, der vortragende Rath des Statt⸗ halters, Geheime Regierungs Rath Jordan, Regierunge⸗Rath Haron Duprel, Oher-Staatsanwalt von Vacano, die Bezirks⸗ Präsidenten Back und von Hammerstein, der Bürgermeisterei⸗ Verwalter der Stadt Straßburg, Ober Regierungs⸗Rath Stempel; ferner Vertreter der Kaiser Wilhelms, Un iversität und das Präsidium des Landesausschusses. Von Seiten des TV. Armer-Eorps begiebt sich nach Topper eine größere De⸗ putation, an deren Spitze der stellvertretende kommandirende General von Heuduck und der Gouverneur von Straßburg, General-Lieutenant von der Burg, stehen.

Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 20. Juni, (W. T. B.) Der König ö. 6 hat seinen hiesigen Kuraufenthalt um eine Woche verlängert. . . .

Die „Wiener ih endpost⸗ schreibt: Der böhmische Landtag hatte in seiner Sitzung vom 16. Oktober 6. J. den Antrag der Abgeordneten br Ferbft und Genossen, betreffend die Aus dehnung des Landtagswahlrechtes auf jene Steuer⸗ zahler, welche mit Einrechnung der außerordentlichen Zuschläge an direkten Steuern mindeflens 5 Fl. entrichten, bei namentlicher Ab⸗ stimmung einstimmig angenommen. Der betreffende Gesetz⸗

ent wurf hat jedoch laut einer in der vorgestrigen Sitzung des böhmischen Landesausschusses gemachten Mittheilung die Allerhöchste Sanction nicht erlangt, weil er mit dem Gemeindestatut für die Stadt Reichenberg, in welchem die Ausübung des Wahlrechtes an einen höheren Steuercensus gebunden ist, nicht im Einklange steht.

22. Juni. (W. T. B.) An der gestrigen Partei⸗ versammlung der Liberalen unter dem Vorsitz Herbsts nahmen 88 Abgeordnete Theil. Es wurde eine Resolution angenommen, welche die Aufrechterhaltung der Einigkeit der Partei als erste Pflicht erklärt. Ferner wurde ein Comité von 25 Mitgliedern gewählt, welches die von den Abgg. von Plener, Steinwenter und Weitlof vorgelegten Programme zu einem Ganzen vereinigen soll. Die Beschluß⸗ fassung über den Namen der Partei wurde vorbehalten; das Comité wird hierüber in einer, vier Tage vor Konstituirung des Reichsraths einzuberufenden zweiten Konferenz berichten. Brünn, 20. Juni. (Wien. Ztg.) Der heutige Tag ist ruhig verlaufen, die Auszahlung der Arbeiter in den Fabriken anstandslos vor sich gegangen. Bezüglich der Arbeitszeit wurde zwischen den Arbeitgebern und den Arbeiterführern ein Uebereinkommen erzielt. Am Montag wird voraussichtlich die Arbeit theilweise wieder aufgenommen werden.

Belgien. Brüssel, 19. Juni. (Wes.⸗-Ztg.) Der Finanz-Minister machte heute dem Senat die Mit— theilung, daß in Folge des Rückgangs aller Staatseinnahmen das auf 11 Millionen veranschlagte Deficit auf 19 Millionen angewachsen ist. An eine Verminderung der Steuern sei erst nach Ablauf der Krisis zu denken.

Großbritannien und Irland. London, 20. Juni. (W. T. B.) Mr. Gladstone stimmte bis heute Morgen den Forderungen Lord Salisbury's, betreffend die Unter— stützung des Kabinets, nicht bei. Die „St. James— Gazette“ räth den Führern der Konservativen, die Aufgabe der Kabinetsbildung den Liberalen zurückzugeben und es ihnen zu überlassen, ob sie die Sachlage ins Klare bringen können. Wenn sie dies nicht im Stande sein würden, würden die Konservativen die Hände frei haben.

22. Juni, Morgens. (W. T. B) Bei Mr. Glad⸗ stone fand gestern eine Berathung statt, in welcher be— schlossen sein soll, die von Lord Salisbury geforderten Zu— geständnisse nicht zu bewilligen.

Wellington (Neu⸗Seeland)., 20. Juni. (W. T. B.) In der Budgetvorlage beantragt die Regierung die Er⸗ höhung des Theezolls um 2 Pence und des Wein—⸗ und Spritzolls um 6 Pence.

Frankreich. Paris, 18. Juni. (Fr. Corr.) General de Courey meldet aus Tongking, daß der Eintritt der Regenzeit die militärische Besitzergreisung von Langson, Kaobang und dem oberen Gebiet des Rothen Flusses vorerst unmöglich macht, und daß erst im Oktober Kolonnen des Expeditionscorps nach jenen Gegenden marschiren können. Es wurde daher beschlossen, einstwilen von den in Rede stehenden Landestheilen nur durch Verwaltungsbeamte Besitz ergreifen zu lassen und zu diesem Zweck nach den Plätzen, die von den chinesischen Truppen geräumt werden, Kommissäre zu schicken. General de Courey dürfte in Hus eine Anzahl für diese Aufgabe geeigneter Mandarinen auswählen. Der Ge— sundheitszustand der Truppen hat sich gebessert. Der Ober— General wird die am meisten leidenden Garnisonen der Reihe nach besuchen. An verschiedenen Punkten stoßen die fran— zösischen Truppen noch auf Widerstand, allein derselbe wird leicht überwunden und ist nicht im geringsten geeignet, Be— sorgnisse zu rechtfertigen.

Am 1. k. M. werden 4 Compagnien Marine⸗ Infanterie, die Hälfte der noch verfügbaren Kräfte dieser Truppengattung, von Frankreich nach Madagaskar ab— gehen. Der Marine⸗-Minister hatte Truppen der afrikanischen Armee zu verwenden gewünscht, der Kriegs-Minister jedoch gegen einen bezüglichen Antrag Einspruch erhoben,.

Das Vertheidigungscomité« hat sich für die Schleifung der Festungswerke von Soissons aus— gesprochen, da dieselben, um haltbar zu sein, sehr weit aus— gedehnt werden müßten und der Platz Soissons keinen wesent⸗ lichen Theil der Vertheidigungslinien bilde.

20. Juni. (Köln. Zig) Die Familie Courbet hat der Regierung angezeigt, daß der Admiral bereits vor drei Monaten sein Testament übersandt hatte, worin er seine Beerdigung in Abb éville anordnete. Die Regierung wird diese Bestimmung befolgen, will aber eine nationale Be— gräbnißfeier veranstalten. Der „Bayard“, welcher Courbets Deiche nach Frankreich bringt, hat am Mittwoch Abend bereits die Rückfahrt angetreten. General Courcy klagt in seiner jüngsten Depesche über die Ein⸗ richtung der Verwaltung in, Tongking und hat einen Entwurf zur Umgestaltung dieses Dienstes eingesandt, dessen schleunige Gutheißung er mit dem Zusatz verlangt: er werde sonst keine Verantwortlichkeit übernehmen. Die chinesische Regierung läßt nicht blos die Südprovinzen YHünnan und Kuangsi, sondern auch anzere, dem Angriff der Rusländer ausgesetzte Provinzen mit Festungswerken ausrüsten. .

20. Juni. Abends. (W. T. B) Die Deputirten⸗ kammer hat in zweiter Lesung mit 350 gegen 89 Stimmen das Rekrutirungsgesetz angenommen. . .

21. Juni. (W. T. B.) In Rennes ist PVsron, ein Konservativer, mit 577 Stimmen gegen den Republikaner Courtois, welcher 534 Stimmen erhielt, zum Senator ge⸗ wählt worden.

Spanien. Madrid, 21. Juni, Abends. (W. T. B) Die über hier vorgekommene Ruhestörungen in aus⸗ wärtigen Blättern verbreiteten Nachrichten sind in hohem Grade übertrieben,. Es sind anläßlich der Besei⸗ tigung von Störungen der öffentlichen Ordnung einige Ver⸗ wundungen vorgekommen Gwei Personen sollen todt sein), doch gelang die Zerstreuung der auf der Puerta del Sol angesammelten Menschenmasse, welche eine Manifestation gegen den Civil⸗Gouverneur von Madrid versucht hatte, ohne irgend⸗ welche Schwierigkeiten. Eine Proklamirung des Belage— rungszu standes ist nicht erfolgt.

Wie es heißt, hat der König auf das dringende An— rathen des Minister Präsidenten Canovas del Castillo von einer Reise nach Murcia einstweilen Abstand genommen.

Rußland und Polen. St. Peters burg, 21. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin empfingen in Gatschina den Militär⸗Attaché bei der deutschen Botschaft, Sberst- Lieutenant von Lignitz, in Audienz.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 22. Juni. (W. T. B. Zum Besuch des schwedischen Kron⸗ prinzen-Hufaren-Regiments sind gestern Abend neun Offiziere des preußischen dritten (Neumärkischen) Dragoner-Regiments, dessen Chef der Tronprinz von Schweden ist, in Malmö gelandet. Dieselben wurden dort von den Lieutenants Graf Stackelberg und von Mörner empfangen und nach dem Exerzierplatz von Bonaryscher ge— leitet, wo sie heute eingetroffen sind.

Mittel- Amerika. (W. T. B.) Nach über New⸗ York eingegangenen Nachrichten aus La Libertad, vom 20. Juni, ist der Friede in San Salvador wieder her⸗ gestellt und hat General Menendez die Präsidentschaft angetreten.

Afrika. Egypten. Dongola, 18. Juni. (Allg. Corr.) Im Ganzen sind 12700 Einwohner geslüchtet, und die Stadt ist jetzt vollkommen verödet. General Buller verließ heute Dongola mit dem Royal Sus sex Regiment. Er ließ eine Batterie Artillerie, oie Halfte des 19. Husaren— Regiments und das Regiment „Queen's Own“ unter General Brackenbury zurück. Diese Truppen sollen die Stadt noch zwei bis drei Wochen länger besetzt halten. Das schwere Kameelcorps und die Hälfte des leichten Kameelcorps sind von Wady-Halfa ausmarschirt.

Ismailia, 21. Juni. (W. T. B. Die durch das gesunkene Baggerschiff verursachte Sperrung des Kanals ist nunmehr wieder beseitigt.

Zeitungsstimmen.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt mit Bezug auf die Brünner Excesse:

. . . Die Brünner Arbeiter empfanden es offenbar als eine der Verkürzung der Arbeitszeit nothwendig folgende Konsequenz, daß sie am Lohne Opfer zu bringen haben dürften; denn darin dürfte die N. Fr. Pr. Recht haben, daß um der beiden balbstündigen Pausen, um des halbstündigen längeren Aufenthaltes in der Fabrik willen, man nicht zu solchen Exzessen schreite, wie sie Brünn gesehen, man nicht in eine derartige Aufregung gerathe, die solche Exzesse möglich macht. Wenn aber die Brünner Arbeiter fühlten., daß zunächst ibnen der Normalarbeitstag Opfer auferlegen müsse und werde, so ist das gewiß zu beachten bei Beantw der Frage, ob wir bei etwaiger Wiederaufnahme der dem diesmaligen Reichstage auch von anderer, nicht sozialdemokratischer Seite unterbreiteten Anträge, dieselben überhaupt in ernsthafte Erwägung nehmen dürfen oder nicht. Daß bei uns die sozialdemokratischen Arbeiter⸗ schutzanträge mehr agitatsrisch gedacht, als praktisch ausführbar“, wesentlich im Sinne der oben charakterisirten Schraube ohne Ende zu wirken bestimmt sein dürften, darauf weisen die Vorgänge in Brünn recht unzweideutig hin.

Wenn aber die Erfüllung derartiger Programmforderungen der Sozialdemokratie deren Agitationsthätigkeit keineswegs brach legt, sondern vielmehr wie es der Brünner Fall lehrt eist recht entflammt, und wenn gerade dlese Erfüllung im praktischen Leben dazu dient, als Schraube ohne Ende zur Erregung von Unfrieden zwischen Arbeitgeber und Arbeitachmer zu wirken, dann dürften selbst Diejenigen, welche geglaubt haben, mittelz des Normalarbeitstages die Sozialreform fördern zu können, ihren Irrthum erkennen.

Der berechtigte Kern, welcher in den so zialdemokratischen Be— strebungen anerkannt wird, läßt sich nicht dadurch verwirklichen, daß man deren am lautesten agitatorisch wirkende Forderungen ausführt, obschon sie den ausgeprägten Charakter tragen, durch ihre Erfüllung erst recht agitatorisch zu wirken.

Die bedauerlichen Beünner Vorgänge sollten vielmehr die Lehre enthalten, daß eine Sozialreform durch die staatserhaltenden Elemente jenem berechtigten Kern in anderer Weise gerecht werden muß, als durch Aneignung der von der Sozialdemokratie als vornehmstes Agitationsmittel verwendeten und gedachten Punkte. Der wabre Schutz des Arbeiters, die wirkliche Fürsorge für die mit der großindustriellen Entwickelung zusammenhängenden Nothlagen seiner Lebenslaufbahn durch den Staat, wie solche auf dem bei uns betretenen Wege beabsichtigt und auf demselben mit allem Ernst und Aufbietung allen Eifers weiterzuführen ist, diese vorbauende Art der Sozialreform mag es en sich haben, Manchem zu langsam zu wirken, und ihn deshalb geneigt machen, den einen oder den anderen Punkt des sozialdemo—⸗ kratischen Programme, als anscheinend schneller zum Ziele führend, sich anzueignen.

In Brünn dürfte jedoch die Erfahrung gemacht sein, daß Solches ein Irrthum sein würde. Langsamer mögen die Maßnahmen der jenigen Sozialreform, wie sie auf Grund der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 zur Ausführung gelangen soll, vielleicht wirken, desto sicherer aber werden sie ihren wirklichen Zweck der Ver— söhnung der Klassengegensätze erreichen.

Dem „Frankfurter Gewerbe- und Handels— blatt“ wird aus Frankfurt a. M. geschrieben:

Eine stark besuchte sozialdemokratische Versammlung, welche diese Woche im Meriansaale dahier stattfand, nahm Stellung zur Frage der Arbeiterschutzgesetzgebung. In einer von dem Abg. Hrn. Frohme verfaßten Resolution erklärt sie sich mit dem AÄrbeiterschutzgesetzentwurf einverstanden. Sie erwartet die Erledi⸗ gung dieses Entwurfs in der nächsten Session und erachtet ins⸗ besondere die gesetzliche Feststellung eines Maximalarbeitstags und die Regelung der Sonn und Feiertagsruhe für unerläßlich und im Jatereffe der arbeitenden Klassen dringend geboten. Der Ausfall, welcher durch die Sonntagsruhe an dem Verdienst entsteht., ist nach dem Inhalt der Resolution nicht hoch anzuschlagen. Der Ausfall für den Krbeitgeber ist nicht weiter beachtet; dem Arbeiter gegenüber wird geltend gemacht, daß sein Lohn doch nicht geschmälert werden könne, auch wenn er weniger arbeitet. Es kann nicht wun— dern, wenn nach Ausstellung solcher, den thatsächlichen Verhältnissen widersprechenden Thatsachen es schließlich zu Excessen kommt. wie sie seit einigen Tagen aus Brünn berichtet werden. Durch die seit dem 1. Juni dort gesetzlich eingeführte Sonntagsarbeit und ver— kürzte Arbeitszeit sahen sich die Arbeiter natürlich in ihrem Ein= kommen geschmälert und was Wunder, wenn es dann Krawall giebt? Während vorher die Arbeiter animirt werden, nur für die Sonntags ruhe zu stimmen, weil sie den Vortheil eines Ruhetages und gar keinen Nachtheil bringt, denn der Lohn könne doch nicht verkürzt werden, ist doch kein Gedanke daran, daß sich eine solche Ver heißung erfüllt. Der Arbeiter aber lebt sich in den Gedanken hinein und hält sich für benachtheiligt, wenn er für seine geringere Leistung natürlich auch einen geringeren Lohn erhält. Es ist ihm nicht ein mal übel zu nehmen, wenn er seinen Anspruch auf unverkürzten Erwerb durchzusetzen sucht, aber der Arbeitgeber kann ihm nicht genügen und es ist nichts natürlicher als Vorfälle ähnlicher Art, wie wir sie aus Brünn hören. Es zeigt von einer vollständigen Un— kenntniß unseres deutschen Geschäfts, wenn man glaubt, daß es höhere Löhne ertrage. Es kann keinem Zweifel unterliegen. daß die Stellung, welche sich deutsche Firmen im Welthandel erworben haben, nächst der von unserm Reichskanzler eingeschlagenen Handels politik auf die größere Leistungsfähigkeit deutscher Firmen zurückzu führen ist. Es kann uns deshalb keinen Augenblick einfallen zu glauben, daß der Reichskanzler die Wohlthaten, welche er der deutschen Industrie durch seine segensreiche Thätigkeit zugeführt hat, in einem Maße abzuschwächen beabsichtigt, wie dieses durch Gesetze, wie sie hier an⸗ gestrebt sind, der Fall wäre. Die Sache hat aber auch noch ein anderes be⸗ deutendes staatspolitisches Bedenken. Aus der Resolution geht hervor,

daß der Arbeiter von dem Verdienst, welchen ihm die Arbeit bis jetzt